AGS Adrenogenitales Syndrom

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Institut für medizinische &
molekulare Diagnostik AG
14 · CH-8008 Zürich · Telefon 0041 44 497
Falkenstrasse
30 60
Adrenogenitales Syndrom (AGS)
mit 21-Hydroxylase Mangel
OMIM 201910
1. Bedeutung
Das Adrenogenitale Syndrom (AGS) ist eine autosomal-rezessiv vererbte Krankheit,
die durch einen Defekt eines an der Biosynthese von Cortisol beteiligten Enzyms
hervorgerufen wird (1). In der kaukasischen Bevölkerung ist 1:10'000 Personen von
der schweren klassischen Form und 1:1000 von der milden nicht-klassischen Form des
AGS betroffen. Bei Italienern, Yugoslawen, Ashkenazischen Juden und Lateinamerikanern kommt die nicht-klassische Form des AGS sogar noch häufiger vor (2, 3).
Die Ursache ist in 95% der Fälle ein Defekt der 21-Hydroxylase, welche von dem Gen
CYP21A2 auf dem Chromosom 6p21.3 codiert wird (4).
Aufgrund der fehlenden oder herabgesetzten Enzymaktivität der 21-Hydroxylase fällt auf
der einen Seite vermehrt 17-Hydroxyprogesteron an, auf der anderen Seite kommt es zu
einer herabgesetzten Synthese von Aldosteron und Cortisol. Durch den vermehrten
Anfall von Metaboliten der Steroidsynthese und Ausbleiben der Rückkopplung durch
Cortisol kommt es zu einer vermehrten Ausschüttung von ACTH und sekundär zur
Vergrösserung der Nebennierenrinde sowie zu einem Anstieg von Testosteron (5, 6).
Der Enzymmangel kann sich - in Abhängigkeit von der zugrundeliegenden Mutation in verschiedenen Formen manifestieren. Die Mutationen lassen sich nach Schweregrad
der Symptome in 4 Klassen unterteilen: In der Gruppe SW (salt-wasting) führt die
Mutation zur kompletten Inaktivierung der 21-Hydroxylase Enzymaktivität. Es kommt
bereits in utero zur Virilisierung der weiblichen Feten und nach der Geburt zu einem
lebensbedrohenden Salzverlust. Zu dieser Gruppe gehören die vom Pseudogen
herkommenden Nullmutationen: 8bp Deletion im Exon 3, Mutationscluster im Exon 6,
L307Frameshift, Q318Stop, R356W. In der Gruppe SV (simple virilizing) führt die
Mutation ebenfalls zu einer pränatalen Virilisierung der Genitalien und gelegentlich zu
leichten, jedoch nicht lebensbedrohenden Symptomen eines Salzverlusts. Ein Beispiel
dieser Gruppe ist die Mutation I172N. Die Gruppe NC (non-classic) trägt Mutationen, die
deutlich mildere Verläufe zeigen. Die ersten Symptome treten erst in der Pubertät auf.
Bei weiblichen Jugendlichen kommt es zu prämaturer Pubarche (vorzeitige Entwicklung
der Schambehaarung), Hirsutismus, Zyklus- und Fertilitätsstörungen, tiefer Stimmlage
und Akne. Männliche fallen höchstens durch eine Pubertas praecox auf. Die Mutationen
V281L und P30L gehören zu dieser Gruppe. Die letzte Gruppe wird als "normal"
bezeichnet, weil die Mutationen keine Änderung des Phänotyps hervorrufen. Bis anhin
veröffentlichte Normalvarianten sind 9_10insL, K102R, D183E, S268T und N493S (5, 6).
Die Möglichkeit, den Schweregrad der Krankheit aufgrund der Mutation vorherzusagen,
hat direkte Auswirkungen auf die Behandlung von AGS Patienten. So wurde schon 1984
die pränatale Behandlung eines AGS Falls beschrieben, bei der die Virilisierung durch
frühe Gabe von plazentagängigen Glucocorticoiden weitgehend verhindert werden
konnte (7).
2. Nachweismethoden
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Zur molekularen Abklärung des 21-Hydroxylase Mangels führen wir eine MLPA Analyse
(8) und die Sequenzierung des CYP21A2 Gens durch (9, 10, 11). Das CYP21A2 Gen
liegt 30kb entfernt vom nicht-funktionellen Pseudogen CYP21A2P auf Chromosom 6.
Beide Gene sind etwa 3kb lang und über 95% homolog. Deletionen, Konversionen und
die häufigsten Punktmutationen im CYP21A2 Gen rühren von Rearrangements zwischen
dem funktionellen und dem Pseudogen her. Die zehn häufigsten Punktmutationen
werden so vom Pseudogen auf das CYP21A2 Gen übertragen und beeinflussen die
Enzymaktivität. Mittels MLPA werden grosse Deletionen/Duplikationen des CYP21A2
Gens erfasst, welche mehr als 20% der Fälle von 21-Hydroxylase Mangel ausmachen.
Zur Sequenzierung werden vier spezifische Fragmente von CYP21A2 - und nicht des
Pseudogens - amplifiziert und die kodierende Region der Exons 1-10 inklusive Introns
sowie 350 Nukleotide im 5'- und 500 Nukleotide im 3'-Bereich sequenziert. Mit dieser
Methode werden Punktmutationen sowie kleine Deletionen und Insertionen erfasst.
Durch die Kombination von Sequenzierung und MLPA Analyse werden 98% der
krankheitsverursachenden Allele von Betroffenen und Anlageträgern erfasst.
3. Indikationen
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Neugeborene mit Virilisierung, intersexuellem Genitale oder Salzverlust
Guthrie Test mit erhöhtem 17-OH-Progesteron
Pränataldiagnostik
Geschwister und Partner von AGS-Indexpatienten
Frauen mit Hyperandrogenämie und Fertilitätsstörungen nach endokrinologischer
Differentialdiagnostik
4. Untersuchungsmaterialien
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2-5 ml EDTA Blut
Chorionzottenbiopsie, Fruchtwasser
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iteratur:
[1] New MI, Dupont B, Grumbach K and Levine LS in The Metabolic Basis of Inherited Disease (eds Stanbury JB,
Wyngaarden JB, Fredrickson DS, Goldstein JL and Brown MS) McGraw-Hill, New York, 1982: 973−1000.
[2] Speiser PW, Dupont B, Rubinstein P, Piazza A, Kastelan A, and New MI. High frequency of nonclassical steroid
21-hydroxylase deficiency. Am J Hum Genet. 1985; 37: 650–667.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1684620/
[3] van der Kamp HJ and Wit JM. Neonatal screening for congenital adrenal hyperplasia. Eur J Endocrinol. 2004;
151 Suppl 3:U71-5. http://eje-online.org/content/151/Suppl_3/U71.long
[4] White PC, New MI and Dupont B. Structure of human steroid 21-hydroxylase genes. Proc. Natl. Acad. Sci. USA
1986: 83, 5111-5115. http://www.pnas.org/content/83/14/5111.long
[5] Wedell A. Molecular genetics of congenital adrenal hyperplasia (21-hydroxylase deficiency): implications for
diagnosis, prognosis and treatment. Acta Paediatr. 1998; 87: 159-64.
[6] White PC and Speiser PW. Congenital Adrenal Hyperplasia due to 21-Hydroxylase Deficiency.
Endocrine Reviews 2000; 21: 245-291. http://edrv.endojournals.org/content/21/3/245.full.pdf+html
[7] David M and Forest MG. Prenatal treatment of congenital adrenal hyperplasia resulting from 21-hydroxylase
deficiency. J Pediatr. 1984; 105: 799-803.
[8[ http://www.mlpa.com, SALSA MLPA P050 CAH
[9] Wedell A., Ritzén EM, Haglund-Stengler B and Luthman H. Steroid 21-hydroxylase deficiency: Three additional
mutated alleles and establishment of phenotype genotype relationships of common mutations. Proc. Natl. Acad.
Sci. USA 1992; 89: 7232-7236. http://www.pnas.org/content/89/15/7232.long
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[10] Day DJ, Speiser PW, White PC and Barany F. Detection of steroid 21-hydroxylase alleles using gene-specific
PCR and a multiplexed ligation detection reaction. Genomics 1995; 29: 152-62.
[11] Blanché H, Vexiau P, Clauin S, Le Gall I, Fiet J, Mornet E, Dausset J and Bellanné-Chantelot C. Exhaustive
screening of the 21-hydroxylase gene in a population of hyperandrogenic women. Hum Genet. 1997; 101: 56-60.
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