Zeitentwicklung von Observablen und Zuständen in der klassischen Mechanik Martin Vojta 05.01.2012 1 Hamiltonsche Mechanik Die Hamiltonsche Mechanik befasst sich mit der Bewegung im Phasenraum. Dabei kann durch die hamiltonschen Bewegungsgleichungen mit Hilfe der HamiltonFunktion die zeitliche Veränderung der Orte und Impulse bestimmt werden. Generell ist die Hamilton-Funktion H(p,q;t) eines Systems von Teilchen ihre Energie als Funktion des Phasenraumes, also eine Funktion von den Ortskoordinaten q = (q1, q2 , ..., qn ) und den Impulskoordinaten p = (p1 , p2 , ..., pn ) und ist daher eine Observable. Die Hamilton-Funktion kann auch explizit von t abhängig sein, allerdings können sich sich dann die Lösungskurven im Phasenraum schneiden. Die hamiltonschen Bewegungsgleichungen sind wie folgt gegeben: q˙k = p˙k ∂H ∂pk = − ∂H ∂qk wobei k natürlich von 1 bis n geht. 2 Poisson-Klammern Seien f; g C 1 . Dann ist die Poissonklammer {f, g} zwischen f und g deniert als: {f, g} = P k ∂f ∂g ∂f ∂g − ∂qk ∂pk ∂pk ∂qk Mit HIlfe der Poissonklammern, kann man die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen folgendermaÿen darstellen: q̇ = {q, H} 1 ṗ = {p, H} Poisson-Klammern haben folgende Eigenschaften: Physikalisch liegt es nahe anzunehmen, dass die Zeitentwicklung einer Eigenschaft eines Systems nicht von den verwendeten Koordinaten abhängen sollte. Damit sollten auch die Poisson-Klammern unabhängig von den verwendeten kanonischen Koordinaten sein. Seien (p,q) und (P,Q) zwei verschiedene Sätze von kanonischen Koordinaten, dann gilt: {f, g}(p,q) = {f, g}(P,Q) Poisson-Algebra Die Verwendung von Poissonklammern benötigt eine Denition der PoissonAlgebra. Def: Die Poisson-Algebra ist ein Vektorraum über einem Körper, der zwei bilineare Verknüpfungen, nämlich · und {} enthält und folgende Eigenschaften hat: • Die Verknüpfung · muss eine assoziative K-Algebra formen! Eine assoziative K-Algebra ist ein Vektorraum A über einem Körper, zusammen mit einer Abbildung A × A −→ A wenn für 3 beliebige Elemente der Algebra das Assoziativgesetz gilt. • Die Verknüpfung {} muss eine Lie-Algebra formen und daher antisym- metrisch sein und die Jakobi-Identität als Eigenschaft haben. 2 Eine Lie-Algebra ist eine Vektorraum g über einem Körper K zusammen mit einer Verknüpfung g × g −→ g (x, y) → [x, y], die Lie-Klammern genannt wird, mit folgenden Eigenschaften 1. Sie ist billinear 2. Sie genügt der Jakobi-Identität 3. Es gilt [x,x]=0 • Zwischen den beiden Verknüpfungen gilt die Leibnizegel {x, y · z} 3 {x, y} · z + y · {x, z} = Hamiltonscher Fluss Das Konzept eines Flusses ermöglicht die zeitabhängige Beschreibung von Systemzuständen. Hamiltonsche Gleichungen: Generell sind Hamiltonsche Gleichunungen gewöhnliche Dierentialgleichungen erster Ordnung, also von der Form: ẋi (t) X i (x(t)) = (1) mit i = 1,2,...,d. Die hamiltonschen Bewegungsgleichungen sind daher eine spezielle Form dieser Gleichungen. Die Flussabbildung: Die Flussabbildung oder der Fluss Φ dieser Dierentialgleichung ordnet der Anfangsbedingung x0 und der Zeit den dazugehörigen Wert auf der Lösungskurve zu: Φ(x0 , t) = x(t) Φ : Rd ×R → Rd Eine Dieretialgleichung der Form 1 wird nun als dynamisches System bezeichnet und damit sind die hamiltonschen Bewegungsgleichungen ein spezielles Dynamisches System. Ist der Fluss für alle Anfangsbedingungen and alle Zeiten deniert, so spricht man von einem vollständigen Fluss. Im weiteren werden nur vollständige Flüsse betrachtet. Weiters gilt: Φ(0, x0 ) 3 = x0 Man deniert nun: Φt : Rd Rd → Φt (x) = Φ(t, x) und es gilt: d Φt dt = X Φt Erhaltungsgröÿen: Ein (glatte) Erhaltungsgröÿe f ist für die Dierentialgleichungen der Form 1 eine Funktion f C∞ (Rd ) für die folgendes gilt: (2) für alle Zeiten. In Worten gefasst bedeutet dies, dass der Wert von f bei x nur über die Lösungskurve durch x, nicht aber vom Punkt aud der Lösungskurve ab. Leitet man 2 nach t ab und setzt t = 0, so erhält man folgende Darstellung: f Φt X Xi = f ∂f ∂xi = 0 Hamiltonischer Fluss: Ein dynamisches System der Form 1 lässt sich als glattes Vektorfeld auassen. Eine Lösungskurve x(t) liegt an jedem Punkt Tangential an das vorgegeben Vektorfeld. Vektorfeld und Figure 1: Vektorfeld und Lösungskurve* 4 *Quelle: Stefan-Waldmann, Poisson-Geometrie und Deformationsquantisierung, Seite 13 Die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen liefern ein spezielles dynamisches System. Das dazugehörige Hamiltonsche Vektorfeld ist folgendermaÿen gegeben: XH (q, p) ∂H ∂p (q, p) − ∂H ∂q (q, p) = ! und die Flusslinie ist verläuft tangential and das Vektorfeld. Zu jedem Anfangswert (hier q(0) und p(0)) existiert eine eigene Flusslinie. Das heiÿt bei gegebenen Anfangswerten von q und p erhält man eine von Lösungskurve als Funktion der Zeit. 4 Hamiltonsche Zeitentwicklung Sei H eine Hamilton-Funktion, f eine Observable und Φt (p, q) der von der Hamilton-Funktion bestimmte hamiltonsche Fluss im Phasenraum, so gilt für die Zeitentwicklung der Observable : f (p, q; t) = f Φt (p, q) ≡ Φ?t f (p, q) Die Abbildung Φ?t nennt man auch bull-pack und sie hat folgende Eigenschaften: • Φ?t ist ein *-Automorphismus von C∞ (R2n ) und daher gilt: Ein Automorphismus ist eine bijektive Abbildung der Menge A auf sich selbst, die linear ist, also φ(fi (a1 , a2 , ..) = f (φ(a1 ), φ(a2 ), ...) • Φ?t ist einen Poisson-Abbildung: Φ?t {f, g} = {Φ?t f, Φ?t g} Hamiltonsche Bewegungsgleichung: Um die Veränderung mit der Zeit zu erhalten, leitet man die Zeitentwickling der Observable nach der Zeit ab: X ∂Φ?t f (q, p) = ∂t ∂Φ?t f ∂qk ∂Φ?k f ∂pk · + · ∂qk ∂t ∂pk ∂t 5 ∂H ∂pk q˙k = = − p˙k X ∂Φ?t f (q, p) = ∂t ∂H ∂qk ∂Φ?t f ∂H ∂Φ?t f ∂H · − · ∂qk ∂pk ∂pk ∂qk ∂Φ?t f (q, p) = {Φ?t f, H} ∂t (3) Dies ist die Hamiltonsche Bewegungsgleichung für die Observable. Beim Vergleich mit den Heiÿenbergschen Bewegungsgleichungen der Quantenmechanik, merkt man, dass sie die gleiche Form hat. Man kann also die Zeitentwicklung jeder beliebigen Observable mit Hilfe der Hamiltonfunktion und der Poissonklammern beschreiben. Erhaltungsgröÿen und Energieerhaltung: Eine Observable f ist genau dann eine Erhaltungsgröÿe Φ?t f = f wenn gilt: {f, H} = 0 Weiters gilt der Satz: Wenn f und g Erhaltungsgröÿen sind, dann ist auch {f, g} eine Erhaltungsgröÿe. Aus der Denition der Poissonklammern, sieht man, dass {H, H} = 0 gilt. Daher ist also die Energie erhalten und es gilt: Φ?t H 5 = H Quellen: • Stefan-Waldmann, Poisson-Geometrie und Deformationsquantisierung • Skript von der ETH-Zürich : http://www.itp.phys.ethz.ch/education/lectures_ hs08/QMI/QM1_21.10.08.pdf • http://www.agnld.uni-potsdam.de/~mros/Hamilton.pdf • Wikipedia 6