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Herkner / Kapitel 5 / Teil 4D
339
6. SELBSTWERT:
6.1 Allgemeine Ursachen positiver und negativer Selbstbewertung:
Hypothesen über Selbstbewertung auf Basis der
Balancetheorie (Heider):
•
Überzeugung vom Besitz von positiver Eigenschaft X führt zu
positiver Selbstbewertung; Überzeugung vom Besitz von
negativer Eigenschaft Y führt zu negativer Selbstbewertung
•
ein Teil der eigenen Selbstbewertungen = positiv, ein anderer Teil
= negativ -> Gesamtbewertung = Mittelwert aus
Bewertungen der einzelnen Eigenschaften
•
positive Bewertung durch andere Person (= Bestätigung) ist
angenehm;
ABER:
nicht JEDE positive Bewertung führt zu
gesteigertem Selbstwertgefühl:
- nur positive Bewertung durch geschätzte
Person bewirkt positive Selbstbewertung
- negative Bewertung durch geschätzte Person bewirkt
negative Selbstbewertung
Hypothesen über Selbstbewertung auf Basis der modifizierten
Balancetheorie (Newcomb):
•
positive Relation zwischen beteiligten Personen = Voraussetzung
für Inkonsistenz und Konsistenzstreben, daher: Urteil (egal ob
positiv oder negativ) von negativ bewerteter Person bewirkt KEIN
Konsistenzstreben -> keine Auswirkung auf Selbstwert
•
ABER: das ist zweifelhaft, denn:
Urteil einer negativ bewerteten Person kann sehr wohl
Selbstwert beeinflussen, nämlich:
positives Urteil einer negativ bewerteten Person
-> Selbstwertminderung
negatives Urteil einer negativ bewerteten Person
-> Selbstwertsteigerung
(daher:
HIER besser NICHT die Modifizierung von Newcomb,
sondern die „alte“ Balancetheorie von Heider
verwenden!)
Hypothesen über Selbstbewertung auf Basis der Lerntheorien:
Reizperson, die wiederholt im Zusammenhang mit positiven Reizen
wahrgenommen wird, ist sympathisch, d.h. für Selbstbewertung:
-
positives Selbstbild entsteht, wenn man vorwiegend positive
Situationen erlebt und viele Belohnungen erhält
Herkner / Kapitel 5 / Teil 4D
-
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negatives Selbstbild entsteht, wenn man vorwiegend negative
Situationen erlebt und viele Bestrafungen erhält
dazu: Helmreich (1972): wiederholtes Erleben belastender Situationen
vermindert den Selbstwert; ABER: andere Erklärung, und zwar:
Häufige Unannehmlichkeiten führen zur Überzeugung,
man könne viele Situationen nicht bewältigen -> man hält
sich für unfähig (entspricht den Ergebnissen der Kontrollbzw. Hilflosigkeitsforschung)
Innerer und äußerer Selbstwert (Frank & Marolla, 1976):
= 2 voneinander unabhängige Dimensionen, entsprechen den
Faktoren Potenz und Bewertung im Semantischen Differential
(Osgood-Faktoren)
•
innerer Selbstwert: hängt ab von
- Bewertungen durch andere Personen
- Menge an Zuwendung von anderen
Personen, usw.
•
äußerer Selbstwert: hängt ab von
- Ausmaß der Kontrolle, das man über seine
Umwelt ausüben kann (d.h. inwieweit kann
ich meine Wünsche verwirklichen und nach
meiner Überzeugung leben)
beides ist wichtig für psychische Gesundheit, aber innerer
Selbstwert ist wichtiger
Selbstwertschwankungen:
einzelner Erfolg / Misserfolg kann Selbstwert kurzfristig heben
/ senken
Schwankungen bei Personen mit stark positivem Selbstwert
weniger wahrscheinlich als bei Personen mit mittlerem oder
ambivalentem Selbstwert
Grund:
entsprechender Attributionsstil von Personen mit
extremer Selbstbewertung:
-
Personen mit hohem Selbstwert attribuieren
Erfolge intern und Misserfolge extern (Misserfolg,
für den ich nicht verantwortlich bin , vermindert
meinen Selbstwert nicht)
-
Personen mit niedrigem Selbstwert attribuieren
Erfolg extern und Misserfolg intern („zufälliger“
Erfolg erhöht den Selbstwert nicht)
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6.2. Die Theorie der objektiven Selbstaufmerksamkeit
(Duval & Wicklund, 1972):
Theorie:
•
Aufmerksam kann gerichtet sein:
- nach außen (Umwelt)
- nach innen (eigene Person)
= Zustand der „objektiven Selbstaufmerksamkeit“
(„objektiv“ heißt hier NICHT sachlich, sondern auf ein Objekt
gerichtet, nämlich auf einen selber)
•
Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf eigene Person bewirkt
besondere Auffälligkeit von Diskrepanzen zwischen Selbstideal und realistischem Selbstbild. Diese Diskrepanzen sind
meist negativ, weil Anspruchsniveau (= Erwartungen an einen
selber) meist etwas höher ist als die zuletzt erreichten Ergebnisse.
Wahrnehmung dieser Diskrepanz bewirkt unangenehme
Emotionen und Verminderung des Selbstwerts.
•
EXPERIMENTE: Selbstaufmerksamkeit wird erreicht, indem man VPn
Reizen aussetzt, durch die sie ihre Aufmerksamkeit auf
sich selber richten, z.B. Spiegel, Kamera, Tonband
VPn beurteilen sich selbst in solcher
Situation negativer als VPn unter neutralen
Bedingungen
•
ABER:
Selbstaufmerksamkeit muss nicht immer zu negativerer
Selbstbewertung führen
wenn erlebte Diskrepanz positiv ist, dann
Selbstwertsteigerung
EXPERIMENT von Ickes, et al. (1973):
VPn erhielten extrem positive Rückmeldung
durch VL -> starkes Erfolgserlebnis. VPn vor
dem Spiegel beurteilten sich danach besser
als VPn ohne Spiegel
Diskrepanzreduktion vs. Diskrepanzvermeidung:
(= weitere Hypothese zu dieser Theorie)
Im Zustand der objektiven Selbstaufmerksamkeit versucht Person:
• Diskrepanz-Reduktion:
d.h. Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit soll verringert
werden -> Anpassung des Verhaltens an eigene Einstellungen und
Normen
•
Diskrepanz-Vermeidung:
d.h. Reize, die zu zentrierter Selbstaufmerksamkeit führen, werden
vermieden, oder man lenkt sich von ihnen ab (z.B. durch Rauchen)
Herkner / Kapitel 5 / Teil 4D
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EXPERIMENT von Diener & Wallbom (1976):
VPn mussten Test machen und konnten dabei durch
Schwindeln bessere Ergebnisse erreichen
- VB1: vor Spiegel
- VB2: ohne Spiegel
Ergebnis:
- ohne Spiegel:
- mit Spiegel:
71 % Schwindler
7 % Schwindler
Person im Zustand von objektiver Selbstaufmerksamkeit
versucht sich so zu verhalten, dass keine Diskrepanz
zwischen Ansprüchen (hier: Ehrlichkeit) und Verhalten
entstehen kann
vgl. dazu:
sprunghaftes Ansteigen der Validität von
Persönlichkeitsfragebogen, wenn Ausfüllung vor
dem Spiegel oder wenn während des Ausfüllens
Spiegel im Raum ist
Ungeklärt ist, wann Diskrepanzreduzierung und wann
Diskrepanzvermeidung:
•
Wicklund (1970): Person wählt nach Möglichkeit den einfacheren
und schnelleren Weg = Vermeidung /
Ablenkung.
Wenn das nicht geht (z.B. im Spiegelexperiment), dann schwierigerer Weg = Anpassung des Verhaltens an die eigenen
Ansprüche
•
Carver (1981): Diskrepanzreduktion = normale Reaktion;
Voraussetzung ist aber ausreichend hohe
Erfolgserwartung (d.h. starke Gewissheit, dass man
in dieser Situation die eigenen Ansprüche erfüllen
kann).
Bei niedriger Erfolgserwartung -> Vermeidung
der Diskrepanz, Ablenkung, Abbruch der Handlung,
Rückzug, etc.
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Selbstaufmerksamkeit ist ein Persönlichkeitsmerkmal:
große interindividuelle Unterschiede zwischen Personen im
Ausmaß, in dem sie gewohnheitsmäßig über sich selber
nachdenken (Fragebogen dazu von Fenigstein, et al., 1975)
2 Arten von Selbstaufmerksamkeit (Fenigstein, 1975):
private
Selbstaufmerksamkeit
= gerichtet auf innere, von
anderen nicht beobachtbare
Selbstaspekte (z.B. Gefühle,
Ziele, Einstellungen)
öffentliche
Selbstaufmerksamkeit
= gerichtet auf äußere, von
anderen beobachtbare
Selbstaspekte (z.B. Aussehen,
Verhalten, Bewertung durch
andere, soziale Normen)
Ziele + Einstellungen
Bewertung durch andere + soziale
= innere Standards
Normen = äußere Standards
verschiedene Reize erhöhen diese 2
Selbstaufmerksamkeitarten unterschiedlich:
wird erhöht durch Spiegel
wird erhöht durch Kamera
Unterschiedliche Wirkungen dieser 2
Selbstaufmerksamkeitsarten:
Diskrepanz zwischen Verhalten und Standards ist in beiden Fällen
besonders unangenehm, daher Diskrepanzreduktion / Diskrepanzvermeidung; ABER: unterschiedliche Standards sind betroffen:
- bei innerer Selbstaufmerksamkeit: innere Standards
- bei äußerer Selbstaufmerksamkeit: äußere Standards
gilt sowohl für dispositionelle als auch für situationsbedingte
Selbstaufmerksamkeit, d.h.:
o Person, die gewohnheitsmäßig zu hoher privater
Selbstaufmerksamkeit neigt und Person, die ihr SXpiegelbild
sieht, versuchen gleichermaßen Diskrepanz zwischen Verhalten
und inneren Standards zu reduzieren
-> Herstellung von Selbstkonsistenz
o Person, die gewohnheitsmäßig zu hoher öffenticher
Selbstaufmerksamkeit neigt und Person, die vor Kamera sitzt,
versuchen gleichermaßen Diskrepanz zwischen Verhalten und
äußeren Standards zu reduzieren
-> erhöhtes Maß an Konformität
Sonstiges dazu:
•
Hohe private Selbstaufmerksamkeit bewirkt starke
Reaktanzeffekte (z.B: Bumerangeffekt)
Herkner / Kapitel 5 / Teil 4D
•
•
344
Dissonanzreduktion nach einstellungsdiskrepantem
Verhalten:
-
hohe private Selbstaufmerksamkeit:
private Einstellungen im Zentrum der Selbstaufmerksamkeit
keine Einstellungsänderung, daher Reduktion der
Dissonanz durch verzerrte Wahrnehmung des Verhaltens
-
hohe öffentliche Selbstaufmerksamkeit:
große Einstellungsänderung
Hohe öffentliche Selbstaufmerksamkeit
hohe Bereitschaft zum Akzeptieren von Meinungen, Urteilen
und Wünschen von anderen Personen
6.3. Selbstdiskrepanztheorie von Higgins:
Arten von Selbstbildern:
3
•
•
•
Arten von Selbstbildern:
tatsächliches Selbst (wie bin ich)
ideales Selbst (wie ich sein möchte -> Wünsche und Hoffnungen)
gefordertes Selbst (wie ich sein sollte -> Pflichten und soziale
Normen)
weitere Differenzierung, und zwar:
• vom eigenen Standpunkt (Selbstwahrnehmung)
• vom (vermeintlichen!) Standpunkt anderer wichtiger Personen
(Fremdwahrnehmung durch Partner, Freunde, Eltern, usw.)
6 Arten von Selbstbildern:
(1) tatsächlich / selbst:
(2) tatsächlich / fremd:
wie ich mich selbst sehe
wie ich glaube, dass mich
die anderen sehen
(3) ideal / selbst:
(4) ideal / fremd:
wie ich gern sein möchte
wie andere möchten, dass
ich bin -> Wünsche und
Standards
Hoffnungen der anderen
bzw. Leitbilder
wie ich nach meinen
eigenen Ansprüchen sein (self-guides)
sollte
wie ich nach den
Ansprüchen anderer sein
sollte
(5) gefordert / selbst:
(6) gefordert / fremd:
Bestandteile des
Selbstkonzepts
im engeren
Sinn
Hier sind nun verschiedene Diskrepanzen möglich. Alle
Selbstdiskrepanzen haben unangenehme Folgen -> negative Gefühle,
verminderter Selbstwert
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BEISPIELE:
°
345
Diskrepanz zwischen (1) und (2):
Ich halte mich für relativ faul, andere halten mich eher für
eine Oberstreberin.
o Diskrepanz zwischen (1) und (3):
Ich weiß, dass ich nicht schlank bin, wäre es aber gern.
o Diskrepanz zwischen (1) und (5):
Ich verlange von mir selber Spitzenleistungen, glaube aber,
dass ich bislang meist Mist gebaut habe.
o Diskrepanz zwischen (1) und (6):
Mein Partner verlangt ständig nach Treffen mit Freunden,
ich selber bin aber gern allein, weil ich mich für ziemlich
ungesellig halte.
Erfassung der Selbstbilder mit Selbstbilder-Fragebogen
(Selves Questionnaire) von Higgins:
pro 3 grundlegenden Selbstkonzept bis zu 10 Merkmalen nennen
(d.h. KEINE Vorgabe, sondern Person gibt selber Merkmale an)
Teil 1: eigenes Selbstkonzept beschreiben
Teil 2: vermeintliche Selbstbilder vom Standpunkt wichtiger
Personen beschreiben
Einschätzung der Merkmale von 1 (wenig) bis 4 (extrem) durch
Person selber; Rater stellen dann fest, wo Diskrepanzen bestehen,
dann Vergleich der Rater-Beurteilungen:
- matches (Übereinstimmung)
- Antonyme (Gegensätze)
- mismatches (Widersprüche)
- nonmatches (weder Entsprechung noch Widerspruch)
Dann relativ komplizierte Berechnung mit synonymen / antonymen
Widersprüchen.
Daneben Vorgabe von z.B. Depressions-Fragebogen, SelbstwertFragebogen, etc.
2 Arten von Hypothesen in dieser Theorie: (alles empirisch bestätigt)
a) Motivationshypothesen:
Selbstdiskrepanzen jeder Art = unangenehm -> Bestreben, sie zu
reduzieren; vor allem wichtig = Übereinstimmung zwischen
tatsächlichem Selbstbildern und Selbstbild-Standards (ideal &
gefordert)
Unterschiedliche Wirkungen von Diskrepanzen:
-
Diskrepanz zwischen tatsächlichem Selbstbild und einem
(eigenen / fremden) idealen Selbst
wichtige positive Ergebnisse sind nicht vorhanden, werden auch
nicht erwartet; Folge:
Traurigkeit, Depression, Enttäuschung,
Unzufriedenheit
Herkner / Kapitel 5 / Teil 4D
-
346
Diskrepanz zwischen tatsächlichem Selbstbild und einem
(eigenen / fremden) geforderten Selbst
negative Ergebnisse sind vorhanden (Kritik, Bestrafung);
Folge: Angst, Sorge, Rastlosigkeit, Schuld
b) informationsbezogene Hypothesen:
-
-
je größer das Ausmaß einer Selbstdiskrepanz, desto
unangenehmer sind die Folgen
je größer die Zugänglichkeit einer Selbstdiskrepanz, desto
mehr leidet man darunter; Erhöhung der Zugänglichkeit
durch situative Hinweisreize (z.B. bloße Erwähnung eines
diskrepanten Merkmals)
Untersuchungen dazu ergaben:
•
Diskrepanzen zwischen Standards
(z.B. ideal / selbst vs. gefordert / selbst) (Van Hock & Higgins, 1988):
Doppel-Appetenz-Aversions-Konflikte:
Person muss sich zwischen 2 Anforderungen entscheiden, die
beide von einem Standard verlangt, vom anderen verboten
werden
-> „hysterischer Persönlichkeitsstil“ (Higgins):
Merkmale:
Verwirrung, Unsicherheit, Unentschlossenheit, Ablenkbarkeit, Konzentrationsschwäche
(experimentell bestätigt)
•
Korrelation zwischen Selbstwert und verschiedenen Arten von
Merkmalen (Moretti & Higgins):
nicht alle positiven Merkmale des tatsächlichen Selbst tragen
zu positivem Selbstwert bei, nicht alle negativen Merkmale
des tatsächlichen Selbst tragen zu negativem Selbstwert bei:
-
nur für jene Merkmale, die sowohl im tatsächlichen Selbst als
auch im idealen Selbst sind, gilt: je mehr desto höherer
Selbstwert
-
positive Merkmale im tatsächlichen Selbst, die NICHT im
idealen Selbst sind, liefern keinen Beitrag zu positivem Selbst
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6.4. Die Selbstwerterhaltungstheorie von Tesser (1986):
SEM-Theory (self-evaluation maintainance)
über Wirkungen sozialer Vergleichsprozesse auf den Selbstwert:
Vergleich der eigenen Leistungen mit denen von anderen Personen
kann Selbstwert erhöhen oder senken, was passiert, hängt ab von
3 Variablen, und zwar:
- Qualität der Leistung
- psychologischer Nähe zur Vergleichsperson
- persönlicher Wichtigkeit der Dimension auf der man sich vergleicht
BEISPIEL:
erfolgreicher Geschäftsmann A ist befreundet mit
berühmtem Pianisten B -> Selbstwert von A steigt. B ist
besser auf einer Dimension, die für A irrelevant ist;
Selbstwertsteigerung wegen psychologischer Nähe, d.h.
Ruhm des Pianisten B färbt auf A ab
ABER:
Geschäftsmann C (= guter Freund von A) ist erfolgreicher als A -> Selbstwert von A sinkt.
Grund:
psychologische Nähe UND Dimension,
die für A relevant ist.
Beeinflussung des Selbstwertes durch 2 Prozesse:
•
selbstwertmindernde Vergleichprozesse
überlegene Leistung einer psychologisch nahen Person in für
eigenes Selbstbild wichtiger Dimension bewirkt
Vergleichsprozess -> Selbstwert sinkt
•
selbstwertsteigernde Reflexionsprozesse
(Reflexion = hier: Widerspiegelung)
überlegene Leistung einer psychologisch nahen Person in für
eigenes Selbstbild unwichtigern Dimension bewirkt
Reflexionsprozess -> Selbstwert steigt (vgl. sich im Glanz des
anderen sonnen)
•
zentrale Annahme der Theorie:
es gibt ein Motiv zur Erhaltung / Vergrößerung des
Selbstwerts;
Folge:
Leistung, Nähe, Relevanz werden immer so
verändert, dass Selbstwertminderung verhindert
wird
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Selbstwertminderung infolge eines ungünstigen
Vergleichsprozesses kann rückgängig gemacht werden:
eigene Leistung steigern
Verschlechterung der eigenen Leistung der Vergleichsperson durch
Störung und Behinderung
Verringerung der psychologischen Nähe zur Vergleichsperson (z.B.
Kontaktabbruch)
Veränderung des Selbstbildes, indem Dimension, auf der die
Vergleichsperson Leistung erbracht hat, aus Selbstbild entfernt
wird
SEM-Theorie ist eine symmetrische Theorie, d.h. jede Variable kann
sowohl Ursache als auch Wirkung sein -> alle Variablen
beeinflussen einander wechselseitig
Hypothesen der SEM-Theorie:
(1) Wirkung von Nähe und Relevanz auf die Leistung:
z.B. Hilfstellung für Freunde vs. Hilfestellung für Fremde:
bei unwichtigen Aufgaben:
mehr Hilfe für Freunde als für Fremde
(-> sich im Glanz des anderen sonnen)
bei wichtigen Aufgaben:
mehr Hilfe für Fremde als für Freunde
(-> Verhinderung, dass Leistung des Freundes die eigene
übertrifft)
(2) Wirkung von Relevanz und Leistung auf die Nähe:
bei überlegener Leistung auf irrelevanter Dimension
Vergrößerung der Nähe
bei überlegener Leistung auf relevanter Dimension
Verringerung der Nähe (z.B. Vergrößerung der räumlichen
Distanz, Ablehnung von weiterer Zusammenarbeit, usw.)
(3) Wirkung von Leistung und Nähe auf Relevanz:
Je überlegener Leistung der anderen Person auf einer Dimension,
desto mehr verringert sich die Relevanz dieser Dimension für
Selbstbild, und das umso mehr, je näher die Person einem selber
ist (-> sehr wichtig z.B. für Beziehungen zwischen Geschwistern!
[wenn z.B. mein Bruder super in der Schule ist und ich selber großen Wert auf
gute Schulleistungen lege, dann verschlechtern die guten Schulleistungen
meines Bruders mein Verhältnis zu ihm]
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Emotionale Auswirkungen von Vergleichs- und Reflexionssituationen:
•
Reflexionssituation (überlegene Leistung / Nähe / irrelevante
Dimension) -> positive Gefühle entstehen, z.B. Stolz
•
Vergleichssituation (überlegene Leistung / Nähe / relevante
Dimension) -> negative Gefühle entstehen, z.B. Neid, Eifersucht
Effekte sind aber wesentlich kleiner, wenn in Folge einer
Fehlattribution (z.B. angeblich aktivierende Pille) Person ihre Gefühle
nicht auf Vergleichs- und Reflexionsprozesse zurückführt.
6.5. Selbstbestätigung: Der Ansatz von Steele (1987)
Bedürfnis des Menschen nach „Selbstintegrität“:
die meisten Menschen halten sich für: anpassungsfähig und
moralisch einwandfrei, d.h. für
- kompetent,
- gut,
- stabil,
- konsistent,
- fähig zur Entscheidungsfreiheit,
- fähig zur Kontrolle wichtiger Ergebnisse
Wenn Teile des integren Selbstbilds bedroht oder beschädigt
sind:
Wiederherstellung des Selbstwerts dadurch, dass man sich selber
seinen Wert beweist = Selbstbestätigung (d.h.
Selbstwertwieder-herstellung), und zwar durch
- Ausüben von selbstbestätigenden Tätigkeiten
- Ausüben von selbstwertsteigernden Tätigkeiten
D.h. es muss nicht JENER Teil wiederhergestellt werden, der
beschädigt wurde, sondern Wiederherstellung kann auch durch
Bestätigung eines ANDEREN Teils des Selbstbildes erfolgen
(also eines, der nicht bedroht ist)
ABER: anderer Teil muss dieselbe Wichtigkeit haben wie der
beschädigte Teil
Welcher Teil ausgewählt wird, hängt ab von
- Zugänglichkeit (Wahrnehmung und Gedächtnis) und
- Kosten
neue Erklärung von Dissonanzeffekten (Steele):
Inkonsistenz zwischen 2 Kognitionen ist eigentlich egal (z.B. „ich
glaube X“ vs. „ich befürworte X“), sondern wichtig ist die Bedrohung
der Selbstintegrität (z.B. „ein anständiger Mensch tut so etwas
nicht“)
Herkner / Kapitel 5 / Teil 4D
Folge:
350
Einstellungsänderung ist NICHT die einzige Möglichkeit
zur Beseitigung des Unbehagens, sondern wenn ANDERE
Art der Selbstbestätigung erfolgen kann, dann ist
Einstellungsdikrepanz wurscht
BEISPIEL:
ich habe freiwillig eine einstellungsdiskrepante
Handlung begangen (z.B. Hilfestellung bei der DA
der Person X, die ich nicht mag) -> hinterher
erbringe ich eine überdurchschnittliche Leistung
(z.B. meine eigene DA wird super); Folge: meine
Einstellung zu Person X braucht nicht geändert zu
werden. [vgl. dazu Hilfestellung bei der DA der
Person Y…!]
Nach Steele Einstellungsänderung in Dissonanz-Experimenten
nur deshalb so häufig, weil VPn keine andere Möglichkeit zur
Selbstbestätigung hatten.
6.6. Theorie der symbolischen Selbstergänzung von
Wicklund & Gollwitzer (1985):
Ausgangspunkt: Lewin (1926):
durch jede Zielsetzung entsteht ein
Quasi-Bedürfnis: = zielgerichteter Spannungszustand,
•
hört erst auf, wenn Ziel erreicht ist oder wenn man sich entschließt,
Ziel nicht weiter zu verfolgen.
•
Unterbrechung oder Behinderung der zielgerichteten
Handlungen beseitigt Quasi-Bedürfnis NICHT;
Folge: °
o
•
ABER:
unvollendete Handlungen merkt man sich besonders
gut,
vollendete Handlungen vergisst man nach Zielerreichung
oft
Spannungszustand kann durch Erreichung von
Ersatzzielen abgeschwächt werden
Wicklund und Gollwitzer übertragen das auf das Selbst:
selbstbezogene Ziele:
man möchte haben:
- bestimmte Merkmale (z.B. Durchsetzungsvermögen)
- bestimmte Fähigkeiten (z.B. Klavierspielen)
- bestimmter Personenkategorie angehören (z.B. Sportler sein)
selbstbezogenes Ziel wirkt wie Quasi-Bedürfnis, wenn man
sich daran gebunden fühlt
Herkner / Kapitel 5 / Teil 4D
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Bindung (Commitment) liegt vor, wenn
- Ziel Teil der Selbstdefinition ist
- ernsthafter Entschluss zur Ausführung entsprechenden
Verhaltens besteht
Selbstbezogene Ziele sind verbunden mit beobachtbaren
Indikatoren. Diese heißen „Symbole der Selbstdefinition“.
BEISPIEL:
erfolgreichen Geschäftmann erkennt man z.B. gutem
Anzug, großem Auto, wenig Zeit, viel Telefonieren, usw.
welche Symbole zu welchen Zielen gehören, ergibt sich aus:
- Natur des Ziels (z.B. Wissenschaftler muss viel lesen -> hat viele
Bücher)
- zum Teil festgelegt durch soziale Normen (z.B. Intellektueller
trägt Bart und Brille [vgl. Van Bellen ☺]
Als Ersatzziel für noch nicht erreichtes selbstbezogenes Ziel
kann man anderes Symbol der Selbstdefinition zur Schau
stellen
BEISPIEL:
jemand, der Konzertpianist werden möchte, kauft sich
teures Klavier, nimmt Unterricht bei berühmtem Lehrer,
usw.
3 Arten von Symbolen:
-
Objekte (z.B. teures Auto)
Selbstbeschreibungen
soziale Beeinflussung (-> möglichst viele Menschen sollen von
eigener Meinung überzeugt werden)
wichtig:
Symbole müssen von anderen zur Kenntnis
genommen werden, denn sie haben nur DANN
spannungsreduzierende Wirkung, wenn sie „soziale
Realität“ sind
BEISPIEL:
dem Möchtegern-Pianisten nützt sein tolles
Klavier nichts, wenn er es anderen nicht
zeigen oder zumindest darüber reden kann
3 Postulate der Theorie von Wicklund & Gollwitzer:
(1)
Person mit selbstbezogenem Ziel versucht den Mangel an
relevanten Symbolen dadurch auszugleichen, dass sie
alternative Symbole zur Schau stellt, d.h. sie macht
„selbstsymbolisierende Handlungen“
EMPIRISCHE
-
ERGEBNISSE DAZU:
Frauen mit Selbstdefinition Mutter: kinderlose Frauen mit
Kiwu sind mehr daran interessiert, andere Frauen von ihren
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eigenen Ansichten über Kindererziehung zu überzeugen als
Frauen mit Kindern
-
(2)
Wirtschafts-Studenten stellen umso mehr Symbole eines
erfolgreichen Geschäftmannes (z.B. teure Uhr) zur Schau, je
erfolgloser sie im Studium sind
Selbstsymbolisierende Handlungen dienen der Ausgestaltung
der Selbstdefinition und sind gebunden an soziale Kenntnisnahme der erworbenen Symbole
EMPIRISCHE
-
(3)
ERGEBNISSE DAZU:
VPn sollten sich selbst beschreiben -> vollständige
Beschreibungen nur dann, wenn VPn wussten, dass ihre
Beschreibungen auch gelesen werden
Person, die selbstsymbolisierende Handlungen ausübt,
vernachlässigt die psychische Befindlichkeit (Gedanken,
Einstellungen, Motive,…) von anderen Personen in ihrer
Umgebung
Motiv zur Selbstergänzung ist stärker und wichtiger als andere
Motive (z.B. anderer Person einen Wunsch zu erfüllen)
EXPERIMENT DAZU:
VPn (männliche Studenten) füllten Persönlichkeits-FB aus
- ½ VPn bekam Rückmeldung, ihre Persönlichkeit entspräche der
eines Experten in ihrem Studienfach
- ½ VPn bekam Rückmeldung, ihre Persönlichkeit entspräche
NICHT der eines Experten in ihrem Studienfach
Dann sollten VPn attraktive Frau kennenlernen:
- VB1: Frau bevorzugt bescheidene und ehrliche Männer
- VB2: Frau bevorzugt selbstsichere Männer
VPn mussten Selbstbeschreibung für diese Frau verfassen
Ergebnis:
o VPn mit unpassenden Persönlichkeiten im Persönlichkeitstest -> Wunsch nach Selbstergänzung; verfassten
positive Selbstbeschreibung, wurscht ob Frau bescheidenen
oder selbstsicheren Mann wollte -> keine Beeinflussung der
VPn durch diese Wünsche
o VPn mit passenden Persönlichkeiten -> kein Wunsch nach
Selbstergänzung; versuchten sich vorteilhafter darzustellen,
d.h. je nachdem was Frau wollte, waren sie bescheiden oder
selbstsicher -> Beeinflussung durch die Wünsche der Frau
Herkner / Kapitel 5 / Teil 4D
353
6.7. Selbstdarstellung: dazu gibt es keine Theorie, aber mehrere
Ansätze dazu
Selbstdarstellung:
= absichtliche Steuerung des Eindrucks, den man auf jemanden
machen möchte, weil man sich davon bestimmte Reaktion des
Interaktionspartners erwartet
VH entspricht dann nicht der Disposition oder Einstellung, sondern
wird der Situation angepasst
oft wird versucht, einen positiven Eindruck zu erwecken,
ABER:
es kann auch sein, dass man einen negativen
Eindruck machen möchte…
BEISPIEL: selbstbeachteiligendes Verhalten (Bergals &
Jones, 1978):
wenn man schlechte Leistung erwartet, betont
man negative Eigenschaften (Ängstlichkeit,
Zerstreutheit,…);
Grund:
Attribution des Misserfolgs auf diese
Eigenschaften wird so möglich, dadurch
ist Misserfolg weniger selbstwertmindernd (als wenn Misserfolg auf
mangelnde Fähigkeiten zurückgeführt
wird)
Selbstüberwachungstheorie von Snyder (1979):
große interindividuelle Unterschiede in Fähigkeit und Motivation zur
Selbstdarstellung (siehe dazu Kapitel 6!)
Selbstdarstellungsarten nach Tedeschi, et al., (1988):
Unterscheidung von:
- kurzfristige, situationsspezifische Taktiken
- langfristige, in vielen Situationen wirksame Taktiken
Außerdem:
•
assertive Techniken:
Schmeichelei, Komplimente, Einstellungsähnlichkeit, helfen, Gefallen
erweisen, Hinweis auf hohen sozialen Status, usw.
Person versucht, ihre positiven Eigenschaften hervorzustreichen
(bzw. so zu tun als ob sie diese hätte), Ziel: einen positiven
Eindruck erwecken
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•
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defensive Techniken:
Rechtfertigungen, Entschuldigungen, bestimmte Arten von
Selbstbenachteiligung (z.B. Hinweise auf negative Eigenschaften wie
Ängstlichkeit, Alkoholismus, psychische und physische Krankheit,
usw. -> dadurch soll Attribuierung auf noch negativere
Eigenschaften, wie Dummheit oder Bösartigkeit) verhindert
werden).
Ziel = Abwehr von Forderungen anderer Personen (vor allem
in Leistungsbereich und in Beziehung) bzw. Verhinderung von
negativem Eindruck und negativen Konsequenzen.
Bogus-Pipeline (Jones & Sigall, 1971): = beliebte Methode in der
Selbstdarstellungsforschung
VPn wird erklärt, man könne mit Hilfe eines komplizierten Apparats
ihre wahren Einstellungen, Meinungen, Gefühle physiologisch
messen. VPn sollen dann Ergebnisse dieser Messung vorhersagen.
Ergebnisse damit zeigten:
Angehörige von Minderheiten (z.B. Farbige, Gastarbeiter)
werden schlechter bewertet. Setzt man „normale“
Einstellungs-FB ein, dann wesentlich bessere Bewertung von
Minderheiten
Grund:
Bei FB geben Personen sozial erwünschte Antworten, bei
Bogus-Pipeline sind sie ehrlich, weil sie ja glauben,
Apparat könne die Richtigkeit ihrer Aussagen
physiologisch messen
Selbstdarstellungsprozesse vs. intrapsychische Prozesse:
Fetlock & Manstead (1985): Analysen zahlreicher Untersuchungen
ergab:
Erklärungen durch Selbstdarstellungsprozesse und
Erklärungen durch intrapsychische Prozesse (Dissonanz,
Reaktanz, usw.) lassen sich oft nicht klar unterscheiden
BEISPIEL: Anwesenheit von Publikum:
erhöht Verwendung von Selbstdarstellungsprozessen
innerpsychische Veränderungen: vermehrte
Selbstaufmerksamkeit, verstärkte Bindung an
öffentliches Verhalten, soziale Leistungsaktivierung,
usw.
ABER:
zur Selbstdarstellung braucht es kein Publikum ->
Gedanke an eines genügt, um Effekte auszulösen
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6.8. Selbstziele: Der Ansatz von Greenwald
Selbst besteht aus 4 Subsystemen:
•
•
•
•
diffuses Selbst
öffentliches Selbst
privates Selbst
kollektives Selbst
Alle haben unterschiedliche Ziele bzw. Aufgaben (= ego-tasks) und
enthalten unterschiedliche Grundlagen des Selbstwerts
Erreichen des Ziels der Komponente bewirkt Verbesserung des
Selbstwerts
Nichterreichung bewirkt Verminderung des Selbstwerts
(1)
diffuses Selbst: = primitiveste Selbstkomponente
Hier reines Lustprinzip vorherrschend, d.h. Ziel = „hedonistische
Befriedigung“, d.h. Herbeiführen von positiven Gefühlen
wird verhaltenswirksam im Zustand der Anonymität und
unter Drogeneinfluss; führt häufig zu Verletzung von Normen
(2)
öffentliches Selbst:
Ziel = Anerkennung gewinnen, daher Verwendung von
Selbstdarstellungstechniken; steht im Zustand erhöhter
öffentlicher Selbstaufmerksamkeit im Vordergrund
(3)
privates Selbst:
Ziel = individuelle Erfolge und Leistungen, d.h. Erreichen der
eigenen Standards; steuert das Verhalten, wenn man allein ist,
d.h. bei erhöhter privater Selbstaufmerksamkeit
(4)
kollektives Selbst:
Ziel = Erreichung gemeinsamer Ziele, Erfüllung der Rollen, die
man in Bezugsgruppen (z.B. Familie, Arbeit,…) zu erfüllen hat;
= internalisierte Standards von Bezugspersonen
Unterschied zwischen öffentlichem Selbst und kollektivem
Selbst:
o öffentliches Selbst: Anpassung des Verhaltens an soziale Standards
ist Mittel zum Zweck (d.h. um Anerkennung zu
erringen)
o kollektives Selbst: Anpassung des Verhaltens an soziale Standards
ist hier Selbstzweck
Herkner / Kapitel 5 / Teil 4D
356
Entwicklung:
-
-
diffuses Selbst (bei Neugeborenem Überwiegen des
Lustprinzips)
öffentliches Selbst (Anpassung des Verhaltens an
soziale Normen, um Anerkennung zu erhalten und
Bestrafung zu vermeiden)
privates Selbst (eigene Forderungen und Ziele im
Vordergrund)
kollektives Selbst
3 Arten von sozialem Einfluss nach Kelman (1961):
(z.B. bei Einstellungs- und Meinungsänderung)
•
äußerliche Zustimmung ohne echte Meinungsänderung
(= Compliance):
man gibt nach, um Vorteile zu erhalten und Nachteile zu
vermeiden
•
Internalisierung:
man akzeptiert, weil verlangte Einstellung mit eigenen Werten
übereinstimmt -> das erreichen glaubwürdige Sender und
Experten; Grund: man möchte KORREKTE Meinung und
angemessene Einstellungen
•
Identifizierung:
man lässt sich beeinflussen, weil man eine Beziehung zum Sender
hat oder haben will, die Teil der Selbstdefinition ist (z.B. bei
Sender, der wichtiger Bezugsgruppe angehört oder der dem
Empfänger z.B. wegen Ähnlichkeit sympathisch ist)
Greenwald dazu:
Diese 3 Arten der Einflussnahme entsprechen verschiedenen
Selbstzielen:
Compliance betrifft öffentliches Selbst, Ziel = Anerkennung,
Belohnung
Internalisierung betrifft privates Selbst -> innere Standards
werden erfüllt (z.B. Streben nach Wahrheit)
Identifizierung betrifft kollektives Selbst
Herkner / Kapitel 5 / Teil 4D
357
6.9. Wirkungen positiver und negativer Selbstbewertung:
Alle beschriebenen Theorien sind Konsistenztheorien:
Inkonsistenzen zwischen Selbstaspekten erzeugen negative
Gefühle und bewirken Selbstwertminderung
Selbstkonsistenz erzeugt positive Gefühle und bewirkt
Selbstwertsteigerung
Theorien unterscheiden sich insofern, als sie von
unterschiedlichen Ursachen für Inkonsistenz ausgehen:
-
-
-
Selbstaufmerksamkeitstheorie:
Inkonsistenz zwischen Standards und Verhalten
Selbstdiskrepanztheorie:
Inkonsistenz zwischen verschiedenen Selbstbildern
Selbstergänzungstheorie und Ansatz von Greenwald:
Inkonsistenz zwischen Selbstzielen und deren Nichterfüllung
Selbstwertschutz / Selbstwerterhöhung /
Selbstwertwiederherstellung:
wichtigste Wirkung des Selbstwerts = seine eigene Wiederherstellung nach Bedrohung oder Verletzung
ABER: nur bei chronisch positivem Selbstwert!
Mittel zum Selbstwertschutz / Selbstwerterhöhung /
Selbstwertwiederherstellung:
selektive Info-Suche
selektive Wahrnehmung
selektives Gedächtnis
selbstgefällige Attribution
vorteilhafte Selbstdarstellung
Selbstbenachteiligung, usw.
Bei chronisch negativem Selbstwert KEINE generelle Tendenz zur
Selbstwert-Erhöhung, sondern negatives Selbstbild wird meist noch
bestätigt
Personen mit niedrigem / negativem Selbstwert sind leichter zu
beeinflussen als Personen mit hohem Selbstwert;
Grund:
stärkeres Bedürfnis nach sozialen Verstärkern (Zuwendung /
Zuneigung)
soziale Strafreize (Ablehnung / Abwendung) werden als besonders unangenehm empfunden
sozialer Druck ist hier SEHR wirksam, Person neigt zu konformem
Verhalten
Herkner / Kapitel 5 / Teil 4D
358
Das alles kann man interpretieren als:
Versuch das öffentliche Selbst in positiver Richtung zu
verändern
Bestätigung des negativen privaten Selbst
Zusammenhang zwischen Selbstwert und
Inkonsistenzreduktion:
positiver Selbstwert = notwendige Voraussetzung für
Reduktion der Nachentscheidungsdissonanz
positiver Selbstwert = Grundlage für Tendenz, Sympathie und
Ablehnung zu erwidern
Zusammenhang zwischen Selbstwert und Attributionen:
hoher Selbstwert:
positives Ereignis wird eher intern attribuiert,
negativer Ereignis wird eher extern attribuiert
-
niedriger Selbstwert:
positives Ereignis wird eher extern attribuiert,
negatives Ereignis wird eher intern attribuiert
UNTERSUCHUNG dazu von Herkner, et al., (1980):
Negativ-Verbalisierer:
vorwiegend unangenehme
innere Monologe
Leistungsstörungen
niedrige Erfolgserwartungen
häufige unangenehme Gefühle
Positiv-Verbalisierer:
vorwiegend angenehme innere
Monologe
keine Leistungsstörungen
hohe Erfolgserwartungen
häufige angenehme Gefühle
VPn bearbeiteten 4 Serien mit je 10 Aufgaben aus
Intelligenztest; nach jeder falsche Rückmeldung über
ihre Leistung, und zwar
2x Erfolg
2x Misserfolg
Nach jeder Rückmeldung Attribution auf Fähigkeit,
Anstrengung, Aufgabenschwierigkeit, Zufall
(Einschätzung auf Skala von 1-10)
Ergebnis: passt genau zu bisher Gesagtem
Genaue Beziehung zwischen Selbstwert und Attributionen ist noch
unklar, ABER: Annahme:
-
Selbstwert beeinflusst Attributionen und
Attributionen beeinflussen Selbstwert
Herkner / Kapitel 5 / Teil 4D
359
Metastudie von Brown & Taylor (1988):
•
psychische Gesundheit, Wohlbefinden und positiver
Selbstwert sind verbunden mit zahlreichen für das Selbst
schmeichelhaften Illusionen
•
Depressive und Personen mit negativem Selbstwert zeigen
realistischere Wahrnehmung und Urteile
psychische Gesundheit setzt KEINEN starken
Realitätsbezug voraus (Widerspruch zur gängigen
Lehrmeinung!)
Beispiele für die Illusionen von „normalen“ Menschen:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
eigene Person wird generell positiver beurteilt
bei sich selber nimmt man mehr positive Merkmale an als bei
anderen Personen
von den eigenen negativen Merkmalen nimmt man an, sie wären
sehr weit verbreitet
eigene positive Merkmale und Fähigkeiten betrachtet man als eher
selten
Freunde schätzt man etwas weniger positiv ein als einen selbst,
aber wesentlich positiver als Fremde
Selbsteinschätzungen sind positiver als Beurteilungen durch andere
Personen
starke Neigung zu Überschätzung von Kontingenzen
starke Tendenz zur Illusion von Kontrolle
unrealistischer Optimismus: Tendenz zur Annahme von höherer
Wahrscheinlichkeit für positive Ereignisse1 und von niedrigerer
Wahrscheinlichkeit für negative Ereignisse2 für einen selber
Depressive Menschen dagegen:
•
•
•
•
1
2
negatives Selbstbild
realistische Einschätzung von Kontingenz und Kontrolle
weniger Neigung zu Selbsttäuschung
höhere private Selbstaufmerksamkeit (d.h. sie schätzen sich
realistischer ein und kennen sich selber auch besser als die
Normalos)
gutes Einkommen, begabte Kinder, guter Job
Verkehrsunfall, Krankheiten, Opfer eines Verbrechens werden
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