Die IHK informiert: Merkblatt Arbeit auf Abruf

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Die IHK informiert:
Merkblatt
Arbeit auf Abruf
§ 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eröffnet dem Arbeitgeber die Möglichkeit variabler Arbeitszeitvereinbarungen, bei denen Lage und/oder Dauer der Arbeitszeit einseitig
festgelegt werden können. Dies ist nicht zu verwechseln mit der Gleitzeit, der Rufbereitschaft oder dem Bereitschaftsdienst. Ebenso wenig stellt die Vorschrift eine Überstundenregelung dar. Daher muss der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag sorgfältig formulieren, um die
Abrufarbeit zu regeln. Bei einer Überstundenregelung verpflichtet sich der Arbeitnehmer,
bei einem vorübergehenden zusätzlichen Arbeitsbedarf länger als vertraglich vereinbart zu
arbeiten. Überstunden werden demnach wegen bestimmter besonderer Umstände vorübergehend zusätzlich geleistet. Besteht dagegen für den Arbeitnehmer grundsätzlich die
Pflicht, dann zu arbeiten, wenn der Arbeitgeber dies einteilt, handelt es sich um Arbeit auf
Abruf i.S.v. § 12 TzBfG. Arbeit auf Abruf schließt jedoch die Leistung von Überstunden nicht
aus.
Die Möglichkeit der Arbeit auf Abruf besteht nur bei Teilzeitbeschäftigten. Teilzeitbeschäftigt ist ein Arbeitnehmer, dessen regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die eines
vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Des Weiteren sind auch geringfügig
Beschäftigte, also „Minijobler“, teilzeitbeschäftigt.
Wöchentliche und tägliche Mindestdauer
Es muss eine bestimmte wöchentliche und tägliche Mindestdauer der Arbeitzeit vertraglich
festgelegt werden, ansonsten gilt eine Arbeitszeit von zehn Stunden pro Woche als vereinbart. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können im Arbeitsvertrag aber auch weniger als zehn
Stunden vereinbaren. Haben die Arbeitsvertragsparteien die Dauer der täglichen Arbeitszeit
nicht festgelegt, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden zur Arbeitsleistung heranzuziehen. Auch hier ist
einzelvertraglich eine andere Vereinbarung möglich.
Der Arbeitsvertrag muss außerdem die Regelung enthalten, dass der Arbeitgeber berechtigt
ist, den Arbeitnehmer auch über die Mindestarbeitszeit hinaus abzurufen und die Arbeitszeit zu verteilen.
Frist
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus anzukündigen, um ihm die Planung seines Arbeitseinsatzes zu
ermöglichen. Eine zu kurze Ankündigungsfrist kann nicht in eine zulässige Frist umgedeutet
werden. Das heißt, die zu kurze Frist setzt nicht automatisch eine angemessen lange Frist
von vier Tagen in Gang. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, nach der der Arbeitnehmer
im Vorhinein auf die Einhaltung der viertägigen Ankündigungsfrist verzichtet oder die eine
kürzere Ankündigungsfrist vorsieht, ist unwirksam. Der Arbeitnehmer kann aber dadurch auf
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die Vier-Tages-Frist verzichten, dass er trotz Fristunterschreitung freiwillig der Arbeit nachkommt. Er kann jedoch die Arbeit bei Nichteinhaltung der Frist – ohne Darlegung des Grundes – verweigern. Grundsätzlich muss er eine nicht fristgerechte Mitteilung nicht zurückzuweisen, es sei denn, er hat in früheren Fällen trotz der kurzfristigen Festlegung gearbeitet.
Ein Widerruf oder eine Änderung einer Mitteilung an den Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber ist möglich.
Der Arbeitgeber muss in seiner Mitteilung Beginn und Ende der Arbeitzeit nennen. Entscheidend für die Mitteilung ist der Zugang beim Arbeitnehmer. Ist der letzte Tag vor dem
Vier-Tages-Zeitraum ein Samstag, Sonntag oder Feiertag, so muss die Mitteilung am
„nächsten“ Werktag, d.h. wegen der anzustellenden Rückrechnung am nächsten vorhergehenden Werktag erfolgen. Für die Berechnung der Frist zählt der Samstag gerade nicht als
Werktag. Vorbehaltlich etwaiger Feiertage gilt folgende Tabelle:
Geplanter Arbeitstag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Letzter Mitteilungstag (Zugang)
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Freitag
Freitag (Vorwoche)
Montag
Dienstag
Besonderheiten bei vorformulierten Arbeitsverträgen
Auch vorformulierte Arbeitsverträge, bei denen die Bedingungen nicht im Einzelnen ausgehandelt werden, müssen die Vorgaben zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfüllen.
Danach liegt nach der Rechtsprechung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers vor, wenn die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber über die vereinbarte Mindestarbeitszeit hinaus abrufen kann, mehr als 25% der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit beträgt.
Entgeltfortzahlung
Probleme können sich dann ergeben, wenn eine Feiertagsvergütung im Raum steht oder der
Arbeitnehmer auf Grund von Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert ist. In beiden Fällen kann nämlich der Arbeitgeber die Entgeldfortzahlung dadurch umgehen, dass er den
Arbeitnehmer schlicht nicht abruft, was nicht selten zu Streitigkeiten führt.
Das gilt insbesondere für die Feiertagsvergütung. Hier ist zu beachten, dass der Arbeitnehmer in einem Gerichtsverfahren darlegen muss, dass die Arbeit nur wegen des Feiertages
ausgefallen ist. Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass der Feiertag nicht ursächlich für
die anderweitige Einteilung war.
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In der Praxis sollte daher die Feiertagsvergütung bezahlt werden, wenn der Arbeitnehmer
z.B. immer montags eingeteilt war, in der Woche des Pfingstmontags aber am Dienstag
abgerufen wurde.
Problematisch ist auch der Fall einer plötzlichen Erkrankung des Arbeitnehmers in dem Fall,
dass der Arbeitgeber die Arbeit noch nicht abgerufen hat. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet,
seine Arbeitsverhinderung schon mit ihrem Eintritt und nicht erst bei Abruf mitzuteilen.
Daher empfiehlt es sich, genau zu dokumentieren, warum der Arbeitnehmer an welchen
Tagen abgerufen wurde.
Erholungsurlaub
Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer vier Wochen Erholungsurlaub pro Kalenderjahr erhalten. Das Bundesurlaubsgesetz geht vom Tagesprinzip aus. Der Arbeitnehmer hat Anspruch
auf Befreiung von der Arbeitspflicht für Tage, nicht für Stunden. Urlaub kann daher nicht
stundenweise berechnet und in der Regel auch nicht stundenweise gewährt werden. An
Tagen, an denen keine Arbeitspflicht besteht, kann daher auch kein Urlaub gewährt werden.
Zu beachten ist, dass sich die gesetzlich angeordneten 24 Tage auf eine sechs-Tage Woche
beziehen. Besteht die Arbeitspflicht nicht an sechs Tagen, ist der gesetzliche Anspruch entsprechend umzurechnen. Einzelheiten auf dem Merkblatt „Urlaubsrecht“.
Zu beachten ist auch, dass Arbeitnehmer während ihres Urlaubs einen Entgeltanspruch haben, sog. Urlaubsentgeld. Die Höhe richtet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst des Arbeitnehmers in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs. Das sog. Urlaubsgeld ist dagegen – wie auch das Weihnachtsgeld – grundsätzlich eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers.
Tarifverträge
Von den Bestimmungen über die Arbeit auf Abruf kann im Einzelfall durch Tarifvertrag auch
zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Daher sollte im Einzelfall geprüft
werden, ob für die Branche ein Tarifvertrag besteht, denn in diesem Fall können auch nicht
tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen
vereinbaren.
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Hinweis: Dieses Merkblatt soll nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht
übernommen werden.
Verantwortlich: IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg
Stand: August 2008
Ihre Ansprechpartnerin:
Dr. Luzia Ruhnke
Fachbereich Recht | Fair Play
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