Die laPaROsKOPisCHe enTFeRnung der NeBeNNiere

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Die laparoskopische Entfernung
der Nebenniere
Adrenalektomien werden heute bei
80–90% der Patienten laparoskopisch
vorgenommen.
Die häufigsten Indikationen sind hor­
monell aktive Adenome und hormonell
inaktive Tumoren, die an Grösse zu­
nehmen.
Der laparoskopische Eingriff erfordert
vom Chirurgen eine spezialisierte Aus­
bildung und viel Erfahrung in laparo­
skopischer Chirurgie.
Die wichtigsten Vorteile der laparosko­
pischen Adrenalektomie sind raschere
Erholung, kürzere Hospitalisa­tion
und optimale kosmetische Resultate.
Die minimalinvasive Behandlung von
Nebennierentumoren hat sich durchgesetzt.
Eine Entfernung der Nebenniere, die sogenannte Adrenalektomie, wird heute bei 80–
90% der Patienten laparoskopisch vorgenommen. Der Eingriff ist wegen der tiefen
Inzidenz von Nebennierentumoren relativ
selten, und die versteckte retroperitoneale
Lage der Nebennieren macht die Operation
technisch anspruchsvoll. Eine radikale oder
teilweise Entfernung der Nebenniere wird
meist von Chirurgen mit spezialisierter Ausbildung und Erfahrung in laparoskopischer
Chirurgie vorgenommen. Die laparoskopische Adrenalektomie, die durch erfahrene
Hände vorgenommen wird, hat im Vergleich zur offenen Operation bei gleich guter oder besserer Sicherheit einige Vorteile:
raschere Erholung der Patienten, kürzere
Hospitalisation und damit tiefere Kosten,
rascher Wiedereinstieg in den beruflichen
Alltag und optimale kosmetische Resultate.
Seltene Erkrankungen, seltene Eingriffe
Erkrankungen der Nebennieren sind
­selten: Die Häufigkeit hormonell aktiver
­Nebennierenadenome beträgt weniger als
1–2 pro 100 000 Einwohner. In der Regel
werden die Patienten von den Kollegen der
Endokrinologie abgeklärt. Chirurgische
­Eingriffe an den Nebennieren werden in der
Schweiz von Viszeralchirurgen und Urologen
vorgenommen. Tumoren der Nebenniere
werden jedoch nicht in jedem Fall chirurgisch angegangen, sondern bei geringer
Grösse vorerst beobachtet.
Michel Gagner beschrieb im Jahr 1992
die erste laparoskopische Entfernung eines
Nebennierenadenoms. Die Erfahrungen des
Autors gehen bis auf das Jahr 1994 zurück.
Die Technik hat sich in wenigen Jahren als
Standard bei der Entfernung gutartiger Neo­
plasien etabliert, und zunehmend wurden
die Indikationen auch auf grössere und zum
Teil auch maligne Tumoren ausgedehnt.
Pathologien und Indikationen
Die häufigsten Indikationen zur laparoskopischen Adrenalektomie sind das hormonell
aktive Adenom (Conn-Syndrom, CushingSyndrom, Phäochromozytom, Sexualhormone produzierende Adenome) und ein im
Verlauf an Grösse zunehmender, aber hormonell inaktiver Tumor der Nebenniere
(Abb. 1 und Tab. 1). Diese sogenannten adrenalen Inzidentalome werden meist zufällig
und bei der Abklärung anderer abdominaler
Probleme mittels Computertomografie oder
MR-Tomografie entdeckt. Bei einer Grösse
unter 3 cm besteht bei diesen Tumoren keine
Indikation zur Adrenalektomie, sondern sie
werden im Verlauf beobachtet. Inzidentalome über 5 cm Durchmesser stellen wegen
des beträchtlichen Malignitätsrisikos eine
Indikation zur Chirurgie dar. Bei einer Grösse
von 3–5 cm muss aufgrund von radiolo­
gischen Kriterien und des Verlaufs entschieden werden, ob eine Adrenalektomie oder
allenfalls eine partielle Adrenalektomie erfolgt (Abb. 2).
Der Consensus des «National Institute
of Health» (NIH) von 2002 lautet wie folgt:
– Operation bei allen Patienten mit funktionellen, klinisch manifesten Tumoren und
bei Patienten mit Phäochromozytom,
– Raumforderung >6 cm auf jeden Fall
­operieren, Raumforderung <4 cm nur
­beobachten,
– falls keine Operation: CT-Kontrolle mit
mindestens sechs Monaten Abstand,
­jährliche endokrinologische Abklärung
während vier Jahren.
Abb. 1
Typischer Habitus beim Cushing-­
Syndrom: Vollmondgesicht, Stammfettsucht, rote abdominale Striae und
­Muskelatrophie an den Extremitäten
Häufigste Symptome beim
­Cushing-Syndrom
Steroiddiabetes
85%
Hypertonie
80%
Hyperlipoproteinämie
75%
Frauen: Virilisierung, Hirsutismus 70%
Steroidpsychose, Depression
45%
Steroidkatarakt
25%
Tab. 1
7
am
Dezember 2009
Abb. 2
Operationsanordnung bei einer rechtsseitigen Nebennierenentfernung.
Der Patient befindet sich in Seitenlage.
Die Leber muss befreit und mit einem
speziellen Retraktor (a) gegen oben und
links angehoben werden. Via Kamera­
system (b) gewinnt der Chirurg eine optimale Übersicht. Die Nebenniere wird
anschliessend vom Nierenoberpol (c) und
von der unteren Hohlvene (d) abgelöst.
Die Nebennierenvene (e) muss sorgfältig
abgeklemmt und durchtrennt werden.
Das Operationspräparat (f) wird in einem
Bergebeutel durch die Bauchdecke
­gezogen.
am
Dezember 2009
8
Nebennierenkarzinome kommen zum
Glück selten vor, sie zeichnen sich aber
meist durch einen aggressiven Verlauf und
eine schlechte Prognose aus. Die präoperative Diagnose eines Nebennierenkarzinoms
ist meist schwierig. Definitive Kriterien der
Malignität sind nur das Einwachsen des
­Tumors in die Umgebungsorgane (Leber,
Pankreas, Niere) und Gefässe (zum Beispiel
die V. cava bei rechtsseitigen Karzinomen),
die Bildung von Lymphknotenmetastasen
und Fernmetastasen. Die Wahrscheinlichkeit
einer malignen Entartung nimmt mit der
­Tumorgrösse zu.
Auch isolierte Metastasen in der Nebenniere sind selten. Die häufigsten Metastasen,
die zur laparoskopischen Adrenalektomie
führen, stammen von kolorektalen Karzinomen, gefolgt von Nierenzellkarzinomen,
Melanomen und Bronchuskarzinomen. Metastasen in der Nebenniere werden bei
­solitärem Befall und aus palliativen Gründen
(vor allem Schmerzen) entfernt. Ausnahmsweise kann eine Adrenalektomie auch bei
fortgeschrittener Metastasierung sinnvoll
sein. Eine Übersicht über die häufigsten
Gründe zur Adrenalektomie gibt Tabelle 2.
Neben den chirurgischen Diagnosen der
Nebenniere gibt es eine ganze Reihe von
seltenen Erkrankungen der Nebenniere, von
der primären Insuffizienz (Morbus Addison)
über die adrenogenitalen Syndrome bis zu
den verschiedenen Typen der polyglandulären Autoimmunität. Diese Erkrankungen
verbinden eine Nebenniereninsuffizienz mit
Hypoparathyreoidismus, Hashimoto-Thyreoiditis, einer perniziösen Anämie und häufig
Diabetes mellitus.
Technik der laparoskopischen
Adrenalektomie
Bei der minimalinvasiven Nebennierenchirurgie unterscheidet man den laparoskopischen Zugang durch die Bauchhöhle vom
extraperitonealen (retroperitoneoskopischen)
Zugang. Beide Zugänge sind gangbar, und
über Vor- und Nachteile zu streiten ist müs­
sig. Entscheidend bei der laparoskopischen
Nebennierenchirurgie ist die Fähigkeit des
Chirurgen, mit den umliegenden Organen
sorgsam umzugehen. Das bedeutet, auf der
rechten Seite Komplikationen der Leber,
der unteren Hohlvene und der Niere, auf der
linken Seite Komplikationen der Milz, des
Dickdarms, der Niere und der Bauchspeichel­
drüse zu vermeiden – und sollte es doch
zu Komplikationen kommen, fachgerecht
damit umzugehen.
Die technologische Ausstattung ist in
der modernen laparoskopischen Chirurgie
mitentscheidend. «High Definition»-Technologie zur besseren Bildauflösung sowie
moderne Dissektionsgeräte (z.B. Ultraschall
und bipolare Technologie) sind eine absolute
Notwendigkeit. Partielle Adrenalektomien
sind heute in erfahrenen Händen mit Hilfe
von bipolarer Versiegelungstechnik (z.B. Liga­
sure, Firma Covidien) unkompliziert und
­unter Erhalt einer Teilfunktion der Nebenniere möglich.
Indikation zur offenen Operation
Eine Invasion der Gefässe und Organe
beim Nebennierenkarzinom, die fehlende
Übersicht bei grossen Adenomen (9–12 cm)
und nicht so selten die Infiltration der Nebenniere durch ein Karzinom führen in der
Regel zur primär offenen Operation oder
zur frühen Konversion von der laparoskopischen Adrenalektomie.
Eigene Resultate
Die folgenden Resultate sind die persönlichen Serien der Autoren von 1994 bis
2004. Seit Januar 2005 werden die Ergebnisse an der Klinik Beau-Site im Rahmen
der Qualitätssicherung zusätzlich durch die
Study Nurses der Berner Viszeralchirurgie
prospektiv erfasst.
Bei 38 Patienten erfolgten 39 laparo­
skopische Adrenalektomien. Die Autoren
­haben in allen Fällen den laparoskopischen –
im Gegensatz zum retroperitoneoskopischen – Zugang gewählt. Das Durchschnitts­
alter der Patienten betrug 55 Jahre (37–70).
Die Indikation zu 20 totalen und 3 partiellen,
organerhaltenden laparoskopischen Adrenalektomien waren 21 endokrin aktive Adenome und 2 Phäochromozytome. Bei 15 Patienten wurden Inzidentalome wegen der
Grösse von 4–6 cm, einer Grössenzunahme
im Verlauf und/oder bei atypischen radiologischen Merkmalen entfernt. Bei einer Patientin erfolgte eine laparoskopische HepatoAdrenalo-Nephrektomie rechts bei einer
isolierten Sigmakarzinommetastase. Die 39
laparoskopischen Adrenalektomien konnten
ohne Konversion zu einer offenen Operation und ohne Reoperationen vorgenommen
werden, die Mortalität war null. Die Operation dauerte durchschnittlich 94 Minuten
(65–125). Lokale Komplikationen kamen
keine vor, und keiner der Patienten benötigte Transfusionen. Der Klinikaufenthalt betrug durchschnittlich 5,7 Tage (2–8).
Ab Januar 2005 – seit der prospektiven
Datenerfassung und Qualitätskontrolle – erfolgten ausserdem bei elf Patienten offene
Indikationen zur Adrenalektomie
Pathologie
Klinisches Leitbild
Charakteristika
1. Adenome (~50%)Conn-Syndrom
Aldosteronproduktion
Arterielle Hypertonie
Hypokaliämie
Kleine Adenome (~1 cm)
Cushing-SyndromGlucocorticoidproduktion
Cushing-Habitus
PhäochromozytomProduktion von Nebennierenmarkhormonen
Hypertensive Krisen
InzidentalomKeine Hormonproduktion
2. Nebennierenkarzinom Keines, häufig SchmerzenGrösse meist >5 cm
(~10%)Keine Hormonproduktion
Invasion oder Metastasen
3. NebennierenmetastasenSchmerzen, Entdeckung
(~20%)
bei der Tumornachsorge
Bekannte primäre Neoplasie
4. Karzinome mit Infiltration In der Regel InfiltrationPankreaskarzinom
der Nebenniere
bei der radiologischen
Nierenzellkarzinom
Abklärung der Neoplasie
Leberzellkarzinom
Sarkome
Tab. 2
Adrenalektomien. Die Indikationen waren
in sechs Fällen Pankreaskarzinome, in zwei
Fällen Metastasen und in je einem Fall ein
Nierenzellkarzinom, ein Nebennierenkarzinom sowie ein gutartiger, 15 cm grosser,
zystischer Nebennierentumor. Das Alter der
Patienten betrug durchschnittlich 66 Jahre.
Die durchschnittliche Operationszeit war
mit 160 Minuten (85–230) deutlich länger
als bei der laparoskopischen Adrenalektomie – auch wegen der aufwändigen onkologischen Eingriffe. Ein Patient musste infolge einer Kolon-Ischämie reoperiert werden.
Der durchschnittliche Klinikaufenthalt betrug 14,5 Tage (5–30). Die Mortalität während des Klinikaufenthalts sowie nach 30
und 60 Tagen war null.
Prof. Dr. med. Kaspar Z’graggen
PD Dr. med. Rudolf Steffen
FMH für Viszeralchirurgie
Berner Viszeralchirurgie
Klinik Beau-Site, Bern
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am
Dezember 2009
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