Zahnthema_komp_2.qxd 25.08.2008 16:51 Uhr Seite 8 Impressum Herausgeber: Unabhängige Patientenberatung Deutschland – Zahnärztliche Kompetenzstelle Heidelberg, Kurfürstenanlage 38-40 Redaktion: Cornelia Wagner (ViSdP), Dr. med. dent. Uwe Niekusch www.zahnaerztliche-patientenberatung.de Stand: 08/2008 Gefördert durch den GKV-Spitzenverband. Zahnthema_komp_2.qxd 25.08.2008 16:51 Uhr Seite 1 Zahnthema kompakt Zahnwurzelbehandlung Zahnthema_komp_2.qxd 25.08.2008 16:51 Uhr Seite 2 Zahnwurzelbehandlung – die „hohe Schule der Zahnmedizin“ Behandlungen des Zahnwurzelkanals werden notwendig, wenn das im Inneren von Zahn und Wurzel gelegene Zahnmark, die sogenannte Pulpa, entzündet oder abgestorben ist. Wurzelbehandlungen gehören zu den häufigsten Eingriffen bei Zahnärzten. a = Zahnkrone b = Zahnmark (Pulpa) c = Wurzelkanal d = Öffnung an der Wurzelspitze e = Blutgefäße und Nerven Grafik: Fotolia Die Ursache der Entzündung kann Karies oder ein Trauma (z. B. Unfall, Zähneknirschen), in seltenen Fällen auch eine neu angefertigte Füllung oder Krone sein. Erste Warnsignale sind Schmerzen bei Kälte- oder Wärmereizen. Wird die Erkrankung nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, kann sich die Entzündung über die Zahnwurzel in den umliegenden Kieferknochen ausdehnen. Eine „dicke Backe“ ist die Folge. Der Zahnarzt erkennt einen erkrankten Zahn im Röntgenbild: Sicheres Indiz einer Entzündung ist die Auflösung des Knochens an der Zahnwurzelspitze. Das Röntgenbild zeigt die Auflösung des Knochens an der Zahnwurzelspitze. Zahnthema_komp_2.qxd 25.08.2008 16:51 Uhr Seite 3 Hier greift die Zahnwurzelbehandlung: Ziel ist es, einen erkrankten, aber erhaltungsfähigen Zahn zu retten. Zwar ist die Wurzelbehandlung eine schwierige und langwierige Behandlung, sie lohnt sich aber, da der Zahn so meistens erhalten werden kann. Die Behandlung Während einer Zahnwurzelbehandlung muss der Zahnarzt den Zahn zunächst „aufbohren“ und den Wurzelkanal suchen, um einen Zugang zum Zahnmark zu schaffen. Der Nerv kann dann mit einer feinen Nadel aus dem Kanal entfernt werden. Anschließend bestimmt der Zahnarzt die Länge des Wurzelkanals mit Hilfe einer Röntgenaufnahme oder eines elektronischen Messgerätes. Zunächst wird ein Zugang zu den Zahnnerven geschaffen. Die Eingänge der Wurzelkanäle werden mit einem feinen Instrument ertastet. Längenbestimmung des Wurzelkanals mit Hilfe einer Röntgenaufnahme oder mit einem elektronischen Messgerät. Grafik: Dentsply Im nächsten Schritt wird der Wurzelkanal wiederholt mit einer desinfizierenden Flüssigkeit wie Natriumhypochlorit (NaOCl) gespült. Für den Zahnarzt ist diese Reinigung eine schwierige Tätigkeit, da er ohne direkte Sicht in den Wurzelkanal arbeiten muss. Die Anzahl der Anwendungen variiert: Teilweise ist die Wurzelbehandlung bereits nach einer Sitzung abgeschlossen. Oft sind jedoch auch mehrere Sitzungen erforderlich, wobei dann der Wurzelkanal zwischen den Behandlungen mit einem antibakteriell wirkenden Medikament gefüllt und bis zum Folgetermin mit einer provisorischen Füllung verschlossen wird. Das Aufbereiten der Wurzelkanäle ist schwierig und zeitaufwändig. Zahnthema_komp_2.qxd Zum Verschluss des Zahnes reicht oft bereits eine Amalgamoder Kunststofffüllung aus; ansonsten ist eine Krone nötig. 25.08.2008 16:51 Uhr Seite 4 Ist das Wurzelkanalsystem gesäubert und erweitert – und der Zahn schmerzfrei – wird der Kanal mit einem speziellen Material ausgefüllt und abgedichtet. Hierbei kommt oft Guttapercha, ein natürliches, aus Palmensaft gewonnenes Kautschukprodukt, zum Einsatz. Abschließend werden Zahn und Wurzelfüllung zur Kontrolle geröntgt und die Zugangsöffnung in der Zahnkrone wieder verschlossen. Bei Frontzähnen und kleinen Zugängen im Seitenzahngebiet ist hierfür meist eine Kunststofffüllung ausreichend. Alternativ muss der Zahn mit einer Teilkrone oder Krone versorgt werden. Mit hochflexiblen Instrumenten werden die Wurzelkanäle gereinigt und ausgeformt. Spülungen mit desinfizierenden Flüssigkeiten reinigen zusätzlich und töten Bakterien ab. Guttapercha-Füllungen dichten den Wurzelkanal nach der Behandlung ab. Grafik: Dentsply Die Risiken Wie jede Anwendung birgt auch die Behandlung der Zahnwurzeln einige Risiken. Zu den häufigsten gehören: • die „via falsa“, das Durchstoßen der Wurzel an falscher Stelle. • das Abbrechen eines Wurzelkanalinstruments. • das starke Überstopfen der Wurzelfüllung über die Wurzelspitze hinaus. Im Oberkiefer besteht dann die Gefahr, dass die Kieferhöhle beteiligt wird, im Unterkiefer kann der Mandibularnerv verletzt werden. • die Entzündung breitet sich im Knochen aus und verursacht Schmerzen. Zahnthema_komp_2.qxd 25.08.2008 16:51 Uhr Seite 5 Die Erfolgsaussichten Das Ziel jeder Wurzelkanalbehandlung ist die Zahnerhaltung. Obwohl die Erfolgsrate mit 70 bis 95 Prozent recht hoch ist, kann ihr Erfolg aber nicht garantiert werden. Fortgeschrittene Entzündung oder schwierige Wurzelverhältnisse, wie zum Beispiel starke Krümmungen, beeinflussen die Erfolgsquoten maßgeblich. Da erneute Schmerzen zudem manchmal erst einige Zeit nach der Behandlung auftreten, sollten mindestens drei Monate vergehen, bevor der Zahnarzt ein Inlay, eine Teilkrone oder Krone aufsetzt. Die Erfolgsaussichten sind gut. Revision einer Wurzelbehandlung Liegen bereits Wurzelkanalfüllungen vor, die in Verbindung mit entzündlichen Veränderungen im Wurzelspitzenbereich stehen, kann die Wurzelkanalbehandlung wiederholt werden. Hierbei wird die alte Füllung entfernt, der Wurzelkanal erneut aufbereitet und abschließend eine neue Füllung gemacht. In Ausnahmefällen kann ein chirurgischer Eingriff in Form einer Wurzelspitzenresektion, also die operative Entfernung der entzündeten Wurzelspitzen, notwendig werden. Welche Alternativen gibt es zur Wurzelkanalbehandlung? Die einfachste Alternative zu einer Wurzelkanalbehandlung ist die Zahnentfernung. Mit einer Wurzelspitzenresektion kann dagegen der Zahnerhalt gesichert werden. Bei mehrwurzeligen Zähnen ist es zudem möglich, lediglich die entzündete Wurzel durch Wurzelamputation oder Hemisektion zu entfernen; die gesunden Wurzeln verbleiben im Kieferknochen. All diese Verfahren können gegebenfalls auch noch nach dem Scheitern einer Wurzelkanalbehandlung durchgeführt werden. Mögliche Alternativen sind die Wurzelspitzenresektion, die Wurzelamputation und die Hemisektion. Zahnthema_komp_2.qxd 25.08.2008 16:51 Uhr Seite 6 Zahlen die gesetzlichen Krankenkassen eine Wurzelbehandlung? In vielen Fällen gehören Wurzelbehandlungen zur Kassenleistung. Allerdings gibt es Ausnahmen. In vielen Fällen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten einer Wurzelbehandlung. Einschränkungen gibt es jedoch insbesondere bei der Behandlung der hinteren Backenzähne, der sogenannten Molaren. Hier muss mindestens eine der folgenden Bedingungen für eine Kassenleistung erfüllt sein: • Der Backenzahn steht in einer vollständigen Zahnreihe ohne Lücke. Der erste Backenzahn ist erkrankt und kann nur durch eine Wurzelbehandlung erhalten werden. Ohne die Wurzelbehandlung müsste der Backenzahn gezogen werden. Die Folge wäre eine Lücke der zuvor geschlossenen Zahnreihe. • Die Behandlung verhindert, dass die Zahnreihe einseitig nach hinten verkürzt wird. Der zweite Backenzahn ist erkrankt und kann nur durch eine Wurzelbehandlung erhalten werden. Ohne die Wurzelbehandlung müsste der Backenzahn gezogen werden. Dadurch würde eine einseitig nach hinten verkürzte Zahnreihe entstehen. Zahnthema_komp_2.qxd 25.08.2008 16:51 Uhr Seite 7 • Durch die Behandlung kann vorhandener Zahnersatz erhalten werden. Der zweite Backenzahn ist erkrankt und kann nur durch eine Wurzelbehandlung erhalten werden. An diesem Zahn ist eine Brücke befestigt. Ohne die Wurzelbehandlung müsste der Backenzahn gezogen und die vorhandene Brücke entfernt werden. Darüber hinaus gilt für jede Wurzelbehandlung, dass die Krankenkasse eine Behandlung mit unklarer Erfolgsaussicht nicht bezahlen darf. Auch spezielle Behandlungstechniken werden in der Regel nicht erstattet. Für Leistungen, die nicht durch die gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, ist zwischen Zahnarzt und Patient vor der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung auf Grundlage der amtlichen Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) erforderlich.