Urknalltheorie Die Urknalltheorie beschäftigt sich mit den Geschehnissen unmittelbar nach dem Urknall – einem unvorstellbarem, aber wissenschaftlich anerkanntem Ereignis welches, aus einer extrem heißen und dichten Anfangssingularität, die Grundlagen für Raum, Zeit, Energie und Materie legte. Inhalte des Vortrags: 1. Die "Entdeckung" des Urknalls 2. Die einzelnen Phasen des Urknalls 3. Die Struktur & Stabilität des Universums 1. Die Entdeckung des Urknalls Die Theorie der Kosmos sei aus der Expansion einer Singularität entstanden war lange umstritten (der englische Name "Big Bang" geht auf den Urknall-Kritiker Fred Hoyle zurück der mit dieser Bezeichnung die Urknalltheorie verspotten wollte). Erst sehr trickreiche Messungen unterstützten die Urknalltheoretiker. Die 5 Grundpfeiler sind: 1. Die ART als theoretischer Vorreiter 2. Die Rotverschiebung der Galaxien 3. Die kosmische Hintergrundstrahlung 4. Die Elementverteilung des Universums 5. Das Alterslimit der Sterne 1.1 Die ART als theoretischer Vorreiter Albert Einstein (1879-1955) veröffentlichte 1916 die allgemeine Relativitätstheorie, die eine Wechselwirkung zwischen Masse und der Raum-Zeit beschreibt. Gravitation ist eine Scheinkraft, verursacht durch die Raumkrümmung. Lässt sich nicht von Beschleunigung unterscheiden (Äquivalenzprinzip) Gravitation beeinflusst elektromagnetische Wellen und die relative Zeit Die Feldgleichung der allgemeinen Relativitätstheorie lautet: Dabei ist R der Ricci-Krümmungstensor/-skalar, g der metrische Tensor, T der Energie-Impuls-Tensor und Λ die kosmologische Konstante. Letztere erfand Einstein um ein statisches Universum zu erhalten. Insgesamt unterscheidet sich die ART von Newtons Gravitation über die Krümmung, einem möglichen Innendruck und die Energie-Masse-Relation E=mc². Die Feldgleichung wurde auf vielfältige Weise gelöst, besonders interessant sind die Lösungen von Alexander Friedmann und Georges Lemaître. Alexander Friedmann (1888-1925) verwarf die kosmologische Konstante zu Gunsten eines dynamischen Universums. Erkannte dass das Universum in Folge dessen, entweder expandieren oder kollabieren muss. Georges Lemaître (1894-1966) unterstützte das dynamische Universum. Fragte nach dem Ursprung des Universums. Klein und dicht --> „Uratom“ 1.2 Die Rotverschiebung der Galaxien Edwin Hubble (1989-1953) gelingt es nicht nur nachzuweisen, dass die Milchstraße nicht die einzige Galaxie ist, er stellt auch aufgrund der Rotverschiebung der Galaxien fest, dass sich diese von uns entfernen und dies mit einer Geschwindigkeit die proportional zu ihrem Abstand zu Erde ist. 1 Hubble-Gesetz: Zum Nachweis des Hubble-Gesetzes und zur präzisen Vermessung der Hubble-Konstante bedarf es der Abstands- und Geschwindigkeitsmessung einer weit entfernten Galaxie. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgt über die Rotverschiebung (durch relativistischen DopplerEffekt) der Wasserstoffspektrallinien. Tatsächlich werden Galaxien selbst nicht durch den Raum bewegt (wie es beispielsweise die Erde um die Sonne tut), sondern sie bewegen sich mit der sich ausdehnenden Raum-Zeit (vgl. aufgehendes Rosinenbrötchen), welche auch die Rotverschiebung verursacht. Die Abstandsbestimmung zu anderen Sternen und Galaxien ist erheblich schwieriger und ungenauer als deren Geschwindigkeit. Die Messung basiert immer darauf, dass man die Soll-Helligkeit eines Objektes oder eines Ereignisses in einem bestimmten Abstand kennt und mit der durch Spektroskopie bestimmte Helligkeit auf der Erde vergleicht. Mögliche „Standardkerzen“ sind: Cepheiden (pulsierende Sterne) (Periodendauer --> Helligkeit) Supernovae vom Typ Ia (Helligkeitsverlauf --> Helligkeit) Tully-Fisher Relation (Galaxienrotationsgeschwindigkeit --> Helligkeit) Spektrum + Herzsprung-Russel Diagramm (Spektraltyp --> Helligkeit) Parallaxenmessung (Jahreszeitliche Parallaxenverschiebung --> Entfernung) Die Hubble-Konstante ist heutzutage ziemlich genau auf H0 = 71 km/(s∙Mpc) bestimmt. Der Raum dehnt sich ständig aus --> Im Limes der Zeit zurückgerechnet ergibt sich eine Singularität des Raumes. Der Kehrwert der Hubble-Konstante liefert einen guten Schätzwert für das Alter des Universums: H0-1 = 13,3∙109 a 1.3 Kosmische Hintergrundstrahlung Wenn das Universum zu einem Anfangszeitraum extrem heiß und dicht war, muss es von Strahlung erfüllt gewesen sein. Und diese Strahlung ist heute noch vorhanden und messbar: Die kosmische Hintergrundstrahlung. Diese wurde bereits 1948 durch George Gamow vorhergesagt. Experimentell bestätigt wurde sie durch zufällige Entdeckung durch Arno Penzias und Robert Wilson bei einer Antenneneichung 1965 (NP 1978). Die kosmische Hintergrundstrahlung entstand bei einer Temperatur von etwa 3000 K. Durch die Ausdehnung der Raum-Zeit befindet sie sich heutzutage im MikrowellenBereich (λmax = 1,8 mm). Das Spektrum entspricht fast perfekt dem eines schwarzen Strahlers bei T = 2,7 K. Jeder cm³ des heutigen Weltraum-Vakuums enthält im Schnitt 400 Photonen Hintergrundstrahlung. Es lassen sich auch einige Abweichungen von der perfekten räumlichen Isotropie der satelliten- vermessenen Hintergrundstrahlung feststellen. Diese sind zum Großteil durch Eigenbewegung der Milchstraße oder Gravitationsverschiebungen verursacht. Eine ganz kleine Verschiebung (ΔT/T = 1/10000) ermöglicht aber einen Rückblick in die Zeit kurz nach dem Urknall – und die Materieschwankungen die diese Verschiebungen verursacht haben. Die Messungen liefern auch indirekt Alter und Energieverteilung im Universum. 2 1.4 Elementverteilung des Universums Ein frühes Universum das extrem heiß und dicht war und mit viel Strahlung erfüllt war, wird mit Sicherheit in Form eines Plasmas vorliegen. Bei einer bestimmten Temperatur ist Nukleosynthese möglich – die Temperatur darf nicht zu hoch sein, sonst werden die Kerne wieder zerschlagen, aber auch nicht zu niedrig, sonst kann die Kernfusion nicht stattfinden. Es war wieder Gamow der diese Theorie als erstes entwickelte. Allerdings ging er zuerst davon aus das sich in diesem Plasma alle möglichen Elemente gebildet haben. Genauere Betrachtung der Fusionsprozesse und ihrer Energien ergeben dass sich hauptsächlich Helium-4 und Spuren von Deuterium, Tritium, Lithium-7 und Beryllium-7 gebildet haben. Entscheidende Stütze der Urknalltheorie wurde die Massenverteilung von 75 % Wasserstoff und 25 % Helium die sich genau so im Universum nachweisen und über die Phasen der Urknalltheorie herleiten lässt: 1. In dem Plasma bei einer Temperatur von über 1010 K finden eine Vielzahl an Umwandlungen statt. Der Masseunterschied von 1,3 MeV zwischen n und p führt zu n/p = 1/5. 2. Die Temperatur sinkt unter 1010 K. Die Reaktionen sind gestoppt, das Proton-Neutron-Verhältnis friert ein. 3. Während der Zeit die es braucht um 109 K (Bereich der Kernfusion zu erreichen) zerfallen einige Neutronen (HWZ = 10 min) – es stellt sich ein neues Verhältnis ein. 4. Kernfusion die stark von obigem Verhältnis abhängt Y = 0,25 ist der relative Anteil an Helium an der Gesamtverteilung, die sich im Kosmos erfreulicherweise genauso messen lässt! 1.5 Alter der ältesten Sterne Völlig unabhängig von den bisherigen Erkenntnissen: Die ältesten Sterne (weiße Zwerge) die man gefunden hat und deren Alter man heutzutage glaubt gut einschätzen zu können sind 12-13 Milliarden Jahre alt. Berücksichtigt man dass Sterne nach Schätzungen ca. 1 Milliarde Jahre zur Entstehung brauchten passt das gut zu den bisherigen Erkenntnissen! 2. Die Phasen des Urknalls 2.1 Die Planck-Ära Vor der Planck-Zeit (10-43 s), innerhalb der Planck-Länge (10-35 m) und bei einer Dichte von 10^94 g/cm³ machen die Begriffe von Raum und Zeit keinen Sinn. Physikalische Beschreibungen gibt es noch nicht – erfordert Quantengravitation. Am Ende der Ära spaltet sich die Gravitation von den restlichen 3 Kräften ab. 2.2 Die GUT-Ära Durch Abspaltung freigesetzte Energie lässt Universum expandieren. Starke und elektroschwache Kraft sind noch gemäß der Grand Unified Theory (GUT) vereint. Aufgrund einer unbekannten Asymmetrie bildet sich ein kleiner Überschuss Materie gegenüber der Antimaterie. 3 2.3 Das inflationäre Universum Durch spontane Symmetriebrechung spaltet sich die starke von der elektroschwachen Kraft ab. Die freiwerdende Energie lässt das Universum überlichtschnell expandieren – wird oft durch Übergang vom „falschen“ Vakuum ins „echte“ Vakuum beschrieben. Von 10-35 bis 10-33 s mindestens um den Faktor 1020. Die Inflationstheorie löst mehrere Probleme der Kosmologie: - Flachheitsproblem - Horizontproblem & Homogenität des Universums - Entstehung von Strukturen wie Galaxien 2.4 Quarks-Ära Nach 10-33 s ist die Energie im Raum ist groß genug um ein Quark-Antiquark-Gluonen Plasma entstehen zu lassen. Es ist aber noch zu heiß für stabile Hadronen. Schwere, sowie möglicherweise unbekannte Teilchen, verschwinden mit abnehmender Temperatur. Nach 10-12 s spaltet sich die Elektroschwache in die elektromagnetische und die schwache Kraft auf. Ab jetzt existieren die 4 bekannten Grundkräfte. Hadron-Ära Nach 10-6 s ist die Energie so niedrig, dass Hadronen entstehen können. Sie vernichten sich mit ihren Anti-Teilchen – zurück bleiben hauptsächlich die Baryonen Proton und Neutron (5:1) und eine Vielzahl Neutrinos. 2.5 Lepton-Ära Von der 10-4 bis zur 1 s des Universums: Die Energie ist jetzt so niedrig dass nur noch Leptonen entstehen können. Elektronen vernichten sich mit Positronen mit demselben kleinen Überschuss wie bei Hadronen. Neutrinos die nur schwach wechselwirken können nun aufgrund der niedrigen Dichte entkoppeln. Nukleosynthese Nach wenigen Sekunden findet die angesprochene Nukleosynthese statt. Es bildet sich ein Massenanteil von 25 % Helium und der Rest sind Protonen. Der Vorgang dauert wenige Minuten. 2.6 Ende der Strahlungsära und Entkopplung Nach 10000 Jahren beginnt die Ruheenergie der Materie die Energie der bis jetzt dominierenden Strahlung zu übersteigen. Nach mehreren 100000 Jahren ist die Temperatur soweit abgefallen, dass die Strahlung nicht mehr Atome ionisieren können --> Elektronen und Kerne verbinden sich zu Atomen und die Strahlung entkoppelt. Das Universum wird „durchsichtig“. 2.7 Bildung von Strukturen und Galaxien Im durchsichtigen Universum gewinnt Gravitation an Bedeutung. Aus Dichtefluktuationen aus der Inflations-Ära bilden mit Hilfe von Dunkler Materie schleichend die ersten Sterne, schwarzen Löcher und Galaxien. 3. Die Stabilität des Universums Das Ende des Universums hängt von seiner Gesamtmasse ab. Für ein dynamisches Universum sind 3 Szenarien denkbar: Offenes Universum (Big Chill) Geschlossenes Universum (Big Crunch) – evtl. mit oszillierendem Universum Flaches Universum Herleitung der krit. Dichte über Newton & Hubble liefert: Definiere Dichteparameter: Der Dichteparameter Ω hängt auch direkt mit der Krümmung der Universums zusammen: Ω=1±k 4 Die letzten Messungen ergaben: Ω = 1,01 ± 0,02 Das Universum wäre also flach oder fast flach. Allerdings ist man sich heute relativ sicher, dass baryonische Materie nur ein kleiner Anteil der Gesamtmasse liefert (5 %). Die dunkle Materie hat 23 % und die dunkle Energie 73 % Anteil. Erinnerung: Die dunkle Materie ermöglichte Massenanhäufungen im frühen Universum und kontrahiert daher das Universum. Im Gegensatz dazu verhält sich die Dunkle Energie wie eine Art Binnendruck und unterstützt die Expansion des Universums. Sie wurde eingeführt, weil die neuesten Beobachtungen gezeigt haben, dass das Universum wider erwarten beschleunigt expandiert. Quellen Bryson: Eine kurze Geschichte von fast allem de Boer: Einführung in die Kosmologie Sing: Big Bang Silk: Die Geschichte des Kosmos Physik Journal (12/04): Dunkle Energie Physik Journal (02/05): Der Nachhall des Urknalls Komitee für Astroteilchenphysik: Kosmische Spurensuche Pape: Grundlagen der Urknalltheorie Mail: Die Urknalltheorie de.wikipedia.org, en.wikipedia.org 5