Die Resonanztunneldiode

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Kapitel 4
Die Resonanztunneldiode
4.1
Aufbau der Resonanztunneldiode
Die Resonanztunneldiode wird im Detail in Ref. [1] beschrieben. Wie in Abb. 4.1 gezeigt, besteht die
Resonanztunneldiode aus einer Abfolge von planaren Halbleiterschichten mit unterschiedlichen Leitungsbandkanten, hier GaAs (niedriger wert) und Al xGa1−x As (hoher Wert). Nach oben und unten wird das
Schichtsystem durch Source- und Drainkontakt abgeschlossen, wobei es sich hier um hoch-n++ -dotierte
GaAs Schichten handelt. Die aktive Doppelbarrierenstruktur besteht aus zwei Al xGa1−x As Tunnelbarrieren,
die zwischen sich einen GaAs Quantentopf bilden. Die Al xGa1−x As Tunnelbarrieren entstehen auf Grund
der im Vergleich zu GaAs höheren Lage des Leitungsbandkante. Dieser Sprung in der Leitungsbandkante
wirkt wie ein Potenzialsprung.
Im hypothetischen isolierten GaAs Quantentopf (s. Abb. 4.1 (a)) bildet sich bei der Energie 0 ein gebundener Zustand. Es wird angenommen, dass 0 oberhalb des chemischen Potentials in der unbelasteten
Resonanztunneldiode liegt (U = 0, siehe Abb. 4.1 (a)). In der Tunneldiode kann der gebundene Zustand
jedoch sowohl in den Source- als auch in den Drainkontakt hinein zerfallen, sodass sich im Endeffekt ein
quasigebundener Zustand mit einer bestimmten Lebensdauer ergibt. Wie in Abb. 4.1 (b)) gezeigt, ist die
Wellenfunktion des quasigebundenen Zustandes im Wesentlichen im Quantentrog lokalisiert. Die endliche
Lebensdauer resultiert aus einem kleinen Überlapp der Wellenfunktion mit dem Source- und dem Drainkontakt. Wegen dieses Überlapps kann der quasigebundene Zustand den Strom gut transportieren.
Wir betrachten die in Abb. 4.1 (d) dargestellte typische Kennlinie einer Resonanztunneldiode: Bei kleinen
Spannungen wächst der Strom mit steigender Spannung. Dieser Anstieg wird steiler, wenn der quasigebundene Zustand energetisch unterhalb des chemischen Potentials im Sourcekontakt gerät. Der Strom nimmt
ein Maximum an, wenn die Energie des quasigebundene Zustands knapp oberrhalb der Kante besetzten
Leitungsbandes im Sourcekontakt liegt. (Abb. 4.1 (b)). Bei einer weiteren Erhöhung der Spannung fällt
der Strom. Er erreicht ein Minimum, wenn 0 unter die Leitungsbandkante im Sourcekontakt fällt. (Abb.
4.1 (c)). Schließlich wächst der Strom wieder in der Folge, weil die effektive Höhe der Doppelbarriere immer weiter abnimmt. Der negative differentielle Widerstand zwischen den Punkten Ub und Uc in Abb. 4.1
(d) ermöglicht eine Vielzahl technischer Anwendungen. Beispiele sind Hochfrequenzgeneratoren, Hochgeschwindigkeitsschalter und vielwertige Logiken.
1
2
KAPITEL 4. DIE RESONANZTUNNELDIODE
Abbildung 4.1: (a) Banddiagramm einer unbelasteten Resonanztunneldiode, die Variation des Potentials
(blau) resultiert aus einem Sprung im Boden des Leitungsbandes von GaAs nach Al xGa1−x As. Der im Text
erwähnte hypothetische isolierte Quantentopf und die Wellenfunktion des entsprechenden gebundenen Zustandes sind violett gestrichelt dargestellt. (b) Spannung mit maximalem Strom. Quasigebundener Zustand
blau dargestellt mit oszillierendem Überlapp in die Kontakte. (c) Minimaler Strom. (d) Die resultierende
I-U Kennlinie mit einem negative differentiellen Widerstand zwischen Ub und Uc .
4.2. DIE SUPPLYFUNKTION BEI T = 0
4.2
3
Die Supplyfunktion bei T = 0
Im letzten Kapitel haben wir für Systeme mit Translationsinvarianz in Transversalrichtung die LandauerBüttiker Formel
Z
2e ∞
dT () S ( − µ) − S ( + eU − µ)
(4.1)
I=
h 0
hergeleitet. Hier ist
X
S (x) =
f (x + E⊥n )
(4.2)
n
und
1
f (x) =
(4.3)
e +1
die Fermiverteilung. Um eine einfache erste Anschauung der Supplyfunktion zu gewinnen, berechnen wir
hier S (x) am Temperaturnullpunkt. Es gilt dann per Definition µ = E F . Im ersten Summanden in der eckigen
Klammer in (4.1) ist x = − E F und mit E = + E⊥n folgt
x
kB T
E − E F = x + E⊥n .
(4.4)
f (E − E F ) = Θ(E F − E) = 1 − Θ(E − E F ) ⇔ f (x + E⊥n ) = 1 − Θ(x + E⊥n ).
| {z }
(4.5)
Für T → folgt
x+E⊥n
Gemäß (4.2) ist dann
"
!#
Z
X
Xh
i
~2 2
A
ny ,nz
2
n
d k 1−Θ x+
k .
S (x) =
f (x + E⊥ ) =
1 − Θ(x + E⊥ ) → 2
2m
4π
n
n ,n
y
(4.6)
z
Mit dky dkz = 2πkdk = πdk2 folgt
A
S (x) =
4π
Z
∞
!#
"
~2 2
k .
dk 1 − Θ x +
2m
2
0
(4.7)
Substitution u = ~2 k2 /2m führt auf
A 2m
S (x) =
Θ(−x)
4π ~2
Z
0
|x|
du =
Am∗
|x|Θ(−x).
2π~2
(4.8)
Es gilt also
(
Am
0
für ≥ E F
S ( − E F ) =
(4.9)
2π~2 E F − für ≤ E F .
(s. Abb. 4.2 (a)). Je tiefer die Longitudinalenergie unterhalb der Fermienergie liegt, desto mehr sourceeinlaufende Streuzustände liegen pro Energieintervall vor. Das Resultat (4.9) entspricht dem vorher gefundenen
Ergebnis für endliche Temperaturen
Am∗ kB T − x
ln 1 + e kB T ,
(4.10)
S (x) =
2
2π~
denn
( 0
für x > 0
− k xT
B
lim ln 1 + e
=
(4.11)
|x|
für
x < 0.
T →0
kB T
Es folgt dann wie in Abb. 4.2 (c) dargestellt
Am
S ( − E F ) − S ( + eU − E F ) =
2π~2


0



EF − 


 eU
für ≥ E F
für E F − eU ≤ ≤ E F
für ≤ E F − eU.
(4.12)
4
KAPITEL 4. DIE RESONANZTUNNELDIODE
Abbildung 4.2: Im Limes T → 0: a) Supplyfunktion S ( − E F ) b) Supplyfunktion S ( + eU − E F ) c.)
S ( − E F ) − S ( + eU − E F ).
4.3
Lorentzkurve für die Stromtransmission
Der quasigebundene Zustand führt zu einer scharfen Spitze in der Transmissionswahrscheinlichkeit bei 0 ,
die den gesamten Strom dominiert (s. Abb. 4.3). Diese Spitze wird häufig mit einer Lorentzkurve genähert,
T () = T res
Γ2 /4
Γ2 /4
,
+ ( − 0 )2
(4.13)
wobei Γ die Resonanzbreite ist, welche sich reziprok zur Lebensdauer verhält. Die Lorentzkurve kann
weiterhin als Deltafunktion
1
Γ/2
δ( − 0 ) = lim 2
,
(4.14)
Γ→0
π
Γ /4 + ( − 0 )2
approximiert werden, sodass
4.4
Γ
T () → π T res δ( − 0 )
2
(4.15)
Gesamtstrom
Dann kann folgt aus Gl. (4.1)
I
=
=
Z
2e ∞
dT () [S ( − E F ) − S ( + eU − E F )]
h 0
2e Γ
π T res Θ(0 ) [S (0 − E F ) − S (0 + eU − E F )] .
h 2
(4.16)
Der Faktor Θ(0 ) tritt wegen der unteren Integrationsgrenze von 0 in der Tsu-Esaki-Formel auf. Es ergeben
sich somit die drei in Abb. 4.3 dargestellten Regime:
1. U < U1 : Es gilt 0 > E F > 0.
Dann ist S (0 − E F ) = S (0 + eU − E F ) = 0 und I = 0.
4.4. GESAMTSTROM
5
Abbildung 4.3: Ein sehr vereinfachtes Modell der I-V Kennlinie einer RTD bei niedrigen Temperaturen: a)
Banddiagramm bei U = 0, b) Banddiagramm im stromführenden Bereich und c) resultierende I-U Kennlinie.
2. U1 < U < U2 : Es gilt E F > 0 > E F − eU.
Dann ist
S (0 − E F ) =
A 2m
(E F − 0 )
4π ~2
(4.17)
und S (0 + eU − E F ) = 0. Es folgt
I=
!
2e Γ
0
A 2m
π T res
(E
−
)
=
I
1
−
,
F
0
max
h 2
4π ~2
EF
mit
Imax = A
eΓmT res
EF
4π~3
(4.18)
(4.19)
3. U2 < U: Es gilt 0 ≤ 0 (s. Uc in Abb. 4.1)
Dann ist auf Grund des Theta-Funktionsfaktors in Gl. (4.16) der Strom gleich null.
Wie in Abb. 4.3 dargestellt, nehmen wir nun eine symmetrische Doppelbarriere an, wobei der lineare Spannungsabfall auf beiden Seiten des Quantentopfes gleich verteilt wird. Es resultiert, dass der Quantentopf
um den Betrag ∆ = −eU/2 in Bezug auf das Sourcepotential erniedrigt wird. Deswegen gelte
0 = 00 − eU/2,
(4.20)
wobei 00 die Energie des quasigebundenen Zustands bei U = 0 ist. Es wird zusätzlich angenommen, dass
T res und Γ unabhängig von U sind. Dann erhält man die obengenannten drei Regime für die folgenden
Drainspannungen (s. Abb. 4.3):
1. 0 > E F mit
I=0
mit
0 = E F = 00 −
für
0 ≤ U ≤ U1
eU1
⇒ eU1 = 2(00 − E F )
2
(4.21)
(4.22)
6
KAPITEL 4. DIE RESONANZTUNNELDIODE
2. E F > 0 > E F − eU, > 0 für U1 ≤ U ≤ U2 mit
0 = 0 = 00 −
eU2
⇒ eU2 = 200 .
2
(4.23)
Wir erhalten aus Gl. (4.18)
⇔
3. 0 ≤ 0 mit


!
!
200 − eU 

0
eU1 + 2E F − eU
 = Imax 1 −
I = Imax 1 −
= Imax 1 −
EF
2E F
2E F
e(U − U1 )
I = Imax
.
2E F
I=0
für
U ≥ U2 .
(4.24)
(4.25)
Die Beziehungen Gl. (4.21), (4.24) und (4.25) führen zu der in Abb. 4.3 dargestellten, stark idealisierten
Kennlinie.
4.5. ERGEBNISSE VON BOWEN ET AL.
4.5
7
Ergebnisse von Bowen et al.
Wir vergleichen unsere einfache Theorie mit Experimenten und einer komplexeren aber vergleichbaren
Theorie von Bowen et al. in [2]. Hier handelt es sich um ein gitterangepasstes InGaAs-InAlAs Heterostruktursystem, welches in Abb. (4.4) dargestellt ist. Aufgrund der dortigen größeren Bandlücke wirken die
dünnen InAlAs-Schichten 4.) und 6.) als Doppelbarriere. In der dazwischenliegenden InGaAs-Schicht 5.)
bildet sich bei der Energie 0 ein quasi-gebundener Zustand. Das in Abb. 4.4 b) erkennbare Absinken der
Leitungsbandkanten beim Übergang von Region 2.) nach Region 1.) bzw. von 8.) nach 9.) wird durch die
drastische Erhöhung der n-Dotierungsdichte und damit der positiven Hintergrundladung bewirkt. Bei U = 0
lesen wir ab:
E F ∼ 0.25eV,
0 = 00 ∼ 0.3eV − 1.5eV = 1.5eV
und
V0 = 0.5eV,
(4.26)
wobei 00 die Höhe des resonanten Niveaus über dem Topfboden ist.
Bei einer Spannung von U = 0.3V wird das in Abb. 4.5 gezeigte Energieschema berechnet. Es handelt sich
in etwa um die Abrissspannung U2 . Aus Gl. (4.23) ergibt sich in Übereinstimmung der Wert U2 ∼ 200 =
3eV.
8
KAPITEL 4. DIE RESONANZTUNNELDIODE
Abbildung 4.4: a) InGaAs-InAlAs Heterostrukturschichtsystem zur Realisierung einer Resonanztunneldiode. b.) Berechnete Leitungsbandkante der InGaAs − InAlAs RTD ohne Spannung. Nach [2].
4.5. ERGEBNISSE VON BOWEN ET AL.
9
Abbildung 4.5: a) a.) Berechnete Leitungsbandkante der InGaAs − InAlAs RTD bei U = 0.3V. der quasigebundene Zustand gert unterhalb die Leitungsbandkante im Sourcekontakt. b) In der I − U Kennlinie fällt der
Strom bei U = 0.3V deutlich ab. Schwarz durchgezogen das Experiment, grün gestrichelt Einbandnäherung
und blau gestrichelt Zehnbandnäherung. Nach [2].
Literaturverzeichnis
[1] H. Mizuta and T. Tanoue. The Physics and Applications of Resonant Tunneling Diodes. Cambridge
University Press, Cambridge, 1995.
[2] R. C. Bowen, G. Klimeck, R. Lake, W. R. Frensley, and T. Moise. J. Appl. Phys., 81:3207, 1997.
10
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