Höhere Analysis I Sommersemester 2012 Prof. Dr. D. Lenz Blatt 4 Lösungsvorschläge1 (1) Sei E 6= {0} ein Vektorraum und T = {A : A ⊆ E} die diskrete Topologie auf E. Zeigen Sie, dass (E, T ) kein topologischer Vektorraum ist. Lösung Sei 0 6= x ∈ E gegeben. Wir zeigen, dass die skalare Mutiplikation M : K × E → E, (λ, x) 7→ λ·x nicht stetig ist. Wir betrachten die Folge (yn )n≥1 = (( n1 , x))n≥1 ⊆ E. Wir zeigen, dass yn → (0, x) in der Produkttopologie auf K × E aber M (yn ) 6→ 0 = 0 · x in E, weswegen M nicht stetig sein kann. yn → (0, x): Sei U eine offene Umgebung von (0, x) in der Produkttopologie. Dann existiert (nach Def. Produkttopologie) ein ε > 0 und eine offene Umgebung V von x, sodass (0, x) ⊆ Uε (0) × V ⊆ U . Da 1/n → 0 existiert ein N0 ∈ N, sodass 1/n < ε für n ≥ N0 . Damit gilt yn ∈ Uε (0) × V ⊆ U für hinreichend große n. M (yn ) 6→ 0: Es gilt M (yn ) = n1 · x. Da E die diskrete Topologie trägt, ist {0} eine offene Umgebung von 0. Da 0 6= n1 · x liegt M (yn ) für kein n in dieser Umgebung, kann also nicht gegen 0 konvergieren. (2) Sei (E, k · k) ein normierter Raum und F ⊆ E ein Untervektorraum. Zeigen Sie: (i) Ist F abgeschlossen und v ∈ E beliebig, so ist lin({v} ∪ F ) abgeschlossen. (ii) Ist F endlichdimensional, so ist F abgeschlossen. Lösung (i) (Stefan Neumann, Frank Nußbaum) O. E. v ∈ / F (sonst ist nichts zu tun). Dann gilt Fv := Lin({v} ∪ F ) = {tv + f : f ∈ F, t ∈ K}. Wir betrachten das lineare Funktional ϕ : Fv → K mit ϕ|F ≡ 0 und ϕ(v) = 1. Es ist ϕ stetig, da Kern ϕ = F abgeschlossen ist. 1 Es handelt sich nicht um eine Musterlösung. Kommentare sind willkommen. 0 Es lässt sich ϕ zu einer (stetigen) Abbildung Φ ∈ E fortsetzen: Sei M := kvk−1 . Wende nun Hahn-Banach mit p(x) = M kxk an. Aus |Φ(x)| ≤ M kxk für alle x ∈ E folgt die Stetigkeit von Φ im Nullpunkt. Daraus folgt, dass Φ stetig ist. Sei (xn ) eine Folge in Fv mit Grenzwert x ∈ E. Wir zeigen x ∈ Fv . Es gilt die Darstellung xn = tn v + fn mit tn ∈ K, fn ∈ F . Wegen der Stetigkeit von Φ folgt tn = Φ(xn ) → Φ(x) =: t. Damit folgt dann wegen fn = xn −tn v, dass (fn ) konvergente Folge in F ist. Aus der Abgeschlossenheit von F folgt fn → f für ein f ∈ F . Dann gilt xn = tn v + fn → tv + f ∈ Fv . Folglich ist Fv abgeschlossen gemäß der Folgencharakterisierung der Abgeschlossenheit. (ii) Induktion nach der Dimension d. Induktionsanfang: d = 1 Da dimF = 1 gibt es ein v ∈ F , sodass F = Lin(v) = Lin({v} ∪ {0}). Da {0} im normierten Raum abgeschlossen ist, folgt die Behauptung mittels (i). Induktionsschritt: d → d + 1 Angenommen die Aussage sei wahr für alle normierten Räume der Dimension d. Sei {v1 , . . . , vd+1 } eine Basis von F . Dann gilt F = Lin({v1 , . . . , vd+1 }) = Lin(Lin({v1 , . . . , vd })∪ {vd+1 }). Es folgt die Aussage mittels (i) und der Induktionsvoraussetzung. (3) Sei (E, k · k) ein unendlichdimensionaler Banachraum. Dann hat E keine abzählbare (algebraische) Basis. Hinweis: Satz von Baire. Lösung (Stefan Neumann, Frank Nußbaum) Angenommen B = (b1 , b2 , . . . ) wäre eine abzählbare Basis von E. Seien nun Vn = Lin({bi : i ≤ n}), n ∈ N, Unterräume von E, die Dimension n haben undSnach Aufgabe 2 (ii) abgeschlossen sind. Dann gilt, da B eine abzählbare Basis ist, ∞ n=1 Vn = M . Außerdem gilt V̊n = ∅ für alle n ∈ N: Sei dazu zunächst d(x, y) = kx − yk die von ∈ E \ Vn , sowie k · k induzierte Metrik. Dann gilt für alle r > 0, dass v = 2r kbbn+1 n+1 k kvk < r. Sei nun x ∈ Vn beliebig gegeben und setze x̃ := x + v ∈ E \ Vn . Dann gilt aber d(x, x̃) = kx − x̃k = kvk < r. Das bedeutet also, dass für jede offene Kugel um einen Punkt x ∈ Vn mit Radius r > 0 gilt Ur (x) 6⊆ Vn . Damit ist Vn fr̈ keinen seiner Punkte eine Umgebung. Wendet man nun den Satz von Baire an, dann erhält man, dass es ein N ∈ N gibt, sodass V̊N 6= ∅. Dies ist aber ein Widerspruch zu V̊n = ∅ für alle n ∈ N. Folglich muss eine Basis von E überabzählbar sein. (4) Jeder Vektorraum hat eine (algebraische) Basis. Hinweis: Lemma von Zorn. Lösung (Stefan Neumann, Frank Nußbaum) 2 Wir bezeichnen den Vektorraum mit V . Schrittweise Fortsetzung. Sei M ein System linear unabhängiger Vektoren, das keine Basis ist. Dann gibt es offenbar v ∈ V \Lin(M ) und das System M ∪ {v} bleibt linear unabhängig. Sei nun L das System aller linear unabhängigen Teilmengen von V . Es ist L halbgeordnet bezüglich Inklusion. Sei T = {Tj , j ∈ J} ⊂ L total geordnet (J Indexmenge). Wir zeigen, dass T eine obere Schranke besitzt und betrachten dazu S M := j∈J Tj . Es gilt M ∈ L: Dazu ist zu zeigen, dass jede endliche Teilfamilie von M ein System linear unabhängiger Vektoren ist. Seien also x1 , . . . , xn ∈ M . Dann gilt xi ∈ Tji , ji ∈ J, i = 1, . . . , n. Wegen der Totalordnung auf T liegen sogar alle xi in einem Tjk . Damit sind die xi auch linear unabhängig. Also ist M die gesuchte obere Schranke von T . Wir haben die Voraussetzungen für das Lemma von Zorn gezeigt und können es nun anwenden. Es folgt, dass es ein maximales Elemente B in L gibt. Wir zeigen, dass dann B schon Basis ist. Angenommen B wäre keine Basis. Dann gäbe es einen Vektor v ∈ V \ Lin(B). Dann wäre aber auch B ∪ {v} linear unabhängig. Dies widerspricht der Maximalität von B. 3