Technische Universität Dresden Fakultät Maschinenwesen / IFKM Professur für Getriebelehre Prof. Dr. rer. nat. habil. Modler Komplexe Zahlen - Rechenregeln ______________________________________________________ Rechenregeln – Komplexe Zahlen A = x A + iy A = rAeiϕ A A = x A − iy A = rAe − iϕ A eiϕ = cos ϕ + i sin ϕ A = xA + y A e − iϕ = cosϕ − i sin ϕ e =i 2 2 2 i π2 -----------------------------------------------Komplexes Produkt (Drehstreckung) AB = ( x A + i y A )( x B + i y B ) = A B e i (α + β ) AB = BA kommutativ ( A + B ) C = AC + BC distributiv ( AB ) C = A (BC ) assoziativ A B = (a b ) e i (α − β ) a= A , b= B -----------------------------------------------Inneres Produkt (Skalarprodukt, Punktprodukt) ( A, B ) = 12 (AB + A B ) = x A x B + y A y B = ( A, B ) = (B, A) ( A + B, C ) = ( A, C ) + (B, C ) (( A, B ), C ) ≠ ( A, (B, C )) A B cos(α − β ) -----------------------------------------------Äußeres Produkt (Vektorprodukt, Kreuzprodukt) [A, B ] = 2i (AB − A B ) = x A y B − y A x B = [A, B ] = −[B, A] alternierend [A + B, C ] = [A, C ] + [B, C ] [ [A, B ], C ] ≠ [A, [B, C ] ] A B sin (β − α ) -----------------------------------------------Weitere Rechenregeln ( A, A) = AA = x A 2 + y A 2 = ( A, B ) + i [A, B ] = A B (1, A) = Re A [1, A] = Im A A 2 ( Ai, B ) = [A, B ] [A, Bi ] = ( A, B ) 2 [A, B ] (C , D ) = [AC , BD ] + [AD, BC ] 2 [ A, B ] ( A, B ) = [AA, BB ] + [AB, AB ] = [A 2 , B 2 ] _,_ (_,_ ) und [_,_ ] A, Bc = Ac, B = c A, B AC , BC = ACC , B = CC A, B A, BC = AC , B A, Bi = − Ai , B Ae iϕ , Be iϕ = A, B Drehregel ______________________________________________________ Zwanglauf und Getriebefreiheitsgrad Der Getriebefreiheitsgrad F gibt die Anzahl der Antriebsparameter eines Getriebes an, damit alle Getriebeglieder eindeutige Bewegungen ausführen. Die meisten Getriebe haben den Getriebefreiheitsgrad F = 1 . Lehrsatz: Ein Getriebe ist zwangläufig, wenn der Stellung des Antriebsgliedes bzw. der Antriebsglieder die Stellungen der übrigen Getriebeglieder eindeutig zugeordnet sind. F = b(n − 1) − ∑ (b − f ) − ∑ f id e Allgemeine Zwanglaufgleichung g =1 Im Raum mit b = 6 und f ≤ 5 Freiheiten folgt: e F = 6 (n − 1) − ∑ (6 − f ) − ∑ f id g =1 Ebene Getriebe In der Ebene mit b = 3 und f ≤ 2 Freiheiten folgt : F = 3(n − 1) − ∑ (3 − f ) e g =1 Ebene Getriebe, die nur Dreh- und Schubgelenke mit dem Gelenkfreiheitsgrad f = 1 aufweisen, werden mit dem Zwanglaufkriterium nach GRÜBLER bewertet: F = 3(n − 1) − 2e . Ebene Getriebe, die Dreh- und Schubgelenke mit dem Gelenkfreiheitsgrad f = 1 und Kurvengelenke mit f = 2 aufweisen, werden mit dem Zwanglaufkriterium nach ALT bewertet: F = 3(n − 1) − 2e1 − e2 . e1 - Anzahl der Gelenke mit f = 1 ( Drehgelenke, Schubgelenke ) e2 - Anzahl der Gelenke mit f = 2 ( Kurvengelenke ) TU Dresden IFKM Professur für Getriebelehre Getriebetechnik Umdruckblatt 1 Übertragungswinkel nach ALT Der Übertragungswinkel tritt im Gelenkpunkt zwischen Übertragungsglied und angetriebenem Glied auf. Er ist stets der spitze Winkel zwischen absoluter und relativer Bewegungsrichtung dieses Gelenkpunktes. ta 0 90 B Übertragungsglied 90 3 tr nr 0 90 4 B0 keine Bewegung möglich angetriebenes Glied 1 na optimale Bewegungsübertragung Koppelgetriebe : min 40 als grober Richtwert Kurvengetriebe : min 50 als grober Richtwert Der minimale Übertragungswinkel min tritt beim Viergelenkgetriebe in einer der Gestelllagen (Decklage oder Strecklage von Gestell 1 und Antriebsglied 2) auf. Beispiel 1 = 49° = min 2 = 89° 4 3 2 1 TU Dresden IFKM Professur für Getriebelehre 1 Getriebetechnik Umdruckblatt 2 Polygonmethode Die Polygonmethode ist ein graphisches Verfahren zur Ermittlung von Momentanpolen. Insbesondere bei höhergliedrigen Getrieben besteht eine bessere Übersicht hinsichtlich der Reihenfolge der zu ermittelnden Pole. Vorgehensweise 1) 2) 3) 4) Bezeichnung aller Getriebeglieder im Lageplan (Gestell 1, Antrieb 2 usw. bis Glied n). Zeichnen des Polygons als n-Eck mit den n Getriebegliednummern. Kennzeichnen der sofort erkennbaren Momentanpole (Strukturpole bzw. Gelenke) durch Verbinden der jeweils 2 entsprechenden Polygonpunkte. Ermitteln und Markieren weiterer Momentanpole der Polkonfiguration durch entsprechende Verbindungslinien im Polygon. Nach dem Theorem von ARONHOLD/KENNEDY (Satz von den 3 Momentanpolen) ergibt sich ein gesuchter Momentanpol im Schnittpunkt zweier Polgeraden. Diese Polgeraden können im Lageplan gezeichnet werden, wenn im Polygon über der dem gesuchten Momentanpol entsprechenden Verbindungslinie bereits zwei "Dreiecke" existieren. z.B. Momentanpol 13 : Dreieck 1 2 3 mit den Seiten 12 – 23 – 13 Dreieck 1 4 3 mit den Seiten 14 – 34 – 13 Beispiele Lageplan 23 1 2 4 2 24 Polygon 34 3 1 12 4 14 13 12 - 23 14 - 34 24 12 - 14 23 - 34 3 13 Polygon Lageplan 13 35 5 36 6 23 2 3 6 15 4 2 24 1 13 56 34 3 1 12 - 23 14 - 34 12 1 24 TU Dresden IFKM Professur für Getriebelehre 12 - 14 23 - 34 14 1 15 5 16 16 - 56 13 - 35 36 13 - 16 35 - 56 4 usw. Getriebetechnik Umdruckblatt 3 Polstreckenverfahren Das Polstreckenverfahren ist ein graphoanalytisches Verfahren zur Ermittlung von Übersetzungsverhältnissen. Das Übersetzungsverhältnis wird als Quotient zweier Winkelgeschwindigkeiten definiert und lässt sich als Verhältnis zweier Polstrecken darstellen. Polbahn 4 4 ω41 ω21 C(2) 2 C(4) 24 r12 12 14 1 1 r14 Polbahn 2 Die relative Bewegung der Glieder 2 und 4 ist durch das Abrollen der zu diesen Gliedern gehörigen Polbahnen bestimmt. Im Momentanpol 24 liegen die Punkte C (2 ) und C (4 ) der Glieder 2 und 4. Die Betrachtung der Relativbewegung der Ebenen 1, 2 und 4 führt zu folgenden Beziehungen. Prinzip der zyklischen Vertauschung 1 2 C vC 21 + vC 14 + vC 42 = 0 → vC 21 = vC 41 + vC 24 4 Da C (2 ) und C (4 ) im Pol 24 liegen, ist vC 24 = 0 und vC 21 = vC 41 . vC 21 = ω 21 ⋅ r12 mit r12 = 12 − 24 vC 41 = ω 41 ⋅ r14 mit r14 = 14 − 24 ω 21 ⋅ 12 − 24 14 − 24 = ω 41 ⋅ M M ω 41 12 − 24 r12 = = ω 21 14 − 24 r14 → i41−21 = gleichgerichtet → positive Übersetzung entgegengesetzt gerichtet → negative Übersetzung Die Polstrecken sind gerichtete Strecken. TU Dresden IFKM Professur für Getriebelehre Getriebetechnik Umdruckblatt 4 Drehschubstrecke Die Drehschubstrecke nach HAIN entspricht einer Polstrecke und ist stets positiv. Als einfache Drehschubstrecke stellt sie den Zusammenhang bei der Relativbewegung dreier Ebenen dar, wobei eine Ebene eine Translationsbewegung ausführt. Damit existiert ein formelmäßiger Zusammenhang zwischen einer Geschwindigkeit v und einer Winkelgeschwindigkeit ω. 14 ∞ vC21 = vC41 = vB = v41 24 = C r41-21 23 r ω21 1 3 12 34 B 4 1 v41 Für das gezeigte Getriebe lautet die Drehschubstrecke : v41 r41−21 = ω 21 = 12 − 24 = r41−21 M mit M als Zeichenmaßstab. Herleitung Im Pol 24 wird ein Punkt C angenommen, der sowohl zu Glied 2 als auch zu Glied 4 gehört. Die Relativgeschwindigkeit vC 24 ist gleich Null, nicht aber vC 21 und vC 41 . vC 21 = ω 21 ⋅ 12 − 24 vC 41 = v41 Da ein Punkt, der zu zwei Ebenen gehört, die gleiche Geschwindigkeit besitzt, gilt : vC 21 = vC 41 = vB = v41 Mit vC 21 = ω 21 ⋅ 12 − 24 folgt → ω 21 ⋅ 12 − 24 = v41 v41 ω 21 TU Dresden IFKM Professur für Getriebelehre vC 21 = v41 . bzw. = 12 − 24 Getriebetechnik Umdruckblatt 5 Winkelhebelprinzip v - Ermittlung über das Winkelhebelprinzip am zweipunktig gesteuerten Dreigelenkbogen Geg.: v A , vB , nA , nB Ges.: vC , nC PAC tC nC C nA vC PBC vB A vC vB B vA vA * nCB nCA nB 0 vA vC v-Plan * vCA vC = v A + vCA vB vCB v A + vCA = vB + vCB vC = vB + vCB Für den Fall v A = 0 oder v B = 0 liegt der einpunktig gesteuerte Dreigelenkbogen vor. TU Dresden IFKM Professur für Dynamik und Mechanismentechnik Getriebetechnik Umdruckblatt 6 Normalbeschleunigung Eine Möglichkeit zur graphischen Ermittlung der Normalbeschleunigung ist der wechselnde Parallelenzug in seinen zwei Varianten. Der Vektor der Normalbeschleunigung zeigt stets zum Drehpunkt. Punktfolge: S → V → T → Z A nA Variante 1 ρA vA aAn tA Z vA T V beliebige Wahl des Punktes S (S ∉ A0A) A0 S V Variante 2 vA T A ρA Z aAn beliebige Wahl des Punktes S (S ∉ A0A) nA S A0 TU Dresden IFKM Professur für Getriebelehre Getriebetechnik Umdruckblatt 7 Bewegungsanalyse in komplexen Zahlen Gegeben : Viergelenkgetriebe mit Rast- und Gangsystem, Getriebeabmessungen Gesucht : Übertragungsgleichung, Übertragungsfunktionen P13 y y3 A zum Gelenkpunkt B , B l3 ϕ31 l2 e iϕ + l3 e iϕ = l1 + l4 e iψ , x3 31 und der Multiplikation der konjugiert l4 l2 ϕ Ausgehend von den beiden Vektorzügen ϕ31 komplexen Größen l3 e iϕ = l1 + l4 e iψ − l2 e iϕ 31 ψ l1 B0 A0 x l3 e − iϕ = l1 + l4 e − iψ − l2 e − iϕ 31 folgt die Übertragungsgleichung F (ϕ ,ψ ) = 0 = l12 + l22 − l32 + l42 − 2l1l2 cos ϕ + 2l1l4 cosψ − 2l2 l4 cos(ϕ − ψ ) . Vereinfacht lautet sie : 0 = A cosψ + B sinψ + C mit A = 2l4 (l1 − l2 cos ϕ ) B = −2l2l4 sin ϕ C = l12 + l22 − l32 + l42 − 2l1l2 cos ϕ . Unter Anwendung der Theoreme für sin ϕ und cos ϕ mit tan B ± A2 + B 2 − C 2 ψ = 2 arctan A−C ϕ 2 folgt Übertragungsfunktion 0. Ordnung Die Übertragungsfunktionen 1. und 2. Ordnung lauten ψ′ = l2 l1 sin ϕ + l4 sin (ϕ − ψ ) ⋅ l4 l1 sin ψ + l2 sin (ϕ − ψ ) ÜF 1. Ordnung l l cos ϕ + (1 − ψ ′ ) l2l4 cos(ϕ − ψ ) − ψ ′2 l1l4 cosψ ψ ′′ = 1 2 l1l4 sin ψ + l2l4 sin (ϕ − ψ ) 2 ÜF 2. Ordnung Die zeitabhängigen Bewegungsgrößen sind ψ& = ψ ′ϕ& Winkelgeschwindigkeit ψ&& = ψ ′′ϕ& 2 + ψ ′ϕ&& Winkelbeschleunigung TU Dresden IFKM Professur für Getriebelehre Getriebetechnik Umdruckblatt 8 Bewegungsanalyse der Schubkurbel Gegeben : Schubkurbelgetriebe mit Rastsystem, Getriebeabmessungen Gesucht : Schubweg s , Geschwindigkeit s und Beschleunigung s des Gleitsteins A l2 a l3 y ,s A0 B s B0 x ,a Ansatzgleichung: l 2 e i l 3 e i a i s mit s s , t Schubweg (Stellung des Gleitsteins im Koordinatensystem) s1, 2 l2 sin l32 a 2 l2 cos 2 a l2 cos Geschwindigkeit s l2 s cos a sin s l2 sin s vB s Beschleunigung l2 cos 2 s a s sin s2 s s l2 sin s a Bt s s 2 TU Dresden IFKM Professur für Getriebelehre Getriebetechnik Umdruckblatt 9 Leistungssatz mit Übersetzung (PSV) Momentenbestimmung nach dem Prinzip der virtuellen Leistung Gegeben : Lageplan einer Kurbelschwinge, Gesucht : ω 21 , M 41 M 21 34 4 3 M41 23 M21 ω21 2 24 14 12 r12 1 1 r14 Ansatzgleichung +4 M 21ω 21 − M 41ω 41 = 0 M 21 = M 41 ω 41 ω 21 mit ω 41 12 − 24 r12 = i41− 21 = = =+ W 14 − 24 r14 ω 21 M 21 = + W ⋅ M 41 Hinweis: Die Vorzeichen in der Ansatzgleichung sind durch die Orientierung der Momente bestimmt. Für den Fall, dass eine Kraft (z. B. F41 ) an einem Getriebeglied angreift, so ist die Umrechnung in das Moment (z. B. M 41 ) vorzunehmen. Die Lage des Momentanpols (z. B. P14 ) bestimmt die wirksame Hebellänge. TU Dresden IFKM Professur für Getriebelehre Getriebetechnik Umdruckblatt 10 Leistungssatz mit Drehschubstrecke Momentenbestimmung nach dem Prinzip der virtuellen Leistung ω 21 , F41 Gegeben : Lageplan einer Schubkurbel, Gesucht : M 21 F41(=F31) 34 4 1 3 (M31) 24 23 2 r12 M21 ω21 r41-21 12 ω31 1 r13 13 14∞ Ansatzgleichung +4 14∞ M 21ω 21 − (+ ) F41v41 = 0 M 21 = F41 v41 ω 21 mit v41 ω 21 = r41− 21 = 12 − 24 = + W M 21 = F41 ⋅ r41− 21 Hinweis: Die Vorzeichen in der Ansatzgleichung sind durch die Orientierung der Momente bestimmt. Die Kraft F41 wird dabei als F31 betrachtet und erzeugt damit ein Moment um den Pol P13 . Das eingeklammerte Vorzeichen in der Ansatzgleichung resultiert aus dem momentan positiven Übersetzungsverhältnis i31− 21 = r12 r13 . TU Dresden IFKM Professur für Getriebelehre Getriebetechnik Umdruckblatt 11 Leistungssatz mit h - Strecken Kräftebestimmung nach dem Prinzip der virtuellen Leistung Gegeben : Lageplan einer Schubkurbel, v A , F41 = FB , Wirkungslinie F21 , ¬ ω 21 = +1 rad s Gesucht : F21 = FA F41=FB B 4 1 F21=FA hB A 2 WL F21 v B¬ 3 v A¬ hA A0 1 B0∞ ω21 Ansatzgleichung +4 FA ⋅ hA − FB ⋅ hB = 0 FA = FB hB hA Hinweis: Die Vorzeichen in der Ansatzgleichung sind durch die Orientierung der Kraft um die Spitze der gedrehten Geschwindigkeit des jeweiligen Kraftangriffspunktes bestimmt. Antriebsgeschwindigkeit kann Die darstellende beliebig gewählt Größe der werden. Die maßstabsunabhängige hi - Strecke ist der lotrechte Abstand der Kraftwirkungslinie zur Spitze der gedrehten Geschwindigkeit. TU Dresden IFKM Professur für Getriebelehre Getriebetechnik Umdruckblatt 12