Selbstgravitierende Gaskugeln

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Kapitel 4
Selbstgravitierende
Gaskugeln
Wesentliche Eigenschaften der Sterne sind bereits vollständig dadurch bestimmt,
daß sie eine heiße Gaskugel unter dem Einfluß ihrer eigenen Schwereanziehung
sind. Das gilt auch für das Problem der möglichen Schwingungen eines Sterns.
Hierfür lassen sich einige allgemeine Grundtatsachen über Pulsation bereits ohne
detaillierte Kenntnis der genauen inneren Struktur der Sterne herleiten. Eine
Auswahl aus der Fülle entsprechender Resultate wird im Folgenden behandelt.
4.1
Grundgleichungen
Betrachte eine Gasmasse, die durch ihre eigene Gravitation zusammengehalten wird. Es wird vorausgesetzt, daß die Temperaturen überall im Inneren der
Masse hoch genug sind, daß man es mit einem heißen Gas zu tun hat. Wir beschränken uns also auf Sterne und substellare Objekte, die noch einen Großteil
der bei der Entstehung freigesetzten Energie enthalten. Grundsätzlich gelten
viele der nachfolgenden Überlegungen zwar auch für nicht gasförmige Objekte,
wie beispielsweise Planeten, aber diese werden nicht betrachtet. Der mögliche
Einfluß von Rotation und Magnetfeldern auf das Problem wird an dieser Stelle
vernachlässigt. Diese Effekte werden an anderer Stelle gesondert betrachtet.
4.1.1
Hydrodynamische Gleichungen
Die Strömungen in dem Gas werden durch die bekannten Gleichungen der Hydrodynamik beschrieben. Dies sind:
1. Die Kontinuitätsgleichung
∂̺
+ ∇ · ̺v = 0 .
∂t
Hierin ist ̺ die Massendichte und v die Strömungsgeschwindigkeit.
21
(4.1)
22
Kapitel 4. Selbstgravitierende Gaskugeln
2. Die Impulsgleichung
1
dv
= − ∇p + g .
dt
̺
(4.2)
Hierin ist p der Gasdruck, g die lokale Schwerebeschleunigung, und die Ableitung
d
∂
=
+v·∇
dt
∂t
(4.3)
die substantielle Ableitung längs einer Stromlinie. Sonstige Kräfte (incl. Reibung) werden nicht betrachtet.
Die lokale Schwerbeschleunigung ist durch
g = ∇Φ
(4.4)
gegeben, wobei Φ das Gravitationspotential ist.
3. Die Energiegleichung
̺Q̇ = ̺ε − ∇ · F + φ .
(4.5)
Hierin ist Q̇ die Energiezufuhr zum Gas pro Massenheit. Auf der rechten Seite stehen die Energiequellen bzw. -senken: Die nukleare Energieerzeugungsrate
pro Masseneinheit ε, die Divergenz des Energiestroms F und eventuelle sonstige Energiequellen φ. Die Änderung des Energieinhaltes des Gases ist (erster
Hauptsatz der Thermodynamik)
̺
de
dV
+ p̺
= ̺Q̇ ,
dt
dt
(4.6)
wobei e die innere Energie des Gases pro Masseneinheit ist und
V =
1
̺
(4.7)
das Volumen des Gases pro Masseneinheit. Der zweite Term auf der linken Seite
entspricht der bei Kompression am Gas geleisteten Arbeit.
4. Die Poissongleichung für das Gravitationspotential Φ lautet:
∆Φ = −4πG̺ .
(4.8)
Hierin ist G die Gravitationskonstante. Die allgemeine Lösung der Poissongleichung, die der Randbedingung
lim Φ(r) = 0 ,
r→∞
(4.9)
genügt, ist
Φ(x) = G
Z
V
̺(x′ ) 3 ′
d x ,
|x − x′ |
wobei V das von der Materie erfüllte Gebiet ist.
(4.10)
4.1. Grundgleichungen
4.1.2
23
Zustandsgleichung
Bezüglich der Zustandsgleichung der Materie wird angenommen, daß es sich um
ein nicht entartetes, ideales Gas handelt. Dann gilt
p = c2 ̺
(4.11)
mit der isothermen Schallgeschwindigkeit
c2 =
kB T
.
µmH
(4.12)
Darin ist kB die Boltzmannkonstante, µ das mittlere Molekulargewicht und mH
die atomare Masseneinheit, die praktisch gleich der Masse des H Atoms gesetzt
wird. Die innere Energie E des Gases ist
E=
p
.
γ−1
(4.13)
Hierin ist γ der Adiabatenindex, der bei einem idealen, einatomigen Gas den
Wert
5
(einatomiges Gas)
(4.14)
γ=
3
hat. In den Ionisationszonen von Wasserstoff und Helium weicht der Wert von
γ erheblich davon ab, wie später ausführlich dargelegt wird. Die innere Energie
pro Masseneinheit ist als
̺e = E
(4.15)
definiert.
Prinzipiell müßte in p auch noch der Strahlungsdruck berücksichtigt werden,
da dieser bei massereichen Sternen immer wichtig ist. Dies wird vorläufig außer
Acht gelassen und erst dort, wo es nötig ist, berücksichtigt.
4.1.2.1
Druckänderungen im idealen Gas
Wir differenzieren die Beziehung p = (γ − 1)̺e nach der Zeit
dγ
d̺
de
dp
=
̺e + (γ − 1) e + (γ − 1)̺
dt
dt
dt
dt
p dγ
p d̺
p d̺
=
+
+ (γ − 1)
+ ̺ǫ − ∇ · F
γ − 1 dt
̺ dt
̺ dt
p d̺
p dγ
+γ
+ (γ − 1) (̺ǫ − ∇ · F )
=
γ − 1 dt
̺ dt
Im idealen Gas ist γ konstant und wir haben
p d̺
dp
=γ
+ (γ − 1) (̺ǫ − ∇ · F ) .
dt
̺ dt
(4.16)
24
Kapitel 4. Selbstgravitierende Gaskugeln
Zustandsänderungen werden als adiabatisch bezeichnet, wenn während der
Änderung des Zustands der Materie keine Energie zugeführt oder entzogen wird.
In diesem Fall ist Q̇ = 0 und es gilt
p d̺
dp
=γ
dt
̺ dt
Diese Differentialgleichung für p wird mit der selbstverständlichen Anfangsbedingung p = 0 bei ̺ = 0 durch
p = K̺γ
(4.17)
gelöst. Dies ist die Zustandsgleichung bei adiabatischen Zustandsänderungen.
Mit der idealen Gasgleichung ergibt sich für die Temperatur bei adiabatischen
Zustandsänderungen
T = K̺̃γ−1
(4.18)
mit einer Konstanten
K̃ = K
4.1.3
µmH
.
kB
(4.19)
Hydrostatisches Gleichgewicht
Wenn die Gasmasse keinen äußeren Einflüssen unterliegt und auch keine Prozesse existieren, die zu einer spontanen Anregung von Strömungen führen, und
wenn der Drucktensor der Materie isotrop ist – deswegen setzen wir gasförmige Materie voraus – dann stellt sich ein stationäres Gleichgewicht ein, in dem
die Massenverteilung der selbstgravitierenden Gaskugel sphärisch symmetrisch
ist. Ein mathematischer Beweis dieser unmittelbar einleuchtenden Tatsache ist
möglich, aber seltsamerweise ungewöhnlich schwierig.
In Sternen existieren aber oft Prozesse, die auch ohne äußere Einflüsse zum
Anfachen von Strömungen führen. Am verbreitetsten findet man Konvektionsströmungen. Auch Schwingungen können unter bestimmten Umständen angefacht werden. Die Konfiguration der selbstgravitierenden Gaskugel ist dann
nicht unbedingt sphärisch symmetrisch, außer natürlich bei rein radialen Bewegungen, aber in der Praxis bleibt die Konfiguration einer perfekten Gaskugel
im stationären Gleichgewicht doch fast immer sehr ähnlich. Deswegen spielen
in der theoretischen Beschreibung der Sterne diese sphärisch symmetrisch aufgebauten Gaskugeln eine bevorzugte Rolle.
Nur bei rascher Rotation werden Abweichungen hiervon stark. Die meisten
pulsierenden Sterne finden sich aber in Bereichen des Herztsprung-Russell Diagramms, indem sich keine schnellen Rotatoren finden, und bei langsamer Rotation sind die Abweichungen von der Sphärizität klein und können weitgehend
vernachlässigt werden. Der Einfluß von Rotation auf das Schwingungsspektrum
wird separat diskutiert.
Für den Idealfall der Abwesenheit von Strömungen gilt das hydrostatische
Gleichgewicht
∇p0 = ̺0 ∇Φ0 ,
(4.20)
4.1. Grundgleichungen
25
wobei der Index 0“ diesen Gleichgewichtsfall bezeichnet. Die Konfiguration ist
”
dann sphärisch symetrisch und die einzige nicht verschwindende Komponente
der Gleichung ist die radiale, welche folgendermaßen lautet
d p0
d Φ0
= ̺0
= ̺0 g .
dr
dr
(4.21)
Alle Funktionen sind nur Funktion des radialen Abstands r vom Massenzentrum;
g ist die radiale Komponente der Schwerebeschleunigung.
Die Poissongleichung vereinfacht sich unter den gegebenen Umständen zu
1 d 2 d Φ0
r
= −4πG̺0 .
r2 d r
dr
(4.22)
Integration von 0 bis r liefert
r
Z r
2 d Φ0 = −G
4πr′2 ̺0 (r′ ) dr′ .
r
d r 0
0
Das Integral auf der rechten Seite entspricht der Masse, die in einer Kugel mit
dem Radius r enthalten ist
Z r
Mr =
4πr′2 ̺0 (r′ ) dr′ ,
(4.23)
0
die traditionell in der Theorie des Sternaufbaus als Mr bezeichnet wird. Für
diese gilt
d Mr
= 4π̺0 (r)r2 .
(4.24)
dr
und
lim Mr = M∗ ,
(4.25)
r→∞
wobei M∗ die Gesamtmasse der Gaskugel ist.
Auf der linken Seite tritt u.a. der Term
lim r2
r→0
d Φ0
dr
auf. Dieser verschwindet, wenn im Zentrum keine Punktmasse vorhanden ist.
Es folgt für die lokale Schwerebeschleunigung
g=
d Φ0
GMr
=− 2 .
dr
r
(4.26)
Nochmalige Integration, diesmal von r bis ∞, liefert
Z ∞
Z ∞
d 1
Mr ′
∞
Mr ′ ′ dr′ .
dr = G
Φ0 |r = −G
′2
r
d
r r
r
r
Wegen der Randbedingung (4.9) steht links −Φ0 (r). Rechts integrieren wir partiell und finden
∞ Z M∗
Z ∞
Mr d 1
dMr
′
Mr ′ ′2 dr =
.
−
dr r
r r
r
r
Mr
26
Kapitel 4. Selbstgravitierende Gaskugeln
Es folgt schließlich
GMr
+G
Φ0 (r) =
r
Z
M∗
Mr
dM
.
r
(4.27)
Die potentielle Energie eines Massenpunktes im Abstand r vom Zentrum
im Gravitationsfeld ist −Φ0 (r). Die gesamte gravitative Bindungsenergie der
Konfiguration ist demnach
Z
Z
1 M∗
1 ∞
4πr2 ̺Φ0 (r) dr .
(4.28)
Ω0 = −
Φ0 dMr = −
2 0
2 0
Der Faktor 1/2 ist erforderlich, um eine doppelte Zählung der Massenelemente
zu vermeiden (als Beitrag zu Φ und als Element dMr ). Mit dem Ergebnis (4.27)
ergibt sich durch partielle Integration
Z M∗
Z
Z M∗
Z M∗
d Mr M∗ dM
GMr
dMr + G
dMr
Φ0 dMr =
r
d Mr Mr r
0
0
0
M∗ Z
Z M∗
Z M∗
M∗
GMr
dM GMr
=
dMr + Mr G
dMr
+
r
r
r
0
Mr
0
0
Z M∗
GMr
=2
dMr
r
0
und damit
Ω0 = −
4.2
Z
0
M∗
GMr
dMr .
r
(4.29)
Virialsatz
Das ist ein ziemlich allgemeiner Satz über das Verhalten einer abgeschlossenen,
selbstgravitierenden Materiekonfiguration. Es wird vorausgesetzt, daß die Materie keinen Drehimpuls besitzt und keine Magnetfelder anwesend sind, aber daß
Strömungen innerhalb der Konfiguration existieren.
4.2.1
Beweis des Satzes
Wir betrachten ein mit der Materie mitbewegtes Volumenelement, in dem sich
die Masse dm befidet. Diese bewegt sich mit der Geschwindigkeit v und nach
Gl. (4.3) gilt für die dynamische Entwicklung
dv
dm
=−
∇p + ∇Φ dm .
dt
̺
Für dm/̺ führen wir das entsprechende spezifische Volumenelement dV ein. In
kartesischen Komponenten lautet die Gleichung
∂p
∂Φ
d2 xi
dm = −
dV +
dm
d t2
∂ xi
∂ xi
(i = 1, 2, 3) .
4.2. Virialsatz
27
Multipliziere die Gleichungen mit xi und addiere sie. Dann hat man
X
d2 xi
dm = −x · ∇p dV + x · ∇Φ dm .
d t2
xi
i
Weiterhin gilt
X
i
und damit
1 d2 x2i
d2 xi
=
−
xi
d t2
2 d t2
d xi
dt
2
.
1 d2 x2
dm = v 2 dm − x · ∇p dV + x · ∇Φ dm .
2 d t2
Integration über die gesamte Masse liefert
1
2
Z
0
M∗
d2 x2
dm =
d t2
Z
M∗
0
Z
v 2 dm −
V
x · ∇p dV +
Z
M∗
0
x · ∇Φ dm .
(4.30)
Für den Ausdruck auf der linken Seite gilt
Z
M∗
0
d2 x2
d2
dm
=
d t2
d t2
Z
M∗
x2 dm
0
weil wir die Massenelemente festhalten und diesen folgen. Das Integral
I=
Z
M∗
x2 dm
(4.31)
0
ist das Trägheitsmoment der Massenverteilung. Der erste Term auf der rechten
Seite der Gleichung (4.30) ist das doppelte der kinetischen Energie
T =
1
2
Z
M∗
v 2 dm
(4.32)
0
des Strömungsfeldes.
Im zweiten Term auf der rechten Seite von Gl. (4.30) verwenden wir die
Beziehung
∇(px) = x∇p + p∇ · x .
Für den Ortsvektor x gilt ∇ · x = 3. Dann gilt
Z
Z
Z
pdV .
∇(px) dV + 3
x · ∇p dV =
(4.33)
V
V
V
Das Integral über ∇(px) wandeln wir mit dem Gaußschen Integralsatz in ein
Oberflächenintegral um
Z
Z
∇(px) dV = − p x · n df .
V
S
28
Kapitel 4. Selbstgravitierende Gaskugeln
Es wird angenommen, daß wir ein isoliertes Objekt betrachten. Dann muß an
seiner Oberfläche der Druck verschwinden, d.h., der Oberflächenterm ist gleich
null. Das ist eine physikalische Annahme, die nicht immer erfüllt sein muß, aber
Fälle, in denen das nicht gilt, betrachten wir nicht.
Gleichung (4.30) lautet mit den bisherigen Ergebnissen
d2 I
= 2T − 3
d t2
Z
pdV +
V
Z
0
M∗
x · ∇Φ dm .
(4.34)
Zur weiteren Umformung des letzten Terms verwenden wir die allgemeine Lösung
Gl. (4.10) der Poissongleichung. Danach ist
Z
0
M∗
Z
Z X
̺(x′ ) 3 ′
∂
d x ̺(x) d3 x
x · ∇Φ dm = G
′
v |x − x |
V i ∂ xi
Z Z
̺(x)̺(x′ )
xi (xi − x′i ) .
= −G
d3 x d3 x′
′ |3
|x
−
x
V V
Vertauscht man hierin die Bezeichnung der Integrationsvariablen, dann ergibt
sich
Z M∗
Z Z
̺(x)̺(x′ ) ′ ′
x · ∇Φ dm = −G
d3 x d3 x′
xi (xi − xi ) .
|x − x′ |3
0
V V
Wenn das arithmetische Mittel beide Ausdrücke genommen wird, dann folgt
Z
0
M∗
1
x · ∇Φ dm = − G
2
1
=− G
2
Z Z
V
V
Z Z
V
V
d3 x d3 x′
̺(x)̺(x′ )
(xi − x′i )(xi − x′i )
|x − x′ |3
Z
1
̺(x)̺(x′ )
̺(x)Φ(x) d3 x .
=
−
d3 x d3 x′
|x − x′ |
2 V
Das ist gerade die gravitative Bindungsenergie
Z
1
̺(x)Φ(x) d3 x .
Ω=−
2 V
(4.35)
der Massenverteilung.
Die endgültige Form der Gleichung (4.30) lautet nun
d2 I
= 2T + 3
d t2
Z
pdV + Ω .
(4.36)
V
Das ist der sogenannte Virialsatz. Er ist ganz allgemein gültig und setzt nichts
spezielles über die Eigenschaften der Materie oder die Vorgänge in der Konfiguration voraus, außer daß man eine isolierte, abgeschlossene Gasmasse hat. Es
gibt unzählige Varianten und Verallgemeinerungen dieser Beziehung, aber für
unsere Zwecke ist nur diese Form des Virialsatzes von Interesse.
4.2. Virialsatz
4.2.2
29
Stationäres Gleichgewicht
Im Fall des stationären Gleichgewichts ist I¨ = 0 und T = 0. Die Massenverteilung ist sphärisch symmetrisch und der Virialsatz besagt
Z M∗
p0
dm .
(4.37)
−Ω0 = 3
̺
0
0
Nach 4.1.2 können wir auf der rechten Seite
Z M∗
Z M∗
p0
dMr =
(γ − 1)e0 dMr
̺0
0
0
schreiben, wobei e die innere thermische Energie der Materie pro Masseneinheit
ist. Das Integral hiervon über die ganze Masse
Z
U = e dm
(4.38)
ist der gesamte thermische Energieinhalt der Konfiguration. Zur Vereinfachung
sei γ als konstant angenommen. Dann folgt
−Ω0 = 3(γ − 1)U0 .
(4.39)
Unabhängig von den Details des inneren Aufbaus der Gaskugel stehen die gesamte potentielle Energie und der gesamte thermische Energieinhalt in einem
festen Verhältnis zueinander.
Die Gesamtenergie der Gaskugel (ohne Ruheenergie der Materie) ist
E0 = Ω0 + U0 = (4 − 3γ)Ω0 .
(4.40)
Nach Gl. (4.29) ist
GM∗2
,
R
wobei R der Radius der Gaskugel ist (dessen genaue Definition ist nicht trivial,
hierzu an anderer Stelle mehr), und
Z M∗
R
Mr dMr
q= 2
(4.41)
M∗ 0
r
Ω0 = −q
ist eine dimensionslose Größe, welche die Massenkonzentration zum Zentrum
beschreibt. Sie ist von der Größe O(1) (≈ 2/3 für normale Sterne).
4.2.2.1
Helmholtz-Kelvin Zeitskala
Sterne strahlen beständig Energie ab. Dadurch verringert sich notwendig ihr
gesamter Energieinhalt E, wenn der Verlust nicht auf irgendeine Weise ersetzt
wird. Heute wissen wir, daß dieser Verlust über weite Phasen der Existenz eines
Sterns durch nukleare Energiequellen ersetzt wird. Falls keine solche Energiequellen zur Verfügung stehen, dann muß eine Abnahme von E zu einer Abnahme
30
Kapitel 4. Selbstgravitierende Gaskugeln
von Ω führen. Dazu muß die Gaskugel schrumpfen. Dabei wird gemäß der Beziehung (4.39) der Teil 3/(γ − 1) der Änderung der Gravitationsenergie in innere
Wärmeenergie umgewandelt, der Rest steht zur Abstrahlung zur Verfügung.
Die charakteristische Zeitskala für die Änderung der Eigenschaften der Gaskugel durch Freisetzung von Gravitationsenergie kann wie folgt abgeschätzt werden: Die Leuchtkraft L eines Sterns (einer Gaskugel) ist dessen Energieabstrahlung pro Zeiteinheit. Wenn der Stern immer mit konstanter Leuchtkraft strahlen
würde, dann wäre
L=−
GM 2 d R
E dR
dE
= (3γ − 4)q 2
=−
.
dt
R
dt
R dt
oder
1 dE
1 dR
=
R dt
E dt
Wir definieren
tHK
−1
dE
E
=E −
= .
dt
L
(4.42)
Diese charakteristische Zeitskala wird als Helmholtz-Kelvin Zeit bezeichnet. Sie
ist die charakteristische Zeit, in der sich der Energieinhalt des Sterns durch
Abstrahlung wesentlich ändert. Wenn keine anderen Energiequellen vorhanden
sind, dann ändert sich gleichzeitig der Radius wie folgt
R
dR
=−
.
dt
tHK
(4.43)
Nach Definition ist
tHK =
E
GM 2
= (3γ − 4) q
.
L
RL
(4.44)
Einsetzen von solaren Werten M , L, R ergibt, wenn de Vorfaktor gleich eins
gesetzt wird
M2
a,
(4.45)
tHK = 4.8 × 107
LR
wobei M , L und R jetzt in Einheiten von Sonnenmasse, Sonnenleuchtkraft und
Sonnenradius einzusetzen sind. Diese Zeitskala ist auf jeden Fall um sehr viele
Größenordnungen größer als beobachte Pulsationsperioden von Sternen. Eventuelle Änderungen der Konfiguration der Gaskugel durch die Energieabstrahlung der Sterne können bei der Untersuchung des Pulsationsphänomens vernachlässigt werden.
4.3
Kleine Schwingungen einer Gaskugel
Eine der vielen Anwendungen des Virialsatzes ist die Berechnung der Schwingungsfrequenz einer Gaskugel bei kleinen Schwingungen. Die im Folgenden diskutierte Variante einer solchen Berechnung stammt von P. Ledoux (1945).
4.3. Kleine Schwingungen einer Gaskugel
4.3.1
31
Kleine adiabatische Schwingungen
Wir betrachten radiale Schwingungen einer Gaskugel um einen Gleichgewichtszustand herum. Der Gleichgewichtszustand soll dem hydrostatischen Gleichgewicht entsprechen, wie wir es schon diskutiert haben. Das ist der einfachste
mögliche Fall, den man untersuchen kann, aber er ist gerade derjenige, der für
die meisten pulsierenden Sterne relevant ist. Vor allem die auffälligsten Typen
pulsierender Sterne (z.B. δ Cep, Mira) scheinen alle radial zu pulsieren. Nichtradiale Pulsationen werden auch beobachtet, aber solche Sterne zählen nicht zu
den häufigen Typen.
Wir denken uns die Gaskugel in sehr dünne Massenschalen mit einer Masse dm zerlegt. Jedem dieser Massenelemente entspricht im Gleichgewicht ein
bestimmter Abstand r0 der Massenschale vom Zentrum. Bei radialer Pulsation werden die Massenelemente jeweils in radialer Richtung verschoben. Ein
bestimmter Zustand der gestörten Gaskugel entspricht einer gewissen radialen
Verschiebung der dünnen Massenschalen um einen gewissen Betrag δr. Durch
die Verschiebung der Massenschalen ändern sich das Trägheitsmoment, die gravitative Energie und andere Größen der Gaskugel. Die Veränderungen gegenüber
dem Gleichgewichtszustand werden jetzt berechnet. Dabei werden nur Größen
berücksichtigt, die linear in den kleinen Störungen δr sind. Die Variablen des
ungestörten Gleichgewichtszustand werden wieder mit einem Index 0“ gekenn”
zeichnet. Im einzelnen gilt:
1. Trägheitstensor: Dieser ist definiert als
Z M∗
I=
r2 dm .
0
Die Veränderungen von I rühren von den Veränderungen von r2 her. Hierfür
gilt δr2 = 2rδr. Wegen r = r0 + δr und weil nur Terme erster Ordnung in δr
berücksichtigt werden, gilt in der linearen Näherung δr2 = 2r0 δr und dann
Z M∗
Z M∗
Z Mr
δr 2
δr
r0 δr dm =
δI ≈ 2
r0 dm = 2
dI0 .
r0
r0
0
0
0
2. Kinetische Energie: Die einzigen Bewegungen der Materie seien die radialen Verschiebungen bei der Pulsation. Die Geschwindigkeiten sind dann Größen
von der gleichen Ordnung wie die Störung δr und die kinetische Energie ist,
weil proportional zum Geschwindigkeitsquadrat, von der Ordnung (δr)2 . Im
Rahmen der linearen Näherung werden solche Terme vernachlässigt und wir
haben in diesem Sinne
δT = 0 .
3. Gravitative Energie: Nach Gl. (4.29) gilt
Z M∗
Z M∗
Mr δr dMr
δr
=
dΩ0 .
δΩ = G
2
r
r0
0
0
4. Thermische Energie: Der entsprechende Term ist
Z M∗ p
dm .
δ
δU = 3
̺
0
32
Kapitel 4. Selbstgravitierende Gaskugeln
Zur weiteren Auswertung dieses Ausdrucks ist es erforderlich, das Verhalten des
Gases bei Zustandsänderungen zu kennen. Es wird hier der einfachste mögliche
Fall betrachtet, daß die Änderungen des Gaszustands (p, T ) während der Pulsation so schnell erfolgen, daß dabei kein nennenswerter Energieaustausch mit benachbarten Massenelementen erfolgt. Bei solchen adiabatischen Zustandsänderungen gilt
p = K̺γ
(4.46)
und dann
p0
p0 δ̺
p0
p
δ̺ = (γ − 1)
.
= γ 2 δ̺ −
δ
̺
̺0
̺0
̺0 ̺0
Die Kontinuitätsgleichung (4.1) kann in folgender Form geschrieben werden
d̺
= −̺∇v ,
dt
(4.47)
wobei links die Änderung der Dichte längs einer Stromlinie steht. In unserem
Fall ist v = ∂r/∂t und deswegen
δ̺ = −̺0 ∇vδt = −̺∇δr .
(4.48)
Bei rein radialer Schwingung gilt
δr = r
δr
,
r0
wobei r der Ortsvektor des betrachten Punktes ist. Es folgt
∇δr =
δr
δr
δr
∂ δr
∇r + r∇ = 3 + r0
.
r0
r0
r0
∂ r r0
und dann
δr
p0
δr
1
∂
p
3 + r0
.
= − (γ − 1)
δ
̺
̺0
̺0
r0
∂ r0 r0
(4.49)
Wir setzen zur Abkürzung für die relative Verschiebung der Materieelemente
während der Schwingungen
δr
ζ=
(4.50)
r0
und haben dann
δU = −9
Z
0
M∗
(γ − 1)
p0
ζ dm − 3
̺0
Z
0
M∗
(γ − 1)
dζ
p0
r0
dm .
̺0 d r0
(4.51)
Im zweiten Term kann die Integration über die gesamte Masse als Integration
4.3. Kleine Schwingungen einer Gaskugel
33
über den Radius ausgeführt werden. Dann folgt mit einer partiellen Integration
Z R
R
dζ
4π
(γ − 1)p0 r03
dr0 = 4π(γ − 1)p0 r03 ζ 0
d r0
0
Z R
dγ
dr0
− 4π
p0 ζr03
d
r0
0
Z R
d p0 3
ζr dr0
(γ − 1)
− 4π
d r0 0
0
Z R
(γ − 1)p0 ζr02 dr0 .
− 12π
0
Der erste Term auf der rechten Seite verschwindet (p0 = 0 bei r0 = R). Der
vierte Term hebt sich gegen den ersten Term auf der rechten Seite von Gl. (4.51)
weg. Den dritten Term formen wir mit der Gleichung (4.21) für das hydrostatische Gleichgewicht und mit der Definition der gravitativen Bindungsenergie,
Gl. (4.29), wie folgt um
4π
d p0 3
GMr d Mr
d Ω0
GMr
r = −4πr03 2 ̺0 = −
=
.
d r0 0
r
r0 d r0
d r0
Im Endergebnis erhalten wir für die Änderung des thermischen Energieinhaltes
Z M∗ Z M∗
p0
dγ
δU = 3
ζ
dM + 3
r0
ζ(γ − 1)dΩ0 .
(4.52)
̺0
d r0
0
0
Nach dem Virialsatz müssen die Änderungen folgende Beziehung erfüllen
Z M∗
Z M∗ dγ
p0
d2
r0
δI =
dM .
(4.53)
(3γ − 4)ζ dΩ0 + 3
ζ
2
dt
̺0
d r0
0
0
Wir nehmen jetzt an, daß wir es mit periodischen Schwingungen zu tun haben.
Dann können wir eine Fourierzerlegung der Zeitabhängigkeit vornehmen. Für
die einzelnen Komponenten haben wir
ζ = ξ(r0 , σ) eiσt
(4.54)
mit der noch unbekannten reziproken Periode σ und einer Amplitudenfunktion
ξ. Einsetzen in den Virialsatz ergibt folgende Gleichung für σ:
σ2 = −
Z
0
M∗
Z M∗ p0
dγ
(3γ − 4)ξ dΩ0 + 3
ξ
r0
dM
̺0
d r0
0
.
Z M∗
ξ dI0
(4.55)
0
Dies ist der allgemeine Ausdruck, den Ledoux (1945) für die Schwingungsperioden einer selbstgravitierenden Gaskugel erhalten hat. Er hängt vermöge ξ von
der speziellen Amplitudenverteilung der Schwingung im Stern ab, über die wir
auf diesem Wege noch nichts konkretes aussagen können.
34
4.3.2
Kapitel 4. Selbstgravitierende Gaskugeln
Theorem von Ritter
Um konkrete Ergebnisse zu erhalten, wird jetzt angenommen, daß γ konstant
ist. Das trifft bei Sterne für den größten Teil der darin enthaltenen Masse zu,
nur nicht in den Ionisationszonen von H und He. Dann vereinfacht sich der
Ausdruck (4.55) zu
Z M∗
ξ dΩ0
2
0
.
(4.56)
σ = −(3γ − 4) Z M∗
ξ dI0
0
Die rechte Seite ist eine reelle Größe. Damit ist σ entweder reell bei positiver
rechter Seite oder rein imaginär bei negativer rechter Seite. Mit Schwingungen
des Sterns hat man es nur dann zu tun hat, wenn σ reell ist. Wenn σ rein imaginär ist, dann enthalten die Störungen eine mit der Zeit exponentiell anwachsende Komponente und die Gaskugel ist als ganzes instabil. Da die gravitative
Bindungsenergie negativ ist, muß
3γ − 4 > 0
(4.57)
sein, damit die Gaskugel stabil pulsieren kann. Diese Bedingung ist bei Sternen
erfüllt (z.B. γ = 35 für das ideale, einatomige Gas).
Von A. Ritter wurde bereits 1879 auf etwas anderem Wege der besonders einfache Fall untersucht, daß die Amplitude ξ der relativen Verschiebung konstant
ist. Dann vereinfacht sich Gl. (4.56) zu
σ 2 = (3γ − 4)
|Ω0 |
.
I0
(4.58)
Für Normierungszwecke betrachten wir zunächst den Fall einer homogenen
Massenverteilung, bei der ̺ den konstanten Wert
̺¯ =
4π M∗
3 R3
(4.59)
hat. Das Trägheitsmoment der homogenen Gaskugel ist
Ih =
Z
0
R
r2 ̺¯4πr2 dr =
4π 5
3
̺¯R = M R2 .
5
5
(4.60)
Die gravitative Bindungsenergie der homogenen Gaskugel ist
Ωh = −G
Z
0
R
16π 2 2 5
3 GM 2
Mr 4π ̺¯r2
dr = −G
̺¯ R = −
.
r
15
5 R
Damit ist für die homogene Gaskugel
Ωh 4π
=
G¯
̺.
Ih 3
(4.61)
(4.62)
4.3. Kleine Schwingungen einer Gaskugel
35
Dies verwenden wir um Gl. (4.58) in folgender Form zu schreiben
σ2 =
4πG
(3γ − 4)¯
̺S
3
(4.63)
Ω0 Ih
.
I0 Ωh
(4.64)
mit einem Strukturfaktor
S=
Diese Größe hängt von der internen Massenverteilung in der Gaskugel ab, aber
nicht direkt von M und R. Für ähnlich aufgebaute Sterne sollte dieser Strukturfaktor nahezu konstant sein. Wenn wir noch durch
σ=
2π
P
(4.65)
die Schwingungsperiode P einführen, dann sehen wir, daß für pulsierende Sterne
die Beziehung
1
P ̺¯ 2 = const
(4.66)
zwischen Pulsationsperiode und mittlerer Dichte besteht. Diese fundamental
wichtige Relation wurde zuerst von Ritter (1879) gefunden. Sie ist inzwischen für
verschiedene Typen pulsierender Sterne empirisch geprüft und ihre Gültigkeit
in den meisten Fällen glänzend bestätigt worden.
Die Ableitung der Beziehung mittels des Virialsatzes zeigt, daß das Bestehen
einer solchen Perioden-Dichte-Relation an keine einschränkenden Voraussetzungen über den Aufbau der Sterne gebunden ist.
Wir kehren noch einmal zu Gl. (4.56) zurück und schreiben diese in der Form
σ2 =
4πG
(3γ − 4)¯
̺SF
3
mit einem Faktor
I0
F =
Z
M∗
ξ dΩ0
0
Ω0
(4.67)
Z
.
M∗
(4.68)
ξ dI0
0
Dieser Faktor hängt von dem Verlauf der Amplitudenfunktion ξ(r0 ) im Stern
ab. Es ist zu erwarten daß die Details des inneren Aufbaus des Sterns hier
weitgehend herausfallen. Diese sind im Strukturfaktor S enthalten. Der Modenfaktor F beschreibt die Abhängigkeit der Pulsationsperiode von der Form
der Verschiebungen der Massenelemente bei der Schwingung. Wie bei allen
Schwingungsvorgängen erwartet man auch hier eine ganze Schar unterschiedlicher Schwingungsformen (Moden), die jeweils unterschiedliche Modenfaktoren F
haben. Beispiele dafür werden weiter weiter unten angegeben. Insbesondere sollte für unterschiedliche Sterne jeweils gleicher Schwingungsform eine PeriodenDichte-Relation der Form (4.66) gelten, mit unterschiedlichen Konstanten für
unterschiedliche Schwingungsformen.
36
Kapitel 4. Selbstgravitierende Gaskugeln
Tabelle 4.1. Daten für einige Cepheiden (Cox 1979).
Stern
RT Aur
T Vul
δ Cep
U Sgr
η Aql
W Gem
ζ Gem
X Cyg
T Mon
Periode
Q
M∗
R∗
Teff
L∗
d
d
M⊙
R⊙
K
L⊙
3.728
4.436
5.366
6.745
7.177
7.920
10.145
16.387
27.020
0.0446
0.0413
0.0429
0.0464
0.0441
0.0462
0.0451
0.0471
0.0472
2.06
4.76
4.37
2.76
4.70
3.80
6.30
8.19
18.87
24.3
38.0
40.9
38.8
49.9
48.2
68.4
99.7
183.5
6187
6113
6113
5734
5612
5760
5594
5287
5099
766
1784
2067
1140
2185
2263
4054
6872
20141
In den Anwendungen schreibt man die Gleichung (4.66) oft in der Form
P =Q
r
̺⊙
[d]
̺¯
(4.69)
mit der Periodenlänge in Tagen und der Dichte normiert auf die mittlere Dichte
Sonne ̺⊙ . Die sogenannte Pulsationskonstante Q ist
Q=
3π
d2 G(3γ − 4)SF
12
,
wobei d die Länge des Tages in Sekunden ist. Numerisch gilt mit γ =
1
Q = 0.1158 (SF )− 2 .
(4.70)
5
3
(4.71)
Einige Daten für klassische Cepheiden sind in Tabelle 4.1 zusammengestellt
und der entsprechende Wert der Konstanten Q, der sich daraus ergibt. Die Vorhersage der Theorie pulsierender Gaskugeln, daß Q für gleichartig aufgebaute
Sterne, die in der gleichen Weise pulsieren, konstant ist, wird von den klassischen
Cepheiden sehr gut erfüllt.
4.3.3
Eddingtons Argument für nukleare Energiequellen
Eine bemerkenwerte frühe Anwendung der Peroden-Dichte-Beziehung war die
Analyse des Problems der Energieproduktion der Sterne durch Eddington (1919c).
Bis zu diesem Zeitpunkt wurde fast allgemein angenommen, daß die Energieabstrahlung der Sterne durch die Energiefreisetzung bei Kontraktion der Sterne
gespeist wird. Entsprechend dem Virialsatz wird bei Kontraktion die Hälfte der
Abnahme der Gravitationsenergie Ω in innere Wärme des Gases umgewandelt,
4.3. Kleine Schwingungen einer Gaskugel
37
0.03
Phasenverschiebung
0.02
0.01
0
-0.01
-0.02
-0.03
-0.04
1800
1850
1900
Jahr
Abbildung 4.1: Phasenänderung der Pulsationen von δ Cep im Zeitraum von
1785 bis 1911 nach einer Zusammenstellung von Daten (Eddington 1919b), die
A. Eddington durch E. Hertzsprung zur Verfügung gestellt wurden. Aufgetragen
ist die Verschiebung der Phase, berechnet nach einer Referenzperiode, gegenüber
der beobachteten Phase.
§
die andere Hälfte wird abgestrahlt (siehe 4.2.2.1). Die charakteristische Zeitskala für eine Änderung der Eigenschaften des Sterns ist dann die HelmholtzKelvin-Zeitskala. Diese ist nach (4.45) von der Größenordnung 30 Millionen
Jahre für sonnenähnliche Sterne.
Da die Kontraktion des Sterns zu einer Erhöhung der mittleren Dichte des
Sterns führt, muß sich bei enem pulsierenden Stern auf Zeitskalen von dieser
Größenordnung seine Schwingungsperiode ändern. Es folgt nämlich aus P =
1
Q/̺¯2 bei konstantem Q
dP
P d ̺¯
=−
(4.72)
dt
2̺¯ d t
und bei konstatet Masse
Damit haben wir
d ̺¯
3̺¯ d R
=−
.
dt
R dt
(4.73)
3 1
1 dP
.
=
P dt
2 tHK
(4.74)
Mit den Daten für δ Cep ergibt sich
sec
dP
= 1.46 × 10−2
.
dt
a
(4.75)
Da für Veränderliche mit relativ kurzen Perioden die Länge der Periode mit
recht hoher Genauigkeit festgestellt werden kann sollten sich beobachtbare Effekte ergeben. Eddington verwendete δ Cep als Testfall für diese Überlegung,
weil zu dem damaligen Zeitpunkt bereits Periodenbestimmungen über einen
38
Kapitel 4. Selbstgravitierende Gaskugeln
Zeitraum von über 120 Jahren vorlagen. Bei einer Periode von 5.366d hat δ Cep
in diesem Zeitraum fast 8 200 Schwinggszyklen durchlaufen und selbst geringe
Periodenänderungen sind dann bereits feststellbar. Abbildung 4.1 zeigt eine Zusammenstellung der Daten für die im Zeitraum von 1785 bis 1911 gemessenen
Veränderungen der Periodenlänge gegenüber einer Referenzperiode (Eddington
1919b). In den Arbeiten von Eddington (1919a,b) weist er darauf hin, daß die
beobachtete Periodenänderung von 0.106s pro Jahr deutlich größer ist als das,
was nach der Perioden-Dichte-Beziehung zu erwarten wäre, wenn die Energiequelle des Sterns nur freigesetzte Gravitationsenergie bei Kontraktion wäre.
Er zieht daraus den Schluß (Eddington 1919c), daß bereits eine teilweise
Umwandlung der Ruheenergie des Sterns E = c2 M∗ in Wärmeenergie genügend
Energie zur Verfügung stellen kann, um die Energieverluste des Sterns durch
Abstrahlung zu decken und eine Kontraktion des Sterns auf Grund der Abstrahlung zu verhindern. Er macht folgende Rechnung auf: Das gesamte Energieäquivalend der Sonne ist M⊙ c2 . Wenn diese Energie komplett mit der heutigen Leuchtkraft der Sonne abgestrahlt würde, würde diese Energiequelle für
t = M⊙ c2 /L⊙ = 1.49 × 1013 Jahre ausreichen. Selbst bei geringer Effizienz des
dieser Energie tatsächlich aktivierbar
Prozesses, wenn beispielsweise nur 1
wären, dann würde das immer noch für 13 Ga reichen, ein für damalige Zeiten unverstellbar langer Zeitraum, und auf jeden Fall enorm viel länger als die
Helmholtz-Kelvin Zeitskala.
‡
Zu dieser Zeit wurden die ersten genauen Bestimmungen von Isotopenmassen
einiger Elemente publiziert. In einer späteren Arbeit (Eddington 1920) präzisiert er seine Idee über die Ernergiequellen der Sterne durch den Vorschlag,
daß der Massendefekt bei der Umwandlung von vier Wasserstoffkernen in einen
Heliumkern als Energiequelle dienen könnte. Über den genauen Mechanismus,
nach dem eine Raktion
4H −→ He
ablaufen könnte, konnte zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nichts ausgesagt
werden, da die Physik der Atomkerne noch völlig unbekannt war. Aber die
Notwendigkeit der Existenz einer anderen Energiequelle als nur der Freisetzung
von Gravitationsenergie und der Umwandlung von Ruheenergie von Materie in
Wärmeenergie als wahrscheinlichste Quelle dieser Energie ergab sich zweifelsfrei
aus der viel zu langsamen Änderung der Pulsationperiode von δ Cep.
4.4
Polytrope Gaskugeln
Polytrope Gaskugeln sind einfache Modelle für den Aufbau der Sterne, an denen
sich in einfacher Weise wichtige Grundeigenschaften der Sterne studieren lassen.
Sie sind deswegen nach wie vor ein nützliches Hilfsmittel für die Diskussion des
Aufbaus, der Entwicklung und auch der Pulsation der Sterne.
4.4. Polytrope Gaskugeln
4.4.1
39
Emdensche Differentialgleichung
Polytrope Gaskugeln sind definiert als selbstgravitierende Gaskugeln im hydrostatischen Gleichgewicht, für die Druck und Dichte über eine Zustandsgleichung
der Form
1
(4.76)
p = K ̺1+ n
zusammenhängen. K ist eine Konstante. n heißt der Polytropenindex Ein wichtiger Fall ist die adiabatische Zustandsgleichung
p = K̺γ ,
für die
n=
1
γ−1
(4.77)
gilt. Für das ideale Gas mit γ = 35 ist n = 23 .
Die Aufbaugleichungen für einen Stern mit sphärisch symmetrischem Aufbau
und im hydrostatischen Gleichgewicht sind
dp
GMr
=− 2 ̺
dr
r
(4.78)
und
d Mr
= 4πr2 ̺ .
dr
Gleichung (4.78) schreibt man in der Form
(4.79)
r2 d p
= −GMr ,
̺ dr
differenziert nach r, und verwendet Gl. (4.79). Es folgt
1 d r2 d p
= −4πG̺ .
r2 d r ̺ d r
(4.80)
Es wird jetzt vorausgesetzt, daß die Lösung der Differentialgleichung im
Zentrum keine Singularität hat. Für reale Sterne ist das zwar eigentlich eine
Selbstverständlichkeit, es gibt aber Sterne, die im Zentrum ein kompaktes Objekt enthalten, etwa einen Weißen Zwerg oder einen Neutronenstern. Für diesen
Typ von Objekten kann es zweckmäßig sein, deren innersten Teil durch eine
Punktmasse zu approximieren. Dann muß man aber zulassen, daß die Lösung
der Differentialgleichung (4.80) bei r = 0 singulär wird. Dieser Fall wird hier
ausgeschlossen. Man führt durch
r = αξ ,
̺ = ̺c Θ n
(4.81)
neue unabhängige Variable ξ und Θ ein. ̺c ist die Dichte im Zentrum und man
hat dort nach Definition
Θ=1
bei r = 0 .
(4.82)
40
Kapitel 4. Selbstgravitierende Gaskugeln
Tabelle 4.2. Die bekannten analytischen Lösungen der Emdenschen Differentialgleichung.
Polytropenindex
Lösung
2
n=0
:
n=1
:
n=5
:
Θ0 = 1 − ξ6
sin ξ
Θ1 =
ξ
−1/2
2
Θ5 = 1 − ξ3
,
erste Nullstelle
√
ξ1 = 6
,
ξ1 = π
,
ξ1 = ∞
Am Rand der Gaskugel muß die Dichte gegen null gehen. Der Rand wird
deswegen als die kleinste Nullstelle von Θ(ξ) für ξ > 0 definiert. Nicht alle
Lösungen der Differentialgleichung (4.80) haben aber einen in diesem Sinn definierten Rand bei einem endlichen ξ. Man kann beweisen, daß solche Lösungen
nur für n < 5 existieren (siehe Chandrasekhar 1939).
Für die polytrope Zustandsgleichung gilt in den neuen Variablen
n+1
p = K̺c n Θn .
(4.83)
Einsetzen in Gl. (4.80) ergibt
n−1
n
1 d 2 dΘ
2 4πG̺c
ξ
=
−α
Θn .
ξ2 d ξ
dξ
(n + 1)K
(4.84)
Es ist zweckmäßig, den Skalenfaktor α so zu wählen, daß der konstante Faktor
auf der rechten Seite gleich eins wird
α=
(n + 1)K 1−n
̺c n
4πG
21
.
(4.85)
Die Differentialgleichung für Θ ist dann
1 d 2 dΘ
ξ
= −Θn .
ξ2 d ξ
dξ
(4.86)
Sie wird als die Emdensche Differentialgleichung bezeichnet.
Als Differentialgleichung zweiter Ordnung benötigt sie die Vorgabe zweier
Anfangs- oder Randbedingungen zur eindeutigen Festlegung einer Lösung. Eine der Bedingungen ist Gl. (4.82). Wenn Gl. (4.86) ausdifferenziert und mit ξ
multipliziert wird, dann hat sie die Form
ξ
dΘ
d2 Θ
+2
+ ξΘn = 0 .
d ξ2
dξ
4.4. Polytrope Gaskugeln
41
Läßt man hierin ξ → 0 gehen, dann geht ξΘn gegen null, wenn die Randbedingung (4.82) vorgeschrieben wird. Also
ξ
dΘ
d2 Θ
+2
= 0.
d ξ2
dξ
(4.87)
Wenn für ξ → 0 für die Ableitung dΘ/dξ 6= 0 wäre, dann müsste die Lösung
für ξ → 0 asymptotisch gegen Θ = c/ξ gehen, was mit der Randbedingung
(4.82) unverträglich ist. Also muß zusammen mit der Bedingung (4.82) auch die
Bedingung
dΘ
=0
bei ξ = 0
(4.88)
dξ
erfüllt sein. Dies ist die zweite Randbedingung für Θ.
Es ist also festzustellen, daß für die Wahl der zweiten Randbedingung keine
Freiheit besteht. Die Lösungen der Emdenschen Differentialgleichung, die im
Zentrum nicht singulär sind, hängen nur von einem einzigen freien Parameter
ab, der Dichte ̺c , und nicht von zwei freien Parametern, wie bei einer linearen
Differentialgleichung zweiter Ordnung. Die Lösungen der Differentialgleichung
(4.86) heißen die Lane-Emden-Funktionen zum Index n.
4.4.1.1
Zusammenhang mit Gravitationspotential
Im Fall des hydrostatischen Gleichgewichtes und bei polytroper Zustandsgleichung gilt
dp
dΦ
dp
d̺
=̺
,
= γK̺γ−1
.
dr
dr
dr
dr
Es folgt
dΦ
= γK̺γ−2
(4.89)
d̺
und Integration liefert
γ
K̺γ−1 + const .
Φ=
γ−1
Der Energienullpunkt wird beim Gravitationsapotential meistens so gewählt,
daß φ = 0 für r → ∞. Im Prinzip ist die Wahl aber willkürlich und wir ziehen
hier die Normierung Φ = 0 an der Sternoberfläche r = R vor. Zur deutlicheren
Unterscheidung bezeichnen wir dieses um-normierte Potential mit Φ̃. Für dieses
gilt also
GM
Φ̃(R) = 0 , Φ(r) = Φ̃(r) −
(4.90)
R
und wir haben bei polytroper Zustandsgleichung und hydrostatischem Gleichgewicht
!n
Φ̃
(4.91)
̺=
(n + 1)K
p=
̺Φ̃
.
n+1
(4.92)
42
Kapitel 4. Selbstgravitierende Gaskugeln
1.0
0.8
Θ
0.6
0.4
0.2
0
1.5
3
4
0.0
0
5
10
15
ξ
Abb. 4.2. Lane-Emden Funktionen für verschiedene Indices n.
4.4.2
Lösungen der Emdenschen Differentialgleichung
Nur für drei Werte des Index n sind exakte analytische Lösungen bekannt. Diese
sind in Tabelle 4.2 angegeben. ξ1 ist die kleinste positive Nullstelle von Θ(ξ).
Der Fall n = 0 enspricht einer homogenen Kugel, weil dann ̺ = const. Der
Fall n = 5 hat keine Bedeutung, weil der Stern keinen endlichen Radius hat,
wohl aber endliche Masse. Die Fälle n > 5 haben ebenfalls keine Bedeutung für
Sterne, weil die Lösungen keine endliche Nullstelle haben.
Für andere Fälle n < 5 muß die Emdensche Differentialgleichung numerisch gelöst werden. Dafür kann jedes beliebige numerische Verfahren verwendet
werden, da die Differentialgleichung nichts enthält, was bei einer numerischen
Lösung Probleme bereiten könnte (singuläre Stellen o.ä.). Man kann die Emdensche Differentialgleichung als ein System zweier Differentialgleichungen erster
Ordnung schreiben


0
y1′ = y2

 2
ξ
für ξ = 0
,
sonst
y2′ = −ξ 2 |y1 |n ,
(4.93)
mit y1 = Θ, und mit der Anfangsbedingung y1 = 1, y2 = 0 bei ξ = 0 lösen Den
Verlauf der Lösungen für einige Werte des Polytropenindex n zeigt die Abb. 4.2.
Sie wurden mit dem Runge-Kutta Verfahren berechnet.
Die Anwendung polytroper Modelle auf reale Sterne setzt voraus, daß ein
Stern durch einen einheitlichen Polytropenindex dargestellt wird. Das ist wegen
der unterschiedlich aufgebauten Zonen in Sternen nicht unbedingt zu erwarten.
Trotzdem lassen sich normale Sterne durch eine polytrope Gaskugel mit Index
n = 3 oder etwas größer einigermaßen gut beschreiben.
4.4. Polytrope Gaskugeln
43
Tabelle 4.3. Einige Zahlenwerte für die Lösungen der Emdenschen Differentialgleichung für verschidene Polytropenindices n. Die Pulsationskonstante Q ist ohne den
Faktor F angegeben.
−ξ 2
n
ξ1
0
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
4.5
5
2.4494
3.1416
3.6538
4.3529
5.3553
6.8969
9.5358
14.972
31.837
∞
4.4.3
dΘ
dξ ξ1
4.8988
3.1415
2.7141
2.4111
2.1872
2.0182
1.8906
1.7972
1.7378
1.7321
̺c /̺¯
I0 /Ih
Ω0 /Ωh
S
Q
1.0000
3.2899
5.9907
11.4025
23.4066
54.1757
152.884
622.408
6189.47
∞
1.0000
0.65345
0.51150
0.38712
0.27951
0.188411
0.113877
0.056435
0.017239
1.00000
1.25000
1.42857
1.66667
2.00000
2.50000
3.33333
5.00000
10.0000
1.00000
1.91291
2.79287
4.30525
7.15528
13.2699
29.2714
88.5967
580.070
0.116
0.0837
0.0693
0.0558
0.0433
0.0318
0.0214
0.0123
0.0048
Massenverteilung in polytropen Gaskugeln
Die Massenverteilung im Stern ergibt sich wie folgt: Es gilt
Z r
Z ξ
Mr (ξ) = 4π
r2 ̺(r) dr = 4πα3 ̺c
x2 Θn (x) dx .
0
0
Für Θn setzt man die Emdensche Differentialgleichung ein
Mr (ξ) = −4πα3 ̺c
Es folgt
Z
0
ξ
ξ
d Θ d 2 dθ
x
dx = −4πα3 ̺c x2
dx
dx
d x 0
Mr (ξ) = −4πα3 ̺c ξ 2
dΘ
.
dξ
(4.94)
Für die gesamte Sternmasse M∗ folgt speziell
M∗ = 4πα3 ̺c ωn = 4π
(n + 1)K
4πG
wobei ωn als
ωn = −ξ12
d Θ d ξ ξ1
23
3−n
̺c 2n ωn ,
(4.95)
(4.96)
definiert ist. ωn muß aus der Lane-Emden Funktion berechnet werden. Für eige
Werte des Polytropenindex n sind die Massenverteilungen Mr /M∗ in Abb. 4.3
gezeigt. Bei polytropen Gaskugeln ist die Masse bei Zunehmendem Index n
immer stärker zum Zentrum konzentriert.
44
Kapitel 4. Selbstgravitierende Gaskugeln
1.0
Mr / M*
0.8
0.6
4
3
1.5
0
0.4
0.2
0.0
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
r/R
Abb. 4.3. Massenverteilung innerhalb einer Polytrope für verschiedene Indices n.
Für den Zusammenhang zwischen mittlerer Massendichte, ρ̄, und Massendichte im Zentrum, ̺c , folgt mittels R = αξ1 zu
̺c =
ξ13
̺¯
3ωn
(4.97)
Einige numerische Werte sind in Tabelle 4.3 angegeben. Sie verdeutlichen nochmals die starke Zunahme der Massenkonzentration zum Zentrum mit zunehmendem Polytropenindex n.
4.4.4
Gravitationsenergie
Die gesamte Gravitationsenergie eines sphärisch symmetrisch aufgebauten Sternes war (Gl. 4.29)
Z M∗
Mr dMr
Ω0 = −G
.
(4.98)
r
0
Partielle Integration liefert
Z
0
Mit
M∗
Mr dMr
1
=
r
2
Z
0
R
1 GM∗2
1
1 d Mr2
dr =
+
r dr
2 R
2
Z
0
R
Mr2
dr .
r2
dΦ
GMr
=−
r2
dr
folgt
1 GM 2
1
Ω0 = −
+
2 R
2
wobei Φ̃c das Potential im Zentrum ist.
Z
0
Φ̃c
Mr dΦ̃ ,
(4.99)
4.4. Polytrope Gaskugeln
45
Andererseits kann man mit
d Φ̃
GMr
= −r
r
dr
schreiben
G
Z
0
M∗
Mr dMr
=−
r
Z
M∗
0
d Φ̃
4πr2 dr = −4π
r
dr
Z
0
R
r3 ̺
d Φ̃
dr .
dr
Unter Verwendung von (4.91) folgt
Z 0
Z r
4π
4π
n d Φ̃
r3 dΦ̃n+1
Φ̃
Ω0 =
dr =
((n + 1)K)n 0
dr
((n + 1)K)n (n + 1) φ̃c
Partielle Integration und nochmalige Verwendung von (4.91) ergibt
Z R
Z r
3
4π
n+1 2
Φ̃4πr2 ̺dr
φ̃
r dr =
Ω0 = 3
((n + 1)K)n (n + 1) 0
n+1 0
Z M∗
Z 0
3
3
Mr dΦ̃
(4.100)
=
Φ̃ dMr = −
n+1 0
n + 1 φ̃c
Ein Vergleich mit Gl. (4.99) zeigt
Ω0 = −
3 GM 2
.
5−n R
(4.101)
Für die Polytrope kann die gesamte gravitative Bindungsenergie ohne genaue
Kenntnis der Details des inneren Aufbaus berechnet werden.
Der in Gl. (4.41) definierte Faktor q hat bei einer Polytrope den Wert
q=
3
.
5−n
(4.102)
Für die Helmholtz-Kelvin Zeitskala folgt dann bei einer Polytrope
tHK =
3(3γ − 4) GM 2
.
5−n
RL
(4.103)
Für γ = 35 und n = 3 hat der konstante Faktor den Wert 32 , für n = 23 den
Wert 97 . Das rechtfertigt unser Vorgehen, in Gl. (4.45) den Faktor gleich eins zu
setzen.
4.4.5
Pulsationskonstante
Für das Trägheitsmoment einer sphärisch symmetrischen polytropen Gaskugel
gilt
Z ξ1
Z R
Z ξ1
1
ξ 4 Θn dξ .
I0 =
r2 dMr = 4πα5 ̺c
ξ 4 Θn dξ = M R2 2
ξ1 ωn 0
0
0
46
Kapitel 4. Selbstgravitierende Gaskugeln
Tabelle 4.4. Charakteristische Eigenschaften der verschiedenen Typen pulsierender
Sterne.
Typ
RR Lyrae
Klassische Cepheiden
W Virginis
δ Scuti
RV Tauri
Halbregelmäßige
Mira
β Cephei Sterne
Perioden
Q
Spektren
Mvis
0.d 5
5. bis 10.d
12.d bis 20.d
2.h
75.d
100.d
270.d
5.h
0.075
0.036
0.160
0.045
0.25
0.086
0.096
0.027
A2 bis F6
F6 bis K2
F2 bis G6
A2 bis F5
G, K
(K), M, C
Me, Se, Ce
B1 bis B2
0.0 bis +0.5
-0.5 bis -6
0 bis -3
+2 bis +3
-3
-1 bis -3
+1 bis -2
-3.5 bis -4.5
d
nach Strohmeier (1972)
Ein ähnlich einfacher Ausdruck hierfür wie für Ω0 scheint nicht zu existieren.
Für einige Werte des Polytropenindex sind numerische berechnete Werte für das
Verhältnis I0 /Ih in Tabelle 4.3 angegeben. Wegen der zunehmenden Konzentration der Masse zum Zentrum hin bei zunehmendendem Wert des Polytropenindex nimmt das Trägheitsmoment mit zunehmendem n stark ab.
Mit den nunmehr bekannten Werten von I0 und Ω0 kann der Strukturfaktor
S (Gl. 4.64) berechnet werden. Werte hierfür finden sich in Tabelle 4.3. Die
Pulsationskonstante
Qh
Q= √
S
ohne den Faktor F , der nur bei bekannter Verschiebungsamplitude der Schwingung berechnet werden kann, sind ebenfalls angegeben. Charakteristische beobachtete Werte von Q für die verschiedenen Typen pulsierender Sterne sind in
Tabelle 4.4 zusammengestellt. Für die Grundschwingung ist F von der Größenordnung O(1), sodaß der Wert von Q aus Tabelle 4.3 mit den Beobachtungsdaten verglichen werden kann. Die beobachteten Pulsationskonstanten sind mit der
Annahme verträglich, daß der beobachtete Lichtwechsel dieser Sterne tatsächlich
auf Pulsation beruht und daß die Sterne entweder entsprechend einer Polytrope
n ≈ 3 aufgebaut sind, wenn sie überwiegen radiativ sind (RR Lyrae, klassische
Cepheiden, δ Scuti), und entsprechend einer Polytropen mit n ≈ 1.5, wenn sie
überwiegend konvektiv sind (W Virginis, halbregelmäßige, Mira). Nur die RV
Tauri Sterne scheinen deutlich abzuweichen.
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