Parkgebühren – Viel Lärm um Nichts? Entgegen der weitläufig verbreiteten Meinung, dass flächendeckende oder punktuelle Parkraumbewirtschaftung in Innenstädten ausschließlich der Füllung der kommunalen Kassen dient, haben „vorher-/nachher Untersuchungen“ gezeigt, dass die Einrichtung von Parkraumbewirtschaftungszonen für fast alle Betroffenen von Vorteil sind. Die durchschnittliche Parkdauer wird verkürzt, wodurch mehr Autos den gleichen Parkplatz nutzen können, was wiederum den „Parkplatzsuchverkehr“ verringert, welcher in europäischen Innenstädten einen hohen Anteil am Verkehr hat. Da Anwohner in der Regel bevorzugt behandelt werden, finden auch sie schneller einen Parkplatz. Potentielle Langzeitparker, wie z.B. Beschäftigte, Auszubildende und Studenten werden gezwungen, alternative Abstellmöglichkeiten zu nutzen oder ganz auf Bus und Bahn umzusteigen. Gerade letzterer Punkt ist natürlich im Interesse von Planern und Anwohnern und ganz im Sinne von Umwelt und integrierten Verkehrsplänen. Weniger geplant und nicht gewollt sind Verdrängungseffekte in angrenzende nicht bewirtschaftete Gebiete. Hier muss die Entwicklung genau beobachtet werden und die Bewirtschaftungszone bei stark ansteigendem Parkdruck erweitert werden. Eine weitere wichtige Erkenntnis aus Untersuchungen ist, dass die Einrichtung einer Parkraumbewirtschaftungszone, wenn sie dann realisiert ist, von Nutzern und Betroffenen fast durchweg positiv beurteilt wird. In vielen europäischen Städten (z.B. Antwerpen, Bologna) konnte diese positive Akzeptanzentwicklung noch zusätzlich erhöht werden, indem die Einnahmen aus Parkgebühren und Bußgeldern zweckgebunden in Straßen und ÖPNV re-investiert werden. Eine Maßnahme, die in Berlin auf Grund der aktuellen Gesetzgebung nur bedingt möglich ist. Zu diesem und anderen wichtigen Themen rund um das Parken in europäischen Großstädten forscht die Humboldt-Universität zu Berlin gemeinsam mit acht Partnern aus Europa seit gut einem Jahr. Das von der EU geförderte Projekt „City Parking in Europe“ konzentriert sich dabei unter anderem auch auf innovative Ansätze im Bereich des Parkraummanagements und auf effektive Nutzung der vorhandenen Parkmöglichkeiten. Abschließende Ergebnisse und Handlungsempfehlungen für europäische Kommunen werden auf der Abschlusskonferenz im Oktober 2007 in Berlin präsentiert. Erste Resultate und Unterschiede im europäischen Vergleich lassen sich aber schon nach den ersten Konferenzen und Workshops in den Partnerstädten feststellen. Der historische Innenstadtkern von Bologna ist beispielsweise für den privaten PKW fast vollständig gesperrt, die Innenstadt ist durchgehend bewirtschaftet und es gelten Zufahrtsbeschränkungen. In Athen und Santa Cruz de Tenerife hingegen werden jetzt erste Überlegungen für eine Bewirtschaftung des öffentlichen Straßenraums angestellt. Besonders innovativ geht die Stadt Antwerpen mit dem Thema Parken um: die von ihr geschaffene autonome städtische Gesellschaft für Parken (GAPA) hat in den letzten Jahren nicht nur die Parkprobleme weitgehend gelöst, sondern auch für eine effektive und kostendeckende Bewirtschaftung gesorgt. Dabei werden vor allem technische Neuerungen eingesetzt, wie das Handyparken und die funkbasierte Kontrolle jedes einzelnen Parkautomaten in Echtzeit. Welche Ergebnisse des Projektes am Ende für die Stadt Berlin genutzt werden können ist fraglich. Da das Parken in der Verantwortung der Bezirke liegt, fehlt bisher eine zentrale Koordination. Prof. Dr. Kulke vom Geographischen Institut der Humboldt-Universität erläutert dazu: „Eine zentrale Koordinierung auf Senatsebene könnte auch in Berlin Parkraummanagement effektiver gestalten. Über eine veränderte Verantwortung in diesem Bereich wird aber zurzeit nicht nachgedacht“. Weitere Informationen finden Sie auf den Internetseiten www.city-parking-in-europe.net; www.interreg3c.net Hintergrundinformationen: Projektzusammenfassung: Ziel des Projektes ist die Erarbeitung von speziellen Handlungsempfehlungen für die Partnerstädte sowie von allgemeinen Leitlinien zum innerstädtischen Parken, die auf der Abschlusskonferenz im September 2007 präsentiert werden sollen. Die Erarbeitung der Handlungsempfehlungen und Leitlinien erfolgt zum einen durch die Identifikation von Good Practice zwischen den Partnerstädten, zum anderen durch die Einbeziehung innovativer Ansätze aus Forschung und Wissenschaft bzw. Pilotprojekte anderer Städte. Im Laufe diesen Jahres wird eine Datenbank mit Good Practice Beispielen erstellt werden. Die Projektpartner haben acht verschiedene Arbeitsthemen identifiziert, die näher untersucht werden sollen, dies sind: Rahmengesetzgebung; Richtlinien / Planung; Finanzierung; Öffentlichkeitsarbeit / Kommunikation; Parkraumraummanagement / Strategien; Nutzerverhalten / „Mental change“; neue Technologien/ Telematik; Architektur / Konstruktion. Die verschiedenen Partnerstädte sollen dabei ihr Wissen und ihre Erfahrungen miteinander teilen, Lösungswege aufzeigen und Pilotprojekte initiieren, die auf eine nachhaltige Mobilitätsstrategie abzielen. Zu diesem Zweck werden in jeder Region zwei Workshops und eine Partnerkonferenz durchgeführt. Die Ergebnisse werden im Internet veröffentlicht. Als Langzeiteffekt sollen in den beteiligten Kommunen effektive und nachhaltige Parkraumstrategien auf den Weg gebracht werden, welche die Stadtzentren aufwerten und die Umweltbelastung reduziert.. Projektname: City Parking in Europe EU-Förderprojekt Interreg IIIC Gesamtbudget: EU-Förderung: 1.305.000 EUR 900.000 EUR Partner: Stadt Bologna, Italien Stadt Athen, Griechenland Stadt Smolyan, Bulgarien Stadt Santa Cruz de Tenerife, Spanien Städtische Autonome Gesellschaft für Parken Antwerpen, Belgien Universität Gent, Belgien Stadt Bari, Italien Universus-CSEI, Bari, Italien Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland Dauer des Projektes: April 2005 – Oktober 2007 INTERREG IIIC ist eine Initiative der EU, die über den Europäischen Strukturfonds für regionale Entwicklung gefördert wird und eine Kofinanzierung durch die Projektpartner erfordert (www.europa.eu.int, www.interreg3c.net).