Mezzanine Finance - Hans-Böckler

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Mitbestimmungsförderung
Information | Januar 2013
Inhalt
Alexander Sekanina, Wirtschaftsreferent
Einleitung ............................. 2
Mischformen der Unternehmensfinanzierung: Mezzanine Finance
Übersicht wichtiger
mezzaniner
Finanzierungsquellen ........... 4
Auf einen Blick …
 Mezzanine Finanzierungsformen sind Mischformen aus Eigenund Fremdkapital und vereinigen grundsätzlich Eigenschaften
beider Finanzierungsarten.
 Auf Grund einer Vielzahl möglicher Vertragsarten und
vertraglicher Stellschrauben sind die Gestaltungsspielräume für
Unternehmen bei der mezzaninen Finanzierung besonders groß.
1 | Einleitung
Die Einordnung mezzaniner Finanzierungsinstrumente im Rating-Verfahren ist
scharf von der Darstellung in der Bilanz
zu trennen: HGB und IFRS geben nur
eine Unterscheidung zwischen Fremdund Eigenkapital vor, so dass jedes Instrumente einer dieser beiden Kategorien
zugeordnet werden muss. Diese Zuordnung muss sich jedoch keinesfalls mit der
Einschätzung einer Bank bzw. RatingAgentur decken.
Neben der typischen Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung existieren
noch zahlreiche Mischformen, die Eigenschaften beider Finanzierungsarten mit einander kombinieren und sich weder der einen noch der anderen Form eindeutig zuordnen lassen. Diese Finanzierungsmöglichkeiten werden unter dem Begriff „Mezzanine“ bzw. „mezzanine Finanzierung“ zusammengefasst.
Die Nutzung mezzaniner Finanzierungsinstrumente kann für Unternehmen aus mehreren Gründen von Vorteil sein: Häufig kann oder will
das Unternehmen kein weiteres Fremdkapital aufnehmen, z. B. weil
zusätzliche Verschuldung zu einer Verschlechterung des Ratings führen
und die Zinsbelastung nach oben treiben würde. Will die Unternehmensführung außerdem vermeiden, dass Eigenkapital aufgenommen
wird – z. B. wegen der umfassenden Mitspracherechte der Investoren –
stellt mezzanines Kapital eine mögliche Alternative dar.
Mit mezzaninem Kapital versucht das Unternehmen, die jeweiligen
Vorteile von Eigen- und Fremdkapital miteinander zu kombinieren bzw.
deren Nachteile zu vermeiden. Einerseits ähnelt die Haftung der Investoren häufig der Haftung eines Eigenkapitalgebers: Sie werden nachrangig gegenüber den Fremdkapitalgläubigern, z. B. Banken, behandelt.
Das bedeutet, dass sie ihre Gelder im Insolvenzfall nur zurück erhalten,
sofern nach Abfindung aller Gläubiger noch Vermögen übrig geblieben
ist (Vgl.: Hügelow [2006], S. 62). Andererseits erhalten sie dafür jedoch
keine Mitentscheidungsrechte im Unternehmen, sondern werden mit
vergleichsweise höheren Zinsen oder vergleichbaren finanziellen Vorteilen entschädigt. Zugleich erkennt der Fiskus einige mezzanine Finanzierungsformen steuerrechtlich als Fremdkapital an, so dass die Zinsen
die Steuerlast des Unternehmens mindern (Vgl.:
Eilers/Rödding/Schmalenbach [2008], S. 43 ff.).
Aus Sicht der Ratingagenturen und Banken spielt v. a. der Haftungsaspekt eine wichtige Rolle für die Einordnung als Eigen- oder Fremdkapital. Im Rahmen der Ratingverfahren weisen die Agenturen und Institute
dem jeweiligen Finanzierungsinstrument einen sogenannten „EquityContent“ an Hand seiner genauen Ausgestaltung zu. Diesen kann man
als „Eigenkapital-Ähnlichkeit“ verstehen, der zwischen null und hundert Prozent liegen kann. Ein Equity-Content von null Prozent entspräche einem gewöhnlichen Kredit, sprich Fremdkapital, während hundert
Prozent mit reinem Eigenkapital gleichzusetzen wäre. Es sollte allerdings beachtet werden, dass die Bewertung des Equity-Content einer
bestimmten Finanzierung von Agentur zu Agentur bzw. Bank zu Bank
stark variieren kann. Für ein hohes Rating und somit günstige Kreditbedingungen sollte das Unternehmen möglichst eine Anerkennung der
mezzaninen Finanzierung als Eigenkapital anstreben.
Neben der Unsicherheit über die Ratingbewertung sind noch eine Reihe
weiterer ökonomischer Nachteile mezzaniner Finanzierung zu beachten.
Neben den vergleichsweise hohen Zins- bzw. Kapitalkosten erfordern
die Instrumente insbesondere bei Aufnahme großer Kapitalbeträge eine
kostenintensive Betreuung und Verwaltung, z. B. für eine Due-
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Due Diligence bezeichnet allgemein die
sorgfältige Prüfung eines möglichen
Investments durch den Investor. Stärken
und Schwächen des Objekts werden
gegen einander abgewogen, um mögliche
Chancen und Risiken zu ermitteln. Sie
erfordert im Idealfall die enge Kooperation zwischen Investor und dem bisherigem Inhaber des Investments (hier also
dem Unternehmen, das sich finanzieren
möchte).
Diligence-Prüfung im Vorfeld , Berichterstattungspflichten oder die
Einhaltung von Financial Covenants (Finanzkennzahlen) während der
Finanzierung. Zudem wird das Kapital ähnlich wie beim Fremdkapital i.
d. R. zeitlich begrenzt überlassen. Letztlich muss ein abschließendes
Urteil je nach Lage des Unternehmens und für jedes Finanzierungsinstrument individuell gefällt werden. Daher sollen abschließend einige
wichtige Charakteristika der gebräuchlichsten mezzaninen Instrumente
beschrieben werden.
Abbildung 1: : Übersicht gebräuchlicher mezzaniner Finanzierungsinstrumente
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2 | Übersicht wichtiger mezzaniner Finanzierungsquellen
2.1 Nachrangdarlehen
Nachrangdarlehen entsprechen in ihrer Ausgestaltung weitestgehend
einem normalen Bankkredit. Allerdings treten die Ansprüche der Investoren im Insolvenzfall hinter denen der Fremdkapitalgläubiger, z. B.
Banken, zurück. Aus Sicht dieser Gläubiger wird das Nachrangdarlehen
zur Haftungsmasse des Unternehmens, da die Gelder im Insolvenzfall
zur Befriedigung ihrer Rückzahlungsansprüche verwendet werden können.
Entschädigt werden die Investoren für die Nachrangigkeit ihres Darlehens in der Regel durch einer höhere Verzinsung als für einen erstrangigen Kredit. Sicherheiten für Nachrangdarlehen muss das Unternehmen nur selten stellen, während die Verpflichtung des Darlehensnehmers auf Einhaltung von Financial Covenants durchaus üblich ist.
Häufig genutzt werden Nachrangdarlehen v. a. im Rahmen von Konsortialkrediten zur Finanzierung von Unternehmensübernahmen (z. B. in
fremdfinanzierten Unternehmensübernahmen - so genannten Leveraged-Buy-Outs). Hierbei treten die Kreditgeber jedoch nur gegenüber
den Ansprüchen der anderen beteiligten Banken innerhalb des Konsortiums zurück, nicht jedoch gegenüber anderen Gläubigern des Unternehmens (Eilers/Rödding/Schmalenbach [2008], S. 489).
2.2 Partiarische Darlehen und stille Gesellschaften
Partiarische Darlehen weisen im Gegensatz zu gewöhnlichen Darlehen
grundsätzlich eine erfolgsabhängige Verzinsung auf, die z. B. vom Gewinn oder Umsatz des Unternehmens abhängen kann. Sie werden i. d.
R. nicht besichert und sind mit sehr eingeschränkten Kontrollrechten
gegenüber den Kapitalnehmern verbunden (maximal Einsichtsrecht in
den Jahresabschluss). Die Verpflichtung auf Einhaltung von Financial
Covenants ist daher nicht üblich (Eilers/Rödding/Schmalenbach [2008],
S. 57). Auch partiarische Darlehen können u. U. nachrangig gegenüber
anderen Gläubigern sein.
Die typische stille Gesellschaft ist in wesentlichen Punkten mit einem
partiarischen Darlehen vergleichbar. Auch hier wird eine erfolgsabhängige Vergütung vereinbart und die Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten im Unternehmen sind gering. Formal ist der Investor im Gegensatz
zum partiarischen Darlehen zwar Gesellschafter des Unternehmens, tritt
nach außen aber nicht als solcher auf. Insbesondere steht ihm kein
Stimmrecht in der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung zu. Im
Unterschied zum partiarischen Darlehen muss eine stille Gesellschaft
zeitlich nicht begrenzt sein. Zudem kann neben der gewinnabhängigen
Vergütung auch eine Verlustbeteiligung des Investors vereinbart werden.
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Im Gegensatz zum typischen stillen Gesellschafter ist der atypische
stille Gesellschafter neben dem Gewinn- und Verlust des Unternehmens
auch an den stillen Reserven in dessen Vermögen beteiligt.1 Im Fall der
Auflösung (Liquidation) des Unternehmens, würde er in ähnlicher Weise am Verkaufserlös beteiligt wie die Eigentümer, sprich Gesellschafter.
Außerdem besitzt er innerhalb des Unternehmens i. d. R. umfassendere
Mitspracherechte als ein typischer stiller Gesellschafter.
Steuerlich haben Nachrangdarlehen, partiarische Darlehen und typische
stille Gesellschaften aus Sicht des Unternehmens den Vorteil, dass die
Kapitalkosten (Zinsen bzw. sonstige Vergütungen) in vielen Fällen
steuerlich als Betriebsausgaben absetzbar sind. Da atypische stille Beteiligungen i. d. R. eine große Ähnlichkeit mit Eigenkapital aufweisen
und somit Besitzanteile am Unternehmen darstellen, ist die steuerliche
Absetzbarkeit hier häufig nicht gegeben.
2.3 Genussrechte und Genussscheine
Genussrechte haben in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung für
die Mittelstandsfinanzierung gewonnen (Eilers/Rödding/Schmalenbach
[2008], S. 498). Ihr Vorteil liegt in der flexiblen Ausgestaltung, die an
die jeweiligen Bedürfnisse des Unternehmens angepasst werden kann.
Typische für Genussrechte sind v. a. fehlende Mitsprache- und Kontrollrechte der Investoren im Unternehmen (schuldrechtlicher Vertrag)
und die Gewährung von Vermögensrechten. Diese Rechte bestehen
typischerweise in einer Beteiligung am Unternehmensgewinn, meist
durch eine gewinnabhängige Verzinsung der zur Verfügung gestellten
Finanzmittel. Denkbar sind aber auch eine Beteiligung an einem möglichen Liquidationserlös aus dem Unternehmensvermögen, Wandlungsmöglichkeiten des Genussrechts in Aktien oder Ansprüche auf die Benutzung von Einrichtungen des Unternehmens.
In Form von sogenannten Genussscheinen können Genussrechte auch
eine Aufnahme von Finanzmitteln am Kapitalmarkt ermöglichen. Genussscheine sind Wertpapiere, die vergleichbar mit Aktien und Anleihen Vermögensrechte des Investors verbriefen. Da eine Emission am
Markt jedoch häufig mit hohen Verwaltungskosten verbunden ist, lohnt
sich dieser Finanzierungsweg erst ab einem Kapitalbedarf von ca. 50
Mio. Euro.
2.4 Wandel- und Optionsanleihen
Eine weitere Form mezzaniner Unternehmensfinanzierung über den
Kapitalmarkt besteht in der Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen.
Wandelanleihen sind Anleihen, welche der Investor zu einem bestimmten Termin und zu einem festgelegten Umtauschverhältnis in Aktien des
Unternehmens wandeln kann. Der Anleger erhält also die Chance, von
möglichen Kurssteigerungen der Unternehmensaktie zu profitieren,
ohne jedoch das volle Risiko des Kursverfalls tragen zu müssen. Bei
einem zu geringen Aktienkurs am Umtauschtag kann er auf eine Wand-
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Stille Reserven entstehen, wenn ein Unternehmen Vermögenswerte in der Bilanz mit
einem geringeren als dem tatsächlichen Wert (z. B. Marktwert) bzw. Schulden mit
einem höheren Wert ausweist.
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lung schlicht verzichten und erhält in diesem Fall bis zum Ende der
Laufzeit Zinsen und Tilgung wie bei einer normalen Unternehmensanleihe. Aus Sicht des Unternehmens können Wandelanleihen interessant
sein, da das Wandlungsrecht quasi als zusätzlicher Bonus für den Investor verstanden werden kann. Im Gegenzug wird der Anleger bereit sein,
die Anleihe auch mit einer niedrigeren Verzinsung zu erwerben, als er
bei einer Unternehmensanleihe ohne Wandlungsrecht erwarten würde.
Das Unternehmen kann also Zinskosten sparen. Im Falle einer guten
Kursentwicklung würde zudem die Rückzahlungsverpflichtung entfallen, da die Investoren die Anleihe in Aktien wandeln. Dafür „entstehen“
jedoch neue Aktionäre, die entsprechende Mitspracherechte in der
Hauptversammlung haben, aber auch das Eigenkapital und somit die
Kreditwürdigkeit des Unternehmens stärken.
Auch die Optionsanleihe kombiniert eine Unternehmensanleihe mit
dem Recht auf Aktienerwerb. Im Gegensatz zur Wandelanleihe geht
durch den Erwerb der Aktie jedoch nicht der Tilgungsanspruch der Anleihe unter. Die Anleihe wird in Verbindung mit einem Optionsschein
ausgegeben, wobei beide Teile vertraglich getrennt sind: Die Anleihe
wird wie jede Schuldverschreibung verzinst und zum Ende der Laufzeit
getilgt. Der Optionsschein räumt dem Investor jedoch zusätzlich noch
das Recht (nicht die Pflicht) ein, Aktien des Unternehmens an einem
bestimmten Termin und zu einem bestimmten Preis zu kaufen. Die
Ausgabe-Motive des Unternehmens sind hier mit denen der Wandelanleihe vergleichbar. Durch den „Bonus“ des Optionsscheins kann die
Anleihe zu einem günstigeren Zins ausgegeben werden. Bei günstigem
Aktienkursverlauf entstehen durch Wahrnehmung des Kaufrechts neue
Aktionäre und somit neues Eigenkapital. Steuerlich sind Wandel- und
Optionsanleihen aus Unternehmenssicht zudem vorteilhaft, da die Zinszahlungen als Betriebsausgaben absetzbar sind und somit die Unternehmenssteuerbelastung verringern.
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Literaturübersicht
Hügelow, A. (2006): Finanzinstrumente: Möglichkeiten der Außenfinanzierung von Unternehmen – Kompendium von Asset Backed
Securities bis Zinsdarlehen, 1. Auflage (Download unter:
http://www2.igmetall.de/homepages/db_bb/file_uploads/broschrefinanzinstrumente.pdf).
Eilers, S./Rödding, A./Schmalenbach, D. (2008): Unternehmensfinanzierung – Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Rechnungslegung, 1.
Auflage.
Autor
Alexander Sekanina
Wirtschaftsreferent der Hans-BöcklerStiftung
Ansprechpartner
Alexander Sekanina
Hans-Böckler-Stiftung
Abteilung Mitbestimmungsförderung
Referatsleiter Wirtschaft IV
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Tel.: 0211 / 77 78 168
Fax: 0211 / 77 78 4168
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