PPA Arzneimittel über die Bindehaut verabreichen

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Perspektiven
THERAPIE
Arzneimittel über die Bindehaut verabreichen
von Bernd Hein, Fachjournalist Gesundheitswesen, Buch am Buchrain
| Arzneimittel, die über die Bindehaut des Auges zu verabreichen sind, ge­
hören zu den Lokaltherapeutika. Man setzt sie vor allem zur Behandlung
von Augenkrankheiten ein. Oft müssen sie sehr häufig, manchmal sogar
stundenweise gegeben werden. Deshalb werden sie vom Patienten oder des­
sen Angehörigen meist selbst angewendet. Als MFA übernehmen Sie vor
­allem die Aufgabe, die Betroffenen zu schulen und ihnen die besonderen
­Bedingungen des Auges zu erklären. Manche Patienten empfinden die Appli­
kation als unangenehm, doch mit der richtigen Technik können Sie als MFA
die Akzeptanz und den Behandlungserfolg verbessern. |
Ort der Verabreichung
Ausnutzung des
Lidschlusses zur
Verteilung des
Medikaments
Bei mehr als einem
Tropfen: zwischen
den Gaben zehn
Minuten warten
Augenmedikamente sollen in den Bindehautsack gelangen. Dabei handelt es
sich um die schmale Falte zwischen Unterlid und der Hornhaut des Aug­
apfels. Der meist reflexartig ausgeführte Lidschluss dient beim gesunden
Menschen der Befeuchtung des Auges, weil er die ständig vorhandene
­Tränenflüssigkeit wie einen Film über der Hornhaut verteilt und so das Auge
vor Austrocknung bewahrt. In der Medizin macht man sich diesen Mechanis­
mus zunutze, denn er sorgt ebenfalls dafür, dass die eingesetzten Arzneimit­
tel die gesamte Oberfläche des Auges erreichen.
PRAXISHINWEIS | Wenn die Einzeldosis höher ist als ein Tropfen, warten Sie
zwischen den einzelnen Gaben etwa zehn Minuten. Die beengten anatomischen
Verhältnisse am Auge begrenzen seine Fassungsfähigkeit für Arzneimittel
­erheblich. Wenn man gleichzeitig mehr als einen Tropfen in den Bindehautsack
gibt, rinnt der größte Teil der Flüssigkeit sofort wieder heraus.
Darreichungsform und Wirkung
PDF erstellt für Gast am 13.02.2017
Kleine Packungen,
da Medikamente
leicht verderben
Haltbarkeit: maximal
bis vier Wochen nach
Öffnen der Packung
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Arzneimittel, die zur Anwendung am Auge gedacht sind, gibt es als Lösung
(Tropfen), Salbe oder Gel. Die Packungsgröße ist meist den geringen Mengen
­angepasst, in denen die Präparate zum Einsatz kommen. Ein Grund sind auch
die hohen hygienischen Anforderungen, die an Augenmedikamente zu stellen
sind. Vor allem erkrankte Augen sind sehr empfindlich gegenüber Bakterien,
die sich bei unsachgemäßer Verwendung an den Öffnungen der Medikamen­
tenbehältnisse absiedeln und vermehren können. Von dort geraten sie dann
(zurück) ins Auge und können erhebliche Probleme verursachen.
PRAXISHINWEIS | Verwenden Sie Tuben und Tropffläschchen bis höchstens
vier Wochen nach Öffnung. Obwohl die Hersteller nahezu allen Augenmedi­
kamenten Konservierungsmittel zusetzen, ist die Haltbarkeit angebrochener
­Packungen begrenzt.
PRAXISTEAM12-2015
PROFESSIONELL
Perspektiven
PPA
◼◼Beispiele für Indikationen von Augenmedikamenten
„„ Mydriatika zur Pupillenerweiterung vor Untersuchungen des Augenhintergrunds
„„ Beta-Blocker und Cholinergika (neben anderen Wirkstoffen) zur Behandlung
eines Glaukoms (Grüner Star)
„„ Antibiotika zur Behandlung von Infektionen
„„ Antiallergika (auch Kortison) zur Behandlung bzw. Linderung von allergischen
Reaktionen des Auges
„„ Befeuchtende Präparate (künstliche Tränen) gegen Trockenheit im Auge
„„ Fettende Salben bei mangelhaftem Lidschluss (etwa nach einem Schlaganfall)
Indikationen in der
Regel lokal auf das
Auge begrenzt
Applikation von Tropfen und Salben
Für die korrekte Verabreichung von Augenmedikamenten benötigen Sie Hände­
desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe, Zellstofftupfer (oder unsterile Kompressen), das Arzneimittel in der angeordneten Dosierung und einen Müll­
eimer. Desinfizieren Sie vor und nach der Applikation Ihre Hände und tragen
Sie währenddessen Handschuhe, weil insbesondere Bindehautentzündungen
(Konjunktivitiden) sehr infektiös sind und sich deren Erreger über Kontakte
leicht verbreiten. Wenn der Erkrankte selbst das Arzneimittel anwendet, soll er
sich vor- und nachher die Hände gründlich mit Seife waschen.
Oberste Sorgfalt bei
der Händehygiene!
PDF erstellt für Gast am 13.02.2017
◼◼Korrekte Anwendung von Augenmedikamenten
„„ Hände desinfizieren.
„„ Falls vorhanden: Kontaktlinsen entfernen. Einige Arzneimittel können eine
Verfärbung der Kunststoffe verursachen.
„„ Patienten bitten, eine geeignete Position einzunehmen, zum Beispiel auf einen
Stuhl setzen, Kopf nach hinten neigen. Es ist auch möglich, die Applikation im
Liegen vorzunehmen.
„„ Patienten bitten, Richtung Stirn zu schauen (schützt die empfindliche Augenlinse während der Verabreichung vor dem Kontakt mit dem Arzneimittel).
„„ Unterlid nah am Wimpernrand mit dem Tupfer oder der Kompresse Richtung
Wange ziehen, sodass sich der Bindehautsack öffnet (Grafik nächste Seite).
„„ Hand, die das Arzneimittelbehältnis führt, an der Stirn des Patienten abstützen und die Öffnung etwa fünf Zentimeter vom Auge entfernt ruhig halten.
„„ Tropfen bzw. etwa fünf Millimeter langen Salbenstrang in die Mitte des Bindehautsacks geben.
„„ Vorsicht: Die Öffnung des Medikamentenbehältnisses darf das Auge unter keinen Umständen berühren. Dies dient der Wahrung der Hygiene und verhindert
Verletzungen der Hornhaut.
„„ Augenmedikamente sind ausschließlich personengebunden zu verwenden.
Es ist aus hygienischer Sicht nicht statthaft, mehreren Patienten ein Arzneimittel aus demselben Behältnis zu geben.
„„ Patienten bitten, das Auge langsam zu schließen (nicht zukneifen), damit sich
das Präparat gleichmäßig über die Oberfläche des Augapfels verteilt.
„„ Austretende Flüssigkeit notfalls abtupfen (nicht reiben).
„„ Medikamentenbehältnis sofort verschließen, damit die Öffnung nicht mit
­anderen Gegenständen in Kontakt kommt.
„„ Handschuhe ausziehen und Hände desinfizieren.
12-2015PRAXISTEAM
PROFESSIONELL
Schritt für Schritt:
So funktioniert
die Anwendung
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Perspektiven
Arzneimittel über die Bindehaut verabreichen
Grafik: IWW Institut
Praktische Hinweise für Patienten und MFA
Der Patient soll sich durch die Anwendung des Medikaments nicht selbst
­gefährden und das Medikament soll sicher ins Auge gelangen. Deshalb ist
zusätzlich zur korrekten Anwendung Folgendes zu beachten:
Nach der
Anwendung nicht
ans Steuer setzen!
„„ Weisen Sie die Patienten darauf hin, dass manche Augenmedikamente die
Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigen. Dazu zählen unter anderem Präparate
zur Erweiterung der Pupille (erhöhen die Blendempfindlichkeit) sowie
­Salben, die einen Film über der Hornhaut bilden, der das Sehen verschleiert.
Nach Anwendung solcher Medikamente sollten Patienten nicht selbst Auto
fahren, bis die Wirkung abgeklungen ist (Herstellerangaben beachten).
Erst Tropfen,
dann Salbe oder Gel
„„ Wenn Patienten zu einem Verabreichungszeitpunkt Medikamente in verschiedenen Darreichungsformen benötigen, werden zuerst die Tropfen
verabreicht und danach die Salbe oder das Gel.
PDF erstellt für Gast am 13.02.2017
„„ Wenden Sie bei Kindern, die sich gegen die Gabe von Augentropfen ­wehren,
folgende spezielle Technik an:
▪▪ Das Kind sollte am besten auf dem Schoß eines Elternteils sitzen.
▪▪ Bitten Sie das Kind, das Auge zu schließen und den Kopf zurückzuneigen. Der Elternteil kann den Kopf mit einem Arm abstützen.
▪▪ Tropfen Sie das Medikament dann bei zurückgeneigtem Kopf in den
­Augenwinkel, der der Nase zugewandt ist.
▪▪ Danach lassen Sie das Kind bei unveränderter Kopfhaltung die Augen
­öffnen. So gelangt das Arzneimittel schonend ins Auge.
Auch Eltern können
diese Technik zu
zweit anwenden
Hinweis | Selbstverständlich können Eltern, die ihren Kindern die
Augentropfen selbst verabreichen, diese Technik zu zweit ebenfalls
­
­anwenden.
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PRAXISTEAM12-2015
PROFESSIONELL
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