7 §2. Kongruenzen auf Z Def. 2.1: Seien a,b ∈ Z und m ∈ N. Man sagt dann, “a ist kongruent zu b modulo m”, i.Z. a ≡ b mod m, wenn m ⏐ a - b. Satz 2.2: Für jedes m ∈ N ist ≡ eine Kongruenzrelation auf Z, d.h. eine Äquivalenzrelation, welche mit den Operationen + und ⋅ in der folgenden Art und Weise “verträglich” ist: ⎧a + c ≡ b + d mod m ∀ a,b,c,d ∈ Z: a ≡ b mod m ∧ c ≡ d mod m ⇒ ⎨ ⎩ ac ≡ bd mod m Bem. 2.3: Wie in der Algebra gezeigt wird, können auf die in 2.1 beschriebene Weise sogar alle Kongruenzrelationen auf Z erhalten werden. Ferner sieht man leicht, daß abgesehen vom Fall m = 0, wo ≡ einfach die identische Relation auf Z ist, es stets genau m Kongruenzklassen mod m gibt, welche z.B. durch 0,1,..., m − 1 beschrieben werden können. Bezeichnet man für m ∈ N* die Menge dieser Kongruenzklassen mit Z m , so können auf ihr wegen 2.2 durch a + b: = a + b, a ⋅ b: = ab (a,b ∈ Z) in eindeutiger Weise eine Addition und eine Multiplikation erklärt werden, sodaß gilt Satz 2.4: Für jedes m ∈ N* bildet Z m mit den wie in 2.3 definierten Operationen + und ⋅ einen kommutativen Ring mit Einselement, welcher Restklassenring mod m genannt wird. Welche Elemente von Z m sind sogar invertierbar? Wir zeigen dazu allgemeiner Satz und Def. 2.5: Für beliebige a,b ∈ Z ist die Kongruenz ax ≡ b mod m (d.h. die Gleichung a ⋅ x = b in Z m !) genau dann lösbar, wenn ggT(a,m) ⏐ b und es gibt dann genau ggT(a,m) inkongruente Lösungen mod m. Insbesondere sind die bezüglich ⋅ invertierbaren Elemente in Z m genau die Restklassen a mit ggT(a,m)=1, welche daher auch die primen Restklassen mod m genannt werden. Folgerung und Def. 2.6.: Die Teilmenge Zm* der primen Restklassen mod m bildet für jedes m ∈ N* bez. ⋅ eine Gruppe, die “prime Restklassengruppe mod m”. Die Anzahl ihrer Elemente wird mit ϕ(m) bezeichnet. Insbesondere ist Z m genau dann ein Körper (also alle a ∈ Z m \ {0} sind invertierbar), wenn gilt ϕ(m) = m – 1, d.h., wenn m eine Primzahl ist. Bem. und Def. 2.7: In Anerkennung der Verdienste Eulers um die Untersuchung der ϕ-Funktion wird diese auch “Eulersche ϕ-Funktion” genannt. Nach Definition ist also ϕ(m) nichts anderes als die Anzahl aller ganzen a mit 1 ≤ a ≤ m, sodaß ggT(a,m)=1. Die in 2.5 betrachteten Kongruenzen werden auch “lineare Kongruenzen” genannt. Eine naheliegende Verallgemeinerung davon ist 8 Def. 2.8: Sei f ( x) = a n x n +... a 1 x + a 0 ∈ Z[x] (= Menge der Polynome mit ganzen Koeffizienten) mit a n ≠ 0 mod m . Die Kongruenz f(x) ≡ 0 mod m heißt dann eine algebraische Kongruenz n-ten Grades mod m. Für spätere Verwendung notieren wir den wichtigen Satz 2.9: Eine algebraische Kongruenz mod p, wo p eine Primzahl ist, hat höchstens so viele mod p inkongruente Lösungen, als ihr Grad angibt. Statt Einzelkongruenzen kann man auch Systeme von Kongruenzen betrachten. Besonders wichtig ist dabei der im nächsten Satz behandelte Spezialfall: Satz 2.10: (Chinesischer Restsatz) Seien m1 , m 2 ,..., m r ∈N * paarweise teilerfremd. Für beliebige a 1 , a 2 ,..., a r ∈Z ist dann das System von Kongruenzen x ≡ a 1 mod m1 , x ≡ a 2 mod m 2 , ... x ≡ a r mod m r stets lösbar. Ist dabei u ∈ Z eine beliebige Lösung, so ist die Gesamtheit aller Lösungen gegeben durch die Zahlen, welche die Kongruenz x ≡ u mod m1 m 2 ... m r erfüllen. Bem. 2.11: Satz 2.10 besagt in anderer Sprechweise, daß für paarweise teilerfremde m1 , m 2 ,..., m r ∈N * die Abbildung ρ: Z m1m2 ...mr → Z m1 xZ m2 x ... x Z mr , welche a mod m1 m 2 ... m r auf ( a mod m1 , a mod m 2 ,..., a mod m r ) abbildet, eine Bijektion (algebraisch gesehen sogar ein Isomorphismus!) ist. Da aus 1.20 sofort folgt, daß ggT (a , m 1 m 2 ...m r ) = 1⇔ ggT (a , m 1 ) = ggT (a , m 2 ) =...= ggT (a , m r ) = 1 , so ergibt die Einschränkung von ρ auf Z *m1m2 ...m r eine Bijektion bzw. sogar einen Isomorphismus von Z *m1m2 ...m r auf Z *m1 xZ *m2 x ... x Z *m r . Daraus erhält man insbesondere die wichtige,m Folgerung 2.12: Die Eulersche ϕ-Funktion ist multiplikativ, d.h. sind m1 , m 2 ,..., m r paarweise teilerfremde natürliche Zahlen, so gilt ϕ( m1 m 2 ... m r ) = ϕ( m1 )ϕ( m 2 )... ϕ( m r ) . Ist daher insbesondere n = p1e1 p 2e2 ... p er r ( p i ∈ P, e i > 0) die Primfaktorzerlegung von n∈N* , so gilt r ϕ(n ) = n ∏ (1 − 1 / p i ) . i =1 9 Da die prime Restklassengruppe Zm* in späteren Abschnitten noch eine wichtige Rolle spielen wird, wollen wir sie nun noch etwas genauer untersuchen. Viele der nachfolgenden Sätze sind dabei Spezialfälle aus allgemeineren Sätzen der Gruppentheorie. Die gilt insbesondere auch für Satz 2.13: (Euler) Für beliebiges a ∈ Z mit ggT(a,m)=1 gilt a ϕ( m ) ≡ 1 mod m (bzw. a ϕ( m) = 1 in Z *m ) . Besonders wichtig ist dabei der von Fermat schon früher behandelte Spezialfall, wo m eine Primzahl ist: Folgerung 2.14: (“Kleiner Fermatscher Satz”) Für jede Primzahl p und jede nicht durch p teilbare ganze Zahl a gilt a p−1 ≡ 1 mod p (bzw. a p −1 = 1 in Z *p ) . Auch der nachfolgend eingeführte Begriff der Ordnung eines Elements ließe sich allgemeiner in beliebigen Gruppen definieren. Def. 2.15: Für jedes a ∈ Z mit ggT(a,m) = 1 ist die Ordnung von a mod m, i.Z. ordm(a), definiert als das kleinste e∈N* mit a e ≡ 1mod m (bzw. a m = 1 in Z *m ). Gilt dabei speziell ordm(a) = ϕ(m), so heißt a eine Primitivwurzel mod m und die prime Restklassengruppe Z *m zyklisch (mit a mod m als erzeugendem Element). Der folgende Satz faßt nun die wichtigsten Eigenschaften des soeben eingeführten Ordnungsbegriffs zusammen: Satz 2.16: Für jedes a ∈ Z mit ggT(a,m) = 1 und beliebige i,j,k ∈ Z gilt: (1) a i ≡ 1mod m ⇔ ord m (a ) i . Insbesondere gilt daher ord m (a ) ϕ( m). (2) a i ≡ a j mod m ⇔ i ≡ j mod ord m (a ). Insbesondere sind daher a , a 2 ,..., a ord m ( a ) genau alle mod m inkonguenten Potenzen von a. (3) Es ist ord m (a k ) = ord m (a ) / ggT(k, ord m (a )) für alle k∈ Z. Insbesondere gilt daher ord m (a k ) = ord m (a )⇔ ggT(k, ord m (a )) = 1 . Daraus ergibt sich unmittelbar die wichtige Folgerung 2.17: Ist g eine Primitivwurzel mod m, so ist {g, g 2 } ,..., g ϕ ( m) ein k vollständiges primes Restsystem mod m. Darunter sind genau jene Potenzen g mit ggT(k,ϕ(m)) =1 ebenfalls Primitivwurzel. Die Anzahl der Primitivwurzeln mod m beträgt daher, falls überhaupt eine existiert, ϕ(ϕ(m)). Für welche m existiert nun tatsächlich eine Primitivwurzel? Darüber gibt Auskunft Satz 2.18: (Gauß) Genau für m = 1,2,4, p e ,2 p e ( p ∈ P \ {2}, e ∈ N * ) gibt es eine Primitivwurzel g mod m, d.h. ist Z *m zyklisch.