Thorax Perikard und Herz: Koronararterien und Herzvenen Aorta (durchtrennt) Sinusknotenarterie A. coronaria sinistra R. nodi sinuatrialis der rechten Koronararterie R. circumflexus der linken Koronararterie A. coronaria dextra V. cardiaca magna Vv. cardiacae anteriores R. interventricularis anterior der linken Koronararterie V. cardiaca parva R. marginalis dexter der rechten Koronararterie Rr. interventriculares septales Sternokostale Ansicht Sinusknotenarterie Nodus sinuatrialis V. obliqua atrii sinistri (Marshall) V. cardiaca magna R. circumflexus der linken Koronararterie R. marginalis sinister V. cardiaca parva Sinus coronarius A. coronaria dextra R. interventricularis posterior V. cardiaca media R. marginalis dexter R. interventricularis Diaphragmale Ansicht Gefäß Verlauf A. coronaria dextra gibt größere Äste ab: Sinusknotenarterie, R. marginalis dexter, R. interventricularis posterior (R. descendens posterior dexter), R. nodi atrioventricularis A. coronaria sinistra gibt größere Äste ab: R. circumflexus, R. interventricularis anterior (R. descendens anterior sinister), R. marginalis sinister V. coronaria sinistra (V. cardiaca magna) verläuft parallel zum R. interventricularis anterior und mündet in den Sinus coronarius V. interventricularis posterior (V. cardiaca media) verläuft parallel zum R. interventricularis posterior und mündet in den Sinus coronarius V. cardiaca parva verläuft parallel zum R. marginalis dexter und mündet in den Sinus coronarius Vv. ventriculi dextri anteriores mehrere kleine Venen, die direkt in den rechten Vorhof münden Vv. cardiacae minimae ziehen durch die Herzwand und münden direkt in alle vier Herzkammern 343 Hansen, Lambert, Netter’s Klinische Anatomie (ISBN 3131430915), © 2006 Georg Thieme Verlag Thorax Klinischer Zusammenhang Angiogenese Anatomie auf S. 343 Angiogenese geschieht durch Ausknospen neuer Blutgefäße. Hypoxie und Entzündung sind die beiden wichtigsten Stimuli für die Bildung neuer Gefäße. Obstruierte Koronararterie Angiogenese (Kapillarbildung) Ischämisches Myokard (gefärbter Bereich) Myokardzellen VEGF Eine herabgesetzte Sauerstoffspannung im Gewebe führt zur Freisetzung von hypoxie-induzierbarem Faktor 1 (HIF-1). VEGF Fibroblasten und extrazelluläre Matrix HIF-1 HIF-1 bindet an die DNA-Sequenz des für die Expression des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors (VEGF) verantwortlichen Gens, das die Mitose von Endothelzellen induziert, die wiederum Prozesse in Gang setzt, welche die extrazelluläre Matrix abbauen und Raum schaffen für das Aussprossen von Gefäßen. Sprossende Kapillare Fortgesetzte Myokardischämie führt zu einer Entzündungsreaktion. Makrophagen (transformierte Monozyten) produzieren Zytokine wie den basalen Fibroblasten-Wachstumsfaktor (bFGF), VEGF und den transformierenden Wachstumsfaktor β (TGF-β). Rekrutierte Perizyten tragen zur Stabilisierung der dreidimensionalen Struktur des neuen Gefäßes bei. Perizyten Neu gebildete Blutgefäße verbinden sich untereinander, bilden Schleifen und erweitern das Kapillarnetz. Wiederhergestellte extrazelluläre Matrix Die Revaskularisierung nach einer Ischämie, einer Bypass-Operation oder einer perkutanen Koronarintervention ist essenziell für das Wachstum neuer Gefäße (Angiogenese) und für die Entstehung neuer Anastomosen zwischen Gefäßen. Die Abbildung zeigt den Mechanismus der Angiogenese. 344 Hansen, Lambert, Netter’s Klinische Anatomie (ISBN 3131430915), © 2006 Georg Thieme Verlag Thorax Klinischer Zusammenhang Akute Koronarsyndrome Anatomie auf S. 343 Bildung von Fettsträngen Freies (extrazelluläres) Cholesterin Fortschreiten über Monate/Jahre Der Patient verspürt u. U. eine abrupte Veränderung des Musters und Schweregrades der Symptome, die oft auch in Ruhe bestehen. LDL Fibröse Kappe LDL Schaumzelle (intrazelluläres Cholesterin) Akuter Beginn (Stunden/Tage) Die häufigste Ursache eines akuten Koronarsyndroms ist die langsame Entwicklung einer atherosklerotischen Plaque in der Koronararterie, die sich in akuter Form durch Thrombusbildung auf vorbestehender Plaque zeigt. LDL Kern Plaquebildung Thrombusplaque Biochemische Marker eines Myokardschadens Akute Thrombusbildung auf fissurierter Plaque Ischämie EKG-Zeichen einer Myokardischämie Kreatinkinase (CK) und Kreatinkinase-MBIsoenzym (CK-MB), Troponine I ST-Senkung T I T T-Inversion Periphere Embolisierung eines Thrombus Verletzung Infarkt Geschädigte Myozyten setzen CK und CK-MB sowie als kontraktile Proteine die Troponine T und I frei. Akute Koronarsyndrome umfassen Zeichen und Symptome einer Reihe von Erkrankungen, wie der transienten Ischämie, der rezidivierenden oder in- stabilen Angina, des Nicht-Q-Wellen-Myokardinfarktes oder des transmuralen Infarkts bzw. Q-Wellen-Infarkts. Zu den EKG-Befunden gehören Veränderungen der ST-Strecke und der T-Welle. 345 Hansen, Lambert, Netter’s Klinische Anatomie (ISBN 3131430915), © 2006 Georg Thieme Verlag Thorax Klinischer Zusammenhang Kardiovaskuläre Erkrankung beim älteren Menschen und bei der Frau Anatomie auf S. 343 Kardiovaskuläre Erkrankung beim älteren Menschen Klinische Zeichen Dyspnoe Zeichen einer Herzinsuffizienz Apoplex Koronarerkrankung Das klinische Bild einer Koronarerkrankung beim älteren Menschen ist oft atypisch, mit Dyspnoe oder Herzinsuffizienz als Erstsymptom, und kann die Diagnose verzögern. Aggressive Behandlung einer systolischen oder diastolischen Hypertonie Signifikante Abnahme der Mortalität und Morbidität Primär- und durch kardiovaskuläre SekundärEreignisse prävention durch LDL-Reduktion Erhöhte Inzidenz von Begleiterkrankungen trägt zur Mehrfachmedikation bei, und es besteht ein hohes Risiko unerwünschter Arzneimittelwirkungen. Das absolute Risiko eines kardiovaskulären Ereignisses (meist Apoplex und Koronarerkrankung mit Myokardinfarkt) steigt mit zunehmendem Alter der Bevölkerung und ist am höchsten bei älteren Menschen über 65 Jahre. Etwa 85 % aller kardiovaskulär bedingten Todesfälle treten nach dem 65. Lebensjahr ein. Risikofaktoren Kardiovaskuläre Erkrankung bei der Frau Insulin Rückenschmerzen sind ein häufiges „Angina-Äquivalent“ bei der Frau. Diabetes ist bei der Frau ein stärkerer Risikofaktor als beim Mann und geht mit einem 3–7 Mal höheren Risiko einer koronaren Herzkrankheit (KHK) einher. Eine Hormonsubstitution zur Kardioprotektion ist bei Frauen in der Postmenopause kontraindiziert. Klinisches Bild Bei Frauen können sich Symptome einer KHK in Form von „Sodbrennen“ zeigen. X Rauchen ist bei Frauen mittleren Alters ein stärkerer Risikofaktor für einen Myokardinfarkt als beim Mann. Behandlungsziele Herz- und Gefäßleiden sind sowohl beim Mann als auch bei der Frau die führende Todesursache. An einem Herz- und Gefäßleiden sterben mehr Frauen als an einem Mammakarzinom. Behandlung einer Dyslipidämie ( LDL, HDL, Triglyzeride) ermöglicht eine Senkung der Gefahr kardiovaskulärer Ereignisse. Mit zunehmender Alterung der Bevölkerung werden Herz-Kreislauf-Erkrankungen unter älteren Menschen und bei Frauen zu einem bedeutenden Gesundheitsproblem, vor allem angesichts des spürbaren An- Häufige Beschwerden sind Erschöpfung und Dyspnoe bei verminderter Belastungstoleranz. Von Frauen angegebene Symptome einer KHK unterscheiden sich oft von denen beim Mann. Diese vagen oder diffusen Symptome können zu einer verzögerten oder verfehlten Diagnose beitragen. stiegs von Diabetes und Adipositas. Die Inzidenz hat bei älteren Männern abgenommen, ist jedoch bei Frauen unverändert geblieben. Die Abbildung zeigt einige häufigere Manifestationen kardiovaskulärer Erkrankungen. 346 Hansen, Lambert, Netter’s Klinische Anatomie (ISBN 3131430915), © 2006 Georg Thieme Verlag Thorax Klinischer Zusammenhang Angina pectoris Anatomie auf S. 339, 343 Schmerzen einer Myokardischämie Ausstrahlung meist in die linke Schulter und/oder die Ulnarseite des linken Arms und der linken Hand Hauptsächlich retrosternal und intensiv Ausstrahlung auch möglich in Hals, Kiefer, Zähne, Rücken, Abdomen oder den rechten Arm Häufige Beschreibungen des Schmerzes schraubstockartig einschnürend erdrückend Furcht Schwitzen Weitere Manifestationen einer Myokardischämie Kurzatmigkeit Übelkeit/Erbrechen Schwäche, Kollaps, Koma Angina pectoris ist die durch eine Myokardischämie hervorgerufene Empfindung und wird im Allgemeinen beschrieben als Druck, Unbehagen und Erstickungsgefühl im linken Thorax oder in der Substernalregion. Dieses Gefühl strahlt aus in die linke Schulter und den Arm sowie in Nacken, Kiefer, Zähne, Abdomen und Rücken. Der Schmerz kann auch in den rechten Arm ausstrahlen. Dieses Aus- strahlungsmuster ist ein Beispiel für fortgeleiteten Schmerz, bei dem viszerale Afferenzen aus dem Herzen zusammen mit somatischen Afferenzen in das obere Thorakalmark eintreten und im Hinterhorn des Rückenmarks zusammenfließen. Die Interpretation des viszeralen Schmerzes kann anfänglich mit somatischen Empfindungen aus derselben Höhe im Rückenmark verwechselt werden. 347 Hansen, Lambert, Netter’s Klinische Anatomie (ISBN 3131430915), © 2006 Georg Thieme Verlag Thorax Klinischer Zusammenhang Myokardinfarkt Anatomie auf S. 343 Vorderwandinfarkt Anterolateraler Infarkt Okklusion des linken R. circumflexus, Okklusion des proximalen linken R. descendens anterior des R. marginalis des linken R. descendens oder des diagonalen Astes des linken R. descendens anterior Infarkt Infarkt Diaphragmaler oder basaler Infarkt Echter Hinterwandinfarkt Okklusion der A. coronaria dextra Okklusion des R. descendens posterior dexter oder der distalen rechten Koronararterien Okklusion des distalen R. circumflexus Infarkt Infarkt Der Myokardinfarkt betrifft jährlich mehr als 1 Mio. Amerikaner, und von den Betroffenen eines Jahres sterben jeweils ca. 40 %. Die Koronaratherosklerose und -thrombose als Hauptursachen eines Myokardinfarkts fördern die lokale Ischämie und Nekrose eines umschriebenen Myokardareals. Die Nekrose tritt gewöhnlich ca. 20–30 min nach dem Verschluss einer Koronararterie ein. Der Myokardinfarkt beginnt gewöhnlich im Subendokard, da diese Region die am schlechtesten durchblutete der Ventrikelwand ist. Okkludierte Arterie Häufigkeit und betroffener Bereich R. descendens sinister 40–50 %; betrifft den vorderen und apikalen linken Ventrikel und die ventralen zwei Drittel des Ventrikelseptums. A. coronaria dextra 30–40 %; betrifft die Hinterwand des linken Ventrikels und das dorsale Drittel des Ventrikelseptums. R. circumflexus sinister 15–20 %; betrifft die Seitenwand des linken Ventrikels. Kann auch die Hinterwand betreffen, wenn die Blutversorgung vorwiegend über die A. coronaria sinistra erfolgt. 348 Hansen, Lambert, Netter’s Klinische Anatomie (ISBN 3131430915), © 2006 Georg Thieme Verlag Thorax Klinischer Zusammenhang Koronarbypass Anatomie auf S. 308, 311, 340, 343 Myokardrevaskularisierung unter Einbezug beider Aa. thoracicae internae A. interventricularis anterior A. Mediane Sternotomie A. interventricularis anterior B. Die linke A. thoracica interna (A. mammaria interna) wird in die Hinterwand des linken Ventrikels implantiert und zieht tief zur A. interventricularis posterior. C. Rechte A. thoracica interna (A. mammaria interna), implantiert in die Vorderwand des linken Ventrikels unterhalb des Ramus obliquus der A. interventricularis anterior; implantierte linke A. thoracica interna durchscheinend dargestellt Der Koronarbypass ist ein chirurgisches Verfahren zur Revaskularisierung. Verwendet werden entweder Transplantate der V. saphena (V. saphena magna aus einer unteren Extremität entnommen) oder der A. thoracica interna (A. mammaria). Auch die A. radialis wird verwandt. Beidseitige Transplantate aus der A. thoracica interna sind indiziert, wenn an zwei Stellen eine Revaskularisation erforderlich ist. Dies ist gewöhnlich der Fall bei einer diffusen Erkrankung des linken Ventrikels. Vorteile von Thoracica-interna- Implantaten sind, dass es sich dabei um Arterientransplantate handelt, die keine Klappen haben, in der Größe besser zu den ursprünglichen Gefäßen passen als Venen und leicht zu gewinnen sind. Außerdem haben sie eine niedrigere Sensibilität gegenüber Vasokonstriktoren und reagieren hochgradig auf gefäßerweiternde Substanzen. Dies führt neben anderen Eigenschaften zu einer sehr lang anhaltenden Durchgängigkeit – im Vergleich zur Durchgängigkeit von Venentransplantaten, die nur 7–9 Jahre beträgt. 349 Hansen, Lambert, Netter’s Klinische Anatomie (ISBN 3131430915), © 2006 Georg Thieme Verlag Thorax Klinischer Zusammenhang Erkrankung eines V.-saphena-Transplantats Anatomie auf S. 343, 367 Perkutaner Koronareingriff: Gefäßzugang Distale Schutzvorrichtung Führungsdraht in linker A. coronaria Aorta Führungskatheter V.-saphena-Transplantat Führungskatheter Stenose linker R. descendens anterior A. brachialis A. femoralis Führungskatheter Katheter zum Einbringen des Stents mit gefülltem Ballon und expandiertem Stent Stenose natives Gefäß Stent in Position Absaugkatheter mit atherosklerotischem Débris gefüllter Okklusionsballon Die Erkrankung eines V.-saphena-Transplantats nach einem Koronarbypass ist eine Langzeitkomplikation. Die Patienten zeigen oft eine Angina. Das Transplantat ist charakterisiert durch eine diffuse, brüchige Plaque und oft durch einen Thrombus mit Gefahr einer distalen Thrombosierung. Der perkutane Eingriff an den Koronarien sorgt für einen Zugang zum Transplantat, oft über die A. femoralis. Auf diese Weise lassen sich distal Schutzvorrichtungen sowie Instrumente zur Thrombektomie einbringen. Dazu gehören beispielsweise Ballons zur Gefäßerweiterung oder Stents, die bei diesen Patienten mit Ischämie die Inzidenz einer Okklusion und Embolisierung sowie eines Infarkts reduzieren. 350 Hansen, Lambert, Netter’s Klinische Anatomie (ISBN 3131430915), © 2006 Georg Thieme Verlag