Weibliche Sexualhormone Inhalte: 1. Die hormonelle Auswirkung der Sexualhormone bei der Frau 2. Das hormonelle Milieu des Ovars 3. Die Regelkreise des Menstruationszyklus 4. Gonadotropine der Sekretion der Hypophyse 5. Die hypothalamo-physäre Einheit 1. Die Auswirkung der weiblichen Sexualhormone auf das allgemeine Erscheinungsbild der Frau: Oestrogene haben bei der Frau vielseitige Auswirkungen. Das Erscheinungsbild der Frau wird wesentlich durch die Oestrogene, welche vom Ovar ausgeschieden werden, geprägt. Neben der Anzahl Schichten der Epidermis (Haut), welche durch die Einwirkung der weiblichen Sexualhormone zunimmt, sind unter anderem auch die Form des weiblichen Beckens, sowie auch die Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale oestrogenabhängig. Zusätzlich zu diesen eher allgemeinen Auswirkungen haben die Östrogene auch zyklische Auswirkungen auf die Funktion der verschiedenen Genitalorgane. Die Wirkung der Östrogene ist am deutlichsten, wenn der Zervikalmukus untersucht wird. Während der hyperoestrogenen Phase in der präovulatorischen Phase des Zyklus entwickelt sich das sogenannte Farnkrautphänomen, bei der der Zervikalmukus bei Eintrocknung eine typische kristalline Struktur annimmt. Präovulatorisch kommt es unter Einwirkung der Oestrogene zu Kontraktionen im Myometrium des Uterus, welche sonographisch dargestellt werden können. Diese Kontraktionen sind für die Mobilisierung von Samenzellen in Richtung des Eileiters wichtig. Auch im Eileitermilieu sind Veränderungen im Gange, welche durch die Oestrogeneinwirkung bewegt werden: - Zunahme der apokrinen Sekretion im Lumen des Eileiters - Zunahme der Anzahl Cilien auf den zilientragenden Zellen der Eileitermukosa - Abnahme der Kontraktilität der Muskelschicht in der Eileiterwand. Weibliche Sexualhormone, Version: Juli 2006; Autor: Ch. De Geyter Neben der Einwirkung der Oestrogene verfügt die Frau auch über andere Sexualhormone. Hier sind insbesondere die Gestagene zu nennen, die in der zweiten Zyklushälfte die sekretorische Umwandlung des Endometriums gewährleisten. Diese geht mit der Bildung von elektronenmikroskopisch sichtbaren Strukturen einher (Pinopodien), die für die Anhaftung der Blastozyste (Embryo) an das Endometrium wichtig sind. Neben den Oestrogenen und Gestagenen produziert die Frau auch Androgene (Testosteron), welche bei einer Überproduktion klinisch relevante Veränderungen verursachen können (Akne, androgenetische Alopecia, Hirsutismus). Hauptquelle der Oestrogene ist der Ovarialfollikel. Quelle der Gestagene ist das Corpus luteum. Während in der Theka lutea aus Cholesterin und Gestagenen die Androgene produziert werden, entstehen in den Granulosazellen, durch die Einwirkung der Aromatase aus einem androgenen Vorläufer, die Oestrogene. Dieses kann am besten erläutert werden durch die "Zwei Zellen - zwei Schichten-Theorie", bei der in der Theka unter Einwirkung des LH über LH-Rezeptoren aus dem Cholesterin und den Gestagenen Androgene produziert werden, die durch Diffusion durch die Basalmembran in die Granulosa wandern. In der Granulosa werden unter Einwirkung der Aromatase aus den androgenen Vorläufern (Androstendion, Testosteron) Oestrogene synthetisiert (Östron, resp. Östradiol). Das biologisch wirksamste Oestrogen ist 17- -Oestradiol. Diese Funktionen der Granulosazellen werden durch das Gonadotropin FSH gesteuert. Neben dieser endokrinen Funktion der Ovarialfollikel verfügen diese auch über eine biologische Funktion: Die Meiose der Eizelle. Regulationsmechanismen im Ovar, welche zur Ausbildung eines dominanten Follikels führt. Der Menstruationszyklus der Frau ist durch den monofollikulären Eisprung (Ovulation) gekennzeichnet. Während der Follikelphase wird aus ursprünglich vielen Eibläschen nur ein einzelnes selektioniert, welches schliesslich ovuliert und hierbei die Eizelle in den Fimbrientrichten des benachbarten Eileiters überbringt. Diese 2 monofollikuläre Entwicklung wird hormonell gesteuert. Mindestens fünf Faktoren sind für die Selektion eines dominanten Follikels verantwortlich: - FSH-Konzentration durch Beginn der Follikelreife - Negative Rückkopplung der FSH-Konzentration durch Oestradiol - Hemmung der FSH-Sekretion im Hypophysenvorderlappen durch Inhibin - Faktoren, welche durch die Eizelle sezerniert werden - Die Herausbildung der perifollikulären Vaskularisierung, welche bei dominanten Follikeln ausgeprägt ist. Die Höhe der FSH-Konzentration in den ersten Tagen des Menstruationszyklus ist für die Selektion des späteren dominanten Follikels entscheidend. Durch die exogene Zugabe von FSH kann somit die Anzahl heranreifender Follikel künstlich erhöht werden. Im späteren Verlauf der Follikelentwicklung sinkt die FSHKonzentration ab, da bei ansteigender 17-Östradiols durch die negative Rückkopplung am Hypothalamus und in der Hypophyse die FSH-Sekretion abgesenkt wird. Der Verlauf der 17_-Oestradiol- und der FSH-Konzentration unterscheiden sich je nach dem Alter der Frau, da bei der älteren Frau besonders die FSH-Konzentration zu Beginn der Follikelphase höher ist. Diese individuellen Unterschiede in der FSH-Konzentration sind für die Bestimmung der Ovarialfunktion klinisch wichtig. Die ansteigende FSH-Konzentration am Ende der reproduktiven Phase der Frau (im Klimakterium) wird nicht nur durch eine abfallende Oestrogenkonzentration, sondern auch durch einen massiven Anstieg der FSHKonzentration gekennzeichnet. Der physiologische Mechanismus, der durch die Veränderungen geprägt ist, ist die fehlende negative Rückkopplung durch das Ovar, welche keine Ovarialfollikel mehr enthält. Neben der negativen Rückkopplung existiert auch eine positive Rückkopplung, welche für die massive Ausschüttung des präovulatorischen LH und FSH verantwortlich ist (sogenannte „LH-peak“). Die positive Rückkopplung tritt erst in Kraft, welche wenn über eine ausreichend lange Zeit hohe Oestrogenspiegel vorliegen. Die positive Rückkopplung findet sich daher ausschliesslich am Ende der Follikelreifung. 3 Die negative Rückkopplung durch Oestradiol ist nur ein von mehreren Wirkungsmechanismen, durch den die FSH-Sekretion gehemmt werden kann. Der andere Mechanismus erfolgt über das Hormon Inhibin; welches in den Granulosazellen des dominanten Follikels produziert wird und die FSH-Sekretion im Hypophysenvorderlappen hemmt (Inhibin = Hemmung). Bei älteren Frauen finden sich niedrigere Inhibinkonzentrationen, welches Ausdruck einer verminderten Anzahl Granulosazellen ist. Die bei der älteren Frau niedrigere Inhibinkonzentration geht mit einer erhöhten Sekretion des FSH in der Adenohypophyse einher. Neben der Funktion der Granulosa produziert auch die Eizelle bestimmte Faktoren, welche für die Ovarialfusionierung wichtig sind. Die derzeit am meisten diskutierten Faktoren sind der "growth differentation factor-9 "(GDF-9) und der "bone morphogenetic protein 15" (GDF-9B = BMP-15). Die einzelnen Funktionen dieser Faktoren sind derzeit noch nicht bekannt. Am Ende der Follikelreifung entwickelt die Theka interna des dominanten Follikels eine intensive Mikrovaskularisierung aufweist. Diese Vaskularisierung kann sonographisch dargestellt werden. Die Intensität der perifollikulären Vaskularisierung korreliert gut mit der Entwicklung der im Follikel heranreifenden Eizelle. 2. Die hypothalamo-hypophysäre Einheit Die Gonadotropine, welche für die Ovarialphysiologie entscheidend wichtig sind, werden im hypophysären Vorderlappen (sogenannte Adenohypophyse) synthetisiert und ausgeschieden. Die Produktion und Ausscheidung des FSH und des LH ist abhängig von der neuronalen Aktivität im Hypothalamus. Die hypothalamischen Neuronen produzieren ein Dekapetid, GnRH („Gonadotropin Releasing Hormone“), welches über das hypothalame hypophysäre Portalvenensystem die Funktion der gonadotropen Zellen im Hypophysenvorderlappen beeinflusst. Die Produktion des GnRH im Hypothalamus wird wiederum über die Aktivität des Nucleus arquatus geregelt. Die physiologische Sekretion des GnRH, welches über eine sehr kurze Halbwertszeit verfügt, erfolgt pulsatil. Diese stossweise Sekretion (pulsatile Sekretion) ist für seine endokrine Funktion in der Adenohypophyse von 4 entscheidender Bedeutung, da bei einer kontinuierlichen Verabreichung des GnRH (zum Beispiel bei einer „Dauerinfusion“) es zu einer Inaktivierung der hypophysären Aktivität der hypophysären Funktion kommt. Dieser Zustand wird in der klinischen Medizin „down regulation“ genannt. Die physiologische, pulsatile Freisetzung von GnRH verursacht somit auch eine pulsatile Freisetzung von LH und FSH in der Adenohypophyse. Die Charakteristiken der pulsatilen Sekretion des LH (und FSH) sind im Verlauf des Menstruationszyklus unterschiedlich: während in der frühen Follikelphase weniger Pulsen mit geringer Amplitude, steigt die Amplitude und die Frequenz der Pulsen und FSH-Pulsen mit zunehmender Follikelreifung zu. In der Lutealphase finden dagegen nur noch wenige Pulsen mit einer jeweils sehr grossen Amplitude statt. Die pulsatile Sekretion des LH und des FSH wird auch durch den Tag-Nacht-Rhythmus geprägt: die überwiegende Pulsaktivität erfolgt während der Schlafphase. Die pulsatile Freisetzung von GnRh kann auch therapeutisch verwendet werden in dem beim fehlenden Pulsgenerator die pulsatile Freisetzung von GnRH über eine Pumpe erfolgen kann. (Zyklomatpumpe). Prof. Dr. med. Ch De Geyter Abteilungsleiter/Leitender Arzt der Abteilung für gyn. Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitäts-Frauenklinik Spitalstrasse 21 4031 Basel Tel. 061/265 93 15 e.mail: [email protected] Basel, Juni 2006 5