Münzen der Römer - mehr als nur ein Zahlungsmittel

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Münzen der Römer - mehr als nur ein Zahlungsmittel
( Gliederung des Referates von Ludwig Kranz anlässlich des IV. Römertages am 17.04. 2011
in Mommenheim )
1. Zeitliche Dimension: ca. 700 Jahre, d. h. vom 3. vorchristlichen - zum 5. nachchristlichen Jhdt.
2. Römische Republik ( 3. - 1. Jhdt.v.Chr. ) - Imperatorische Zeit ( 1. Jhdt. - 27 v. Chr. )
Römische Kaiserzeit ( 27 v. Chr. )
Münzen: Aes rude (Vorläufer ) - Didrachme - Aes grave - As - Denar - Quinar
Persönlichkeiten: Caesar - Marcus Antonius - Octavianus ( Augustus )
3. Das kaiserzeitliche Währungssystem - dargestellt an Kaiser Traian - 98 - 117 n. Chr. - ( Aureus Denar - Sesterz - Dupondius - As - Semis - Quadrans )
4. Die Bedeutung der Münzen als „Massenmedien“ - Inschriften auf dem Avers: Titel - Taten
5. Rückseiten - Bezug zur Götterwelt - abstrakte Begriffe Kaiser und Heer - kaiserliche Geschenke - Architektur
6. Einführung des Antoninian unter Caracalla und „Degeneration“ - Münzreform des
Diokletian ( 294 n. Chr ) bis Ende des Römerreiches: Follis mit Reduktion
7. Beispiel der aktuellen Analyse von zwei Mommenheimer Fundmünzen: As des Traian und
Kleinfollis des Constantin
8. Zusammenfassung: Römische Münzen: Zahlungsmittel - Publikationsmöglichkeit für Kaiser „lebendige“ Geschichtsquellen - Spiegel der sozialen und politischen Verhältnisse - faszinierendes
Sammelgebiet für Jedermann
Das frühe römische Münzwesen ( 3. Jhdt. v. Chr. )
Gleichzeitiger Gebrauch verschiedener Währungen:
Bronzenes Schwergeld - silberne Didrachmen griechischer Art
Das Schwergeld ( aes grave ) hatte sich aus der älteren mittelitalischen Rohbronzewährung ( aes
rude ) entwickelt, einer speziellen Form des vormünzlichen Geldes. Beim aes rude handelt es sich um
ungeformte Bronzestücke unterschiedlicher Größe, die nach Gewicht in Zahlung genommen wurden.
Die gebräuchliche Gewichtseinheit war das römische Pfund ( as ) von etwa 324 Gramm, das in 12
Unzen unterteilt wurde. Als Münze übernahm der As den Namen und zunächst auch das Gewicht des
römischen Pfundes. Dieser Bezug gilt auch für die Teilstücke Semis ( 1/2 As = 6 Unzen ), Triens
(
1/3 As = 4 Unzen ), Quadrans (1/4 As = 3 Unzen ), Sextans ( 1/6 As = 2 Unzen ) und Uncia
( Unze ). Gelegentlich gibt es auch Halb- und Viertelunzen ( Semuncia bzw. Quartuncia ).
Das Schwergeld wurde gegossen, d.h. nicht geprägt. Normalerweise waren diese Münzen schriftlos,
jedoch mit Wertmarkierungen versehen: I = As, S = Semis, die anderen Nominale durch Wertkugeln
entsprechend der Zahl der Unzen.
Zum Verzicht auf die Schwergeldwährung gelangten die Römer durch äußeren Zwang:
In der Not des Zweiten Punischen Krieges musste das Gewicht mehrmals reduziert werden, zuerst um
217 v. Chr. auf die Hälfte ( Semilibralfuß ), schließlich um 211 v. Chr. auf 1/6 ( Sextalfuß ) der
ursprünglichen Norm.
Im Zuge dieser Entwicklung wurde zunächst für die kleineren Nominale das Prägeverfahren
eingeführt, zuletzt auch für den As.
Die Didrachmen der Römer waren nach Münzmetall, Gewicht, Prägetechnik, Typen und Stil
griechische Münzen. Sehr wahrscheinlich sind die frühesten von ihnen in Neapel geprägt worden. Sie
hatten die Funktion einer Außenwährung.
Es gab 8 verschiedene Didrachmenserien. Die Didrachmenperiode fand im Zweiten Punischen Krieg
ihr Ende.
Die Münzprägung seit Einführung des Denars
Im Verlauf des Zweiten Punischen Krieges ( ca. 211 v. Chr. ) wurde die Didrachme durch den
Denar ersetzt.
Er wog anfänglich ca. 4,5 g wurde aber bald auf ca. 3,84 g reduziert. Er hatte einen Wert von 10
Assen ( deni = je zehn ). Teilstücke aus Silber waren der Quinar ( 5 Asse ) und der Sesterz
(
2 ½ Asse ).
Die Bronzeprägung basierte auf dem sog. Sextantalfuß, d. h. der As wog nur noch ca. 54 g ( 1/6 des
römischen Pfundes ) und wurde in der Zeit von 91 - 84 v. Chr. weiter reduziert auf 1/12 ( Unzialfuß )
und 1/24 ( Semiunzialfuß ).
Um 141 v. Chr. wurde der Denar aufgewertet und 16 Assen gleich gesetzt, d. h. der Quinar war 8
und der Sesterz 4 Asse wert. Diese Regelung blieb über einen Zeitraum von ca. 400 Jahren gültig.
Die Münzprägung wurde im Auftrag des Senats von einem aus drei Münzmeistern bestehenden
Kollegium ( tresviri monetales - aere argento auro flando feriundo ) durchgeführt, welches jährlich
neu gewählt wurde.
Die frühen Denare zeigen auf der Vorderseite ( Avers ) den Kopf der Roma und die römische Zahl
X.
Standardtypen der Rückseite ( Revers ) waren zunächst die reitenden Dioskuren sowie die von
Göttern oder Göttinnen gelenkte Biga oder Quadriga.
Die Prägungen sind teils anonym oder mit Beizeichen versehen bzw. sie tragen die Abkürzungen der
Münzmeisternamen.
Die späteren Denare weisen eine größere Typenvielfalt auf und dienten z. T. der Selbstdarstellung von
Münzmeistern bzw. der Verbesserung ihrer Karriere.
Die Bildersprache war dem breiten Publikum nicht verständlich und richtete sich an die
Standesgenossen der Münzmeister bzw. an die römischen Adelsfamilien.
Die Bürgerkriege der letzten Jahrzehnte der Römischen Republik hinterließen in der Münzprägung
deutliche Spuren:
Die Machthaber von Sulla über Pompeius und Caesar bis Brutus, Octavian und Marcus
Antonius usurpierten das Münzrecht, prägten in eigener Machtvollkommenheit und benutzten
die Münzen zur eigenen Propaganda.
Die Münzprägung der sog. „Imperatorischen“ Epoche
Diese Epoche - zeitlich die kürzeste, aber in ihren Konsequenzen die bedeutendste - umfasst das
Ende der Republik, die Bürgerkriege zwischen Pompeius und Caesar ( 49 v. Chr. ), die
Alleinherrschaft Caesars und die Konflikte um seine Nachfolge, bzw. um sein politisches Erbe,
also Mitte des 1. Jahrhunderts bis zum Beginn des Römischen Kaisertums ( 27 v. Chr ).
Die politischen und militärischen Machtkämpfe hatten auch Auswirkungen auf die Münzprägung, die
zunehmend der eigenen Propaganda diente.
Das in der Republik streng beachtete Tabu, dass keine lebenden Personen auf Münzbildern abgebildet
werden durften, wurde durchbrochen ( der Januskopf auf der aktuellen Münze trägt nun die
Gesichtszüge des Pompeius ) und ein Portrait zu Lebzeiten von Caesar erstmals offen als
Porpagandamittel benutzt.
Die Mitglieder des Triumvirates nach Caesars Ermordung ( Marcus Antonius, Octavianus und
Lepidus) wurden auf Münzen dargestellt sowie die Personen, welche um das Erbe Caesars stritten
( Marcus Antonius und Octavianus ).
Ebenso begegnet uns auf Münzen das Portrait von Cleopatra, einer der schillerndsten Persönlichkeiten
dieser Zeit.
Octavianus konnte sich nach dem Sieg bei Actium gegen Marcus Antonius als Erbe Caesars
durchsetzen und führte im Zuge seiner Reformpolitik das kaiserzeitliche Münzsystem ein,
welches über Jahrhunderte Bestand haben sollte.
Das Münzsystem in der Römischen Kaiserzeit - Nominale Wechselverhältnisse - Gewicht
1 Aureus
=
25 Denare
1 Denar
=
4 Sesterze
1 Sesterz
=
2 Dupondien
1 Dupondius
=
2 Asse
1 As
=
2 Semisses
1 Semis
=
2 Quadrantes
„Inflation“ durch Reduzierung des Gewichtes
Das Gewicht des Aureus betrug:
23 v. Chr.
= 1/40 des römischen Pfundes
=
7,96 g
12 v. Chr.
= 1/42 des römischen Pfundes
=
7,79 g
ab 51 n. Chr. = 1/43 des römischen Pfundes
=
7, 61 g
64 n. Chr.
=
7, 27 g
= 1/45 des römischen Pfundes
Das Gewicht des Denares betrug:
23 v. Chr.
= 1/84 des römischen Pfundes
=
3,89 g
12 v. Chr.
= 1/87 des römischen Pfundes
=
3,76 g
51 n. Chr.
= 1/90 des römischen Pfundes
=
3,63 g
64 n. Chr.
= 1/96 des römischen Pfundes
=
3,41 g
Bis zur sog. „Neronischen Münzverschlechterung“ blieb der Feingehalt des Denares bei etwa
94% Silber. Nach dem Jahr 64 wurde er in steigendem Maß mit Kupfer legiert.
Um 215 betrug der Feingehalt des Denares nur noch 50%, fiel bis zur Mitte des 3. Jhdts. auf
25%, dann seit 262 n. Chr. nur noch auf 4%.
Der Sesterz wog bis 217 n Chr. 1/12 des römischen Pfundes = 27,28 g, der Dupondius 1/24 =
13,64 g ( Messing ), der As 1/30 des römischen Pfundes = 10,23 g ( Kupfer )
Das Münzbild - Vorderseite ( Avers ) in der römischen Kaiserzeit
In der Kaiserzeit hatten die Münzen die Funktion unserer Massenmedien, d. h. der jeweilige
Kaiser wollte sich, seine Taten und seine Absichten jedermann bekannt machen und zwar nicht nur
symbolisch, sondern konkret. Dazu waren Stempelschneider beauftragt, die in erster Linie dafür
verantwortlich waren, den Kaiser oder die Mitglieder der kaiserlichen Familie realistisch zu
porträtieren, quasi in einer Form, die - wie auf modernen Wahlplakaten - sympathisch wirken sollte.
Der Kopf ist entweder barhäuptig oder mit Lorbeerkranz bzw. mit Strahlenkrone dargestellt
und von informativen Legenden umgeben, die Name, Titel sowie militärische Erfolge
bezeichnen.
Die konkret gezeigte Münze des Kaisers Caligula ( 37 - 41 n. Chr. ) hat folgende Legende:
C (= Caius ) CAESAR AUG (= Augustus ) GERMANICUS PON (= pontifex) M (= maximus )
TR (= tribunicia ) P ( = potestas ), d. h.:
Gaius, Kaiser, der Erhabene, Sieger über die Germanen, oberster Priester, Inhaber der tribunizischen
Gewalt.
Oft stehen die Legenden auch in der Dativform als Widmung, wie z. B. bei dem gezeigten Sesterz des
Kaisers Traian ( 98 - 117 n. Chr. ):
IMP ( imperatori ) CAES ( caesari ) NERVAE TRAIANO AUG ( augusto ) GER ( germanico ) DAC
( dacico ) PM ( pontifici maximo ) TRP ( trbunicia potestate ) COS ( consuli ) V ( quinto ) P ( patri ) P
( patriae )
Die römische Namensformel ist dreiteilig: Vorname ( praenomen ) - Familienname ( nomen
gentile) - Beiname ( cognomen ) z. B. Caius Iulius Caesar = Caius (Vorname ) Iulius
( Familienname ) Caesar ( Beiname )
Oft fällt der Gentilname weg ( z. B. Traianus war ein Ulpius ) und der Beiname wird an eine
bestimmte Familie gebunden bzw. wie in unserem Beispiel mit dem Namen des Adoptivvaters
verbunden NERVA TRAIANUS. Dessen Nachfolger benutzt dann die Bezeichnung NERVA
TRAIANUS HADRIANUS.
Mitglieder der kaiserlichen Familie ( z. B. Frauen ) wurden mit unterschiedlichen Frisuren dargestellt.
Die übliche Legende lautet: z. B. SABINA AUGUSTA ( Gemahlin des Kaisers Hadrian ).
In der späteren Zeit ( nach der Münzreform des Kaisers Diocletian ) wird durch Verdopplung z. B.
AUGG die gemeinsame Herrschaft mehrerer Kaiser ( in diesem Fall 2 Augusti ) ausgedrückt.
Die Rückseite ( Revers ) römischer Münzen und ihre Bedeutung
Der Revers römischer Münzen steht von Anfang an im Dienst des Staates und der Politik. Innenund Außenpolitik spiegeln sich hier wieder, religiöse und geistige Strömungen sowie Hinweise
auf Charaktereigenschaften des jeweiligen Kaisers und sein politisches Programm.
Häufig treffen wir Verbindungen zur Götterwelt an z. B. zu der sog. kapitolinischen Trias ( Jupiter Juno - Minerva ) sowie zu Apollo, der den Sieg bei Actium geschenkt hatte und zu Mars ( Ultor ),
dessen Tempel in der Schlacht von Philippi von Octavianus ( dem späteren Kaiser Augustus ) gelobt
worden war, aber auch zu allen anderen Göttern und Göttinnen, die von den Römern verehrt wurden.
Außer dem Bezug zu den Göttern finden wir Hinweise auf die kaiserliche Familie ( z. B. Ehepaar,
Kinder ), die Taten für die Öffentlichkeit ( Bauten wie Straßen, Wasserleitungen, Brücken u. ä. ), den
Bezug zum Heer, Demütigung der Feinde nach Siegen ( z. B. trauernde Judäa oder Germania ),
Reisetätigkeit der Kaiser ( Inspektion der Provinzen ) und abstrakte Begriffe ( z. B. Concordia,
Libertas, Salus, Pudicitia ). Die kaiserlichen Geschenke ( z. B. Zuteilung von Geld oder Getreide )
werden erwähnt ( Liberalitas ) sowie spezielle Opfer oder Gedenktage.
Eine wichtige Rolle spielen die sog. Konsekrationsmünzen, d. h. solche Münzen, die nach dem Tod
( posthum ) mit Hinweis auf die Vergöttlichung des Kaisers oder der Kaiserin geprägt wurden.
In der späteren Zeit finden wir Hinweise auf den Wunsch der Kaiser, die sog. „glücklichen Zeiten“
wieder herzustellen FEL ( feliciorum ) TEMP ( temporum ) REP ( reparatio ) = Wiederherstellung
glücklicherer Zeiten - was ein Wunsch geblieben ist, der sich aber nicht erfüllte.
Die Varianten von Reverstypen römischer Münzen sind nahezu unerschöpflich.
Zum Thema : Wert des Geldes im antiken Rom ist empfehlenswert, im Internet unter
www.imperiumromanum.com/wirtschaft/wert/loehne_01.htm
www.imperiumromanum.com/wirtschaft/wert/loehne 02.htm
www.imperiumromanum.com/wirtschaft/wert/loehne 03.htm
www.imperiumromanum.com/wirtschaft/wert/preise 01.htm
www.imperiumromanum.com/wirtschaft/wert/preise 02.htm
www.imperiumromanum.com/wirtschaft/wert/preise 03.htm
www.imperiumromanum.com/wirtschaft/wert/preise 04.htm
www.imperiumromanum.com/wirtschaft/wert/preise 05.htm
www.imperiumromanum.com/wirtschaft/wert/preise 06.htm
nachzulesen.
Bei Interesse an der Beschäftigung mit antiken Münzen wird der Kontakt zur Numismatischen
Gesellschaft Mainz – Wiesbaden empfohlen. Hier finden monatlich Vorträge über verschiedene
Themen der Numismatik statt, die auch ohne Mitgliedschaft von Gästen besucht werden können.
Der normale Termin ist der jeweils 2. Freitag eines Kalendermonats um 17.30 im Rathaus der Stadt
Mainz.
Interessenten können beim 1. Vorsitzenden Dr. Karl Ortseifen unter [email protected] nähere
Informationen erhalten.
Informationen über die Vorträge zu römischen Münzen in Mommenheim finden sich auch auf der
homepage des Geschichtsvereins „Historia Mommenheim“ unter www.historia-mommenheim.de
Empfehlenswerte Literatur:
1. Rainer Albert: Die Münzen der Römischen Republik 2. Aufl. ISBN 978-3-86646-072-0
2. Ursula Kampmann: Die Münzen der Römischen Kaiserzeit 2. Aufl.ISBN 978-3-86646-071-3
3. Joachim Gorecki: Die Fundmünzen der Römischen Zeit in Deutschland Bd. 1 Nachtrag 2
Rheinhessen ISBN 978-3-8053-4259-9
4. Joachim Gorecki: Die Fundmünzen der Römischen Zeit in Deutschland Bd. 1 Nachtrag 1
Stadt Mainz ISBN 3-8053-3643-8
5. Archäologische Ortsbetrachtungen Heft 9 Joachim Gorecki / Gerd Rupprecht: Fundmünzen
aus dem Römischen Mainz ISBN-13 978-3-935970-02-0
6. Guido Bruck: Die spätrömische Kupferprägung – ein Bestimmungsbuch für schlecht erhaltene
Münzen, Akademische Druck- u. Verlagsanstalt Graz / Austria 1961
Die großen mehrbändigen Bestimmungskataloge RIC, BMC oder Cohen sind nur bei sehr
intensivem Interesse an der Materie zu empfehlen.
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