Heisser Tanz - Visit Azores

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natur / reise
Heisser Tanz
der Elemente
Mitten im Atlantik vermitteln die Azoren
aromatisch-vulkanische Eindrücke der Erde.
Text & Fotos: Nathalie Chiavacci
Duft, der schmeckt auch sehr gut.» Tatsächlich: Die wenigen Tropfen, die sich
aus den Blüten saugen lassen, zergehen
auf der Zunge wie Honig – zurück bleibt
ein leicht scharfer Geschmack im Mund.
mehr über INseln am TV
Vor Schottlands Küste Die Insel Skye
MO | 11. März | 15.15 | NDR
Hawaii – Inside Paradise Molokai
MI | 13. März | 17.00 | 3sat
Globe Azoren: São Miguel
FR | 15. März | 13.20 | Planet
W
o Wasser und Feuer aufeinandertreffen, hängt eine betörend süsse Wolke in der Luft.
«Das ist der Zier-Ingwer», erklärt Maria
João Machado und zupft vorsichtig ein
paar gelbe Blütenblätter vom rund 30 cm
grossen Mini-Christbaum. «Der verströmt nicht nur einen angenehmen
16 Imponiergehabe:
Steingorilla im Parque
Terra Nostra, Furnas.
Das Aromabouquet der Blüten ist auch
der Grund, wieso die aus dem Himalaja
stammende Pflanze auf der grössten
Azoreninsel São Miguel fast überall gedeiht. Im 19. Jahrhundert als Zierpflanze
eingeführt, breitet sie sich seither dank
samenverteilenden Vögeln rasant aus: Auf
Süsses fliegen eben nicht nur Menschen.
Der Zier-Ingwer ist längst nicht der
einzige pflanzliche Einwanderer auf der
Insel: Hortensie, Belladonna-Lilie, Japa-
Hausgross: WalGraffiti in Ponta
Delgada, Hauptstadt der Azoren.
Hübsch und
schmackhaft: die
Blütenstände
des Zier-Ingwers.
Heisser Job: Ein
Azoreaner gräbt
den «Cozido» aus
der Vulkanerde.
Lagoa do Fogo: Der «Feuersee» entstand 1563; den
Vulkan «Pico da Sapateira»
gibt’s seither nicht mehr.
Im Herzen von São Miguel sorgt das Zu-
sammentreffen der Elemente für ganz
schön viel Dampf: Das Feuer im Erd­
innern lässt das Wasser mit 93 °C an die
Oberfläche brodeln. So bekommt man
einerseits eine Ahnung, wie heiss es dort
sein muss, andererseits wird man sich
auch bewusst, dass die Erde noch lang
nicht fertig geformt ist. Was wir heute als
unseren Planeten ansehen, ist bloss ein
Schnappschuss der Erdgeschichte.
1883 topmodern:
die Erntemaschine
der Teeplantage
«Chá Gorreana».
Feuer und Wasser entlocken der Umge-
bung des Städtchens Furnas – eine reizvolle Mischung aus mondänem Kurort
und verschlafenem Bauerndorf – aber
noch mehr aromatische Impressionen.
Ein würziges Highlight ist der Eintopf
«Cozido das Furnas»: Findige Azoreaner
entdeckten, dass das heisse Erdinnere
durchaus als Ofenersatz zu gebrauchen
ist. Für das Gericht füllen sie einen gros­
Foto: pd
nische Sicheltanne und viele mehr fanden auf São Miguel eine neue Heimat.
Ihnen allen behagen die fruchtbare
Vulkanerde und das ausgeglichene Klima
mit Temperaturen von 18 bis 25 °C.
«Zudem haben wir hier eine Art auto­
matische Bewässerungsanlage», erklärt
Machado. Die gebürtige Azoreanerin
spielt auf die täglichen Regenschauer an:
«Wenn es leicht nieselt, ist die Anlage im
Testlaufmodus. Giesst es, ist sie an.»
17
natur / reise
Bildersicht: Im
Yachthafen von
Horta verewigen
sich die Segler.
Meersicht: Horta
liegt auf Faial. Im
Hafen starten die
Walbeobachter.
sen Topf mit Kartoffeln,
Rüebli, Grünkohl, Süsskartoffeln, Schweine, Rind-, Hühnerfleisch, Blutwurst, Chorizo,
Speck, Salz und Peperoncini. Dann
versenken sie alles in einem Erdloch und
markieren es mit einem Nummernschild. Nun heisst es bloss noch warten!
«Traditionellerweise isst man Cozido
als Sonntags-Picknick mit der ganzen
Familie und Freunden», erzählt Machado. Fürs Kochen zuständig sei die Jungmannschaft – ein begehrter Job. «Damit
man pünktlich zum Mittag fertig ist,
muss man den Topf frühmorgens versenken. So braucht man für eine durchfeierte Samstagnacht keine Entschuldigung bei den Eltern, und man kann die
Wartezeit mit Chillen verbringen.»
Heute kochen nicht nur Privatleute im
«Vulkanofen», auch die Hotels haben
sich dem Brauch angeschlossen und servieren das pikante Mahl den Touristen.
Nach der Völlerei lohnt sich ein Spaziergang durch Furnas gleich doppelt:
erstens um die Kalorien zu verbrennen;
Weitsicht: Im Tal
liegt Furnas, am
Horizont nähert
sich der Regen.
zweitens sprudeln da 22 Quellen, wovon
einige als verdauungsfördernd gelten.
Machado steuert eine an, die in dieser
Hinsicht als besonders wirkungsvoll gilt.
Das Wasser aus dem Erdinnern schmeckt
allerdings ziemlich gewöhnungsbedürftig – nach Blut. Ist das etwa eine Vampirquelle? «Nein», lacht Machado, «die ist
einfach sehr eisenhaltig.» Wie auch im-
mer, hoffentlich erledigt das Wasser
seinen Job, denn das grösste Thermal­
becken Europas befindet sich im Ort und
will getestet werden: Der 37 °C warme
See liegt mitten im Botanischen Garten
«Parque Terra Nostra» – perfekt zum Entspannen. Und zum Kräftesammeln, damit man noch weitere aromatische
Inselschätze entdecken kann.
n
wissenswertes
Informationen
Weitere Tipps
Anreise: Bei Amin Travel kann man sich
seine Wunschreise zusammenstellen
lassen. Kosten: 1 Woche (Flug, Hotel und
Mietwagen) ab Fr. 1200.– pro Person
im Doppelzimmer. www.amin-travel.ch
Beste Reiszeit: Ganzjährig angenehm.
Im Sommer um die 25 °C (mit teils hoher
Luftfeuchtigkeit), im Winter selten
unter 15 °C. Dank dem Golfstrom ist
auch das Meer ganz­
jährig 16–22 °C warm.
Neun Inseln – neun
Farben: Der portugie­
sische Schriftsteller
Raul Brandão (1867–
1930) teilte 1924 bei
seinem ersten Besuch
auf dem Archipel je­
der Insel eine Farbe zur
Charakterisierung zu.
18 Flores: rosa für die Azaleen. Corvo:
schwarz für die Lava. Faial: blau für die
Hortensien. Pico: grau für die Gebirge.
São Jorge: braun für die Rinder. Gracio­
sa: weiss für die Steine. Terceira: lila für
die Lilien. São Miguel: grün für die Wie­
sen. Santa Maria: gelb für den Gingster.
Europa
USA
Azoren
(portugies.)
Afrika
Corvo
Graciosa
Flores
At
la
Sao Jorge
Terceira
Faial
nt
Pico
isc
her
Oze a n
Sao Miguel
Ponta
Delgada
Santa Maria
Wandern: Alle Inseln bieten ausgeschilder­
te Wanderwege an. Auf trails-azores.com
sind die Wege mit Karten, Fotos und den
wichtigsten Infos beschrieben.
Baden: Entweder im Meer oder im 37 °C
warmen Thermalbad im Botanischen Gar­
ten von Furnas. Öffnungszeiten und weitere
Infos unter www.parqueterranostra.com
Älteste Teeplantage Europas: Seit 1883
wird auf São Miguel Tee angebaut. In der
Fabrik gibt es heute auch ein kleines Mu­
seum mit Shop (unbedingt das Glacé pro­
bieren!). www.gorreanatea.com
Ananas: Auch der Ananasanbau hat auf
São Miguel Tradition. Auf der Plantage
von Augusto Arrunda erfährt man, wie die
Früchte wachsen, und kann sie im Shop
gleich probieren – auch als Likör.
Wale und Delfine: Mai bis September ist die
beste Zeit, um die Meeressäuger zu sehen.
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