Schrifttext und Lebenstext legen sich gegenseitig aus

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S chwerpunktthema
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Schrifttext und
Lebenstext legen
sich gegenseitig
aus
Lebensbezogene Methoden der Bibelarbeit
„Gott hat zwei große Bücher geschrieben: das Leben und
die Bibel. Wenn du das Leben nicht verstehst, dann hilft es,
in der Bibel zu lesen. Wenn du die Bibel nicht verstehst,
dann hilft es, im Leben zu lesen.“ (Carlos Mesters)
Von Anneliese Hecht
Anneliese Hecht
geb. 1954, studierte Rechtswissenschaften, anschließend
Studium der Theologie (Diplom und Staatsexamen) und
Germanistik (Staatsexamen)
in München. Seit 1982 ist sie
Referentin für Bibelpastoral beim
Kath. Bibelwerk e.V. in Stuttgart.
Schwerpunkte ihrer Arbeit sind
Kurse für Methoden der Bibelarbeit, Entwicklung und Begleitung
langfristiger Bibelkurse, Tagungen zu
biblischen Inhalten, Reisen zu biblischen Orten.
W
enn die Bibel als
Fundament unseres Glaubens nicht
als Buch einer längst
untergegangenen Welt erscheinen
soll, dann brauchen wir Zugänge zu
den dort beschriebenen Glaubenserfahrungen, die den Graben zwischen
damals und heute überbrücken, die
uns einen lebendigen Dialog ermöglichen und uns darüber hinaus zu
bewegen vermögen, ihre Botschaft
zu verstehen und in unserem Leben
wirksam werden zu lassen. Das ist
Menschen in all den Hunderten und
Tausenden von Jahren auf vielfältige
Weise gelungen. Einige solcher lebendiger Zugänge werden im Folgenden
unter fünf Aspekten vorgestellt.
Fünf Aspekte lebens-
bezogener Bibelarbeit
O Ganzheit: Der Mensch hat in sich
eine Vielzahl von Aufnahmemöglichkeiten, den Verstand, die Sinne, die
Bewegung der Glieder (Motorik);
das alles wirkt zusammen in einer
ganzmenschlichen Wahrnehmung.
Ganzheitliche Bibelarbeit beansprucht also mehrere dieser Zugänge,
z.B. über die Bewegung und einige
Sinnesorgane.
O Prozess: Die Lernpsychologie sagt
immer wieder, dass Inhalte oder Botschaften in uns viel intensiver wirken
können, wenn uns nicht einfach Ergebnisse präsentiert werden, sondern
wenn wir Anteil erhalten am Entde-
fünf Aspekte eine Methode vorgestellt, die diesen Akzent besonders
zur Geltung bringt. Zur Veranschaulichung wird ein Übungstext gewählt,
der das Thema des Heftes selbst als
inhaltlichen Akzent enthält: die Erzählung von dem reichen Mann, der
bei Jesus nach einem sinnerfüllteren
Leben sucht und die Auswirkungen
der Begegnung auf Jesus und die Jünger, Mk 10,17-31.
Ganzheitlicher Zugang:
Szenisches Lesen
Der Text Mk 10,17-31 wird zunächst laut oder still gelesen. Dabei
achten die Teilnehmer/innen (TN)
auf Orte und Wege der Personen.
Dann folgt das Szenische Lesen:
Im Raum werden einzelne Orte markiert mit Zetteln oder Tüchern, die
Orten des Bibeltextes entsprechen.
Die Rollen des Textes werden auf die
TN verteilt. Sie erhalten den Text und
sagen die wörtliche Rede ihrer Figur.
Die Leitung liest den Erzähler. Außerdem werden von den Protagonisten
die Bewegungen des Textes im Raum
sichtbar gemacht. Das Rollenspiel
folgt strikt nur dem gelesenen Text.
Die äußeren Bewegungen zu sehen,
hilft den Zuschauenden dabei, die inneren Bewegungen wahrzunehmen.
Sie schauen und hören genau hin,
wie und wohin uns der Text bewegen
will.
Das Szenische Lesen wird ein
zweites Mal durchgeführt, allerdings
variiert. Die Leiterin liest, die Protagonisten legen die Textblätter weg
und vollziehen ihre Handlungen und
Reden ohne Worte, nur in der Gestik
und Bewegung. So wird der Ausdruck
sehr intensiv. Die Beobachtenden
sehen bei diesem zweiten Mal auch
klarer, wohin uns der Text bewegt.
Es folgt ein Plenumsgespräch über
die Bewegung(en) des Textes, beginnend mit der Frage: In welche Situation und welches Beziehungsgefüge
hat uns der Text am Anfang geführt,
welche Konstellation finden wir am
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Missionswissenschaftliches Institut Missio
Unsere Partnerinnen und Partner haben
uns Psalmen aus ihren Kulturkreisen geschickt.
EIN PSALM AUS
MAURITIUS
Herr
Ich lebe in vier Wänden
aus Wellblech
Meine Küche ist ein Stück
Pappkarton
Ich habe kein Wasser
und auch keinen Strom
Mein Mann ist arbeitslos
Meine Kinder laufen im Dreck
Und die Drogenhändler
Haben schöne Häuser
In ihren Bungalows
geht’s ihnen gut.
Herr, warum soviel
Ungerechtigkeit?
Warum steh’ ich alleine da?
Wann antwortest Du mir,
mein Gott?
Wann hörst Du
auf meinen Schrei?
Danielle Palmyre-Florigny
Im Sinne der Vielsprachigkeit des Glaubens fördert das Missionswissenschaftliche Institut Missio e.V. (MWI) Studium
und Forschung junger Menschen aus
den Kirchen des Südens.
Bitte helfen Sie mit. Weitere Informationen unter: www.mwi-aachen.org
Spendenkonto MWI 1 004 640 019,
Pax Bank eG Aachen, BLZ 370 601 93
S chwerpunktthema
cken und Entwickeln, am Prozess
des Erkennens. So ermöglicht eine
gute Bibelarbeit solche Prozesse, die
die Fähigkeiten der Teilnehmenden
zur Geltung bringt und sie mit Lust
etwas erarbeiten lässt. Das bringt ihnen dazu noch Eigenständigkeit und
Verantwortung ihres Glaubens und
das Rüstzeug für weitere Prozesse.
O Dialog: Wir Menschen sind vom
Wesen her Mitmenschen, und so ist
eine der grundlegenden Formen des
Lernens die des Dialoges. Menschen
spüren und erfahren durch lebendige
Zugänge zu Bibeltexten, dass Gott
ein lebendiges, wichtiges Gespräch
mit ihnen anknüpfen will. Das führt
über die biblischen Personen und/
oder die Gruppe, in der inhaltliche
Schwerpunkte ins Gespräch gebracht
werden.
O Leben: Lebendig werden Texte für
uns nur, wenn sie nicht einfach nur
theoretisch gelehrt oder als Zeugnisse
ihrer damaligen Zeit erschlossen,
sondern in Beziehung gesetzt werden
in unsere eigene Lebenswelt hinein.
Das haben biblische Menschen so getan, dass sie vielfältig an Erfahrungen
weitergeschrieben haben, die ihnen
selbst überliefert waren. Sie schrieben aber in die Texte ihre eigenen
Erfahrungen mit hinein. Zum Beispiel spricht so in Gen 16 der Bote
Gottes dreimal mit Redeeinleitung
hintereinander ganz verschiedene,
einander sogar widersprechende
Botschaften. Es braucht dazu Methoden, die den Graben zwischen
„damals“ und „heute“ überbrücken,
die uns helfen, uns so zu öffnen, dass
das Überlieferte unter uns heute auf
eigene Weise neu geschehen kann.
O Erfahrung: Worte und Gedanken,
die wir nur im Kopf haben oder nur
hören oder lesen, sind sehr flüchtig.
So ist bei jeder Bibelarbeit hilfreich,
wenn sie erfahrungsbezogen ist.
Dazu gehört, dass etwas erlebt und
anschließend gedeutet und in Beziehung gesetzt werden kann zum
eigenen Leben.
Im Folgenden wird für jeden der
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