Kapitel 9 Erzeugung von Femtosekunden-Pulsen Mit Lasern werden so groß e Intensitäten erreicht, dass die Eigenschaften der Medien von der Intensität des Lichtes abhängig werden. Die Polarisation im Medium, die durch das elektrische Wechselfeld des Lichtes hervorgerufen wird, ist nur dann proportional zum Lichtfeld, wenn die Intensität gering ist. Dies wurde bereits 1818 von Fresnel erkannt. Bei hohen Intensitäten treten in der Polarisation höhere Harmonische auf. Die makroskopische Polarisation des Mediums wird deshalb in ein Polynom des elektrischen Feldes E entwickelt: P "0 = (1) + + E (2) ij Ei Ej (3) ijk Ei Ej Ek (lineare Optik) (9.1) (SHG, Parametric E¤ects) (9.2) (THG, Nonlinear Index) (9.3) +::: (9.4) Die Terme höherer Ordnung sind Grundlage der nichtlinearen Optik. Die Entwicklung ultrakurzer Pulse führt darüber hinaus zu Phasene¤ekten, die mit der groß en spektralen Bandbreite der Pulse verbunden sind und von der Wellenlängenabhängigkeit (Dispersion) des linearen Brechungsindex n( ) verursacht werden. Für diese E¤ekte ist eine Taylorentwicklung des Wellenvektors k notwendig k(!) = k(! 0 ) + k 0 (! 1 ! 0 ) + k 00 (! 2 ! 0 )2 + ::: (9.5) Im Gegensatz zur klassischen nichtlinearen Optik treten diese E¤ekte auch bei beliebig kleinen Intensitäten auf, wenn man mit Pulsen mit Dauern . 100 fs arbeitet. Man spricht daher zusammenfassend von „gepulster Optik”oder der „Optik kurzer Pulse”. Wir wollen uns im Folgenden mit einigen wichtigen Konsequenzen und E¤ekten der gepulsten Optik vetraut machen. 9.1 Das Pulsdauer-Bandbreitenprodukt Erinnern wir uns zunächst an die klassischen Maxwellschen Schwingungen des elektromagnetischen Feldes 1 @2E r2 E = 2 2 (9.6) c @t 172 9.1. DAS PULSDAUER-BANDBREITENPRODUKT 173 mit der Lichtgeschwindigkeit 1 0 "0 c2 = 1 0 ""0 = Vakuum (9.7) die von der magnetischen Permeabilität und der elektrischen Dielektrizitätskonstanten des Vakuums bzw. des Mediums in der die Lichtwelle propagiert, abhängt. Wir kennen die ebene elektromagnetische Welle n h io n h x io Ey (~r; t) = Re E0 exp i !t ~k ~r = Re E0 exp i! t (9.8) c die in diesem Fall entlang der y-Achse polarisiert ist und sich entlang der x-Achse mit dem Wellenvektor ~k = ! = 2 (9.9) c ausbreitet. Diese Welle ist unendlich ausgedehnt und ihre Fouriertransformierte ist eine -Funktion. Dies ist das extreme Gegenteil eines optischen kurzen Pulses. Um mathematisch einen Lichtpuls zu generieren, müssen wir die monochromatischen ebene Wellen mit einer einhüllenden Pulsfunktion multiplizieren. Dies kann z.B. eine Gauß sche Glockenkurve sein. Damit erhalten wir t2 = Ey (t) = Re E(~r) exp 2 0 + i! 0 t : (9.10) In Abb. 9.1(a) ist das elektrische Feld eines solchen Pulses dargestellt. Die Fouriertransformierte der ebenen monochromatischen Welle ist, gemäß E(! _ = = +1 Z e 1 +1 Z i! 0 t (! i!t ! 0 )t e+i(! 1 e dt (9.11) dt (9.12) !0) (9.13) durch eine Darstellung der -Funktion gegeben. Demgegenüber ist die Fouriertransformierte eine Gauß pulses wiederum eine Gauß funktion. Wir werden also für den Puls aus Gl. (9.10) eine endliche spektrale Breite zu erwarten haben und erhalten E(!) = +1 Z e = +1 Z e t2 = 2 0 t2 = 2 0 ei!0 t e i!t dt (9.14) i(! ! 0 )t dt (9.15) 1 1 = e 1 (! 4 ! 0 )2 e 2 0 : (9.16) Die Dauer und die spektrale Breite eines Pulses können durch die statistischen De…nitionen R +1 t jE(t)j2 dt h ti = R 1 (9.17) +1 2 1 jE(t)j dt R +1 2 2 1 ! jE(!)j d! 2 (9.18) ! = R +1 2 jE(!)j d! 1 174 KAPITEL 9. ERZEUGUNG VON FEMTOSEKUNDEN-PULSEN de…niert werden, für die die universelle Ungleichung t ! 1 2 (9.19) gilt. Stattdessen verwendet man oft die Halbwertsbreite im Frequenz- und Zeitraum, da sie auch experimentell leichter zugänglich sind. Dann schreibt man die obige Relation als t ! K (9.20) wobei K eine Konstante ist, die von der Pulsform abhängig ist. Für einen Gauß schen Puls wie er in Abb. 9.1(a) zu sehen ist, erhält man E(t) / e t2 t2 2 ln 2 E(!) / e (! ! 0 )2 8 ln 2 ei!0 t (9.21) t2 (9.22) : Die Halbwertsbreite der spektralen Intensitätsverteilung kann damit aus E(!) / e ! 2 t2 8 ln 2 (9.23) zu ! !2 t p 2 ln 2 (9.24) t2 = 2 ln 2 8 ln 2 ! t = 4 ln 2 bzw. t= 2 ln 2 (9.25) (9.26) = 0:441 (9.27) berechnet werden. Die Werte für K für andere Pulsformen sind in Tab. 9.1 aufgeführt. K wird als Puls-Bandbreitenprodukt (Time-Bandwidth Product TBP) bezeichnet. Die Relation hat bedeutende Konsequenzen für ultrakurze Pulse: Je kürzer die Pulslänge sein soll, umso größ er muss die spektrale Bandbreite sein. Für ein t = 80 fs eines 800 nm Wellenlänge-Lichtpulses bedeutet dies = 10% und damit gilt im Wellenlängenbereich 100 nm. Die Relation t = K ist nur für solche Pulse korrekt, die keine zeitliche Variation der Momentanfrequenz aufweisen. Solche Pulse heiß en bandbreiten- oder Fouriertransformlimitiert und sie besitzen die kleinstmögliche Pulslänge die mit der vorhandenen Bandbreite erreichbar ist. Für Pulse deren Momentanfrequenz sich ändert, also !(t) ddt 6= 0 gilt immer t>K Als Beispiel für einen Puls der nicht bandbreiten-limitiert ist, betrachten wir einen Gauß Puls dessen Phase sich zusätzlich quadratisch mir der Zeit ändert n o 2 2 Ey = Re E0 e t +i(!0 t at ) : (9.28) Für die Momentanfrequenz erhalten wir !(t) = @ = !0t + t @t mit > 0: (9.29) 9.2. ULTRAKURZE PULSE IN TRANSPARENTEN MEDIEN 175 Tabelle 9.1: Puls(dauer)-Bandbreitenprodukt (TBP) K für verschiedene Pulsformen. Form Exponentialfkt. E(t) h i exp (t=t0 )2 =2 exp [ (t=t0 ) =2] 0,140 sech 1= cosh (t=t0 ) 0,315 Rechteck - Gauß Kardinalsinus Lorentz K 0,441 0,892 2 2 2 si (t=t0 ) = sin (t=t0 ) = (t=t0 ) h i 1= 1 + (t=t0 )2 0,336 0,142 Ein solcher Puls verändert die Momentanfrequenz mit der Zeit. In diesem Fall nimmt die Frequenz mit der Zeit zu, d.h. die röteren Komponenten laufen im Puls voraus, die blauen Komponenten hinterher. Man spricht von einem "up-chirped" Puls. In Abb. 9.1 sind ungechirpte und gechirpte gauß förmige Pulse mit t = 5 fs dargestellt. Ausgehend von E(t) = A(t) cos ( 0 + ! 0 t + a (t)) ist in (a) und (b) zunächst a (t) 0 gesetzt, es handelt sich also um ungechirpte, bandbreitenlimittierte Pulse. Die beiden Abbildungen unterscheiden sich im Wert der konstanten Phase 0 . In (a) ist 0 = 0, man spricht von eine cos-Puls, weil das Maximum der Feldamplitude mit dem Maximum der Einhüllenden zusammenfällt. Wenn wir 0 = =2 setzen, erhalten wir cos ! 0 t 2 = sin(! 0 t) (9.30) und damit einen sin-Puls. Hier fällt das Maximum von A(t) mit einem Nulldurchgang der Trägerwelle zusammen. Wir wollen bereits an dieser Stelle festhalten, dass eine konstante Phase zu einer Verschiebung der Trägerwellenphase gegenüber der Einhüllenden führt. In (c) und (d) ist eine zeitlich veränderliche Phase der Größ e = 0:15 fs 2 hinzugefügt. Die zeitliche Variation der Frequenz ist deutlich erkennbar. Die Intensität der Pulse ist durch 1 I(t) = "0 cn E 2 (t) (9.31) 2 gegeben. Der Faktor 1/2 stammt aus dem Mittelwert der Oszillationen. Für die maximale Feldstärke eines solchen Pulses erhält man r q 2 p Ep jV=cm = Ip = 27:4 Ip jW=cm2 "0 c wenn Ip in W/cm2 gegeben ist. 9.2 Ultrakurze Pulse in transparenten Medien Beim Durchlaufen von Materie wird ein ultrakurzer Lichtpuls in der Regel seine Gestalt verändern. Dies ist auf die Gruppengeschwindigkeitsdispersion zurückzuführen, die in einem Kurzpulslaser kompensiert werden muss. Das Spektrum eines Gauß pulses wird nach dem Durchqueren eines Mediums der Länge x zu E (!; x) = E0 (!) e i k(!)x =e 1 (! 4 ! 0 )2 2 0 i k(!)x (9.32) 176 KAPITEL 9. ERZEUGUNG VON FEMTOSEKUNDEN-PULSEN Abb. 9.1: Elektrisches Feld und einhüllende Amplitudenfunktion für ungechirpte und gechirpte Pulse: ungechirpter cosinus-Puls (a) und sinus-Puls (b), up-chirped Puls (c) und down-chirped Puls (d). In allen Fällen ist die Pulsdauer t = 5 fs. In (c) und (d) ist der chirp Parameter = 0:15/fs2 . [Träger2007]. verändert. Wir verwenden jetzt die bereits angesprochene Taylorentwicklung von k(!) und erhalten 2 i 0 E (!; x) = exp ik(! 0 )x ik 0 x(! ! 0 ) + k 00 (! ! 0 )2 : (9.33) 4 2 Nach der Rücktransformation in den Zeitraum erhalten wir das elektrische Feld Z1 1 E(t) = E(!; x)ei!t d! 2 (9.34) 1 als E(t) = s x (! 0 ) 1 exp i! 0 t (x) exp 1 2 (x) t x g (! 0 ) : (9.35) Die Bedeutung der einzelnen Terme ist leicht zu verstehen: Im ersten Exponentialterm verbirgt sich die zusätzliche Zeitentwicklung der Ebenen konstanter Phase aufgrund der Phasengeschwindigkeit ! (! 0 ) = (9.36) k !0 und einer zeitlichen Breite die ortsabhängig wird gemäß 2 (x) = 2 0 + 2ik 00 x: (9.37) 9.2. ULTRAKURZE PULSE IN TRANSPARENTEN MEDIEN 177 Für die Phasen- bzw. Gruppengeschwindigkeit ergeben sich aus k = 2 = und die Beziehungen c n(!) d! 1 = dk dk=d! dn(!) 1 n(!) + ! c d! = g = dk d! = = 2 c=!n(!) (9.38) (9.39) (9.40) und damit für die Grupengeschwindigkeit ! dn(!) n(!) d! 1 g : (9.41) Damit erhalten wir für k 00 k 00 = d2 k d! 2 = !=! 0 d d! 1 g (!) . (9.42) !=! 0 Dieser Term wird als Grupengeschwindigkeitsdispersion (GVD=Group Velocity Dispersion) bezeichnet. Um Real- und Imaginärteil im Argument der Exponentialfunktion trennen zu können, schreiben wir 2 (x) = 1 = 2 (x) 2 0 2 (x) 2 0 2 (x) 1 2 (x) = = = 2 0 + 2ik 00 x 1 2 + 2ik 00 x 0 1 1 2 00 = 1 + i x 1 + i2 0 k x 1 i x 1 + 2 x2 1= 20 1 x i 2 2 2 2 2: 1+ x x 01+ (9.43) (9.44) (9.45) (9.46) (9.47) Damit haben wir den Ein‡uss auf Phase und Breite der Pulse voneinander separiert. Der Realteil zeigt, dass während und nach der Propagation ein Gauß puls erhalten bleibt dessen Breite allerdings gemäß 2 (x) = 20 1 + 2 x2 (9.48) zunimmt. Die Phase erhält einen zusätzlichen Term der quadratisch in der Zeit ist und daher wie zuvor hergeleitet einen linearen Chirp der Frequenz im Puls repräsentiert. Insgesamt führt die Propagation des Pulses durch das Medium zu einer zeitlichen Verbreiterung des Pulses, einer Verzögerung des Pulsmaximums und einem Frequenzchirp. Man beachte die Ähnlichkeit von Gl. 9.48 mit der Beziehung für die Strahlweite eines Gauß modes w2 (x) = w02 1 + (z=zR )2 : (9.49) Man kann eine ganze Reihe solcher Analogien zwischen dem zeitlichen und räumlichen Verhalten solcher Gauß pulse und der gauß förmigen Intensitätsverteilung ziehen, die in Tab. 9.2 zusammengestellt sind. 178 KAPITEL 9. ERZEUGUNG VON FEMTOSEKUNDEN-PULSEN Tabelle 9.2: Vergleich zwischen der Beugung eines Gauß strahls im freien Raum und der Dispersion eines Gauß pulses in einem dispersiven Medium. Gauß scher Strahl p Breite w(z) = w0 Beugungslänge z0 = w02 = Divergenz 0 Gauß scher Puls 1 + (z=z0 )2 Dauer = = w0 Wellenfront-Krümmung 1 R(z) Räumlicher Chirp a(z) = = z z 2 +z02 w2 (z) z 2R(z) = z0 2 (z) = Dispersionslänge z0 = Verbreiterungsrate jD j = Chirprate Chirp-Parameter 0 p 1 + (z=z0 )2 2 = jD 0 j 0 2 z =D z 2 +z02 a(z) = 12 '00 2 (z) '00 = z z0 Üblicherweise ist die Dispersion des Brechungsindex als Funktion der Wellenlänge n( ) tabelliert. Es ist daher geschickt die GVD in k 00 = d d! 1 g (!) 2 = 2 c !=! 0 D (9.50) umzuschreiben. Dabei wurde der Dispersionsparameter 1 d tg Ld eingeführt, der im Wesentlichen durch die Ableitung der Gruppenverzögerung D = tg = L (9.51) (9.52) g nach der Wellenlänge gegeben ist. Damit erhält man k 00 = 1 g (!) 3 = !=! 0 d2 n : 2 c2 d 2 (9.53) Man beachte, dass eine positive GVD einen negativen Dispersionsparameter D zur Folge hat und umgekehrt. Betrachten wir ein Material mit einer einzigen optischen Resonanz (Drude Modell), so erhält man die übliche Dispersionskurve des p Brechungsindex n = " wie in Abb. 9.2 gezeigt.Bei Wellenlängen oberhalb der Resonanz ist k 00 > 0 und damit die GVD positiv. Dies ist der Fall in den meisten optischen Gläsern und bedeutet, dass in einem Puls die roten Komponenten vorauseilen, während die blauen Komponenten den späteren Teil des Abb. 9.2: Resonanz (oben) und zugehöriger Pulses ausmachen. Mit wachsender Wellenlänge Brechungsindex (unten) im Einzelresonanzreduziert sich der Brechungsindex, was zu einer Drude Modell [Rulliere2005]. wachsenden Gruppengeschwindigkeit führt. Abschließ end sei noch erwähnt, dass in optischen Siliziumfasern die GVD negativ wird. Dies ist auf eine Resonanz aufgrund einer OH-Vibration der eingeschlossenen Hydroxylgruppen zurückzuführen, die bei Wellenlängen oberhalb von 1,55 m zu einer negativen GVD führt und damit sie Ausbildung sogenannter Solitonen erlaubt. 9.3. DIE KOMPRIMIERUNG OPTISCHER PULSE 9.3 179 Die Komprimierung optischer Pulse Die besprochenen E¤ekte können für die Manipulation der zeitlichen Struktur eines optischen Pulses ausgenutzt werden. Insbesondere die Kon…guration mit einer negativen GVD sind interessant, da man damit die negativen Folgen der positiven GVD, die in den meisten transparenten Medien auftritt, kompensieren kann. Durch Kombinationen von Bauteilen mit diesen Eigenschaften kann man Pulse gezielt strecken und komprimieren. Abb. 9.3: Optischer Weg durch ein Paar von Dies wollen wir beispielhaft anhand Transmissionsgittern [Rulliere2005]. zweier Transmissionsgitter betrachten, welche in Abb. 9.3 dargestellt sind. Ein einfallender Lichtstrahl mit der Wellenlänge tri¤t auf das erste Gitter R1 in Punkt A. R2 ist so orientiert, dass der austretende Strahl parallel zum einfallenden Strahl auf R1 ist, d.h.di Dispersion ist gerade umgekehrt. P1 und P2 sind die Wellenfronten ebener Wellen bei Eintritt A ud bei Austritt B. P2 schneidet den ausfallenden Strahl am Punkt C. Die Beugung am Gitter am Punkt A ist durch d (sin + sin ) = (9.54) gegeben. Zwischen A und B legt das Licht die Strecke b = l= cos zurück. Zwischen den Gittern be…ndet sich nur Luft, so dass die Gruppenverzögerung tg durch die Laufzeit des Lichtes entlang ABC gegeben ist AB + BC L = c c BC = DB sin = b sin sin b (1 + sin sin ) : t = c (9.55) t = Für den Dispersionsparameter D = D = 1 d b d tg cd2 " bzw. 00 k = 3 2 c2 d2 (9.56) (9.57) erhält man in einer Kleinwinkelnäherung # 1 2 1 " d sin 2 1 d sin # (9.58) 1 : Abhängig von den Parametern kann k 00 k 00 damit positiv oder negativ gemacht werden und das Design von Pulskompressoren und Pulsstreckern ermöglicht. Dies ist für die Erzeugung hochintensiver Pulse mittels Chirped Puls Ampli…cation (CPA, siehe unten) von größ ter Bedeutung. Zunächst wollen wir uns aber mit der Frage befassen, wie man ultrakurze Pulse im fs-Bereich überhaupt erzeugen kann. 9.4 Erzeugung ultrakurzer Pulse mittels Modenkopplung Wir wollen das Prinzip der Modenkopplung zunächst nur grob darstellen. In Zusammenhang mit dem Frequenzkamm erfolgt eine detailliertere Betrachtung. Die folgende Herleitung ist in Wesentlichen Teilen [Binhammer2006] entnommen. 180 KAPITEL 9. ERZEUGUNG VON FEMTOSEKUNDEN-PULSEN Wir schreiben das zeitabhängige elektrische Feld eines Laserpulses zunächst in einer Fourierrepräsentation 8 +1 9 <Z = E(z; t) = Re E(! 0 ) exp i ! 0 t k(! 0 )z d! 0 : ; 1 Dabei wird für das in z-Richtung propagierende elektrische Feld E(z; t) eine lineare Polarisation angenommen und daher eine skalare Notation verwendet. Durch die Einführung einer Koordinatentransformation ! 0 = ! 0 + ! kann der Puls in eine langsam veränderliche Einhüllende und einen mit ! 0 oszillierenden Träger separieren: E(z; t) = +1 Z E(! 0 + !) exp i ((! 0 + !) t 1 0 +1 Z @ = E(! 0 + | 1 !) ei !t e i k(!)z {z Einhüllende k(! 0 + !)z) d ! 10 (9.59) 1 d ! A@ei(!0 t+k(!0 )z) Aei }| {z Träger CEO (9.60) } wobei k(!) = k(! 0 + !) k(! 0 ). Die Träger-Einhüllenden-Phase (CEO=Carrier Envelope O¤set) bezeichnet die Phasenlage zwischen dem Maximum des elektrischen Feldes und dem der Einhüllenden A(z; t) und spielt im Bereich der nichtlinearen Optik mit ultrakurzen Pulsen eine wichtige Rolle. Mit Gl. (9.60) ergibt sich folgende Form: p E(z; t) = 2ZF A (z; t) ei(!0 t+k(!0 )z) ei CEO , mit (9.61) +1 Z 1 E(! 0 + !) ei !t e i k(!)z d !: (9.62) A (z; t) = p 2ZF 1 p Der Faktor 2ZF mit dem Wellenwiderstand ZF = r 0 c=n dient dabei zur Normierung der Einhüllenden, damit jA (z; t)j2 der Intensität I entspricht. Durch die Beziehung in Gl. (9.62) wird ersichtlich, dass die Dauer t eines Pulses im Zeitbereich und seine Frequenzbandbreite ! ein Fourier-Paar mit t ! = const. bilden und somit für einen ultrakurzen Puls ein breites Spektrum erforderlich ist. In einem Laserresonator können allerdings nur longitudinale Moden einer diskreten Frequenz m anschwingen, für die die Resonanzbedingung m = mc=2L erfüllt ist, wobei L die optische Länge des Resonators bezeichnet. In den meisten Lasermedien ist die Verstärkungsbandbreite wesentlich größ er als der Frequenzabstand der Moden R = c=2L, so dass prinzipiell viele dieser Moden anschwingen können. Gelingt es nun eine feste Phasenkopplung zwischen diesen zu etablieren, kann man Gl. (9.62) wie folgt umschreiben: E(z; t) = +1 X p 2ZF A (! m !0) e i(! m ! 0 )t (9.63) m= 1 Dabei wurde die z-Abhängigkeit nicht berücksichtigt, ! m bezeichnet die diskreten Kreisfrequenzen der Moden mit ! m = m2 R . Diese diskrete Fourier-Reihe hat zur Folge, dass sich im Zeitbereich ein periodisches Signal ergibt, d.h. der resultierende Puls wiederholt sich mit einer Periode von TR = R1 ; R bezeichnet daher die Repetitionsrate des Lasers. 9.4. ERZEUGUNG ULTRAKURZER PULSE MITTELS MODENKOPPLUNG 181 Abb. 9.4: Zeitlicher Intensitätsverlauf bei Annahme von N = 4 bzw. N = 20 gekoppelten Moden mit gleicher Phase und Amplitude. Es wurde eine spektraler Abstand R = 75 MHz angenommen. Man sieht deutlich, dass die Spitzenintensität linear mit N zunimmt, während die Pulsdauer sich mit zunehmender Modenanzahl verringert. [Binhammer2006]. Zur Veranschaulichung soll im folgenden angenommen werden, dass beginnend mit der optisp chen Frequenz 0 = ! 0 =2 eine Anzahl von N Resonatormoden mit gleicher Amplitude A0 = N und konstanter Phase gekoppelt sind. Daraus ergibt sich ein elektrisches Feld im Zeitbereich: p N 1 A0 2ZF X p E(t) = e N m=0 im2 ( R 0 )t : (9.64) Diese harmonische Summe kann gemäß N X1 m=0 am = 1 aN 1 a (9.65) umgerechnet werden und damit die Intensität I geschrieben werden als jA (t)j2 sin2 (N I(t) / jE(t)j / N sin2 ( 2 R t) R t) : (9.66) In Abb. 9.4 ist die Intensität für den Fall von N = 4 bzw. N = 20 gekoppelter Moden dargestellt. Es ist deutlich ersichtlich, dass die Pulsdauer abnimmt, umso mehr Moden gekoppelt sind und die Spitzenintensität der kurzen Pulse linear mit N zunimmt. Bei einem wenige-fs-Laser beträgt die Anzahl der beteiligten Moden typischerweise N 106 , was den erheblichen Gewinn an Spitzenleistung verdeutlicht, der bei modengekoppelten Kurzpulslasern im Vergleich zum cwBetrieb erreicht wird. Anschaulich kann ein auf diese Weise erzeugter kurzer Laserpuls als Interferenz der angeregten Moden verstanden werden, die nur zu einem bestimmten Zeitpunkt konstruktiv, ansonsten destruktiv interferieren. Voraussetzung dafür ist allerdings die phasenstarre Kopplung der Moden, die zu Beginn des Abschnittes angenommen wurde. Diese tritt nicht unmittelbar 182 KAPITEL 9. ERZEUGUNG VON FEMTOSEKUNDEN-PULSEN Abb. 9.5: Ausgekoppelte Leistung für 10 äquidistante Moden mit verschiedenen relativen Amplituden und Phasenwinkeln, die in den Teilbildern jeweils verdeutlicht sind (TRT ist die Umlaufzeit des Lichtes im Resonator). (a) Lineare Phasenrelation n = n unter den Moden, d.h. zwischen zwei benachbarten Moden herrscht ein fester Phasenunterschied von , mit = 0; (b) wie in (a) jetzt mit = ; (c) Gauß spektrum der Moden mit einer vollen Halbwertsbreite von 5 Moden und einer linearen Phasenrelation mit = 0; (d) zufälliges Spektrum mit fester Phasenrelation mit = 0; (e) konstantes Spektrum aber willkürlliche Phasen; (f) konstantes Spektrum wie in (e) jetzt aber mit anderer zufälligen Phase [?]. in einem Resonator auf. In der Regel werden die einzelnen Moden stochastisch und unabhängig voneinander anschwingen und dadurch zum größ ten Teil einfach willkürlich überlagern, was nicht zu augeprägten Pulszügen sondern nur zu einem statistischen Rauschen führt. Dies ist in Abb. 9.5 dargestellt. Daher muss der Resonator für die Modenkopplung optimiert werden. 9.5 Mechanismen der Modenkopplung Durch Anregen zahlreicher longitudinaler Moden und die Etablierung einer festen Phasenbeziehung zwischen diesen kann also ein erheblicher Gewinn an Spitzenleistung erzielt werden. Dieser Betriebszustand kann entweder im Fall der aktiven Modenkopplung durch eine externe Einwirkung herbeigeführt werden oder durch passive Modenkopplung, bei der eine Verlustmodulation durch den Puls selbst ausgelöst wird. 9.5.1 Aktive Modenkopplung Ein aktiv modengekoppelter Laser enthält - ähnlich wie bei der Güteschaltung - einen Modulator. Dieser wird jetzt aber nicht mit den Pumppulsen synchronisiert, sondern seine Modulationsfre- 9.5. MECHANISMEN DER MODENKOPPLUNG 183 quenz ist gleich dem longitudinalen Modenabstand, der die Repetitionsrate des modengekoppelten Lasers bestimmt. Modengekoppelte Laser werden häu…g im Dauerstrichbetrieb gepumpt. Ist die Modulationsfrequenz der Resonatorgüte gleich dem Modenabstand, hat der Laser die größ te Verstärkung, wenn sich ein Pulsmaximum im Augenblick der höchsten Güte im aktiven Medium be…ndet und so am e¢ zientesten verstärkt wird. Je kürzer der Puls ist, um so höher ist die Verstärkung, umso breiter muss aber auch die Bandbreite des Verstärkungsmediums sein. Die Bandbreite und gegebenenfalls die Dispersion begrenzen also die minimale Pulsdauer. 9.5.2 Passive Modenkopplung Das Prinzip der passiven Modenkopplung beruht darauf, dass der Puls selbst den Verlust im Resonator verändert.Die passive Modenkopplung wird vielfach eingesetzt und soll an zwei Beispielen erläutert werden: die Verwendung eines sättigbaren Absorbers und die KerrlinsenModenkopplung. 9.5.2.1 Sättigbare Absorber Dies ist durch Einbringen eines sogenannten sättigbaren Absorbers möglich, dessen Absorption mit steigender Intensität abnimmt. Sättigbare Absorber mit einem typischen Absorptionskoef…zienten 0 (9.67) (t) = 1 + I(t)=IS wurden bereits im Kapitel über die Güteschaltung gepulster Laser angesprochen.Dadurch erfährt ein Laserpuls aufgrund der sehr viel größ eren Spitzenleistung weniger Verluste und der gepulste Laserbetrieb ist gegenüber dem cw-Betrieb energetisch bevorzugt. Damit sich ein stabiler Pulszustand ausbilden kann, muss allerdings die Modulationstiefe, d. h. der Unterschied zwischen der Absorption bei niedriger Intensität und im gesättigten Zustand bei hoher Intensität, ausreichend tief und die Zeit, in der sättigbare Verlust wieder auf seinen ungesättigten Ausgangswert relaxiert ist, deutlich kürzer sein als die Dauer eines Resonatorumlaufes. Bei den ersten passiv modengekoppelten Lasern wurden organische Farbsto¤e als Absorber benutzt, die eine Lebensdauer des angeregten Niveaus im Bereich von wenigen ns bis ps besitzen. Heutzutage werden meist sättigbare Halbleiter-Spiegel, sogenannte Semiconductor Saturable Absorber Mirrrors (SESAM) verwendet, die im Wesentlichen aus einem dielektrischen, hochre‡ektiven Spiegel bestehen, auf den eine dünne Halbleiter-Schicht aufgedampft ist. Diese dient als sättigbarer Absorber und kann bezüglich ihrer Parameter wie Lebensdauer oder Sättigungs‡uss bei der Herstellung über einen groß en Bereich variiert werden. Bei der Modenkopplung führt die sättigbare Absorption dazu, dass Moden die sich mit der richtigen Phasenlage überlagern und einen Puls ausbilden, eine höhere Verstärkung erfahren, weil die Resonatorverluste abnehmen. Dies begünstigt die Steigerung der Spitzenintensität durch phasenrichtige Überlagerung weiterer longitudinaler Moden, die wiederum zu kürzeren Pulsen führt. Begrenzt wird der Prozess der Pulsverkürzung durch die Bandbreite des Verstärkungsmediums und durch die Dispersion. Die Modulation der Resonatorverluste durch die umlaufenden Pulse, die dann zu deren Stabilisierung führt, wird auch als Selbstamplitudenmodulation bezeichnet. Je nach Relaxationszeit TA unterscheidet man zwischen langsamen und schnellen sättigbaren Absorbern, wobei die Begri¤e „schnell” oder „langsam” sich auf die jeweilige Pulsdauer P beziehen. Ein schneller Absorber kann dem Pulsverlauf quasi instantan folgen, wohingegen ein langsamer Absorber eine sehr viel größ ere Zeit benötigt, um wieder in den Grundzustand zurückzukehren. Im Fall von fs-Pulsen muss daher ein solcher Halbleiter-Spiegel mit typischen 184 KAPITEL 9. ERZEUGUNG VON FEMTOSEKUNDEN-PULSEN Relaxationszeiten von mehreren ps als langsamer Absorber betrachtet werden. Zur Erzeugung eines kurzen Pulses mit P TA muss daher der Absorber stark gesättigt werden oder zusätzlich der Gewinn auf einer sehr schnellen Zeitskala verändert werden, was sich nur im Fall von Lasermedien mit sehr kurzer Lebensdauer des Laserniveaus möglich ist. Für die meisten Festkörperlaser liegt diese allerdings im Bereich von s bis ms. Überraschenderweise stellte es sich heraus, dass ein modengelockter Betrieb noch möglich ist, wenn die Erholungszeit des Absorbers eine ganze Größ enordnung länger ist als die Pulsdauer. Man kann mit Hilfe der sogenannten solitären Modenkopplung mit einem langsamen Absorber fs-Pulse erzeugen. Dabei ergibt sich durch das Zusammenspiel von Selbstphasenmodulation und negativer Dispersion eine stabile, solitäre Pulsform deren Halbwertsdauer sehr viel kleiner als die Relaxationszeit sein kann. Schnelle Absorber, die dem Pulsverlauf quasi instantan folgen können, sind im fs-Bereich nur durch sogenannte künstliche sättigbare Absorber zu verwirklichen, die auf dem Kerr-E¤ekt basieren. 9.5.2.2 Kerrlinsen Modenkopplung Das Verfahren, das zu den bisher kürzesten Pulsen von unter 5 fs geführt hat, ist die KerrlinsenModenkopplung (KLM). Dabei nutzt man den nichtlinearen Brechungsindex n2 zur intensitätsabhängigen Modulation des Gesamtbrechungsindex, n(t) = n0 + n2 I(t) (9.68) auf den wir im Kapitel über nichtlineare Optik näher eingehen. Bei den meisten Materialien wie Quarz, Saphir etc., wächst der Brechungsindex mit zunehmender Intensität än, d.h. n2 ist positiv. Die zeitliche Änderung des Brechungsindex erfolgt quasi instantan mit der Pulsintensität. Die Antwortzeit des Kerr-Mediums liegt unterhalb einer Femtosekunde. Im Frequenzbild bedeutet eine Zeitkonstante von 10 15 s eine Modulationsfähigkeit mit einer Bandbreite von 1015 Hz! Bei einem typischen Femtosekundenlaser mit freiem Spektralbereich von 100 MHz, entsprechend eine Gesamtresonatorlänge von 3 m, bedeutet dies, dass mehrere Millionen Moden phasenstarr gekoppelt werden können. Damit dies tatsächlich gelingt, muss allerdings die Dispersion im Resonator sorgfältig kompensiert werden, wenn möglich über die gesamte Verstärkungsbandbreite des laseraktiven Materials. Der im Fall kurzer Pulse zeitlich schnell variierende Index n(r; t) führt zu einem nichtlinearen, raum-zeitlichen Phasenverlauf (r; t), wodurch zusätzliche Frequenzkomponenten generiert werden. Im Zeitbereich ist der Kerr-E¤ekt daher für die sogenannte Selbstphasenmodulation (SPM) verantwortlich. Nimmt man ein gauß förmiges Abb. 9.6: Kerr-Linsen-E¤ekt und UnterdrückStrahlpro…l für den Laserpuls an, wird durch ung des ungekoppelten Anschwingens durch den Kerr-E¤ekt ein ebenfalls gauß förmiges harte Blenden im Strahlengang [Rulliere2005]. Indexpro…l erzeugt, das auf den propagierenden Puls die Wirkung einer GradientenindexLinse hat. Dies ist in Abb. 9.7 dargestellt. Um diese Kerr-Linse als schnellen sättigbaren Absorber zu nutzen, muss man dafür sorgen, dass aufgrund des Resonator-Designs das cw-Licht, welches wegen seiner niedrigen Intensität keine Änderung des Brechungsindex hervorrufen kann, höhere Verluste erfährt als ein Laserpuls, der durch die Kerr-Linse einen anderen Strahldurchmesser im Resonator besitzt. Dies kann im 9.5. MECHANISMEN DER MODENKOPPLUNG 185 Abb. 9.7: Selbstfokussierung durch ein nichtlineares Medium: Im Zentrum des Pulses wird der Brechungsindex erhöht. Dadurch wird die Phase des Pulses an dieser Stelle gegenüber den Rändern verzögert. Der aus dem Medium austretende Puls hat dementsprechend Phasenfronten, die denen nach dem Durchgang durch eine Gradientenindexlinse entsprechen [Sal07]. Fall des KLM mit harter Apertur („hard aperture mode locking”) durch eine Blende erfolgen, die an geeigneter Stelle im Resonator platziert wird, wie es in Abb.9.6 demonstriert ist. Ein anderes Vorgehen wählt man beim Modenkoppeln mit Gewinnapertur („soft aperture mode locking”). Dabei erreicht man den bevorzugten Pulszustand durch einen mit Hilfe der Kerr-Linse verbesserten Überlapp zwischen dem Laserstrahl im Resonator und dem kollinear eingestrahlten Pumplaser. Das Resonator-Design ist so abgestimmt, dass im cw-Betrieb der Strahlradius im Verstärkungsmedium größ er ist als der des Pumplasers. Dadurch wird die im Medium aufgebaute Inversion nicht optimal ausgenutzt. Dies ist in Abb. 9.8 illustriert. Der gepulste Laser erfährt daher eine größ ere Verstärkung. (Abbildung und Text aus [Binhammer2006] entnommen.) Der Aufbau des Pulses erfolgt analog wie bei dem sättigbaren Absorber: Kommt es nun aus dem Rauschen heraus zu einer Fluktuation mit höherer Intensität, erfährt diese durch die KerrLinse und die daraus resultierende Selbstfokussierung einen höhere Verstärkung. Insbesondere wird die Pulsspitze e¢ zienter verstärkt als die weniger intensiven Flanken. Dies führt zu einer Pulsverkürzung mit jedem Umlauf. Aufgrund der begrenzten Gewinnbandbreite des Verstärkermaterials wird die Pulsdauer andererseits limitiert und es stellt sich ein stabiles Gleichgewicht ein. Der Modulationshub einer Kerrlinse ist relativ klein. Die zu koppelnden Moden müssen also über den gesamten Spektralbereich eine möglichst gleiche Gruppengeschwindigkeit haben. Im Frequenzbild geprochen müssen die Modenabstände möglichst gleich sein, damit der Modenkopplungse¤ekt die Frequenzen der einzelnen Moden „nicht zu weit ziehen“ muss. Dies gelingt durch den Einsatz von Prismenpaaren oder sogenannten gechirpten Spiegeln. Diese Spiegel sind mit vielen Schichten unterschiedlicher Dicke und mit unterschiedlichem Brechungsindex so bedampft, das der Dispersionsverlauf den des laseraktiven Materials gerade kompensiert. Die zu kompensierenden Materialien wie Laserkristalle haben positive Dispersion, d.h. rotes Licht propagiert schneller als blaues. Die gechirpten Spiegel sind so bedampft, dass rotes Licht eine größ ere Eindringtiefe in die dielektrischen Schichten hat als blaues, und so das blaue Licht die im Kristall verursachte Verzögerung wieder aufholen kann. Die kürzesten Pulse von unter 5 fs erreicht man mit Titan:Saphir-Lasern. Dieses Material hat eine sehr groß e Verstärkungsbandbreite und sehr gute optische und thermische Eigenschaften. Hinzu kommt, dass der nichtlineare 186 KAPITEL 9. ERZEUGUNG VON FEMTOSEKUNDEN-PULSEN Abb. 9.8: Veranschaulichung der Kerr-Linsen-Modenkopplung mit Gewinnapertur. Der tangentiale Strahlradius des Pumpsstrahls (grün) entlang der Resonatorachse z ist deutlich geringer als der des Lasers im cw-Betrieb (schwarze Kurve, durchgezogen). Für den gepulsten Laser (blaue Linie, gepunktet) verringert sich die Modengröß e aufgrund der Kerr-Linse deutlich, so dass sich ein verbesserter Überlapp mit dem Pumpmodus im Laserkristall (in rot dargestellt) ergibt [Binhammer2006]. Brechungsindex von Saphir großgenug ist, um Modenkopplung zu ermöglichen. Optische Verstärkung und Kerr-Linsenmodenkopplung können also im gleichen Kristall statt…nden. Es hat sich gezeigt, dass nicht einmal eine Blende nötig ist. Es reicht, den Resonator so an den Rand seines Stabilitätsbereiches zu verstimmen, dass der bessere Überlapp mit der Pumpmode bei Kerrlinsenausbildung zu eine Stabilisierung des modengekoppelten Betriebes gegenüber dem Dauerstrichbetrieb führt. Eine neuere Entwicklung stellen fs-Faserlaser dar, die Leistungen von einigen Watt bei Pulslängen von einigen 100 fs erreichen, oder die man für kürzere Pulse von einigen 10 fs bei Leistung im Bereich mehrerer 100 mW optimiert. Als Modenkopplungsmechanismus kann man die optisch-nichtlineare Polarisationsdrehung verwenden. Da die Modenkopplung einen Interferenze¤ekt darstellt, nehmen nur Moden an der Pulsformung teil, die die gleiche Polarisation haben. In doppelbrechenden Fasern kann nun gezielt die Polarisationsebene pro Umlauf etwas gedreht werden, was einem Verlustmechanismus der „interferenzfähigen“ Moden entspricht. Diese Polarisationsdrehung kann nun durch optisch-nichtlineare Polarisationsdrehung kompensiert werden. Dies führt dazu, dass die Gesamtverstärkung des Lasers im Falle des Pulsbetriebes mit hohen Spitzenintensitäten größ er ist als im Dauerstrichbetrieb und der Laser somit in einem stabilen Pulsbetrieb bleibt. Femtosekunden-Faserlaser haben gegenüber Ti:Saphirlasern den groß en Vorteil einer sehr guten Betriebsstabilität. Zusammenfassend und etwas verallgemeinernd unterscheiden sich die Verfahren Güteschaltung und Modenkopplung dadurch, dass bei der Güteschaltung eine oder wenige Moden ohne Phasenkopplung anschwingen, beim Modenkoppeln jedoch zwangsläu…g viele. Während es bei der Güteschaltung auf lange Lebensdauer des oberen Laserniveaus ankommt, ist bei der Modenkopplung die Bandbreite wesentlich. 9.6. CHIRPED PULSE AMPLIFICATION (CPA) 9.5.3 187 Anordnungen zur Dispersionskompensation Zum Ausgleich der normalen Dispersion wie sie in Luft und den meisten Gläsern auftritt, haben sich zwei Standard-Methoden etabliert, die im folgenden kurz erläutert werden sollen. 9.5.3.1 Prismen-Kompressor Eine Prismen-Strecke beruht auf zwei identischen Prismen, wobei das erste den Strahl spektral aufweitet und das zweite Prisma die Spektralkomponenten wieder parallel ausrichtet (siehe auch Abb. 9.9 oben). Durch einen Spiegel wird der Strahl mit leichtem Höhenversatz zurückre‡ektiert, um in am Eingang separieren zu können. Durch den unterschiedlichen optischen Weg für jede Spektralkomponente kann je nach Material der Prismen, deren Abstand und der Dicke des durchlaufenen Prismenmaterials (insertion) der Dispersionsverlauf verändert und angepasst werden. 9.5.3.2 Dispersionskompensierende Spiegel Abb. 9.9: Oben: Schematischer Aufbau einer Prismen-Strecke. Das vom ersten Prisma (P1) spektral aufgetrennte Licht wird vom zweiten Prisma (P2) wieder kollimiert und anschließ end vom Spiegel M1 zurückre‡ektiert. Unten: Schematischer Aufbau eines doppeltgechirpten Spiegels (DCMP). Abwechselnd aufgedampfte Schichten von Titandioxid (TiO2 ) und Siliziumdioxid (SiO2 ) bewirken eine Bragg-Re‡exion, die für größ ere Wellenlängen 1 in tieferen Schichten erfolgt als für kurzwellige Spektralanteile 2 [Binhammer2006]. Eine weitere Möglichkeit, Ein‡uss auf die spektrale Phase des Pulses zu nehmen, besteht in der Verwendung dispersionskompensierender Spiegel. Ein hochre‡ektierender Spiegel beruht auf einem dielektrischen Schichtstapel, bei dem zwei Materialien mit möglichst groß em Brechungsindexunterschied im Abstand eines Viertels derWellenlänge abwechselnd aufgedampft sind (BraggSpiegel). Sorgt man nun dafür, dass diese Bragg-Bedingung für kurzwelliges Licht weiter vorne im Schichtstapel erfüllt wird als für langwelliges Licht, kann man durch die unterschiedlichen optischen Wege negative Dispersion erzeugen, wie dies in Abbildung 9.9 veranschaulicht ist. 9.6 Chirped Pulse Ampli…cation (CPA) Bei den bisher vorgestellten Anwendungen waren vor allem die geringe Länge der Laserpulse und die präzise Kontrolle ihrer Eigenschaften entscheidend. Ein weiterer, nicht weniger wichtiger Aspekt ist die Möglichkeit, schon bei moderaten Pulsenergien enorme Lichtleistungen zu erzeugen - denn Leistung ist Energie pro Zeit. So hat ein 100 fs langer Lichtpuls mit einer Energie von einem Joule - gerade genug, um einen Fingerhut voll Wasser um 1/4 Grad zu erwärmen - eine Leistung von 10 Terawatt! Das entspricht etwa der Leistung von 10000 groß en Kraftwerken, wenn auch nur für eine extrem kurze Zeitspanne. Einen entscheidenden Durchbruch bei der Erzeugung extrem hoher Laserleistungen brachte Ende der 1980er Jahre die Einführung des CPA-Verfahrens (chirped pulse ampli…cation) zur 188 KAPITEL 9. ERZEUGUNG VON FEMTOSEKUNDEN-PULSEN Pulsverstärkung. Es gibt derzeit weltweit etwa 15 Laseranlagen mit Leistungen von mehr als 10 Terawatt, drei davon in Deutschland (Berlin, Jena, München). Fokussiert man die Ausgangsstrahlung eines solchen gepulsten Lasers auf einen sehr kleinen Fleck, so erhält man unvorstellbar hohe Lichtintensitäten - in einigen Labors heute schon 1020 W/cm2 . Bei solchen enormen Intensitäten laufen viele optische Vorgänge ganz anders ab, als unter normalen Umständen. Bei einer Intensität von mehr als 3 1016 W/cm2 , was nach heutigem Standard noch recht moderat ist, wird die Kraft, mit der die Strahlung auf ein Elektron in einem Wassersto¤atom wirkt, größ er als die Coulomb-Kraft, die das Elektron im Atom an das Proton bindet. Bei noch höheren Intensitäten, jenseits von 1018 W/cm2 , erreichen die im Laserfeld oszillierenden Elektronen fast Lichtgeschwindigkeit, und relativistische E¤ekte gewinnen zunehmend an Bedeutung. In jedem Falle erreicht man einen vollständig neuen Bereich der Wechselwirkung zwischen Strahlung und Materie: Während normalerweise die Strahlung immer als kleine, auf die Materie wirkende Störung aufgefasst werden kann, drehen sich nun die Verhältnisse um. Unter diesen Umständen dominiert die Strahlung, und die Materieeigenschaften treten in den Hintergrund. Eine interessante Anwendung dieser ungewöhnlichen Wechselwirkungen besteht darin, sehr kurze, kohärente Röntgenpulse in atomaren Gasen zu erzeugen. Sie entstehen als Oberwellen der eingestrahlten optischen Pulse von sehr hoher Ordnung. Die kürzesten auf diese Weise erzeugten Wellenlängen liegen gegenwärtig bei 3 Nanometer - dies entspricht der dreihundertsten Harmonischen der Eingangsstrahlung! Auf diesem Weg können auch inkohärente Röntgenpulse mit Energien von mehr als 1 keV erzeugt werden. Diese Pulse sind zudem sehr kurz: Pulslängen von 250 Femtosekunden wurden bereits erreicht. Mit Hilfe dieser kurzen und intensiven Röntgenpulse ist es erstmals möglich geworden, schnelle Veränderungen der Struktur der Materie mit atomarer Au‡ösung zu erfassen und zu analysieren. Die nichtlineare Phasenverzögerung stellt eine generelle Grenze für den Bau von Hochleistungslasern dar. Um einen Puls von einigen nJ aus einem Ti:Sa-Oszillator in den Joule oder Kiojoule-Bereich zu verstärken, wird eine Verstärkung von 109 his 1012 benötigt. Die CPA Technologie wurde entwickelt, um die enormen Spitzenleistungen in den Verstärkern zu vermindern. Im anderen Falle wäre die maximale Ausgangsenergie begrenzt, weil sonst intensitätsabhängige Störungen des Pulses auftreten können und zu Zerstörungen des Lasermediums und anderer optischer Komponenten führen würde. Die Technik der CPA benutzt eine dispersive Verzögerungsstrecke („Stretcher”), um den Puls vor der Verstärkung zeitlich um einige Grössenordnungen zu strecken. Der gestreckte Puls mit nun verminderter Leistung kann jetzt zu hohen Energien verstärkt werden. Anschliessend wird der Laserpuls durch eine dispersive Verzögerungsstrecke mit umgekehrten Vorzeichen geschickt und so zum verstärkten Ursprungspuls zurückkomprimiert. Abbildung 9.10 zeigt schematisch den Aufbau eines Chirped-Pu1se-Verstärkers. Der ultrakurze Puls des fs-Osillators gelangt auf ein Gitterpaar, das antiparallel um ein Teleskop angeordnet ist. Das Gitter besitzt eine negative Dispersion der Gruppengeschwindigkeit, so dass kleine Wellenlängen stärker am Gitter gebeugt werden als lange Wellenlängen. Durch das Teleskop wird jedoch eine negative Abbildung erzeugt, so dass die Gesamtdispersion positiv wird Bei dem auseinandergezogenen Puls sind die Frequenzanteile beginend mit den kurzen Wellenlängen nun in der Zeit hintereinander gereiht. Nach der Verstärkung wird der Puls in einem parallelen Gitterpaar mit negativer Dispersion wieder zurückkomprimiert. 9.6. CHIRPED PULSE AMPLIFICATION (CPA) 189 Abb. 9.10: Prinzip der Chirped Pulse Ampli…cation: Ein kurzer Puls wird zeitlich gestreckt, verstärkt und wieder zu einem kurzen Puls hoher Intensität komprimiert. Die kleinen Diagramme zeigen schematisch den zeitlichen Verlauf der Pulsintensitäten an verschiedenen Stellen im CPA Lasersystem. 190 KAPITEL 9. ERZEUGUNG VON FEMTOSEKUNDEN-PULSEN Abb. 9.11: Zur Chirped Pulse Ampli…cation [Bagnoud2010].