Kurs 42000, KE 1, Kapitel 3 (neu ab SS 2012)

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Übersicht zum Kurs 42000:
Finanz- und bankwirtschaftliche Modelle
Kurseinheit 1: Modelle mit symmetrischer Informationsverteilung
1 Das MODIGLIANI-MILLER-Modell und andere kapitalkostentheoretische Ansätze
2 Das Capital-asset-pricing-model (CAPM)
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Kurseinheit 2: Modelle mit asymmetrischer Informationsverteilung
1 Überblick
2 Finanzintermediation und Informationsasymmetrien zwischen Geldgebern und Geldnehmern (Modelle von DIAMOND und BREUER)
3 Asymmetrische Informationsverteilung zwischen Geldgebern (ROCK-Modell)
Kurseinheit 3: Investitionstheoretische Modelle
1 Einordnung und Überblick
2 Theoretische Grundlagen isolierter Investitionsentscheidungen
3 Simultane Investitions- und Finanzplanung
Zusätzliche Informationen im Internet
Weitere und u.U. auch aktuellere Informationen über das Modul „Finanz- und bankwirtschaftliche Modelle“ und die von Prof. Dr. Michael Bitz geleitete Abteilung für Finanzmanagement des Centrums für
Steuern und Finanzen der FernUniversität in Hagen sind über das Internet unter
http://www.fernuni-hagen.de/csf/
abrufbar. Dort finden Sie Informationen zum Lehrangebot, ein umfassendes Schriftenverzeichnis sowie
(in der Rubrik „Studium und Lehre“ unter dem Unterpunkt Master) alte Klausuren und Einsendearbeiten
mit Lösungshinweisen zum Download, Hinweise auf die kursbezogene Diskussionsgruppe (Moodle) und
einiges mehr.
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie
der Übersetzung und des Nachdrucks, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Kein Teil dieses Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung der FernUniversität reproduziert oder unter
Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
II
2.3
2.4
3
3.1
3.2
3.3
3.4
Inhaltsverzeichnis
Finanzierungs- und Investitionsentscheidungen im Rahmen des CAPM
2.3.1 Vorbemerkungen
2.3.2 Finanzierungsentscheidungen: Wertadditivität und Irrelevanz
2.3.3 Investitionsentscheidungen
2.3.3.1 Das grundlegende Vorteilhaftigkeitskriterium
2.3.3.2 Modifikationen des Vorteilhaftigkeitskriteriums
2.3.3.3 Grenzen der Analyse
Zur Bedeutung des CAPM
2.4.1 Kernaussagen und Realitätsbezug des CAPM
2.4.1.1 Kernaussagen
2.4.1.2 CAPM und Realität
2.4.2 Zur praktischen Umsetzung von CAPM-Elementen
2.4.2.1 Empirische Ermittlung von Volatilitäten und Betafaktoren
2.4.2.2 Anlagestrategische Bedeutung von Betafaktoren
Optionspreistheoretische Modellansätze
Wertbestimmende Faktoren von Optionsgeschäften
3.1.1 Vorbemerkungen
3.1.2 „Innerer Wert“ einer Option
3.1.3 Prämie in Abhängigkeit vom Aktienkurs
3.1.4 Restlaufzeit und Volatilität als weitere Einflussfaktoren
3.1.5 Zusammenfassung und Überleitung zu den Bewertungsmodellen
Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
3.2.1 Annahme über Kursverlauf der Aktie
3.2.2 Einperioden-Fall
3.2.2.1 Arbitrage und Duplikationsportfolio
3.2.2.2 Allgemeine Bestimmung des Optionswertes
3.2.3 Zweiperioden-Fall
3.2.4 T-Perioden-Fall
Optionswert vor Verfall im Modell von BLACK/SCHOLES
Einordnung der Ergebnisse der Modellanalyse
58
58
58
62
62
65
67
69
69
69
70
72
72
78
83
83
83
83
86
90
95
98
98
101
101
109
115
119
124
131
Lösungen zu den Übungsaufgaben
133
Anhang 1.01:
Anhang 2.01:
Anhang 2.02:
Anhang 2.03:
Anhang 2.04:
Anhang 2.05:
Anhang 2.06:
Anhang 2.07:
Anhang 3.01:
Anhang 3.02:
171
176
178
180
182
186
190
191
192
194
Literaturverzeichnis
Arbitrage-Prozess nach MODIGLIANI-MILLER
Herleitung von µ-, σ-, cov- und ρ-Werten
µ-σ-Werte bei Mischung aus Wertpapieren und sicherer Anlage
µ-σ-Werte kreditfinanzierter Anlagen
Herleitung der Wertpapier-Marktlinie gemäß (2.08)
Herleitung der Marktwertrelationen gemäß (2.13) und (2.14)
Herleitung der Vorteilhaftigkeitsbedingung (2.35)
Herleitung der Vorteilhaftigkeitsbedingungen (2.36) und (2.37)
Herleitung des Binomialkoeffizienten
Herleitung des Ausdrucks (3.21)
195
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Abbildungsverzeichnis
III
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1.01: Gesamtkapitalkosten bei konstanten Kosten von Eigen- und Fremdkapital
5
Abb. 1.02: Kapitalkostenverlauf nach der sogenannten traditionellen These
6
Abb. 1.03: Kapitalkostenverlauf nach der MODIGLIANI-MILLER-These
9
Abb. 1.04: Kapitalkosten und Marktwert des Eigenkapitals
26
Abb. 2.01: Portefeuillelinien
35
Abb. 2.02: Portefeuillelinien für drei Wertpapiere
35
Abb. 2.03: Primäre und sekundäre Portefeuillelinien
36
Abb. 2.04: Portefeuillefläche
37
Abb. 2.05: Portefeuillefläche und effizienter Rand
38
Abb. 2.06: Portefeuillelinie bei sicherer Anlage
39
Abb. 2.07: Effiziente Portefeuilles bei sicherer Anlagealternative und
Verschuldungsmöglichkeit
40
Abb. 2.08: Tangentiallinie
44
Abb. 2.09: Kapitalmarktlinie)
47
Abb. 2.10: Kapitalmarktlinie und wertpapierspezifische Portefeuillelinie
49
Abb. 2.11: Wertpapier-Marktlinie µi(βi) Abb. 2.12: Wertpapier-Marktlinie µi(covi, M)
51
Abb. 2.13: Wertpapier-Marktlinie als „kritische Linie“
66
Abb. 2.14: Punktwolken zur Schätzung von Beta-Faktoren
75
Abb. 2.15: Regressionslinien für die Wertpapiere A und B
77
Abb. 2.16: Regressionsdiagramm für Beispiel 2.01
80
Abb. 3.01: Kurswert einer Kaufoption im Ausübungszeitpunkt (innerer Wert)
85
Abb. 3.02: Abhängigkeit des Optionskurses vom Aktienkurs
86
Abb. 3.03: Kursbeeinflussende Faktoren einer Kaufoption
95
Abb. 3.04: Mögliche Aktienkursverläufe im Binomialmodell
99
Abb. 3.05: Mögliche Aktienkursverläufe im 2-Perioden-Binomialmodell
115
Abb. 3.06: Entwicklung des Wertes einer Option im 2-Perioden-Binomialmodell
116
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XII
Symbolverzeichnis
Kapitel 3
a
„kritische“ Anzahl der Veränderungen des Aktienkurses um den
Faktor u
B
Betrag der Mittelanlage (+) bzw. Mittelaufnahme (–)
B(⋅)
Verteilungsfunktion der Binomialverteilung
C
Börsenkurs des Basisobjekts
C0
Wert der Option im Zeitpunkt t = 0
C′0
subjektiver Grenzpreis der Option in t = 0
Ctk
Wert der Option nach k Änderungen des Kurses der Aktie um den
Faktor u und t – k Änderungen um den Faktor d
CB
Basispreis
CT
Allgemeiner Wert der Option im Zeitpunkt T
d
Faktor für Veränderung des Aktienkurses im Binomialprozess
d1, d2
Parameter im Black/Scholes-Modell
∆
Delta, Anzahl der Aktien im Duplikationsportfolio
e
„Eulersche“ Zahl
ε
Zufallsvariable
GE
Geldeinheiten
k
Laufindex, Anzahl der Veränderungen des Aktienkurses um den
Faktor u
k′
kleinste ganze Zahl, für die k′ ≥ a gilt
λ
Gewichtungsfaktor für den Fall, dass sich der Aktienkurs um u verän(1 + r) − d
dert, formal: λ =
u−d
λ′
µ
=
u
λ
1+ r
Erwartungswert der Aktienrendite
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Symbolverzeichnis
n
Anzahl der Teilperioden bei unterjähriger Verzinsung
N(⋅)
Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung
r
sicherer Zinssatz bei diskreter Verzinsung
R
sicherer Zinssatz bei kontinuierlicher Verzinsung
S
Börsenkurs der Aktie
S0
Börsenkurs der Aktie im Zeitpunkt t = 0
Stk
Kurs der Aktie nach k Änderungen ihres Kurses um den Faktor u und
t – k Änderungen um den Faktor d
ST
Allgemeiner Wert der Aktie im Zeitpunkt T
σ
Standardabweichung der Aktienrendite
t
Zeitindex
T
Verfallzeitpunkt der Option
u
Faktor für Veränderung des Aktienkurses im Binomialprozess
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XIII
3.1 Wertbestimmende Faktoren von Optionsgeschäften
3
Optionspreistheoretische Modellansätze
3.1
Wertbestimmende Faktoren von Optionsgeschäften
3.1.1
Vorbemerkungen
In diesem Abschnitt wollen wir einige grundlegende Überlegungen zu der Frage
zusammentragen, von welchen Faktoren der Marktwert eines Optionsrechtes in
erster Linie abhängt. Im Sinne einer beispielhaften Verdeutlichung beschränken
wir unsere Überlegungen auf eine im Wege des cash-settlement erfüllbare amerikanische Kaufoption auf eine Aktie und nehmen zusätzlich an, dass während der
Laufzeit der Option weder mit Dividendenauszahlungen noch mit Kapitalerhöhungen oder ähnlichen Maßnahmen zu rechnen ist. Weiterhin unterstellen wir,
dass der Aktienkurs im Zeitablauf nicht sicher vorhersehbaren Schwankungen
unterliegt und sich damit auch auf die Wertentwicklung des Optionsrechts auswirkt, dass umgekehrt von der Entwicklung des Optionskurses jedoch keine
Rückwirkungen auf den Aktienkurs ausgehen. Schließlich gehen wir davon aus,
dass Aktien und Optionen auf einem idealen Markt gehandelt werden können, auf
dem keinerlei Transaktionskosten anfallen und alle Kauf- und Verkaufsentscheidungen jeweils ohne alle Zeitverzögerung durchgeführt werden können.
3.1.2
„Innerer Wert“ einer Option
Wir betrachten zunächst eine Kaufoption unmittelbar vor ihrer Fälligkeit; der für
die Abrechnung nach dem cash-settlement maßgebliche Aktienkurs stehe schon
fest. Der Inhaber der Option hat noch wenige Minuten Zeit, um darüber zu entscheiden, ob er die Option
–
ausüben soll oder nicht oder
–
in letzter Sekunde noch verkaufen soll.
Welchen Kurs könnte er im zweiten Fall wohl für die Option erzielen? Wir wollen
dieser Frage zunächst an Hand eines Beispiels nachgehen.
Beispiel 3.01:
Der festgelegte Basispreis betrage CB = 12 Euro/Aktie. In diesem Fall sind – je nachdem welchen Wert der Aktienkurs C annimmt – u.a. die folgenden Konstellationen denkbar:
(1)
C ≤ 12, die Aktie notiert also gerade bei 12 oder darunter, d.h. die Option ist „out of the
money“ oder gerade „at the money“.
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83
84
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
In diesem Fall lohnt es nicht, das Optionsrecht auszuüben; die Option verfällt. Mithin
wird auch kein anderer Anleger bereit sein, für die Option noch etwas zu bieten. Ihr
Kurs (Co) wird also
Co = 0
betragen.
(2.1) C = 14, d.h. die Aktie notiert bei 14 Euro; die Option ist also „in the money“ und verspricht einen Ausübungsgewinn von (C – CB) = (14 – 12) = 2 Euro. Auf einem idealen
Markt würde sich der Kurs der Option mithin genau auf 2 Euro einpendeln.
•
Bei einem Kurs von weniger als 2 Euro wäre es nämlich für alle Marktteilnehmer
lohnend, die Option zum Zwecke der sofortigen Ausübung zu erwerben und einen
Gewinn in Höhe von (C – CB – Co ) = 2 – Co > 0 zu realisieren. Auf der anderen
Seite bestünde für die Inhaber der Option keinerlei Anreiz, diese zu verkaufen, da
sie bei Ausübung eine höhere Zahlung erhalten würden als bei Verkauf.
•
Bei einem Kurs von mehr als 2 Euro wäre es für die Inhaber der Option zwar von
Interesse, diese zu verkaufen; jedoch würden sie wohl kaum Käufer finden.
(2.2) Ähnliche Überlegungen gelten für jede andere Konstellation, in der C > CB gilt, die
Option also „in the money“ ist: auf einem idealen Markt würde sich der Optionskurs
gerade bei
Co = (C − C B ) = (C − 12)
einpendeln.
Zusammenfassend kann in unserem Beispiel für den Kurs der Option also geschrieben
werden:
0 ,
wenn C ≤ 12
Co = 
C
−
12,
wenn C > 12 .

Allgemein kann für die Abhängigkeit des Optionskurses am Verfalltag (Co) von
dem dann herrschenden Aktienkurs folgende einfache Beziehung festgehalten
werden:
•
Liegt der Aktienkurs C nicht oberhalb des Basispreises CB, gilt also C ≤ CB,
so ist die Option wertlos, so dass für ihren Kurs Co = 0 gilt.
•
Liegt der Aktienkurs C hingegen oberhalb des Basispreises CB, gilt also
C > CB, so erbringt die Option einen Ausübungsgewinn in Höhe der Kursdifferenz (C – CB), mithin wird für ihren Kurs auch gerade Co = C – CB
gelten.
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3.1 Wertbestimmende Faktoren von Optionsgeschäften
Zusammenfassend kann für den Kurswert der Kaufoption unmittelbar vor Fälligkeit also geschrieben werden
85
Kurswert der Option
unmittelbar vor
Fälligkeit
wenn C ≤ CB
0 ,
Co = 
(C − CB ) , wenn C > CB .
Graphisch kann diese Relation durch einen Linienzug nach Art von Abb. 3.01
dargestellt werden.
Abb. 3.01: Kurswert einer Kaufoption im Ausübungszeitpunkt (innerer Wert)
Betrachten wir nun einen Zeitpunkt, der etwa einen Monat vor dem Ausübungstermin liegt. Es leuchtet unmittelbar ein, dass der Kurswert der Option auch in
diesem Zeitpunkt nicht niedriger sein kann, als es der durch obige Formel und
Abb. 3.01 verdeutlichten Relation entspricht:
•
Denn selbst wenn die Option „out of the money“ ist, kann sie ja keinen negativen Wert annehmen, da mit ihr keinerlei Verpflichtungen oder Belastungen verbunden sind.
•
Andererseits könnte eine „in the money“ befindliche Option – sofern sie
vom unterstellten amerikanischen Typ ist – ja auch schon vor Fälligkeit
ausgeübt und so ein Gewinn von (C – CB) erzielt werden.
Die obige Relation beschreibt somit nicht nur den effektiven Kurswert der Option
im Ausübungszeitpunkt, sondern zugleich auch die Kursuntergrenze für die Option in einem früheren Zeitpunkt. In der Optionstheorie wird diese Untergrenze
häufig auch als der innere Wert der Option bezeichnet.
Im Folgenden wollen wir uns zunächst klar machen, dass der tatsächliche Marktwert einer Option vor dem Fälligkeitstermin in aller Regel oberhalb der durch den
inneren Wert umschriebenen Untergrenze liegt. Zudem wollen wir uns die wich-
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Kursuntergrenze/innerer
Wert der Option
86
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
tigsten Faktoren verdeutlichen, die für die Höhe des entsprechenden „Aufgeldes“,
auch Prämie oder Zeitwert genannt, maßgeblich sind. 1)
3.1.3
Prämie in Abhängigkeit vom Aktienkurs
In der Optionstheorie wird allgemein davon ausgegangen, dass die Abhängigkeit
des Marktwertes einer Kaufoption von dem aktuellen Kurs der zugrundeliegenden
Aktie durch einen Kurvenzug der in Abb. 3.02 gezeigten Art verdeutlicht werden
kann. Dabei wird in dieser Abbildung zur numerischen Verdeutlichung auf unser
letztes Beispiel Bezug genommen.
Co
B
4
1
A
8
10 CB = 12
15
C
Abb. 3.02: Abhängigkeit des Optionskurses vom Aktienkurs
Zunächst ist es wichtig, genau zu verstehen, was in diesem Diagramm verdeutlicht
werden soll:
•
Betrachtet wird eine Kaufoption vom amerikanischen Typ in einem Zeitpunkt, der eine gewisse Spanne, z.B. einen Monat, vor dem Fälligkeitstermin liegt.
•
Für die zugrundeliegende Aktie werden jetzt alternativ mögliche Kurse betrachtet, die diese in dem vorgegebenen Betrachtungszeitpunkt rein gedanklich annehmen könnte.
•
Durch den Kurvenzug wird dann jedem möglichen Aktienkurs C ein
bestimmter Wert Co zugeordnet, den die Option haben würde, wenn der Aktienkurs die jeweils unterstellte Höhe hätte. Die durch entsprechende Hilfs-
1 Zur Vermeidung von Missverständnissen sei auf einen inkonsistenten Gebrauch der Ausdrücke
„Optionsprämie“ bzw. „Prämie einer Option“ im einschlägigen Schrifttum hingewiesen. Teilweise wird damit – wie hier – das Aufgeld bezeichnet, also die positive Differenz zwischen
dem Marktpreis und dem inneren Wert der Option, teilweise aber auch einfach der Marktpreis
selbst.
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3.1 Wertbestimmende Faktoren von Optionsgeschäften
linien markierten Punkte A und B verdeutlichen als Beispiele somit folgende Wenn-dann-Aussagen:
–
Wenn der Kurs der Aktie C = 8 betragen würde, dann würde die
Option gerade bei Co = 1 notieren.
–
Wenn der Kurs der Aktie hingegen C = 15 betragen würde, dann würde die Option gerade bei Co = 4 notieren.
Die übrigen Kurvenpunkte sind ganz analog im Sinne einer solchen hypothetischen Zuordnung zu interpretieren.
Dabei wird in dieser Darstellung unterstellt, dass die Prämie, also die Differenz
zwischen dem effektiven Kurswert der Option und ihrem inneren Wert, bei einer
gedanklichen Variation des Aktienkurses folgenden Verlauf aufweist:
•
Von dem Extrem eines fast bei Null liegenden Aktienkurses wird die Prämie
mit steigendem Aktienkurs immer größer.
•
Ihr Maximum erreicht die Prämie dann, wenn die Option „at the money“ ist,
der Aktienkurs also gerade bei dem Basispreis liegt.
•
Mit weiter steigendem Aktienkurs steigt zwar auch der Kurs der Option
weiter; allerdings wird die darin enthaltene Prämie immer kleiner. Mithin
nähert sich Co mit weiter steigendem Aktienkurs wieder immer mehr dem
inneren Wert an. Dieser Verlauf kann zum einen aus einschlägigen mathematischen Modellen hergeleitet werden, auf die wir in den beiden folgenden
Kapiteln 3.2 und 3.3 noch näher eingehen werden. Zum anderen spricht für
diesen Verlauf aber auch eine gewisse intuitive Plausibilität, die wir nachfolgend noch kurz verdeutlichen wollen.
•
Liegt die Option nämlich „out of the money“, gilt also C < CB, so stellt die
Option eine Art Lotterielos dar: Steigt der Aktienkurs – entgegen der aktuellen Situation – zukünftig auf einen Wert oberhalb des Basispreises CB, hat
der Inhaber die Möglichkeit durch Ausübung der Option oder deren Verkauf
einen Gewinn zu erzielen. Bleibt der Aktienkurs hingegen bis zum Fälligkeitstermin der Option unterhalb des Basispreises, erweist sie sich als Niete.
Wenn die Marktteilnehmer jedoch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit
damit rechnen, dass zukünftig die Situation C > CB eintreten kann, wird sich
für die Option ein positiver Marktwert einpendeln. Diese Chance dürfte dabei tendenziell umso größer sein, je näher der Aktienkurs im Betrachtungszeitpunkt ohnehin schon am Basispreis liegt, was den steigenden Kurvenverlauf in diesem Bereich erklärt.
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87
88
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Beispiel 3.02:
Wir gehen von den Daten des letzten Beispiels aus (CB = 12) und betrachten die Situation einen Tag vor dem Fälligkeitstermin. Bezüglich der Entwicklung des Aktienkurses von einem
Tag auf den anderen sollen die Marktteilnehmer folgende Erwartungsstruktur haben:
•
Mit einer Wahrscheinlichkeit von 30% tritt keine Kursänderung ein.
•
Mit einer Wahrscheinlichkeit von jeweils 20% steigt oder sinkt der Kurs um 1 Euro.
•
Mit einer Wahrscheinlichkeit von jeweils 10% steigt oder sinkt der Kurs sogar um 2 Euro.
•
Mit einer Wahrscheinlichkeit von jeweils 5% schließlich steigt oder sinkt der Kurs sogar
um 3 Euro.
Größere Kursschwankungen werden als nicht möglich erachtet.
Beläuft sich der Aktienkurs einen Tag vor dem Ausübungstermin nun auf C = 10, so sind für
den nächsten Tag, also den Ausübungstermin, Kurse zwischen 7 und 13 möglich. Bei allen
Kursen zwischen 7 und 12 verfällt die Option, bringt also ein Ergebnis von 0. Bei einem Kurs
von 13 hingegen erhält der Inhaber der Option im Wege des Cash-Settlement eine Zahlung
von 1 Euro. Da eine Kurssteigerung von 10 auf 13 gerade zu 5% wahrscheinlich ist, entspricht
die Option einen Tag vor Fälligkeit bei C = 10 also einem Los,
–
das sich zu 95% Wahrscheinlichkeit als Niete erweist und
–
mit 5% Wahrscheinlichkeit einen Gewinn 1 Euro verspricht.
Nimmt man als einfachsten Fall an, für solche „Lose“ würde sich auf dem Optionsmarkt ein
Kurs einstellen, der gerade dem erwarteten Gewinn entspricht, so hätte diese Option einen
Kurswert von 0,05 Euro.
Beliefe sich der Aktienkurs hingegen auf C = 11, so wären am Ausübungstag Kurse zwischen
8 und 14 möglich. Mithin könnte der Optionsscheininhaber
–
mit einer Wahrscheinlichkeit von 5% sogar mit einer Zahlung von 2 Euro und
–
mit einer 10%-igen Wahrscheinlichkeit mit einer Zahlung von 1 Euro rechnen.
Der erwartete Gewinn und – unserer Annahme entsprechend – damit auch der Kurswert der
Option würde somit (2 ⋅ 0,05 + 1 ⋅ 0,1 =) 0,20 Euro betragen.
•
Liegt die Option andererseits „in the money“, gilt also C > CB, so kann sie
mit einigen Modifikationen nach wie vor als Los interpretiert werden. Noch
instruktiver ist es in diesem Fall jedoch, die in dem Optionspreis enthaltene
Prämie als Zahlung für ein Versicherungszertifikat zu interpretieren, das
dessen Inhaber im Fälligkeitstermin zwar an Aktienkurssteigerungen über
CB hinaus 1:1 teilhaben lässt, ihn jedoch gegen ein Absinken des Kurses unter CB absichert. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Aktienkurs C innerhalb der verbleibenden Restlaufzeit der Option unter den Basispreis CB absinkt, also der „Versicherungsfall“ eintritt, tendenziell umso
kleiner, je weiter C oberhalb von CB liegt. Mithin liegt es nahe, dass die im
Los enthaltene Prämie umso kleiner ist, je weiter C von CB entfernt liegt.
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3.1 Wertbestimmende Faktoren von Optionsgeschäften
89
Beispiel 3.02 (1. Fortsetzung):
Wir gehen wieder von den Daten des Beispiels 3.02 aus und nehmen nun an, der Aktienkurs
liege einen Tag vor dem Ausübungstermin bei C = 13. Für einen Anleger, der gerade
über 13 Euro verfügt, bieten sich dann u.a. die folgenden beiden Strategien:
(1) Erwerb einer Aktie zum Kurs von 13 und deren unmittelbarer Verkauf am nächsten Tag.
(2) Erwerb einer Option und Einbehalt des nicht benötigten Anlagebetrages.
Zu Strategie (2) nehmen wir zunächst einmal an, die Option könne gerade zu ihrem inneren
Wert von (13 – 12 =) 1 Euro erworben werden. Abhängig vom Kurs der Aktie am Fälligkeitstag, würden sich dann bei den beiden Strategien folgende Endvermögenswerte ergeben:
Aktienkurs
bei Fälligkeit
Endvermögen
bei Aktienerwerb
Endvermögen
bei Optionserwerb
:
:
:
10
10
12 + 0 = 12
11
11
12 + 0 = 12
12
12
12 + 0 = 12
13
13
12 + 1 = 13
14
14
12 + 2= 14
15
15
12 + 3 = 15
16
16
12 + 4 = 16
:
:
:
In diesem Fall wäre der Optionserwerb also eindeutig die bessere Strategie, denn bei Aktienkursen oberhalb von 12 führt diese Strategie als Folge der Zahlungen aus dem Cash Settlement
stets zu demselben Ergebnis wie die unmittelbare Aktienanlage, während sich ein Absinken
des Aktienkurses unter 12 nicht auf das Endvermögen auswirkt.
In einer solchen Situation stellte die Option somit eine ausgesprochen gefragte Anlagealternative dar, während für die Inhaber dieses Rechts keinerlei Anreiz bestünde, sich davon zu trennen. Bei einem Kurs von nur 1 Euro dürfte somit die Nachfrage wesentlich größer sein als das
Angebot. Ein Ausgleich von Angebot und Nachfrage wird dementsprechend erst bei einem
höheren Kurs als dem inneren Wert von 1 Euro zustande kommen.
Um welchen Betrag der Optionskurs allerdings den inneren Wert übersteigen wird, kann aus
derartigen einfachen Marktüberlegungen nicht mehr abgeleitet werden. Dazu bedarf es vielmehr weiterer Annahmen, so wie wir sie etwa in besonders einfacher Form bereits im letzten
Beispiel verwendet haben. Folgen wir dieser Annahme noch einmal, so wäre für den Ausübungstag mit Aktienkursen zwischen 10 und 16 zu rechnen. Bei Kursen zwischen 10 und 12
verfällt die Option, was annahmegemäß zu (5% +10%+20% =) 35% wahrscheinlich ist. In den
übrigen Fällen kann demgegenüber ein Ausübungsgewinn zwischen 1 Euro und 4 Euro erzielt
werden. Angesichts der vorgegebenen Wahrscheinlichkeiten für die entsprechenden Entwicklungen des Aktienkurses wäre somit mit einem erwarteten Ausübungsgewinn und damit zugleich auch mit einem Optionskurs von (1 ⋅ 0,3 + 2 ⋅ 0,2 + 3 ⋅ 0,1 + 4 ⋅ 0,05 =) 1,2 Euro zu
rechnen, was einer Prämie von 0,2 Euro entspricht.
JE; bwl_3; X:\FL\LGBitz\C_Modul Modelle 42000\Kurseinheiten Master\Studienbriefe_SS2012\C-Modul 42000 KE_1_SS2012.doc; 12.12.2011 12:41:00
90
Abhängigkeit
des Optionskurses
vom Aktienkurs
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Die bislang abgeleiteten Ergebnisse über den Verlauf des Optionskurses lassen
sich damit wie folgt zusammenfassen. Der Marktwert einer Aktien-Kaufoption
–
kann auf einem funktionierenden Markt nicht unter den inneren Wert sinken und
–
ist tendenziell umso höher, je höher der Kurs der zugrundeliegenden Aktie ist, wobei
–
die in dem Optionskurs enthaltene Prämie (auch Zeitwert genannt) tendenziell umso geringer ausfällt, je weiter der Aktienkurs (nach oben oder nach
unten) von dem Basispreis abweicht.
3.1.4
Restlaufzeit und Volatilität als weitere Einflussfaktoren
Als bestimmendes Element für die Existenz einer im Marktwert einer Option enthaltenen Prämie hat sich die Möglichkeit herausgestellt, dass der Kurs der zugrundeliegenden Aktie in Zukunft
–
im Fall C < CB doch noch über den Basispreis hinaus steigen kann,
–
oder im Fall C > CB doch noch unter den Basispreis sinken kann.
Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass die Prämie umso größer
ausfällt, je eher mit einem solchen Fall zu rechnen ist. Daraus haben wir dann
weiter gefolgert, dass der Zusammenhang zwischen Co und C zu einem fest vorgegebenen Zeitpunkt durch eine Kurve nach Art von Abb. 3.02 verdeutlicht werden kann, bei der die Prämie, d.h. die Abweichung zwischen Co und dem inneren
Wert der Option, ihr Maximum gerade für C = CB erreicht und desto kleiner ist,
je weiter der Aktienkurs von CB entfernt liegt. Neben der Divergenz zwischen
Basispreis und aktuellem Aktienkurs lassen sich allerdings zumindest zwei weitere Einflussfaktoren identifizieren, die wir im Folgenden kurz betrachten wollen.
(a)
Abhängigkeit des
Optionskurses von
der Restlaufzeit
Die Restlaufzeit der Option
Folgt man den der Herleitung von Abb. 3.02 zugrundeliegenden Gedanken weiter,
so liegt es ebenfalls nahe davon auszugehen, dass die Prämie bei gegebenem Aktienkurs tendenziell umso größer ausfällt, je länger die Restlaufzeit der betrachteten Option ist. Folgendes Beispiel verdeutlicht die Plausibilität dieser weiteren
Hypothese.
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3.1 Wertbestimmende Faktoren von Optionsgeschäften
91
Beispiel 3.02 (2. Fortsetzung):
Wir gehen wieder von den Ausgangsdaten des Beispiels 3.02 und den dort angenommenen
Wahrscheinlichkeiten für die von einem auf den anderen Tag möglichen Änderungen des Aktienkurses aus und betrachten zunächst erneut die Situation bei einem Aktienkurs von C = 10.
Wie wir in Beispiel 3.02 schon gesehen haben, würde sich der Marktwert der Option einen
Tag vor Fälligkeit auf 0,05 Euro belaufen. Wir wollen jetzt jedoch die Situation zwei Tage
vor Fälligkeit betrachten und annehmen, dass die Wahrscheinlichkeiten für die verschiedenen
Kursveränderungen im Bereich von ± 3 Euro für jeden Tag gelten, und zwar unabhängig davon, welche Kursveränderung am Vortag eingetreten ist. Für den Aktienkurs am Ausübungstag kommt aus der Sicht zwei Tage vor Fälligkeit somit das Intervall zwischen C = 4 und C =
16 in Betracht. Die Zusammenhänge lassen sich am einfachsten an Hand der folgenden Tabelle verdeutlichen, die in den inneren Feldern die möglichen Ausübungskurse und die zugehörigen Wahrscheinlichkeiten enthält.
Kursänderung einen Tag vor dem Ausübungstermin
Kursveränderung
am Ausübungstag
–3
(5%)
–2
–1
±0
+1
+2
(10%) (20%) (30%) (20%) (10%)
–3
(5%)
4
0,25%
5
0,5%
6
1%
7
1,5%
8
1%
9
0,5%
10
0,25%
–2
(10%)
5
0,5%
6
1%
7
2%
8
3%
9
2%
10
1%
11
0,5%
–1
(20%)
6
1%
7
2%
8
4%
9
6%
10
4%
11
2%
12
1%
±0
(30%)
7
1,5%
8
3%
9
6%
10
9%
11
6%
12
3%
13
1,5%
+1
(20%)
8
1%
9
2%
10
4%
11
6%
12
4%
13
2%
14
1%
+2
(10%)
9
0,5%
10
1%
11
2%
12
3%
13
2%
14
1%
15
0,5%
+3
(5%)
10
0,25%
11
0,5%
12
1%
13
1,5%
14
1%
15
0,5%
16
0,25%
+3
(5%)
Diese Tabelle reflektiert den Umstand, dass die alternativ möglichen Kurse am Ausübungstag
– von Kurs C = 10 zwei Tage vor Fälligkeit – (teilweise) auf verschiedenen „Wegen“ erreicht
werden können. Ein Kurs am Fälligkeitstag von C = 6 etwa kann
–
über eine Kurssenkung von 1 am ersten und von 3 am zweiten Tag oder
–
über eine Kurssenkung von je 2 an beiden Tagen oder
–
über eine Kurssenkung von 3 am ersten und von 1 am zweiten Tag
erreicht werden. Für die übrigen Kurse aus dem Möglichkeitsspektrum zwischen C = 4 und
C = 16 gilt entsprechendes. Die Zahlenangaben in der Kopfzeile und der Vorspalte geben jeweils die möglichen Kursveränderungen sowie (in Klammern darunter) die zugehörigen
Wahrscheinlichkeiten an. In den einzelnen Zellen der Tabelle selbst sind im oberen Teil die
Aktienkurse am Ausübungstag angegeben, die sich aus der Überlagerung der an diesem Tag
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92
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
selbst und am Vortag eintretenden Kursveränderungen ergeben. Die darunter vermerkten Prozentsätze stellen das Produkt der beiden Änderungswahrscheinlichkeiten dar und geben somit
die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass der entsprechende Aktienkurs auf dem entsprechenden
„Weg“ erreicht wird. So vermittelt etwa das grau unterlegte dritte Feld in der zweiten Zeile
folgende Information:
•
Wenn der Kurs einen Tag vor dem Ausübungstermin um 1 Euro sinkt (Wahrscheinlichkeit: 20%) und am Ausübungstag noch einmal um 2 Euro sinkt (Wahrscheinlichkeit:
10%), so ergibt sich ein Ausübungskurs von C = 7.
•
Die Wahrscheinlichkeit dafür beläuft sich auf 10% von 20%, also auf 2%, was in der
zweiten Zeile der entsprechenden Zelle vermerkt ist.
Die Wahrscheinlichkeiten der alternativ möglichen Aktienkurse am Ausübungstag ergeben
sich dann einfach aus der Addition der in den entsprechenden Zellen angegebenen Wahrscheinlichkeitswerte. Man erhält so die folgenden Werte:
Kurs am
Ausübungstag
Wahrscheinlichkeit
4
5
6
7
8
9
10
11
12
0,25%
0,5% + 0,5%
1% + 1% + 1%
1,5% + 2% + 2% + 1,5%
1% + 3% + 4% + 3% + 1%
0,5% + 2% + 6% + 6% + 2% + 0,5%
0,25% + 1% + 4% + 9% + 4% + 1% + 0,25%
0,5% + 2% + 6% + 6% + 2% + 0,5%
1% + 3% + 4% + 3% + 1%
=
=
=
=
=
=
=
=
=
0,25%
1,00%
3,00%
7,00%
12,00%
17,00%
19,50%
17,00%
12,00%
13
14
15
16
1,5% + 2% + 2% + 1,5%
1% + 1% + 1%
0,5% + 0,5%
0,25%
=
=
=
=
7,00%
3,00%
1,00%
0,25%
Aus dieser Tabelle ergibt sich weiter:
•
Bei Kursen von 4 bis 12 Euro wird die Option nicht ausgeübt; die Wahrscheinlichkeit dafür beträgt (0,25% + 1% + 3%+7%+12%+17%+19,5%+17%+12%) = 88,75%.
•
Mit einer Wahrscheinlichkeit in der jeweils angegebenen Höhe ist jedoch mit einem Ausübungsgewinn in folgender Höhe zu rechnen:
+1 Euro zu 7%
+2 Euro zu 3%
+3 Euro zu 1% sowie
+4 Euro zu 0,25%.
•
Der erwartete Ausübungsgewinn und damit annahmegemäß zugleich der Optionskurs betragen somit 1 ⋅ 0,07 + 2 ⋅ 0,03 + 3 ⋅ 0,01 + 4 ⋅ 0,0025 = 0,17 Euro, liegt also deutlich
über dem Vergleichswert von nur noch 0,05 Euro, den die Option bei einem unveränderten Aktienkurs von C = 10 am Folgetag bei dann nur noch eintägiger Restlaufzeit haben
würde.
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3.1 Wertbestimmende Faktoren von Optionsgeschäften
(b)
93
Die Volatilität
Wie wir gesehen haben, liegt der entscheidende Faktor für die im Optionskurs
enthaltene Prämie in der Möglichkeit begründet, dass der Kurs C des Basiswertes
in der verbleibenden Restlaufzeit
–
entweder – entgegen der aktuell gegebenen Situation C > CB – doch noch
unter den Basispreis sinkt
–
oder – entgegen der aktuell gegebenen Situation C < CB – doch noch über
den Basispreis steigt.
Bei gegebenem Aktienkurs und gegebener Restlaufzeit ist mit einer solchen Entwicklung umso eher zu rechnen, je stärker die laufenden Kursschwankungen sind,
mit denen bei dem betrachteten Basiswert üblicherweise zu rechnen ist. Diese
„Intensität der Kursschwankungen“ wird häufig als Volatilität bezeichnet.
Beispiel 3.02 (3. Fortsetzung):
Wir greifen noch einmal auf das Ihnen schon vertraute Beispiel 3.02 zurück und betrachten eine Option mit dem Basispreis CB = 12 einen Tag vor Fälligkeit und einem an diesem Tag ermittelten Kurs des Basiswertes von C = 11.
In dem Beispiel 3.02 hatten wir bekanntlich folgende Wahrscheinlichkeitsverteilung für die
von einem auf den anderen Tag möglichen Aktienkursveränderungen unterstellt.
Kursveränderung
–3
–2
–1
±0
+1
+2
+3
Wahrscheinlichkeit
5%
10%
20%
30%
20%
10%
5%
Den weiteren Annahmen unseres Beispiels entsprechend belief sich der Kurswert der Option
in diesem Fall auf Co = 0,2.
Nun sei angenommen, für die möglichen Kursänderungen werde von den Marktteilnehmern
die folgende offensichtlich weniger volatile Verteilung vermutet.
Kursveränderung
–2
–1
±0
+1
+2
Wahrscheinlichkeit
5%
25%
40%
25%
5%
Nach der angesprochenen Theorie müsste sich somit für den Kurswert der Option ein geringerer Kurs als 0,20 ergeben. Dies bestätigt folgende Rechnung:
•
Mit einer Wahrscheinlichkeit von (5% + 25% + 40% + 25% =) 95% kommt die Option
nicht mehr „in the money“, bringt also zum Verfallstag keinerlei Zahlung.
•
Lediglich mit 5%-iger Wahrscheinlichkeit ist im Wege des cash-settlement mit einer Zahlung von 1 zu rechnen.
Der Kurs der Option würde sich in diesem Fall also nur auf Co = 0,05 belaufen.
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Abhängigkeit des
Optionskurses von
der Volatilität
94
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Für die Bildung des Markwertes von Optionen ist selbstverständlich die Volatilität
maßgeblich, mit der die Marktteilnehmer in der Zukunft rechnen. Derartige Zukunftserwartungen sind jedoch stets subjektiv und können in aller Regel nicht
objektiv überprüft werden. In der Wertpapierpraxis greift man daher häufig hilfsweise auf Beobachtungen in der Vergangenheit zurück. Als Kennzahl für die
Volatilität wird dabei in der Regel die sogenannte Standardabweichung der in
der Vergangenheit tatsächlich beobachteten relativen Kursveränderungen (oder
daraus abgeleiteter Kenngrößen) verwendet. Folgendes bewusst einfach gestaltete
Beispiel verdeutlicht das Grundkonzept entsprechender Berechnungen.
Beispiel 3.03:
Für die Kurse einer Aktie, auf die keine Dividendenausschüttung erfolgt, seien am Ende der
letzten fünf Quartale die in der folgenden Tabelle angegebenen Kurse beobachtet worden.
Jahr
Quartal
Kurs
relative
Kursänderung
00
IV
35
01
I
38
+8,57%
01
II
36
–5,26%
01
III
34
–5,56%
01
IV
40
+17,65%
In der letzten Spalte sind die innerhalb der vier Quartale des Jahres 01 eingetretenen relativen
Kursänderungen, die sogenannten Quartalsrenditen, angegeben.
Wie man leicht ermittelt, beträgt die durchschnittliche Quartalsrendite
0,25 ⋅ (8,57 – 5,26 – 5,56 + 17,65) = 3,85% .
Die Volatilität im Sinne der Standardabweichung errechnet sich dann, indem
–
die Abweichungen der einzelnen Renditewerte von diesem Mittelwert bestimmt und quadriert werden,
–
die quadrierten Werte aufaddiert werden und die Summe durch die um 1 verminderte Zahl
der beobachteten Renditen dividiert wird 1) und
–
schließlich die Wurzel aus dem so gefundenen Wert gezogen wird.
So erhält man in unserem Beispiel
(8,57 − 3,85)2 + ( −5,26 − 3,85)2 + ( −5,56 − 3,85)2 + (17,65 − 3,85)2
3
= 11, 32% .
1 Reduktion um 1, da es sich um eine Stichprobenvarianz handelt.
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3.1 Wertbestimmende Faktoren von Optionsgeschäften
95
Die so gewonnene Volatilitätskennzahl könnte dann den entsprechenden Kennzahlen anderer Aktien gegenübergestellt werden, wobei im Allgemeinen zu erwarten ist, dass Optionen, die sich auf Aktien mit hoher Volatilität beziehen tendenziell höhere Prämien aufweisen als Optionen auf weniger volatile Aktien. Zur
Berechnung der Volatilität sei noch angemerkt, dass dabei üblicherweise auf Tagesrenditen, also die täglich beobachtbaren Kursänderungen zurückgegriffen wird,
diverse Bereinigungen etwa bei Dividendenausschüttungen, Kapitalerhöhungen
etc., vorgenommen werden und etliche weitere rechentechnische Modifikationen
gegenüber der in unserem Beispiel dargestellten Vorgehensweise erfolgen.
3.1.5
Zusammenfassung und Überleitung zu den Bewertungsmodellen
Folgende Abbildung fasst die wichtigsten der bisher verdeutlichten Überlegungen
zusammen.
Aktienkurs
Optionsmerkmale
Basispreis
Höhe
Restlaufzeit
+
–
Volatilität
+
Kursw ert einer
Kaufoption
+
+
Der Kurswert der Option ist um so höher, je höher der Wert
des entsprechenden Einflußfaktors ist.
–
Der Kurswert der Option ist um so niedriger, je höher der Wert
des entsprechenden Einflußfaktors ist.
Abb. 3.03: Kursbeeinflussende Faktoren einer Kaufoption
Die bisher angestellten Überlegungen zur Optionsbewertung blieben qualitativer
Natur. Im Kern wurden für den Fall der Aktienkaufoption zwei Fragestellungen
betrachtet:
1.
Welchen Wert hat eine bestimmte Option im Verfallzeitpunkt T?
2.
Welchen Wert hat eine Option vor ihrem Verfallzeitpunkt und von welchen Faktoren hängt der Wert der Option vor ihrem Verfallzeitpunkt ab?
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96
Wert der Option im
Verfallzeitpunkt
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Die Untersuchung der ersten Fragestellung führte zu der Erkenntnis, dass der
Wert einer bestimmten Aktienkaufoption im Verfallzeitpunkt allein 1) von der
Höhe des Kurses der als Basiswert zugrunde liegenden Aktie bestimmt wird. Der
Wert ist bei gegebenem Aktienkurs unabhängig von den Präferenzen der Anleger. Bezeichnen wir den Basispreis der Option weiterhin mit CB, den Kurs der
Aktie im Zeitpunkt T (zur besseren Unterscheidung nachfolgend) mit ST, so ergeben sich die Zahlung aus der Option und damit der Wert der Option im Zeitpunkt
T, der mit CT bezeichnet wird, allgemein aus:
(3.01)=
CT
max(ST − CB ; 0) .
Der durch (3.01) beschriebene Wert wird in der Optionstheorie, wie Sie bereits
wissen, als innerer Wert der Option bezeichnet.
Wert der Option vor
ihrem Verfallzeitpunkt
– präferenzabhängige
Bewertung
– präferenzfreie
Bewertung
In der beispielhaften Untersuchung der zweiten Fragestellung, also insbesondere
der Bestimmung des Wertes der Option vor ihrem Verfallzeitpunkt, wurde ebenfalls der Aktienkurs, genauer die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Aktienkurses
im Zeitpunkt T, als ein wesentlicher Einflussfaktor identifiziert. Um daraus einen
eindeutigen Wert der Option abzuleiten, wurde auf ein subjektives Bewertungskalkül zurückgegriffen. Der Wert wurde aus dem Erwartungswert der alternativ
möglichen Zahlungen aus der Option abgeleitet. Dies bedeutet, dass implizit ein
Anleger unterstellt wurde, der risikoneutral ist. Die abgeleiteten Bewertungen sind
daher, im Gegensatz zu denen im Verfallzeitpunkt, abhängig von den Präferenzen der betrachteten Anleger, erlauben aber zunächst noch keine Aussagen über
den Marktwert einer Option.
Hieran knüpfen die in den beiden nachfolgenden Kapiteln 3.2 und 3.3 darzustellenden optionstheoretischen Modelle an: Vor dem Hintergrund der Annahmen
dieser Modelle ist es möglich, ohne Kenntnis der Präferenzen der Anleger einen eindeutigen Wert für die betrachtete Kaufoption vor ihrem Verfallzeitpunkt
abzuleiten. Der Wert der Option kann in diesen Modellen, wie Sie noch sehen
werden, allein auf
–
die Höhe des Aktienkurses im Betrachtungszeitpunkt,
–
die bei allen Anlegern als identisch angenommenen Erwartungen über alternativ mögliche Aktienkurse im Verfallzeitpunkt 2) und
–
den sicheren Zins für Geldanlage und -aufnahme
1 Sofern man die Ausstattungsmerkmale der Option außer Acht lässt.
2 Hervorzuheben ist bereits hier, dass es nicht erforderlich ist, den alternativ möglichen Aktienkursen Wahrscheinlichkeiten zuzuordnen. Allein die Kenntnis der möglichen Alternativen
reicht aus!
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3.1 Wertbestimmende Faktoren von Optionsgeschäften
97
zurückgeführt werden. 1) Das subjektive Bewertungskalkül wird in diesen Modellen obsolet und durch eine Marktbewertung 2) ersetzt.
Die dazu notwendigen Überlegungen bzw. die hinter den Modellen stehende Idee
sind Ihnen bereits aus der Bewertung von Bezugsrechten im Zusammenhang mit
der Ausgabe junger Aktien unter dem Begriff der Arbitragebewertung bekannt.
Im Rahmen der Arbitragebewertung nutzt man die Tatsache, dass es auf einem
hinlänglich funktionierenden Markt ausgeschlossen ist, dass unterschiedliche Wege zur Erreichung desselben ökonomischen Ziels, z.B. den Besitz eines bestimmten Zahlungsstroms, mit unterschiedlich hohen Ein- bzw. Auszahlungen verbunden sind. Diese Annahme der Arbitragefreiheit erlaubt es, die Option ohne
Rückgriff auf Anlegerpräferenzen zu bewerten. Dazu ist es erforderlich, durch
bestimmte Transaktionen, deren Wert bzw. deren mit ihnen verbundene Zahlungen im Zeitpunkt t = 0 bekannt sind, den mit der Option im Zeitpunkt t = 1 verbundenen Zahlungsstrom nachzubilden.
Arbitragebewertung
Der Wert des so gebildeten Duplikationsportfolios muss genau dem Wert der
duplizierten Option entsprechen. Diese Vorgehensweise ist Grundlage für alle im
Folgenden dargestellten Modelle.
Duplikationsportfolio
Um die weiteren Überlegungen zu vereinfachen, wird von den folgenden Annahmen ausgegangen:
Annahmen, die für
beide nachfolgend
betrachteten Modelle
gelten
•
Es werden beliebig teilbare Aktien und sich auf diese Aktien beziehende
Optionen auf einem idealen Markt gehandelt, auf dem keinerlei Transaktionskosten anfallen und alle Kauf- und Verkaufsentscheidungen jeweils
ohne jede Zeitverzögerung durchgeführt werden können. Bei den Aktien
sind keine Dividendenzahlungen, Kapitalerhöhungen oder ähnliche Maßnahmen zu erwarten.
•
Jeder Akteur hat die Möglichkeit, zum sicheren Zins r unbegrenzt Mittel
anzulegen oder aufzunehmen.
•
Die zukünftigen Aktienkurse sind unsicher; die Akteure haben jedoch eine
einheitliche Vorstellung darüber, welche alternativ möglichen Werte die
Kurse in den zukünftigen Zeitpunkten annehmen können.
1 Dies verdeutlicht den Charakter der Option als sogenannten „derivativen Finanztitel“. Der
Wert derartiger Finanztitel kann allein aus den Werten „originärer“ Finanztitel abgeleitet werden.
2 Es ist wichtig, hier und in den weiteren Ausführungen zu berücksichtigen, dass mit „Markt“
nicht etwa ein empirisch zu beobachtender Finanzmarkt gemeint ist. Alle Überlegungen spielen
sich vor dem Hintergrund des durch die noch aufzuzeigenden Annahmen aufgespannten theoretischen Modellmarktes ab. Die Marktwerte entsprechen also theoretischen Marktwerten, die
sich aus den Annahmen des Modells ergeben müssen, und nicht etwa empirisch beobachtbaren.
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98
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
•
Bei den zu bewertenden Optionen handelt es sich um europäische Aktienkaufoptionen, die bei Ausübung im Wege des Barausgleichs erfüllt werden.
3.2
Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
3.2.1
Annahme über Kursverlauf der Aktie
Im Binomialmodell 1) wird unterstellt, dass die Aktien nur zu diskreten äquidistanten Zeitpunkten gehandelt werden und es dabei in folgender Weise zu Kursänderungen gegenüber dem vorangegangenen Handelszeitpunkt kommt: Der Aktienkurs ändert sich entweder um den Faktor u oder um den Faktor d, wobei u > d
gelten soll. Die Veränderung ist daher unstetig. Die Faktoren u und d werden für
alle Zeitpunkte als konstant angenommen. Ob in einem Zeitpunkt der Faktor u
oder d eintritt, ist unabhängig von der Entwicklung des Aktienkurses in den
vorangegangenen Zeitpunkten. Bei der beispielhaften Verdeutlichung des Binomialmodells wird häufig unterstellt, dass u > 1 > d gilt,
–
der Faktor u also eine Kurssteigerung verdeutlicht (daher „u“ wie englisch
„up“) und
–
der Faktor d eine Kurssenkung anzeigt („d“ wie englisch „down“).
Die Annahme u > 1 > d stellt allerdings keine zwingende Voraussetzung des im
Folgenden zu behandelnden Modells dar. Jedoch kann gezeigt werden, dass auf
einem hinlänglich funktionierenden Markt die Bedingung
(3.02)
u > 1 + r > d
erfüllt sein muss, da es sonst zu Arbitrageprozessen mit sicheren Gewinnen kommen würde. Folgende Übungsaufgabe gibt Ihnen Gelegenheit, sich selbst etwas
näher mit dieser für die weiteren Ausführungen geltenden Annahme auseinanderzusetzen.
Übungsaufgabe 3.01:
Begründen Sie, warum auf einem arbitragefreien Finanzmarkt zwingend u > 1+r > d gelten
muss!
1 Entwickelt wurde dieses Modell von John C. Cox, Stephen Ross und Mark Rubinstein. Vgl.
COX/ROSS/RUBINSTEIN (1979).
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3.2 Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
99
Bezeichnet man mit S0 den aktuellen Aktienkurs und mit Stk den Aktienkurs, der
sich im Zeitpunkt t ergibt, nachdem sich die Aktie k mal um den Faktor u und
(t – k) mal um den Faktor d verändert hat, so ergibt sich Stk formal aus:
(3.03)
Stk =
S0 ⋅ u k ⋅ d t − k .
Die möglichen Verläufe des Aktienkurses können in einem sogenannten Binomialbaum dargestellt werden:
S33
S22
= S0·u2
S23
S11
= S0 · u
S0
S12
= S0·u·d
S01
= S0 · d
S02
= S0·d2
t=0
1
= S0·u3
2
= S0·u2·d
S13
= S0·u·d 2
S03
= S0·d3
3
Abb. 3.04: Mögliche Aktienkursverläufe im Binomialmodell
Übungsaufgabe 3.02:
Gegeben sind die folgenden Daten: S0 = 100 GE; u = 1,5; d = 0,5 und t = 3.
Stellen Sie die möglichen Aktienkursverläufe im Binomialmodell in einer der Abb. 3.04 entsprechenden Abbildung dar!
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Darstellung des
möglichen Aktienkursverlaufes im
Binomialbaum
100
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Offensichtlich können sich im Binomialmodell die meisten Aktienkurse auf mehreren Wegen ergeben. So kann z.B. der Kurs S32 alternativ dadurch erreicht werden, dass
–
zunächst zweimal u und dann d oder
–
zunächst u, dann d und dann wieder u oder
–
zunächst d und dann zweimal u
eintreten.
Binomialkoeffizient
Die Anzahl der Möglichkeiten, die zu einem bestimmten Aktienkurs Stk führen,
entspricht dabei dem folgenden, als Binomialkoeffizient bezeichneten Ausdruck:
t
t!

 1)
 k  =  k!⋅ (t − k)!  .


 
(3.04)
Übungsaufgabe 3.03:
Gehen Sie von den Daten der Übungsaufgabe 3.02 aus (S0 = 100 GE; u = 1,5; d = 0,5). Im
Zeitpunkt t = 4 können danach unter anderem Aktienkurse von
...
= 6, 25 GE
...
= 56, 25 GE
(1) S4
(2) S4
erreicht werden.
a) Verdeutlichen Sie jeweils, auf wie viel verschiedenen „Wegen“ (d.h. u- und d-Folgen)
diese Kurse erreicht werden können!
b) Überprüfen Sie Ihre „per Hand“ gefundenen Ergebnisse anschließend an Hand von Formel (3.04)!
c) Im Zeitpunkt t = 10 kann u.a. der Kurs
6
S10 =
6
100 ⋅ 1, 5 ⋅ 0, 5
4
=
71,1914 GE .
eintreten. Stellen Sie fest, auf wie vielen „Wegen“ dies möglich ist!
1 Sprich „t über k“. Eine anschauliche Herleitung dieses Ausdrucks finden Sie im Anhang 3.01
zu diesem Kapitel.
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3.2 Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
101
Vor dem Hintergrund dieser Annahmen über den Verlauf des Aktienkurses wird
im folgenden Abschnitt zunächst eine Option mit einer Laufzeit von einer Periode
betrachtet und bewertet. Anschließend werden die aufgezeigten Zusammenhänge
auf Optionen mit einer Laufzeit von zwei Perioden übertragen. Eine Verallgemeinerung der Bewertungsformel für den T-Perioden-Fall schließt die Darstellung des
Binomialmodells ab.
3.2.2
Einperioden-Fall
3.2.2.1
Arbitrage und Duplikationsportfolio
Zur Verdeutlichung der grundlegenden Vorgehensweise bei der Bewertung von
Optionen wird zunächst der Fall betrachtet, dass die zu bewertende Option eine
Laufzeit von genau einer Periode hat. Das folgende Zahlenbeispiel liegt den weiteren Ausführungen zugrunde:
Einperioden-Fall
Beispiel 3.04:
Im Zeitpunkt t = 0 soll der Wert einer europäischen Kaufoption, C0 , bestimmt werden, die im
Zeitpunkt t = 1 verfällt. Der Basispreis der Option beträgt CB = 135 GE. Die zugrunde liegende Aktie weist einen aktuellen Börsenkurs in Höhe von S0 = 150 GE auf. Es wird davon ausgegangen, dass ihr Börsenkurs im Zeitpunkt t = 1 binomialverteilt ist mit den Faktoren u = 1,4
und d = 0,4. Der sichere Zins beträgt r = 0,05.
Der Wert der im Beispiel dargestellten Option soll unter Rückgriff auf die eingangs angesprochenen Arbitrageüberlegungen ermittelt werden. Dazu wird in der
Fortsetzung des Beispiels demonstriert, welche Transaktionen im Zeitpunkt t = 0
notwendig sind, um die aus der Option im Zeitpunkt t = 1 alternativ möglichen
Zahlungsgrößen exakt nachzubilden. Der Wert des durch diese Transaktionen
gebildeten Duplikationsportfolios im Zeitpunkt t = 0 entspricht aufgrund der
Arbitragefreiheit des betrachteten Marktes genau dem Wert der duplizierten Option.
Die Vorgehensweise wird am Zahlenbeispiel verdeutlicht:
Beispiel 3.04 (1. Fortsetzung):
Aus dem Besitz der Option können sich im Zeitpunkt t = 1 alternativ die folgenden Zahlungen
ergeben (Ausgangsdaten: CB = 135 GE; S0 = 150 GE; u = 1,4; d = 0,4; r = 0,05):
•
Im Fall, dass sich der Aktienkurs um den Faktor u ändert, nimmt die Aktie im Zeitpunkt
1
t = 1 den Wert S1 = 210 GE an. In diesem Fall ist es sinnvoll, die Option auszuüben. Dies
1
führt zu einer Einzahlung aus der Option in Höhe von C1 = 210 GE −135 GE = 75 GE .
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Beispiel zur intuitiven
Bewertung einer Option
im Einperioden-Fall
102
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
•
Im Fall, dass sich der Aktienkurs um den Faktor d ändert, beträgt der Kurs der Aktie
0
im Zeitpunkt t = 1 S1 = 60 GE . In diesem Fall wird die Option nicht ausgeübt. Aus der
0
Option resultiert daher keine weitere Zahlung. Daher gilt: C1 = 0 GE .
Die möglichen Entwicklungen des Aktienkurses und der Zahlung aus der Option (jeweils in
GE) geben die beiden folgenden Darstellungen wieder:
S11 =210
S0 =150
C11 =75
C0 =???
S01 =60
C01 =0
Es soll nun versucht werden, die aus der Option alternativ möglichen Rückzahlungen von
75 GE oder 0 durch ein sogenanntes Duplikationsportfolio nachzubilden. Zur Bildung dieses
Portfolios stehen die folgenden beiden Instrumente zur Verfügung:
1. Kauf von Aktien in t = 0 und Verkauf des Bestandes in t = 1.
2. Mittelanlage bzw. -aufnahme von t = 0 bis t = 1 zum sicheren Zinssatz r = 5%.
Um die Unsicherheit der mit der Kaufoption verbundenen Zahlung nachzubilden, ist offensichtlich nur die Anlage in die Aktie geeignet. Ein Portfolio bestehend aus einer Aktie würde
1
0
im Zeitpunkt t = 1 entweder den Wert S1 = 210 GE oder S1 = 60 GE aufweisen. Die Variationsbreite zwischen diesen Werten beträgt genau 150 GE. Der nachzubildende Zahlungsstrom
der Option weist im Zeitpunkt t = 1 dagegen nur eine Variationsbreite in Höhe von
1
0
C1 − C=
= 75 GE auf. Um exakt diese Schwankungsbreite nachzubilden, muss
1 75 GE − 0 GE
C11 − C10
75 GE
das Duplikationsportfolio daher genau =
= 0, 5 Aktien enthalten.
1
0
150 GE
S1 − S1
Ein Portfolio, welches genau 0,5 Aktien enthält, führt im Zeitpunkt t = 1, sofern der Aktienkurs sich um den Faktor u ändert, zu einer Zahlung in Höhe von 0,5 ⋅ 210 GE = 105 GE, und,
sofern sich der Kurs um den Faktor d ändert, zu einer Zahlung in Höhe von
0,5 ⋅ 60 GE = 30 GE. Diese Zahlungskonsequenzen (in GE) werden in der nächsten Abbildung noch einmal verdeutlicht:
0,5·S11 = 105
0,5 Aktien
0,5⋅S01 = 30
Diese Zahlungen übersteigen offensichtlich in beiden möglichen Zuständen die Zahlungen der
zu duplizierenden Kaufoption um genau 30 GE.
Um die Kaufoption exakt zu duplizieren, muss daher in t = 0 neben dem Aktienkauf zusätzlich
ein Geschäft abgeschlossen werden, welches im Zeitpunkt t = 1 unabhängig von der eingetretenen Veränderung des Aktienkurses zu einer Auszahlung in Höhe von 30 GE führt. Ein derartiges Geschäft ist eine Mittelaufnahme in Höhe von 30 GE ⋅ 1,05–1 = 28,57 GE. Die folgende
Abbildung fasst die Zahlungskonsequenzen (in GE) aus der Aktienanlage und der Mittelaufnahme noch einmal zusammen:
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3.2 Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
103
0,5 ⋅ S11 –28,57⋅1,05 = 75
0,5 Aktien und
Geldaufnahme
von 28,57
0,5 ⋅ S01 –28,57⋅ 1,05 = 0
Zusammenfassend führen also der Kauf von 0,5 Aktien und die Aufnahme von Mitteln in Höhe von 28,57 GE im Zeitpunkt t = 0 zu einer exakten Nachbildung bzw. Duplikation des aus
der betrachteten Kaufoption im Zeitpunkt t = 1 resultierenden Zahlungsstroms.
Der Wert des so gebildeten Duplikationsportfolios im Zeitpunkt t = 0 entspricht dem Wert von
0,5 Aktien im Zeitpunkt t = 0 abzüglich der Höhe der aufgenommenen Mittel, also:
0,5 ⋅ 150 GE + (–28,57 GE) = 46,43 GE.
Aufgrund der Arbitragefreiheit des Marktes muss damit der Wert der Option C0 genau
46,43 GE betragen.
Übungsaufgabe 3.04:
Gehen Sie von den folgenden Daten aus: S0 = 100 GE; u = 1,5; d = 0,5; CB = 120 GE und
r = 0,1.
Bestimmen Sie den Wert der Option durch Duplikation, indem Sie
a) die Anzahl Aktien im Duplikationsportfolio,
b) die Höhe der Aufnahme bzw. Anlage von Mitteln im Duplikationsportfolio und
c) den Wert des Duplikationsportfolios
bestimmen!
In dem vorangegangenen Beispiel haben wir zunächst nur gezeigt, dass die für die
Option charakteristische Struktur der in t = 1 möglichen Zahlungen (75/0) auch
durch eine bestimmte Form einer teilweise fremdfinanzierten Aktienanlage erreicht werden kann und dazu im Zeitpunkt t = 0 der Betrag von 46,43 GE aufgewendet werden muss. Dieser Befund alleine belegt jedoch noch nicht unmittelbar,
dass die gefundene Größe zugleich auch den Wert der Option bestimmt, der sich
auf einem transaktionskostenfreien perfekten Markt einspielen muss. Um auch
diese weitergehende Behauptung plausibel zu machen, wollen wir nun der Frage
nachgehen, was passieren würde, wenn sich ein „perfekter“ Market-Maker bereithielte, die Option zu einem anderen Kurs als 46,43 GE in beliebigen Mengen aufzukaufen und zu verkaufen. Bezüglich des „Marktumfeldes“ betrachten wir dazu
die folgenden fünf idealtypischen Anlegergruppen A bis E:
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Plausibilitätsüberlegungen zum
abgeleiteten
Optionswert
104
betrachtete idealtypische
Anlegergruppen
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
•
Anleger der Gruppen A und B sind bisher weder in Aktien noch in Optionen des betrachteten Unternehmens engagiert, interessieren sich jedoch für
die damit verbundenen künftigen Zahlungsstrukturen (210/60) bzw. (75/0)
und versuchen dementsprechend, die
–
einer Aktie (Gruppe A) bzw.
–
einer Option (Gruppe B)
entsprechende Zahlungsstruktur so günstig wie möglich zu erwerben.
•
Anleger der Gruppen C und D sind demgegenüber im Besitz
–
einer Aktie (Gruppe C) bzw.
–
einer Option (Gruppe D)
und wollen die damit verbundene Zahlungsstruktur auch behalten. Sie sind
aber bereit, die Aktie bzw. die Option zu verkaufen, wenn sie die mit ihr
verbundene Zahlungsstruktur auf anderem Wege günstiger erwerben können.
•
Situation I: Festlegung
des Optionspreises über
dem abgeleiteten
Optionswert C0
Anleger der Gruppe E sind weder im Besitz von Aktien noch von Optionen
und beabsichtigen auch nicht, einen Bestand in Aktien oder Optionen aufzubauen. Sie sind jedoch ständig auf der Suche nach Arbitragechancen, die
ihnen ohne Nettokonsequenzen in späteren Zeitpunkten ein zusätzliches
Einkommen in t = 0 erbringen.
Beispiel 3.05:
Es gelten die aus Beispiel 3.04 bekannten Ausgangsdaten (CB = 135 GE; S0 = 150 GE;
0
1
S1 = 60 GE; S1 = 210 GE; r = 0,05); zudem wird als Situation I angenommen, der MarketMaker erwäge, den Optionspreis auf C′0 = 50 GE zu fixieren, und gebe diese Information zunächst einmal „testweise“ bekannt, um die möglichen Marktreaktionen zu testen. Sofern die
Anleger ihre Einschätzungen dieser Lage offen darlegen, also nicht bluffen oder sonstwie taktieren, wäre mit folgenden Reaktionen zu rechnen, deren zahlungsmäßige Konsequenzen (in
GE) in der folgenden Tabelle jeweils aufgelistet sind:
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3.2 Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
105
t=1
t=0
Zustand „u“
A: Kauf von 1 Aktie
B: Kauf von 0,5 Aktien, Geldaufnahme von 30/1,05
C: –
D: Verkauf von 1 Option, Kauf
von 0,5 Aktien, Geldaufnahme
von 30/1,05.
E: Verkauf von 1 Option, Kauf
von 0,5 Aktien, Geldaufnahme
von 30/1,05.
Zustand „d“
– 150
+ 210
+ 60
–75
+105
+30
+28,57
–30
–30
– 46,43
+ 75
±0
–
–
–
+50
–75
±0
–75
+105
+30
+28,57
–30
–30
+ 3,57
±0
±0
+50
–75
±0
–75
+105
+30
+28,57
–30
–30
+ 3,57
±0
±0
Anleger der Gruppe A könnten die für die Aktie charakteristische Zahlungsstruktur alternativ
auch dadurch erreichen, dass sie zwei Optionen erwerben (Ergebnisse in t = 1: +150/±0) und
den Betrag von 60/1,05 = 57,14 GE festverzinslich anlegen (Ergebnis in t = 1: +60/+60),
müssten dafür jedoch mit 2 ⋅ 50 + 57,14 = 157,14 GE mehr aufwenden als beim direkten Erwerb der Aktie, würden den direkten Erwerb also vorziehen.
Anleger der Gruppe B, die wir schon aus Beispiel 3.04 kennen, kämen auf dem schon ausführlich dargestellten indirekten Erwerbsweg günstiger an die Zahlungsstruktur einer Option
als beim direkten Kauf.
Anlegern der Gruppe C würden sich keine lukrativen Möglichkeiten eröffnen; sie würden also am Markt gar nicht aktiv.
Anlegern der Gruppe D hingegen eröffnet sich die aus der Tabelle ablesbare Strategie, bei der
die ursprüngliche Zahlungsstruktur für t = 1 (+75/±0) völlig unverändert bleibt, jedoch in t = 0
ein sicheres Zusatzeinkommen von 3,57 GE erzielt werden kann.
Anleger der Gruppe E können durch „Ausgabe“ einer Option und Kauf von 0,5 Aktien und
eine Geldaufnahme von 30/1,05 GE ein sicheres Zusatzeinkommen von 3,57 GE erzielen. In
der Tabelle wird davon ausgegangen, dass sie eine derartige Arbitragetransaktion nur in einem
begrenzten Umfang tätigen, d.h., dass jeder Anleger der Gruppe E nur eine Option verkauft.
Da aber die aufgezeigte Transaktion weder einen Mitteleinsatz erfordert noch Risiken beinhaltet, wird jeder Anleger der Gruppe E unendlich oft diese Transaktion durchzuführen wünschen. Das erzielbare Zusatzeinkommen wäre dabei theoretisch unendlich groß.
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106
Angebot und Nachfrage
in Situation I
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Nimmt man an, die fünf Anlegergruppen A bis E würden die Gesamtheit aller
Marktteilnehmer vollständig abdecken, so würde unser Market-Maker folgendes
rubrizieren:
•
Anleger der Gruppen A bis C treten weder als Käufer noch als Verkäufer
der Option auf.
•
Anleger der Gruppe D wären bereit, ihre Optionen zum Kurs von 50 GE
anzubieten.
•
Anleger der Gruppe E wären ebenfalls bereit, Optionen zum Kurs von
50 GE anzubieten. Aus den im Beispiel genannten Gründen wird aber jeder
Anleger dieser Gruppe nicht nur eine, sondern unendlich viele Optionen
zum Kauf anbieten.
Bei diesem Kurs würde also ausschließlich Angebot, jedoch keinerlei Nachfrage
herrschen. Der Kurs von 50 GE stellt somit ganz offensichtlich keinen Gleichgewichtskurs dar. Dieses Ergebnis hätte auch dann noch Bestand, wenn Anleger
keine Optionen ausgeben könnten, Anleger der Gruppe E die skizzierten Transaktionen also nicht durchführen könnten. Und dieses Ergebnis hätte außerdem auch
dann Bestand, wenn zusätzliche Anleger in die Betrachtung einbezogen würden,
die Handelsstrategien verfolgen, in denen die Elemente der fünf idealtypischen
Handelsstrategien A bis E kombiniert werden. Der „Market-Maker“ würde somit
die zunächst ja nur „testweise“ erfolgte Kursfixierung von C′0 = 50 GE nach unten, z.B. auf C′′0 = 45 GE , revidieren, was zu den in der folgenden Fortsetzung
unseres Beispiels verdeutlichten Reaktionen führen würde.
Situation II: Festlegung
des Optionspreises
unter dem abgeleiteten
Optionswert C0
Beispiel 3.05 (Fortsetzung):
Folgende Tabelle verdeutlicht wieder die in der jetzt betrachteten Situation II mit
C′′0 = 45 GE naheliegenden Reaktionen und die daraus folgenden Zahlungskonsequenzen (in
0
GE) der fünf Anlegergruppen (Ausgangsdaten: CB = 135 GE; S0 = 150 GE; S1 = 60 GE;
1
S1 = 210 GE; r = 0,05):
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3.2 Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
107
t=1
t=0
Zustand „u“
A: Kauf von 2 Optionen,
Geldanlage von 60/1,05
Zustand „d“
+150
±0
–57,14
+60
+60
– 147,14
+ 210
+ 60
–90
B: Kauf von 1 Option
– 45
+ 75
±0
C: Verkauf von 1 Aktie,
Kauf von 2 Optionen,
Geldanlage von 60/1,05
+150
–210
–60
–90
+150
±0
–57,14
+60
+60
+ 2,86
±0
±0
–
–
–
+150
–210
–60
–90
+150
±0
–57,14
+60
+60
+ 2,86
±0
±0
D: –
E: Verkauf von 1 Aktie,
Kauf von 2 Optionen,
Geldanlage von 60/1,05
Für Anleger der Gruppe A wäre es jetzt günstiger, die Aktien nicht direkt zu 150 GE zu erwerben, sondern die entsprechende Zahlungsstruktur auf dem „Umweg über die Option“ für
nur 147,14 GE. Für Anleger der Gruppe B wäre es demgegenüber jetzt besser, die Option
direkt zu 45 GE und nicht auf dem „Umweg über die Aktie“ zu 46,43 GE zu erwerben.
Anlegern der Gruppe C würde sich jetzt die skizzierte Möglichkeit eröffnen, die bei unveränderter Struktur der zukünftigen Zahlungen ein sicheres Gegenwartseinkommen von 2,86 GE
erbringen würde, während es für Anleger der Gruppe D gerade „nichts zu tun“ gäbe.
Anleger der Gruppe E können in diesem Fall ein sicheres Zusatzeinkommen von 2,86 GE erzielen, indem sie 2 Optionen kaufen, eine Aktie „leer“ verkaufen und eine Geldanlage von
60/1,05 GE tätigen. Auch hier wird in der Tabelle wieder unterstellt, dass Anleger der Gruppe
E eine derartige Arbitragetransaktion genau einmal durchführen. Aber auch in diesem Fall erfordert die Transaktion weder einen Mitteleinsatz noch verursacht sie irgendwelche Risiken.
Jeder Anleger der Gruppe E wird daher unendlich oft diese Transaktion durchzuführen wünschen.
Für unseren Market-Maker würde sich in der zuletzt unterstellten Situation – mit
umgekehrten Vorzeichen – ein ähnlicher Befund ergeben wie in der Ausgangssituation: Auch C′′0 = 45 GE wäre kein Gleichgewichtspreis, da der Nachfrage
Angebot und Nachfrage
in Situation II
aus den Anlegergruppen A, B, C und E keinerlei Angebot gegenüberstünde.
Die Auflösung dieses Dilemmas ist offensichtlich dann erreicht, wenn der einheitliche Angebots- und Nachfragekurs einer Option genau auf den schon zuvor ermittelten Kurs von C0 = 46,43 GE fixiert würde. Dieser Kurs kann somit in der
Tat als der Gleichgewichtspreis der Option angesehen werden.
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Gleichgewichtspreis der
Option
108
zur Annahme eines
exogen vorgegebenen
Aktienkurses S0
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Die vorgetragene Analyse gilt allerdings nur unter der bislang gesetzten Annahme, dass die Einflussfaktoren S0, u, d und r exogen fest vorgegeben sind. Zumindest im Hinblick auf den Aktienkurs S0 ist diese Annahme jedoch keineswegs
zwingend. Betrachtet man nämlich noch einmal die beiden Situationen I und II, so
stellt man folgendes fest:
•
In der ungleichgewichtigen Situation I (C′0 = 50 GE) würde es nicht nur zu
einem nachfragelosen Angebot von Optionen kommen; vielmehr würden
zugleich Impulse für die Anleger der Gruppen A, B, D und E ausgelöst, Aktien zum zunächst angenommenen Kurs von S0 = 150 GE nachzufragen,
ohne dass dem ein entsprechender Angebotsimpuls gegenüberstünde.
•
In der ebenfalls ungleichgewichtigen Situation II (C′′0 = 45 GE) würde es
ganz analog nicht nur zu einer angebotslosen Nachfrage nach Optionen
kommen, sondern für Aktien zugleich zu einem Verkaufsimpuls für Anleger
der Gruppen C und E, dem wiederum kein entsprechender Nachfrageimpuls
gegenübersteht.
Die Überwindung der bei S0 = 150 GE und C′0 = 50 GE bzw. S0 = 150 GE und
C′′0 = 45 GE bestehenden Ungleichgewichte müsste also gar nicht – so wie bislang stillschweigend unterstellt – ausschließlich durch eine Anpassung des Optionspreises nach unten (Situation I) bzw. nach oben (Situation II) erfolgen; ebenso
gut könnte man sich eine Anhebung bzw. Senkung des Aktienkurses vorstellen.
Dabei bestehen neben der bislang betrachteten Gleichgewichtssituation
(S0 = 150 / C0 = 46,43) beliebig viele weitere S0-C0-Kombinationen, die ebenfalls
zu einem Marktgleichgewicht führen würden.
zur Annahme von
Leerverkaufsmöglichkeiten
Zudem macht die angestellte Analyse deutlich, dass die aufgezeigten Nachfrageund Angebotseffekte nicht erst dann entstehen, wenn den Marktteilnehmern die
Möglichkeit eingeräumt wird,
–
Aktien leer zu verkaufen bzw.
–
Optionen auszugeben.
Von diesen Möglichkeiten machen im dargestellten Beispiel überhaupt nur die
Anleger der Gruppe E Gebrauch: In Situation I geben sie Optionen aus und in
Situation II verkaufen sie Aktien leer.
Wären diese Transaktionsmöglichkeiten verschlossen, so wären ihre dargestellten
Arbitragetransaktionen nicht durchführbar und sie würden weder als Anbieter
noch als Nachfrager von Optionen in Erscheinung treten. Von ihnen würden in
diesem Fall daher keine Angebots- bzw. Nachfrageeffekte ausgehen. Die Anleger
der Gruppen A bis D hingegen können unabhängig von der Möglichkeit des Leerverkaufs bzw. der Ausgabe der Optionen ihre dargestellten Transaktionen durch-
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3.2 Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
109
führen. Die durch sie verursachten Angebots- bzw. Nachfrageeffekte bleiben bestehen. Festzuhalten bleibt allerdings, dass diese deutlich geringer sein werden, als
die durch die Anleger der Gruppe E verursachten Effekte, da die Anleger der
Gruppe E im Gegensatz zu denen der übrigen Gruppen in unbegrenztem Umfang
Transaktionen durchführen möchten. Die Annahme von Leerverkaufsmöglichkeiten ist also für die Ableitung eines Gleichgewichtspreises für Optionen zwar eine
besonders komfortable und daher häufig unterstellte Annahme. Sie ist dafür aber
keineswegs unerlässlich.
Im weiteren Verlauf der Modelldarstellung wollen wir jedoch wieder der auch
ansonsten üblichen Vorgehensweise folgen und unterstellen, dass der Aktienkurs
exogen vorgegeben ist, also auch durch eventuell einsetzende Arbitrageoperationen nicht beeinflusst wird. Außerdem betrachten wir Leerverkäufe als möglich.
3.2.2.2
Allgemeine Bestimmung des Optionswertes
Die dargestellten Überlegungen lassen sich leicht zu einer allgemeinen Bewertungsformel für den Einperioden-Fall verallgemeinern. Die Anzahl der zur Duplikation notwendigen Aktien ∆ und die Höhe der Mittelanlage bzw. -aufnahme B
ergeben sich allgemein aus dem folgenden Gleichungssystem:
∆ ⋅ u ⋅ S0 + (1 + r) ⋅ B = C11,
∆ ⋅ d ⋅ S0 + (1 + r) ⋅ B = C10 .
Ableitung einer
allgemeinen Bewertungsformel für den
Einperioden-Fall
Bedingung für das
Duplikationsportfolio
Auf der linken Seite dieser Gleichungen steht jeweils die Zahlung aus dem Duplikationsportfolio im Zeitpunkt t = 1. Sie setzt sich zusammen aus
–
dem Kurs der Aktie im Zeitpunkt t = 1, multipliziert mit der Anzahl der im
Duplikationsportfolio enthaltenen Aktien, die mit ∆ bezeichnet wird, und
–
der Zahlung aus der im Zeitpunkt t = 0 getätigten Mittelanlage (B > 0) bzw.
Mittelaufnahme (B < 0).
Diese Zahlungen müssen in den möglichen Zuständen jeweils den Zahlungen aus
der Option entsprechen, die auf der rechten Seite der Gleichungen stehen.
Löst man dieses Gleichungssystem auf, so ergibt sich für die Anzahl der Aktien
im Duplikationsportfolio und für die Höhe der Mittelanlage bzw. -aufnahme:
(3.05)
∆ =
C11 − C10
.
(u − d) ⋅ S0
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Anzahl Aktien im
Duplikationsportfolio
110
Höhe der Mittelaufnahme /-anlage im
Duplikationsportfolio
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
(3.06) =
B
1 u ⋅ C10 − d ⋅ C11
⋅
.
1+ r
u−d
Übungsaufgabe 3.05:
Überprüfen Sie Ihre Ergebnisse aus der Übungsaufgabe 3.04, Teil a) und b), mittels der Gleichungen (3.05) und (3.06)!
(Ausgangsdaten: S0 = 100 GE; u = 1,5; d = 0,5; CB = 120 GE und r = 0,1)
Der Wert der Kaufoption lässt sich, wie gezeigt, aus dem Wert des Duplikationsportfolios ableiten. Der gesuchte Wert der Kaufoption ergibt sich damit allgemein
aus der folgenden Berechnung:
(3.07)
C0 =
=
=
∆ ⋅ S0 + B
C11 − C10
1 u ⋅ C10 − d ⋅ C11
⋅ S0 +
⋅
(u − d) ⋅ S0
1+ r
u−d
1  (1 + r) − d 1 u − (1 + r) 0 
⋅
⋅ C1 +
⋅ C1  .
1 + r  u − d
u−d

Setzt man λ = (1+ r)−d ein, so kann die Bewertungsformel für die Kaufoption veru −d
einfacht werden zu:
Allgemeine
Bewertungsformel im
Einperioden-Fall
(3.08)
=
C0
(
)
1
⋅ λ ⋅ C11 + (1 − λ) ⋅ C10 .
1+ r
Beachtet man, dass gemäß (3.02) u > 1+r > d gilt, stellt man leicht fest, dass auch
0 < λ < 1 gelten muss. Der Klammerausdruck in (3.08) kann dann als gewogener
Durchschnitt der beiden in t = 1 alternativ möglichen Optionswerte interpretiert
werden, wobei der Größe λ bzw. (1 – λ) die Rolle des Gewichtungsfaktors zukommt. Die Division dieses Ausdrucks durch (1+r) schließlich stellt nichts anderes dar als einen einfachen Abzinsungsvorgang. Der für C0 gefundene Ausdruck
kann somit insgesamt als
–
Barwert
–
eines speziellen Durchschnittswertes der Option in t = 1
interpretiert werden.
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3.2 Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
111
Übungsaufgabe 3.06:
Überprüfen Sie den in der Übungsaufgabe 3.04 ermittelten Wert der Kaufoption mittels der
Gleichung (3.08)!
(S0 = 100 GE; u = 1,5; d = 0,5; CB = 120 GE und r = 0,1)
Eine nähere Betrachtung der Bewertungsformel (3.08) lässt einige interessante
Schlussfolgerungen zu:
•
Aus der Herleitung von (3.08) ist ersichtlich, dass die Kenntnis der Eintrittswahrscheinlichkeiten für das Eintreten der Fälle „Kurs der Aktie verändert sich um den Faktor u“ bzw. „Kurs der Aktie verändert sich um den Faktor d“ zur Bestimmung des Optionswertes nicht erforderlich ist. Die
Bewertung der Option ist also nur abhängig von der Erwartung, dass im
Schlussfolgerungen:
Kenntnis der
Wahrscheinlichkeiten
alternativer Aktienkurse
nicht erforderlich
Zeitpunkt t = 1 nur die alternativen Aktienkurse S11 und S10 eintreten können, aber unabhängig von der Erwartung, mit welchen Wahrscheinlichkeiten
diese beiden alternativen Aktienkurse eintreten.
•
Zudem wurde an keiner Stelle eine Aussage über die Risikopräferenz der
Akteure getroffen. Auch davon ist die Bewertungsformel für die Kaufoption
unabhängig. Sie gilt sowohl für risikoneutrale, -scheue also auch für
-freudige Marktakteure.
Beide zuletzt angesprochenen Sachverhalte widersprechen zunächst der Intuition.
Dieser „Widerspruch“ kann jedoch aufgehoben werden, wenn man sich klar
macht, wie die Bewertung letztendlich funktioniert. Die Bewertungsformel gibt
lediglich das Verhältnis zwischen Optionswert, Aktienkurs und sicherem Zinssatz
r an, welches sich unter idealen Bedingungen auf dem Finanzmarkt ergeben muss.
Es erfolgt keine „eigenständige“ Bewertung der Option.
Die Bewertung der Option erfolgt letztendlich allein durch Rückgriff auf die
Marktwerte der zur Duplikation herangezogenen Titel am Finanzmarkt. Diese
Marktwerte hängen aber zum einen davon ab, mit welchen Wahrscheinlichkeiten
die Anleger das Eintreten bestimmter Aktienkurse erwarten. Zum anderen hängen
sie von den Präferenzen der Anleger ab. Die in der Bewertungsformel (3.08) auf
den ersten Blick nicht enthaltenen Anlegerpräferenzen und die Wahrscheinlichkeiten bzgl. der Aktienkursentwicklung sind also in den Marktwerten „versteckt“.
Um diese Überlegungen nicht zu sehr im Abstrakten zu belassen, betrachten wir
noch einmal die Ausgangsdaten des Beispiels 3.04. Dort hatten wir unterstellt,
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Bewertung ist
unabhängig von
Risikopräferenzen
Funktionsweise der
Bewertungsformel
112
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
–
dass alle Akteure übereinstimmend davon ausgehen, dass die Aktie im Zeitpunkt t = 1 einen Kurs von 210 GE oder von 60 GE annehmen wird, und
–
dass sich der Marktwert dieser Aktie im Zeitpunkt t = 0 auf 150 GE beläuft.
Völlig offen gelassen haben wir jedoch die Frage, welcher Transmissionsmechanismus dazu führt, dass die unsichere, nicht einmal mit Eintrittswahrscheinlichkeiten versehene Zahlungsverteilung (210/60) eine Periode vorher gerade mit
150 GE bewertet wird. Wollte man „dieses Fass aufmachen“, so würde man naheliegender Weise zunächst über subjektive Wahrscheinlichkeitsurteile und Risikopräferenzen der einzelnen Akteure sowie über deren alternative Geldanlageund -aufnahmemöglichkeiten nachdenken. Man würde so im allgemeinen Fall zu
unterschiedlichen subjektiven Grenzpreisen der einzelnen Anleger kommen und
müsste in einem zweiten Schritt darüber nachdenken, wie sich im Zuge eines Angebots- und Nachfrageprozesses auf dem Aktienmarkt schließlich ein Gleichgewichtskurs von 150 GE für unsere Aktie bilden würde. All diese Überlegungen
werden in dem hier betrachteten Modell nicht angestellt; das Fass bleibt zu und
der oben angesprochene Transmissionsmechanismus wird als „black box“ als gegeben vorausgesetzt.
mögliche Interpretation
der Größe λ
In diesem Zusammenhang erlaubt die Größe λ allerdings eine interessante Interpretation. Aus (3.08) erkennt man, dass diese Größe zunächst nichts anderes als
einen Gewichtungsfaktor darstellt, mit dem die möglichen Ausprägungen der Zahlung aus der Option in ihrem Verfallzeitpunkt gewichtet werden. Wie wir schon
gesehen haben, kann dieser Faktor nur Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Er
weist damit in formaler Hinsicht Ähnlichkeiten zu Kennziffern über die Wahrscheinlichkeit bestimmter Zustände auf. Die Größe λ wird daher in der Literatur
häufig als „Pseudowahrscheinlichkeit“ bezeichnet. Legt man diese Auffassung
zugrunde, so stellt der Klammerausdruck in (3.08) nicht „irgendeinen“ gewogenen
Durchschnitt dar, er kann vielmehr unmittelbar als der (Pseudo-)Erwartungswert
des Optionswertes in t = 1 interpretiert werden, der ganze Ausdruck C0 dementsprechend als abgezinster Erwartungswert. Daraus ergibt sich dann folgende Interpretation:
–
wäre ein Anleger risikoneutral eingestellt und
–
würde er den (subjektiven) Wert möglicher zukünftiger Zahlungen durch
den mit dem sicheren Zins ermittelten Barwert des Erwartungswertes dieser
Zahlungen bestimmen und
–
würde er den alternativ möglichen Zahlungen C11 und C10 gerade die Eintrittswahrscheinlichkeiten λ bzw. (1 – λ) zuordnen,
dann würde er der Option im Zeitpunkt t = 0 gerade den durch (3.08) bestimmten
Wert C0 zuordnen.
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3.2 Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
113
Zu beachten ist allerdings, dass C0 in unserem Modell
–
gerade nicht als Ergebnis eines subjektiven Grenzpreiskalküls,
–
sondern als arbitragebestimmte (objektive) Marktgröße
bestimmt worden ist. Immerhin lässt sich jedoch folgende fiktionale als-obAussage treffen: Als Ergebnis der vorgestellten Modellierung
–
bewertet „der Markt“ Optionen so,
–
als ob er wie ein risikoneutraler Anleger den Barwert auf der Basis der
Pseudowahrscheinlichkeiten λ bzw. (1 – λ) ermitteln würde.
Der entsprechende Zusammenhang gilt im Übrigen naheliegender Weise auch für
den Marktwert S0 einer Aktie, für die im Zeitpunkt t = 1 ja alternativ die Werte
u ⋅ S0 und d ⋅ S0 möglich sind. Für den auf der Basis der Pseudowahrscheinlichkeiten λ und (1 – λ) ermittelten Erwartungswert S1 des Aktienkurses in t = 1 gilt
dann:
S1 =
λ ⋅ u ⋅ S0 + (1 − λ) ⋅ d ⋅ S0 , woraus
nach Substitution von λ durch den vor Formel (3.08) angegebenen Ausdruck
(
(1 + r) − d
u−d
) und Ausklammern weiter folgt
=
S1
=
S0
⋅ [ u ⋅ ((1 + r) − d) + d ⋅ (u − (1 + r))]
u−d
S0
⋅ [(1 + r) ⋅ (u − d)] =
u−d
S0 ⋅ (1 + r) .
Der aktuelle Aktienkurs in t = 0 kann somit in der Tat als der mit dem risikolosen
Zinssatz r abgezinste Pseudo-Erwartungswert der in t = 1 möglichen Aktienkurse
interpretiert werden.
Wichtig ist jedoch, sich des fiktionalen Charakters der zuletzt vorgetragenen Interpretationen von C0 und S0 als Barwert von Pseudo-Erwartungswerten auf der
Basis der Pseudowahrscheinlichkeiten λ und (1 – λ) bewusst zu bleiben: Die zuletzt betrachtete Welt risikoneutraler Akteure mit den entsprechenden Wahrscheinlichkeitsvorstellungen ist nur eine mögliche Konstellation von Präferenzund Erwartungsstrukturen unter unendlich vielen anderen denkbaren Konstellationen, die alle ebenfalls damit vereinbar sein können, dass sich der Marktwert zweier zukünftig möglicher Zahlungsgrößen (u ⋅ S0; d ⋅ S0) bzw. (u ⋅ S0 – CB; 0) heute
gerade auf S0 bzw. C0 nach (3.08) beläuft.
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114
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Folgende Übungsaufgabe zu einem „risikoscheuen Optimisten“ gibt Ihnen Gelegenheit, sich mit der zentralen Arbitrageidee des vorgetragenen Modells selbst
noch etwas näher zu beschäftigen.
Übungsaufgabe 3.07:
Gehen Sie von den Daten der Übungsaufgabe 3.06 aus, also von S0 = 100 GE; CB = 120 GE;
u = 1,5; d = 0,5; r = 0,1 und somit λ = 0,6 und (1 – λ) = 0,4! Betrachten Sie nun folgenden
risikoscheuen Optimisten, der durch folgende Annahmen gekennzeichnet ist:
•
Er bewertet eine Wahrscheinlichkeitsverteilung alternativ möglicher Zahlungen mit ihrem
Sicherheitsäquivalent, das er nach dem Bernoulli-Prinzip auf der Basis der
RNF u(e) = e bestimmt.
•
Seinen in t = 0 maßgeblichen subjektiven Grenzpreis für eine Wahrscheinlichkeitsverteilung in t = 1 anfallender Zahlungen berechnet er als Barwert des Sicherheitsäquivalents,
wobei er den risikolosen Zinssatz von 10% zugrunde legt.
•
Die Wahrscheinlichkeit für eine Steigerung des Aktienkurses von 100 GE auf 150 GE
veranschlagt er subjektiv mit 80%, also mit einem höheren Wert als der Pseudowahrscheinlichkeit von 60%. Die daraus abgeleitete Wahrscheinlichkeitsverteilung für die aus
der betrachteten Option in t = 1 erzielbaren Rückflüsse hat somit folgendes Aussehen:
(150 – 120) = 30
(80% )
0
(20% )
a) Bestimmen Sie für den betrachteten Anleger das Sicherheitsäquivalent der aus der Option
in t = 1 erzielbaren Rückflüsse sowie den auf t = 0 bezogenen subjektiven Grenzpreis!
b) Begründen Sie, warum der risikoscheue Optimist trotz des unter a) ermittelten höheren
subjektiven Grenzpreises bei rationalem Handeln doch nur bereit sein wird, den schon aus
den Übungsaufgaben 3.04 und 3.06 bekannten Wert von C0 = 16,36 GE zu zahlen, wenn
die sonstigen Marktbedingungen unseres Modells erfüllt sind!
Die Interpretation der Größen λ und (1 – λ) als „Pseudowahrscheinlichkeiten“ und
des auf ihrer Basis ermittelten Durchschnittswertes der Optionszahlungen als
„Pseudo-Erwartungswert“ erweist sich allerdings als eine einerseits besonders
eingängige und andererseits besonders leicht zu handhabende Interpretationsform.
Dies macht es auch verständlich, dass bei der Darstellung des Binomialmodells in
der Lehrbuchliteratur gelegentlich der (falsche) Eindruck entsteht, dass die in dem
erörterten Sinne risikoneutrale Bewertung von Optionen eine zwingende Voraussetzung dieses Modells sei.
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3.2 Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
3.2.3
115
Zweiperioden-Fall
Im vorangegangenen Abschnitt wurde das Binomialmodell für den Fall dargestellt, dass die Laufzeit der Option genau eine Periode beträgt. In diesem Abschnitt wird dagegen angenommen, dass sich die Laufzeit der Option über zwei
Perioden erstreckt.
Es gelten die weiter oben aufgezeigten Zusammenhänge über die Entwicklung des
Aktienkurses. Der Aktienkurs kann daher die in der folgenden Abbildung dargestellten Entwicklungen nehmen:
t=
0
1
2
2
S2 = u 2· S0
1
S1 = u · S0
1
S0
S2 = u · d · S0
0
S1 = d · S0
0
2
S2 = d · S0
Abb. 3.05: Mögliche Aktienkursverläufe im 2-Perioden-Binomialmodell
Die möglichen Verläufe werden nachfolgend anhand des Beispiels verdeutlicht:
Beispiel 3.04 (2. Fortsetzung):
(S0 = 150 GE; u = 1,4; d = 0,4; CB = 135 GE und r = 0,05; Angaben in GE)
t=
0
1
2
2
S2 = 294
1
S1 = 210
S12 = 84
S0 =150
S01 = 60
S02 = 24
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Zweiperioden-Fall
116
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Der mögliche Verlauf des Wertes der Kaufoption kann durch folgenden Zustandsbaum verdeutlicht werden:
t=
0
1
2
2
C2
1
C1
1
C2
C0
0
C1
0
C2
Abb. 3.06: Entwicklung des Wertes einer Option im 2-Perioden-Binomialmodell
Bewertung durch
rekursives Anwenden
der Bewertungsformel
des Einperioden-Falls
Um den Wert der Option im Zeitpunkt t = 0 zu bestimmen, ist ein rekursives Vorgehen erforderlich. Den Ausgangspunkt bilden die drei möglichen Optionswerte
im Zeitpunkt t = 2. Davon ausgehend werden unter Anwendung von Formel
(3.08) die zwei möglichen Optionswerte im Zeitpunkt t = 1 ermittelt. So ergibt
sich:
(3.09)
(
)
(
)
=
C11
1
⋅ λ ⋅ C22 + (1 − λ) ⋅ C12
1+ r
=
C10
1
⋅ λ ⋅ C12 + (1 − λ) ⋅ C02 .
1+ r
bzw.
(3.10)
Das Vorgehen wird nachfolgend anhand des Beispiels erläutert.
Beispiel 3.04 (3. Fortsetzung):
(S0 = 150 GE; u = 1,4; d = 0,4; CB = 135 GE und r = 0,05)
Für Zahlungen aus der Option in t = 2 ergeben sich die folgenden Werte:
2
C2
= 159 GE ,
C12
= 0
0
C2
und
= 0 .
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3.2 Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
117
Für den Gewichtungsfaktor λ ergibt sich:
(1+ r)− d
=
u −d
=
λ
1,05− 0,4
=
1,4 − 0,4
0, 65 .
Für die zwei möglichen Optionswerte im Zeitpunkt t = 1 folgt daraus:
1
⋅ ( 0,65 ⋅ 159 + (1 − 0,65) ⋅ 0 =
)
1,05
1
C=
1
98, 43 GE
und
1
⋅ ( 0,65 ⋅ 0 + (1 − 0,65) ⋅ 0=
)
1,05
0
C1=
0 .
Die so ermittelten Optionswerte werden wiederum in die Bewertungsformel für
den Einperioden-Fall, also in (3.08), eingesetzt, um den Optionswert für den Zeitpunkt t = 0 zu bestimmen. Als allgemeine Bewertungsformel für den 2-PeriodenFall ergibt sich daraus:
(
)
(
)
1 
1
1

⋅λ ⋅
λ ⋅ C22 + (1 − λ) ⋅ C12 + (1 − λ) ⋅
⋅ λ ⋅ C12 + (1 − λ) ⋅ C20 
1+ r  1+ r
1+ r

1
=
⋅ λ 2 ⋅ C22 + 2 ⋅ λ ⋅ (1 − λ) ⋅ C12 + (1 − λ) 2 ⋅ C20 .
2
(1 + r )
(3.11) =
C0
(
)
Für unser Beispiel folgt daraus die folgende Berechnung für den Wert der Option
im Zeitpunkt t = 0:
Beispiel 3.04 (4. Fortsetzung):
(S0 = 150 GE; u = 1,4; d = 0,4; CB = 135 GE und r = 0,05)
Die folgenden Werte wurden bereits in der 3. Fortsetzung des Beispiels ermittelt:
2
1
0
=
C2 159 GE;=
C2 0;=
C2 0 und
=
λ 0, 65.
Für den Wert der Option im Zeitpunkt t = 0 folgt aus (3.11):
1
C
=
0
1,052
(
⋅ 0,652 ⋅ 159 + 2 ⋅ 0,65 ⋅ (1− 0,65) ⋅ 0 + (1− 0,65)2 ⋅ 0
)
= 60,93 GE.
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allgemeine
Bewertungsformel für
den Zweiperioden-Fall
118
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Übungsaufgabe 3.08:
Überprüfen Sie das im vorangegangenen Beispiel nach Formel (3.11) abgeleitete Ergebnis, indem Sie von den in Beispiel 3.04 (3. Fortsetzung) ermittelten möglichen Optionswerten von
0
C11 = 98,43 und C1 = 0 ausgehen und den auf t = 0 bezogenen Wert dieser Zahlungsmöglichkeiten nach Formel (3.08) berechnen!
Die dargestellte Bewertungsformel lässt sich anschaulich interpretieren:
Interpretation der
Bewertungsformel im
Zweiperioden-Fall
Der Ausdruck in der rechten Klammer kann wieder als eine Art „gewogener
Durchschnitt“ interpretiert werden, zumal sich die Summe der Gewichtungsfaktoren λ2 + 2 ⋅ λ ⋅ (1 − λ) + (1 − λ)2  nach wie vor genau auf 1 beläuft. Die mögli

chen Zahlungen aus der Option bei Fälligkeit werden mit zwei Faktoren gewichtet:
1.
Sie werden mit der Anzahl von Wegen, die zu dem Aktienkurs führen, der
gerade diese Zahlung aus der Option verursacht, gewichtet. Diese Zahlen
wurden weiter oben als Binomialkoeffizient bezeichnet.
2.
Zudem werden die Zahlungen mit den Gewichtungsfaktoren λ und 1 – λ
gewichtet. Dabei wird jede Zahlung so oft mit λ bzw. 1 – λ gewichtet, wie
der Weg, der zu dem zugrundeliegenden Kurs der Aktie geführt hat, eine
Veränderung um u bzw. um d aufweist. Z.B. bezeichnet C12 die Zahlung aus
der Option, wenn sich der Kurs der zugrundeliegenden Aktie innerhalb der 2
Perioden einmal um den Faktor u und einmal um den Faktor d verändert hat.
Folgerichtig wird die Zahlung einmal mit λ und einmal mit 1 – λ gewichtet.
Der so ermittelte gewogene Durchschnitt bezieht sich auf den Zeitpunkt t = 2 und
muss folglich noch abgezinst werden. Dies erfolgt durch die Multiplikation
der rechten Klammer mit dem linken Bruch, der dem Abzinsungsfaktor für zwei
Perioden entspricht.
Für die im Einperiodenfall maßgebliche Bewertungsformel (3.08) hatten Sie
schon die spezielle Interpretation für die Annahme einer risikoneutralen Bewertung kennengelernt. Diese Interpretation hält auch im Zweiperioden-Fall: Die
Gewichtungsfaktoren λ2 , 2 ⋅ λ ⋅ (1 − λ) und (1 − λ)2 können wiederum als „Pseudowahrscheinlichkeiten“ angesehen werden und der gesamte Klammerausdruck
somit als Pseudo-Erwartungswert der in t = 2 erzielbaren Zahlungen. Dessen
Barwert bestimmt dann ganz analog zu (3.08) den Gleichgewichtswert der Option
im Zeitpunkt t = 0.
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3.2 Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
119
Anhand der folgenden Aufgabe können Sie sich die aufgezeigten Zusammenhänge noch einmal verdeutlichen:
Übungsaufgabe 3.09:
Gehen Sie von den Daten der Übungsaufgabe 3.03 aus (S0 = 100 GE; u = 1,5; d = 0,5;
CB = 120 GE und r = 0,1) und nehmen Sie an, die Laufzeit der Option betrüge nicht eine, sondern zwei Perioden!
a) Ermitteln Sie die drei möglichen „Endwerte“ der Option in t = 2 sowie die beiden möglichen Werte der Option im Zeitpunkt t = 1!
b) Ermitteln Sie den Wert der Option im Zeitpunkt t = 0!
c) Zeigen Sie auf, wie sich die Zusammensetzung des Duplikationsportfolios im Zeitablauf
ändert!
d) Wie hoch sind die Ein- und Auszahlungen, die mit der Anpassung des Duplikationsportfolios im Zeitablauf verbunden sind?
3.2.4
T-Perioden-Fall
Nach diesen Überlegungen soll die Bewertungsformel für eine Option mit einer
beliebigen Laufzeit T abgeleitet werden. Dabei bedienen wir uns des bereits dargestellten Sachverhaltes, dass der Optionswert als abgezinster gewogener Durchschnitt der Zahlungen aus der Option bei Fälligkeit hergeleitet werden kann.
T-Perioden-Fall
Entscheidend für die Höhe der Zahlung aus der Option bei Fälligkeit ist, wie bereits dargestellt, die Höhe des Kurses der Basisaktie im Zeitpunkt T. Dieser ergibt
sich im Binomialmodell allgemein aus der Gleichung (3.03), sofern man für t den
Fälligkeitszeitpunkt T einsetzt. Für den gesuchten Aktienkurs gilt also:
(3.12)
k
ST
=
S0 ⋅ u k ⋅ d T − k
mit 0 ≤ k ≤ T.
Aktienkurs im
Zeitpunkt T
Zur Erinnerung: k bezeichnet die Anzahl der Änderungen des Aktienkurses um
den Faktor u und dementsprechend bezeichnet T – k die Anzahl der Änderungen
des Aktienkurses um den Faktor d zwischen den Zeitpunkten 0 und T.
Die Zahlung aus der Option bei ihrer Fälligkeit ergibt sich damit aus:
k
(3.13)=
CT
k
max(ST
− CB ; 0)
mit 0 ≤ k ≤ T.
Nachdem nun Klarheit über die Höhe der der Berechnung zugrundeliegenden
Zahlungen geschaffen wurde, müssen deren Gewichtungsfaktoren betrachtet wer-
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Zahlung aus der Option
im Zeitpunkt T
Gewichtung der Zahlungen aus der Option …
120
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
den. Wie auch im Fall der Option mit einer Laufzeit von 2 Perioden gibt es zwei
Faktoren, die zu berücksichtigen sind:
mit der Anzahl der
Wege, die zu ihnen
führen,
1.
und mit dem
Gewichtungsfaktor λ
2.
Die Zahlungen müssen mit der Anzahl der „Wege“ gewichtet werden, die
im Binomialmodell zu dem Aktienkurs führen, der die entsprechende Zahlung aus der Option verursacht. Diese Anzahl entspricht für die mit CTk bezeichnete Zahlung aus der Option dem bereits dargestellten BinomialT
T!
.
koeffizienten   = 

⋅
−
k!
(T
k)!
k

  
Als weitere Gewichtungsfaktoren sind die Größen λ und 1 – λ zu beachten.
Wie bereits erläutert, wird die Zahlung aus der Option so oft mit λ bzw.
1 – λ gewichtet, wie der Weg, der zu dem zugrundeliegenden Kurs der
Aktie geführt hat, eine Veränderung um u bzw. um d aufweist. Die mit CTk
bezeichnete Zahlung aus der Option entsteht genau dann, wenn sich der
Kurs der zugrundeliegenden Aktie innerhalb der T Perioden k mal um den
Faktor u und (T – k) mal um den Faktor d verändert hat. Folglich wird die
Zahlung mit λ k ⋅ (1 − λ)T − k gewichtet.
Insgesamt wird die Zahlung CTk somit mit dem folgenden Faktor gewichtet:
(3.14)
gewogener Durchschnitt
der Zahlungen aus der
Option im Zeitpunkt T
T!

 k
T−k

 ⋅ λ ⋅ (1 − λ)
 k!⋅ (T − k)! 
mit 0 ≤ k ≤ T.
Für den gewogenen Durchschnitt der Zahlungen aus der Option im Zeitpunkt T
kann damit allgemein geschrieben werden:
(3.15)
T 
T!

⋅ λ k ⋅ (1 − λ)T − k ⋅ max(u k ⋅ d T − k ⋅ S0 − CB ; 0) .
∑

k = 0  k!⋅ (T − k)! 
Um diesen recht unhandlichen Ausdruck weiter zu vereinfachen, wollen wir zunächst versuchen, den Maximaloperator zu eliminieren. Dazu hilft die folgende
Überlegung: Immer dann, wenn der Maximaloperator als Ergebnis den Wert Null
ergibt, liefert er multipliziert mit den Gewichtungsfaktoren keinen weiteren Beitrag zum gewogenen Durchschnitt der Zahlungen aus der Option. Der Summand
könnte daher der Einfachheit halber gleich entfallen. Der Operator liefert immer
genau dann den Wert Null, wenn die Option nicht ausgeübt wird. Das wiederum
ist genau dann der Fall, wenn der Basispreis größer als der im Fälligkeitszeitpunkt
maßgebliche Aktienkurs ist, also
CB > u k ⋅ d T − k ⋅ S0
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3.2 Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
121
gilt. Es gibt offenbar eine mehr oder weniger große Anzahl „schlechter“ Kursentwicklungen (mit wenigen „u“-Bewegungen und vielen „d“-Bewegungen), die
dieser Bedingung entsprechen. Dabei interessiert uns insbesondere die „beste“
Kursentwicklung, bei der die Ausübung der Option gerade noch nicht lohnt. Bezeichnet man die dazugehörige Anzahl von „u“-Bewegungen mit a und die Zahl
der „d“-Bewegungen dementsprechend mit (T – a), so muss für die kritische Anzahl von a zunächst gelten:
(3.16)
ua ⋅ d T −a ⋅ S0 =
CB .
Löst man diesen Ausdruck nach a auf, so erhält man:
a
u
=

d
u
⇔ a ⋅ ln =
d
T
 
S0 ⋅ d
CB
 C

B
ln 
.
 S ⋅ dT 
 0

Für a ergibt sich damit:
(3.17)
 C

B
ln 

 S ⋅ dT 
0

.
a =
u
ln  
d
Nur in Ausnahmefällen dürfte a einen ganzzahligen Wert annehmen. Die kritische
Grenze der Anzahl der Veränderungen des Aktienkurses um den Faktor u, die hier
mit k′ bezeichnet wird, ist daher die kleinste ganze Zahl, für die k′ ≥ a gilt.
Übungsaufgabe 3.10:
Gehen Sie wieder von den bekannten Daten aus (S0 = 100 GE; u = 1,5; d = 0,5; CB = 120 und
r = 0,1) und nehmen Sie an, die Laufzeit der Option betrüge 10 Perioden.
a) Ermitteln Sie k′!
k ′−1
b) Überprüfen Sie das Ergebnis, indem Sie die Aktienkurse ST
k′
und ST bestimmen!
Die Formel (3.15) vereinfacht sich durch Einsetzen von k′ zu:
(3.18)
T 
T!

⋅ λ k ⋅ (1 − λ)T − k ⋅ (u k ⋅ d T − k ⋅ S0 − C B ) .
∑ 

k = k ′  k!⋅ (T − k)! 
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kritische Zahl der
Veränderungen des
Aktienkurses um
den Faktor u
122
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Um den Wert der Option im Zeitpunkt t = 0 zu bestimmen, muss der durch (3.18)
ermittelte gewogene Durchschnitt der möglichen Zahlungen aus der Option bei
Fälligkeit über T Perioden mit dem sicheren Zins abgezinst werden. Es ergibt sich
damit für den Wert der Kaufoption:
(3.19)=
C0
T 
 k
T!
T−k
⋅ ∑ 
 ⋅ λ ⋅ (1 − λ)
T
⋅
−
k!
(T
k)!
(1 + r)

k= k ′ 
1
⋅ (u k ⋅ d T − k ⋅ S0 − CB ) .
Durch eine geschickte Substitution kann diese Gleichung noch weiter vereinfacht
werden. Dazu spaltet man sie zunächst auf, so dass sich zwei Summanden ergeben:
(3.20)
C0 =
T 
T!
 λ k ⋅ (1 − λ)T − k k T − k
S0 ⋅ ∑ 
⋅u ⋅d
⋅
(1 + r)T
k= k ′  k!⋅ (T − k)! 
−
T 
T!
 k
T−k
⋅ ∑ 
.
 ⋅ λ ⋅ (1 − λ)
T
⋅
−
k!
(T
k)!

(1 + r) k= k ′ 
CB
Im ersten Summanden wird der Gewichtungsfaktor λ durch den Ausdruck
=
λ
1+ r
u
⋅ λ′ ersetzt. Nach einigen Umformungen 1) erhält man damit für den Wert
der Kaufoption:
ausführliche Schreibweise der allgemeinen
Bewertungsformel für
den T-Perioden-Fall
(3.21)
C=
0
T 
T!
 k
T−k
S0 ⋅ ∑ 
 ⋅ λ′ ⋅ (1 − λ′)
k!
(T
k)!
⋅
−

k= k ′ 
−
T 
T!
 k
⋅ ∑ 
⋅ λ ⋅ (1 − λ)T − k .

T
(1 + r) k= k ′  k!⋅ (T − k)! 
CB
Da die Summenausdrücke nichts anderes darstellen, als die komplementäre Verteilungsfunktion 2) der Binomialverteilung B (k′; T; λ′) bzw. B (k′; T; λ) mit den
Parametern k′, T und λ′ bzw. λ, kann für diesen Ausdruck auch einfacher geschrieben werden:
1 Vgl. dazu den Anhang 2.02.
2 Eine Verteilungsfunktion gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein bestimmter Wert nicht
überschritten wird. Die zu dieser Funktion komplementäre Verteilungsfunktion gibt dagegen
an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein bestimmter Wert nicht unterschritten wird. Die Summe
der beiden Wahrscheinlichkeiten ist für jeden betrachteten Wert genau eins.
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3.2 Optionswert vor Verfall im Binomialmodell
(3.22)
C0 =
S0 ⋅ B(k′; T; λ′) −
123
CB
(1 + r)
T
⋅ B(k′; T; λ) .
verkürzte Schreibweise
der allgemeinen
Bewertungsformel für
den T-Perioden-Fall
Dies entspricht der allgemeinen Schreibweise für die Bewertungsformel des Binomialmodells.
Übungsaufgabe 3.11:
Gehen Sie wieder von den Daten der Übungsaufgabe 3.06 aus (S0 = 100 GE; u = 1,5; d = 0,5;
CB = 120 GE; r = 0,1 und T = 2).
Bewerten Sie die Option noch einmal, und zwar mit Hilfe der Formel (3.21) bzw. (3.22)!
Vergleichen Sie Ihr Resultat mit der Lösung zu Übungsaufgabe 3.09!
Interpretiert man den in (3.22) enthaltenen Gewichtungsfaktor λ wieder als Pseudowahrscheinlichkeit, so kann zumindest der 2. Teil der Bewertungsformel (3.22)
anschaulich gedeutet werden:
•
Der 2. Teil von (3.22) repräsentiert den Barwert des zu zahlenden Basispreises bei Ausübung der Option multipliziert mit der Wahrscheinlichkeit (berechnet auf Grundlage der Pseudowahrscheinlichkeiten), dass der Basispreis
unter dem Kurs der Aktie im Zeitpunkt T liegt bzw. dass die Option ausgeübt wird.
•
Berücksichtigt man dies, so liegt es nahe, dass der 1. Teil des Ausdrucks
dem erwarteten Kurs der Aktie im Zeitpunkt T für den Fall, dass die Option
ausgeübt wird, entsprechen muss. Allerdings wird dies aus dem Ausdruck
nicht besonders deutlich. Der Ausdruck B(k′; T; λ′) entspricht nämlich gerade nicht der Wahrscheinlichkeit (berechnet auf Grundlage der Pseudowahrscheinlichkeiten) der Optionsausübung, die durch B(k′; T; λ) gegeben
ist. Offensichtlich hat dies etwas mit der Substitution von λ durch den Aus1+ r
druck
⋅ λ′ zu tun. Dies bewirkt, dass im Gewichtungsfaktor λ′ nicht nur
u
der Gewichtungsfaktor λ, sondern auch die Faktoren für die Veränderung
des Aktienkurses, also u und d, und die Abzinsung mit dem sicheren Zinssatz r miteinander verrechnet sind. Der Faktor λ′ ist daher einer Interpretation nur noch schwer zugänglich. Da die Faktoren u und d und die sichere
Verzinsung damit bereits in den Ausdruck B(k′; T; λ′) einbezogen sind,
reicht es zur Berechnung des erwarteten Aktienkurses bei Optionsausübung
im Zeitpunkt T aus, den Ausdruck B(k′; T; λ′) mit dem Kurs der Aktie im
Zeitpunkt t = 0 zu multiplizieren.
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Interpretation der
Bewertungsformel
im T-Perioden-Fall
124
Flexibilität des
Bewertungsansatzes
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Zum Abschluss sei noch darauf hingewiesen, dass das Binomialmodell außerordentlich flexibel an die jeweilige Problemstellung angepasst werden kann. So ist
es z.B. ohne weiteres möglich, eine Option für den Fall zu bewerten, dass die Faktoren u und d von Periode zu Periode variieren. Das einzige „Problem“ ist dabei
nur, dass sich für diesen Fall keine geschlossene Bewertungsformel wie die Formel (3.22) ableiten lässt. Die Lösung kann daher nur numerisch durch rekursive
Anwendung der Bewertungsformel für den Ein-Perioden-Fall erfolgen.
3.3
Optionswert vor Verfall im Modell von BLACK/SCHOLES
Prominenter als das bisher dargestellte Bewertungsmodell ist die nach ihren
„Erfindern“ benannte BLACK/SCHOLES-Bewertungsformel. 1) Es wird in diesem
Abschnitt allerdings nicht explizit auf die mathematisch relativ anspruchsvolle
Herleitung der Bewertungsformel eingegangen. Vielmehr sollen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Binomialmodells und des Modells von BLACK/
SCHOLES den Gegenstand der weiteren Darstellungen bilden.
Grundprinzip der
Bewertung: Bewertung
durch Duplikation
Wie auch dem Binomialmodell liegt der BLACK/SCHOLES-Bewertungsformel das
Prinzip der Bewertung durch Duplikation zugrunde. Die sich ergebende Bewertungsformel kann wieder in der Weise interpretiert werden, dass sich der Wert der
Option für einen risikoneutralen Anleger aus dem abgezinsten Erwartungswert
(auf Basis der Pseudowahrscheinlichkeiten) der Zahlungen aus der Option bei
Fälligkeit ergibt. Obwohl diese Interpretation den weiteren Ausführungen zugrunde gelegt wird, ist nochmals deutlich hervorzuheben, dass dies nur eine mögliche
Interpretation des Ergebnisses ist. Zur Bewertung selbst sind sowohl im Modell
von BLACK/SCHOLES als auch im Binomialmodell keinerlei Aussagen über
Wahrscheinlichkeiten bestimmter Aktienkursentwicklungen notwendig.
wesentliche
Modellunterschiede:
Binomialmodell:
Handel zu diskreten
Zeitpunkten und
unstetiger Aktienkursverlauf
Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Modellen besteht darin, dass
–
nicht davon ausgegangen wird, dass
1.
Aktienhandel nur zu diskreten Zeitpunkten stattfindet und sich Aktienkurse dementsprechend nur zu diskreten Zeitpunkten verändern
können und
2.
sich der Aktienkurs unstetig verändert, also Sprünge aufweist
(Binomialmodell),
1 Vgl. BLACK/SCHOLES (1973). MYRON SCHOLES wurde 1997 für dieses Bewertungsmodell mit
dem Nobelpreis ausgezeichnet. FISCHER BLACK starb bereits 1995.
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3.3 Optionswert vor Verfall im Modell von BLACK/SCHOLES
–
sondern ein kontinuierlicher Verlauf unterstellt wird. Dies bedeutet, dass
1.
ein kontinuierlicher Handel in der Aktie stattfindet und sich die
Aktienkurse dementsprechend kontinuierlich verändern und
2.
der Aktienkurs sich stetig verändert, die Kursentwicklung also keine
„Sprünge“ aufweist
125
BLACK/SCHOLESModell: kontinuierlicher
Handel und stetiger
Aktienkursverlauf
(BLACK/SCHOLES-Modell).
Einfach gesprochen, wird im Binomialmodell also davon ausgegangen, dass zwischen dem Zeitpunkt 0 und dem Verfallzeitpunkt T endlich viele Handelszeitpunkte liegen. Im Modell von BLACK und SCHOLES wird dagegen unterstellt, dass
zwischen diesen Zeitpunkten unendlich viele Handelszeitpunkte bestehen.
Diese divergierende Annahme macht es notwendig, zur Ableitung einer Bewertungsformel über folgende Aspekte nachzudenken:
1.
Wie erfolgt die sichere Verzinsung?
2.
Wie entwickelt sich der Aktienkurs, d.h. was wird über seine alternativen
Veränderungen angenommen?
Im Fall des Binomialmodells wird angenommen, dass die sichere Verzinsung immer genau zu den einzelnen diskreten Zeitpunkten abgerechnet wird. Dies ist die
übliche Annahme, die Sie auch aus der Ermittlung z.B. des Kapitalwertes kennen.
Im kontinuierlichen Modell wird dagegen davon ausgegangen, dass die Zinsabrechnung am Ende von infinitesimal kleinen Zeiträumen erfolgt. Das folgende
Beispiel dient zur Verdeutlichung.
Beispiel 3.06:
Eine Zahlung von 100 GE sei im Zeitpunkt T = 1 fällig. Der Zinssatz für die sichere Verzinsung betrage r = 0,1. Es soll der Barwert der Zahlung unter der Annahme unterschiedlicher
Zinsabrechnungen ermittelt werden.
Angenommen, die Zinsabrechnung erfolgt einmalig im Zeitpunkt T. Dann ergibt sich der
Barwert (in GE) aus:
100 ⋅ (1 + r)
−1
=
−1
100 ⋅ 1,1 =
90, 9090 .
Angenommen, die Zinsabrechnung erfolgt am Ende von n gleich langen Teilperioden innerhalb des Zeitraums zwischen den Zeitpunkten t = 0 und T = 1. Allgemein ergibt sich der Barwert der betrachteten Zahlung in Abhängigkeit von n aus: 1)
1 Vgl. den Kurs „Finanz- und bankwirtschaftliche Modelle“ (42000), KE 1, Abschnitt 3.1.
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Verzinsung im
BLACK/SCHOLESModell
126
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
r

100 ⋅  1 + 
n

−n
.
Beispielhaft wird dies für einige ausgewählte Anzahlen von Teilperioden verdeutlicht:
n = 2:
0,1 

100 ⋅  1 +

2 

−2
=90, 7029 .
n = 10:
0,1 

100 ⋅ 1 +

10 

−10
=90, 5287 .
n = 100:
0,1 

100 ⋅ 1 +

 100 
−100
=90, 4883 .
n = 1000:
0,1 

100 ⋅ 1 +

 1.000 
−1.000
=90, 4842 .
Je höher n ist, desto stärker wird die Zahlung offensichtlich abgezinst, d.h. desto geringer ist
deren Barwert.
Im Modell von BLACK/SCHOLES wird von dem Extremfall ausgegangen, dass die einzelnen
Abrechnungsperioden unendlich klein sind. Dies ist gleichbedeutend mit der Annahme, dass n
gegen unendlich strebt. Der Barwert der Zahlung ergibt sich unter dieser Annahme, also bei
kontinuierlicher Verzinsung, aus:
 r
lim 100 ⋅  1+ 
n →∞
 n
−n
.
Es lässt sich zeigen, dass für diesen Grenzwert gilt:
 r
lim 100 ⋅  1+ 
n →∞
 n
−n
= 100 ⋅ e
−r
,
wobei e die „Eulersche“ Zahl darstellt.
Für das Zahlenbeispiel ergibt sich daraus ein Barwert in Höhe von:
100 ⋅ e
−r
= 100 ⋅ e
−0,1
= 90, 4837.
Im vorangegangenen Zahlenbeispiel haben wir stillschweigend unterstellt, dass
der zur Diskontierung heranzuziehende Zinssatz unabhängig davon ist, wie die
Zinsabrechnung erfolgt, d.h. wie viele Zinsabrechnungszeitpunkte vorliegen. Dies
muss keineswegs zwingend sein. Um diesen Umstand deutlich zu machen, wird
nachfolgend der bei der kontinuierlichen Verzinsung zugrunde gelegte Zinssatz
nicht mit r, sondern mit R bezeichnet. Der Barwert einer bestimmten Zahlung im
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3.3 Optionswert vor Verfall im Modell von BLACK/SCHOLES
127
Zeitpunkt T ergibt sich damit im Modell der kontinuierlichen Verzinsung allgemein aus der Multiplikation der betreffenden Zahlung mit dem folgenden Faktor:
(3.23)
e–R ⋅ T .
kontinuierliche
Verzinsung
Im Binomialmodell wurde über den Verlauf des Aktienkurses angenommen, dass
er zu den diskreten Zeitpunkten entweder um den Faktor u steigt oder um den
Faktor d sinkt. Die entsprechende Annahme im BLACK/SCHOLES-Modell ist dagegen „etwas“ komplizierter. 1) Dennoch wollen wir versuchen, die Annahme zumindest grob zu skizzieren.
Die Veränderung des Aktienkurses erfolgt in diesem Modell, wie die dargestellte
Verzinsung, kontinuierlich. Dies bedeutet, dass sich der Aktienkurs am Ende jedes
infinitesimal kleinen Zeitraums innerhalb des Betrachtungszeitraumes vom Zeitpunkt 0 bis T in bestimmter Weise verändern kann. Es ist sinnvoll, im Folgenden
nicht die absolute Änderung des Aktienkurses, sondern seine relative Veränderung innerhalb dieser kleinen Zeiträume, also ihre Rendite innerhalb dieser Zeiträume, zu betrachten. Für diese Rendite kann allgemein geschrieben werden:
Verlauf des Aktienkurses im BLACK/
SCHOLES-Modell
dS
.
S
Beispiel 3.07:
Angenommen, der Aktienkurs hätte sich innerhalb des betrachteten kleinen Zeitraumes von
100 GE auf 120 GE verändert.
Dann beträgt die absolute Veränderung des Kurses dS = 20 GE.
Bezogen auf den Kurs der Aktie am Anfang des Zeitraumes, der mit S bezeichnet wird, ergibt
sich für die relative Veränderung bzw. für die Rendite:
dS
=
S
20
=
100
Die Rendite
dS
S
0, 2 .
innerhalb eines Zeitraums mit der Länge dt 2) ergibt sich im
BLACK/SCHOLES-Modell aus der folgenden zentralen Gleichung, die anschließend
näher erläutert wird:
(3.24)
dS
= µ dt + σ dz .
S
1 „Many people feel that continuous-time stochastic processes are so complicated that they
should be left entirely to ‚rocket scientists‘.“, HULL (2000), S. 218.
2 Wobei bei einer kontinuierlichen Veränderung des Aktienkurses dt → 0 gilt.
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zentrale Gleichung der
Renditeentwicklung der
Aktie innerhalb eines
bestimmten Zeitraums
128
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Einfluss auf die Höhe der Rendite haben offensichtlich die auf der rechten Seite
aufzufindenden Summanden:
Einfluss des
sogenannten „Drift“ der
Renditeentwicklung
1.
µ dt: µ symbolisiert die erwartete Rendite der Aktie, von der angenommen
wird, dass sie im Zeitablauf konstant ist. Multipliziert mit der Länge des betrachteten Zeitraums dt ergibt dieser Teil den Erwartungswert der relativen
Veränderung des Aktienkurses bzw. der Rendite innerhalb des betrachteten
Zeitraumes.
An dieser Stelle ist die folgende Überlegung wichtig: Die Bewertungsformel
wird, wie bereits angedeutet, aus Sicht eines risikoneutralen Anlegers aufgestellt. Außerdem wird unterstellt, dass der Markt ohne Betrachtung der Option im Gleichgewicht ist, d.h. dass kein Anleger bereit ist, noch Aktien zu
einem höheren Preis als dem Aktienkurs zu kaufen oder zu einem niedrigeren Preis als dem Aktienkurs zu verkaufen. Aus Sicht eines risikoneutralen
Anlegers muss die erwartete Rendite einer Aktie, die hier mit µ bezeichnet
wird, dann zwingend der Rendite für die sichere Mittelanlage bzw. aufnahme entsprechen. Ansonsten könnte der risikoneutrale Anleger beim
gegebenen Aktienkurs bereits durch den Kauf oder Verkauf der Aktie seine
Position noch verbessern. Er hätte also noch offene Kauf- oder Verkaufswünsche, was mit der Vorstellung eines gleichgewichtigen Marktes nicht
vereinbar ist. Für den risikoneutralen Anleger muss damit zwingend gelten:
µ = R.
Einfluss der Standardabweichung der
Renditeentwicklung
2.
σ dz: dz entspricht darin dem Ausdruck dz = ε dt . Somit gilt es, den Term
σε dt zu interpretieren. Fangen wir zunächst mit dem Symbol ε an.
ε repräsentiert das Ergebnis aus einem Zufallsexperiment, 1) dessen Wahrscheinlichkeitsverteilung der Standardnormalverteilung entspricht. Die
Standardnormalverteilung zeichnet sich, wie Ihnen bekannt sein dürfte,
dadurch aus, dass ihr Erwartungswert 0 und ihre Standardabweichung 1 beträgt. Wie man leicht erkennt, würde dieser Zufallsprozess aufgrund des unterstellten Erwartungswertes und der unterstellten Standardabweichung
wohl kaum geeignet sein, die Unsicherheit der Rendite einer konkreten Aktie abzubilden. Vielmehr müsste noch eine Anpassung an den Erwartungswert und die Standardabweichung der Rendite der betrachteten Aktie erfolgen. Der Erwartungswert der Rendite der betrachteten Aktie wurde bereits
in dem unter 1. erläuterten Term berücksichtigt. In dem hier betrachteten
Term muss daher nur noch die Standardabweichung berücksichtigt werden.
1 Allgemein versteht man unter einem Zufallsprozess oder auch Zufallsexperiment Vorgänge in
der Natur, die dadurch charakterisiert sind, dass ihr wiederholtes Auftreten unter identischen
Umständen nicht zu identischen Ergebnissen führt. Ein Zufallsprozess ist z.B. der Münzwurf.
Das Ergebnis dieses Zufallsprozesses kann entweder „Kopf“ oder „Zahl“ sein. Vgl. BLEYMÜLLER/GEHLERT/GÜLICHER (2004), S. 25.
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3.3 Optionswert vor Verfall im Modell von BLACK/SCHOLES
129
Dies erfolgt durch die Multiplikation der Zufallsvariablen ε mit der Standardabweichung der Rendite der betrachteten Aktie σ, die als im Zeitablauf
konstant angenommen wird. Um die Standardabweichung an den betrachteten Zeitraum dt anzupassen, wird sie mit dt multipliziert.
Insgesamt betrachtet ist die Rendite einer Aktie innerhalb einer Periode mit der
Länge dt damit normalverteilt mit dem Erwartungswert Rdt und der Standardabweichung σ dt .
Bis zu dieser Stelle wurden nur die Annahmen im BLACK/SCHOLES-Modell über
die Rendite der Aktie für den Zeitraum dt aufgezeigt. Zur Bewertung der Option
ist es jedoch notwendig zu wissen, welche Entwicklung der Aktienkurs bis zum
Verfallzeitpunkt der Option, also bis zum Zeitpunkt T nimmt. Die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Renditen der einzelnen kleinen Zeiträume sind also zu
einer Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Rendite zwischen den Zeitpunkten 0
und T zu aggregieren.
Aggregation der
Renditeentwicklungen
in den einzelnen Zeiträumen zu einer
Renditeentwicklung bis
zur Fälligkeit der Option
Hier kommt nun eine weitere wichtige Annahme zum Tragen: Es wird angenommen, dass die Rendite einer Periode unabhängig von den Renditen in anderen Perioden ist. 1) Zwischen den normalverteilten Renditen der Perioden besteht also
keinerlei Korrelation. Fasst man diese Annahme mit den bereits genannten Annahmen über die Entwicklung des Aktienkurses im BLACK/SCHOLES-Modell zusammen, so bilden sie insgesamt die Annahmen für den Zufallsprozess, der in der
Literatur als „allgemeiner Wiener Prozess“ bezeichnet wird.
„allgemeiner Wiener
Prozess“
Um abzuleiten, welche Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Rendite der Aktie
zwischen den Zeitpunkten 0 und T gilt, bedient man sich zunächst wieder eines
kleinen „Tricks“. Um die Berechnungen zu vereinfachen, werden die Renditen
logarithmiert. 2) In der Literatur werden Sie daher häufig lesen, dass im
BLACK/SCHOLES-Modell angenommen wird, dass die Renditen „Log“-Normalverteilt sind. Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass die logarithmierten Renditen einer Normalverteilung folgen. Dabei liegt es nahe, dass für die Verteilung
der logarithmierten Renditen andere Parameter gelten müssen als für die der unlogarithmierten Renditen. Die entsprechenden Parameter können mittels Anwendung des sogenannten „Itos Lemma“ abgeleitet werden. Es ergibt sich dann, dass
„Log“-Normalverteilung und „Itos
Lemma“

für den Erwartungswert  R −

σ2 
 dt
2 
und die Standardabweichung σ dt gilt.
1 Diese Annahme gilt auch im Binomialmodell, da, wie bereits erwähnt wurde, angenommen
wird, dass die Veränderungen des Aktienkurses in den einzelnen Perioden unabhängig voneinander sind.
2 Dieser Schritt erlaubt es, die Rendite zwischen den Zeitpunkten 0 und T aus den Renditen der
einzelnen kurzen Perioden durch einfache Addition zu ermitteln.
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130
3 Optionspreistheoretische Modellansätze
Unter Berücksichtigung der Unabhängigkeit zwischen den Renditen der einzelnen
Zeiträume folgt, dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung der logarithmierten Rendite der Aktie im Zeitraum von 0 bis T ebenfalls einer Normalverteilung entsprechen muss. Für den Erwartungswert dieser Normalverteilung gilt offensichtlich

σ2 
−
⋅ T und für ihre Standardabweichung aufgrund der angenommenen UnR

2 

abhängigkeit der Renditen σ T .
Aus den aufgezeigten Annahmen könnte jetzt die BLACK/SCHOLES-Bewertungsformel abgeleitet werden. Diese mathematisch relativ anspruchsvolle Herleitung
soll hier nicht nachvollzogen werden. Die Bewertungsformel für eine Aktienkaufoption mit der Laufzeit T im Zeitpunkt t = 0 lautet im BLACK/SCHOLES-Modell:
allgemeine Bewertungsformel nach BLACK/
SCHOLES
(3.25)
C0 = S0 ⋅ N(d1 ) − CB ⋅ e − R⋅T ⋅ N(d 2 )
( ) (
S
d1 =
)
ln C0 + R + σ2 T
B
σ T
2
mit
( ) (
S
und d 2 =
)
ln C0 + R − σ2 T
B
σ T
2
,
wobei N(⋅) der Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung entspricht.
Vergleich mit der
Bewertungsformel im
Binomialmodell
Ein Vergleich dieser Bewertungsformel mit der aus dem Binomialmodell macht
einige Parallelen deutlich:
1.
Der 2. Term der Bewertungsformel stellt auch hier den Barwert des Basispreises, multipliziert mit einer bestimmten „Wahrscheinlichkeit“, dar. Diese
Wahrscheinlichkeit entspricht wieder der Wahrscheinlichkeit, dass die Ausübung der Option lohnend ist, auch wenn wir dies hier nicht näher zeigen
wollen. Alle Wahrscheinlichkeiten sind dabei natürlich nur „Pseudowahrscheinlichkeiten“!
2.
Der 1. Term enthält wie im Binomialmodell den aktuellen Aktienkurs, multipliziert mit einer bestimmten „Wahrscheinlichkeit“. Genau wie beim
Binomialmodell wurde die Entwicklung des Kurses der Aktie mit deren jeweiligen Veränderungsraten und dem Abzinsungsfaktor „verrechnet“ (daher
ist der Parameter in der Funktion N nicht d2 , sondern d1), so dass nur noch
das Symbol S0 in der Formel auftaucht.
Offensichtlich unterscheiden sich beide Bewertungsformeln nur dadurch, dass die
diskrete gegen die stetige Verzinsung und die Binomialverteilung gegen die Standardnormalverteilung „ausgetauscht“ wurden.
Grenzübergang
Der Eindruck, dass die beiden Bewertungsformeln recht nah miteinander verwandt sind, wird auch durch die Tatsache unterstützt, dass die Binomialverteilung
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3.4 Einordnung der Ergebnisse der Modellanalyse
bei einer unendlich großen Zahl diskreter Zeitpunkte bis zum Verfallzeitpunkt der
Option gegen die Normalverteilung konvergiert. Dieser Zusammenhang spielt
eine entscheidende Rolle bei einer zur Originaldarstellung des Modells alternativen Herleitungsmöglichkeit der BLACK/SCHOLES-Bewertungsformel, die als Herleitung aus dem Binomialmodell mittels „Grenzübergang“ bezeichnet wird.
3.4
Einordnung der Ergebnisse der Modellanalyse
In den beiden letzten Kapiteln 3.2 und 3.3 wurden die beiden prominentesten Bewertungsformeln der Optionspreistheorie und ihre theoretischen Hintergründe
dargestellt. Trotz ihrer in der Praxis weit verbreiteten Anwendung auf reale Bewertungsprobleme sei folgendes angemerkt: Sämtliche Überlegungen und Bewertungsaussagen erfolgen innerhalb eines Modells, welches relativ strenge Annahmen beinhaltet. Wie bei jedem Modell können daher die Ergebnisse, d.h. in
diesem Fall die abgeleiteten Bewertungen für eine Option, von denen in der Realität abweichen. Der Preis einer Option ist in der Realität ein Ergebnis des Zusammenwirkens von Angebot und Nachfrage und nicht unmittelbar das Ergebnis eines
theoretischen Bewertungsmodells. Allerdings ist zu erwarten, dass, wenn sich alle
Anleger an den theoretischen Bewertungsmodellen orientieren, sich der Marktpreis und der theoretische Wert einer Option einander annähern. Obwohl insbesondere der Bewertungsformel von BLACK/SCHOLES äußerst komplizierte mathematische Ableitungen zugrunde liegen, so dass vermutlich die weit überwiegende
Mehrheit derjenigen, die mit dieser Formel umgehen, ihre Herleitung nicht versteht, hat sie im Wege der sogenannten self-fullfilling-prophecy dennoch erhebliche Bedeutung für die Praxis des Optionsgeschäftes erlangt.
Denn
–
wenn eine hinlänglich große Anzahl von Markteilnehmern Abweichungen
der tatsächlich beobachteten Optionskurse von den theoretischen BlackScholes-Werten als Anzeichen für eine Unter- oder Überbewertung der betrachteten Optionen wertet und
–
auf diesen Befund mit entsprechenden Kauf- bzw. Verkaufsaufträgen reagiert,
–
dann werden sich die Kurse von Optionen durch die so konditionierten
Marktkräfte in der Tat zumindest annähernd in Höhe der Black-ScholesWerte einpendeln.
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131
158
Lösungen zu den Übungsaufgaben
Übungsaufgabe 3.01:
Um die Relation zu beweisen, wird untersucht, welche Möglichkeiten sich den
Anlegern bieten, sofern sie verletzt ist:
Angenommen, es gelte u > d ≥ 1 + r: In diesem Fall würde ein Anleger Zahlungsmittel aufnehmen, um damit Aktien zu kaufen. In t = 1 würde die Einzahlung
aus dem Verkauf der Aktien auf jeden Fall mindestens so hoch sein wie der Betrag, der zur Rückzahlung der Mittelaufnahme notwendig ist, und bei Eintritt von
u diesen Betrag auf jeden Fall übersteigen. Der Anleger würde daher mit dem
Kauf einer Aktie eine dominant bessere Position als mit der festverzinslichen Anlage erreichen. Ist der Markt arbitragefrei, so ist aber gerade diese Möglichkeit
dominanter Positionen ausgeschlossen.
Angenommen, es gelte 1 + r ≥ u > d: In diesem Fall würde ein Anleger Aktien
leer verkaufen und die daraus erzielten Einzahlungen zum sicheren Zins anlegen.
Die in t = 1 aus der sicheren Anlage erzielte Einzahlung würde mindestens so
hoch sein wie der Betrag, den der Anleger aufwenden muss, um die Aktien zu
kaufen, die er zur Abdeckung des Leerverkaufs benötigt. Im Fall des Eintretens
von d würde die Einzahlung aus der Anlage diesen Betrag sogar überschreiten.
Der Anleger würde daher mit dem Leerverkauf einer Aktie eine dominant bessere
Position als mit der festverzinslichen Anlage erreichen. Ist der Markt arbitragefrei,
so ist aber gerade diese Möglichkeit dominanter Positionen ausgeschlossen.
Insgesamt ist festzustellen, dass auf einem arbitragefreien Finanzmarkt die zuvor
unterstellten Relationen nicht gelten können und daher zwingend u > 1 + r > d
gelten muss.
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Lösungen zu den Übungsaufgaben
159
Übungsaufgabe 3.02 (Angaben in GE):
1
t=0
2
3
S33 =337,5
S22 =225
S23 =112,5
S11 =150
S12 =75
S0 = 100
S13 =37,5
S01 =50
S02 =25
S03 =12,5
Übungsaufgabe 3.03:
a)
(1)
=
s...
=
GE S04 ergibt sich, wenn in allen Perioden „d“ eintritt,
4 6,25
also k = 0 gilt. Es gibt also nur einen „Weg“.
(2)
=
s...
=
GE S24 ergibt sich, wenn es je zweimal zu u und d
4 56,25
kommt, also k = 2 gilt. Dies kann in den folgenden zeitlichen Abfolgen geschehen („lexikografisch“ dargestellt):
dduu
dudu
duud
uddu
udud
uudd
Es gibt also sechs „Wege“.
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160
Lösungen zu den Übungsaufgaben
b)
Für Formel (3.04) gelten t = 4 und (1) k = 0 bzw. (2) k = 2. Somit gilt für die
Zahl der „Wege“ w:
(1) w
=
(2) =
w
4!
= 1 1)
(0!) ⋅ (4!)
4!
=
(2!) ⋅ (2!)
24
=
2⋅2
6 .
Die unter a) „per Hand“ gefundenen Ergebnisse werden also bestätigt.
c)
Nach den Vorgaben der Aufgabenstellung gelten t = 10 und k = 6, mithin
ergibt sich für die Zahl der „Wege“ (w) aus Formel (3.04):
w =
=
=
10!
(6!) ⋅ (4!)
1 ⋅ 2 ⋅ 3 ⋅ 4 ⋅ 5 ⋅ 6 ⋅ 7 ⋅ 8 ⋅ 9 ⋅ 10
(1 ⋅ 2 ⋅ 3 ⋅ 4 ⋅ 5 ⋅ 6) ⋅ (1 ⋅ 2 ⋅ 3 ⋅ 4)
7 ⋅ 8 ⋅ 9 ⋅ 10
=
1⋅ 2 ⋅ 3 ⋅ 4
5.040
=
24
210 .
6
kann also über 210 verschiedene u-d-Folgen erreicht werden.
Der Kurs S10
Übungsaufgabe 3.04:
a)
Die möglichen Entwicklungen des Aktienkurses und der Zahlungen (jeweils
in GE) aus der Option sind in den folgenden Abbildungen dargestellt:
C11 = 30
S11 = 150
C0
S0 =100
S01 = 50
C01 = 0
1 Zu beachten ist, dass 0! als 1 definiert ist.
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Lösungen zu den Übungsaufgaben
161
Um die Unsicherheit der mit der Kaufoption verbundenen Zahlung nachzubilden, muss eine Anlage in die Aktie erfolgen. Um die Variationsbreite der
Zahlung aus der Option in Höhe von 30 GE exakt nachzubilden, müssen geC1 − C0
1
1
nau =
1
0
S1 − S1
30 GE
= 0,3
100 GE
Aktien in das Duplikationsportfolio aufgenom-
men werden.
b)
Ein Portfolio, welches genau 0,3 Aktien enthält, führt zu den folgenden Zahlungskonsequenzen (in GE):
0,3⋅S11 = 45
0,3 Aktien
0,3 ⋅S01 = 15
Diese Zahlungen übersteigen in beiden möglichen Zuständen die Zahlungen
der zu duplizierenden Kaufoption um genau 15 GE. Um die Kaufoption
exakt zu duplizieren, muss daher in t = 0 eine Mittelaufnahme in Höhe von
15 GE ⋅ 1,1–1 = 13,64 GE erfolgen.
c)
Der Wert des Duplikationsportfolios im Zeitpunkt t = 0 entspricht dem Wert
von 0,3 Aktien im Zeitpunkt t = 0 abzüglich der Höhe der aufgenommenen
Mittel, also: 0,3 ⋅ 100 GE + (–13,64 GE) = 16,36 GE.
Aufgrund der Arbitragefreiheit des Marktes muss damit der Wert der Option
C0 genau 16,36 GE betragen.
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162
Lösungen zu den Übungsaufgaben
Übungsaufgabe 3.05:
Für die Anzahl der Aktien im Duplikationsportfolio folgt aus (3.05):
=
∆
C11 − C10
=
(u − d) ⋅ S0
30 − 0
=
(1,5 − 0,5) ⋅ 100
0,3
und für die Höhe der Mittelanlage bzw. -aufnahme folgt aus (3.06):
1 u ⋅ C10 − d ⋅ C11
1 1,5 ⋅ 0 − 0,5 ⋅ 30
B =
⋅
=
⋅
=
− 13,64 GE .
1+ r
u−d
1,1
1,5 − 0,5
Die Werte stimmen exakt mit denen aus der Lösung der Übungsaufgabe 3.04
überein!
Übungsaufgabe 3.06:
Zunächst muss der Faktor λ bestimmt werden:
(1 + r) − d
=
u−d
=
λ
1,1 − 0,5
=
1,5 − 0,5
0,6 .
Aus (2.07) folgt dann für den Wert der Option:
=
C0
=
(
1
⋅ λ ⋅ C11 + (1 − λ) ⋅ C10
1+ r
)
1
⋅ ( 0,6 ⋅ 30 + (1 − 0,6) ⋅ 0 )=
1,1
18
=
1,1
16,36 GE .
Der ermittelte Wert stimmt exakt mit dem aus der Lösung der Übungsaufgabe
3.04 überein!
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Lösungen zu den Übungsaufgaben
163
Übungsaufgabe 3.07:
a)
Für den Erwartungswert des Risikonutzens der alternativ möglichen Zahlungen aus der Option gilt einfach 0,8 ⋅ 30 . Mithin ergibt sich für das zugehörige Sicherheitsäquivalent SÄ:
SÄ =
 0,8 ⋅ 30 


2
=
0,82 ⋅ 30 =
19,2 .
Dementsprechend ergibt sich für den als Barwert von SÄ bestimmten subjektiven Grenzpreis C′0 der Option
=
C′0
19,2
=
1,1
17, 45 GE .
Der Anleger könnte nach seiner rein subjektiven Wertschätzung zunächst
also bereit sein, für die betrachtete Option bis zu 17,45 GE zu bieten.
b)
Aus der Aufgabe 3.06 wissen wir schon, dass der aus Arbitrageüberlegungen hergeleitete Optionswert nur 18/1,1 = 16,36 GE beträgt. Trotz seiner
höheren subjektiven Wertschätzung der Option wäre der Anleger bei rationalem Handeln auch nicht bereit, mehr als diese 16,36 GE für die Option zu
zahlen. Denn wie wir schon aus der vorangegangenen Analyse wissen,
könnte er die nach seiner Einschätzung mit der Option verbundenen Möglichkeiten, in t = 1
–
mit 80%-iger Wahrscheinlichkeit eine Rückzahlung von 30 GE zu erhalten und
–
mit 20%-iger Wahrscheinlichkeit leer auszugehen,
auch dadurch erreichen, dass er in t = 0
–
0,3 Aktien für 30 GE kauft (Rückflussalternativen in t = 1: 45 und 15)
–
und ein Darlehen von 15/1,1 = 13,64 GE aufnimmt (Rückzahlungsverpflichtung in t = 1: 15).
Mit einem Mitteleinsatz von nur 30 – 13,64 = 16,36 GE könnte er also exakt
die gleiche Rückflussstruktur erreichen wie beim Erwerb der – von ihm subjektiv mit 17,45 GE bewerteten – Option. Warum sollte er dann mehr als
16,36 GE für die Option zahlen?
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164
Lösungen zu den Übungsaufgaben
Übungsaufgabe 3.08:
Da in unserem Beispiel λ = 0,65 gilt, ergibt sich für den Optionswert gemäß
(3.08)
1
⋅ (0,65 ⋅ 98, 43 + 0,35 ⋅ 0) =
1,05
C0 =
60,93 GE ,
was offensichtlich mit der „direkten“ Berechnung über Formel (3.11) übereinstimmt.
Übungsaufgabe 3.09:
a)
Die drei möglichen Aktienkurse im Zeitpunkt t = 2 betragen (Angaben in
GE):
S22 = 1,52 ⋅ 100 = 225
S12 = 1,5 ⋅ 0,5 ⋅ 100 = 75
S02 = 0,52 ⋅ 100 = 25.
Die drei möglichen Werte einer Option mit einem Basispreis von 120 im
Zeitpunkt t = 2 betragen somit (Angaben in GE):
C22 = 105
C12 = 0
C02 = 0 .
Für λ ergibt sich ein Wert in Höhe von
=
λ
1,1− 0,5
=
1,5− 0,5
0,6.
Für die beiden möglichen Werte der Option im Zeitpunkt t = 1 gilt daher
(Angaben in GE):
1
⋅ ( 0,6 ⋅ 105 + (1 − 0,6) ⋅ 0 )
1,1
C11 =
= 57,27
bzw.
1
⋅ ( 0,6 ⋅ 0 + (1 − 0,6) ⋅ 0 )
1,1
C10 =
= 0 .
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Lösungen zu den Übungsaufgaben
b)
165
Der Wert der Option im Zeitpunkt t = 0 ermittelt sich aus:
1
⋅ ( 0,6 ⋅ 57,27 + (1 − 0,6) ⋅ 0 )
1,1
C0 =
= 31,24 GE .
c)
Im Zeitpunkt t = 0 ergibt sich die Anzahl der im Duplikationsportfolio enthaltenen Aktien aus:
=
∆0
C11 − C10
=
(u − d) ⋅ S0
57,27 − 0
=
(1,5 − 0,5) ⋅ 100
0,5727
und die Höhe der Mittelaufnahme aus:
1 1,5 ⋅ 0 − 0,5 ⋅ 57,27
⋅
=
− 26,03 GE .
B0 =
1,1
1,5 − 0,5
Das Duplikationsportfolio besteht daher aus 0,5727 Aktien und einer Mittelaufnahme in Höhe von 26,03 GE.
Im Zeitpunkt t = 1 unterscheidet sich die Zusammensetzung je nachdem, ob
sich der Aktienkurs um den Faktor u oder d verändert hat. 1)
1. Fall: Der Aktienkurs hat sich um den Faktor u verändert:
Dann ergibt sich:
=
∆11
105 − 0
=
(1,5 − 0,5) ⋅ 1,5 ⋅ 100
0,7
und
1 1,5 ⋅ 0 − 0,5 ⋅ 105
⋅
=
− 47,73 GE .
B11 =
1,1
1,5 − 0,5
Das Duplikationsportfolio enthält in diesem Fall 0,7 Aktien und eine Geldaufnahme in Höhe von 47,73 GE.
1 Index 1 (tiefgestellt) = Zeitpunkt; Index (hochgestellt) 1 = up; Index (hochgestellt) 0 = down.
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166
Lösungen zu den Übungsaufgaben
2. Fall: Der Aktienkurs hat sich um den Faktor d verändert:
Dann ergibt sich:
=
∆10
0−0
=
(1,5 − 0,5) ⋅ 0,5 ⋅ 100
0 und
1 1,5 ⋅ 0 − 0,5 ⋅ 0
B10 =
⋅
=
0 .
1,1
1,5 − 0,5
Im 2. Fall weist das Duplikationsportfolio gar keinen Bestand mehr auf.
d)
Zum Aufbau des Duplikationsportfolios im Zeitpunkt t = 0 fallen folgende
Zahlungen an:
Ein-/Auszahlung
Kauf der ∆0 = 0,5727 Aktien
– 0,5727 ⋅ 100 = –57,27
Mittelaufnahme in Höhe von 26,03 GE
+26,03
Summe:
–31,24
Wie nicht anders zu erwarten war, entspricht die Summe der Ein- und Auszahlungen genau dem Wert der Option, der unter b) ermittelt wurde.
Wie aus den Berechnungen unter c) ersichtlich ist, ändert sich die Zusammensetzung des Duplikationsportfolios im Zeitablauf. Es muss im Zeitpunkt
t = 1 angepasst werden. Die damit verbundenen Ein- und Auszahlungen unterscheiden sich je nachdem, ob sich der Aktienkurs um den Faktor u oder d
verändert hat.
1. Fall: Der Aktienkurs hat sich um den Faktor u verändert:
Ein-/Auszahlung
Erhöhung des Aktienbestandes von
∆0 = 0,5727 auf ∆11 =0,7 Aktien
–(0,7– 0,5727) ⋅ 150 = –19,10
Rückzahlung der in t = 0 aufgenommenen
–1,1 ⋅ 26,03 = –28,63
Mittel incl. Verzinsung
Mittelaufnahme in Höhe von 47,73 GE
+ 47,73
Summe:
0
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Lösungen zu den Übungsaufgaben
167
Per Saldo verursacht die Anpassung des Portfolios also weder eine zusätzliche Ein- noch Auszahlung. Man spricht daher auch von „sich selbst finanzierenden Portfolio-Anpassungen“.
2. Fall: Der Aktienkurs hat sich um den Faktor d verändert:
Ein-/Auszahlung
Verkauf des kompletten Aktienbestandes
+ 0,5727 ⋅ 50 = 28,64
von ∆0 = 0,5727 Aktien
Rückzahlung der in t = 0 aufgenommenen
–1,1 ⋅ 26,03 = –28,63
Mittel incl. Verzinsung in GE
Summe:
0,01
Auch in diesem Fall verursacht die Anpassung per Saldo – abgesehen von
einer Rundungsungenauigkeit – weder eine Ein- noch eine Auszahlung.
Dies muss auch so sein, denn Duplikation bedeutet nicht nur, dass der Zahlungsstrom aus der Option im Zeitpunkt t = 2, also bei Fälligkeit, nachgebildet wird. Sondern auch in den anderen Zeitpunkten müssen die Zahlungen
aus dem Duplikationsportfolio mit denen aus der Option übereinstimmen.
Da aus der hier betrachteten Option im Zeitpunkt t = 1 keine weiteren Einund Auszahlungen resultieren, muss dies auch für das Duplikationsportfolio
gelten.
Übungsaufgabe 3.10:
a)
a
=
 C 
ln  B T 
 S0 ⋅ d 
=
ln
()
u
d
 120 
ln 

100 ⋅ 0,510 
=
1,5
ln
( )
6, 48 .
0,5
Daraus folgt, dass k′=7 beträgt!
b)
k′ − 1 = S6 = 100 ⋅ 1,56 ⋅ 0,54 = 71,19 < C = 120
ST
10
B
k′ =
ST
7
S10
=
100 ⋅ 1,57 ⋅ 0,53 =
213,57 > CB =
120 .
(Werte jeweils in GE.)
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168
Lösungen zu den Übungsaufgaben
Übungsaufgabe 3.11:
Zunächst wird k′ ermittelt. Aus
=
a
 C 
ln  BT 
 S0 ⋅d 
=
u
ln
 120 
ln 

100⋅0,52 

=
1,5
ln
( )
()
d
1, 4278
0,5
folgt, dass k′=2 beträgt!
λ wurde bereits in der Lösung zur Übungsaufgabe 2.06 ermittelt und beträgt 0,6.
λ′ muss noch ermittelt werden. Aus =
λ
1+ r
u
⋅ λ′ folgt λ′
=
u
1+ r
⋅=
λ
1,5
⋅ 0,6
1,1
=
0,8182.
Nun müssen noch die Werte der Binomialverteilung berechnet werden. Aus (3.21)
und (3.22) folgt, dass
T

T!

T!

⋅ λ′k ⋅ (1 − λ′)T − k
∑ 

k= k ′  k!⋅ (T − k)! 
=
B(k′;T; λ′)
und
T 
k
T−k
gilt.
∑ 
 ⋅ λ ⋅ (1 − λ)
⋅
−
k!
(T
k)!

k= k ′ 
=
B(k′;T; λ)
Werden die entsprechenden Werte eingesetzt, so folgt daraus:
B(k′; T; λ′) = B(2; 2; 0,8182)
2!
=
⋅ 0,8182 2 ⋅ (1 − 0,8182)0
2! ⋅ (2 − 2)!
2
= ⋅ 0,8182 2 ⋅ 1
2 ⋅1
= 0,6695
und
B(k′; T; λ) =B(2; 2; 0,6)
2!
=
⋅ 0,62 ⋅ (1 − 0,6)0
2! ⋅ (2 − 2)!
=
2
⋅ 0,62 ⋅ 1
2 ⋅1
= 0,36.
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Lösungen zu den Übungsaufgaben
169
Jetzt sind alle Werte bestimmt worden, um anhand der Gleichung (3.22) den Wert
der Option zu erhalten:
C0 =
S0 ⋅ B(k′; T; λ′) −
CB
⋅ B(k′; T; λ )
(1 + r)T
120
= 100 ⋅ B(2; 2; 0,8182) −
⋅ B(2; 2; 0,6)
1,12
120
= 100 ⋅ 0,6695 −
⋅ 0,36
1,12
= 31,25 GE .
Bis auf eine Rundungsdifferenz stimmt dieser Wert mit dem in der Lösung zur
Übungsaufgabe 3.09 ermittelten Wert überein.
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Anhang 3.01: Herleitung des Binomialkoeffizienten
Anhang 3.01: Herleitung des Binomialkoeffizienten
Die Herleitung erfolgt anhand eines Zahlenbeispiels mit den Werten t = 5 und
k = 3. Gesucht ist also die Anzahl der möglichen Kursverläufe bis zum Zeitpunkt
t = 5, die genau 3 Änderungen um u und 2 Änderungen um d aufweisen, bzw. das
 5
Ergebnis des Ausdrucks   .
 3
Zunächst überlegen wir, wie viele Möglichkeiten es gibt, die 3 Veränderungen um
u den 5 Zeitpunkten zuzuordnen:
•
Die erste Veränderung um u kann jedem der 5 Zeitpunkte zugeordnet werden. Für diese Zuordnung gibt es also 5 Möglichkeiten.
•
Ist die erste Veränderung zugeordnet, so verbleiben für die Zuordnung der
zweiten Veränderung um u noch 4 Möglichkeiten.
•
Die dritte Veränderung um u kann nur noch einem der 3 nicht besetzten
Zeitpunkte zugeordnet werden. Es gibt für die dritte Zuordnung also 3 Möglichkeiten.
Insgesamt ergeben sich damit 5 ⋅ 4 ⋅ 3 = 60 Möglichkeiten, die 3 Veränderungen
um u den 5 Zeitpunkten zuzuordnen. Formal kann dafür geschrieben werden:
t!
.
t ⋅ (t − 1) ⋅  ⋅ (t − k + 1) =
(t − k)!
Dieser Ausdruck gibt aber noch nicht die gesuchte Anzahl möglicher Kursverläufe wieder, sondern ist deutlich höher. Dies kann man sich mittels der folgenden
einfachen Überlegung verdeutlichen:
Es werden zwei Möglichkeiten der Zuordnung der Veränderungen um u betrachtet:
1. Möglichkeit: Es werden zunächst dem Zeitpunkt t = 1, anschließend dem
Zeitpunkt t = 2 und danach dem Zeitpunkt t = 3 jeweils eine
Veränderung um u zugeordnet.
2. Möglichkeit: Es werden zunächst dem Zeitpunkt t = 2, anschließend dem
Zeitpunkt t = 3 und abschließend dem Zeitpunkt t = 1 jeweils eine Veränderung um u zugeordnet.
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Anhang 3.01: Herleitung des Binomialkoeffizienten
193
Beide Möglichkeiten führen nicht nur zum gleichen Aktienkurs im Zeitpunkt
t = 5, sondern entsprechen auch dem gleichen Weg, auf dem dieser Aktienkurs
erreicht wird. Sie stellen daher nicht zwei unterschiedliche, sondern nur einen
möglichen Kursverlauf dar und sind daher für unsere Zwecke nur einmal zu berücksichtigen.
Führt man diese Überlegungen fort, so erkennt man, dass es nicht nur 2, sondern
sogar 3 ⋅ 2 ⋅ 1 = 6, oder formal
k ⋅ (k − 1) ⋅  ⋅ 1 =k! ,
Kombinationen gibt, die genau derselben Folge von Aktienkursbewegungen entsprechen. Die ermittelte Anzahl von 60 Möglichkeiten ist also 6-mal so hoch, wie
die von uns gesuchte Zahl.
Die Anzahl unterschiedlicher Kursentwicklungen, die bis zum Zeitpunkt t = 5
genau 3 Veränderungen um u aufweisen, ergibt sich daher aus:
60
=10 . Allgemein
6
kann die gesuchte Anzahl folglich aus dem Ausdruck:
t
t!


 k  =  k!⋅ (t − k)! 


 
ermittelt werden.
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194
Anhang 3.02: Herleitung des Ausdrucks (3.21)
Anhang 3.02: Herleitung des Ausdrucks (3.21)
Nach Einsetzen von =
λ
1+ r
u
⋅ λ′ in den ersten Summanden von (3.20) ergibt sich
für diesen ersten Summanden der folgende Ausdruck:
k
 1 + r ′  1 + r

⋅ λ  ⋅ 1 −
⋅ λ′ 

T 
T!
  u
u
 

S0 ⋅ ∑ 
⋅

T
(1 + r)
k = k ′  k!⋅ (T − k)! 
T−k
⋅ u k ⋅ d T−k .
Dieser kann weiter vereinfacht werden:
1+ r

k 
λ′
⋅
1
−
⋅ λ′ 

T 
T!

u


S0 ⋅ ∑ 
⋅

−
T
k
(1 + r)
k= k ′  k!⋅ (T − k)! 
T−k
⋅ d T−k
T−k
=
 1+ r

⋅ λ′ 
1−
T 
T!
 k 
u
S0 ⋅ ∑ 
⋅d
 ⋅ λ′ ⋅  1 + r
⋅
−
k!
(T
k)!

k= k ′ 




=
T!

 k  u − (1 + r) ⋅ λ′ 
⋅ λ′ ⋅ 
⋅ d
S0 ⋅ ∑ 

 (1 + r) ⋅ u

k= k ′  k!⋅ (T − k)! 
T
Wegen λ =
T−k
.
1+ r
(1 + r) − d
und=
λ
⋅ λ´ gilt :
u−d
u
1+ r
(1 + r) − d
⋅ λ′ =
u
u−d
[(1 + r) − d ] ⋅ u
⇔
(1 + r) ⋅ λ′ ⋅ (u − d)
=
⇔
u ⋅ (1 + r) ⋅ (1 − λ′)
d =
.
u − (1 + r) ⋅ λ′
Setzt man diesen Ausdruck für d ein, so ergibt sich:
T!

 k  u − (1 + r) ⋅ λ′ u ⋅ (1 + r) ⋅ (1 − λ′) 
⋅ λ′ ⋅ 
⋅
S0 ⋅ ∑ 

u − (1 + r) ⋅ λ′ 
 (1 + r) ⋅ u
k = k ′  k!⋅ (T − k)! 
T
=
T−k
T 
T!
 k
S0 ⋅ ∑ 
⋅ λ′ ⋅ (1 − λ′)T − k ,

k = k ′  k!⋅ (T − k)! 
q.e.d.
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Literaturverzeichnis
Literaturverzeichnis
(Die mit * gekennzeichneten Publikationen sind für den interessierten Leser geeignete vertiefende Texte)
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Analysis Journal, vol. 10, 1954, S. 57 – 61.
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BITZ, M./ EWERT, J.: Übungen in Betriebswirtschaftslehre, 7. Aufl., München
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BITZ, M./STARK, G.: Finanzdienstleistungen, 8. Aufl. München, Wien 2008.
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BLEYMÜLLER, J./GEHLERT, G./GÜLICHER, H.: Statistik für Wirtschaftswissenschaftler, 14. Aufl., München 2004.
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JE; bwl_3; X:\FL\LGBitz\C_Modul Modelle 42000\Kurseinheiten Master\Studienbriefe_SS2012\C-Modul 42000 KE_1_SS2012.doc; 12.12.2011 12:41:00
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