Stand: 5. Juni 2009 Seminar Galoistheorie Lösbarkeit von Polynomgleichungen I FS 2009 6.5.09 Mustafa Aylidere und Noam Arnold Inhaltsverzeichnis 1 Einführung 2 2 Repetition 2 3 Lösbarkeit von Polynomgleichungen 5 4 Unlösbarkeit der Polynomen vom Grad ≥ 5 9 Index 10 1 Einführung Das Ziel der klassischen Verfahren zur Lösung von Polynomgleichungen war gewesen, die Nullstellen durch die Operationen in Körpern und Wurzelziehen zu berechnen. Als Ergebnis suchte man nach Formeln mit geschachtelten Wurzelausdrücken, wie sie für Polynome vom Grad ≤ 4 auch gefunden wurden. Alle Lösungsversuche für allgemeine Gleichungen von Grad 5 schlugen fehl; um nachweisen zu können, dass es unmöglich ist, benötigt man fortgeschrittene Techniken der Algebra welche wir in diesem Vortrag besprechen werden. Dieser Nachweis gelang nach Vorarbeiten von Paulo Ruffini (1765-1822) erst 1826 dem norwegischen Mathematiker Niels Henrik Abel (1802-1829). Eine weiterführende Bearbeitung hat 1832 der französische Mathematiker Évariste Galois (1811-1832) gegeben. 2 Repetition Für die Beweise unseres Vortrages werden viele Definitionen und Sätze gebraucht welche schon in den vorherigen Vorträgen vorgekommen sind. Hier ist ein Überblick über alle Definitionen und Sätze, welche in unserem Vortrag notwendig sind. Definition 2.1. Sei k ein Körper. Eine Körpererweiterung von k ist ein Oberkörper K von k, geschrieben K ⊃ k. Definition 2.2. Ein Zwischenkörper von K ⊃ k ist ein Körper L mit den Eigenschaften k ⊂ L ⊂ K. Beispiel: Q ⊂ R ⊂ C. Definition 2.3. Der kleinste Unterkörper von K, welcher k ∪ A enthält also: k(A) := ∩{L | L ⊆ KUnterkörper, (k ∪ A) ⊂ L} wird der von A über k erzeugte Unterkörper von K genannt. k(A) ⊃ k entsteht durch Adjunktion von A an k. Beispiele: i.) C = R(i) C entsteht durch Adjunktion von i an R √ √ √ ii.) Q( 6) = {x + x 6 | x, y ∈ Q} entsteht durch Adjunktion von 6 an Q Definition 2.4. Ist k ein Körper und f ∈ k[X] ein Polynom mit n := deg(f ) ≥ 1, so heisst eine Körpererweiterung K ⊃ k ein Zerfällungskörper von f über K :⇔ (i) f zerfällt über K in Linearfaktoren, d.h. es existieren a, x1 , · · · , xn ∈ K , so dass f = a(X − x1 ) · . . . · (X − xn ) (ii) K ist minimal bezüglich Eigenschaft i), d.h. es existiert kein Zwischenkörper k ⊂ K̃ $ K so dass f über K̃ zerfällt. Definition 2.5. Sei R ein Ring und ϕ : Z −→ R, n 7−→ n · 1 ein Homomorphismus. Es existiert genau ein m ∈ N mit Ker(φ) = mZ. Dieses m = char(R) heisst Charakteristik von R. Es gilt char(R) = min{k ∈ N\{0} | k · 1 = 0} 2 Definition 2.6. Für jeden Körper K bildet die Menge Aut(K) := {ϕ : K −→ K | ϕ ist ein Automorphismus} zusammen mit der Hintereinanderschaltung als Verknüpfung eine Gruppe, sie heisst Automorphismengruppe von K. Sei K ⊃ k eine Körpererweiterung, so ist Aut(K; k) := {ϕ ∈ Aut(K) | ϕ|k = idk } < Aut(K) eine Untergruppe, sie heisst Gruppe der relativen Automorphismen von K ⊃ k. Ist K ⊃ k ein Zerfällungskörper von f ∈ k[X],so nennt man Gal(f ; k) := Aut(K; k) die Galoisgruppe von f über k. Satz 2.7. (zur Charakterisierung von Galois-Erweiterungen) Für eine endliche Körpererweiterung K ⊃ k mit char(k) = 0 sind folgende Bedingungen äquivalent: (i) ord[Aut(K; k)] = [K : k]. (ii) K ist ein Zerfällungskörper eines Polynoms f ∈ k[X]. (iii) Es existiert eine endliche Untergruppe G < Aut(K) so dass k = F ix(K; G). Definition 2.8. Die Körpererweiterung K ⊃ k heisst galoissch oder eine GaloisErweiterung wenn eine der oben erwähnten drei äquivalenten Bedingungen erfüllt ist. Definition 2.9. Eine Körpererweiterung K ⊃ k heisst zyklisch, wenn gilt: (i) K ⊃ k ist galoissch (ii) Aut(K; k) ist zyklisch. Definition 2.10. Eine Gruppe G heisst auflösbar, wenn eine der folgenden beiden äquivalenten Bedingungen erfüllt ist: (i) für ein k ∈ N gilt: Komk (G) = {e}, wobei Kom(G) := span{[a, b] | a, b ∈ G} und [a, b] = aba−1 b−1 . (ii) Es gibt in G eine Normalreihe mit abelschen Faktoren Definition 2.11. Betrachte z ∈ C. Die Lösungsmenge von der Gleichung z n = 1 heisst Cn := {1, ζn , ζn 2 , . . . , ζn n−1 } die Menge der n-ten Einheitswurzeln mit ) ζn := exp( 2πi n × und Cn := {ζn m | ggT (m, n) = 1} heisst die Menge der primitiven n-ten Einheitswurzeln. Korollar 2.12. (Aus ”Kreisteilungspolynome und zyklische Erweiterungen”) Ist char(k) = 0 und n ∈ N\0, so gibt es einen kanonischen Monomorphismus von Gruppen χ : Aut(k(ζn ); k) −→ (Z/nZ)× 3 Definition 2.13. Für r = 0, . . . , n nennt man X sr := Xi1 · . . . · Xir ∈ k[X1 , . . . , Xn ] 1≤i1 <i2 <...≤n die elementarsymmetrischen Polynome Satz 2.14. Hauptsatz über symmetrische Polynome Ist R ein Ring mit 1, so ist die Abbildung Φ : R[S1 , . . . , Sn ] −→ R[X1 , . . . , Xn ]sym , Si 7→ si (Xi , . . . , Xn ) ein Isomorphismus von Ringen. Anders ausgedrückt: Zu jedem symmetrischen f ∈ R[X1 , . . . , Xn ] existiert genau ein g ∈ R[S1 , . . . , Sn ] so dass f = φ(g) = g(s1 , . . . , sn ). Definition 2.15. F ix(K; G) := {x ∈ K | ϕ(x) = x ∀ϕ ∈ G} ⊂ K heisst Fixkörper von G in K. Satz 2.16. Hauptsatz der Galoistheorie Sei char(k) = 0 und K ⊃ k eine Galois-Erweiterung, d.h. ord(Aut(K; k)) = [K : k] < ∞. Wir bezeichnen mit L die Menge der Zwischenkörper von K ⊃ k G die Menge der Untergruppen von Aut(K; k) Dann gilt: 1) Die Abbildungen L→G L 7→ Aut(K; L) G→L G 7→ F ix(K; G) sind bijektiv und zueinander invers. 2) Für jeden Zwischenkörper L ∈ L gilt a) K ⊃ L ist Galois-Erweiterung, insbesondere gilt [K : L] = ord(Aut(K; L) und [L : k] = ind(Aut(K; k) : Aut(K; L)) b) L ⊃ k ist genau dann eine Galois-Erweiterung, wenn Aut(K; L) / Aut(K; k) Normalteiler ist. Ist das der Fall, so hat man einen Homomorphismus Aut(K; k) → Aut(L; k) ϕ 7→ ϕ | L und einen Isomorphismus Aut(L; k) ∼ = Aut(K; k)/Aut(K; L) 4 3 Lösbarkeit von Polynomgleichungen Bemerkung 3.1. In diesem Vortrag sind alle Körper Unterkörper von C. Definition 3.2. Eine Körpererweiterung K ⊃ k heisst Radikalerweiterung, wenn es eine Kette K = Lr ⊃ . . . ⊃ Li ⊃ Li−1 ⊃ . . . ⊃ L0 = k von Zwischenkörpern gibt so, dass es für jedes i = 1, . . . , r ein bi ∈ Li und ein ni ∈ N gibt so, dass Li = Li−1 (bi ) und bi ni ∈ Li−1 Li ensteht also aus Li−1 durch Adjunktion der Nullstelle bi eines reinen Polynoms X ni − ai ∈ Li−1 [X]. Definition 3.3. Ein Polynom f ∈ k[X] heisst durch Radikale lösbar, wenn es zum Zerfällungskörper L ⊃ k von f eine Radikalerweiterung K ⊃ k gibt, so dass K ⊃ L ⊃ k. Lemma 3.4. Zu jeder gegebenen Radikalerweiterung K = Lr ⊃ . . . ⊃ L i ⊃ . . . ⊃ L 0 = k existiert ein Erweiterungsköper K 0 ⊃ K und eine Kette von Körper K 0 = L0s ⊃ . . . ⊃ L0j ⊃ . . . ⊃ L00 = k 0 ⊃ k mit folgenden Eigenschaften a) K 0 ⊃ K und K 0 ⊃ k ist eine galoissche Radikalerweiterung b) L0j ⊃ L0j−1 ist für j = 1, . . . , s zyklisch, insbesondere galoissch. c) k 0 = k(ζ), wobei ζ für geeignetes N ∈ N eine primitive N-te Einheitswurzel ist. Insbesondere ist k 0 ⊃ k galoissch und Aut(k 0 ; k) abelsch. Beweis. Betrachten wir die bi ∈ Li und die Exponenten ni ∈ N mit bi ni ∈ Li−1 ; wir setzen N = n1 · . . . · nr und ζ := exp( 2πi ). zu c) N k 0 = k(ζ) ⊃ k ist der Zerfällungskörper von X N − 1 ∈ k[x] =⇒ k 0 ⊃ k ist galoissch. Aus dem Korollar 2.12 (Seite 3) folgt, dass Aut(k 0 ; k) abelsch ist und somit ist c) gezeigt. zu a) und b) Die Existenz der Radikalerweiterung K 0 ⊃ k zeigen wir durch Induktion über r. Für r = 0 gilt: K 0 = k 0 ⊃ k ist eine galoissche Radikalerweiterung. Induktionsvoraussetzung: Wir nehmen an, dass wir schon bei Lr−1 angekommen sind. Zur Vereinfachung bezeichnen wir L := Lr−1 und betrachten das Diagramm K 0 ⊃ L0 ⊃ k 0 ∪ ∪ ∪ K⊃L⊃k 5 Durch die Induktionsvoraussetzung ist die Radikalerweiterung L0 ⊃ k 0 bereits konstruiert und L0 ⊃ k ist galoissch. K 0 als Erweiterung von K und L0 ist noch zu konstruieren. Da L0 ⊃ k galoissch ist folgt, dass L0 ⊃ k ein Zerfällungskörper eines Polynomes f ∈ k[X] ist und K = L(b) mit bn ∈ L, wobei n = nr . Wir definieren Y g := (X n − ϕ(bn )) ∈ L0 [X] wobei G := Aut(L0 ; k) ϕ∈G Da die Koeffizienten von g unter der Operation von G invariant sind müssen sie in F ix(L0 ; G) = k sein. Das heisst g ∈ k[X]. Wir können K 0 ⊃ k als Zerfällungskörper von f · g ∈ k[X] erklären. Das Minimalpolynom g̃(X) von b über L ist sicher ein Teiler von X n −bn ∈ L[X]. Damit ist g̃(X) aber auch ein Teiler von g(X). Im Zerfällungskörper K 0 von g(X) gibt es daher ein Element y welches eine Nullstelle von g̃(X) ist. Dann ist K = L(b) ∼ = 0 0 L(y) ⊂ K so dass wir K auch als Erweiterungskörper von K auffassen können. Jetzt zeigen wir, dass K 0 eine Radikalerweiterung von k ist. Da K 0 Zerfällungskörper von f · g ∈ k[X] ist, folgt das K 0 eine Galoiserweiterung von k ist. L0 ist nach Definition eine Radikalerweiterung von k und K 0 ist eine Radikalerweiterung von L0 , denn nach Definition von g(x) gilt für jede Nullstelle vi , i = 1, 2, . . . , t von g(X): vi n = ϕ(bn ) ∈ L0 für ein passendes ϕ ∈ G und aus K 0 = L0 (v1 , . . . , vt ) folgt die Behauptung. Nun ist k ⊂ k 0 ⊂ K 0 und da k ⊂ L0 sowie L0 ⊂ K 0 Radikalerweiterungen sind, trifft dies auch für K 0 ⊃ k zu. Ist K 0 ⊃ . . . ⊃ L0j ⊃ L0j−1 ⊃ . . . ⊃ L0 eine der neu konstruierten Zwischenschritte, so ist L0j = L0j−1 (bj ) mit bj ∈ L0j 0 und bm j ∈ Lj−1 wobei m Teiler von n ist und damit von N ist. Da L0j−1 die m-ten Einheitswurzeln enthält und L0j ⊃ L0j−1 ein Zerfällungskörper eines Polynoms in L0j−1 ist, existiert nach dem Satz über reine Polynome ein Isomorphismus Aut(L0j ; L0j−1 ) −→ Zn =⇒ L0j ⊃ L0j−1 ist eine zyklische Erweiterung. Lemma 3.5. Sei L2 ⊃ L1 eine Galois-Erweiterung und ζ eine primitive n-te Einheitswurzel. Dann ist auch die Erweiterung L2 (ζ) ⊃ L1 (ζ) galoissch, und Aut(L2 (ζ); L1 (ζ)) < Aut(L2 ; L1 ). Beweis. L2 ⊃ L1 ist nach Satz 2.7 (Seite 3) ein Zerfällungskörper eines Polynoms f ∈ L1 [X], die Erweiterungen Li (ζ) ⊃ Li sind für i = 1, 2 Zerfällungskörper von X n − 1 ∈ Li [X]. Also ist L2 (ζ) ⊃ L1 Zerfällungskörper von f · (X n − 1) ∈ L1 [X] daher ist diese Erweiterung galoissch, somit auch L2 (ζ) ⊃ L1 . Offensichitlich ist Aut(L2 (ζ); L1 (ζ)) < Aut(L2 (ζ); L1 ). Die Erweiterungen L2 (ζ) ⊃ L2 ⊃ L1 6 sind galoissch; nach dem Hauptsatz der Galoistheorie (Satz 2.15)gilt also ϕ(L2 ) = L2 für ϕ ∈ Aut(L2 (ζ); L1 ). Also folgt ϕ ∈ Aut(L2 (ζ); L1 (ζ)) =⇒ ϕ ∈ Aut(L2 ; L1 ) Satz 3.6. Ist k ein Körper mit char(k) = 0, so sind für ein Polynom f ∈ k[X] folgende Bedingungen gleichwertig: i.) f ist durch Radikale lösbar. ii.) Die Galoisgruppe Gal(f ; k) ist auflösbar. Beweis. i) =⇒ ii) Gegeben ist eine Körperkette K ⊃ L ⊃ k, wobei K ⊃ k eine Radikalerweiterung und L ⊃ k Zerfällungskörper von f ist. Zu der nach Lemma 1 existierenden Körpererweiterung K 0 ⊃ k gehört nach dem Hauptsatz der Galoistheorie (S.4, Repetition) nach 2b) eine Normalreihe {idK 0 } / Aut(K 0 ; L0s−1 ) / . . . / Aut(K 0 ; L0j ) / . . . / Aut(K 0 ; k 0 ) / Aut(K 0 ; k) Aus dem Isomorphismus Aut(K 0 ; L0j−1 )/Aut(K 0 ; L0j ) ∼ = Aut(L0j ; L0j−1 ) folgt, dass diese Faktorgruppe zyklisch ist; die Faktorgruppe Aut(K 0 ; k)/Aut(K 0 ; k 0 ) ∼ = Aut(k 0 ; k) ist abelsch, weil nach Lemma 3.3 c) Aut(k 0 ; k) abelsch ist. Also folgt dass Aut(K 0 ; k) auflösbar ist. Da L ⊃ k als Zerfällungskörper galoissch ist, folgt Aut(L; k) ∼ = Aut(K 0 ; k)/Aut(K 0 ; L) Wir wissen von oben, dass Aut(K 0 , k) auflösbar ist. Aus der Algebra wissen wir: Quotientengruppen auflösbarer Gruppen sind auflösbar. Daraus folgt, dass Aut(K 0 , k)/Aut(K 0 , L) auflösbar ist. Nun folgt aus der Isomorphie, dass Gal(f ; k) = Aut(L, k) auflösbar ist. ii) =⇒ i) Ist L ⊃ k Zerfällungskörper von f ∈ k[X], so gibt es nach Voraussetzung eine Normalreihe idL = Nr / Nr−1 / . . . / Ni / Ni−1 / . . . / N0 = Aut(L; k) = Gal(f ; k) (1) derart, dass die Faktorgruppen Ni−1 /Ni zyklisch sind. Zu (1) gehört nach dem Hauptsatz der Galois-Theorie eine Körperkette L = Lr ⊃ Lr−1 ⊃ . . . ⊃ Li ⊃ Li−1 ⊃ . . . ⊃ L0 = k wobei Li := F ix(L; Ni ), derart dass Li ⊃ Li−1 galoissch ist und Aut(Li ; Li−1 ) ∼ = Ni−1 /Ni . Ni−1 /Ni ist zyklisch, ord(Ni−1 /Ni ) teilt n := ord(Gal(f ; k). Um den Satz über zyklische Erweiterung anwenden zu können, adjungieren wir zu k eine primitive n-te Einheitswurzel ζ. Nach Lemma 3.4 ist Li (ζ) ⊃ Li−1 (ζ) galoissch 7 und Aut(Li (ζ); Li−1 (ζ)) < Aut(Li ; Li−1 ) also ist die Erweiterung Li (ζ) ⊃ Li−1 (ζ) zyklisch. Wie wir schon im Vortrag ”Kreisteilungspolynome und zyklische Erweiterungen”gesehen haben gibt es ein bi ∈ Li (ζ) und ein Teiler ni von n, so dass bni i ∈ L(ζ) und Li = Li−1 (bi ). Insgesamt erhält man ein Diagramm L ⊂ L(ζ) ⊃ Lr−1 (ζ) ⊃ . . . ⊃ Li (ζ) ⊃ . . . ⊃ L0 (ζ) = k(ζ) ⊃ k Da ζ n ∈ k, ist k(ζ) ⊃ k und somit auch L(ζ) ⊃ k eine Radikalerweiterung; damit ist i) bewiesen. 8 4 Unlösbarkeit der Polynomen vom Grad ≥ 5 Wir haben bewiesen, dass folgende Aussagen äquivalent sind: i.) f ist durch Radikale lösbar. ii.) Die Galoisgruppe Gal(f ; k) ist auflösbar. Nun wissen wir aus der Algebra, dass die Symmetrische-Gruppe Sn für n ≤ 4 auflösbar ist und für n ≥ 5 nicht auflösbar ist. In diesem Abschnitt werden wir zeigen, dass Gal(f ; k(x1 , . . . , xn )) ∼ = Sn Dazu betrachten wir f := X n − S1 X n−1 + . . . + (−1)n Sn ∈ k(S1 , . . . , Sn )[X] f ist das Polynom n-ten Grades mit allgemeinen (= umbestimmte) Koeffizienten über dem Grundkörper k. Über einem Zerfällungskörper K ⊃ k(S1 , . . . , Sn ) ist f = (X − x1 ) · . . . · (X − xn ) , wobei x1 , . . . , xn ∈ K = k(x1 , . . . , xn ) Man sieht das die Koeffizienten Si die elementarsymmetrischen Funktionen (Seite 4, Definition 2.13.) der Nullstellen sind. Dieses allgemeine Polynom hat eine maximale Galoisgruppe: Satz 4.1. Ist f ∈ k(S1 , . . . , Sn )[X] das Polynom n-ten Grades mit allgemeinen Koeffizienten, so hat man einen Isomorphismus Gal(f ; k(S1 , . . . , Sn )) −→ Sn Beweis. Als Hilfsmittel benutzen wir das Polynom g := (X − X1 ) · . . . · (X − Xn ) ∈ k(X1 , . . . , Xn )[X] mit allgemeinen Nullstellen. Die Gruppe Sn operiert auf k[X1 , . . . , Xn ] durch Permutation der Unbestimmten Xi , damit auch auf k(X1 , . . . , Xn ). Aus dem Hauptsatz über symmetrische Polynome (Seite 4, Satz 2.14.) folgt F ix(k(X1 , . . . , Xn ); Sn ) = {h ∈ k(X1 , . . . , Xn ) | ϕ(h) = h ∀ ϕ ∈ Sn } = k(s1 , . . . , sn ) Da G = Sn < Aut(k(X1 , . . . , Xn )) gilt nach Satz 2.7 (iii), dass k(X1 , . . . , Xn ) ⊃ k(s1 , . . . , sn ) galoissch ist. Daraus folgt aus dem Hauptsatz der Galoistheorie 1) (Satz 2.16.) das für die Galoisgruppe von g gilt: Gal (g; k(s1 , . . . , sn )) = Aut (k(X1 , . . . , Xn ); k(s1 , . . . , sn )) Aut (k(X1 , . . . , Xn ); k(s1 , . . . , sn )) 7→ k(s1 , . . . , sn ) = F ix(k(X1 , . . . , Xn ); Sn ) F ix(k(X1 , . . . , Xn ); Sn ) 7→ Sn Daraus folgt Gal (g; k(s1 , . . . , sn )) ∼ = Sn . Um daraus die Galoisgruppe von f zu erhalten betrachten wir das Diagramm der Körpererweiterungen: ψ k(x1 , . . . , xn ) ∪ ← − k(S1 , . . . , Sn ) ∩ k(S1 , . . . , Sn )[X] 3 f − → ϕ 7→ Wobei ϕ(Si ) = si und ψ(Xi ) = xi 9 k(X1 , . . . , Xn ) ∪ k(s1 , . . . , sn ) ∩ g ∈ k(s1 , . . . , sn )[X] Zu zeigen: a) ϕ ist ein Isomorphismus: Offensichtlich ist ϕ surjektiv. Das ϕ injektiv ist wissen wir schon aus dem Hauptsatz über symmetrische Polynome. Man kann es aber nochmals zeigen indem man ψ eingeschränkt auf k(s1 , . . . , sn ) betrachtet und sieht, dass es ϕ umkehrt. b) ψ ist ein Isomorphismus und ψ −1 ist Fortsetzung von ϕ : Da ϕ die Koeffizienten von f auf die Koeffizienten von g abbildet, ist ψ eine Fortsetzung von ϕ−1 auf die Zerfällungskörper von g und f und somit ein Isomorphismus. Es Folgt Gal(f ; k(S1 , . . . , Sn )) ∼ = Gal(g, k(s1 , . . . , sn ) ∼ = Sn Wie schon erwähnt wissen wir aus der Algebra, für alle n ≥ 2 gilt Kom(Sn ) = (An ) und {id}, für Kom(An ) = K4 , für An , für dass n≤3 n=4 n≥5 Daraus folgt, dass Sn für n ≤ 4 auflösbar ist und für n ≥ 5 nicht auflösbar ist. Aus dem Satz 3.3 folgt nun: Korollar 4.2. Die Gleichung n-ten Grades mit allgemeinen Koeffizienten ist für n ≥ 5 nicht durch Radikale lösbar. 10 Index Galoisgruppe, 3 Adjunktion, 2 auflösbar, 3 Automorphismengruppe, 3 Charakterisierung von Galois-Erweiterungen, 3 Charakteristik, 2 durch Radikale lösbar, 5 elementarsymmetrischen Polynome, 4 erzeugte Unterkörper, 2 Fixkörper, 4 Galois-Erweiterung, 3 galoissch, 3 Hauptsatz der Galoistheorie, 4 Körpererweiterung, 2 n-ten Einheitswurzeln, 3 primitiven n-ten Einheitswurzeln, 3 Radikalerweiterung, 5 relativen Automorphismen, 3 symmetrische Polynome, 4 Zerfällungskörper, 2 Zwischenkörper, 2 zyklisch, 3 11