34 35 FÜHREN + ENTSCHEIDEN rechtstipp AK TUE LLES AUS DEM WIRTSC HAF TSREC HT UPDATE RECHT ARBEITSRECHT Arbeitgeber: Sind Alkoholkontrollen zulässig? Der Konsum von Alkohol in der Arbeitszeit kann vom Arbeitgeber durch Weisungen oder Betriebsvereinbarungen verboten werden. Aber darf der Arbeitgeber die Einhaltung von Alkoholverboten auch kontrollieren? In einer aktuellen Entscheidung befasste sich der Oberste Gerichtshof mit der Zulässigkeit von Alkoholkontrollen mittels Atemluft durch den Arbeitgeber (9 ObA 23/15w). 1. Allgemeines zu Kontrollmaßnahmen Im Allgemeinen sind Kontrollmaßnahmen des Arbeitgebers zulässig. Berühren diese jedoch die Menschenwürde des Arbeitnehmers, ist die Zustimmung des Betriebsrates notwendige Voraussetzung für deren Zulässigkeit. Folglich muss eine Betriebsvereinbarung über die Maßnahme abgeschlossen werden. Eine Kontrollmaßnahme, die so tief greifend ist, dass damit die Menschenwürde verletzt wird, ist aber jedenfalls unzulässig. 2. Interessensabwägung notwendig Der OGH sprach in seiner Entscheidung aus, dass Alkoholkontrollen, die über bloße Beobachtung – zum Beispiel durch Wahrnehmung von Geruch, Sprache, Gang – hinausgehen und den Alkoholisierungsgrad verlässlich messen, zwangsläufig in die körperliche Integrität der Arbeitnehmer eingreifen. Dadurch kann unter Umständen die Menschenwürde der Arbeitnehmer berührt werden. Die Menschenwürde, als ein angeborenes natürliches Recht jedes Menschen, unterliegt einem besonderen Schutz vor Eingriffen. Eine Industriemagazin 09/2015 umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist notwendig, um festzustellen, ob diese im Einzelfall tatsächlich berührt wird. Für den Arbeitgeber spreche ein legitimes Kontrollinteresse, im Anlassfall die Überprüfung der Einhaltung eines Alkoholverbotes. Zur Erreichung des Zieles ist jedoch, nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit, das schonendste Mittel zu wählen. Auf Seiten des Arbeitnehmers stehen dem Kontrollinteresse insbesondere die Rechtsgüter körperliche Integrität und Privatsphäre gegenüber. „Die Kontrollen greifen in die körperliche Integrität des Arbeitnehmers ein.“ Im vorliegenden Sachverhalt hatte der Arbeitgeber in einer Dienstordnung ein absolutes Alkoholverbot im Betrieb eingeführt. Um die Einhaltung des Verbotes zu überprüfen, hatte der Arbeitgeber stichprobenartig unangekündigte Alkoholkontrollen mittels Atemluft bei allen Mitarbeitern durchgeführt. Da die Kontrollen flächendeckend, ohne konkretes Verdachtsmoment und undifferenziert, ohne Orientierung an konkreten Sicherheitsaspekten durchgeführt wurden, seien diese laut OGH nicht durch ein legitimes Kontrollinteresse gerechtfertigt gewesen. Die Menschenwürde sei durch die Kontrollen jedenfalls zumindest berührt worden. Aus diesem Grund sei es notwendig gewesen, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Die bloße Ankündigung der Kontrollen beim Betriebsrat reiche laut OGH im Anlassfall nicht aus. Ob die Kontrollen im konkreten Fall so tiefgreifend sind und sogar als Verletzung der Menschenwürde einzustufen wären, womit sie generell unzulässig wären, ließ der OGH dahingestellt. 3. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich sagen, dass allgemeine Alkoholkontrollen im Betrieb, die unangekündigt, ohne Einwilligung der Mitarbeiter, ohne besonderes Verdachtsmoment und unabhängig von der durch Alkoholkonsum möglichen Beeinträchtigung der konkreten Tätigkeit durchgeführt werden, die Menschenwürde zumindest berühren. Daher ist für die rechtmäßige Durchführung solcher Kontrollen die Zustimmung des Betriebsrates in Form einer Betriebsvereinbarung notwendig, sofern diese nicht aufgrund der Umstände im Einzelfall als die Menschenwürde verletzend und damit generell als unzulässig qualifiziert werden. Konkurrenzklausel: Kein Entfall, wenn kein Schaden eintritt Ein Arbeitnehmer in der Mobilfunkbranche, der zu einem Konkurrenten wechselte, brachte gegen eine mit ihm vereinbarte Konkurrenzklausel vor, dass diese mangels Beeinträchtigung eines geschäftlichen Interesses des früheren Arbeitgebers unwirksam sei. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass kein bezifferbarer Schaden eingetreten sei. Weiters behauptete er, dass eine bereits vom Berufungsgericht gemäßigte Konventionalstrafe noch immer überhöht sei. Der OGH sprach dazu aus (9 ObA 25/15i), dass die Ansicht des Berufungsgerichts, wonach ein Bedürfnis des früheren Arbeitgebers bestand, sich gegen einen Know-howTransfer abzusichern, vertretbar sei, insbesondere auch, weil der im Planning und Engineering tätige Arbeitnehmer entsprechend qualifiziert sei und die starke Konkurrenz am Mobilfunkmarkt berücksichtigt werden müsse. Ob tatsächlich ein Schaden eintritt, sei für die Wirksamkeit der Konkurrenzklausel jedenfalls irrelevant. Wenn kein oder nur ein geringfügiger Schaden eintritt, führe dies auch nicht automatisch zum Wegfall der Konventionalstrafe, sondern es liege ein Mäßigungskriterium vor. Dies sei vom Berufungsgericht im vorliegenden Fall aber bereits berücksichtigt worden. (Lukanec, Binder Grösswang) Kein Entgeltanspruch für Scheingeschäftsführer 39 GewO sieht vor, dass in Fällen, in denen ein gewerberechtlicher Geschäftsführer zu bestellen ist, sich dieser auch entsprechend im Betrieb betätigen muss. In einer aktuellen Entscheidung (9 ObA 156/14b) beschäftigte sich der OGH mit einer ausdrücklichen Vereinbarung, ein Scheingeschäftsführer solle rein für die Zurverfügungstellung seiner Gewerbeberechtigung Entgelt erhalten. Mit dem Hinweis auf Vorentscheidungen erklärte der OGH den Vertrag für nichtig. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass der Geschäftsführer der Gesellschaft zusätzlich Aufträge vermitteln sollte, da dies keine solche Tätigkeit sei, die ein im Betrieb tatsächlich beschäftigter Geschäftsführer ausübe. Auf die Nichtigkeit der Vereinbarung kann sich laut OGH nicht nur der Geschäftsführer, sondern auch die Gesellschaft berufen. Folglich versuchte der Geschäftsführer vergeblich, das vereinbarte Entgelt gerichtlich einzufordern. (Lukanec, Binder Grösswang) „Auf die Nichtigkeit der Vereinbarung kann sich laut OGH auch die Gesellschaft berufen.” Horst Lukanec, Binder Grösswang Mag. Horst Lukanec ist Partner bei Binder Grösswang und spezialisiert auf Arbeitsrecht. Industriemagazin 09/2015