Einführung in die differenzierbaren Mannigfaltigkeiten

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Technische Universität Dortmund
Fakultät für Mathematik
Institut für Analysis
Rolf Walter
Einführung in die
differenzierbaren Mannigfaltigkeiten
DM. Differenzierbare Mannigfaltigkeiten . . . . . . . .
DM.1. Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
DM.2. Strukturverträgliche Abbildungen . . . . . . . . .
DM.3. Tangentiale Abbildungen und Räume . . . . . .
DM.4. Untermannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
DM.5. Die Hausdorffeigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . .
DM.6. Tensorfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
DM.7. Orientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
DM.8. Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Stand: 15.07.2009
— Alle Rechte vorbehalten —
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Dieser Text umfaßt Grundlagen über differenzierbare Mannigfaltigkeiten, wie sie in weiterführenden Vorlesungen gebraucht werden.
An einigen Stellen werden Hilfsmittel aus der linearen Algebra, der mehrdimensionalen Analysis und der mengentheoretischen Topologie verwendet, aber genau zitiert. Die Zitate beziehen sich auf folgende Monographien:
[GM]
[ELA]
[LAG]
[WA3]
K.
R.
R.
R.
P. Grotemeyer: Topologie, Bibliographisches Institut
Walter: Einführung in die lineare Algebra, Vieweg
Walter: Lineare Algebra und analytische Geometrie, Vieweg
Walter: Einführung in die Analysis 3, de Gruyter.
Allgemeine Abkürzungen:
LA = Lineare Algebra, VR = Vektorraum, UVR = Untervektorraum, KR = Kettenregel.
DM.1. GRUNDBEGRIFFE
1
DM. Differenzierbare Mannigfaltigkeiten
Grob gesprochen ist eine Mannigfaltigkeit ein Raum, in dem lokal Koordinaten existieren.
Einige Charakteristika sind dabei die folgenden:
• Eine Mannigfaltigkeit braucht nicht Teil eines Raums Rn zu sein.
• Die Art der Koordinateneinführung ist i.allg. nicht eindeutig festgelegt.
• Koordinaten sind meistens nur lokal brauchbar, d.h. in kleinen“ Bezirken. Weit entfernt
”
liegende Bezirke müssen eventuell getrennt koordinatisiert werden.
• Verschiedene Koordinaten für die gleichen Punkte hängen über gute“ Koordinatentrans”
formationen zusammen.
• Beispiele sind p-dimensionale Flächen im Rn , wie sie häufig in der Analysis bei den
Integralsätzen vorkommen.
• Viele Modelle in den Naturwissenschaften lassen sich als Mannigfaltigkeiten beschreiben, z.B.
der Konfigurationsraum eines mechanischen Systems, d.h. die Gesamtheit seiner möglichen Lagen.
Bei einem ebenen Doppelpendel wird der Konfigurationsraum modelliert durch S1 × S1 , das cartesische Produkt einer Kreislinie mit sich selbst. Denn
jeder der beiden Massenpunkte kann sich frei auf
einer Kreislinie bewegen.
Die Art und Weise, wie in einer abstrakten Mannigfaltigkeit M Koordinaten eingeführt sind
und wie verschiedene Koordinaten derselben Punkte von M untereinander zusammenhängen,
veranschaulicht man oft durch die folgende (natürlich symbolisch zu verstehende) Skizze:
M
U
Uψ
ψ
o ψ −1
A
ψo
−1
Aψ
Rm
DM.1. GRUNDBEGRIFFE
Als konkretes Beispiel betrachten wir verschiedene Winkelkoordinaten“ auf der Einheitskreislinie
”
S1 . Es sei ϕ der orientierte Winkel eines Punktes
auf S1 gegen die positive x-Achse mit 0 < ϕ < 2π.
Der Punkt (1, 0) wird hierdurch nicht erfaßt (man
müßte ihm ja ϕ = 0 oder ϕ = 2π zuordnen, aber
dann entsteht ein Sprung). Weiter sei ψ der orientierte Winkel gegen die negative x-Achse mit
0 < ψ < 2π. Hierdurch wird der Punkt (−1, 0)
nicht erfaßt. Zusammengenommen erfassen die
beiden Winkelkoordinaten alle Punkte von S1 . Für
die Punkte auf S1 , die sowohl durch ϕ wie durch ψ
erfaßt werden, lautet der Zusammenhang zwischen
diesen so:
2
y
x
ψ
auf S1 in der oberen Halbebene: ψ − ϕ = π, d.h. ψ = ϕ + π mit 0 < ϕ < π
auf S1 in der unteren Halbebene: ϕ − ψ = π, d.h. ψ = ϕ − π mit π < ϕ < 2π.
Die Koordinatentransformation“ ϕ 7→ ψ ist in ]0, 2π[\{π} definiert und beliebig oft differen”
zierbar (wenn auch in den beiden Komponenten der Definitionsmenge durch unterschiedliche
Formeln gegeben).
DM.1. Grundbegriffe
Wir geben nun eine präzise Definition einer Mannigfaltigkeit der Klasse C ∞ ; m ist dabei
eine feste natürliche Zahl.
A. Definition. Eine C ∞ -Mannigfaltigkeit der Dimension m ist eine Menge M , zusammen mit einer Familie Φ von Abbildungen ϕ : U ϕ → Aϕ mit U ϕ ⊆ M, Aϕ ⊆ Rm , wobei
gilt:
(M.1)
M=
[
U ϕ.
ϕ∈Φ
(M.2)
Alle ϕ ∈ Φ sind bijektiv.
(M.3)
Für alle ϕ, ψ ∈ Φ ist die Menge ϕ(U ϕ ∩ U ψ ) offen in Rm und die Abbildung
ψ ◦ ϕ−1 : ϕ(U ϕ ∩ U ψ ) −→ ψ(U ϕ ∩ U ψ )
(1)
von der Klasse C ∞ .
(M.4) Die Familie Φ ist maximal bzgl. der Eigenschaften (M.1) – (M.3), d.h. erfüllt eine
Familie c
Φ ⊇ Φ ebenfalls (M.1) – (M.3), so folgt c
Φ = Φ.
B. Bemerkungen.
(i)
Natürlich seien M und alle U ϕ nicht leer. Die Forderung (M.3) verlangt nur etwas,
wenn U ϕ ∩ U ψ 6= / . Solche Trivialforderungen werden in Zukunft nicht mehr erwähnt.
(ii)
Für ϕ = ψ verlangt (M.3), daß Aϕ offen in Rm ist.
DM.1. GRUNDBEGRIFFE
3
(iii) Werden in (M.3) ϕ und ψ vertauscht, so folgt, daß auch ψ(U ϕ ∩ U ψ ) offen in Rm und
ψ ◦ ϕ−1 ebenfalls C ∞ ist. Da diese Abbildung die in (1) invertiert, beschreibt (1) in Wirklichkeit einen C ∞ -Diffeomorphismus zwischen offenen Mengen des Rm , d.h. eine bijektive
Abbildung, die in beiden Richtungen C ∞ ist.
Bezeichnungen:
Man schreibt
m =: dim M.
Bei dim M = 1 nennt man M auch Kurve, bei dim M = 2 Fläche.
Jedes ϕ ∈ Φ wird eine Karte von M genannt, und Φ heißt maximaler C ∞ -Atlas auf M
(der Dimension m). Diese Namen sind sehr sinnvoll; denn die Abbildungen verschiedener
Teile der Erdoberfläche auf die Blätter eines Atlasses haben genau diese Rolle. Ein maximaler
C ∞ -Atlas wird auch eine C ∞ -Struktur genannt.
Ist p ∈ U ϕ , so spricht man von einer Karte ϕ um p und nennt U ϕ eine Koordinatenumgebung von p. Wir schreiben
ϕ(p) = (ϕ1 (p), . . . , ϕm (p)) ∈ Rm
und nennen die ϕi (p) die Koordinaten von p bzgl. ϕ. Hierdurch ist zu jedem i ∈ {1, . . . , m}
die skalare Funktion
ϕi : U ϕ → R
definiert, die i-te Koordinatenfunktion. (Es ist hier üblich, die Koordinaten durch hochgestellte Marken zu numerieren.)
Die Abbildung τ := ψ ◦ ϕ−1 in (1) heißt die Koordinatentransformation zu ϕ, ψ. Sie
bildet die Koordinaten jedes Punktes von U ϕ ∩ U ψ bzgl. ϕ ab auf die Koordinaten desselben
Punktes bzgl. ψ.
Das Attribut C ∞ wird manchmal weggelassen oder sprachlich durch glatt bezeichnet. Das
Wort Mannigfaltigkeit“ wird gelegentlich durch MF abgekürzt.
”
A. Zusatz Sind M, m, Φ genauso, nur daß die Maximalität (M.4) nicht gefordert wird, so
heißt Φ ein C ∞ -Atlas auf M (der Dimension m).
C. Bemerkung. Analog lassen sich C r -Mannigfaltigkeiten definieren, r = 1, 2, . . .. Die
Klasse C ∞ ist hier der einfachen Formulierung wegen gewählt. Sonst müßte bei jeder Fragestellung mitangegeben werden, welche Differentiationsklasse gerade erforderlich ist, was
nicht schwierig, jedoch umständlich auszudrücken ist.
Für r = 0 erhält man topologische Mannigfaltigkeiten. Diese sind allerdings in vieler
Hinsicht anders zu behandeln.
Bei der konkreten Beschreibung einer Mannigfaltigkeit bevorzugt man einen Atlas statt eines
maximalen Atlasses. Gerechtfertigt wird dies durch folgenden
D. Satz. Ist Φ ein Atlas auf M , so existiert genau ein maximaler Atlas Φ ⊇ Φ auf M .
Beim Beweis dieses und ähnlicher Sachverhalte müssen die Definitionsmengen von zusammengesetzten Abbildungen näher bestimmt werden. Dazu erfolgt eine systematische Bemerkung zur
DM.1. GRUNDBEGRIFFE
4
E. Handhabung von Abbildungen. Wir betrachten generell Abbildungen:
X1
f1
−→ Y1
X2
f2
−→ Y2 .
Dann sei die Komposition f2 ◦ f1 mit der größtmöglichen sinnvollen Definitionsmenge versehen:
Def(f2 ◦ f1 ) := x1 ∈ X1 f1 (x1 ) ∈ X2 = f1−1 (Y1 ∩ X2 ).
Analog, falls f : X → Y injektiv ist, sei die Inverse f −1 mit der größtmöglichen sinnvollen
Definitionsmenge versehen:
Def(f −1 ) := f (X).
Dann gelten weitgehend vertraute Regeln, jedoch einschließlich der Gleichheit der Definitionsmengen, z.B.
f3 ◦ (f2 ◦ f1 ) = (f3 ◦ f2 ) ◦ f1 =: f3 ◦ f2 ◦ f1
f injektiv
=⇒
(f −1 )−1 = f
f1 , f2 injektiv
=⇒
(f2 ◦ f1 )−1 = f1−1 ◦ f2−1 .
Man bestätigt dies leicht, z.B. bei der ersten Regel so:
Def(f3 ◦ (f2 ◦ f1 )) = x1 ∈ Def(f2 ◦ f1 ) f2 (f1 (x1 )) ∈ X3
= x1 ∈ X1 f1 (x1 ) ∈ X2 , f2 (f1 (x1 )) ∈ X3
Def(f3 ◦ f2 ) = x2 ∈ X2 f2 (x2 ) ∈ X3
Def((f3 ◦ f2 ) ◦ f1 ) = x1 ∈ X1 f1 (x1 ) ∈ Def(f3 ◦ f2 )
= x1 ∈ X1 f1 (x1 ) ∈ X2 , f2 (f1 (x1 )) ∈ X3 .
Die Übereinstimmung der Zuordnungsvorschriften ist sowieso klar.
Wir haben öfters folgende Situation zu betrachten:
X1
f1
−→ Y1
X
idX
−→ X
X2
f2
−→ Y2 .
Hierfür bestätigt man:
(2)
f2 ◦ idX ◦ f1 = (f2 ◦ f1 )|f1−1 (X ∩ Y1 ).
Beweis von D.
Existenz: Ein natürlicher Kandidat ist die Familie aller mit Φ verträglichen Bijektionen. Eine
Bijektion
η : V −→ B,
wobei
V ⊆ M, B ⊆ Rm
offen
DM.1. GRUNDBEGRIFFE
5
heißt verträglich mit Φ, falls für alle ϕ ∈ Φ in dem Diagramm
ϕ ◦ η −1
η(V ∩ U ϕ ) ←− −→ ϕ(V ∩ U ϕ )
η ◦ ϕ−1
(3)
beide Mengen offen und beide Abbildungen C ∞ sind (sie sind invers zueinander).
Sei
Φ := η η mit Φ verträglich .
Es ist klar, daß Φ das Φ umfaßt [wegen (M.1) – (M.3) für Φ] und daß der gesuchte maximale
Atlas die η’s enthalten muß [wegen (M.1) – (M.3) für diesen].
Wir zeigen, daß Φ selbst schon maximaler Atlas ist, also (M.1) — (M.4) erfüllt.
Zu (M.1) – (M.2) für Φ: Dies ist klar.
η : f
V → f
B aus Φ gegeben, so ist z.z.: η(V ∩ f
V ) ist
Zu (M.3) für Φ: Sind η : V → B, e
m
−1
∞
offen in R und e
η ◦ η ist C : Zunächst ist
!
[
[
η(V ∩ f
V )=η
(V ∩ f
V ∩ U ϕ) =
η(V ∩ f
V ∩ U ϕ ).
ϕ∈Φ
ϕ∈Φ
Dabei wurde (M.1) für Φ verwendet. Für die letzten η-Bilder gilt weiter:
η(V ∩ f
V ∩ U ϕ ) = (η ◦ ϕ−1 ◦ ϕ)(V ∩ f
V ∩ U ϕ)
= (η ◦ ϕ−1 )(ϕ(V ∩ f
V ∩ U ϕ ))
−1
ϕ
ϕ
f
= (η ◦ ϕ ) ϕ(V ∩ U ) ∩ ϕ( V ∩ U ) .
Hierin ist η ◦ ϕ−1 C ∞ -Diffeomorphismus, und beide Mengen ϕ(V ∩ U ϕ ), ϕ( f
V ∩ U ϕ ) sind
m
m
offen in R , also ist das Ergebnis ebenfalls offen in R . Zusammengenommen folgt, daß
η(V ∩ f
V ) offen in Rm ist.
Weiter gilt nach (2)
(e
η ◦ η −1 )|η(V ∩ f
V ∩ U ϕ) = ( e
η ◦ ϕ−1 ) ◦ (ϕ ◦ η −1 ).
Da eine Abbildung auf einer Vereinigung offener Mengen des Rm glatt ist, wenn dies auf den
zu vereinigenden Mengen zutrifft, ist e
η ◦ η −1 C ∞ .
Unmittelbar aus der Definition von Φ liest man für je zwei Atlanten auf M ab:
(4)
Ψ1 ⊆ Ψ2 =⇒ Ψ2 ⊆ Ψ1
(Reihenfolge!).
Zu (M.4) für Φ: Gilt für einen Atlas Ψ ⊇ Φ so ist z.z.: Ψ = Φ. Dies geht so: Einerseits
schließt man nach (4): Ψ ⊇ Φ =⇒ Ψ ⊆ Φ =⇒ Ψ ⊆ Ψ ⊆ Φ. Andererseits schließt man
nach (4) auch: Φ ⊆ Φ =⇒ Φ ⊇ Φ. Zusammengenommen gilt Ψ ⊆ Φ.
Eindeutigkeit: Sei Φ1 irgendein maximaler Atlas auf M mit Φ1 ⊇ Φ. Dann folgt wiederum
mit (4): Φ1 ⊆ Φ, also wegen der Maximalität von Φ1 : Φ1 = Φ.
DM.1. GRUNDBEGRIFFE
6
D. Zusatz
(i)
Φ besteht aus allen Bijektionen η, die mit Φ verträglich sind.
(ii)
Für je zwei Atlanten auf M gilt:
Ψ1 ⊆ Ψ2 =⇒ Ψ1 = Ψ2 .
Beweis. Zu (ii): Nach (4) gilt: Ψ1 ⊆ Ψ2 =⇒ Ψ1 ⊇ Ψ2 , also folgt wegen der Maximalität
von Ψ2 : Ψ1 = Ψ2 .
Hinweis:
Wir legen in Zukunft eine Mannigfaltigkeit oft auch dadurch fest, daß wir zur Menge M einen
(nicht notwendig maximalen) Atlas Φ angeben. Der maximale Atlas ist dann automatisch
bestimmt als Φ. Werden Eigenschaften mittels Φ ausgedrückt, so müssen diese auch für Φ
zutreffen, damit sie wirklich der Mannigfaltigkeit zukommen. Deshalb ist eine Überprüfung
für beliebige mit Φ verträgliche Karten η notwendig, d.h. die Invarianz gegenüber beliebigen
Parametertransformationen (3) muß verifiziert werden.
Konvention:
Wenn von einer Karte einer MF ohne nähere Bestimmung die Rede ist, so ist damit eine Karte
des maximalen Atlasses gemeint. Wenn von einem Atlas einer MF ohne nähere Bestimmung
die Rede ist, so ist damit ein Teilatlas des maximalen Atlasses gemeint.
F. Beispiele.
(i)
Gegeben sei eine (nichtleere) offene Menge A ⊆ Rm . Es sei M := A und Φ := {idA }.
Innerhalb Φ existiert nur eine Koordinatentransformation, nämlich idA ◦ id−1
A = idA , die
natürlich C ∞ ist. Dadurch wird A kanonisch zu einer C ∞ -Mannigfaltigkeit der Dimension
m. Insbesondere trifft dies für Rm selbst zu.
(ii)
Auf Rm existieren auch nicht-kanonische C ∞ -Strukturen, z.B. bei m = 1:
Φ = {ϕ},
ϕ(x) = x :
Ψ = {ψ}, ψ(x) = x3 :
kanonisch
nicht kanonisch.
es wäre Φ = Ψ. Dann ist ϕ mit Ψ verträglich, also ϕ ◦ ψ −1 C ∞ .
Es gilt Φ 6= Ψ! Angenommen,
√
Jedoch gilt ϕ ◦ ψ −1 (x) = 3 x, was in 0 nicht differenzierbar ist, Widerspruch!
(iii) Sei V reeller Vektorraum (= VR) der Dimension m (als VR). Definiere Φ als die Familie
aller linearen Bijektionen (d.h. VR-Isomorphismen) ϕ : V → Rm . Dann ist Φ Atlas auf V ;
denn für ϕ, ψ ∈ Φ ist ϕ ◦ ψ −1 : Rm → Rm linear, also C ∞ . V wird somit kanonisch zu einer
C ∞ -Mannigfaltigkeit der Dimension m.
(iv) Der reelle projektive Raum Pm (R) (kurz Pm ) ist definiert als Menge der eindimensionalen Untervektorräume (Strahlen) von Rm+1 . Für x = (x0 , . . . , xm ) ∈ Rm+1 \ {0}
wird der von x aufgespannte Strahl verschiedentlich bezeichnet:
sp(x) := R · x := [x] := [x0 , . . . , xm ] := {λx | λ ∈ R}.
DM.1. GRUNDBEGRIFFE
7
Man nennt die x0 , . . . , xm homogene Koordinaten von [x], weil sie nur bis auf einen gemeinsamen reellen Faktor 6= 0 bestimmt sind (also sicher nicht im jetzigen Sinne als Koordinaten
dienen können). Wir führen inhomogene Koordinaten ein, allerdings auf m + 1 verschiedene
Weisen: Zu festem i ∈ {0, . . . , m} seien Ui und ϕi definiert als
Ui ⊂ Pm ,
Ui := [x] xi 6= 0
!
0
m
c
i
x
x
x
ϕi : Ui −→ Rm ,
ϕi ([x]) :=
,..., i ,..., i .
xi
x
x
Die Quotienten rechts (ohne den weggelassenen) sind die inhomogenen Koordinaten des
Punktes [x] ∈ Pm bzgl. ϕi .
Wir zeigen: Φ := {ϕ0 , . . . , ϕm } ist ein C ∞ -Atlas auf Pm : (M.1), (M.2) sind klar. Bei (M.3)
sei i < j angenommen (für i > j geht es analog, und für i = j ist außer der Offenheit von
ϕi (Ui ) = Rm nichts zu zeigen). Es gilt
ϕi (Ui ∩ Uj ) = ξ = (ξ 1 , . . . , ξ m ) ∈ Rm ξ j 6= 0
1
m
1
i
i+1
ϕj ◦ ϕ−1
, . . . , ξm]
i (ξ , . . . , ξ ) = ϕj [ξ , . . . , ξ , 1, ξ
!
c
ξ i 1 ξ i+1
ξj
ξm
ξ1
,..., j, j, j ..., j ,..., j .
=
ξj
ξ ξ ξ
ξ
ξ
Hieraus folgt die Behauptung, da die Brüche rechts wegen ξ j 6= 0 glatte Funktionen darstellen. Somit wird Pm kanonisch zu einer C ∞ -Mannigfaltigkeit der Dimension m.
G. Lemma. Sei Φ Atlas auf M, ϕ ∈ Φ, V ⊆ U ϕ und B := ϕ(V ) offen in Rm . Dann ist
(ϕ|V : V → B) ∈ Φ.
Beweis. Es ist z.z.: η := ϕ|V ist mit Φ verträglich: Für ψ ∈ Φ gilt
η(V ∩ U ψ ) = ϕ(V ∩ U ψ ) = ϕ(V ∩ U ϕ ∩ U ψ ) = B ∩ ϕ(U ϕ ∩ U ψ ) =: D
ψ(V ∩ U ψ ) = ψ ◦ ϕ−1 ◦ ϕ(V ∩ U ψ ) = ψ ◦ ϕ−1 (D) =: Z.
D und Z sind danach offen in Rm . Weiter ist
ψ ◦ η −1 = ψ ◦ ϕ−1 |D,
η ◦ ψ −1 = ϕ ◦ ψ −1 |Z,
somit beide C ∞ .
H. Definition. Eine Teilmenge U ⊆ M heißt offen, wenn U = / oder wenn U Vereinigung
ϕ
von Koordinatenumgebungen U für geeignete ϕ ∈ Φ ist.
I. Satz. Für die Familie U aller offenen U ⊆ M gilt:
∈ U.
(Top.1)
/,M
(Top.2)
U, V ∈ U =⇒ U ∩ V ∈ U.
[
U 0 ⊆ U =⇒
U 0 ∈ U.
(Top.3)
U0 ∈ U0
DM.1. GRUNDBEGRIFFE
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Beweis. (Top.1), (Top.3) sind unmittelbar klar. (Top.2) folgt so: Sei
[
U =
U ψ,
Ψ⊆Φ
ψ∈Ψ
V
[
=
U ω,
Ω ⊆ Φ.
ω∈Ω
Dann ist (Distributivgesetz der Mengenlehre)
[
U ∩V =
U ψ ∩ U ω.
ψ ∈ Ψ, ω ∈ Ω
Hierin ist U ψ ∩ U ω eine Koordinatenumgebung, nämlich zu ψ|(U ψ ∩ U ω ), da ψ(U ψ ∩ U ω )
offen in Rm und nach G.
Sobald man offene Mengen erklärt hat, kann man nach einem allgemeinen Schema weitere
topologische Grundbegriffe einführen. Wir skizzieren dies in der folgenden Bemerkung über
J. Grundbegriffe der Topologie.
(i)
Sei M eine Menge. Eine Topologie auf M ist eine Familie U von Teilmengen U ⊆ M ,
mit den obigen Eigenschaften (Top.1) – (Top.3). Das Paar (M, U) (oder auch M selbst) heißt
dann ein topologischer Raum und die U ∈ U seine offenen Mengen. Dies sei im folgenden
so vorausgesetzt.
(ii)
Eine Menge A ⊆ M heißt abgeschlossen, wenn das Komplement M \ A offen ist.
(iii)
Zu jeder Menge B ⊆ M sind definiert:
[
B ◦ :=
U
Inneres oder offener Kern
U offen in M, U ⊆B
\
B :=
A
Abschluß oder abgeschlossene Hülle
A abgeschl. in M, A⊇B
∂B := B \ B ◦
Rand
von B.
(iv)
Gilt
p ∈
U(p) := U ∈ U
U ∈ U, so heißt U offene Umgebung des Punktes p ∈ M . Ferner ist
p ∈ U das offene Umgebungssystem von p.
(v)
Eine Folge (pk )k∈N in M heißt konvergent mit dem Grenzwert q ∈ M , wenn für
alle U ∈ U(p) ein K ∈ N existiert, so daß pk ∈ U für alle k > K.
(vi)
Ist C ⊆ M , so ist die Spurtopologie auf C definiert durch UC := U ∩ C U ∈ U .
Es ist leicht zu sehen, daß dies eine Topologie auf C ist. Wenn nichts anderes gesagt ist, werden Teilmengen mit der Spurtopologie versehen und dann als topologische Unterräume
bezeichnet.
(vii) Seien (M, U), (N, V) topologische Räume und f : M → N eine Abbildung. Man
nennt f stetig, wenn für alle V ∈ V gilt f −1 (V ) ∈ U. Man nennt f homöomorph oder
einen Homöomorphismus, wenn f bijektiv ist und f, f −1 beide stetig sind. Man nennt
M, N homöomorph, wenn ein Homöomorphismus f : M → N existiert.
DM.1. GRUNDBEGRIFFE
9
(viii) Ein topologischer Raum (M, U) heißt Hausdorffraum, wenn zu je zwei Punkten
p 6= q von M Umgebungen U ∈ U(p) und V ∈ U(q) existieren mit U ∩ V = /.
Nun sei M wieder C ∞ -Mannigfaltigkeit der Dimension m mit Atlas Φ. Es sei Φ der zugehörige
maximale Atlas und U die Topologie auf M von Satz I.
K. Satz.
(i)
Jede Karte ϕ : U ϕ → Aϕ aus Φ ist homöomorph.
(ii)
U offen in M ⇐⇒ ϕ(U ∩ U ϕ ) offen in Rm für alle ϕ ∈ Φ.
(iii)
Sei U 6= / offen in M . Dann ist
ΦU := ϕ|U ∩ U ϕ : U ∩ U ϕ −→ ϕ(U ∩ U ϕ ) ϕ ∈ Φ
ein maximaler C ∞ -Atlas der Dimension m auf U . Man nennt U zusammen mit ΦU
eine offene Untermannigfaltigkeit von M .
Beweis.
Zu (i):
Stetigkeit von ϕ: Ist B offen in Aϕ , so gilt ϕ(ϕ−1 (B)) = B, also ist nach G: ϕ−1 (B) offen in
M und damit in U ϕ .
Stetigkeit von ϕ−1 : Ist V offen in U ϕ , so auch in M und darstellbar als
[
[
U ψ ∩ U ϕ,
Ψ ⊆ Φ.
Uψ =
V =
ψ∈Ψ
ψ∈Ψ
Damit wird
ϕ(V ) =
[
ϕ(U ψ ∩ U ϕ ).
ψ∈Ψ
Die Bestandteile der letzten Vereinigung sind offen in Rm , also ist auch ϕ(V ) offen in Rm
und damit in Aϕ .
Zu (ii):
Zu =⇒ : Klar nach (i).
Zu ⇐= : Dies folgt aus U =
[
ϕ−1 (ϕ(U ∩ U ϕ )) und (i).
ϕ∈Φ
Zu (iii):
Die Eigenschaften (M.1) und (M.2) sind für ΦU klar.
Zu (M.3) stellt man für ϕ, ψ ∈ Φ fest, daß ϕ(U ∩ U ϕ ∩ U ∩ U ψ ) = ϕ(U ∩ U ϕ ∩ U ψ ) offen in
Rm ist [Konsequenz von (ii)] und daß
(ψ|U ∩ U ψ ) ◦ (ϕ|U ∩ U ϕ )−1 = (ψ ◦ ϕ−1 )|ϕ(U ∩ U ϕ ∩ U ψ ),
also C ∞ ist.
Zur Maximalität (M.4) für ΦU stellt man fest: Jede Bijektion η : U η → B mit U η ⊆ U und
offenem B ⊆ Rm , die mit ΦU verträglich ist, ist bereits mit Φ verträglich. Denn in dem (3)
DM.1. GRUNDBEGRIFFE
10
entsprechenden Diagramm für die Restriktionen ϕ|U ∩ U ϕ kann die Einschränkung auf U
einfach weggelassen werden. Wegen η = η|U ∩ U η gehört dann η selbst zu ΦU .
L. Beispiel. Die Hausdorffeigenschaft ist nicht Konsequenz der MF-Axiome! Sei
M := (R \ {0}) × {0}) ∪ {(0, 1), (0, −1)} ⊂ R2
die reelle Achse mit verdoppeltem Nullpunkt“ und Φ := {ϕ, ψ} definiert durch
”
ϕ : M \ {(0, −1)} −→ R,
ϕ(x, y) := x
ψ : M \ {(0, 1)}
ψ(x, y) := x.
−→ R,
Dann sind (M.1), (M.2) für Φ mit m = 1 erfüllt, ebenso (M.3), da Aϕ = Aψ = R offen sowie
ψ ◦ ϕ−1 = ϕ ◦ ψ −1 = idR\{0} C ∞ . Somit ist M eine C ∞ -MF der Dimension 1 mit Atlas Φ.
(Die Topologie von M ist nicht die Spurtopologie, induziert von R2 .)
Ist U offene Umgebung von p := (0, 1) und V offene Umgebung von q := (0, −1), so ist
ϕ(U ∩U ϕ ) offene Umgebung von 0 in R, ebenso ψ(V ∩U ψ ) (R hat als Raum der Koordinaten
die Standardtopologie). Dann ist ϕ(U ∩ U ϕ ) ∩ ψ(V ∩ U ψ ) ⊃ {0}, also U ∩ V 6= / , M also
nicht Hausdorffraum: Je zwei Umgebungen von p, q kleben außerhalb von p, q aneinander“.
”
M. Bemerkung. Dagegen folgt aus der MF-Definition das sog. T1 -Trennungsaxiom: Zu
p 6= q in M existiert eine Umgebung V ∈ U(q) mit p ∈
/ V . M.a.W. jede einpunktige Teilmenge
{p} ⊂ M ist abgeschlossen: Angenommen, p wäre in jedem V ∈ U(q), dann liegt p auch in
jeder Koordinatenumgebung U ψ , ψ Karte um q. Ist ψ0 eine solche Karte, so sei ψk die
1
Restriktion von ψ0 auf das Urbild des Balles vom Radius
um ψ0 (q), wobei k so groß
k
ist, daß dieser Ball in Aψ0 enthalten ist. ψk ist dann Karte um q und p ∈ U ψk . Also liegt
ψk (p) = ψ(p) in den genannten Bällen, ist also gleich ψ(q), somit p = q.
DM.2. STRUKTURVERTRÄGLICHE ABBILDUNGEN
11
DM.2. Strukturverträgliche Abbildungen
Gegeben seien zwei Mannigfaltigkeiten (M, Φ), (N, Ψ) durch (nicht notwendig maximale)
Atlanten mit dim M = m, dim N = n sowie eine Abbildung
H : M −→ N.
Diese kann lokal in Koordinaten“ ausgedrückt werden: Zu ϕ ∈ Φ, ψ ∈ Ψ ist nämlich
”
definiert
f
H := ψ ◦ H ◦ ϕ−1 ,
Def( f
H ) = ϕ(U ϕ ∩ H −1 (U ψ )).
f
H ordnet den Koordinaten eines Punktes in M , soweit möglich, die Koordinaten des Bildpunktes in N zu und wird deshalb die Koordinatendarstellung von H bzgl. ϕ, ψ genannt.
H
M
U
N
Uψ
H -1(U ψ )
ψ
~
H
Aψ
A
Rm
Rn
A. Definition. Die Abbildung H : M → N heißt C ∞ , wenn Def( f
H ) offen und f
H C ∞ für
alle ϕ ∈ Φ, ψ ∈ Ψ ist.
B. Bemerkungen.
(i)
Für Φ, Ψ kann man äquivalent schreiben Φ, Ψ. Dies ist ein typisches Beispiel für die
Überprüfung der Parameterinvarianz, wie in DM.1 beschrieben. Um von Φ, Ψ zu Φ, Ψ zu
gelangen, seien η ∈ Φ, ζ ∈ Ψ zwei mit Φ bzw. Ψ verträgliche Karten von M bzw. N . Für
beliebige ϕ ∈ Φ, ψ ∈ Ψ bestätigt man dann mittels E[DM.1]:
−1
ζ ◦ H ◦ η −1 | (η ◦ ϕ−1 )( f
H (ψ(U ψ ∩ U ζ ))) = (ζ ◦ ψ −1 ) ◦ (ψ ◦ H ◦ ϕ−1 ) ◦ (ϕ ◦ η −1 ) .
|
{z
} | {z } |
{z
} | {z }
∞
∞
Dϕ,ψ
C
C∞
f
H C
Die Restriktionsmenge Dϕ,ψ ist offen in Rm , da f
H insbesondere stetig und η ◦ ϕ−1 vom
Rang m ist. Ferner gilt:
[
Def(ζ ◦ H ◦ η −1 ) =
Dϕ,ψ ,
ϕ∈Φ, ψ∈Ψ
DM.2. STRUKTURVERTRÄGLICHE ABBILDUNGEN
12
d.h. jeder Punkt x ∈ Def(ζ ◦ H ◦ η −1 ) liegt in einem geeigneten Dϕ,ψ . Man braucht nur ϕ, ψ
so zu wählen, daß ϕ−1 (x) ∈ U η und H(ϕ−1 (x)) ∈ U ζ liegen. Somit folgt die Glattheit von
ζ ◦ H ◦ η −1 .
(ii) Insbesondere ist jede Karte ϕ : U ϕ → Aϕ und ihr Inverses ϕ−1 : Aϕ → U ϕ C ∞ ; denn
sie besitzen (bzgl. ϕ und idAϕ ) als Koordinatendarstellungen jeweils die Identität auf Aϕ .
Ebenso sind die zugehörigen Koordinatenfunktionen ϕi : U ϕ → R C ∞ .
(iii) Ist H : M → N C ∞ und U ⊆ M offen, so ist auch H|U : U → N C ∞ . Ist nämlich
ϕ Karte von M und ψ Karte von N , so ist die Koordinatendarstellung von H|U bzgl. ϕ, ψ
g = f
gegeben durch H|U
H |ϕ(U ∩ U ϕ ). Da ϕ(U ∩ U ϕ ) offene Teilmenge von Aϕ ist, folgt die
g.
C ∞ -Eigenschaft von H|U
(iv) Ist H C ∞ , so ist H stetig: Dazu reicht es zu zeigen, daß H −1 (U ζ ) offen ist für jedes
ζ ∈ Ψ. Dies folgt aber aus
[
H −1 (U ζ ) =
U ϕ ∩ H −1 (U ζ )
ϕ∈Φ
und der Offenheit der Definitionsmenge von ζ ◦ H ◦ ϕ−1 , die gemäß K(i)[DM.1] besteht.
(v) Die Glattheit von H : M → N kann äquivalent so ausgedrückt werden: H ist stetig,
und f
H ist C ∞ für alle ϕ ∈ Φ, ψ ∈ Ψ. (Beachte: Def( f
H ) ist unter Voraussetzung der
Stetigkeit von H von selbst offen.) Die eine Richtung folgt aus (iv), die andere gerade wegen
dieses Klammerzusatzes.
C. Satz. Aus M
G
H
C
−→ N
∞
C
−→ P folgt M
∞
G◦H
−→ P.
C∞
Beweis. Dies verläuft wie bei B(i) nach dem Schema, daß auf geeignete Weise Identitäten
”
dazwischengeschoben“ werden. Hier gilt für je drei Karten ϕ von M , ψ von N , % von P bei
geeigneter Restriktion
% ◦ (G ◦ H) ◦ ϕ−1 | . . . = (% ◦ G ◦ ψ −1 ) ◦ (ψ ◦ H ◦ ϕ−1 ).
Die Restriktionsmenge, durch Punkte angedeutet, kann entsprechend E[DM.1] bestimmt
werden, und zwar als ϕ(U ϕ ∩ H −1 (U ψ ∩ (G−1 (U % ))). Aufgrund dieses Aufbaus ist sie offen. Die gesamte Definitionsmenge von % ◦ (G ◦ H) ◦ ϕ−1 ist wieder die Vereinigung dieser
Restriktionsmengen über alle ψ ∈ Ψ.
D. Definition.
(i)
Nenne H : M → N C ∞ -diffeomorph oder einen C ∞ -Diffeomorphismus, falls H
bijektiv und H, H −1 beide C ∞ sind.
(ii)
Nenne M, N C ∞ -diffeomorph, falls ein C ∞ -Diffeomorphismus H : M → N existiert.
E. Beispiele.
(i)
idM : M → M ist diffeomorph.
DM.2. STRUKTURVERTRÄGLICHE ABBILDUNGEN
(ii)
13
Jede Karte ϕ : U ϕ → Aϕ ist diffeomorph [vgl. B(ii)].
(iii) Die Abbildung F : Rm+1 \ {0} → Pm mit F (x) := [x] ist C ∞ (vgl. F(iv)[DM.1]):
Verwendet man auf Rm+1 \ {0} die Identität id als Karte und auf Pm den dortigen Atlas
Φ = {ϕ0 , . . . , ϕm }, so ist zu zeigen: Die Abbildung ϕi ◦ F ◦ id−1 hat eine offene Definitionsmenge und ist C ∞ . Die Definitionsmenge ist aber {x ∈ Rm+1 |xi 6= 0}, und die Abbildung
wird gegeben durch x 7→ (x0 /xi , . . . , xi−1 /xi , xi+1 /xi , . . . , xm /xi ), was C ∞ ist.
Die C ∞ -Eigenschaft ist lokaler Natur. Dies kann man so ausdrücken:
F. Satz. Sei V eine offene Überdeckung von M und H : M → N eine Abbildung. Dann
sind äquivalent:
(i)
H : M → N ist C ∞ .
(ii)
Für alle U ∈ V ist H|U : U → N C ∞ .
Beweis.
(i) =⇒ (ii): Konsequenz aus B(iii).
(ii) =⇒ (i):
Zunächst gilt der Spezialfall: Ist Φ Atlas von M und H|U ϕ : U ϕ → N C ∞ für alle ϕ ∈ Φ, so
ist H selbst C ∞ . Wähle nämlich einen Atlas Ψ von N . Dann ist für ϕ ∈ Φ und ψ ∈ Ψ die
Abbildung f
H := ψ ◦ H ◦ ϕ−1 C ∞ ; denn U ϕ besitzt den einelementigen Atlas {ϕ}, und dafür
ist f
H nach Voraussetzung C ∞ .
Zu der gegebenen Überdeckung bilde man nun den Atlas Φ von M , bestehend aus allen
Karten ϕ, deren U ϕ in einem U ∈ V enthalten sind. Dann sind alle Restriktionen von H auf
diese U ϕ C ∞ , also H selbst.
G. Bemerkungen.
(i)
Analog schließt man: Ist H(M ) ⊆ V ⊆ N und V offen, sowie H als Abbildung in
∞
V C , so auch als Abbildung in N .
(ii) Ist η : U → A C ∞ -Diffeomorphismus, U offen in M , A offen in Rm , so ist η Karte von
M . Denn die Verträglichkeitsbedingung von η mit Φ, wie bei (3)[DM.1] formuliert, ist mittels
C leicht zu überprüfen. M.a.W. Die Karten von M sind genau die C ∞ -Diffeomorphismen
offener Teile von M auf offene Teile von Rm .
(iii) Weiter besteht folgende Charakterisierung: H : M → N ist dann und nur dann C ∞ ,
wenn zu jedem p ∈ M eine Karte ϕ um p und eine Karte ψ um q := H(p) existieren,
so daß H(U ϕ ) ⊆ U ψ und f
H := ψ ◦ H ◦ ϕ−1 : Aϕ → Aψ C ∞ ist. Klar ist, daß diese
Bedingung aus der C ∞ -Eigenschaft von H folgt. Ist umgekehrt diese Bedingung erfüllt, so
ist jede vorkommende Restriktion H|U ϕ als Abbildung von U ϕ nach U ψ C ∞ (da U ϕ , U ψ die
einelementigen Atlanten {ϕ}, {ψ} besitzen). Nach (i) ist dann H|U ϕ : U ϕ → N C ∞ . Da die
vorkommenden U ϕ eine Überdeckung von M bilden, ist nach F auch H : M → N C ∞ .
DM.3. TANGENTIALE RÄUME UND ABBILDUNGEN
14
DM.3. Tangentiale Räume und Abbildungen
C ∞ -Mannigfaltigkeiten lassen sich linearisieren“. Das ist eine Besonderheit gegenüber vie”
len anderen Raumtypen. Konkret bedeutet dies, daß zu jedem Punkt ein Tangentialraum
konstruiert werden kann und daß C ∞ -Abbildungen in jedem Punkt eine Ableitung besitzen,
die eine lineare Abbildung zwischen den entsprechenden Tangentialräumen ist.
Tangentialvektoren können hier nicht wie in der elementaren Analysis definiert werden, da
eine Mannigfaltigkeit nicht Teil eines Vektorraums zu sein braucht. Sie werden vielmehr
bestimmte Operatoren sein, die jeder differenzierbaren Funktion in einem gegebenen Punkt
eine reelle Zahl zuordnen. Das entspricht dem anschaulichen Begriff der Richtungsableitung.
Betrachte also eine C ∞ -Mannigfaltigkeit M der Dimension m.
A. Definition und Satz. Sei U ⊆ M offen. Eine Funktion f : U → R heißt differenzierbar in p ∈ U , falls für eine Karte ϕ um p die Funktion f ◦ ϕ−1 in ϕ(p) differenzierbar
ist.
Gilt außerdem für deren totale Ableitung: (f ◦ ϕ−1 )0 (ϕ(p)) = 0, so nennt man f stationär
in p.
Diese Begriffe sind invariant gegenüber Parametertransformation.
(Anstelle von stationär“ wird auch das Wort kritisch gebraucht.)
”
f ◦ ϕ−1 ist nichts anderes als die Koordinatendarstellung von f bzgl. der Karte ϕ von M
und der Identität auf R. Man übersetzt also die Situation mit einer Karte in die gewöhnliche
mehrdimensionale Analysis.
Beweis. Die Definitionsmenge von f ◦ ϕ−1 ist ϕ(U ∩ U ϕ ). Ist ψ eine weitere Karte um p, so
gilt wiederum durch Einschieben der Identität“
”
f ◦ ψ −1 | . . . = (f ◦ ϕ−1 ) ◦ (ϕ ◦ ψ −1 ),
wobei die Restriktionsmenge links gleich ψ(U ∩ U ϕ ∩ U ψ ) (also offene Umgebung von ψ(p))
ist. Nach der Kettenregel der mehrdimensionalen Analysis folgt hieraus
(f ◦ ψ −1 )0 (ψ(p)) = (f ◦ ϕ−1 )0 (ϕ(p)) ◦ (ϕ ◦ ψ −1 )0 (ψ(p)),
einschließlich der Existenz der LS. Dies impliziert die behauptete Invarianz.
Bei festem p haben wir damit den Funktionenraum:
Fp := {f : U → R | U offene Umgebung von p, f in p differenzierbar}.
Die Definitionsmenge U darf von Funktion zu Funktion verschieden sein! Demgemäß sind
Verknüpfungen ggfs. nur im Durchschnitt möglich, z.B. ist die Summe von f1 : U1 → R
und f2 : U2 → R aus Fp vom Typ f1 + f2 : U1 ∩ U2 → R (analog beim Produkt f1 · f2 ).
Dagegen bleibt beim skalaren Vielfachen mit α ∈ R die Definitionsmenge unverändert:
αf1 : U1 → R. Klar ist ähnlich wie im obigen Beweis, daß mit f1 , f2 auch f1 + f2 , f1 · f2
und αf1 zu Fp gehören: Man hat lediglich auf die Übersetzungen“ dieser Funktionen die
”
gewöhnlichen Ableitungsregeln für Summe und Produkt anzuwenden.
DM.3. TANGENTIALE RÄUME UND ABBILDUNGEN
15
Fp ist nicht leer: Jede C ∞ -Funktion f : U → R gehört dazu, und jede Koordinatenfunktion
ϕi ist C ∞ (wobei ϕ Karte um p ist). Fp ist jedoch kein VR (es existiert kein Neutralelement
bzgl. +)!
B. Definition. Ein Tangentialvektor (TV) von M in p ∈ M ist eine Abbildung
u : Fp −→ R
f 7−→ u(f )
mit folgenden Eigenschaften:
(T.1)
Ist f in p stationär, so ist u(f ) = 0.
(T.2)
Für f, g ∈ Fp , α ∈ R gilt stets
u(f + g) = u(f ) + u(g),
u(αf ) = α · u(f ).
Bei (T.2) handelt es sich um Linearitätseigenschaften, die sinnvoll sind, obwohl Fp kein VR
ist.
C. Bemerkung. Ein solches u ist ein lokaler Operator, d.h.
)
f1 , f2 ∈ Fp
f1 |U = f2 |U für eine offene Umgebung U von p
=⇒
u(f1 ) = u(f2 )
Grund: Aus der Voraussetzung folgt (f1 − f2 )|U = 0, und dann schließt man weiter, wenn ϕ
eine Karte um p ist:
(f1 − f2 )|U = 0
=⇒
(f1 − f2 ) ◦ ϕ−1 |ϕ(U ∩ U ϕ ) = 0
=⇒
((f1 − f2 ) ◦ ϕ−1 )0 (ϕ(p)) = 0
(T.1)
(T.2)
=⇒ u(f1 − f2 ) = 0 =⇒ u(f1 ) − u(f2 ) = 0.
D. Produktregel. Ist u TV von M in p und f, g ∈ Fp so gilt:
u(f · g) = f (p) · u(g) + g(p) · u(f ).
Beweis. Die Behauptung ist nach (T.2) äquivalent mit:
u(f · g − f (p) · g − g(p) · f ) = 0.
|
{z
}
=: h
Das ist nach (T.1) richtig, da h stationär in p ist. Es gilt nämlich für jede Karte ϕ um p
nach der gewöhnlichen Produktregel mit a := ϕ(p)
(h ◦ ϕ−1 )0 (a) = (f ◦ ϕ−1 ) · (g ◦ ϕ−1 )0 (a) − f (p) · (g ◦ ϕ−1 )0 (a) − g(p) · (f ◦ ϕ−1 )0 (a) = 0. DM.3. TANGENTIALE RÄUME UND ABBILDUNGEN
16
E. Beispiele.
(i) Ist u ∈ Tp M und f in einer Umgebung von p konstant, so ist u(f ) = 0; denn f ist in
p stationär.
(ii) Sei ϕ Karte um p. Definiere für jedes i ∈ {1, . . . , m} die Abbildung
∂ : Fp → R durch
∂ϕi p
∂ ∂(f ◦ ϕ−1 ) ∂f (f ) :=
=:
.
∂ϕi p
∂xi
∂ϕi p
ϕ(p)
Es handelt sich einfach um die i-te partielle Ableitung der Übersetzung f ◦ ϕ−1 an der
Bildstelle ϕ(p). (Sinnvollerweise wird diese Zuordnung durch eines der Symbole ganz links
oder ganz rechts bezeichnet.)
Bei festem p und i sind (T.1), (T.2) erfüllt. Das erste deswegen, weil aus dem Verschwinden
der totalen Ableitung (f ◦ ϕ−1 )0 (ϕ(p)) das Verschwinden aller partiellen Ableitungen folgt.
Das zweite wegen der o.g. Ableitungsregeln.
F. Satz und Definition. Bei festem p ∈ M fassen wir alle TVen in p zu einem Raum
zusammen:
Tp M := {u | u TV von M in p}.
Dann ist Tp M in natürlicher Weise ein m-dimensionaler R-VR, der Tangentialraum von
M in p.
∂ ∂ ,...,
eine Basis von Tp M .
Ist ϕ Karte um p, so bilden die m Operatoren
∂ϕ1 ∂ϕm p
p
In natürlicher Weise“ heißt, daß Summe und skalares Vielfaches für u, v ∈ Tp M, β ∈ R,
”
wie in Funktionenräumen üblich, argumentweise definiert sind:
)
(u + v)(f ) := u(f ) + v(f )
∀ f ∈ Fp .
(βu)(f ) := β · u(f )
Beweis.
1) VR-Axiome für Tp M : Diese sind leicht nachprüfbar; tatsächlich ist Tp M UVR des VRs
aller Abbildungen Fp → R.
2) Basisbestimmung: Zunächst rechnet man nach Beispiel E(i):
∂ ∂(ϕj ◦ ϕ−1 ) ∂xj j
(ϕ ) =
=
= δij .
i
∂ϕi p
∂xi
∂x
ϕ(p)
ϕ(p)
Dabei ist ϕj ◦ ϕ−1 die j-te Koordinatenfunktion xj in Rm und δij das Kronecker-Symbol
(gleich 0 für i 6= j und gleich 1 für i = j).
∂ Dies bewirkt, daß die Koeffizienten in einer Linearkombination der Operatoren
stets
∂ϕi p
eindeutig bestimmt sind. Denn es gilt der Schluß:
m
m
X
X
j
i ∂ u=
α
=⇒
u(ϕ
)
=
αi ϕi (ϕj ) = αj .
i
| {z }
∂ϕ
p
i=1
i=1
δij
DM.3. TANGENTIALE RÄUME UND ABBILDUNGEN
17
Diese Operatoren sind also linear unabhängig, und für jedes u aus ihrem Spann gilt:
u=
(1)
m
X
i=1
∂ u(ϕ ) ·
.
∂ϕi p
i
Zu zeigen bleibt, daß diese Gleichung für alle u ∈ Tp M gilt. Betrachte hierzu
v := u −
m
X
i=1
∂ u(ϕ ) ·
∂ϕi p
i
und zeige v(f ) = 0 ∀ f ∈ Fp .
Dies rechnet man nach:
v(f ) = u(f ) −
m
X
i=1
!
n
X
∂
∂
(f ) = u f −
(f ) · ϕi .
u(ϕi ) ·
i
∂ϕi p
∂ϕ
p
i=1
{z
}
|
=: h
Nun ist h stationär in p; denn
m
X
∂(f ◦ ϕ−1 ) ∂ ∂(ϕi ◦ ϕ−1 ) ∂(h ◦ ϕ−1 ) =
−
(f ) ·
= 0.
i
j
∂xj
∂xj
∂ϕ
∂x
ϕ(p)
ϕ(p)
p
ϕ(p)
|
{z
} i=1
|
{z
}
i
∂f
δj
∂ϕj
Es folgt v(f ) = 0.
Jedem p ∈ M ist somit ein reeller VR Tp M zugeordnet, den man sich so vorstellen kann,
daß er dem Punkt p angehängt“ ist. Für p 6= q in M ist übrigens Tp M ∩ Tq M = / , da die
”
Elemente der beiden Tangentialräume bereits unterschiedliche Definitionsmengen besitzen.
M
p
q
I. allg. lassen sich zwei solche Tangentialräume nicht miteinander in Beziehung setzen, da
keine Parallelverschiebung“ existiert. Falls allerdings M selbst ein VR ist, geht dies doch
”
(vgl. J).
DM.3. TANGENTIALE RÄUME UND ABBILDUNGEN
18
G. Definition. Sei p ∈ M .
(i)
Der Cotangentialraum von M in p ist der Dualraum
Tp∗ M := (Tp M )∗ .
(ii)
Für f ∈ Fp ist das Differential von f in p definiert als (df )p ∈ Tp∗ M mit
(df )p (u) := u(f ).
Hinweis: Daß u 7→ u(f ) linear ist, folgt unmittelbar aus den VR-Operationen in Tp M .
H. Rechenregeln für das Differential. Für f, g ∈ Fp und α, β ∈ R gilt:
(d(αf + βg))p = α(df )p + β(dg)p
(d(f · g))p = f (p) · (dg)p + g(p) · (df )p
Beweis. Klar aus (T.2), D und G(ii).
I. Satz. Sei ϕ Karte um p ∈ M . Dann ist
1
m
(dϕ )p , . . . , (dϕ )p
die Dualbasis zu
∂ ∂ ,...,
.
∂ϕ1 p
∂ϕm p
Weiter gilt für f ∈ Fp
m
X
∂f (df )p =
· (dϕi )p .
i
∂ϕ
p
i=1
∂ heißen die Koordinatenvektoren, die (dϕi )p Koordinatendifferentiale in p
Die
∂ϕi p
bzgl. ϕ.
Beweis. Es handelt sich nur um eine Umschreibung der Formeln im Beweis von F unter
Verwendung von G(ii):
!
∂ϕj ∂ j
=
= δij .
(dϕ )p
i
i
∂ϕ p
∂ϕ a
Wendet man beide Seiten von (1) auf f an, so folgt:
m
X
∂f i
u(f ) =
u(ϕ ) ·
∂ϕi p
i=1
!
m
m
X
X
∂f ∂f (df )p u =
(dϕi )p (u) ·
=
(dϕi )p (u).
i
i
∂ϕ p
∂ϕ p
i=1
i=1
Das ist die Behauptung, da u ∈ Tp M beliebig war.
Wird ein VR als MF betrachtet (Beispiel F(iii)[DM.1]), so übersetzen sich die bisherigen
Begriffe in solche der gewöhnlichen mehrdimensionalen Analysis. Alle Tangentialräume sind
zum VR (und damit auch untereinander) kanonisch isomorph:
DM.3. TANGENTIALE RÄUME UND ABBILDUNGEN
19
J. Satz. Sei M = V reeller VR der Dimension m und p ∈ V .
(i)
Es existiert ein kanonischer Isomorphismus jp : V → Tp V , der so operiert:
(jp h)(f ) := f 0 (p)h
(ii)
∀ h ∈ V, f ∈ Fp .
Für jedes f ∈ Fp kommutiert das Diagramm:
f 0 (p)
V
-
R
>
jp
(df )
p
?
Tp V
Kommentar:
(i) bedeutet: Jeder Vektor von V kann vermöge jp aufgefaßt werden als die Operation, die
jeder Funktion f ∈ Fp ihre Richtungsableitung längs dieses Vektors zuordnet.
(ii) bedeutet: Bis auf jp sind f 0 (p) und (df )p dasselbe.
Beweis von J.
Zu (i):
1) jp ist wohldefiniert: Bei festem h erfüllt die Zuordnung u : f 7→ f 0 (p)h die Forderungen
(T.1), (T.2), wie aus einfachen Eigenschaften der totalen Ableitung folgt.
2) jp ist linear: Dies ergibt sich aus der Linearität von f 0 (p)h im Argument h.
3) jp ist injektiv: Aus jp h = 0 folgt f 0 (p)h = 0 für alle f ∈ Fp , insbesondere für alle
Linearformen f : V → R. Da für diese f 0 (p) = f gilt, ist also f (h) = 0 für alle f aus dem
Dualraum V ∗ . Nach linearer Algebra ist dann notwendig h = 0 (ELA: Satz F[3.6]).
4) jp ist surjektiv: Klar nach linearer Algebra, da jp injektiv und dim V = dim Tp V = m
(ELA: Satz I[3.1]).
Zu (ii): Man rechnet für h ∈ V :
(df )p ◦ jp (h) = (jp h)(f ) = f 0 (p)h.
K. Beispiel. Für V = Rm gilt
∂ ,
jp (ei ) =
∂xi p
∂ .
ei der i-te Standardbasisvektor von R . Klar aus J, wenn man beachtet, daß f (p)ei =
∂xi p
m
0
DM.3. TANGENTIALE RÄUME UND ABBILDUNGEN
20
Zurück zur allgemeinen Situation, betrachten wir zwei MFen und eine Abbildung dazwischen:
H : M −→ N,
dim M = m,
dim N = n,
alles C ∞ .
So wie jedem Punkt p ∈ M ein VR als Tangentialraum zugeordnet ist, wird nun H in jedem
Punkt p ∈ M eine lineare Abbildung zugewiesen:
L. Satz und Definition. Die Abbildung H∗p : Tp M −→ TH(p) N mit
∀ g ∈ FH(p)
(H∗p u)(g) := u(g ◦ H)
ist linear. Sie heißt das Tangential (oder die induzierte Abbildung) von H in p.
Beweis. Sei q := H(p). Die folgenden Schritte zeigen die Wohldefiniertheit und Linearität
von H∗p . Dabei sei ϕ eine Karte von M um p und ψ eine Karte von N um q.
1) g ∈ Fq =⇒ g ◦ H ∈ Fp : Es gilt Def(g ◦ H) = H −1 (Def(g)). Dies ist also offen in M . Wie
bei C[DM.2] gilt bei geeigneter Restriktion
(2)
g ◦ H ◦ ϕ−1 | . . . = (g ◦ ψ −1 ) ◦ (ψ ◦ H ◦ ϕ−1 ).
Die Restriktionsmenge ist ϕ(U ϕ ∩ H −1 (U ψ ∩ Def(g))), also offen, und die gewöhnliche KR
impliziert die Differenzierbarkeit dieser Abbildung in ϕ(p).
2) u ∈ Tp M =⇒ H∗p u ∈ Tq N : Es sind (T.1), (T.2) für H∗p u nachzuprüfen.
Zu (T.1): Ist g stationär in q, so zeigt (2) wieder zusammen mit der KR, daß g ◦ H stationär
in p ist.
Zu (T.2): Dies folgt aus der Definition von H∗p , da für g1 , g2 ∈ Fq , α ∈ R
(g1 + g2 ) ◦ H = g1 ◦ H + g2 ◦ H
(αg) ◦ H = α · (g ◦ H).
3) Linearität von H∗p : Aus der Definition von H∗p , da u(g ◦ H) linear von u abhängt.
Das Tangential H∗p ist der Ersatz für die totale Ableitung, wie die folgenden Sätze M und
O sehr deutlich zeigen.
M. Kettenregel. In der Situation
M
H
C
−→ N
∞
G
−→ P
C∞
gilt für alle p ∈ M :
(G ◦ H)∗p = G∗H(p) ◦ H∗p .
Beweis. Wir berechnen beide Seiten der Behauptung in ihrer Wirkung auf u ∈ Tp M und
h ∈ FG(H(p)) :
((G ◦ H)∗p u)(h) = u(h ◦ G ◦ H)
L
((G∗H(p) ◦ H∗p )u)(h) = (G∗H(p) (H∗p u))(h)
◦
= (H∗p u)(h ◦ G)
L
= u(h ◦ G ◦ H)
L.
DM.3. TANGENTIALE RÄUME UND ABBILDUNGEN
21
Vergleich und Löschen des Arguments h liefert die Behauptung.
N. Beispiele.
(i)
(idM )∗p = idTp M .
(ii) Ist H : M → N Diffeomorphismus, so ist H∗p : Tp M → Tq N VR-Isomorphismus (mit
q := H(p)). Dies folgt durch Anwendung der KR M auf H −1 ◦ H = idM und H ◦ H −1 = idN .
Dabei ergibt sich auch:
(H −1 )∗q = (H∗p )−1 .
O. Koordinatendarstellung des Tangentials. Zu p ∈ M, q := H(p) ∈ N sei ϕ eine
Karte von M um p und ψ eine Karte von N um q. Dann ist die Matrix von H∗p bzgl. der
Basen
!
!
∂ ∂ von Tp M,
von Tq N
∂ϕi p
∂ψ k p
1≤i≤m
1≤k≤n
die Funktionalmatrix der Koordinatendarstellung f
H bei ϕ(p), d.h.
H ∗p
! X
k
n
∂ ∂f
H =
i ∂ϕi p
∂x
k=1
Beweis. Rechne für g ∈ Fq :
!!
∂ (g) =
H ∗p
∂ϕi p
=
=
=
=
ϕ(p)
∂ ·
.
∂ψ k q
∂ (g ◦ H)
∂ϕi p
∂ (g ◦ H ◦ ϕ−1 )
i
∂x ϕ(p)
∂ ((g ◦ ψ −1 ) ◦ (ψ ◦ H ◦ ϕ−1 ))
i
|
{z
}
∂x ϕ(p)
H
f
k
n
−1
X ∂(g ◦ ψ ) f
∂H ·
k
∂y
∂xi ψ(q)
k=1
ϕ(p)
k
n
X ∂f
H ∂ ·
(g)
∂xi ∂ψ k q
k=1
L
E(ii)
gew. KR
E(ii).
ϕ(p)
Löschen von g ergibt das gewünschte Ergebnis.
O. Zusatz. Für die zu H∗p duale Abbildung Hp∗ : Tq∗ N → Tp∗ M ist die Matrix bzgl. der
Basen
i
∗
k
(dϕ )a
von Tp M,
(dψ )b
von Tq∗ N
1≤i≤m
1≤k≤n
gleich der Transponierten der Funktionalmatrix von f
H in p, d. h.
k
m
X
f
∂
H
Hp∗ ((dψ k )q ) =
· (dϕi )p .
i ∂ϕ
i=1
p
DM.3. TANGENTIALE RÄUME UND ABBILDUNGEN
22
Beweis. Dies ist aus der LA bekannt (LAG: Satz R[1.3]).
P. Folgerung. Betrachte für H : M → N die beiden Eigenschaften:
(i)
H ist konstant.
(ii)
H∗p = 0 für alle p ∈ M .
Dann gilt: Aus (i) folgt (ii), und ist M zusammenhängend, so folgt aus (ii) auch (i).
Hinweis:
M wird zusammenhängend genannt, wenn M keine disjunkte Zerlegung in zwei offene,
nichtleere Teilmengen zuläßt.
Beweis.
Aus (i) folgt (ii): Ist H konstant, so auch jede Koordinatendarstellung f
H . Damit folgt (ii)
aus O.
Aus (ii) folgt (i): Zunächst existiert ein Atlas Φ von M , so daß Aϕ zusammenhängend ist für
alle ϕ ∈ Φ. Dazu hat man lediglich die Mengen Aϕ eines beliebigen Atlasses als Vereinigung
von offenen Bällen darzustellen, und die zugehörigen restringierten Karten zu betrachten.
Ist weiter Ψ irgendein Atlas von N , so hat eine zugehörige Koordinatendarstellung f
H die
Definitionsmenge ϕ(U ϕ ∩H −1 (U ψ )) und dort nach O die totale Ableitung 0. Bei festem ϕ ∈ Φ
ist also H in der (zusammenhängenden) Menge U ϕ lokal konstant und damit überhaupt
konstant. (Bis hierher geht alles auch, ohne daß M zusammenhängend ist.) Damit ist H in
M lokal konstant und wegen des Zusammenhangs von M auch global.
Hinweis:
Der hier notwendige Schluß von der lokalen Konstanz von H : M → N auf die globale
Konstanz ist genereller Natur und geht einfach so: Für ein festes p0 ∈ M betrachte man die
Niveaumenge {p ∈ M | H(p) = H(p0 )}. Diese ist nichtleer und wegen der lokalen Konstanz
offen. Andererseits ist ihr Komplement offen (M[DM.1]), also leer, also die Niveaumenge
ganz M .
Q. Bemerkung. Spezialisiere O auf M = N, H = idM und zwei Karten ϕ, ψ von M
um p = q. Dann wird H∗p = idTp M und f
H = ψ ◦ ϕ−1 =: τ die zugehörige Koordinatentransformation mit folgenden Einträgen der Funktionalmatrix bei ϕ(p):
∂(ψ ◦ ϕ−1 )k ∂(ψ k ◦ ϕ−1 ) ∂ψ k ∂τ k =
=
=
.
∂xi ϕ(p)
∂xi
∂xi
∂ϕi p
ϕ(p)
ϕ(p)
Damit gehen die Formeln von O über in:
m
X
∂ ∂ψ k ∂ =
·
,
∂ϕi p k=1 ∂ϕi p ∂ψ k p
m
X
∂ψ i (dψ )p =
· (dϕk )p .
k
∂ϕ
p
k=1
i
Das sind also die Umrechnungsformeln für die Basiswechsel der Koordinatenvektoren
bzw. Koordinatendifferentiale.
DM.3. TANGENTIALE RÄUME UND ABBILDUNGEN
23
Bei Vertauschung der Rollen von ϕ, ψ ergibt sich
m
X
∂ ∂ϕk ∂ =
·
,
∂ψ i p k=1 ∂ψ i p ∂ϕk p
m
X
∂ϕi (dϕ )p =
· (dψ k )p .
k
∂ψ
p
k=1
i
Dabei sind die Koeffizientenmatrizen invers zueinander:
m
X
∂ψ k ∂ϕj ·
= δij ,
i
k
∂ϕ
∂ψ
p
p
k=1
da die beiden Formelpaare Auflösungen voneinander sind.
Eine erste Einteilung der Abbildungen H : M → N erfolgt nach der Dimension bzw. dem
Rang von H∗p :
R. Definition. Nenne H : M → N
(i)
Immersion, wenn für alle p ∈ M das Tangential H∗p : Tp M → TH(p) N injektiv ist.
Äquivalent hiermit ist
Rang H∗p = m ≤ n
(ii)
Submersion, wenn für alle p ∈ M das Tangential H∗p : Tp M → TH(p) N surjektiv
ist. Äquivalent hiermit ist
Rang H∗p = n ≤ m
(iii)
∀ p ∈ M.
∀ p ∈ M.
lokalen Diffeomorphismus, wenn für alle p
∈
H∗p : Tp M → TH(p) N bijektiv ist. Äquivalent hiermit ist
Rang H∗p = m = n
M
das
Tangential
∀ p ∈ M.
Hinweis: Die Äquivalenzen ergeben sich aus der linearen Algebra (ELA: Satz I[3.1]). Diese
Abbildungen haben alle konstanten Rang. Die lokale Struktur der Abbildungen von konstantem Rang wird im Rangsatz D[DM.4] genauer beschrieben.
S. Bemerkungen.
(i) Ist H Diffeomorphismus, so ist H erst recht lokaler Diffeomorphismus, wie aus N(ii)
folgt. Die Umkehrung ist nicht richtig. Ein Gegenbeispiel ist die Abbildung z →
7 ez von C
2
∼
auf C \ {0}, C = R .
(ii) Ist H lokaler Diffeomorphismus, so liefert der Umkehrsatz (nach Übersetzung mit Karten) zu jedem p ∈ M die Existenz von offenen Umgebungen U von p und V von q, so daß
H|U : U → V Diffeomorphismus ist; vgl. auch F(iii)[DM.4]. (Dies motiviert die Namengebung.)
DM.3. TANGENTIALE RÄUME UND ABBILDUNGEN
24
Konvention: Ist B ⊆ M eine beliebige Teilmenge, so bedeutet H : B → N C ∞“: H ist auf
”
eine offene Menge U ⊇ B als C ∞ -Abbildung fortsetzbar.
Ein weiterer Spezialtyp von Abbildungen sind die Wege:
T. Definition. Eine C ∞ -Abbildung c : I → M , I ⊆ R Intervall, heißt ein C ∞ -Weg. Für
t0 ∈ I ist der Tangentialvektor (TV) c• (t0 ) ∈ Tc(t0 ) M definiert durch
(c• (t0 ))(f ) := (f ◦ c)0 (t0 )
∀ f ∈ Fc(t0 ) .
Äquivalent gilt auch:
c• (t0 ) = c∗t0
!
d .
dt t0
Nenne c regulär, wenn c• (t0 ) 6= 0 für alle t0 ∈ I.
U. Bemerkungen.
d (i)
ist der Koordinatenvektor in Tt0 R für die Identität als Karte, d.h.
dt t0
d (g) := g 0 (t0 )
∀ g ∈ Ft0 .
dt t0
Daraus folgt die obige Äquivalenz mittels L.
(ii)
In der Situation
α
e
I
C
−→ I
∞
c
−→ M
C∞
I, e
I Intervalle in R
gilt die KR in der Form
(c ◦ α)• ( et 0 ) = α0 ( et 0 ) · c• (α( et 0 ))
∀ et 0 ∈ e
I.
Der Beweis folgt unmittelbar aus der ersten Definition in T mittels der KR der eindimensionalen Analysis.
(iii) Aus dem Wegebegriff ergibt sich wie in der mehrdimensionalen Analysis der Begriff
der Kurve bzw. orientierten Kurve durch Äquivalenzklassenbildung gegenüber Parametertransformationen, d.h. Abbildungen α wie in (ii), die zusätzlich bijektiv und in beiden
Richtungen C ∞ sind. (Dieser Kurvenbegriff ist nicht derselbe wie der der eindimensionalen
Mannigfaltigkeit aus DM.1.)
Schließlich seien die Abbildungen in VRe hier eingeordnet:
V. Definition. Ist W ein R-VR endlicher Dimension und H : M → W C ∞ , so ist für
p ∈ M das Differential (dH)p : Tp M → W erklärt als
−1
(dH)p := jH(p)
◦ H ∗p .
DM.3. TANGENTIALE RÄUME UND ABBILDUNGEN
25
W. Satz. Seien V, W R-VRe endlicher Dimension, U ⊆ V offen und H : U → W C ∞ .
Dann ist für jedes p ∈ U und q := H(p) das folgende rechteckige Diagramm kommutativ
H 0 (p)
V
W
>
jp
jq .
(dH)
p
?
Tp V
?
-
H ∗p
Tq W
Auch die beiden dreieckigen Teildiagramme sind kommutativ.
Beweis.
Zum Rechteck“: Für h ∈ V, g ∈ Fq berechnet man die Wirkung der beiden Wege“ folgen”
”
dermaßen:
(H∗p (jp h))(g) = (jp h)(g ◦ H)
L
= (g ◦ H)0 (p)h
J(i)
= g 0 (q)H 0 (p)h
KR
(jq (H 0 (p)h))(g) = g 0 (q)H 0 (p)h
J(i).
Vergleich und Löschen der Argumente gibt die Behauptung
(3)
H∗p ◦ jp = jq ◦ H 0 (p).
Zum unteren Dreieck“: Klar aus V.
”
Zum oberen Dreieck“: Kombination von (3) mit V gibt:
”
jq ◦ (dH)p ◦ jp = jq ◦ H 0 (p).
Da jq isomorph ist, folgt (dH)p ◦ jp = H 0 (p).
DM.4. UNTERMANNIGFALTIGKEITEN
26
DM.4. Untermannigfaltigkeiten
Untermannigfaltigkeiten sehen mit diffeomorphen Augen betrachtet“ wie Unterräume von
”
Rm aus. Es reicht dazu, einen Koordinatenraum in Rm zu verwenden:
s
R := (x1 , . . . , xs , 0, . . . , 0) x1 , . . . , xs ∈ R .
s
Gelegentlich wird R mit Rs identifiziert vermöge: (x1 , . . . , xs , 0, . . . , 0) ↔ (x1 , . . . , xs ).
Sei M eine C ∞ -Mannigfaltigkeit M der Dimesion m.
A. Definition und Satz. Eine nichtleere Menge S ⊆ M heißt Untermannigfaltigkeit
(UMF) der Dimension s, wenn zu jedem p ∈ S eine Karte ϕ von M um p existiert, so daß
s
ϕ(U ϕ ∩ S) = Aϕ ∩ R .
Ein solches ϕ heißt Schnittkarte (bzgl. S) oder angepaßt an S.
Die zugehörigen Restriktionen
ϕ|U ϕ ∩ S : U ϕ ∩ S −→ Aϕ ∩ R
s
aller Schnittkarten bilden einen C ∞ -Atlas für S, der S zu einer MF der Dimension s macht.
Die Codimension der UMF S ist
codimM S := m − s.
M
U
S
Rm
A
__
Rs
Beweis. Von den Axiomen eines Atlasses für S sind (M.1), (M.2) unmittelbar klar. Zu (M.3)
beachtet man, daß für je zwei Schnittkarten ϕ, ψ gilt:
(ψ|U ψ ∩ S) ◦ (ϕ|U ϕ ∩ S)−1 = (ψ ◦ ϕ−1 )|ϕ(U ϕ ∩ U ψ ) ∩ R
s
und daß die Restriktion einer C ∞ -Abbildung auf einen Koordinatenraum des Rm wieder C ∞
ist.
DM.4. UNTERMANNIGFALTIGKEITEN
27
A. Zusatz. Die Topologie von S ist dann die Spurtopologie.
Beweis. Man verwendet am besten die Charakterisierung offener Teile von S aus
K(ii)[DM.1].
1) Ist irgendeine Menge V ⊆ S von der Form V = S ∩ U mit offenem U ⊆ M , so ist für jede
Schnittkarte ϕ
s
ϕ(U ϕ ∩ V ∩ S) = ϕ(U ϕ ∩ U ∩ S) = ϕ(U ϕ ∩ U ∩ U ϕ ∩ S) = ϕ(U ϕ ∩ U ) ∩ Aϕ ∩ R ,
s
dies also offen in R , somit V offen in S.
2) Ist umgekehrt V offen in S, so ist für jede Schnittkarte ϕ die Menge ϕ(U ϕ ∩ V ∩ S) offen
s
s
in R also ϕ(U ϕ ∩ V ∩ S) = Aϕ0 ∩ R mit offenem Aϕ0 ⊆ Aϕ . Sei U die Vereinigung der
zugehörigen Urbilder ϕ−1 (Aϕ0 ) über alle Schnittkarten ϕ. Hierfür gilt V = U ∩ S, und U ist
offen in M .
Spezialfälle von UMFen:
m
Definition A ist anwendbar für s = 1, . . . , m. Da R = Rm , ergeben sich für s = m gerade
wieder die offenen Teilmengen von M als die UMFen der Dimension m (vgl. K(iii)[DM.1]).
Bei s = 0 wird jede Vereinigung isolierter Punkte in M als 0-dimensionale UMF aufgefaßt.
UMFen der Dimension s = m − 1 (d.h. der Codimension 1) heißen Hyperflächen.
B. Bemerkung. Der Begriff einer UMF ist lokaler Natur. Das soll besagen: Eine Teilmenge
S ⊆ M ist dann und nur dann eine UMF der Dimension s, wenn zu jedem Punkt p ∈ S
eine Umgebung U ∈ U(p) existiert, so daß S ∩ U UMF von U der Dimension s ist. Daß eine
UMF diese Eigenschaft hat, ist trivial: setze U = M . Die Umkehrung folgt unmittelbar aus
Definition A, da jede Karte von U auch Karte von M ist; vgl. K(iii)[DM.1].
Für UMFen gibt es verschiedene weitere Kennzeichnungen. Diese werden in G und N behandelt. Der Schlüssel für diese Umformungen ist der Rangsatz, der eine lokale Normalform für
Abbildungen konstanten Rangs liefert.
Im folgenden sei stets
H : M −→ N
C ∞,
dim M = m,
dim N = n.
C. Definition und Satz. Für p ∈ M nennt man
Tp (H) := H∗p (Tp M )
den Tangentialraum von H bei p. Dieser ist ein UVR von TH(p) N . Der Rang von H bei
p ist der Rang des Tangentials:
Rang p H := Rang H∗p = dim Tp (H).
Zu jedem p0 ∈ M existiert eine Umgebung U ∈ U(p0 ) mit
Rang p H ≥ Rang p0 H
∀ p ∈ U.
Der Rang kann sich also lokal nicht verkleinern.
Der Rang ist stets ≤ min{m, n}. Man nennt H von maximalem Rang bei p ∈ M , wenn
Rang p H = min{m, n}.
DM.4. UNTERMANNIGFALTIGKEITEN
28
Beweis. Nach O[DM.3] ist der Rang von H ausdrückbar als Rang der Funktionalmatrix
der möglichen Koordinatendarstellungen f
H . Da der Rang einer Matrix die höchstmögliche
Ordnung aller nichtverschwindenden Unterdeterminanten ist und die Einträge der Funktionalmatrix stetige Funktionen sind, kann sich deren Rang in einer Umgebung eines festen
Punktes nicht verkleinern. Dasselbe folgt dann für den Rang von H selbst.
D. Rangsatz. Sei Rang H = k = const. Zu p0 ∈ M, q0 := H(p0 ) ∈ N existieren Karten
ϕ um p0 , ψ um q0 mit ϕ(p0 ) = 0, ψ(q0 ) = 0 und H(U ϕ ) ⊆ U ψ , so daß in Aϕ gilt:
f
H (x1 , . . . , xm ) = ψ ◦ H ◦ ϕ−1 (x1 , . . . , xm ) = (x1 , . . . , xk , 0, . . . , 0).
{z
}
|
n
Beweis. Für den Fall, daß M eine offene Nullpunktsumgebung in Rm und N eine offene Nullpunktsumgebung in Rn ist, wird dieser Satz in der mehrdimensionalen Analysis
bewiesen (WA3: Satz G[2.4]). Die obige Variante ergibt sich daraus durch Übersetzung“
”
mit willkürlichen Karten ϕ0 um p0 , ψ0 um q0 , die nur so eingerichtet werden müssen, daß
ϕ0 (p0 ) = 0, ψ0 (q0 ) = 0 und H(U ϕ0 ) ⊆ U ψ0 wird. Das erste geht durch geeignetes Nachschalten von Translationen, das zweite durch Verkleinerung von U ϕ0 . Dann kann auf die
zugehörige Koordinatendarstellung, die jetzt F heiße, die bekannte Version angewendet werden:
H|U ϕ0
ϕ0
−→
U ψ0
U




 ψ0
ϕ0 
y
y
F
−→
Aψ 0 .
Aϕ 0




β
α
y
y
A
β ◦ F ◦ α−1
−→
B
Dabei sind α, β ggfs. durch Verkleinerung von Aϕ0 , Aψ0 als Diffeomorphismen wählbar und
so, daß β ◦ F ◦ α−1 schon die gewünschte Normalform hat. Man nimmt dann die endgültige
Koordinatendartsellung f
H bzgl. der Karten ϕ := α ◦ ϕ0 , ψ := β ◦ ψ0 vor. Dann erhält auch
−1
f
H = ψ ◦ H ◦ ϕ−1 = β ◦ ψ0 ◦ H ◦ ϕ−1
die gewünschte Normalform.
0 ◦α = β ◦F ◦α
Für rangkonstante Abbildungen existiert also lokal dieselbe Normalform wie in der linearen
Algebra (ELA: Satz C[3.5]).
E. Satz (Urbilder als UMFen). Sei Rang H = k = const. und q0 ∈ Bild H. Dann ist
H −1 (q0 ) UMF von M mit
dim H −1 (q0 ) = m − k
(Dimensionssatz).
Beweis. Sei p0 ∈ H −1 (q0 ) und ϕ, ψ wie im Rangsatz D gewählt, jedoch die Numerierung so
eingerichtet, daß in Aϕ
f
H (x1 , . . . , xm ) = (0, . . . , 0, xm−k+1 , . . . , xm ).
{z
}
| {z } |
n−k
k
DM.4. UNTERMANNIGFALTIGKEITEN
29
Dann gelten für p ∈ U ϕ mit x := ϕ(p) die Äquivalenzen:
p ∈ H −1 (q0 ) ⇐⇒ H(p) = q0 ⇐⇒ f
H (x) = 0 ⇐⇒ xm−k+1 = · · · = xm = 0.
Somit ist ϕ(U ϕ ∩ H −1 (q0 )) = Aϕ ∩ R
m−k
, also ϕ Schnittkarte für H −1 (q0 ).
F. Bemerkung. Ist H : M → N bei allen p ∈ M von maximalem Rang, so bedeutet dies,
daß H Immersion ist (nämlich für m ≤ n) oder Submersion (nämlich für n ≤ m). Das sind
also Spezialfälle von Abbildungen von konstantem Rang, und die obigen Sätze sagen dafür
folgendes:
(i)
Ist H : M → N Immersion (d.h. Rang H = m ≤ n), so lautet die Normalform von
Satz D
f
H (x1 , . . . , xm ) = (x1 , . . . , xm , 0, . . . , 0).
| {z }
n−m
Daraus liest man ab, daß H lokal injektiv ist, d.h. zu jedem p ∈ M existiert eine Umgebung
U von p, so daß H|U : U → N injektiv ist. Insbesondere besteht jedes nichtleere Urbild
H −1 (q0 ) aus isolierten Punkten, ist also eine UMF von M der Dimension 0.
(ii) Ist H : M → N Submersion (d.h. Rang H = n ≤ m), so lautet die Normalform von
Satz D
f
H (x1 , . . . , xm ) = (x1 , . . . , xn ).
Daraus liest man ab, daß H lokal surjektiv ist, d.h. zu jedem p ∈ M existiert eine Umgebung
U ∈ U(p) und eine Umgebung V ∈ U(H(p)), so daß H(U ) = V . Folglich ist H eine offene
Abbildung, d.h. W offen in M impliziert stets H(W ) offen in N . Nach Satz E ist jedes
nichtleere Urbild H −1 (q0 ) eine UMF von M der Dimension m − n.
(iii) Ist H : M → N lokaler Diffeomorphismus, also sowohl Immersion wie auch Submersion
(d.h. Rang H = m = n), so lautet die Normalform von Satz D
f
H (x1 , . . . , xm ) = (x1 , . . . , xm ).
Daraus liest man ab, daß H lokal bijektiv ist. Genauer: Wie in (ii) existieren Umgebungen
U, V , so daß H|U : U → V diffeomorph ist.
Durch Kombination mit B ergibt sich eine weitere Kennzeichnung von UMFen:
G. Satz. Eine Teilmenge S ⊆ M ist dann und nur dann UMF von M der Dimension s
wenn zu jedem p ∈ S eine Umgebung U ∈ U(p) sowie eine Submersion H : U → Rm−s
existieren, so daß
S ∩ U = {p ∈ U | H(p) = 0}.
D.h. S ist lokal Nullstellenmenge von m − s reellen Funktionen vom Rang m − s.
Beweis.
1) Ist S als UMF vorausgesetzt, und ϕ eine Schnittkarte, so ist mit U := U ϕ und
H(p) := (ϕs+1 (p), . . . , ϕs+1 (p)), p ∈ U ϕ die Bedingung erfüllt.
2) Ist die Bedingung vorausgesetzt, so ist H|U von konstantem Rang m − s, also S ∩ U nach
E UMF von U der Dimension s und damit nach B auch von M .
DM.4. UNTERMANNIGFALTIGKEITEN
30
Ein entsprechender Satz wie in E für die Urbilder existiert nicht für die Bilder rangkonstanter
Abbildungen, selbst wenn diese injektiv sind:
H. Beispiel: Liegende Acht“. Sei H :]0, 2π[→ R2 definiert durch H(t) := (sin t, sin 2t).
”
R2
H
0
2π
H ist Immersion, da stets H 0 (t) = (cos t, 2 cos 2t) 6= (0, 0), aber Bild H ist nicht UMF von
R2 . Denn in (0, 0) existieren anschaulich zwei Tangenten“, was mit der UMF-Definition A
”
nicht verträglich ist. (Man präzisiere dies!)
I. Definition. Nenne H : M → N Einbettung, falls H injektive Immersion und H(M )
UMF von N der Dimension m ist.
Die Frage ist natürlich, ob die UMF-Eigenschaft schon aus einfacheren Bedingungen folgt.
Antworten dazu erfolgen in L und P.
J. Satz und Definition. Ist S ⊆ M UMF, so ist die Inklusionabbildung i : S ,→ M
eine Einbettung. Das Tangential i∗p : Tp S → Tp M bildet also Tp S isomorph auf den UVR
Tp (i) = i∗p (Tp S) ⊆ Tp M ab. Man identifiziert in dieser Situation Tp S mit Tp (i), faßt also
Tp S kanonisch als UVR von Tp M auf.
Beweis. Trivialerweise ist i injektive Abbildung auf die s-dimensionale UMF S.
Immersionseigenschaft von i: Ist ϕ : U ϕ → Aϕ Schnittkarte von M bzgl. S, so ist die
Koordinatendarstellung von i bzgl. ϕ und ϕ|U ϕ ∩ S einfach die Inklusion ei : Aϕ ∩ S ,→ Aϕ ,
also C ∞ und vom Rang s, und dasselbe gilt dann für i selbst.
K. Satz. Ist H : M → N Einbettung, so ist H, aufgefaßt als H : M → H(M ), Diffeomorphismus.
Beweis. 1) H : M → H(M ) ist bijektiv: Klar.
2) H : M → H(M ) ist C ∞ und vom Rang m: Betrachte die Paare (ϕ, ψ), wobei ψ Schnittkarte von N bzgl. S := H(M ) und ϕ Karte von M mit H(U ϕ ) ⊆ U ψ . Nach G(iii)[DM.2]
reicht der Nachweis, daß jeweils H|U ϕ : U ϕ → U ψ ∩ S C ∞ ist. Die Kooordinatendarstellung
hiervon lautet
m
f
H = (ψ|U ψ ∩ S) ◦ H ◦ ϕ−1 = ψ ◦ H ◦ ϕ−1 : Aϕ −→ R ,
ist also C ∞ und vom Rang m. Dasselbe gilt dann für H : M → H(M ).
3) Aus 2) und F(iii) folgt, daß auch die Umkehrabbildung H −1 : S → M C ∞ ist.
DM.4. UNTERMANNIGFALTIGKEITEN
31
L. Satz.
(i)
Ist H : M → N Immersion, so ist H lokal Einbettung, d.h. zu jedem p ∈ M existiert
eine Umgebung U ∈ U, so daß H|U : U → N Einbettung ist.
(ii)
Falls zusätzlich H : M → H(M ) eine offene Abbildung ist, so ist H(M ) UMF von N
der Dimension m.
Hinweis: Bei (ii) braucht keine Injektivität vorausgesetzt zu werden!
Beweis.
Zu (i): Zu p ∈ M, q := H(p) wählen wir nach F(i) Karten ϕ um p und ψ um q, mit
H(U ϕ ) ⊆ U ψ und in Aϕ :
ψ ◦ H ◦ ϕ−1 (x1 , . . . , xm ) = (x1 , . . . , xm , 0, . . . , 0).
{z
}
|
f
H
(1)
Dann ist f
H (Aϕ ) = Aϕ × 0 (mit der Auffassung Rn =
m
Rm ×Rn−m ). O.B.d.A. sei Aψ ∩R = Aϕ ×0, was ggfs.
durch Restriktion ψ|V mit ψ(V ) = Aψ ∩(Aϕ ×Rn−m )
zu erreichen ist. Dann ist H|U ϕ Einbettung: Injektivität und Immersionseigenschaft folgen aus (1). Weiter ist ψ Schnittkarte von N bzgl. H(U ϕ ); denn
(2)
A
A
ψ
0
(1)
m
ψ(U ψ ∩ H(U ϕ )) = Aϕ × 0 = Aψ ∩ R .
Zu (ii): Hier ist zusätzlich H(U ϕ ) = H(M ) ∩ V mit offenem V ⊆ N . Dann ist ψ|U ψ ∩ V
Schnittkarte von N bzgl. H(M ), da nach (2)
m
ψ(U ψ ∩ V ∩ H(M )) = Aψ ∩ R .
M. Folgerung. Äquivalent sind:
(i)
H : M → N ist Einbettung.
(ii)
H : M → N ist Immersion und H : M → H(M ) ist Homöomorphismus.
Beweis.
(i) =⇒ (ii): Aus K.
(ii) =⇒ (i): Aus L(ii).
Es ergibt sich nun eine weitere Charakterisierung von UMFen:
N. Satz und Definition. Eine Teilmenge S ⊆ M ist dann und nur dann UMF von M der
Dimension s wenn zu jedem p ∈ S eine Immersion γ : A → M , A ⊆ Rs offen, existiert, so
daß p ∈ γ(A) und γ als Abbildung in S hinein offen ist. Ein solches γ wird eine (Gaußsche)
Parameterdarstellung (PD) von S genannt.
DM.4. UNTERMANNIGFALTIGKEITEN
32
Beweis.
1) Ist S als UMF vorausgesetzt und p ∈ S gegeben, so sei ϕ eine Schnittkarte von M bzgl.
s
S. Dann ist mit A := Aϕ ∩ R und γ := ϕ−1 |A : A → M die Bedingung erfüllt: Ist B ⊆ A
offen, so gilt B = A ∩ V mit offenem V ⊆ Aϕ . Dann ist γ(B) = ϕ−1 (A ∩ V ) = S ∩ ϕ−1 (V ),
dies also offen in S, da ϕ−1 (V ) offen in M .
2) Ist die Bedingung vorausgesetzt, so ist γ(A) offen in S, also γ(A) = S ∩ U mit offenem
U ⊆ M , also γ(A) nach L UMF von U der Dimension s. Mit B folgt dann, daß S UMF von
M der Dimension s ist.
O. Satz zum Tangentialraum. Sei S UMF von M mit dim S = s, und sei
γ : A −→ M eine Gaußsche PD von S gemäß N,
(ii) S ∩ U = p ∈ U H(p) = 0 eine lokale Gleichungsdarstellung von S gemäß G
(i)
sowie γ(a) = p ∈ U für ein a ∈ A. Dann gilt:
Tp S = Bild γ∗a = Kern H∗p .
Beweis. Wegen γ(A) ⊆ S ist
H ◦ γ(x) = 0
∀ x ∈ γ −1 (U ) = offene Umgebung von a.
Daraus folgt mit der KR H∗p ◦ γ∗a = 0, und dies impliziert Bild γ∗a ⊆ Kern H∗p . Beide
Räume sind aber s-dimensional, also
Bild γ∗a = Kern H∗p .
Genauso folgt aus der Gleichung H(i(p)) = 0 für p ∈ U ∩ S:
Bild i∗p = Kern H∗p .
Beides zusammen ergibt die Behauptung.
Der folgende Satz liefert eine oft verwendete hinreichende Bedingung für UMFen:
P. Satz. Ist H : M → N injektive Immersion sowie M kompakt und H(M ) Hausdorffraum,
so ist H : M → N Einbettung.
Hinweis: Die Kompaktheit eines topologischen Raums (gleichgültig ob mit Hausdorffaxiom oder ohne) sei durch die Heine/Borel-Eigenschaft definiert. H(M ) ist z.B. dann Hausdorffraum, wenn N Hausdorffraum ist.
Beweis von P. Ein rein topologischer Satz besagt (GM: Satz 80, p. 128):
−1
H : M −→ M1 stetig und bijektiv
H : M1 −→ M stetig,
=⇒
M kompakt, M1 Hausdorffraum
also H : M −→ M1 Homöomorphismus.
Hier sei M1 := H(M ). Dann ist H : M → H(M ) stetig und bijektiv, also Homöomorphismus,
also offen, also (nach M) H : M → N Einbettung.
DM.5. DIE HAUSDORFFEIGENSCHAFT
33
DM.5. Die Hausdorffeigenschaft
Aus L[DM.1] wissen wir, daß nicht jede MF ein Hausdorffraum ist. Tatsächlich besitzen
Hausdorffmannigfaltigkeiten zusäzliche Eigenschaften, von denen einige hier entwickelt werden.
A. Lemma. Die MF M ist genau dann ein Hausdorffraum, wenn zu je zwei Punkten p 6= q
von M zwei Karten ϕ um p und ψ um q existieren mit U ϕ ∩ U ψ = /.
Beweis.
1) Wenn zwei solche Karten existieren, so sind U ϕ , U ψ offene Umgebungen von p, q, die
disjunkt sind.
2) Existieren zu p 6= q disjunkte Umgebungen U ∈ U(p), V ∈ U(q), so wähle man außerdem
eine Karte ϕ um p und eine Karte ψ um q. Dann sind die Restriktionen ϕ|U ϕ ∩ U, ψ|U ψ ∩ V
Karten um p, q (G, K(ii)[DM.1]) mit disjunkten Definitionsmengen.
Im folgenden sei M eine C ∞ -Hausdorffmannigfaltigkeit der Dimension m.
B. Lemma. Sei p0 ∈ M und U offene Umgebung von p0 . Dann existieren Umgebungen
U1 , U2 ∈ U(p0 ) mit U1 ⊂ U 2 ⊂ U und kompaktem U 2 sowie eine C ∞ -Funktion f : M → R
mit
f (U2 \ U 1 ) =]0, 1[.
f |U1 = 1,
f |M \ U 2 = 0,
U
U2
U1
1
p0
0
A
B2
B1
x0
1
0
=U
DM.5. DIE HAUSDORFFEIGENSCHAFT
34
Beweis. O.B.d.A. sei U = U ϕ , ϕ Karte um p0 . Wähle offene Euklidische Bälle B1 , B2
mit Radien r1 , r2 um x0 := ϕ(p0 ), wobei 0 < r1 < r2 und B 2 ⊂ Aϕ . Dann existiert eine
C ∞ -Funktion h : Rm → R mit
h|Rm \ B 2 = 0,
h|B1 = 1,
h(B2 \ B 1 ) =]0, 1[.
h ist leicht konstruierbar mittels einer eindimensionalen glatten Höckerfunktion“
”
η : R → R, wie im Bild. Man setze nämlich h(x) := η(|x − x0 |), x ∈ Rm .
1
η
t
-
r2
- r1
r1
r2
Die Konstruktion von η geht z.B. so: Sei γ : R → R definiert durch

exp − 1
für t > 0
t
γ(t) :=

0
für t ≤ 0.
Aus der eindimensionalen Analysis weiß man, daß γ C ∞ ist. Nun sei η als gerade Funktion
festgelegt durch
γ(r2 − t)
η(t) :=
für t ≥ 0.
γ(r2 − t) + γ(t − r1 )
Da der Nenner niemals 0 wird, ist η C ∞ , und man sieht leicht
η(t) = 1 für |t| ≤ r1 ,
η(t) = 0 für |t| ≥ r2 ,
0 < η(t) < 1 für r1 < |t| < r2 .
Definiere nun
U1 := ϕ−1 (B1 )
U2 := ϕ−1 (B2 )
(
f (p) :=
h(ϕ(p)),
0,
p ∈ Uϕ
p ∈ M \ ϕ−1 (B 2 ).
Dann gilt:
f ist wohldefiniert: p ∈ U ϕ ∩ (M \ ϕ−1 (B 2 )) =⇒ ϕ(p) ∈ Aϕ , ϕ(p) ∈
/ B 2 =⇒ h(ϕ(p)) = 0.
Klar ist auch
f |U1 = 1,
f |M \ ϕ−1 (B 2 ) = 0
f (U2 \ ϕ−1 (B 1 ) =]0, 1[.
Ist B = B kompakte Teilmenge von Rm , enthalten in Aϕ , so ist ϕ−1 (B) = ϕ−1 (B) kompakt:
Da B kompakt, ist auch ϕ−1 (B) kompakt, also (wegen der Hausforffeigenschaft von M )
abgeschlossen in M ; vgl. GM: Kor. zu Lemma 2, p. 126. (Beachte: alle Querstriche für
DM.5. DIE HAUSDORFFEIGENSCHAFT
35
Teilmengen von M beziehen sich auf die Topologie von M ; bei Bezug auf U ϕ wäre die
augenblickliche Behauptung trivial!). Aus ϕ−1 (B) ⊆ ϕ−1 (B) folgt ϕ−1 (B) ⊆ ϕ−1 (B), da die
letzte Menge abgeschlossen ist. Andererseits ist (auch ohne Hausdorffeigenschaft) ϕ−1 (B)
gleich der abgeschlossenen Hülle von ϕ−1 (B) in U ϕ (da ϕ : U ϕ → Aϕ homöomorph). Diese
abgeschlossene Hülle ist aber enthalten in ϕ−1 (B) (vgl. GM: Satz 23, p. 48). Somit gilt
ϕ−1 (B) = ϕ−1 (B).
f ist C ∞ : Beide Mengen in der Definitionsklammer sind offen, auf beiden ist f C ∞ , also
insgesamt C ∞ (F[DM.2]).
Wegen U 1 = ϕ−1 (B 1 ), U 2 = ϕ−1 (B 2 ) folgt insgesamt die Behauptung.
Damit kann man Funktionen so auf C ∞ -Weise modifizieren, daß sie lokal unverändert bleiben
und weit draußen“ auf 0 abklingen:
”
C. Folgerung. Sei p0 ∈ M .
(i)
Zu jeder C ∞ -Funktion g : U → R, U offene Umgebung von p0 , existiert eine offene
Umgebung U1 von p0 mit U1 ⊆ U und eine C ∞ -Funktion e
g : M → R mit g|U1 = e
g |U1 .
(ii)
Zu jeder Linearform λ ∈ Tp∗0 M existiert eine C ∞ -Funktion e
g : M → R, so daß
(d e
g )p0 = λ.
Beweis.
Zu (i): Wähle U1 , U2 , f gemäß B und setze e
g := f · g (0 außerhalb U ). Dann sind
∞
g C ∞.
e
g |U = f |U · g|U und e
g |M \ U 2 beide C mit offenen Definitionsmengen, also e
Klar ist auch g|U1 = e
g |U1 , da f |U1 = 1.
Zu (ii): Sei ϕ eine Karte um p0 und λ dargestellt als
λ=
m
X
αj (dϕj )p0 ,
αj ∈ R,
j=1
was nach I[DM.3] möglich ist. Definiere g : U
ϕ
→ R als g :=
m
X
αj ϕj und bestimme
j=1
dazu e
g : M → R gemäß (i). Dann gilt (dg)p0 =
m
X
αj (dϕj )p0 = λ nach H[DM.3] und
j=1
(dg)p0 = (d e
g )p0 nach C[DM.3].
D. Folgerung (Zerlegung der Eins). Zu jeder offenen Überdeckung V einer kompakten
Menge C ⊆ M existiert eine offene Menge U ⊇ C sowie endlich viele C ∞ -Funktionen
ζ1 , . . . , ζN : U → [0, 1] und zugehörige Mengen V1 , . . . , VN ∈ V, so daß gilt:
(ZE.1) Für k = 1, . . . , N ist der Träger von ζk (d.h. der Abschluß der Nichtnullstellen
von ζk in M ) kompakte Teilmenge von Vk .
(ZE.2)
m
X
k=1
ζk = 1.
DM.5. DIE HAUSDORFFEIGENSCHAFT
36
Beweis. Zu jedem p ∈ C seien nach B Umgebungen U1 (p), U2 (p), U3 (p) ∈ U(p) und eine
C ∞ -Funktion fp : M → R so gewählt, daß U3 (p) ∈ V. Wegen der Kompaktheit von C
existieren endlich viele Punkte p1 , . . . , pN ∈ C, so daß die zugehörigen U1 (pk ) die Menge C
überdecken. Sei U := U1 (p1 ) ∪ · · · ∪ U1 (pN ) und ζk : U → R definiert durch
ζk (q) :=
fpk (q)
,
fp1 (q) + · · · + fpN (q)
k = 1, . . . , N.
Dann ist der Nenner stets > 0, da jedes q ∈ U in wenigstens einem U1 (pk ) liegt. Somit ist
ζk C ∞ und offensichtlich
m
X
ζk = 1.
k=1
Wegen fpk |M \ U2 (pk ) = 0 ist der Träger von ζk enthalten in U2 (pk ). Mit Vk := U3 (pk ) sind
beide Behauptungen erfüllt.
E. Bemerkungen.
(i)
Der Satz dient dazu, Funktionen in endlich viele Summanden zu zerlegen, die lokal
behandelt werden können. Dies wird z.B. beim Beweis des Satzes von Stokes gebraucht
(O[DM.8]).
(ii) Analog kann ein entsprechender Satz bewiesen werden für ganz M anstelle C, wenn
M einen abzählbaren Atlas gestattet. Allerdings besteht eine Zerlegung der Eins dann
aus abzählbar vielen Funktionen ζk .
Eine weitere Konsequenz ist der folgende
F. Einbettungssatz. Jede kompakte Hausdorffmannigfaltigkeit M läßt sich in einen Zahlraum RL genügend hoher Dimension L einbetten.
Beweis. Man kann zunächst wie zu Beginn des vorigen Beweises schließen. Dabei sei jetzt
C := M und V eine offene Überdeckung von M durch Koordinatenumgebungen. Diese
können nach C(i) so gewählt werden, daß jede zugehörige Karte ϕ über U ϕ hinaus als C ∞ Abbildung ϕ : M → Rm fortgesetzt ist (natürlich nicht notwendig als globale Karte). Wegen
der Kompaktheit von M existieren endlich viele solche Karten ϕ1 , . . . , ϕ` und zu jedem
k ∈ {1, . . . , `} entsprechend B zugehörige Umgebungen U1ϕk , U2ϕk , . . . sowie eine C ∞ Funktion fk : M → R, so daß M von den U1ϕk überdeckt wird.
Definiere nun
H : M −→ |Rm × ·{z
· · × Rm} ×R` ∼
= RL ,
`
durch
H :=
f1 ϕ1 , . . . , f` ϕ` ,
`
X
!
fk ek
k=1
`
wobei e1 , . . . , e` die Standardbasis von R ist. Dann gilt:
1) H ist C ∞ : Klar.
L := `(m + 1)
,
DM.5. DIE HAUSDORFFEIGENSCHAFT
37
ϕ
2) H ist injektiv: Aus H(p) = H(q) ist auf p = q zu schließen. Sei p ∈ U1 j für ein bestimmtes
j ∈ {1, . . . , `}. Für q gibt es zwei Möglichkeiten:
ϕ
Ist q ∈ U1 j , so folgt aus fj (p)ϕj (p) = fj (q)ϕj (q) wegen fj (p) = fj (q) = 1: ϕj (p) = ϕj (q),
also p = q.
Ist q ∈
/
ϕ
U1 j ,
so gilt fj (p) = 1, fj (q) < 1, also
`
X
k=1
fk (p)ek 6=
`
X
fk (q)ek , also H(p) 6= H(q).
k=1
Dieser Fall ist also gar nicht möglich.
3) H ist Immersion: Sei Pk : RL → Rm die Projektion auf den k-ten cartesischen Faktor.
Dann gilt Pk ◦ H = fk ϕk , also wegen fk |U1ϕk = 1: Pk ◦ H|U1ϕk = ϕk |U1ϕk . Somit ist Pk ◦ H
auf U1ϕk vom Rang m, also H dort mindestens vom Rang m, tatsächlich genau vom Rang m
(da dim M = m). Da M von den U1ϕk überdeckt wird, gilt dasselbe für H auf ganz M .
Aus 1) – 3) folgt nach P[DM.4], daß H : M → RL Einbettung ist.
G. Bemerkung. Man kann (allerdings wesentlich komplizierter) beweisen, daß jede Hausdorffmannigfaltigkeit mit abzählbarem Atlas in einen Zahlraum RL einbettbar ist, wobei das
beste (universelle) Resultat ist: L = 2m (H. Whitney).
DM.6. TENSORFELDER
38
DM.6. Tensorfelder
Alle hier betrachteten MFen sollen die Hausdorffeigenschaft besitzen.
Die rein algebraischen Begriffe der multilinearen Algebra werden hier vorausgesetzt (vgl.
LAG: Kap. 4). Grundlegende Definitionen werden kurz wiederholt, teilweise für die augenblicklichen Zwecke etwas modifiziert.
Ist V ein reeller VR der Dimension m < ∞, so ist ein Tensor F der Varianz (r, s) über V
eine Multilinearform
∗
· · × V ∗} −→ R,
F :V
· · × V} × V
| × ·{z
| × ·{z
s
r
wobei V ∗ der Dualraum von V ist. Ein solches F heißt auch s-fach kovariant und r-fach
kontravariant und von der Stufe r + s. Die Gesamtheit dieser Tensoren (bei festen r, s)
ist wiederum ein reeller VR Tsr (V ) der endlichen Dimension
dim Tsr (V ) = mr+s .
Das Tensorprodukt operiert hier so:
O
0
r+r 0
: Tsr (V ) × Tsr0 (V ) −→ Ts+s
0 (V ).
Ist a1 , . . . , am eine Basis von V und f 1 , . . . , f m eine Basis von V ∗ , so bilden die Tensorprodukte
f j1 ⊗ · · · ⊗ f js ⊗ ai1 ⊗ · · · ⊗ air ,
genommen über alle Indexwahlen (i1 , . . . , ir , j1 , . . . , js ) im cartesischen
{1, . . . , m}r+s eine Basis von Tsr (V ), d.h. jedes F ∈ Tsr (V ) ist als LK darstellbar:
(1)
Produkt
...ir j1
f ⊗ · · · ⊗ f js ⊗ ai1 ⊗ · · · ⊗ air
F = Fji11...j
s
,...,ir
mit durch F eindeutig bestimmten Koeffizienten Fji11,...,j
∈ R. Dabei sollen solche und ähnlis
che Formeln im Sinne der Einsteinschen Summenkonvention gelesen werden, d.h. über
doppelt vorkommende Indizes ist zu summieren. Wegen dieser Erzeugungsweise schreibt man
auch (in leichter Abänderung gegenüber LAG):
Tsr (V ) = V ∗ ⊗ · · · ⊗ V ∗ ⊗ V ⊗ · · · ⊗ V.
Sind die beiden Basen von V und V ∗ dual zueinander, d.h. f j (ai ) = δij , so berechnen sich
die Koeffizienten in (1) als Auswertungen von F auf entsprechenden Basisvektoren:
...ir
Fji11...j
= F (aj1 , . . . , ajs , f i1 , . . . , f ir ).
s
Im alternierenden rein kovarianten Fall tritt anstelle von (1) die Formel
X
F =
Fj1 ...js f j1 ∧ · · · ∧ f js ,
<
wobei das Summationszeichen anzeigen soll, daß über die Indizes mit der Nebenbedingung
1 ≤ j1 < · · · < js ≤ m zu summieren ist. Anstelle dieser Nebenbedingung könnte auch jede
andere genommen werden, bei der jede s-elementige Teilmenge von {1, . . . , m} genau einmal
realisiert ist. Jedoch ist die genannte monotone Anordnung Standard.
DM.6. TENSORFELDER
39
Sei nun M eine C ∞ -MF der Dimension m. Dann können diese Begriffe auf die Tangentialund Cotangentialräume Tp M und Tp∗ M angewendet werden.
A. Definition. Ein Tensorfeld F auf M der Varianz (r, s) ordnet jedem p ∈ M ein
Fp = F |p ∈ Tsr (Tp M ) zu.
Spezialfälle:
•
r = s = 0 : F : M → R Skalar
(f )
•
r = 1, s = 0 : F Vektorfeld (VF)
(X)
•
r = 0, s = 1 : F Pfaffsche Form (PF)
(ω)
•
r = 0, s bel.:
F Differentialform der Stufe s, falls Fp alternierend ∀ p ∈ M
(ω).
Hier sind rechts typische Bezeichnungen für diese Objekte notiert. Statt Differentialform
”
der Stufe s“ sagt man auch s-Form.
Die Verknüpfungen (auch das Einsetzen) erfolgen punktweise, z.B. ist F ⊗ G definiert durch
(F ⊗ G)p := Fp ⊗ Gp für alle p ∈ M , oder für eine Pfaffsche Form ω und ein Vektorfeld X
ist ω(X) : M → R der Skalar mit ω(X)|p := ωp (Xp ) für alle p ∈ M .
Hinweis:
Manchmal schreibt man statt ωp (Xp ) auch ωp (X) oder ω(Xp ), da sich das fehlende p von
selbst versteht (analog bei Tensorfeldern höherer Stufe).
B. Beispiele.
(i) Ist f : M → R C ∞ , so ist das Differential df die Pfaffsche Form mit Wert
(df )p für p ∈ M . Ist X ein VF auf M , so ist in sinnvoller Erweiterung von G(ii)[DM.3]
(df )(X) = X(f ) die skalare Funktion mit Wert X(f )|p = Xp (f ) = (df )p (Xp ) ∈ R bei
p ∈ M . Statt X(f ) schreibt man auch Xf . Sinnlos ist hierbei allerdings X(fp ) oder Xp (fp ),
da der Wert von Xp (f ) nicht allein von f (p) abhängt (vgl. I[DM.3]).
Warnung: Man hat den Skalar X(f ) = Xf scharf zu unterscheiden von X ·f = f ·X = f X,
was selbst ein VF ist, nämlich mit Wert f (p) · Xp bei p ∈ M .
(ii) Ist auch g : M → R C ∞ , so schreibt sich die Produktregel aus H[DM.3] jetzt argumentfrei als
d(f · g) = f · dg + g · df.
(iii) Ist ϕ : U ϕ → Aϕ Karte von M , dann sind auf U ϕ definiert


∂ 
∂



die Koordinatenvektorfelder
mit
∂ϕi
∂ϕi p

 Wert 

die Koordinatendifferentiale dϕi
(dϕi )p .



bei p ∈ U ϕ .


Diese bilden punktweise Basen und Dualbasen von Tp M, Tp∗ M , und für f : M → R C ∞ gilt
nach I[DM.3]
(df )|U ϕ =
∂f
dϕi .
∂ϕi
DM.6. TENSORFELDER
40
Rein kovariante Tensorfelder kann man mit Abbildungen verpflanzen“, allerdings in der
”
”
inversen Richtung“:
C. Definition und Satz. Sei H : M → N C ∞ und F ein Tensorfeld auf N der Varianz
(0, s). Dann ist ein Tensorfeld H ∗ F auf M der gleichen Varianz definiert durch:
(H ∗ F )p (u1 , . . . , us ) := FH(p) (H∗p u1 , . . . , H∗p us )
für alle p ∈ M, u1 , . . . , us ∈ Tp M .
Für s = 0 ist H ∗ F := F ◦ H.
Für s = 1 ist (H ∗ F )p = Hp∗ FH(p) koinzident mit der transponierten Abbildung (O[DM.3]).
Die Operation F 7→ H ∗ F heißt Zurückholung oder Verpflanzen oder Pull-Back. Sie
ist homomorph gegenüber den Vektorraumverknüpfungen sowie dem Tensorprodukt und im
alternierenden Fall auch dem Dachprodukt, also z.B.
H ∗ (F1 ⊗ F2 ) = (H ∗ F1 ) ⊗ (H ∗ F2 ).
Bei Komposition (d.h. in der Situation von M[DM.3]) gilt die inverse Kettenregel:
(G ◦ H)∗ F = H ∗ (G∗ F ).
Beweis. Nur Schreibarbeit (Zurückgehen auf die Definitionen).
Da nach Wahl einer Karte ϕ für jedes p ∈ U ϕ Basen des Tangentialraums Tp M und des
Cotangentialraums Tp∗ M zur Verfügung stehen (B(iii)), erhält man aus (1) für ein Tensorfeld
F der Varianz (r, s) in U ϕ eine Darstellung
(2)
...ir
dϕj1 ⊗ · · · ⊗ dϕjs ⊗
F |U ϕ = Fji11...j
s
∂
∂
,
⊗
·
·
·
⊗
i
∂ϕ 1
∂ϕir
bzw. im alternierenden Fall
(3)
ω|U ϕ =
X
Wj1 ...jr dϕj1 ∧ · · · ∧ dϕjs .
<
...ir
Hier sind die Koeffizienten Fji11...j
bzw. Wj1 ...jr reelle Funktionen auf U ϕ . Man nennt diese
s
Formeln die Koordinatendarstellungen der betreffenden Felder bzgl. der Karte ϕ und die
Koeffizienten die zugehörigen Tensorkomponenten.
Wird ein und dasselbe Feld F bzgl. einer weiteren Karte ψ dargestellt:
(4)
k1 ...kr
F |U ψ = F `1 ...`s dψ `1 ⊗ · · · ⊗ dψ `s ⊗
∂
∂
⊗ ··· ⊗
k
1
∂ψ
∂ψ kr
und ist U ϕ ∩ U ψ 6= / , so bestehen zwischen den Tensorkomponenten in (2) und (4) Umrechnungsformeln, die sich aus den entsprechenden Umrechnungsformeln für die Basen aus
Q[DM.3] ergeben. Mit den Abkürzungen
(5)
ski :=
∂ψ k
,
∂ϕi
tki :=
∂ϕk
,
∂ψ i
ski · tjk = δij
DM.6. TENSORFELDER
41
schreiben sich diese jetzt argumentfrei als
(6)
∂
∂
= ski ·
,
i
∂ϕ
∂ψ k
dψpi = sik · dϕk
(7)
∂
∂
= tki ·
,
i
∂ψ
∂ϕk
dϕip = tik · dψ k .
Einsetzen von (6) und (7) in (2) und Vergleich mit (4) ergibt dann die Umrechnungsformeln der Tensorkomponenten:
(8)
k1 ...kr
...ir
.
F `1 ...`s = ski11 · · · skirr tj`11 · · · tj`ss Fji11...j
s
Natürlich sind die Formeln (5) – (8) nur im Durchschnitt U ϕ ∩ U ψ sinnvoll.
D. Bemerkung. Dieses Transformationsverhalten ist im folgenden Sinne auch hinreichend
zur Definition von Tensorfeldern: Sind für jede Karte ϕ eines Atlasses Φ reelle Funk...ir
gegeben und transformieren sich diese in jedem (nichtleeren) Durchschnitt
tionen Fji11...j
s
U ϕ ∩ U ψ , ϕ, ψ ∈ Φ gemäß (8), so wird durch (2) für alle ϕ ∈ Φ eindeutig und widerspruchsfrei ein Tensorfeld auf ganz M festgelegt, da in den Durchschnitten gerade wegen
(8) die beiden Definitionen zum gleichen Ergebnis führen. Man hat dazu lediglich die obige
Rechnung umzukehren.
E. Definition und Satz. Ein Tensorfeld F heißt C ∞ , wenn seine Komponenten in (2)
C ∞ sind für alle Karten eines Atlasses (oder äquivalent des maximalen Atlasses). Es sei
Tsr (M ) die Menge der C ∞ -Tensorfelder der Varianz (r, s) auf M ,
X(M ) = T01 (M ) die Menge der C ∞ -Vektorfelder auf M ,
Ωs (M ) die Menge der C ∞ -Differentialformen der Stufe s auf M .
Alle diese Mengen sind reelle Vektorräume, und die Verknüpfungen des Tensorprodukts bzw.
des Dachprodukts (im alternierenden Fall) bewahren die C ∞ -Eigenschaft.
Speziell ist Ω0 (M ) = T00 (M ) die Menge der skalaren C ∞ -Funktionen M → R und
Ωs (M ) = {0}
für s > m.
Beweis. Die Parameterinvarianz der C ∞ -Eigenschaft folgt unmittelbar aus den Umrechnungsformeln (8).
Daß die Verknüpfungen die C ∞ -Eigenschaft bewahren, folgt einfach daraus, daß sie — in
Komponenten ausgedrückt — in algebraische Operationen übergehen (explizite Formeln in
LAG: (19), (20)[4.3]).
Hintergrund der Gleichung X(M ) = T01 (M ) ist die Identifikation von Vektoren eines endlich
dimensionalen VRes V mit den Linearformen auf dem Dualraum V ∗ , d.h. der kanonische
Isomorphismus V ∼
= V ∗∗ .
F. Bemerkung. Auch die C ∞ -Eigenschaft von Tensorfeldern ist lokaler Natur, was analog
zu formulieren und zu überlegen ist wie in F[DM.2]
DM.6. TENSORFELDER
42
G. Lemma. In der Situation
M
gilt
H
C
−→ N
∞
g
−→ R
C∞
H ∗ (dg) = d(H ∗ g) = d(g ◦ H).
Beweis. Rechne für p ∈ M, u ∈ Tp M :
(H ∗ (dg))p u = (dg)H(p) (H∗p u)
C
= (H∗p u)(g)
G(ii)[DM.3]
= u(g ◦ H)
L[DM.3]
= (d(g ◦ H))p u
C
G. Zusatz. Für die Koordinatendarstellung eines Tensorfeldes auf N der Varianz (0, s)
ergibt sich hieraus, wenn ψ eine Karte von N ist:
F |U ψ = Fj1 ...js dψ j1 ⊗ · · · ⊗ dψ js
w

(H ∗ F )|H −1 (U ψ ) = (Fj1 ...js ◦ H)d(ψ j1 ◦ H) ⊗ · · · ⊗ d(ψ js ◦ H),
und analog im alternierenden Fall für das Dachprodukt anstelle des Tensorprodukts.
Die Fortsetzungseigenschaften von C[DM.5] gelten auch für Tensorfelder:
H. Satz. Sei p0 ∈ M .
(i)
Zu jedem Tensorfeld F ∈ Tsr (U ), U offene Umgebung von p0 , existiert eine offene
Umgebung U1 von p0 mit U1 ⊆ U und ein Tensorfeld f
F ∈ Tsr (M ) mit F |U1 = f
F |U1 .
(ii)
Zu jedem Tensor F0 ∈ Tsr (Tp0 M ) existiert ein Tensorfeld f
F ∈ Tsr (M ) mit f
F |p0 = F0 .
Ist F bzw. F0 rein kovariant und alternierend, so kann f
F ebenfalls alternierend gewählt
werden.
Beweis.
Zu (i): Wie bei C[DM.5] setzt man mit einer gemäß B[DM.5] gewählten Funktion f :
f
F := f · F (0 außerhalb U). Wegen dieser Proportionalität übertragen sich Symmetrieeigenschaften von F auf f
F.
Zu (ii): Nach Wahl einer Karte ϕ um p0 definiert man F in U ϕ mit den gleichen konstanten
Komponenten wie sie F0 in p0 besitzt und setzt F im Sinne von (i) auf ganz M fort.
Auf einer Mannigfaltigkeit ohne Zusatzstruktur gibt es an Differentiationsprozessen für Tensorfelder nur das Differential für Skalare und die darauf aufbauende äußere Differentiation“
”
von Differentialformen. Diese wird durch folgende Aussage begründet:
DM.6. TENSORFELDER
43
I. Satz und Definition. Für jedes s ≥ 0 existiert genau ein Operator
d : Ωs (M ) → Ωs+1 (M )
mit folgenden Eigenschaften:
(d.1) Für s = 0 ist d das obige Differential.
(d.2) d linear.
(d.3) (d(df )) = 0 für alle f ∈ Ω0 (M ).
(d.4) d(f ω) = (df ) ∧ ω + f dω für alle f ∈ Ω0 (M ), ω ∈ Ωs (M ).
(d.5) dω = 0, dπ = 0 =⇒ d(ω ∧ π) = 0.
Man nennt d das äußere Differential.
J. Bemerkung. Vor dem Beweis seien folgende Lokalisierungseigenschaften aus den
Regeln (d.1) – (d.5) deduziert: Sei U ⊆ M offen und nichtleer.
(i)
Für ω, π ∈ Ωs (M ) gilt: ω|U = π|U =⇒ (dω)|U = (dπ)|U :
O.B.d.A. sei π = 0. Z.z. ist also: ω|U = 0 =⇒ (dω)|U = 0: Wähle zu p ∈ U ein f ∈ Ω0 (M )
mit f (p) = 1, f |M \ U = 0, was nach B[DM.5] geht. Dann ist ω = (1 − f ) · ω (in U : beide
Seiten 0, in M \ U : RS = ω). Also gilt nach (d.4):
(dω)p = (d(1 − f ))p · ω|p + (1 − f (p)) ·(dω)p = 0.
|{z} | {z }
0
0
(ii) d induziert automatische ein d0 für U anstelle M : Gegeben ω ∈ Ωs (U ), p ∈ U , wende
H(i) auf ω an: Es gibt dann ein ω
e ∈ Ωs (M ) mit ω
e |U1 = ω|U1 . Definiere:
(d0 ω)p := (d ω
e )p .
Dies ist unabhängig von den getroffenen Wahlen nach (i), und man sieht leicht: d0 erfüllt
(d.1) – (d.5) für U anstelle M . Man kann also ruhig d statt d0 schreiben.
Beweis von I. Eine entsprechende Einführung gilt in der Analysis des Rm (WA3: Satz
F[4.2]), sodaß eine kurze Beschreibung genügt.
Eindeutigkeit: Gegeben d mit (d.1) – (d.5), leitet man eine explizite Vorschrift zur Berechnung von d her.
Ist ϕ eine Karte, so operiert d auf den Differentialformen auf U ϕ in natürlicher Weise, wie in
J beschrieben. Ist dann ω|U ϕ wie in (3) dargestellt, so folgt durch Anwendung der Axiome
(d.1) – (d.5) notwendig
X
(9)
(dω)|U ϕ =
dWj1 ...jr ∧ dϕj1 ∧ · · · ∧ dϕjs .
<
Dies beweist die Eindeutigkeit von d.
DM.6. TENSORFELDER
44
Existenz: Man macht den Ausdruck (9) zur Definition von dω und weist dafür (d.1) – (d.5)
nach. In U ϕ ist das eine längere aber problemlose Rechnung. In den Durchschnitten U ϕ ∩ U ψ
führt diese Festsetzung wegen der schon bewiesenen Eindeutigkeit zum gleichen Ergebnis.
Anhand der expliziten Vorschrift, die von (3) zu (9) führt, bestätigt man durch eine ebensolche Rechnung die folgenden Eigenschaften des äußeren Differentials:
K. Folgerungen. Für ω ∈ Ωs (M ), π ∈ Ωt (M ), H : M → N C ∞ gilt:
(i)
d(ω ∧ π) = dω ∧ π + (−1)s ω ∧ dπ (Produktregel der äußeren Differentiation)
(ii)
d(dω) = 0
(iii)
d(H ∗ ω) = H ∗ (dω)
L. Cartansche Basisfelder. Nach É. Cartan verwendet man statt der speziellen Basisfel∂
, dϕj , die aus einer Karte resultieren, beliebige des Typs:
der
∂ϕi
)
C ∞ -Basisfeld X1 , . . . , Xm
auf offenem U ⊆ M .
C ∞ -Cobasisfeld σ 1 , . . . , σ m
Dabei sind die Xi C ∞ -Vektorfelder, bzw. die σ j C ∞ -Pfaffsche Formen, jeweils linear unabhängig an jeder Stelle p ∈ U . Diese heißen dual, falls σ j (Xi ) = δij .
Dann gilt:
(i)
Für beliebige Tensorfelder F bzw. Differentialformen ω auf M bestehen lokale Basisdarstellungen der Art
...ir j1
F |U = Fji11...j
σ ⊗ · · · ⊗ σ js ⊗ Xi1 ⊗ · · · ⊗ Xir
s
ω|U = Wj1 ...js σ j1 ∧ · · · ∧ σ js .
mit der gleichen Charakterisierung von C ∞ wie bei E (anhand der Koeffizienten, die
auch hier als Tensorkomponenten bezeichnet werden).
(ii)
Ist das C ∞ -Basisfeld X1 , . . . , Xm auf U gegeben, so existiert dazu genau ein duales
Basisfeld σ 1 , . . . , σ m auf U , und dieses ist C ∞ .
Beweis.
Zu (i): In den Durchschnitten U ∩ U ϕ bestehen zwischen den Tensorkomponenten bzgl. der
Koordinatenfelder und bzgl. der Cartanschen Basisfelder analoge Umrechnungsformeln wie
in (8). Daraus folgt die Äquivalenz der C ∞ -Eigenschaft der beiden Sorten von Tensorkomonenten.
Zu (ii): Beachte: Stellt man wieder in den Durchschnitten U ∩ U ϕ die Xi durch Linear∂
kombinationen der
dar und entsprechend die σ j durch die dϕj , so führt die Dualität
∂ϕi
DM.6. TENSORFELDER
45
σ j (Xi ) = δij auf ein lineares Gleichungssystem, das mittels der Cramerschen Regel gelöst
werden kann, also mit C ∞ -Formeln.
Tensorfelder waren so definiert worden, daß jedem p ∈ M ein algebraisches Objekt zugeordnet wurde, das sich gegenüber den Elementen des betreffenden Tangential- bzw. Cotangentialraums multilinear verhält. Daraus folgt wegen der punktweisen Definition der Verknüpfungen die Multilinearität gegenüber Funktionen“, also etwa bei einem F der Varianz
”
(0, 1)
F (X + Y ) = F (X) + F (Y ),
F (f · X) = f · F (X)
für alle VFer X, Y und alle skalaren Funktionen f auf M . Dies soll jetzt umgekehrt werden, d.h. aus einer solchen Funktionenlinearität“ soll auf die punktale Bestimmung und
”
Linearität geschlossen werden.
M. Lemma. Auf M existiert ein Atlas Φ, so daß für jedes ϕ ∈ Φ jedes
∂
Restriktion
∂ϕi
eines Xi ∈ X(M ) ist.
∂
von Ui mit
∂ψ i
p ∈ Ui ⊆ U ψ auf M C ∞ -fortgesetzt als Xi im Sinne von H. Man setze U := U1 ∩ · · · ∩ Um
und ϕ := ψ|U . Dann ist
∂ ∂
=
U = Xi |U = Xi |U ϕ .
∂ϕi
∂ψ i Beweis. Zu jedem Paar (p, ψ), ψ Karte von M mit p ∈ U ψ , sei jedes
Diese ϕ bilden den gewünschten Atlas. Dasselbe gilt für jeden Teilatlas.
N. Satz. Sei F eine Vorschrift, die jedem X ∈ X(M ) eine reelle Funktion F(X) auf M
zuweist, wobei F linear gegen Funktionen ist, d.h.
F(X + Y ) = F(X) + F(X)
F(f · X) = f · F(X)
∀
X, Y ∈ X(M )
f ∈ Ω0 (M ).
Dann hängt F(X)|p nur von X|p ab, und zwar linear. Es gibt genau ein Tensorfeld F auf
M [der Varianz (0,1)] mit F (X) = F(X), d.h. F (X|p ) = F(X)|p für alle X ∈ X(M ) und
p ∈ M (Punktualisierungseigenschaft von F).
F ist dann und nur dann C ∞ , wenn außerdem gilt:
X C ∞ =⇒ F(X) C ∞ .
Beweis.
1) Es gilt: X|p = Y |p =⇒ F(X)|p = F(Y )|p : O.B.d.A. sei Y = 0 (betrachte sonst X − Y ),
also ist z.z.
X|p = 0 =⇒ F(X)|p = 0.
Arbeite mit dem Atlas Φ aus M. Sei für ϕ ∈ Φ
X|U ϕ = ξ i ·
i
∂
= ξ i · Xi |U ϕ = e
ξ |U ϕ · Xi |U ϕ ,
i
∂ϕ
DM.6. TENSORFELDER
46
i
worin e
ξ eine C ∞ -Fortsetzung von ξ i von einer (evtl. verkleinerten) Koordinatenumgebung
von p auf M ist. Diese sei o.B.d.A. U ϕ selbst. Sei f ∈ Ω0 (M ) so gewählt, daß f (p) = 1 und
f |M \ U ϕ = 0 (B[DM.5]). Dann gilt
i
f · X = (f e
ξ ) · Xi .
In U ϕ ist dies klar, und außerhalb auch, da dort f = 0. Hieraus folgt mit der Voraussetzung
i
f · F(X) = (f e
ξ ) · F(Xi ),
also in p
f (p) ·F(X)|p = f (p)ξ i (p) · F( f
X i )|p ,
|{z}
| {z }
1
0, da X|p = 0
also F(X)|p = 0.
2) Im Hinblick auf H(ii) ist damit die Zuordnung u = X|p 7→ F(X)|p =: F |p (u) wohldefiniert,
und ihre Linearität folgt aus der Voraussetzung für konstante f .
3) Sei F C ∞ . Für X C ∞ ist z.z. F(X) = F (X) C ∞ : Für jede Karte ϕ gilt
F |U ϕ = Fi · dϕi ,
Fi C ∞
∂
,
∂ϕi
ξj C ∞.
X|U ϕ = ξ j ·
Daraus folgt
F(X)|U ϕ = F (X)|U ϕ = Fi ξ i C ∞ .
4) Sei jedesmal mit X auch F(X) C ∞ . Z.z. ist F C ∞ : Für ϕ aus dem Atlas Φ von M sei
F |U ϕ = Fi · dϕi
Hierin gilt
Fi = F
∂
∂ϕi
= F (Xi )|U ϕ = F(Xi )|U ϕ C ∞ .
N. Zusatz. Dies gilt analog für Vorschriften F(X1 , . . . , Xs , ω 1 , . . . , ω r ), die multilinear
gegen Funktionen sind.
Beweis. Analoges Vorgehen, nur mehr Schreibarbeit.
DM.7. ORIENTIERUNG
47
DM.7. Orientierung
Alle hier betrachteten MFen sollen die Hausdorffeigenschaft besitzen.
Sei M eine C ∞ -MF der Dimension m.
Ist ϕ : U ϕ → Aϕ eine Karte von M , so werden für die Koordinatenvektoren auch folgende
Abkürzungen verwendet:
∂ (∂i ϕ)p :=
,
∂ϕi p
∂i ϕ :=
∂
.
∂ϕi
Zur Erinnerung:
Eine Orientierung O eines m-dimensionalen R-Vekttorraums V ist eine Äquivalenzklasse
von Basen von V , deren zughörige Basistransformationen positive Determinante haben. Es
gibt genau zwei Orientierungen von V (ELA: D[4.6]).
A. Definition. Eine Orientierung von M ordnet jedem p ∈ M eine Orientierung Op von
Tp M zu, wobei gilt: Ist ϕ : U ϕ → Aϕ eine Karte von M mit zusammenhängendem U ϕ , so
ist entweder
(K.1)
((∂1 ϕ)p , . . . , (∂m ϕ)p ) ∈ Op
∀ p ∈ Uϕ
((∂1 ϕ)p , . . . , (∂m ϕ)p ) ∈
/ Op
∀ p ∈ U ϕ.
oder aber
(K.2)
Existiert auf M eine Orientierung p 7→ Op , so heißt M orientierbar.
B. Bemerkungen.
(i)
Sind ϕ, ψ irgendwelche Karten um p ∈ M , so hängen die zugehörigen Koordinatenvektoren nach Q[DM.3] so zusammen:
∂ψ k · (∂k ψ)p .
(∂i ϕ)p =
∂ϕi p
Die Basen (∂1 ϕ)p , . . . , (∂m ϕ)p und (∂1 ψ)p , . . . , (∂m ψ)p von Tp M sind also genau dann gleich
orientiert, wenn
!
∂ψ k det
> 0.
∂ϕi p
(ii) Zu einer gegebenen Orientierung von M ist die inverse Orientierung dadurch definiert,
daß man in allen Tangentialräumen zur inversen Orientierung übergeht. Wegen (i) ist dafür
Definition A wiederum erfüllt. Man nennt diesen Übergang Umorientierung.
(iii) Auch Karten kann man umpolen: Sei S : Rm → Rm die Spiegelung mit
S(x1 , . . . , xm ) := (−x1 , . . . , xm ).
DM.7. ORIENTIERUNG
48
Diese läßt die Hyperebene mit der Gleichung x1 = 0 punktweise fest, und sie hat die Determinante −1. Zu einer beliebigen Karte ϕ : U ϕ → Aϕ bilde man ϕ : U ϕ → Aϕ durch
U ϕ := U ϕ ,
Aϕ := S(Aϕ )
ϕ := S ◦ ϕ.
Dies ist wieder eine Karte von M , und ihre Parametertransformation gegenüber ϕ ist gerade
(die Einschränkung von) S. Damit gilt nach (i)
ϕ erfüllt (K.1) ⇐⇒ ϕ erfüllt (K.2).
Man nennt ϕ die Umpolung von ϕ.
M
U
= U
x2,..., xm
A
S
A
x1
Die Orientierbarkeit ist auch ohne die Tangentialräume formulierbar, alleine mit Karten:
C. Satz. Die MF M ist genau dann orientierbar, wenn ein Atlas Π existiert mit folgender
Eigenschaft:
(O) Für je zwei Karten ϕ, ϕ
e ∈ Π mit U ϕ ∩ U ϕ 6= / ist die zugehörige Parametertransformation orientierungstreu (d.h. sie hat positive Funktionaldeterminante).
Beweis.
1) Sei M orientierbar vorausgesetzt und p 7→ Op eine Orientierung.
Wir definieren Π als die Menge aller Karten ϕ von M , die (K.1) erfüllen, und haben für
dieses Π die Eigenschaft (O) nachzuweisen.
Π ist Atlas: Aus Karten kann man durch Restriktion auf die Urbilder von Bällen, die in ihrer
Zielmenge enthalten sind, neue Karten machen, die zusammenhängende Definitionsmengen
besitzen. Werden diese ggfs. gemäß B(iii) umgepolt, so ist für sie stets (K.1) zu erreichen.
Zu (O): Aus (K.1) für ϕ, ϕ
e ∈ Π folgt mit B(i) det( ϕ
e ◦ ϕ−1 )0 > 0.
2) Sei umgekehrt Π ein Atlas mit (O). Zu jedem ϕ ∈ Π definieren wir eine Orientierung in
U ϕ so:
((∂1 ϕ)p , . . . , (∂m ϕ)p ) ∈ Op
∀ p ∈ U ϕ.
DM.7. ORIENTIERUNG
49
Wegen (O) ist damit p 7→ Op für alle p ∈ M wohldefiniert.
Es verbleibt zu zeigen: Ist ψ : U ψ → Aψ irgendeine Karte mit zusammenhängendem U ψ , so
gilt für sie (K.1) oder (K.2). Betrachte dazu
U + := {p ∈ U ψ | ((∂1 ψ)p , . . . , (∂m ψ)p ) ∈ Op }
U − := {p ∈ U ψ | ((∂1 ψ)p , . . . , (∂m ψ)p ) ∈
/ Op }.
Beide Mengen sind offen; denn im Urbild eines geeigneten Balls um jedes p hat die Parametertransformation von ψ zu einem ϕ ∈ Π eine Funktionaldeterminante festen Vorzeichens.
Da U ψ = U + ∪ U − und U + ∩ U − = / sowie U ψ zusammenhängend ist, folgt U + = U ψ oder
U − = U ψ , also (K.1) oder (K.2) für ψ.
Nach dem zweiten Beweisteil gilt:
D. Satz und Definition. Eine Orientierung von M kann auch durch einen Atlas Π mit
der Eigenschaft (O) festgelegt werden, wobei die Orientierung der Tangentialräume durch
die Bedingung (K.1) für die ϕ ∈ Π definiert ist.
Eine beliebige Karte ϕ von M heißt dann positiv, wenn (K.1) gilt, und negativ, wenn (K.2)
gilt. Eine Basis u1 , . . . , um von Tp M heißt positiv, wenn sie zu Op gehört, sonst negativ.
Eine Orientierung von M gibt die Möglichkeit, den Topformen einen Betrag“ zuzuordnen:
”
E. Definition. Sei M orientiert. Dann ist zu jeder m-Form ω auf M ihr Betrag als die
m-Form |ω| definiert mit

|ωp (u1 , . . . , um )|,



|ω|p (u1 , . . . , um ) :=
0,



−|ωp (u1 , . . . , um )|,
falls (u1 , . . . , um ) ∈ Op
falls (u1 , . . . , um ) linear abhängig
falls (u1 , . . . , um ) ∈
/ Op .
Man nennt ωp positiv (geschrieben ωp > 0), wenn ωp (u1 , . . . , um ) > 0 für alle (u1 , . . . , um ) ∈
Op , und nichtnegativ (geschrieben ωp ≥ 0), wenn ωp > 0 oder ωp = 0. Analog sind die
Eigenschaften negativ bzw. nichtpositiv definiert, und alle vier Begriffe sind bei einheitlichem Verhalten auf ω selbst anwendbar.
Hinweis: Die Multilinearität von |ω|p wird am einfachsten anhand der Scherungsinvarianz
überprüft (ELA: Satz D[4.2]).
ϕ
1
m
F. Bemerkung. Hat ω bzgl. einer
positiven Karte die Darstellung ω|U = W dϕ ∧· · ·∧dϕ ,
ϕ
so besitzt |ω| die Darstellung |ω|U = |W | dϕ1 ∧ · · · ∧ dϕm .
DM.7. ORIENTIERUNG
50
G. Beispiel. Beim projektiven Raum Pm (R) mit dem Atlas der inhomogenen Koordinaten
Φ = {ϕ0 , . . . , ϕm } aus F(iv)[DM.1] berechnet man die Einträge der Funktionalmatrizen der
Koordinatentransformationen für i < j als

1


= j ek
für 1 ≤ k ≤ i und j + 1 ≤ k ≤ m


ξ




1
∂(ϕj ◦ ϕ−1
i )
= j ek+1
für i + 1 ≤ k ≤ j − 1
ξ

∂ξ k


2


1


 ≡ − j ei+1 für k = j,
ξ
wobei sich die letzte Kongruenz auf e1 , . . . , [
ei+1 , . . . , em bezieht. Hieraus folgt der Wert der
Funktionaldeterminante
m+1
1
−1 0
· (−1)j−i−1 ,
det(ϕj ◦ ϕi ) = − j
ξ
der zunächst nicht durchweg positiv wird. Ist allerdings m ungerade, so ist der erste Faktor
stets negativ, und definiert man ϕ
e i := S ◦ ϕi , falls i gerade, und ϕ
e i := ϕi , falls i ungerade,
i+1
so wird ϕ
e i = S ◦ ϕi , also
det( ϕ
ej ◦
ϕ
e i−1 )0
=−
1
ξj
m+1
j−i−1
· (−1)
j+1
· (−1)
i+1
· (−1)
=
1
ξj
m+1
> 0.
Für i > j ergeben sich die inversen Matrizen, also die gleichen Vorzeichen (ohne neue Rechnung!).
Somit ist der reelle projektive Raum Pm (R) bei ungerader Dimension m orientierbar und
{S ◦ ϕ0 , ϕ1 , S ◦ ϕ2 , ϕ3 , . . . , ϕm } ein orientierender Atlas auf ihm.
Wir werden in N sehen, daß Pm (R) bei geradem m nicht orientierbar ist.
H. Definition und Satz. Sei H : M → N lokaler Diffeomorphismus, und seien M, N beide
orientiert. Nenne H orientierungstreu (o-treu) bzw. orientierungsumkehrend (oumkehrend), falls das Tangential H∗p : Tp M → TH(p) N für alle p ∈ M orientierungstreu
bzw. orientierungsumkehrend (im Sinne der linearen Algebra) ist.
Dies ist dann und nur dann der Fall, wenn für alle Karten aus orientierenden Atlanten von
M, N die Koordinatendarstellungen f
H jeweils o-treu bzw. o-umkehrend sind.
Beweis. Dies folgt unmittelbar aus B(i).
I. Beispiele.
(i) Die Euklidische Einheitssphäre Sm mit Mittelpunkt 0 ist eine UMF von Rm+1 , die
durch den äußeren Normaleneinheitsvektor orientiert wird (Standardorientierung von Sm ).
Das ist direkt so ausdrückbar: Für p ∈ Sm ist u1 , . . . , um positive Basis von Tp Sm genau
wenn
δ0 := [p, jp−1 u1 , . . . , jp−1 um ] > 0,
wobei die eckige Klammer die Standarddeterminante in Rm+1 bezeichnet.
DM.7. ORIENTIERUNG
51
Ist die Antipodenabbildung α : Sm → Sm , α(p) = −p, o-treu oder o-umkehrend?
Entscheidend hierüber ist das Vorzeichen von
−1
−1
δ := [α(p), jα(p)
α∗p u1 , . . . , jα(p)
α∗p um ].
Aus dem Diagramm in W[DM.3] liest man ab, wenn α
e die Fortsetzung von α auf Rm+1
(mit der gleichen Zuordnung) bezeichnet: α
e ∗p ◦ jp = jα(p) ◦ α
e 0 (p), also da α
e 0 (p) = α
e:
α
e ∗p ◦jp = −j−p . Nach J[DM.4] ist ( α
e |Sm )∗p = α
e ∗p |Tp Sm , also insgesamt α∗p u = −j−p jp−1 u
für u ∈ Tp Sm . Damit wird
δ = (−1)m+1 δ0 .
S2
S1
Die Antipodenabbildung von Sm ist also o-treu, wenn m ungerade und o-umkehrend, wenn
m gerade ist.
(ii) Ein Diffeomorphismus zwischen orientierten MFen M, N braucht nicht o-treu oder oumkehrend zu sein, wenn M nicht zusammenhängend ist. Betrachte dazu zwei Exemplare
von R, einmal mit der Standardorientierung: R+ , zum anderen mit der dazu inversen Orientierung: R− .
M
N
{
R+
{
R+
R-
R+
DM.7. ORIENTIERUNG
52
Definiere die disjunkten Vereinigungen M := R+ ∪• R− , N := R+ ∪• R+ . Für die Identität
id : M → N ist dann id|R+ : R+ → R+ o-treu und id|R− : R− → R+ o-umkehrend, aber
id selbst weder das eine noch das andere! Vgl. aber Folgerung M.
J. Satz (Vorzeichenregeln). Seien M, N, P orientierte MFen und
H
G
M −−−−−→ N −−−−−→ P
lokale Diffeomorphismen.
Dann gilt:
(i)
(ii)
(iiii)
(iv)
H
H
H
H
o-treu, G
o-treu, G
o-umk., G
o-umk., G
o-treu =⇒ G ◦ H
o-umk. =⇒ G ◦ H
o-treu =⇒ G ◦ H
o-umk. =⇒ G ◦ H
o-treu
o-umk.
o-umk.
o-treu
Beweis. Dies folgt mittels der Kettenregel unmittelbar aus H.
K. Satz. Sei H : M → N lokaler Diffeomorphismus und N orientiert. Dann existiert genau
eine Orientierung von M , so daß H o-treu ist.
Beweis.
Eindeutigkeit: Klar, da die Tangentialräume von M durch das Tangential von H eindeutig
orientiert sind.
Existenz: Sei Ω ein orientierender Atlas von N . Definiere eine Abbildungsmenge durch:
Π := ψ ◦ H|U ψ ∈ Ω, U ⊆ M offen, so daß H|U : U → H(U ) diffeomorph .
Dann ist Π orientierender Atlas für M :
Zu Atlas“: Jedes ψ ◦ H|U ist ein Diffeomorphismus der offenen Menge H −1 (U ψ ) ⊆ M mit
”
offenem Bild in Rm , und diese Mengen überdecken M .
Zu orientierend“: Für je zwei solche Abbildungen gilt
”
ψ2 ◦ H|U2 ◦ (ψ1 ◦ H|U1 )−1 = ψ2 ◦ H|U2 ◦ (H|U1 )−1 ◦ ψ1−1 = ψ2 ◦ ψ1−1 | . . .
mit offener Restriktionsmenge (enstsprechend E[DM.1]). Nach Voraussetzung ist diese (eingeschränkte) Koordinatentransformation o-treu.
Bzgl. Π, Ω ist H o-treu: Die Koordinatendarstellungen von H sind von der Form
f
H = ψ ◦ H ◦ (ψ ◦ H|U )−1 also Identitäten auf offenen Mengen.
L. Satz. Ist M orientierbar und zusammenhängend, so existieren genau zwei Orientierungen
auf M . Diese sind invers zueinander.
Beweis.
Mindestens zwei“: Klar, da man die Orientierungen aller Tangentialräume simultan um”
kehren kann.
Höchstens zwei“: Seien p 7→ Op und p 7→ Op0 zwei beliebige Orientierungen von M und
” 0
Π, Π zugehörige orientierende Atlanten. Wir zeigen, daß Op entweder stets gleich Op0 oder
aber stets gleich der inversen Orientierung zu Op0 ist. Dies beweist die Behauptung.
DM.7. ORIENTIERUNG
53
Die Überlegung is ähnlich wie im Beweis von C: Betrachte die Mengen
Z + := {p ∈ M | Op = Op0 }
Z − := {p ∈ M | Op 6= Op0 }.
i
∂ϕ
Z + ist offen: Zu p ∈ Z seien ϕ ∈ Π und ψ ∈ Π0 Karten um p. Dann ist det
in p
∂ψ k
positiv, und wegen der Stetigkeit auch in einer ganzen Umgebung. Nach B(i) gehört diese
Umgebung dann zu Z + .
Aus dem gleichen Grunde ist Z − offen.
Da M = Z + ∪• Z − folgt M = Z + oder M = Z − .
M. Folgerung. Seien M, N orientierte MFen, und sei M zusammenhängend. Ein lokaler
Diffeomorphismus H : M → N ist dann stets o-treu oder o-umkehrend.
Beweis. Sei M+ die MF M , aber so orientiert, daß H : M+ → N o-treu ist (K). Mit
der inversen Orientierung M− zu M+ ist dann H : M− → N o-umkehrend. Die gegebene
Orientierung von M ist nach L entweder M+ oder M− . Also ist H entweder H : M+ → N
oder H : M− → N .
N. Beispiel. Der projektive Raum Pm (R) gerader Dimension m ist nicht orientierbar:
Betrachte dazu das Diagramm
α
Sm
@
H @@
R
H
Sm
α(p) := −p
(Antipodenabbildung I(i))
H(p) := [p]
(E(iii)[DM.2]).
m
P (R)
α ist o-umkehrender Diffeomorphismus, da m gerade, und H ist lokaler Diffeomorphismus,
0
da — mit gleicher Zuordnung als f
H auf Rm+1 \ {0} fortgesetzt — Kern f
H (p) = [p] (vgl.
die Rechnung in E(iii)[DM.2]). Offensichtlich gilt
(1)
H = H ◦ α.
Wäre Pm (R) orientierbar, so mache man H nach K o-treu (gleichermaßen für die beiden
abwärts gerichteten Pfeile). Das führt nach L zur Standardorientierung von Sm oder deren
inverser (Sm ist zusammenhängend). In beiden Fällen ist α o-umkehrend. Also enthält (1)
einen Widerspruch zu den Vorzeichenregeln J.
DM.8. INTEGRATION
54
DM.8. Integration
Bei der Integration auf Mannigfaltigkeiten kommen als Objekte nicht Funktionen in Betracht,
sondern Differentialformen der Stufe m (Topformen). Der Grund ist das Transformationsverhalten gegenüber Kartenwechsel.
Der Aufbau erfolgt wie in der mehrdimensionalen Analysis für UMFen des Rm (WA3: Kapitel 5), nur werden anstelle injektiver Parameterdarstellungen jetzt Karten verwendet. Im
Hinblick auf dieses Übertragungsprinzip werden hier nur die wichtigsten Definitionen und
Sätze beschrieben, ohne auf alle Beweisdetails einzugehen.
Im Gegensatz zu den UMFen des Rn folgt die Existenz eines abzählbaren Atlas nicht automatisch, sondern muß als zusätzliches Axiom gefordert werden:
In diesem Abschnitt sei M eine orientierte Hausdorff-MF, für die ein abzählbarer Atlas
existiert.
A. Lemma. Für M existiert dann sogar ein abzählbarer orientierender Atlas Φ, so daß für
alle ϕ ∈ Φ die Mengen Aϕ Bälle in Rm sind.
Beweis. Sei Ψ ein abzählbarer Atlas auf M . Jede Menge Aψ ist dann Vereinigung von
offenen Bällen mit rationalem Mittelpunkt und rationalem Radius in Rm . Die Gesamtheit
dieser Bälle ist abzählbar. Man erhält das gewünschte Φ, indem man zu jedem ψ ∈ Ψ die
Restriktionen von ψ auf die Urbilder dieser Bälle bildet und diese Restriktionen ggfs. noch
nach B(iii)[DM.7] umpolt.
In der folgenden Diskussion werden nur positive Karten verwendet. Zu einer gegebenen mForm ω auf M und einer Karte ϕ : U ϕ → Aϕ von M setzen wir jeweils
(1)
(ϕ−1 )∗ ω = W dx1 ∧ · · · ∧ dxm ,
W : Aϕ → R.
Nach E[DM.6] ist ω C ∞ , wenn die Koeffizientenfunktion W stets C ∞ ist. Analog wird ω
stetig genannt, wenn W stets stetig ist. (Keine dieser Eigenschaften wird jedoch a priori für
ω vorausgesetzt.)
Lokaler Teil
Sei ω Null außerhalb einer Koordinatenumgebung U ϕ .
B. Definition und Lemma. Nenne ω integrierbar (über M ), wenn W über Aϕ integrierbar ist, und setze dann
Z
Z
ω :=
W.
M
Aϕ
Dies Definition ist unabhängig von der Wahl von ϕ.
Beweis. Die Kartenunabhängigkeit ist eine Konsequenz des Transformationssatzes für mehrfache Integrale:
Sei ω = 0 auch außerhalb U ϕe . Dann ist ω = 0 außerhalb U ϕ ∩ U ϕe . Sei
f dx1 ∧ · · · ∧ dxm .
(ϕ
e −1 )∗ ω = W
DM.8. INTEGRATION
55
f (in den
Ist τ := ϕ ◦ ϕ
e −1 die Koordinatentransformation zu ϕ
e , ϕ, so rechnen sich W, W
entsprechenden Durchschnitten) folgendermaßen um:
f = (W ◦ τ ) · det(τ 0 ).
W
(2)
Wegen ϕ
e −1 = ϕ−1 ◦ τ gilt nämlich
(ϕ
e −1 )∗ ω = τ ∗ (ϕ−1 )∗ ω = (W ◦ τ ) dτ 1 ∧ · · · ∧ dτ m = (W ◦ τ ) · det(τ 0 ) dx1 ∧ · · · ∧ dxm .
Da (2) wegen det(τ 0 ) > 0 gerade dem Verhalten der Integranden beim Transformationssatz
entspricht, folgt:
Z
Z
f.
W =
W
Aϕ
ϕ
Af
Die Integration über Teilmengen erfolgt, wie in der Integrationstheorie üblich, durch Multiplikation mit der entsprechenden charakteristischen Funktion. Ist z.B. B ⊆ U ϕ , so heißt ω
über B intgrierbar, wenn dies für χB · ω im Sinne von B zutrifft, und man setzt dann
Z
Z
χB · ω.
ω :=
M
B
Auch die Meßbarkeit wird mittels Karten auf den Rm zurückgespielt, und zwar zunächst in
der folgenden lokalen Version:
C. Definition und Lemma. Eine Teilmenge B ⊆ U ϕ heißt meßbar, wenn ϕ(B) meßbar
in Rm ist. Auch diese Definition ist unabhängig von der Wahl von ϕ.
Beweis. Wie bei B folgt dies aus der Diffeomorphie-Invarianz der Meßbarkeit von Teilmengen des Rm .
Globaler Teil
D. Lemma. Ist {ϕ1 , ϕ2 , . . .} ein abzählbarer Atlas von M , so gibt es eine zughörige Zerlegung
[
(3)
M = • Bk
mit
Bk
⊆
U ϕk ∀ k.
k
meßbar
Beweis. Man definiert:
B1 := U ϕ1
Bk := U
ϕk
\
k−1
[
U ϕ` ,
k = 2, 3, . . .
`=1
Unmittelbar klar ist die Zerlegungseigenschaft und Bk ⊆ U ϕk . Auch die Meßbarkeit ist erfüllt;
denn die Bilder ϕk (Bk ) entstehen aus meßbaren Mengen des Rm durch Mengenoperationen,
die die Meßbarkeit nicht beeinträchtigen.
DM.8. INTEGRATION
56
E. Definition. Nenne ω integrierbar über M , wenn es eine Zerlegung (Bk ) mit (3) und
zugehörigem orientierenden Atlas ϕ1 , ϕ2 , . . . gibt, so daß
(i)
(ii)
ω über Bk integrierbar für alle k;
XZ
|ω| < ∞.
B
k
k
Setze dann
Z
ω :=
M
XZ
ω.
Bk
k
Hinweis: Die Zerlegung braucht nicht auf die Weise wie in D enstanden zu sein. Die letzte
Reihe konvergiert absolut, da
Z
Z
≤
ω
|ω|,
Bk
Bk
wie unmittelbar aus B folgt.
Die Unabhängigkeit der Integraldefinition von der Art der Zerlegung erfordert einen detaillierten Beweis, der letzten Endes auf den Zerlegungseigenschaften des Integrals in Rm
beruht. Es sei nur das Ergebnis genannt:
B ` ) mit (3) gegeben (mit
F. Rechtfertigung. Sei E erfüllt, und sei eine zweite Zerlegung ( f
eventuell anderem orientierenden Atlas { ϕ
e 1, ϕ
e 2 , . . .}). Dann sind (i), (ii) auch für diese
Zerlegung erfüllt und
XZ
XZ
ω.
ω=
k
Bk
`
f
B`
G. Definition. Eine Teilmenge B ⊆ M heißt
(i)
Nullmenge, wenn für alle Karten ϕ von M gilt: ϕ(U ϕ ∩ B) ist Nullmenge in Rm .
(ii)
meßbar, wenn für alle Karten ϕ von M gilt: ϕ(U ϕ ∩ B) ist meßbar in Rm .
H. Bemerkungen.
(i)
Jede Nullmenge ist meßbar. Denn jede Nullmenge in Rm ist integrierbar, also meßbar.
(ii) Genau wie im Rm kommt es bei der Integration von ω über M auf das Verhalten
in einer Nullmenge nicht an. Dies folgt umittelbar aus der obigen Definition und der des
Integrals.
Die Regeln für das Integral übertragen sich vermöge der additiven Definition E vom lokalen
Fall:
DM.8. INTEGRATION
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I. Integrationsregeln.
(i)
Ist ω über B ⊆ M integrierbar, und C meßbar in M , so ist ω auch über B ∩ C und
B \ C integrierbar und
Z
Z
Z
ω+
ω=
ω.
B∩C
(ii)
B\C
Ist ω über B ⊆ M und C ⊆ M integrierbar und C meßbar, so ist ω auch über B ∩ C
und B ∪ C integrierbar und
Z
Z
Z
Z
ω+
ω=
ω+
ω.
B∩C
(iii)
B∪C
B
C
B
Ist ω über B ⊆ M integrierbar, so auch |ω| und
Z Z
ω ≤
|ω|
(Abschätzungsregel).
B
(v)
B
Sind ω1 , ω2 über B ⊆ M integrierbar und α1 , α2 ∈ R, so ist auch α1 ω1 + α2 ω2 über
B integrierbar und
Z
Z
Z
(α1 ω1 + α2 ω2 ) = α1
ω1 + α2
ω2
(Linearität).
B
(iv)
B
B
Bei Umorientierung von M bleibt die Integrierbarkeit einer Topform unverändert, aber
das Integral wechselt dabei das Vorzeichen.
J. Bemerkungen.
(i) Jede stetige Topform ω ist über jede kompakte Menge B ⊆ M integrierbar. Das sieht
man so: Ist B kompakt, so auch abgeschlossen, also Komplement einer offenen Menge, also
meßbar in M . Dann ist für jede Karte aus dem in A angegebenen Atlas ϕ(U ϕ ∩ B) meßbar,
also wegen der Beschränktheit von Aϕ integrierbar. Weiter ist das zugehörige (stetige) W
beschränkt. Dazu hat man allerdings den Atlas von A so zu konstruieren, daß auch noch die
Bälle mit doppeltem Radius wie die von A in Aψ enthalten sind. Da B von endlich vielen
Koordinatenumgebungen dieser Art überdeckt wird, ist die Integraldefinition E sogar mit
endlich vielen von Null verschiedenen Summanden erfüllt.
(ii) Ist eine stetige Topform ω über B integrierbar, dort nichtnegativ und an einem inneren
Punkt p von B positiv, so gilt
Z
ω > 0.
B
Fur eine geeignete Koordinatenumgebung U
Z
ω ≥ 0.
B\U ϕ
ϕ
Z
⊆ B gilt dann nämlich
ω > 0 und
Uϕ
DM.8. INTEGRATION
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Zum Integralsatz von Stokes
Schließlich sei der Integralsatz von Stokes besprochen. M habe nun eine Dimension m ≥ 2.
Als Integrationsmengen in M kommen hier zunächst reguläre Bereiche in Betracht. Das
sind Teilmengen mit guter Randstruktur“; sie sehen am Rande bis auf Diffeomorphie wie
”
Halbräume aus. Der Einfachheit halber setzen wir sie als abgeschlossen voraus.
x2,..., xm
M
A
H
U
B
x1
A
U
H
Folgende Bezeichnungen seien dazu verwendet:
H := {(x1 , . . . , xm ) ∈ Rm | x1 ≤ 0}
(der sog. linke Halbraum)
∂H := {(x1 , . . . , xm ) ∈ Rm | x1 = 0} ⊂ H.
Natürlich gilt H = H ◦ ∪• ∂H.
Gelegentlich wird ∂H mit Rm−1 identifiziert vermöge: (0, x2 , . . . , xm ) ↔ (x2 , . . . , xm ).
K. Definition. Eine nichtleere, abgeschlossene Menge B ⊆ M heißt ein regulärer Bereich, wenn zu jedem p ∈ B eine Karte ϕ von M um p existiert, so daß
ϕ(U ϕ ∩ B) = Aϕ ∩ H.
Ein solches ϕ heißt dann angepaßt an B.
Ist B regulärer Bereich in M , so ist die Begrenzung ∂B definiert als
∂B := p ∈ B ∃ angepaßte Karte ϕ um p mit ϕ(p) ∈ Aϕ ∩ ∂H .
Hinweis:
Für eine angepaßte Karte sind grundsätzlich zwei Positionen möglich: Aϕ ∩ ∂H = / oder
ϕ
aber A ∩ ∂H 6= / (vgl. das obige Bild).
DM.8. INTEGRATION
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L. Satz. Ist B regulärer Bereich in M , so gilt
∂B = B \ B ◦ .
Da B = B, stimmt also die Begrenzung ∂B mit dem Rand B \ B ◦ überein.
Die Restriktionen ϕ|U ϕ ∩ ∂B : U ϕ ∩ ∂B → Aϕ ∩ ∂H der angepaßten Karten ϕ machen die
Begrenzung ∂B zu einer orientierten Hyperfläche von M .
Diese Orientierung der Begrenzung kann auch mit äußeren Vektoren“ ausgedrückt werden.
”
M. Definition und Satz. Sei B regulärer Bereich in M und p ∈ ∂B. Ein Vektor v1 ∈
Tp (∂B) wird tangential, ein Vektor u1 ∈ Tp M \ Tp (∂B) wird transversal zu ∂B genannt.
Für einen transversalen Vektor u1 sind folgende Eigenschaften äquivalent:
(i)
Es gibt (u2 , . . . , um ) ∈ Op (∂B), so daß (u1 , u2 , . . . , um ) ∈ Op (M ).
(ii)
Es gibt einen C ∞ -Weg c : [−ε, ε] → M mit einem ε > 0, so daß
c(0) = p,
c(t) ∈ B ◦ für t < 0,
c(t) ∈ M \ B für t > 0
und
c• (0) = u1
Ist die Bedingung in (ii) erfüllt, so heißt u1 ein äußerer Vektor von ∂B in p.
Hinweis: Das Symbol in der Klammer nach Op verweist natürlich auf die betreffende MF.
N. Bemerkung. Gemäß M(ii) sind transversale Vektoren genau dann äußere Vektoren, wenn
sie Ableitungsvektoren an solche C ∞ -Kurven auf M durch p sind, die aus B heraustreten.
Diese Eigenschaft hat nichts mit der Orientierung von M oder ∂B zu tun! Aber: Aufgrund
der Äquivalenz in Satz M kann die Orientierung von Tp (∂B) mittels eines äußeren Vektors
an eine gegebene Orientierung von M kanonisch gekoppelt werden.
O. Satz von Stokes. Sei M ⊆ Rn orientierte MF der Dimension m ≥ 2. Dann gilt für
jede (m − 1)-Form ω ∈ Ωm−1 (M ) und jeden kompakten regulären Bereich B ⊆ M
Z
Z
dω =
B
ω
∂B
einschließlich der Existenz der Integrale.
Ist ∂B = / , so ist die RS als 0 zu lesen. Ist insbesondere M selbst kompakt, so gilt
Z
dω = 0
M
einschließlich der Existenz des Integrals.
DM.8. INTEGRATION
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P. Integration von Dichten. Ein Teil der Integralrechnung geht auch ohne die Voraussetzung der Orientierung. Die übrigen Voraussetzungen an M seien beibehalten. Es werden
dann anstelle von Topformen sog. Dichten integriert. Eine Dichte δ auf M ordnet jedem
p ∈ M und jeweils m Vektoren u1 , . . . , um ∈ Tp M eine reelle Zahl zu, wobei gilt
δp (u1 , . . . , um ) = f (p) · |ωp (u1 , . . . , um )|.
Dabei sei ω eine nullstellenfreie Topform auf M und f eine skalare Funktion auf M . ω und
f sind durch δ nicht eindeutig bestimmt. Die möglichen Abänderungen sind von der Form
ω = %ω,
f=
f
,
|%|
% : M → R \ {0}.
wobei
Außerdem ist zu δ eine neue Dichte |δ|, ihr Betrag, definiert durch
|δ|p (u1 , . . . , um ) = |f (p)| · |ωp (u1 , . . . , um )|.
Die lokale Integration von δ verläuft nun analog zu B so:
Z
Z
−1 ∗
1
m
δ :=
(ϕ ) ω = W dx ∧ · · · ∧ dx ,
M
(f ◦ ϕ−1 ) · |W |,
Aϕ
falls das Integral rechts existiert. Dabei ist vorausgesetzt, daß δ außerhalb U ϕ verschwindet.
Dies hängt nur von δ, aber nicht von der Wahl von ω, f ab, und wie im Fall von Definition
B besteht auch Unabhängigkeit von der Kartenwahl.
Die globale Integration erfolgt analog zu E, wenn δ im lokalen Sinne über alle Bk integrierbar
ist, als
Z
XZ
δ :=
δ,
M
vorausgesetzt die Summe
XZ
k
wie bei E.
Bk
k
Bk
|δ| konvergiert in R. Auch dies ist analog zu rechtfertigen
Zugehörige Unterlagen
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