D-HEST, Prof. Dr. E. W. Farkas R. Bourquin und M. Sprecher Mathematik III HS 2015 Lösung 2 Bitte wenden! 1. Die komplexe Darstellung der Fourier-Reihe einer T -periodischen (T > 0) Funktion f (x) lautet ∞ X cn einωx n=−∞ mit T Z 1 cn = T f (x)e−inωx dx ∀n ∈ Z 0 wobei ω = 2π die Kreisfrequenz ist. Bestimmen Sie die Koeffizienten cn der FourierT Reihe zu den Funktionen: x a) g(x) = 1 − e− 2 2-periodisch mit x ∈ [0, 2[. Die Fourier-Reihe ist linear, das heisst, F R(g1 + g2 ) = F R(g1 ) + F R(g2 ). Daher x berechnen wir separat für g1 (x) = 1 und g2 (x) = −e− 2 . Es ist F R(g1 ) = 1e0 und (1) somit c0 = 1. Um die Koeffizienten von F R(g2 ) zu bestimmen, berechnen wir c(2) n = = = = (1) Z 2π 1 T g2 (x)e− T inx dx T 0 Z x 1 2 (−e− 2 )e−iπnx dx 2 0 2 2 1 −(1+2iπn) x2 e 2 1 + 2iπn 0 −1 e −1 1 + 2iπn (2) da e−2πin = 1. Mit cn = cn + cn erhalten wir schlussendlich cn = e−1 − 1 1 + 2iπn und c0 = e−1 b) h(x) = 1 − e−2πx 1-periodisch mit x ∈ [0, 1[. (1) Analog zu a) mit T = 1, c0 = 1 und Z 1 (2) cn = (−e−2πx )e−2πinx dx 0 −2π(1+in)x 1 1 e 0 2π(1 + in) e−2π − 1 = 2π(1 + in) = Siehe nächstes Blatt! also cn = e−2π − 1 2π(1 + in) und c0 = e−2π − 1 +1 2π Bitte wenden! 2. Bestimmen Sie die trigonometrischen Koeffizienten an , bn der (reellen) FourierReihe zur 2π-periodischen Funktion f mit: x f (x) = cos( ), 2 x ∈ [−π, π] auf zwei verschiedene Arten: a) durch direktes Ausrechnen mittels Z 1 π an = f (x) cos(nx)dx, π −π Z 1 π bn = f (x) sin(nx)dx, π −π n≥0 n≥1 Hinweis: cos(α) cos(β) = 21 cos(α − β) + 21 cos(α + β) für beliebige α, β ∈ R. Es ist bn = 0, da f gerade ist. Für an verwenden wir den Hinweis und berechnen Z π Z x 1 π 1 1 cos( ) cos(nx)dx = cos((n + )x) + cos((n − )x)dx 2 2 −π 2 2 −π π 1 1 1 1 1 = sin((n + )x) + sin((n − )x) 2 n + 21 2 2 n − 12 −π 1 2 2 1 1 = sin((n + )π) + sin((n − )π) 2 n + 12 2 2 n − 12 (−1)n (−1)n 4(−1)n = − = 1 − 4n2 n + 21 n − 12 und somit an = 4(−1)n . (1−4n2 )π b) durch Berechnung der komplexen Koeffizienten cn und Bestimmung von an , bn aus cn . Variante I: Es ist Z π Z x 1 π −i x x −inx cos( )e dx = (e 2 + ei 2 )e−inx dx 2 2 −π −π π 1 1 1 −i x2 −inx i x2 −inx = e e + e e 2 −i(n + 12 ) −i(n − 12 ) −π (−1)n −i − i i − (−i) = + 2 −i(n + 12 ) −i(n − 12 ) 1 4(−1)n 1 n = (−1) − = 1 − 4n2 n + 12 n − 12 Siehe nächstes Blatt! Also ist cn = 2(−1)n . (1−4n2 )π Dann berechnet sich an mittels folgender Formeln: a0 = 2c0 an = cn + c−n Da hier cn = c−n gilt an = 2cn = 4(−1)n (1−4n2 )π und bn = i(cn − c−n ) = 0. 1 I, wobei Variante II: Es gilt cn = 2π Z π x cos( )e−inx dx I= 2 −π Z π h x x −inx iπ sin( )e−inx dx + 2in = 2 sin( )e 2 2 −π −π Z π h iπ x x n n −inx 2 2 = 2((−1) + (−1) ) + −4in cos( )e − 4i n cos( )e−inx dx 2 2 −π −π n 2 = 4(−1) + 4n I da sin(π/2) = 1, sin(−π/2) = −1, cos(±π/2) = 0, e−inπ = (−1)n und i2 = −1. n 2(−1)n Also I = 4(−1) und wiederum cn = (1−4n 2 )π . 1−4n2 Bitte wenden! 3. Eine 2π-periodische Funktion wird im Intervall 0 ≤ x < 2π durch die Gleichung f (x) = exp(x) beschrieben. a) Bestimmen Sie ihre Fourier-Reihe in komplexer Form. Für alle n ∈ Z gilt mit c = 0 Z 2π 1 e(1−in)x dx cn = 2π 0 1 1 + in 2π 1 1 (1−in)x 2π = = e (e − 1) 0 2π 1 − in 2π 1 + n2 wobei wir im letzten Schritt e2πin = 1 für alle n ∈ Z verwendet haben. Also lautet die gesuchte Fourier-Reihe ∞ e2π − 1 X 1 + in inx e 2π n=−∞ 1 + n2 b) Wie lauten die Koeffizienten ihrer reellen Form? Es gilt a0 = 2c0 = e2π − 1 π und für alle n ≥ 1 an = cn + c−n e2π − 1 1 + in 1 − in e2π − 1 1 = + = 2π 1 + n2 1 + n2 π 1 + n2 sowie e2π − 1 1 + in 1 − in e2π − 1 n bn = i(cn − c−n ) = i − = − 2π 1 + n2 1 + n2 π 1 + n2 Bemerkung: wir erklären im Folgenden, wie sich die komplexe Darstellung einer Fourier-Reihe aus der reellen herleiten lässt und erläutern die Transformationsregeln a0 = 2c0 an = cn + c−n bn = i(cn − c−n ) (1) die oben verwendet wurden. Sei also f eine 2π-periodische Funktion (stetig, beschränkt und mit höchstens endlich vielen Sprungstellen) mit reeller FourierReihe ∞ a0 X + (an cos(nx) + bn sin(nx)) 2 n=1 Siehe nächstes Blatt! wobei an und bn wie oben gegeben sind. Wir verfolgen das Ziel, diese Reihe in die Form ∞ X cn einx n=−∞ für geeignete Koeffizienten cn ∈ C zu bringen. Aus der Euler’schen Identität inx −inx einx = cos(nx) + i sin(nx) erhält man, dass cos(nx) = e +e und sin(nx) = 2 einx −e−inx i inx −inx = − 2 (e −e ) gilt. Einsetzen in die reelle Fourierentwicklung ergibt 2i ∞ a0 X + (an cos(nx) + bn sin(nx)) 2 n=1 ∞ X a0 einx + e−inx einx − e−inx = + an + bn 2 2 2i n=1 ∞ a0 X 1 1 inx −inx = + (an − ibn )e + (an + ibn )e 2 2 2 n=1 = ∞ X 1 n=1 2 ∞ (an + ibn )e −inx a0 X 1 + + (an − ibn )einx 2 2 n=1 Wir betrachten die erste Reihe in der vorigen Zeile separat. Mit der Indextransformation n 7→ −n gilt, dass ∞ X 1 n=1 2 −inx (an + ibn )e −∞ X 1 = (a−n + ib−n )einx 2 n=−1 Einsetzen in die Herleitung ergibt nun ∞ −∞ ∞ X X 1 1 a0 X inx a0 0nx + (an cos(nx)+bn sin(nx)) = (a−n +ib−n )e + e + (an −ibn )einx 2 n=1 2 2 2 n=−1 n=1 Dies ist tatsächlich von der Form P∞ inx , n=−∞ cn e wenn man cn = (an − ibn )/2 ∀n ≥ 1 c0 = a0 /2 c−n = (an + ibn )/2 ∀n ≤ −1 (2) definiert. Mit dieser Definition erhält man nun aus den Integral-Formeln für an und bn entsprechende Integral-Formeln für die Koeffizienten cn . Zum Beispiel gilt Bitte wenden! für n ≥ 1, dass Z Z 1 1 1 c+2π i c+2π cn = (an − ibn ) = f (x) cos(nx)dx − f (x) sin(nx)dx 2 2 π c π c Z c+2π 1 f (x)(cos(nx) − i sin(nx))dx = 2π c Z c+2π 1 = f (x)(cos(−nx) + i sin(−nx))dx 2π c Z c+2π 1 f (x) exp(−inx)dx = 2π c was genau den oben angegebenen Formeln entspricht (hier haben wir in der 2. Zeile die Linearität des Integrals verwendet und in der dritten Zeile, dass cos gerade und sin ungerade ist). Die Fälle n = 0 und n ≤ −1 sind analog. Des Weiteren kann man (2) auch nach an und bn auflösen. Die dritte Zeile von (2) lässt sich zum Beispiel als c−n = 12 (an + ibn ) für n ≥ 1 schreiben und Addition mit der ersten Zeile aus (2) ergibt an = cn + c−n für alle n ≥ 1. Auf ähnliche Weise ergibt sich bn = i(cn − c−n ). Dies sind genau die Transformationsregeln aus (1).