Gesundheit Institut für Hebammen

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Gesundheit
Institut für Hebammen
Sterben am Lebensanfang
Marlen Amsler, dipl. Hebamme, MScN
Zürcher Fachhochschule
http://familienzentrum-purpur.ch/?page/angebote/betreuung-nach-kindsverlust
Eckdaten Projekt
Titel:
Sterben am Lebensanfang
Projektleitung: Valerie Fleming
Projektteam:
Jessica Pehlke-Milde, Claudia König, Franziska
Parpan, Marlen Amsler
Projektdauer: 09/2012 bis 08/2014
Partner:
Fachstelle Fehlgeburt und perinataler Kindstod
FpK, Bern
Finanzierung: Schweizerischer Nationalfonds, Nationales
Forschungsprogramm NFP 67 «Lebensende»
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Hintergrund (1)
• Unausweichlicher Verlust:
• Unerwartete letale fetale Diagnosestellung
• Konfrontation mit dem Sterben des gewünschten Kindes
• Konfrontation mit der Entscheidung, die Schwangerschaft vorzeitig zu
beenden oder fortzuführen
 «Chosen loss» oder «lost choices»
• Gesundheitliche Folgen bei den betroffenen Eltern:
• Schwangerschaftsbeendigung: Trauerreaktionen, psychische und
psychiatrische Erkrankungen
• Fortführung der Schwangerschaft: wenig bis nicht erforscht
(Kersting et al., 2005; Korenromp et al., 2005; Sandelowski & Barroso, 2005; Wool, 2011)
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Hintergrund (2)
• Auswirkungen auf die involvierten Fachpersonen:
• Psychische Belastung aufgrund von:
• Fehlender bzw. ungenügender professioneller Unterstützung
• Schwieriger emotionaler Abgrenzung
• Aktuelle Zahlen aus der Schweiz (2011):
• Perinatale Sterblichkeit: 6.8 je 1’000 Lebend- und Totgeburten
• Anzahl Todesfälle im Säuglingsalter: 305
• Perinatale Ursachen: 162
• Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und
Chromosomenanomalien: 104
(Bundesamt für Statistik, 2014a, 2014b; Roehrs, Masterson, Alles, Witt, & Rutt, 2008; Wallbank & Robertson,
2008)
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Hintergrund (3)
• Aktuelle Zahlen aus der Schweiz (2011):
• Anzahl Schwangerschaftsabbrüche gesamt: 11’100
• Nach der 12. Schwangerschaftswoche: 539
8'000
Anzahl Schwangerschaftsabbrüche
7'000
6'000
5'000
4'000
3'000
2'000
1'000
365
133
41
17-22 Wochen
≥ 23 Wochen
0
≤ 8 Wochen
9-10 Wochen
11-12 Wochen
13-16 Wochen
(Eigene Darstellung nach Bundesamt für Statistik, 2014c)
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Rationale der Studie
• Unklarheit bezüglich Bedürfnissen von betroffenen Eltern in der
Schweiz
• Unklarheit bezüglich aktuellem Versorgungsangebot
(Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Palliativpflege des
Kindes etc.) in der Schweiz:
• In manchen Organisationen wurde eine Tendenz zur
Schwangerschaftsbeendigung beobachtet.
(Jaquier, Klien, & Boltshauser, 2006)
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Ziele der Studie
1. Erfassung des Umgangs mit dem Tod des Kindes aus der
Perspektive betroffener Eltern und involvierter Fachpersonen in
der Schweiz
2. Aufzeigen von möglichen interprofessionellen
Versorgungskonzepten, die
• eine umfassende Beratung rund um das Thema pränatale Diagnostik
gewährleisten.
• die betroffenen Eltern befähigen, eine für sie richtige Entscheidung zu
treffen.
• den betroffenen Eltern eine bedürfnisorientierte Begleitung auf ihrem
selbst gewählten Weg sicherstellen.
• die involvierten Fachpersonen ermächtigen, die Betroffenen empathisch
zu begleiten und ihnen dafür fachliche Unterstützung zur Seite stellen.
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Methodische Umsetzung
1. Teilnehmende (Sample)
2. Datenerhebung
3. Datenanalyse
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Teilnehmende (Sample)
Rekrutierung:
• Zeitraum:
• Oktober 2012 bis März 2014
• Zugang:
• ‘Gatekeeper’:
• Fachstelle Fehlgeburt und perinataler Kindstod FpK, Bern
• Universitätsspitäler in der deutschsprachigen Schweiz
• Schneeballprinzip:
• Bereits interviewte Personen geben Kontaktdaten von möglichen
weiteren Teilnehmenden an das Forschungsteam weiter.
• Mögliche Teilnehmende nehmen direkt Kontakt auf mit dem
Forschungsteam.
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Aktuelles Interviewsample
Interviews mit 61 Teilnehmenden
32 betroffene
Väter und Mütter
7 Elternpaare
17 Mütter
1 Vater
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29 involvierte Fachpersonen
5 Ärztinnen und
Ärzte aus den
- 1 Pflegeexpertin - 1 HebammenBereichen
- 2 Pflegefachexpertin
Gynäkologie
frauen
- 3 frei praktizierende Hebammen /Neonatologie
1 Sozialarbeiterin - 10 im Spital
tätige Hebammen 2 Seel- 1 Berufsbildnerin sorgerinnen
3 Pflegende
2 Psychologinnen
/Psychotherapeutinnen
15 Hebammen
1 Bestatter
10
Datenerhebung
• Qualitative Interviews:
• Betroffene Eltern: problemzentrierte Interviews
• Involvierte Fachpersonen: Experteninterviews
• Eröffnungsfrage bei Interviews mit betroffenen Eltern:
Sie wurden während der Schwangerschaft mit der Diagnose konfrontiert,
dass Ihr ungeborenes Kind nicht lebensfähig sein wird. Können Sie mir
erzählen, wie Sie diese Situation erlebt haben?
• Eröffnungsfrage bei Interviews mit involvierten Fachpersonen:
Aufgrund Ihrer beruflichen Tätigkeit kommen Sie mit Paaren oder Frauen in
Kontakt, die während der Schwangerschaft mit der Diagnose konfrontiert
wurden, dass Ihr Kind nicht lebensfähig sein wird. Können Sie mir anhand
einer konkreten Situation erzählen, wie eine Betreuung oder eine Begleitung
von solch einem Paar aussieht?
(Bogner, Littig & Menz, 2005; Witzel, 2000)
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Datenanalyse
1. Wortwörtliche Transkription:
• Die Transkription der Interviews wurde vom Forschungsteam und einer
externen professionellen Person durchgeführt.
2. Lesen der Transkripte:
• Die Transkripte wurden durch mehrere Forschende unabhängig
voneinander gelesen bzw. gegengelesen.
3. Qualitative Inhaltsanalyse:
• Abgleichen der Analyse der einzelnen Interviews
• Erkennen von Mustern
 Aktueller Stand: Bildung von Kategorien
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Vorläufige Resultate (1):
Betroffene Väter und Mütter
Schock:
Und äh, nachher, ja, hat der diesen Ultraschall gemacht und
eigentlich extrem schnell gerade festgestellt, dass dieses Herz nur
halb ausgebildet ist. […] und das ist, das ist wirklich einfach
einfach Schock Schock gewesen […].
(Eltern, Zeilen 51-55)
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Vorläufige Resultate (2):
Betroffene Väter und Mütter
Unterstützung durch die Familie:
[…] Dann meine Mutter, die arbeitet viel, sie hat keine wirklich
keine Zeit gehabt und sie hat […] selbst so gelitten, […] irgendwie
waren alle hatten etwas zu tun, oder. Und meine Freunde wussten
irgendwie nicht wie reagieren, das ist ja der Klassiker und alle äh
schreiben dir ein Kärtchen melde dich, wenn du etwas brauchst,
und du denkst äh ja aso ich mag nicht einmal mehr telefonieren
aber merci für den Hinweis.
(Mutter, Zeilen 453-465)
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Vorläufige Resultate (1):
Involvierte Fachpersonen
Strategien der Beratung:
[…] aber es geht nie um Abbruch. Es geht immer um das Kind.
Um ein Kind, das ein Problem hat, oder. Ob es jetzt im Bauch drin
ist oder draussen ist, oder. Ist es weil alle anderen
Entscheidungen […] die sind äh, sehr persönlich, oder. Und die
sind von vielen anderen Sachen gesteuert. Welche ich im Moment
nicht erfassen kann. Religion, Moral, Ethik, Haltung,
Vorgeschichte, Partnerbeziehung. Das sind alles so Sachen, die
man nicht erfassen kann in dieser kurzen Zeit. Darum beschränke
ich mich auf die kindliche Situation oder.
(Gynäkologe, Zeilen 159-166)
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Vorläufige Resultate (2):
Involvierte Fachpersonen
Begleitung:
[…] Wir haben ähm, von Anfang an, als wir gemerkt haben […]
sind schwere Missbildungen da. Haben wir eine Hebamme
eingeschaltet. Die das Paar begleitet hat. […] Und sie hat das
Paar zu Hause begleitet. Während der Abklärung und dann ähm,
war gleichzeitig, war sie im Dienst […] als sie zur Geburt
gekommen ist. Also das ist und dann das Wochenbett betreut. Das
Ideal eigentlich oder.
(Gynäkologin, Zeilen 31-37)
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Fazit
• Erster Eindruck nach der Durchsicht der Transkripte:
• Sehr gehaltvolles Material
→ Einen herzlichen Dank an alle Teilnehmenden.
→ Stützt den Forschungsbedarf
• Aktueller Stand der Analyse:
• Entsprechung mit der Literatur
• Aufkommen von neuen Themen: Familie, soziales Umfeld
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Literaturverzeichnis (1)
Bogner, A., Littig, B., & Menz, W. (Eds.) (2005). Das Experteninterview. Theorie. Methode, Anwendung (2. ed.).
Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Bundesamt für Statistik. (2014a). Perinatale und Säuglingssterblichkeitsrate seit 1969. Bern: Bundesamt für
Statistik.
Bundesamt für Statistik. (2014b). Anzahl Todesfälle nach Todesursachen bei Säuglingen in der Schweiz, 19952011. Bern: Bundesamt für Statistik.
Bundesamt für Statistik. (2014c). Anzahl Schwangerschaftsabbrüche nach Schwangerschaftswoche, nach
Wohnsitz. Bern: Bundesamt für Statistik.
Jaquier, M., Klien, A., & Boltshauser, E. (2006). Spontaneous pregnancy outcome after prenatal diagnosis of
anencephaly. BJOG: An International Journal of Obstetrics and Gynaecology, 113, 951-953.
Kersting, A., Dorsch, M., Kreulich, C., Reutemann, M., Ohrmann, P., Baez, E., & Arolt, V. (2005). Trauma and grief
2-7 years after termination of pregnancy because of fetal anomalies – a pilot study. Journal of
Psychosomatic Obstetrics & Gynecology, 26(1), 9-14.
Korenromp, M. J. et al. (2005). Psychological consequences of termination of pregnancy for fetal anomaly:
similarities and differences between partners. Prenatal Diagnosis, 25, 1226-1233.
Roehrs, C., Masterson, A., Alles, R., Witt, C., & Rutt, P. (2008). Caring for families coping with perinatal loss.
JOGNN – Journal of Obstetric, Gynecologic, & Neonatal Nursing, 37(6), 631-639.
Sandelowski, M., & Barroso, J. (2005). The travesty of choosing after positive prenatal diagnosis. JOGNN –
Journal of Obstetric, Gynecologic, & Neonatal Nursing, 34(3), 307-318.
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Literaturverzeichnis (2)
Wallbank, S., & Robertson, N. (2008). Midwife and nurse responses to miscarriage, stillbirth and neonatal death: a
critical review of qualitative research. Evidence Based Midwifery, 6(3), 100-106.
Witzel, A. (2000). Das problemzentrierte Interview. Forum: Qualitative Sozialforschung, 1(1), Art. 22.
Wool, C. (2011). Systematic review of the literature: parental outcomes after diagnosis of fetal anomaly. Advances
in Neonatal Care, 11(3), 182-192.
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Kontakt:
Marlen Amsler
Departement Gesundheit
Institut für Hebammen
Technikumstrasse 71
8401 Winterthur
[email protected]
+41 568 934 65 99
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