Einführung in die Beschleunigerphysik Bedeutung hoher Teilchenenergien Die kleinsten Dimensionen liegen heute in der Physik unter d < 10 − 15 m Die zur Untersuchung benutzten Wellenlängen dürfen ebenfalls nicht größer sein. Das ergibt eine Photonenenergie hc Eγ = h ν = = 2 ⋅ 10− 10 J λ Durch Bremsstrahlung erzeugt müssen die Elektronen die Energie Ee > Eγ mit Ee = eU WS 2001/02 Dann ist die Spannung U= Ee = 1.2 ⋅ 109 V e erforderlich. Untersuchung der Materie mit Hilfe hochenergetischer Teilchen (z.B. Elektronen) de Broglie-Wellenlänge: h hc λB = = p E Ergibt dieselbe Spannung von U = 1.2⋅109 V 17 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 die Spannung Definition von 1 eV: U = 1V durchläuft, hat es die Energie E = eU = 1.602 ⋅ 10 −19 J ⇔ E = 1eV gewonnen. Gebräuchlich sind folgende Werte: Wenn das Elektron mit der Ladung e = 1.602 ⋅ 10− 19 C 1 keV = 103 eV, 1 MeV = 106 eV 1 GeV = 109 eV 1 TeV = 1012 eV 18 Einführung in die Beschleunigerphysik Erzeugung neuer Teilchen (Paarerzeugung): WS 2001/02 Eγ > 2 me c2 = 1.637 ⋅ 10− 13 J = 1.02 MeV die Ruhemasse ist me = 9.108⋅10-31 kg ⇔ E0 = 511 keV Um ein Teilchen der Masse m zu erzeugen, braucht man die Energie E = mc2 Wegen Ladungserhaltung müssen immer zwei Teilchen erzeugt werden („Paarerzeugung“). Bei ElektronenPositronen-Paaren ist daher Beispiele: Proton b-Quark Vektorboson t-Quark p b Z0 t E0 = 938 MeV E0 = 4735 MeV E0 = 93000 MeV E0 = 174000 MeV 19 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Kräfte zur Beschleunigung von Teilchen Teilchenenergie in relativis- Welche Kräfte (Wechselwirkungen) gibt es in der Natur? tisch invarianter Form E = mo2 c4 + p 2 c2 mit p = mv = γ m0 v . Die Teilchenmasse ist energieabhängig m = γm 0 mit γ= E . 2 m0 c Nach dem 2. Newton’schen Gesetz benötigt man zur Beschleunigung die Kraft Kraft relative Reichweite betroffene Stärke [m] Teilchen Gravitation 6⋅10-39 ∞ alle Teilchen Elektromagnetismus 1/137 ∞ geladene Teilchen starke Kraft ≈1 schwache Kraft 10-5 10-15 - 10-16 Hadronen << 10-16 Hadronen & Leptonen r r F = p& . 20 Einführung in die Beschleunigerphysik Es bleibt nur die elektromagnetische Wechselwirkung. Die Lorentzkraft ist r r r r F = e (v × B + E ) Die Energieänderung bei Bewegung im EM-Feld ist r r2 r r2 r r1 r r1 r r r r r r ∆E = ∫ F dr = e ∫ ( v × B + E ) dr r Das Magnetfeld B bewirkt keine WS 2001/02 In der Beschleunigerphysik werden daher die Grundlagen der klassischen Elektrodynamik angewendet. Hier spielen die Maxwell’schen Gleichungen eine entscheidende Rolle. Außerdem benötigt man die spezielle Relativitätstheorie. Energieänderung. Energiegewinn erfolgt nur mit elektrischen Feldern: r r2 r r ∆E = e ∫ E dr = eU r r1 21 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Entwicklung der Beschleuniger Prinzip der Gleichspannungsbeschleuniger: 22 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Abhängigkeit des Stromes von der Spannung: Die Koronabildung definiert die Spannungsgrenze. 23 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Der Cockroft-Walton-Kaskadengenerator Anfang der 30er Jahre entwickelten Cockroft und Walton einen Hochspannungsgenerator für 400 kV („Greinacker-Schaltung“). 24 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Am Punkt A ist die Spannung U ( t ) = U sin ω t Die stromabhängige Gesamtspannung ist U ges 2πI 2 3 1 2 1 = 2Un − n + n + n ωC 3 4 12 hohe Frequenz ω und große Kapazität C reduzieren den Einfluß des Stromes. Es wurden Spannungen bis U = 4 MV erreicht und im Pulsbetrieb von einigen µs Dauer Strahlströme von mehreren 100 mA 25 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Der Marx-Generator Er kann nur kurze Hochspannungspulse erzeugen, aber dafür sehr hohe Ströme liefern. Nach Zünden der Funkenstrecken liegen alle Kondensatoren in Serie, die Gesamtspannung ist also U ges = nU Folgende Werte wurden erreicht: n = 100, C = 2 µF, U = 20 kV τ = 40 ns, I = 500 kA Mit einem anderen Marx-Generator wurden 1932 Spitzenspannungen um 6 MV erzeugt. 26 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Der Van de Graaff-Beschleuniger 1930 begann Van de Graaff mit der Entwicklung eines Hochspannungsgenerators. Unter normalen Bedingungen werden Spannungen bis Umax = 2 MV erzeugt. In einem Tank mit Isoliergas (z.b. SF6) unter einem Druck von ca. 1 MPa sind Spannungen bis Umax = 10 MV möglich. 27 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 5 MeV Van-de-Graaff am Hahn-Meitner-Institut in Berlin 28 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Der Tandem-Beschleuniger Durch Umladung von Ionen während der Beschleunigung kann das Potential zweimal genutzt und damit die Energie verdoppelt werden. Van de Graaff baute 1936 erstmals einen Beschleuniger nach diesem Prinzip, das auch als „Tandem-Beschleuniger“ bezeichnet wird. Bei vielfach ionisierten Ionen können Energien bis 1000 MeV erreicht werden. 29 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Tandem-Beschleuniger der Uni Köln 30 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Der Linearbeschleuniger Der Schwede Ising hat 1925 vorgeschlagen, zur Beschleunigung schnell wechselnde Felder zu benutzen. 1928 gelang Wideröe der erfolgreiche Test. Ein HF-Sender liefert die hochfrequente Wechselspannung U ( t ) = U 0 sin ω t 31 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Die Frequenz νHF ist konstant. Aus Nach der i-ten Röhre haben die Teilchen mit der Ladung q die Energie (1) bis (3) folgt E i = i qU 0 sin Ψs In der i-ten Röhre wurde die kinetische Energie 1 2 E i = mv i 2 wenn 1 i qU 0 sin Ψs li = ν HF 2m (1) v i << c (2) also li ∝ i Phasenfokussierung: erreicht. Beim Durchlaufen einer Driftstrecke vergeht gerade eine halbe Periodendauer τHF/2. Dann ist der Abstand zwischen dem i-ten und dem (i +1)ten Spalt li = vi τ HF v vλ λ = i = i HF = β i HF .(3) 2 2 ν HF 2c 2 32 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Ein Teilchen mit zu hoher Geschwindigkeit kommt zu früh und sieht die Spannung U s′ = U 0 sin( Ψs − ∆Ψ ) < U 0 sin Ψs und wird weniger stark beschleunigt. Heute werden Hohlleiter anstelle der Driftröhren eingesetzt. Erste Studien von Beams und Hansen in den Jahren 1933 und 1934. Der größte Linearbeschleuniger steht am Stanford Linear Accelerator Center (SLAC) in Kalifornien: 33 Einführung in die Beschleunigerphysik Das Zyklotron Es wird ein homogenes Magnetfeld der Art 0 r B = 0 Bz (1) angenommen. Ein Teilchen mit der Ladung e und der Geschwindigkeit v folgt der Bewegungsgleichung r r d r r r & F = p = ( mv ) = e v × B dt (2) Die Bewegung verlaufe nur in der x-y-Ebene, also vx px r p = py = m v y 0 0 (3) WS 2001/02 Mit (1) und (3) berechnet man das Kreuzprodukt in (2) und erhält vy Bz r& p = e − vx Bz 0 (4) oder in Komponentenschreibweise p& x = mv&x = e v y Bz p& y = mv&y = − e v x Bz (5) Nochmaliges Differenzieren und Umformen liefert e2 2 v&&x + 2 Bz v x = 0 m e2 2 v&&y + 2 Bz v y = 0 m (6) 34 Einführung in die Beschleunigerphysik mit den Lösungen vx ( t ) = v0 cos ω z t vy ( t ) = v0 sin ω z t (7) Die Teilchen laufen in der x-y-Ebene auf einem Kreis mit der konstanten Frequenz e ω z = Bz m WS 2001/02 Experimente Teilchenstrahlen bis zu einer Energie von 1.2 MeV lieferte. Zur Beschleunigung benutzt man eine HF-Spannung mit der konstanten Frequenz ω HF = ω z (8) um. Sie wird als Zyklotronfrequenz bezeichnet. Auf diesem Prinzip basiert das Zyklotron. Es wurde 1930 von Lawrence vorgeschlagen. Mit Livingston baute er 1932 das erste praktisch nutzbare Zyklotron, Beschleunigt werden Protonen, Deuteronen und α-Teilchen bis etwa 22 MeV pro Elementarladung. Die HF-Frequenz liegt um 10 MHz. 35 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Prinzip des Zyklotrons: 36 Einführung in die Beschleunigerphysik Die Teilchengeschwindigkeit ist v ≈ 015 . c . Bei höheren Energien sinkt die Zyklotronfrequenz WS 2001/02 Das Isozyklotron der Uni Bonn eBz ωz = γ m0 Entweder fährt man die Frequenz mit („Synchrozyklotron“), oder man ändert das Magneteld radial nach ωz = e Bz (r ) = const. γ m0 („Isozyklotron“). 37 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Das Mikrotron Für Elektronen ist das Zyklotron nicht geeignet, da sie sehr schnell relativistische Geschwindigkeiten erreichen. Beim Mikrotron geht man praktisch von extrem relativistischen Geschwindigkeiten aus ( v = c ) und ändert von Umlauf zu Umlauf die Bahnlänge jeweils exakt um ein Vielfaches der HF-Wellenlänge. Dann sieht das Teilchen bei jedem Umlauf dieselbe (stabile) HF-Phase. 38 Einführung in die Beschleunigerphysik Die Dauer eines Umlaufs auf der iten Bahn ist 2( π Ri + l) ti = vi (1) Mit der Zentrifugalkraft Fz und der Lorentzkraft FL vi2 Fz = m Ri und FL = evi B (2) folgt Ri evi B = mv 2 i (3) Nach Einsetzten in (1) erhält man die Zeitdifferenz zwischen dem i-ten und dem (i + 1)-ten Umlauf zu ∆t = ti +1 − ti = = 2π (Ei +1 − Ei ) 2 ec B 2π ∆E 2 ec B (5) Diese Differenz muß einem ganzzahligen Vielfachen der HF-Periode entsprechen: ∆t = k ν HF (6) Der Energiegewinn pro Umlauf ist Der Bahnradius ist vi mc2 vi Ri = 2 = 2 Ei ec B ec B WS 2001/02 (4) ec2 B ∆E = k 2π ν HF (7) 39 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Beispiel: B = 1 T, νHF = 3 GHz k=1 ⇒ ∆E = 4.78 MeV Beispiel eines 50 MeV-Mikrotrons 40 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Das größte Mikrotron ist „MAMI“ an der Uni Mainz mit einer Endenergie über 800 MeV Mikrotronanlage „MAMI“ der Uni Mainz 41 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 Stufe 1 & 2 von MAMI 42 Einführung in die Beschleunigerphysik WS 2001/02 MAMI 3 43