Dr. Gerd Müller, MdB Bundesminister für wirtschaftliche

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Dr. Gerd Müller, MdB
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung
Eckpunkte für einen Marshallplan mit Afrika
Dialog mit den afrikanischen Botschaftern/innen in DEU
24. November 2016, Marie-Schlei-Saal, BMZ Berlin
Exzellenzen,
sehr geehrte Mitglieder des diplomatischen Corps,
sehr geehrte Damen und Herren,
2017 machen wir auf ganz besondere Weise zum Afrikajahr im BMZ, mit einer Vielzahl
an Veranstaltungen. Den Auftakt dazu machen wir heute gemeinsam mit Ihnen.
Ich möchte Ihnen heute eine neue Kultur der Partnerschaft anbieten: Eine Kultur des
Respekts, der Leistung und der beiderseitigen Reformbereitschaft. Ich möchte Ihnen ein
Diskussionspapier vorschlagen – Eckpunkte für einen Marshallplan mit Afrika.
Warum ein Marshallplan? Es ist klar, die Herausforderungen Afrikas sind nicht mit
denen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg vergleichbar. Die notwendigen
Kraftanstrengungen sind es aber sehr wohl. Deshalb spreche ich von einem
Marshallplan mit Afrika.
Denn Afrika ist unser Partnerkontinent
Afrika bedeutet Vielfalt: Afrika vereint 54 Länder und mindestens 3.000 Sprachen.
Afrika bedeutet Größe und Schönheit: Der Kontinent ist drei Mal so groß wie Europa
und 85-Mal so groß wie Deutschland.
Afrika bedeutet für die Welt Potenzial: Afrika hat eine junge, wissbegierige, kreative
Bevölkerung, die Hälfte ist jünger als 25 Jahre. Die Mittelschicht wird größer, das
beweisen die neuen Skylines, etwa von Addis, Lagos oder Abidjan. Afrikanische
Unternehmen wachsen schneller als die globale Konkurrenz: Es gibt schon 400
afrikanische Firmen, die mehr als eine Milliarde Umsatz machen. Die Leistung von
Industrie und Produktion in afrikanischen Ländern könnte sich bis 2025 verdoppeln.
Afrika ist der Kontinent der Ressourcen. Viele digitale Innovationen sind heute oft
„Made in Africa“: wie etwa das Bezahlsystem M-Pesa. Und 90 Prozent des Potenzials
für erneuerbare Energien auf dem afrikanischen Kontinent sind noch ungenutzt – das ist
ein Jobmotor!
Afrika ist allerdings auch ein Kontinent mit Problemen, Krisen und Kriegen und mit einer
nach Arbeit suchenden, jungen Bevölkerung.
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Zur Lösung notwendig: ein politisch stabiles Afrika
Die Afrikanische Union stärkt die Zusammenarbeit auf dem Kontinent. Und Sie stellen
sich gemeinsam den Herausforderungen. Mit der afrikanischen Friedens- und
Sicherheitsarchitektur und der Agenda 2063 – Ihrer Vision für Afrikas Zukunft.
"Afrikanische Lösungen für afrikanische Herausforderungen", das ist Ihr Leitmotiv.
Das wollen wir unterstützen!
Der Marshall-Plan soll ein Angebot sein für eine neue Dimension der Zusammenarbeit
auf der Grundlage Ihrer Agenda 2063. Er ist eine Einladung zum Dialog. Und es ist mir
wichtig, meine Ideen für einen solchen Plan zuerst mit Ihnen zu besprechen!
Ich möchte von Ihnen hören, wie wir gemeinsam die grundlegenden Hemmnisse für
Entwicklung aus dem Weg räumen.
Mein Vorschlag für Schwerpunkte unserer Zusammenarbeit:
Ich möchte den Schwerpunkt auf Wirtschaft, Handel und Beschäftigung setzen. Der
Marshallplan soll in erster Linie ein Zukunftspakt für Afrikas Jugend sein. Denn sie
braucht Jobs und Perspektiven. 20 Millionen Arbeitsplätze pro Jahr sind nötig! Es gibt
großartige Potentiale für private Investitionen, für Unternehmertum, für eine neue
Mittelstandskultur. Und da meine ich nicht die großen Rohstoffreserven. Ich rede von
technischen Innovationen, die in Afrika entstehen, von einer Diversifizierung der
Wirtschaft, vom Ausbau des produzierenden Gewerbes und von Industrie, von der
Entwicklung der ländlichen Räume, dem Aufbau kleiner Betriebe. Das Handwerk muss
gestärkt, die Jugend ausgebildet werden. Es muss mehr Wertschöpfung und Jobs in
Afrika geben! Dafür sind massive Investitionen aus der Privatwirtschaft nötig. Damit die
möglich sind, braucht es Frieden, Sicherheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
Unser Angebot: Sie können uns beim Wort nehmen!
Erstens: Wir unterstützen Ihre Ziele ganz konkret.
Wir fördern privatwirtschaftliches Engagement Ihrer Unternehmer in Ihren Ländern. Und
wir setzen Anreize für das Engagement deutscher Unternehmer in Afrika, z.B. durch
Steuerabkommen, Risikoabsicherung. Ich ermutige deutsche Unternehmen immer
wieder: Investiert in Afrika!
Wir arbeiten im Klimabereich noch enger zusammen. Ich komme gerade von der
Klimakonferenz COP22 aus Marokko. Dort haben wir eine Partnerschaft vereinbart, in
der wir Ihre Klimaziele unterstützen. Dafür bringen wir Angebot und Nachfrage besser
zusammen und helfen bei der Anpassung Ihrer Länder an die Folgen des
Klimawandels. Ein innovatives Instrument dafür sind z.B. Klimarisikoversicherungen.
Zweitens setzen wir uns für einen gerechten globalen Ordnungsrahmen ein – durch
Reformen in Deutschland, Europa und weltweit. Wir engagieren uns dafür, dass
afrikanische Politik besser auf der Weltbühne vertreten ist, z.B. im Sicherheitsrat der
Vereinten Nationen. Ich trete außerdem dafür ein, dass Schluss ist mit schädlichen
Exporten nach Afrika, die aufkeimende Industrien zerstören. Die WTO muss von einer
Freihandels- zu einer Fairhandels-Organisation werden.
Und wir müssen illegale Finanzströme stoppen! Jährlich gehen Ihren Ländern 50
Milliarden US-Dollar verloren, die dann für Investitionen in Entwicklung fehlen. Dies
auch durch Unternehmen, die ihre Steuern nicht zahlen!
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Aber wir wollen auch Sie beim Wort nehmen können und unsere Zusammenarbeit
an Ihren Vorgaben ausrichten.
Deshalb wollen wir die Reform-Champions unter Ihnen stärken. Wer in seinem Land
Rechtssicherheit schafft, Menschenrechte gewährleistet, Korruption bekämpft, mit dem
wollen wir in einer Reformpartnerschaft künftig intensiver und noch gezielter
zusammenarbeiten.
Denn damit Unternehmen investieren und profitabel sind, brauchen sie
Rechtssicherheit, effiziente Verwaltungen und unabhängige Gerichte. Deutschland
unterstützt bereits viele afrikanische Partnerländer dabei, etwa Rechnungshöfe für mehr
Transparenz aufzubauen, oder die öffentliche Verwaltung zu modernisieren.
ODA allein wird nicht reichen
Entwicklungspolitik wirkt dabei als Katalysator. Deutschland steht zu seinen
internationalen Verpflichtungen. Der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung wächst im nächsten Jahr um über eine Milliarde Euro
auf insgesamt 8,5 Milliarden. Einen Großteil davon investieren wir in Afrika.
Aber ODA allein wird angesichts der Größe der Herausforderungen nicht reichen. Wir
brauchen einen Finanzierungsdreiklang aus ODA als Katalysator, privaten Investitionen
und vor allem mehr Eigenmitteln. Die Grundsätze dazu haben wir gemeinsam im letzten
Jahr in der Addis Abeba Action Agenda beschlossen. Jetzt geht es an die Umsetzung.
Hin zu Veränderungen!
Denn Afrika und Europa sind Nachbarn
Uns verbindet unsere geografische Nähe. Zwischen Spanien und Marokko liegen
gerade einmal 14 km – so viel wie vom Berliner Olympiastadion zum BMZ. Uns
verbindet gemeinsame Geschichte – die Wiege der Menschheit liegt in Afrika. Und uns
verbindet leider auch eine von Ausbeutung geprägte Kolonialgeschichte – und dafür
tragen wir die Verantwortung. Heute verbinden uns vor allem gemeinsame
Zukunftsinteressen wie Klimawandel, Armut, Hunger, Konflikte, Terrorismus.
2017 soll Afrikajahr werden
Wir werden unsere Vorschläge auch mit anderen diskutieren, wie der Afrikanischen
Union, aber auch mit der Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft. Wir wollen die
deutsche G20- Präsidentschaft nutzen und wir gehen auch auf unsere Partner in der
EU zu, z.B. beim EU Entwicklungsministerrat. Der EU-Afrika-Gipfel im Herbst bietet
ebenfalls eine hervorragende Gelegenheit.
"Nur im Vorwärtsgehen gelangt man ans Ende der Reise", lautet ein Sprichwort der
Ovambo im Südwesten Afrikas. Lassen Sie uns gemeinsam reisen! Und gemeinsam
vorangehen!
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