1 Einleitung, Grundgleichungen • Newton (1642-1727): Bewegungsgesetz, Viskosität, Nach Newton: Quantitative mathematische Theorien möglich 1.1 Hydrodynamik als anwendungsorientierte Wissenschaft: • 18. Jahrhundert: Beiträge von Bernoulli, Euler, d’Alembert, Lagrange, Laplace: Ideale (reibungslose Flüssigkeiten) • Bereits im Altertum: Bewässerung, Wasserversorgung, Schiffsbau, Pumpen • Ende 19. Jahrhundert: Froude, Rayleight, Reynolds, Navier, Stokes: zähe Flüssigkeiten (aber: Gleichungen zu schwierig zum Lösen) • 20. Jahrhundert: Prandtl: Grenzschichten, von Kármán, Taylor: Turbulente Strömungen • Ende 20. Jahrhundert: Verfügbarkeit von Computern: Computational Fluid Dynamics. Von Beginn weg Verwendung von Grosscomputern für Hydrodynamik (Meteorologie). Zahlreiche Anwendungen: • Meteorologie, Atmosphärenphysik, Klimatologie, Ozeanologie • Dynamik von Schadstoffen in der Umwelt (Luft, Wasser, Boden) • Hydrologie, Bewässerung, Hochwasserschutz [Figur aus: Singer et al., history of technology] • Aerodynamik von Fahrzeugen, Flugzeugen und Raumfahrzeugen • Beiträge der Griechen (Archimedes). • Hydrodynamik von Schiffen • Mittelalter: Leonardo d a Vinci (1452-1519) (Bewässerungen, Pumpen, Flugmaschinen, Fallschirme -> Aerodynamik • Be- und Entlüftung von Gebäuden und Tunneln • Wasserversorgung, Abwasserentsorgung • Energieversorgung: Turbinen, Pumpen, Verbrennungsmotoren • Öl- und Gaspipelines • Blutkreislauf • Plasmaphysik • Astrophysik: Sternatmosphären, Solare und Stellare Winde, interstellares Gas, Sternentstehung, Jets • etc. etc. Zusammenfassend: 75% der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt und 100% von Luft, 98% der Materie im Kosmos ist Plasma. Zum physikalischen Verständnis ist jeweils die Kenntnis der Hydrodynamik, Aerodynamik oder Fluiddynamik notwendig. [Leonardo da Vinci, Studie zur hydrodynamischen Turbulenz, ca. 1508-9 (Ausschnitt)] 1 2 Die Begriffe Hydrodynamik, Aerodynamik und Fluiddynamik sind weitgehend austauschbar. Im eher technischen Sinne wird auch der Begriff Strömungslehre verwendet. ρ Dynamische und thermodynamische Variablen: Geschwindigkeit, Dichte, Druck Temperatur, Entropie Eine andere Form des Impulssatzes erhält man durch Addition von v mal der Kontinuitätsgleichung: Gleichungen: Kontinuitätsgleichung, Impulssatz (Bewegungsgleichung), Energiesatz (oder Entropiegleichung), Zustandsgleichung. Charakterisierung von mikroskopischen Prozessen wie Diffusion, Viskosität, Wärmeleitung. T =−( p+ (1.1) Dabei ist (kartesische Koordinaten) (1.2) 2 µ div v ) I + 2µD 3 (1.6) wo p der Druck, µ die dynamische Viskosität, I der Einheitstensor und D der Deformationstensor („strain-tensor“) ist: D= 1 [ grad v + (grad v )T ] 2 (1.7) In Indexschreibweise in kartesischen Koordinaten wird dies zu (wo v = (u,v,w)). Tij = − p + Kontinuitätsgleichung: Erhaltung der Masse: Dρ ∂ρ = + v ⋅ ∇ρ = − ρ ∇ ⋅ v ∂t Dt (1.5) Für eine „Newton’sche“ Flüssigkeit (eine Flüssigkeit, in der die viskosen Terme proportional zu den Geschwindigkeitsgradienten sind) ist der Spannungstensor gegeben durch in einer bewegten Strömung (Geschwindigkeit v) ist die zeitliche Änderung einer physikalischen Grösse eines Flüssigkeitspakets gegeben durch die materielle (oder konvektive) Ableitung: ∂ ∂ ∂ +v +w ∂x ∂y ∂z ∂( ρ v ) + ∇ ⋅ ( ρ vv) = ∇ ⋅ T + ρ F ∂t Diese Divergenzform der Bewegungsgleichung eignet sich besonders gut in der numerischen Fluiddynamik, weil sie Algorithmen erlaubt, in denen Erhaltungsgrössen auch numerisch erhalten bleiben. Materielle Ableitung: v⋅∇ = u (1.4) Der Spannungstensor (engl.: stress-tensor) T beschreibt Impulstransport durch molekulare Prozesse („innere Kräfte“, z.B. Druck), der Vektor F alle äusseren Kräfte. 1.2 Variablen und Grundgleichungen ∂ D = + v ⋅∇ Dt ∂t ∂v + ρ ( v ⋅ ∇) v = ∇ ⋅ T + ρ F ∂t (1.3) Dij = 2 ∂u j µ δ ij + 2µ Dij 3 ∂x j 1 ∂u i ∂u j + 2 ∂x j ∂x i (1.8) (1.9) Anmerkung: Die Bewegungsgleichung ist nichtlinear. ∂ρ + ∇ ⋅ ( ρ v) = 0 ∂t Gebräuchlich ist die Aufteilung von T in den thermodynamischen Druck p und die Schubspannung („viscous stress“, zäher bzw.viskoser Spannungstensor, Reibungstensor) τ: ρ: Massendichte. T = −p I + τ Bewegungsgleichung: (1.10) ( I ist dabei der Einheitstensor). Dann wird die Bewegungsgleichung zu Erhaltung des Impulses: 3 4 ∂v + ⋅ ρ (∇ ⋅ v ) v = −∇p + ∇ ⋅ τ + ρ F ∂t ρ (1.11) ρ ρ 0 γ p = p0 (1.16) wenn die Gleichungen dies erlauben Energiesatz Problematik: Es gibt mehrere mögliche Schreibweisen für die Energiegleichung, je nachdem für die innere Energie, die mechanische Energie, die Temperatur. (vgl. z.B. Panton, S. 106 ff) Die hydrodynamischen Gleichungen sind nichtlinear, Lösungen sind nicht eindeutig Innere Energie e (als Energie/Masse): ∂ 1 2 1 2 ρ (e + v ) + ∇ ⋅ ρ v (e + v ) = −∇ ⋅ q + ∇ ⋅ Τ ⋅ v + ρ v ⋅ F ∂t 2 2 (1.12) (q: Wärmefluss) 2 D (ρ v ) = D ρ v Dt Dt 2 (1.13) erhält man die Gleichung für den mechanischen Energiefluss: v ∂ v ρ + ∇ ⋅ρ v 2 ∂t 2 2 2 = −v ⋅ ∇p + v ⋅ (∇ ⋅ τ) + ρ v ⋅ F (1.14) (1.15) Dabei bedeutet (Panton, S. 110): τ : ∇v = ∑τ i, j ij 1.3 Modellbildung Die hydrodynamischen Grundgleichungen, in der Form wie oben angegeben, haben keine geschlossenen Lösungen. Die beiden Gleichungen lassen sich kombinieren zu ∂ ( ρ e ) + ∇ ⋅ ( ρ v e ) = − p∇ ⋅ v + τ : ∇ v − ∇ ⋅ q ∂t Strömungen sind fast immer turbulent (ebenfalls über alle Grössenordnungen). Die Bewegung ist vielfach chaotisch: Bewegungen einzelner Flüssigkeitselemente sind zufällig, nicht deterministisch. Aussagen lassen sich nur über gemittelte Grössen machen. Aus v. Impulsgleichung, unter Verwendung von v⋅ Skalen variieren über viele Grössenordnungen, von molekular (10-10 m) bis zu planetar (107 m) und darüber. Alle diese Skalen sind miteinander gekoppelt. Lösungen erhält man deshalb nur durch weitere Vereinfachungen, oder numerisch. Durch geeignete Wahl des Modells und Beschränkung auf die wesentlichen Phänomene lassen sich die Gleichungen aber oft vereinfachen und damit einfacher lösen. Dies ist fast immer auch für numerische Lösungen ein Vorteil. Solche Vereinfachungen können sein: ∂v i ∂x j • Stationäre Lösung ( ∂ / ∂t = 0 ) • Inkompressible Strömung ( ρ = const.) Um das Gleichungssystem zu schliessen brauchen wir nun noch eine Beziehung zwischen der inneren Energie und den übrigen Zustandsgrössen (z.B. T), eine Zustandsgleichung, die Temperatur, Druck und Dichte verknüpft, und einen Ausdruck für den Wärmefluss q. • Beschränkung auf eine oder zwei räumliche Dimensionen (Ausnutzen von Symmetrien) Anhand dieser Gleichungen ist es verständlich, dass man wenn immer möglich den Energiesatz ersetzt, z.B. durch eine Adiabatengleichung der Form 5 • Beschränkung auf die wesentlichen Kräfte, bzw. die wesentlichen Terme in den Gleichungen. 6