SU(3)–Klassifikation der Elementarteilchen Ausarbeitung des Hauptseminarvortrags Gruppen in der Physik WS2007/08 Steffen Müller Inhaltsverzeichnis 1 Einführung in die Elementarteilchentheorie 1.1 Was sind Elementarteilchen . . . . . . . . . 1.2 Klassifikationen der Elementarteilchen . . . 1.3 Die vier fundamentalen Kräfte . . . . . . . . 1.3.1 Starke Wechselwirkung . . . . . . . 1.3.2 Schwache Wechselwirkung . . . . . 1.3.3 elektromagnetische Wechselwirkung 1.3.4 Gravitation . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Symmetrien und Erhaltungsgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 5 7 8 8 8 9 9 2 Gewichte und Wurzeln 2.1 Lie Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Lie Algebren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Adjungierte Darstellung . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Cartan Unteralgebra . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Gewichte einer Darstellung . . . . . . . . 2.4.2 Wurzeln einer Darstellung . . . . . . . . . 2.4.3 Allgemeine Auf- und Absteigeoperatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 11 11 12 13 13 13 14 . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Lie Gruppe SU(2) 3.1 Lie Algebra der Gruppe SU(2) . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Konstruktion irreduzibler Darstellungen . . . . . . . . . . 3.3 Verschiedene Darstellungen der SU(2) . . . . . . . . . . 3.3.1 Spin 1/2 Darstellung (fundamentale Darstellung) 3.3.2 Spin 1 Darstellung (adjungierte Darstellung) . . . 3.3.3 Spin 3/2 Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Verallgemeinerung – SU(2) Unteralgebren . . . . . . . . 3.5 Geometrische Klassifikation kompakter Lie Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 15 16 17 17 18 18 19 19 4 Lie Gruppe SU(3) 4.1 Lie Algebra der SU(3) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Wurzel und Gewichte der SU(3) . . . . . . . 4.2 Positive Gewichte und einfache Wurzeln . . . . . . . 4.2.1 Positive Gewichte . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Einfache Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Einfache Wurzeln der SU(3) . . . . . . . . . 4.3 Fundamentale Gewichte . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Fundamentale Darstellungen der SU(3) . . . 4.3.2 Komplexe Konjugation der Darstellungen . . 4.3.3 Weitere Darstellungen der SU(3) . . . . . . . 4.3.4 Adjungierte Darstellungen der SU(3) . . . . . 4.3.5 Höherdimensionale Darstellungen der SU(3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 21 21 23 23 23 24 26 27 27 28 29 29 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . INHALTSVERZEICHNIS 5 Die Flavor–Symmetrie: SU(3)flavor 5.1 Hyperladung und Strangeness 5.1.1 Baryonenoktett . . . . . 5.1.2 Mesonenoktett . . . . . 5.2 Gell–Mann Okubo Formel . . . 5.3 Hadronen Resonanzen . . . . 5.4 Quarks . . . . . . . . . . . . . 3 . . . . . . 30 30 31 32 33 34 35 6 Die Color–Symmetrie: SU(3)color 6.1 Colored Quarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Farbladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 37 38 7 Ausblick 7.1 Eichtheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Vereinheitliche Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 39 40 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . The Nucleons themselves have pieces Described in many a doctor’s thesis. The Standard Model is the name Of this subnucleonic game. It underlies the interplay Of everything. And so, I say: Enough of idle talk and twaddle: Let’s celebrate the Standard Model! N. David Mermin [1] 1 Einführung in die Elementarteilchentheorie 1.1 Was sind Elementarteilchen Schon im antiken Griechenland befassten sich Philosophen mit der Frage ob es fundemantale Objekte gibt, welches die Bausteine unserer Welt sind. Demokrit stellte um 400 v. Chr. die Behauptung auf, dass es kleinste unteilbare Teilchen, die Atome∗ , geben muss, die die gesamte Materie aufbauen. Allerdings dauerte es über 2000 Jahre bis diese Theorie in der modernen Naturwissenschaft zur Klassifikation verschiedener chemischer Elemente zur Anwendung kam. In bestimmten chemischen Verbindungen treten immer nur ganzzahlige Vielfache eines Verhältnisses der beteiligten Stoffe auf (Gesetz der multiplen Proportionen). Dies veranlasste Dalton 1808 die alte Atomhypothese wieder aufzugreifen. Nach Dalton unterscheiden sich die chemischen Elemente nur in ihren Atomen, die chemischen Verbindungen in der Art wie diese angeordnet sind. Jedoch entdeckte Thomsen 1897 in den Atomen weitere Teilchen, die Elektronen∗∗ genannt werden. Da Atome elektrisch neutral sind und Ladungserhaltung gilt, müssen sich auch positive Ladungsträger im Atom aufhalten. Damit war klar dass die Atome aufgrund einer inneren Struktur keine Elementarteilchen sein können. 1911 zeigte Rutherford in seinen berühmten Streuversuchen, dass Atome einen fast die gesamte Masse tragenden, positiv geladenen Atomkern besitzen. Der Atomkern ist ungefähr um einen Faktor 105 kleiner als der Atomradius, er trägt jedoch ungefähr 99.9 % der Masse. Ein Baustein der Atomkerne wurde 1919 von Rutherford entdeckt und Proton† genannt. 1932 wurde von Chadwick als weiteres Nukleon das Neutron entdeckt. Heute sind eine Vielzahl an Teilchen bekannt die nach verschiedenen Gesichtspunkten klassifiziert werden können. Elementarteilchen werden allgemein als Teilchen ohne innere Struktur (idealerweise Punktteilchen, experimentelle Obergrenze der Elektronengröße ≈ 10−19 m) bezeichnet, also alle Teilchen des Standardmodells der Elementarteilchenphysik (siehe Abbildung 1.1). Manchmal werden diese Teilchen auch als „Fundamentalteilchen“ bezeichnet, da einige der Teilchen nicht frei bzw. ungebunden in der Natur auftreten (z.B. Quarks) und somit nur die Teilchen, die als unteilbare Einheit auftreten elementar sind (z.B. Protonen). Ebenso wird der Begriff Elementarteilchen oftmals nur für die Grundbausteine der Materie verwendet, unter Ausschluss der Austauschteilchen der vier (fundamentalen) Wechselwirkungen. Im folgenden werden alle Teilchen des Standardmodells der Elementarteilchenphysik als Elementarteilchen betrachtet. ∗ ατ oµoς : unteilbar ∗∗ ηλǫκτ ρoν : Bernstein † πρωτ oς : das Erste 4 1.2. KLASSIFIKATIONEN DER ELEMENTARTEILCHEN 5 Abbildung 1.1: Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik [2] 1.2 (Physikalische) Klassifikationen der Elementarteilchen Das Standardmodell teilt die Teilchen zunächst in Materieteilchen (Leptonen∗ und Quarks) und Austauschteilchen („Strahlung“) der vier fundementalen Wechselwirkungen ein. Das Higgs–Teilchen wird mittlerweile (nach verschiedenen Theorien) zu den Austauschteilchen gezählt, es vermittelt jedoch keine Wechselwirkung im eigentlichen Sinn. Es ist außerdem das einzige Teilchen welches experiementell noch nicht nachgewiesen wurde. Große Hoffnungen setzt man auf den Large Hadron Collider (LHC) am CERN, der zum ersten Mal Energien im TeV zur Verfügung stellt und nach den bisherigen Erkenntnissen dort das Higgs–Teilchen nachgeweisen werden könnte (eine mögliche Masse des Higgs–Teilchens könnte im Bereich von 120 . . . 180 GeV/c2 liegen). Die Quarks bauen die einen Teil der uns bekannten Materie auf, das bedeutet alle Nukleonen sind letztenendes aus Quarks aufgebaut. Massive Teilchen teilt man in Baryonen∗∗ und Mesonen† ein. Bayronen besitzen die Baryonenzahl B = 1 und sind aus drei Quarks aufgebaut während Mesonen die Baryonenzahl B = 0 besitzen und aus einem Quark/Antiquark–Paar bestehen. Baryonen und Mesonen bilden zusammen die Hadronen‡ , die alle Teilchen beschreiben, die (neben den anderen Wechselwirkungen) der starken Wechselwirkung unterliegen. Der andere Teil unserer Materie wird von den Leptonen (Leptonenzahl L = 1) gebildet, vor allem den Elektronen. Im Gegensatz zu den Hadronen unterliegen Leptonen nicht der starken sondern der schwachen Wechselwirkung, der Gravitation und (für elektrisch geladene Leptonen) der elektromagnetischen Wechselwirkung. Der andere Teil unserer Materie wird von den Leptonen (Leptonenzahl L = 1) gebildet, vor allem dem Elektron. Sowohl Leptonen als auch die Quarks sind Fermionen†† das bedeutet sie besitzen halbzahligen Spin (in Vielfachen von ~) und unterliegen der Fermi–Dirac Statistik und dem Pauli-Prinzip (fordert Antisymmetrische Gesamtwellenfunktion bei Vertauschung zweier Teilchen → Fermionen müssen sich in einer Quantenzahl unterscheiden). ∗ λǫπτ oς : leicht, fein nach Enrico Fermi ∗∗ βαρνς : schwer † µǫσoς : mitteleres ‡ ′ αδρoς : robust, schwer gebaut †† benannt 6 1.2. KLASSIFIKATIONEN DER ELEMENTARTEILCHEN Die Materie tritt in drei verschiedenen Familien auf, welche sich primär durch ihre Massen unterscheiden. Die erste Generation besitzt Quarkmassen um den MeV/c2 –Bereich∗ , während die Massen der dritten Generation sich schon weit im GeV/c2 –Bereich befinden (siehe Tabelle 1.1). Generation 1 Name Masse Flavor £ MeV ¤ c2 3 u d c s t b up down charm strange top bottom 1.5 . . . 3 3...7 95 1.25 · 103 4.20 · 103 172.5 · 103 T3 = − 21 S = −1 C=1 B ′ = −1 T′ = 1 − 12 2 3 − 12 2 3 − 12 T3 = 1 2 2 3 Ladung [e] 2 Tabelle 1.1: Die drei Quarkfamilien mit jeweils zwei Quarks [3]) Umwandlungen der Quarks finden bevorzugt innerhalb einer Familie statt. Allgemein wird der „Flavor“ der Quarks durch die Quantenzahlen T3 (dritte Komponente des Isospins), S (Strangeness), C (Charm), B ′ (Bottomness) und T ′ (Topness) beschrieben, allerdings kann vereinfacht der Flavor auch durch den Name der Quarks beschrieben werden (siehe Kapitel 5). Zusätzlich trägt jeder Quarkflavor (Quarksorte) eine weitere Ladung, die sogenannte Farbladung. Das bedeutet Quarks können in drei verschiedene „Colors“ auftreten (z.B. rot, grün und blau), die nichts mit den Farben im eigentlichen Sinn zu tun haben. Diesem inneren Freiheitsgrad der Quarks liegt eine exakte SU(3)–Symmetrie zugrunde die SU(3)color (siehe Kapitel 6). Generation e− Name Masse 1 £ MeV ¤ c2 Ladung [e] 0.511 2 νe −4 < 4.60 · 10 −1 0 3 µ− νµ τ− ντ 105.66 < 0.19 1776.9 < 18.2 −1 0 −1 0 Tabelle 1.2: Die drei Leptonenfamilien: Elektron, Myon, Tauon und zugehörige Neutrinos [4] Die Leptonen lassen sich ebenso in drei Familien einteilen, welche hier den drei Flavors der elektronartigen Leptonen entsprechen und den drei Flavors der zugehörigen Neutrinos. Es gibt dann insgesamt ebenso sechs, allerdings ist es bei Leptonen nicht üblich von Flavors zu sprechen. Zu jedem geladenen Lepton gehört ein ungeladenes Neutrino mit einer sehr geringen Masse (siehe Tabelle 1.2). Myonen und Tauonen sind instabil mit sehr kurzen Lebensdauern (Lt(µ− ) ≈ 10−6 , Lt(τ − ) ≈ 10−13 ), alle anderen Leptonen sind stabile Teilchen. Der Name Leptonen ist etwas irreführend denn die Myonen und vor allem die Tauonen (τ − besitzt fast die doppelte Masse des Protons) sind durchaus schwere Elementarteilchen, aber aus historischen Gründen hat man den Namen für die Teilchenklasse beibehalten. Mit Ausnahme der Neutrino–Oszillationen finden Umwandlungen der Leptonen nur innerhalb einer Familie statt. Experimentell wurde gezeigt, dass es nur drei Leptonenfamilien geben kann. Die Symmetrie zwischen Quark- und Leptonenfamilien fordert dann, dass es auch nur drei Quarkfamilien gibt. ∗ = 1.7827 · 10−30 kg Aus E = mc 2 folgt: 1 MeV c2 1.3. DIE VIER FUNDAMENTALEN KRÄFTE 7 Zu allen Materieteilchen (Quarks und Leptonen) existieren Antiteilchen mit invertierter elektrischer Ladung, aber gleicher Masse und Spin(zustände). Da die elektrische Ladung sich aus vielen weiteren (additiven) Quantenzahlen zusammensetzt (siehe Gleichung 5.1), sind auch diese mit einem entgegengesetzten Vorzeichen beim Antiteilchen versehen (z.B. ein Antiproton mit Baryonenzahl B = −1). Damit gibt es zu den sechs Quarkflavors jeweils drei Farben (3 · 6 = 18) und zur jeder Flavor/Color–Kombination ein Antiquark (2 · 18 = 36). Hinzu kommen noch die sechs Flavors der Leptonen und iher jeweiliges Antiteilchen (2 · 6 = 12). Die Gesamtzahl der Elementarteilchen der Materie beläuft sich somit auf 48. Wechselwirkung Botenteilchen Masse h MeV c2 i Wirkungsbereiche starke elektromagnetische schwache gravitative 8 Gluonen g Photon γ W ± , Z0 Graviton(?) mtheo = 0 mW± = 80.40 · 103 mexp < 6 · 10−23 mZ0 = 91.19 · 103 mtheo = 0 Atomkerne Atome β–Zerfall makroskopische Baryonen, Mesonen Moleküle Fusion Massen 1 10−2 10−13 10−38 2.5 · 10−15 „∞“ 10−18 ∞ Stärke Reichweite [m] mtheo = 0 Tabelle 1.3: Die vier fundamentalen Kräfte und ihre Eichbosonen (Massen aus [5]) 1.3 Die vier fundamentalen Kräfte Die vier fundamentalen Wechselwirkungen werden durch Austauschteilchen (auch Botenteilchen oder Eichbosonen genannt) zwischen den an der jeweiligen Wechselwirkung beteiligten Teilchen vermittelt. Die Austauschteilchen sind Bosonen∗ das bedeutet sie besitzen ganzzahligen Spin (in Vielfachen von ~) und unterliegen damit nach dem Spin–Statistik–Theorem der Bose–Einstein Statistik. Desweiteren ist ihrer quantenmechanische Gesamtwellenfunktion symmetrisch unter Vertauschung zweier Teilchen. Nur entsprechend geladene Teilchen können mit den jeweilgen Austauschteilchen wechselwirken, das bedeutet zu jeder Wechselwirkung gehört eine spezifische Ladungsart (die Farbladung ist die Ladung der starken Wechselwirkung; Leptonen tragen keine Farbladung und können so nicht an der starken Wechselwirkung teilnehmen; siehe Tabelle 1.3). Die elektromagnetische Wechselwirkung wird durch Photonen zwischen elektrisch geladenen Teilchen vermittelt, die schwache Wechselwirkung durch die drei W± - und Z0 –bosonen zwischen Teilchen mit schwacher Ladung und die starke Wechselwirkung durch acht Gluonen∗∗ zwischen Teilchen mit Farbladung. Zusammen besitzt somit das Standardmodell der Elementarteilchenphysik 48 Materieteilchen und 12 Austauschteilchen, also insgesamt 60 Elementarteilchen. Hinzu kommt das schon erwähnte Higgs–Boson welches das Higgsfeld vermittelt, das an sich und allen anderen Elementarteilchen ankoppelt und so den Teilchen ihre Masse verleiht. Der verantwortliche Mechanismus ist die sogenannte spontane Symmetriebrechung, das bedeutet das der Vakuumserwartungswert (Grundzustand) eines Systems nicht mehr die volle Symmetrie besitzt, sondern eine geringere Symmetrie aufweist als die dem System zugrunde liegenden Bewegungsgleichungen. Dieser Vorgang erklärt die unterschiedlichen Massen der Elementarteilchen, die sich aus der Stärke der Kopplung des jeweiligen Teilchens an das Higgsfeld ergeben. ∗ benannt nach Satyendranath Bose ∗∗ engl. glue : Leim, kleben 8 1.3.1 1.3. DIE VIER FUNDAMENTALEN KRÄFTE Starke Wechselwirkung Die starke Wechselwirkung schließt die Quarks zu farblosen Teilchen zusammen. Dieses „Confinement“ ist unter anderem für die geringe Reichweite der starken Wechselwirkung verantwortlich und dass keine freien Quarks oder Gluonen beobachtet werden können, da ab einem gewissen Abstand die anziehende Kraft sehr groß wird. Versucht man diese Barriere zu überwinden, so genügt die aufgewandte Energie, um ein weiteres, gebundenes Quark/Antiquark–Paar zu erzeugen. Die Kernkräfte zwischen den Nukleonen folgen als „Restkraft“ der starken Wechselwirkung und ermöglicht so die Stabilität der Atomkerne (Ausgleich der Coulombabstoßung der elektrisch geladenen Protonen). Diese Restkraft kann man sich als eine Art van-der-Waals–Kraft der Farbladungen in den Bestandteilen der farblosen Nukleonen vorstellen analog zur van-der-Waals– Wechselwirkung bei der Molekülbindung neutraler Atome. Die Kernkraft zwischen den Nukleonen nimmt mit wachsendem Abstand aufgrund besserer Kompensation dieser Restkräfte sehr schnell ab. Diese Art der Kraftwirkung kann auch als Austausch von farblosen Mesonen zwischen den Nukleonen aufgefasst werden (genauer: dem Austausch eines Pions, seine Lebensdauer von ≈ 10−8 s bestimmt dann die Reichweite der Kernkraft). 1.3.2 Schwache Wechselwirkung Die schwache Wechselwirkung besitzt eine geringe Reichweite aufgrund ihrer massiven Austauschteilchen. Da die Teilchen eine endliche Ruhemasse besitzen, können sie in leichtere Teilchen umgewandelt werden (mit geringerer Energie bzw. Ruhemasse); die Reichweite entspricht dann ungefähr der Strecke die die Teilchen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit in ihrer Lebensdauer zurücklegen können. Der β − –Zerfall des Neutrons lässt sich durch die schwache Wechselwirkung erklären: n −−→ p + e – + ν e Dabei ändert sich der Quarkflavor eines Quarks, aus denen das Neutron (up,down,down) besteht (udd) −−→ (uud) + e – + ν e in ein Proton das aus (up,up,down) Quarks aufgebaut ist. Mit der starken Wechselwirkung geht daher immer eine Umwandlung des Flavors einher. Die Zerfälle von Teilchen über die schwache Wechselwirkung erfolgen sehr langsam (Lt ≈ 10−6 . . . 10−13 s) und gehen mit einer Flavoränderung einher, während Zerfälle der starken Wechselwirkung sehr schnell ablaufen (Lt ≈ 10−24 s) und mit einer Farbänderung verbunden sind. 1.3.3 elektromagnetische Wechselwirkung Die Anordnung von Atomen zu Molekülen wird durch die elektromagnetische Wechselwirkung bestimmt. Ebenso sind chemische Reaktionen (und damit auch biologische Prozese) auf die Wechselwirkung der Elektronenhüllen der Atome und Moleküle zurückzuführen. Insbesondere beschreibt sie die Dynamik aller elektrisch geladener Teilchen und der damit verbundenen Phänomene. Da dass Photon keine Masse besitzt, ist die Reichweite der elektromagnetischen Wechselwirkung unendlich. Jedoch scheinen sich die beiden entgegengesetzten Ladungen auf großen Skalen zu kompensieren (Ladungsgleichgewicht), was der Grund für die elektrische Neutralität vieler zusammengesetzter Objekte ist. Somit ist die effektive Reichweite der Wechselwirkung erheblich kleiner. 1.4. SYMMETRIEN UND ERHALTUNGSGRÖSSEN 1.3.4 9 Gravitation Die Gravitation ist eine der fundamentalen Kräfte, jedoch kein Bestandteil des Standardmodells der Elementarteilchen. Dies kann zum einen (phänomenologisch) auf die geringe (relative) Stärke zurückgeführt werden, zum anderen (theoretisch) auf das bisherige Fehlen einer konsistenten Quantentheorie der Gravitation. Die Gravitation besitzt ebenso wie die elektromagnetische Wechselwirkung eine unendliche Reichweite, die Wirkung der Kraft wird jedoch nicht kompensiert, da nur eine „Ladungsart“, die Masse, existiert. Zwischen einzelnen kleinen Teilchen (z.B. Elementarteilchen) lässt sich aufgrund der geringen Stärke keine Gravitation feststellen, sondern nur bei großen Massenansammlungen (z.B. bei Planeten). 1.4 Symmetrien und Erhaltungsgrößen Einzelne Teilchen werden in der Quantenmechanik durch Quantenzahlen charakterisiert. Teilchen die in allen Quantenzahlen übereinstimmen sind damit sind identisch und ununterscheidbar. Umwandlungen eines Teilchens in ein anderes kann nur durch die Änderung einer entsprechenden Quantenzahl ermöglicht werden. Nach dem Noether’schen Theorem bedingt jede Symmetrie in der Natur eine Erhaltungsgröße. Teilchen besitzen charakteristische Eigenschaften wie Energie, Impuls, Drehimpuls und Quantenzahlen wie die Baryonenzahl B, Leptonenzahl L, Parität P und weitere additive Quantenzahlen wie die Hyperladung Y oder die Ladungsquantenzahl Q = q/e. Die Erhaltung dieser Eigenschaften sind mit Symmetrien verknüpft: • Invarianz gegenüber zeitlichen Transformationen führt zur Erhaltung der Energie • Aus der Homogenität des Raumes folgt eine Invarianz (der Naturgesetze) bei Translationen. Dies führt zur Impulserhaltung eines physikalischen Systems. • Aus der Isotropie des Raumes folgt die Invarianz (der Naturgesetze) bei Rotationen, woraus die Drehimpulserhaltung folgt. Desweiteren führen globale Symmetrien zur Erhaltung der Quantenzahlen bei physikalischen Prozessen. Einige Wechselwirkungen ermöglichen eine Symmetriebrechung mit der eine Aufhebung bestimmter Erhaltungssätze und Umwandlungen zugehöriger Quantenzahlen einhergehen. Diese Erhaltungssätze erklären die Stabilität massiver Teilchen und verhindern den Zerfall in leichtere Teilchen. Jedes Teilchen zerfällt in leichtere Teilchen, da der Übergang des Systems zu niederer Energie/Masse bevorzugt ist, außer es ist durch einen Erhaltungssatz verboten. • Das Photon γ ist stabil, da kein leichteres Teilchen existiert. • Das Elektron e – (und sein Antiteilchen das Positron e+ ) sind stabil, da sie die leichtesten elektrisch geladene Teilchen sind und die Ladungserhaltung eine Umwandlung in Neutrinos verhindert. • Das Proton ist stabil, da kein leichteres Baryon existiert und die Baryonenzahlerhaltung eine Umwandlung in andere Teilchen verhindert. (Die Erhaltung der Baryonen- und Leptonenzahl kann nicht aus allgemeinen Symmetrieprinzipien hergeleitet werden, sondern ist ein empirisch ermitteltes Gesetz. Einige der Vereinheitlichen Theorien (siehe Kapitel 7) heben die Baryonenzahlerhaltung auf und sagen eine Lebensdauer des Protons von 1031 a voraus.) • Für den Zerfall des Myons µ− (und des Tauons τ − ) ist die schwache Wechselwirkung verantwortlich µ− −−→ νµ + νe + e – da das Myons durch den Austausch eines W – –Bosons in ein Elektron umgewandelt wird (Änderung des Leptonen–Flavors; vgl. Neutronenzerfall auf Seite 8). 10 1.4. SYMMETRIEN UND ERHALTUNGSGRÖSSEN Die Allgemeine Theorie, die auch dynamische Aussagen über die Elementarteilchen und ihre Wechselwirkungen treffen kann, ist die Quantenfeldtheorie. Zu jeder Wechselwirkung existiert eine solche Theorie, die auf zwei Grundprinzipien beruht. . . • der Eichsymmetrie∗ die die Unabhängigkeit der Feldgleichungen von Raum und Zeit fordert. • und der spontanen Symmetriebrechung (siehe Seite 7) Im folgenden werden lediglich die einfachen Symmetrien die einigen der Elementarteilchen zugrunde liegen besprochen. Nach dieser (etwas ausführlicheren) Einleitung wird zunächst die benötigte Theorie der Lie–Algebren und ihre Darstellungen betrachtet. ∗ Der Name Eichboson für die Austauschteilchen verdeutlicht, dass es sich um Eichtheorien handelt, die der Eichsymmetrie unterliegen Symmetry, as wide or as narrow as you may define it, is one idea by which man through the ages has tried to comprehend and create order, beauty and perfection. Hermann Weyl [6] 2 Gewichte und Wurzeln 2.1 Lie Gruppen Die Lie-Gruppen besitzen neben den Gruppeneigenschaften die Struktur einer glatten differenzierbaren Mannigfaltigkeit und sind deshalb geeignet, kontinuierliche Symmetrien wie sie in der theoretischen Elementarteilchenphysik auftreten, zu beschreiben. Das bedeutet die Gruppenverknüpfung und die Inversion sind beliebig oft differenzierbar. Die Gruppenelemente hängen von einer kontinuierlichen Parameterschar λ ab, die Anzahl der Parameter entspricht der Dimension der Mannigfaltigkeit. Man fordert nun ¯ ¯ g(λ)¯ =e (2.1) λ=0 was auch auf die Darstellung der Gruppe D(λ) übertragen werden kann ¯ ¯ D(λ)¯ λ=0 =1 (2.2) Mittels einer Taylor–Entwicklung in erster Ordnung um die Identität 1 , erhält man die Generatoren Xa , deren Anzahl genau den kontinuierlichen Parametern entspricht ¯ ¯ ∂ def λa ¯¯ a = 1...n (2.3) Xa = −i ∂D(λ) λ=0 wobei n die Dimension der Mannigfaltigkeit beschreibt. 2.2 Lie Algebren Die Gruppenverknüpfung lässt sich durch Kommutator–Relationen (2.4) der Generatoren beschreiben. Sie werden durch sogenannte Strukturkonstanten fabc eindeutig beschrieben und geben so die komplette Gruppenmultiplikation (Gruppenverknüpfung) wieder, das bedeutet die Strukturkonstanten sind basisabhängig, jedoch für alle Darstellungen der Lie Gruppe gleich. Die Lie Algebra einer Lie Gruppe wird durch diese Kommutator–Relationen erzeugt [Xa , Xb ] = i n X c=1 11 fabc Xc (2.4) 12 2.3. ADJUNGIERTE DARSTELLUNG das bedeutet, der Kommutator zweier Generatoren Xa , Xb kann bezüglich der Basis des durch die n Generatoren aufgespannten linearen Raumes dargestellt werden. Aufgrund der Schiefsymmetrie des Kommutators gilt für die Strukturkonstanten fabc = −fbac , ebenso ist sofort ersichtlich, dass die Strukturkonstanten einer abelschen Lie Gruppe alle identisch null sind. Für unitäre Darstellungen sind die Generatoren Xa hermitesch und damit die fabc reell (2.4) [Xa , Xb ]† = −i n X ∗ fabc Xc† c=1 (2.4) † [Xa , Xb ] = [Xb , Xa ] = − [Xa , Xb ] = −i ⇒ −i n X c=1 ∗ fabc Xc† = −i n X n X fabc Xc (2.5) c=1 fabc Xc c=1 Unitäre Darstellungen sind von besonderem Interesse, da sie die Norm der quantenmechanischen Zustände invariant lassen. Im folgenden werden nur unitäre Darstellungen betrachtet und die fabc als reell angesehen. 2.3 Adjungierte Darstellung Mit Hilfe der Jacobi Identität £ ¤ £ ¤ £ ¤ Xa , [Xb , Xc ] + Xc , [Xa , Xb ] + Xb , [Xc , Xa ] = 0 (2.6) kann aus der Kommutator–Relation (2.4) für beliebige unabhängige Generatoren folgende Identität abgeleitet werden n X (fbcd fade + fabd fcde + fcad fbde ) = 0 (2.7) d=1 Definiert man über die Strukturkonstanten die Matrizen (Ta )bc def (Ta )bc = −ifabc (2.8) so erhält man aus Gleichung (2.7) die adjungierte Darstellung [Ta , Tb ] = i n X fabc Tc (2.9) c=1 Die Dimension der Darstellung entspricht der Anzahl der Generatoren n. Da alle fabc reell sind, sind die Generatoren der adjungierten Darstellung rein imaginär. Um den linearen Raum der Generatoren in der adjungierten Darstellung in einen Vektorraum zu verwandeln, kann als Skalarprodukt zweier Generatoren die Spur ihrer Darstellungsmatrizen benutzt werden tr(Ta Tb ) = ka δab Die kompakten Lie Algebren besitzen nur positive ka . Wählt man die Basis ¢ ¡ tr Ta Tb = kδab ¡ ¢ → fabc = −ik −1 tr [Ta , Tb ] Tc (2.10) (2.11) (2.12) so sind die Strukturkonstanten komplett antisymmetrisch aufgrund der zyklischen Vertauschbarkeit der Argumente der Spur und der Schiefsymmetrie des Kommutators. In dieser Basis ist die 2.4. CARTAN UNTERALGEBRA 13 adjungierte Darstellung unitär, da die Matrizen (Ta )bc rein imaginär und antisymmetrisch sind und damit auch hermitesch. (2.8) (Ta )bc † = (−ifabc )† = ifacb = −ifabc = (Ta )bc (2.13) Die Zustände der adjungierten Darstellung entsprechen den Generatoren der Lie Gruppe, der entsprechende Zustand zum Generator Xa ist |Xa i. Ebenso entsprechen Linearkombinationen der Zustände, Linearkombinationen der Generatoren. Als Skalarprodukt wählt man ¡ ¢ hXa |Xb i = tr Xa† , Xb (2.14) Die Wirkung eines Generators auf diese Zustände ist dann Xa |Xb i = = n X c=1 n X c=1 2.4 |Xc i hXc | Xa |Xb i = ifabc |Xc i = n X c=1 n X c=1 (2.8) |Xc i (Ta )cb = n X c=1 −ifacb |Xc i (2.4) |ifabc Xc i = |[Xa , Xb ]i (2.15) Cartan Unteralgebra Die maximale Menge aller kommutierenden Generatoren einer Lie Algebra bilden die Cartan Unteralgebra. Die Anzahl der Elemente dieser Menge bezeichnet man als Rang m der Unteralgebra. Für eine bestimmte irreduzible Darstellung lassen sich m unabhängige, hermitesche Cartan Generatoren Hi finden Hi = Hi† 2.4.1 [Hi , Hj ] = 0 (2.16) Gewichte einer Darstellung In der Physik sind quantenmechnische Zustände vollständig durch die Eigenwerte aller miteinander kommutierender hermitescher Operatoren bestimmt. Ebenso können m nichtlineare, invariante Operatoren (sogenannte Casimir-Operatoren), die mit allen Elementen der Cartan Algebra kommutieren nach dem Racah’sches Theorem, konstruiert werden. Die Cartan Generatoren Hi können simultan diagonalisiert werden. Die Eigenwerte zu den Eigenzuständen diagonalisierter, hermitescher Cartan Generatoren Hi einer Darstellung D, werden Gewichte genannt und lassen sich zu einem (reellen) m-komponentigen Gewichtsvektor µ zusammenfassen µ, Di = µi |µ µ, Di Hi |µ 2.4.2 i = 1...m mit µ = (µ1 , . . . , µm ) (2.17) Wurzeln einer Darstellung Die Gewichte der adjungierten Darstellung bezeichnet man als Wurzeln. Das bedeutet die Wurzeln der Zustände, die Cartan Generatoren entsprechen, sind null (2.15) Hi |Hj i = |[Hi , Hj ]i = 0 (2.18) Alle anderen Zustände |Eα i besitzen von null verschiedene Wurzelvektoren α mit den Komponenten αi Hi |Eα i = αi |Eα i i = 1...m mit α = (α1 , . . . , αm ) (2.19) 14 2.4. CARTAN UNTERALGEBRA Damit findet man folgende nützliche Relation (2.15) (2.19) Hi |Eα i = |[Hi , Eα ]i = αi |Eα i = |αi Eα i ⇒ [Hi , Eα ] = αi Eα (2.20) Bildet man die adjungierte der Gleichung (2.20), so erhält man £ ¤ £ ¤ [Hi , Eα ]† = Eα† , Hi = − Hi , Eα† = −αi |Eα i† ⇒ Eα† = E−αα 2.4.3 (2.21) (2.22) Allgemeine Auf- und Absteigeoperatoren Die beiden Operatoren Eα und E−αα können als allgemeine Auf- und Absteigeoperatoren für die Gewichte betrachtet werden µ, Di) = [Hi , E±αα ] |µ µ, Di + E±αα Hi |µ µ, Di Hi (E±αα |µ µ, Di + µi E±αα |µ µ, Di = ±αi E±αα |µ µ, Di) = (µi ± αi ) (E±αα |µ (2.23) µ, Di das Gewicht µ ± α . Jedoch kann man so noch nicht eindeutig festund somit besitzt E±αα |µ legen, welcher Operator das Gewicht erhöht oder erniedrigt, da die Wurzelvektoren α durchaus negativ sein können (siehe Abschnitt 4.2.1). Allgemein ermöglichen die „Auf- und Absteigeoperatoren“∗ E±αα von Gewicht zu Gewicht zu gelangen. Zustände die verschiedenen Gewichten entsprechen, stehen orthogonal aufeinander, da sie verschiedene Eigenwerte von mindestens einem der Cartan Generatoren Hi besitzen. So können die Zustände der adjungierten Darstellung |Eα i auf einfache Weise normiert werden ­ ¯ ®(2.14) ¡ † ¢ (2.24) Eα ¯Eβ = tr Eα Eβ = kE δα β In der adjungierten Darstellung gilt für die Zustände Eα |E−αα i Hi (Eα |E−αα i) = [Hi , Eα ] |E−αα i + Eα Hi |E−αα i = αi Eα |E−αα i − αi Eα |E−αα i = (α − α)i (Eα |E−αα i) = 0 (2.25) Der Zustand Eα |E−αα i besitzt die Wurzel null und muss deshalb (nach Gleichung 2.18) durch eine Linearkombination von Zuständen, die den Cartan Generatoren entsprechen, darstellbar sein Eα |E−αα i = |[Eα , E−αα ]i = m X i=1 βi |Hi i (2.26) βi kann aus Gleichung (2.26) berechnet werden (2.15) (2.11) (2.14) βi hHi |Hi i = βi k = hHi | Eα |E−αα i = hHi |[Eα , E−αα ]i = tr (Hi [Eα , E−αα ]) (2.20) (2.24) = tr (E−αα [Hi , Eα ]) = αi tr (E−αα Eα ) = αi kE (2.27) so dass der Kommutator der Auf- und Absteigeoperatoren durch folgende Linearkombination gegeben ist m kE X αi Hi [Eα , E−αα ] = k (2.28) i=1 ∗ Später werden ganz bestimmte linear unabhängige Operatoren die Auf- und Absteigeoperatoren sein, aber um die Notation nicht unnötig zu verkomplizieren werden E±α α ebenso bezeichnet 3 Lie Gruppe SU(2) 3.1 Lie Algebra der Gruppe SU(2) Zunächst ist es hilfreich, die bis jetzt definierten Begriffe auf die Gruppe SU(2) anzuwenden und diese dann auf allgemeine Lie Gruppen zu verallgemeinern, insbesondere der Gruppe SU(3). Die Gruppe SU(2) wird durch 3 hermitesche und spurlose Generatoren J1 , J2 , J3 erzeugt: [Jj , Jk ] = iǫjkl Jl (3.1) wobei ǫjkl den total antisymmetrischen Tensor beschreibt (und sich damit die Summe über l erübrigt). Der Rang der Algebra der SU(2) ist eins, die Cartan Unteralgebra besteht nur aus einem Element J3 und die Gewichts- und Wurzelvektoren sind eindimensional. Die verbliebenden beiden Generatoren J1 und J2 bilden den Auf- und Absteigegenerator J ± J ± = (J1 ± iJ2 ) (3.2) mit den Kommutator–Relationen ¤ J3 , J ± = ±J ± £ + −¤ J , J = 2J3 £ (3.3) (3.4) Das bedeutet nach Gleichung (2.20) und (2.28) dass die Wurzeln der SU(2) nur 1 und −1 sein können. Dies lässt sich ganz allgemein auf alle kompakten Lie Gruppen erweitern, deren Alα eine SU(2) Unteralgebra gebren für jedes nicht verschwindende Paar von Wurzelvektoren ±α besitzt. Das bedeutet die Kenntnis der irreduziblen Darstellungen der SU(2) genügt um alle irreduziblen Darstellungen der vollständigen Algebra zu bestimmen. Mittels des Auf- und Absteigeoperators können durch Absteigen vom höchsten Gewicht alle irreduziblen Darstellungen konstruiert werden. Die Operatoren J ± erhöhen bzw. erniedrigen das Gewicht (entsprechend Gleichung 2.23) £ ¤ J3 J ± |j, mi = J3 , J ± |j, mi + J ± J3 |j, mi = ±J ± |j, mi + mJ ± |j, mi = (m ± 1) J ± |j, mi 15 (3.5) 16 3.2 3.2. KONSTRUKTION IRREDUZIBLER DARSTELLUNGEN Konstruktion irreduzibler Darstellungen Unter der Annahme es handelt sich um eine endlich dimensionale Darstellung, existiert ein Zustand mit dem größter Eigenwert mmax J3 |j, mmax i = mmax |j, mmax i (3.6) Dann lassen sich damit alle Zustände der irreduziblen Darstellung aus dem größten Gewicht konstruieren. Als höchste Gewicht wählt man mmax = j (vgl. quantenmechanische Notation) J + |ji = 0 J − |ji = Nj |j − 1i (3.7) Die Nj sind so gewählt, dass die Zustände orthonomiert sind. k–maliges Anwenden des Absteigeoperators liefert J − |j − ki = Nj−k |j − k − 1i (3.8) Ebenso kann mit Hilfe von J + aufgestigen werden J + |j − k − 1i = Nj−k |j − ki (3.9) Die Normierungskonstante Nj−k kann durch Absteigen und erneutes Aufsteigen bestimmt werden (3.9) (3.8) J + J − |j − ki = Nj−k J + |j − k − 1i = Nj−k Nj−k |j − ki 2 ⇒ Nj−k = hj − k| J + J − |j − ki (3.10) 2 Der Ausdruck für Nj−k kann berechnet werden 2 Nj−k = hj − k| J + J − |j − ki £ ¤ = hj − k| J + , J − |j − ki + hj − k| J − J + |j − ki (3.4) = hj − k| J3 |j − ki + Nj−k+1 hj − k| J − |j − k + 1i (3.8) = (j − k) hj − k|j − ki + Nj−k+1 Nj−k+1 hj − k|j − ki 2 = Nj−k+1 +j −k Dies führt auf eine leicht zu lösende Rekursion p Nj−k = (2j − k)(k + 1) (3.11) (3.12) Ebenso muss ein kleinstes Gewicht existieren, so dass nach l–maligem Anwenden des Absteigeoperators J − |j − li = 0 gilt und die Norm des Zustandes J − |j − li verschwinden muss Nj−l = p (2j − l)(l + 1) = 0 (3.13) Da l nicht negativ sein kann, kann auch der Faktor l + 1 nicht verschwinden, es bleibt also j = 2l . Das kleinste Gewicht nach l fachen Abstieg ist dann mmin = j − l = ⇒ m = −j . . . j l l − l = − = −j 2 2 (3.14) (3.15) m kann also alle ganzahligen Werte zwischen j und −j annehmen und j selbst kann ein Vielfaches von l sein, wobei l natürlich eine ganze Zahl ist. Daraus folgt zum einen dass j die Werte 0, 12 , 1, 23 , . . . annehmen kann und zum anderen, dass es zu jeder Spin j Darstellung, 2j + 1 Basiszustände gibt, die Darstellung also (2j + 1)–dimensional ist. Wählt man als Notation der 3.3. VERSCHIEDENE DARSTELLUNGEN DER SU(2) 17 Basiszustände |j, mi mit dem mten Basisvektor der jten Darstellung. Die Darstellungsmatrizen von J3 in dieser Basis sind definiert durch (J3 )m′ m = hj, m′ | J3 |j, mi = m hj, m′ |j, mi = mδm′ m (3.16) Die Darstellungsmatrizen von J ± lassen sich mit m = j − k einfach konstruieren, da Nj−k = Nm = p (j + m)(j − m + 1) (3.17) J + |mi = Nm+1 |m + 1i J − |mi = Nm |m − 1i (3.18) und damit folgt dann (J − )m′ m = hj, m′ | J − |j, mi = Nm hm′ |m − 1i = Nm δm′ ,m−1 + (J ) m′ m ′ + ′ = hj, m | J |j, mi = Nm+1 hm |m + 1i = Nm+1 δ m′ ,m+1 (3.19) (3.20) Aus den Darstellungsmatrizen für J ± kann man schließlich die Darstellungen der Generatoren J1 und J2 gewinnen ¡ ¢ J1 = J + + J − 3.3 3.3.1 ¡ ¢ J2 = −i J + − J − (3.21) Verschiedene Darstellungen der SU(2) Spin 1/2 Darstellung (fundamentale Darstellung) J11/2 1 0 1 = 2 1 0 J21/2 1 0 −i = 2 i 0 J31/2 1 1 0 = 2 0 −1 mit den Pauli Matrizen σi = 2Ji1/2 − 21 ¾ - • • - 1 2 Abbildung 3.1: Gewichte der fundamentalen Darstellung Der Auf- und Absteigeoperator 0 1 J + = J1 + iJ2 = 0 0 0 0 J − = J1 − iJ2 = 1 0 bildet die Differenz der beiden Gewichte. Die Skalarprodukte der Darstellungsmatrizen tr (J3 J3 ) = k = 21 und tr (J + J − ) = kE = 1 erklären den Faktor 2 in Gleichung (3.4), da kkE = 2 (vgl. mit Gleichung 2.28). 3.3. VERSCHIEDENE DARSTELLUNGEN DER SU(2) 18 3.3.2 Spin 1 Darstellung (adjungierte Darstellung) 0 1 0 1 J11 = √ 1 0 1 2 0 1 0 0 −i 1 J21 = √ i 2 0 0 1 1 J3 = 0 0 −i 0 0 i 0 0 0 0 −1 0 Die Zustände, die den Auf- und Absteigeoperatoren entsprechen, sind diejenigen mit Wurzel 1 bzw. −1 (entsprechend Gleichung 2.19) der Zustand mit Wurzel null entspricht dem Generator der Cartan Unteralgebra J3 . −1 • ¾ 0 • 1 • J+ J− Abbildung 3.2: Wurzeln (Gewichte der adjungierten Darstellung) 3.3.3 Spin 3/2 Darstellung J13/2 0 q 3 2 = 0 0 q 3 2 0 0 2 2 0 q 0 0 3 2 0 q 3 2 0 J33/2 3 2 0 = 0 0 J23/2 q 0 0 0 − 32 i q 3 2i 0 −2i 0 q = 0 2i 0 − 32 i q 3 0 0 i 0 2 0 0 1 2 0 0 − 12 0 0 0 0 0 − 23 Die Gewichte aller höher dimensionalen Darstellungen können auch durch die beiden Auf- und Absteigeoperatoren erreicht werden. − 23 • ¾ − 21 • J− 1 2 3 2 • • J+ Abbildung 3.3: Gewichte der Spin 3/2 Darstellung 3.5. GEOMETRISCHE KLASSIFIKATION KOMPAKTER LIE GRUPPEN 3.4 19 Verallgemeinerung – SU(2) Unteralgebren α eine SU(2) Allgemein existiert für jedes Paar von nicht verschwindenden Wurzelvektoren ±α ∗ Unteralgebra der Gruppe mit den Generatoren ± E = αk−1 kα α 2 E±α αk2 = kα αk−2 E3 = kα 2 α·H α·H = " #1 (3.22) αi gij Hi (3.23) m X i=1 m X 2 2 |αi | i,j=0 Die zwei Zustände der adjungierten Darstellung |E + i und |E − i entsprechen den Auf- und Absteigeoperatoren der SU(2) Unteralgebra. Der Zustand, welcher der adjungierten Darstellung der E3 entspricht, besitzt die Wurzel null. Eine Lie Algebra vom Rank m enthält genau m kommutierende Cartan Generatoren. Die verbleibenden (n − m) Generatoren der Lie Algebra spalten sich dann in zwei konjugierte Klassen auf, welche den positiven Wurzeln α (mit [Hi , Eα ] = αi Eα ) und den α (mit [Hi , E−αα ] = −αi E−αα ) entsprechen. Es lässt sich außerdem zeigen, negativen Wurzeln −α dass nur eindeutige Paare ±αi existieren. 3.5 Geometrische Klassifikation kompakter Lie Gruppen Die Allgemeine Wirkung von E3 auf einen Zustand in der Darstellung D ist (3.23) αk−2 α · H |µ µ, Di = kα αk−2 α · µ |µ µ, Di = µ, Di = kα E3 |µ α·µ µ, Di |µ α2 (3.24) Die Eigenwerte von E3 müssen ganz oder halbzahlig sein, entsprechend einer Spin j Darstellung der SU(2) Unteralgebra. α·µ 2α ∈Z α2 (3.25) Nun kann man ebenso vom höchsten bis zum tiefsten Gewicht absteigen. Es existieren positive ganze Zahlen p und q so dass µ, Di = (E + )p |µ 6 0 µ, Di = 0 (E + )p+1 |µ (3.26) µ, Di = 0 (E − )q+1 |µ (3.27) µ + pα α) und der höchste Zustand mit dem Gewicht (µ µ, Di = (E − )q |µ 6 0 µ − qα α) ist. Wendet man nun E3 auf diese Zustände an, so der tiefste Zustand mit dem Gewicht (µ erhalt man die Eigenwerte (nach Gleichung 3.25) in der SU(2) Spin j Darstellung µ + pα α) α · (µ α·µ (3.15) = +p =j 2 α α2 µ − qα α) α · (µ α·µ (3.15) = − q = −j α2 α2 (3.28) (3.29) Der Eigenwert des höchsten Gewichtes ist in der Spin j Darstellung j und der tiefste Eigenwert entsprechend −j. Die Addition der beiden Gleichungen (3.28) und (3.29) ergibt die sogenannte „Masterformel“ 1 α·µ = − (p − q) α2 2 ∗ gij entspricht einem metrischen Tensor, der die Norm der Generatoren berücksichtigt (3.30) 20 3.5. GEOMETRISCHE KLASSIFIKATION KOMPAKTER LIE GRUPPEN wobei p und q angeben, wie oft man vom Zustand mit dem Gewicht µ auf- bzw. absteigen kann. Die Subtraktion beider Gleichungen ergibt eine weitere nützliche Relation p + q = 2j (3.31) Mit Hilfe der Masterformel (3.30) kann man nun eine einfache Bedingung für den Winkel zwischen zwei Wurzelvektoren α und β zweier verschiedener SU(2) Unteralgebren mit den Operatoren Eα und Eβ herleiten. α·β 1 = − (pα − qα ) α2 2 1 β·α = − (pβ − qβ ) 2 β2 für Eα (3.32) für Eβ (3.33) wobei pi bzw. qi angibt wie oft in Richtung des entprechenden Operators auf bzw. abgestiegen werden kann. Mittels Multiplikation der beiden Gleichungen (3.32) und (3.33) und der geometrischen Definition des Skalarproduktes erhält man schließlich ¡ ¢ (pα − qα ) pβ − qβ α · β )2 (α (3.34) cos2 θα β = = 4 α2β 2 ¡ ¢ Da (pα − qα ) pβ − qβ eine positive ganze Zahl sein muss, gibt es genau 4 Fälle ¡ ¢ (pα − qα ) pβ − qβ θα β 0 90◦ 1 60◦ oder 120◦ 2 45◦ oder 135◦ 3 30◦ oder 150◦ Tabelle 3.1: Mögliche Winkel zwischen α und β ¢ ¡ Die letzte Möglichkeit (abgesehen von Vielfachen einer Periode) ist (pα − qα ) pβ − qβ = 4, welche den Winkeln 0◦ bzw. 180◦ entspricht. Ein Winkel von 0◦ ist nicht möglich, da jede Wurzel eindeutig sein muss und zwei verschiedene Wurzeln gewählt wurden, der Winkel von 180◦ beschreibt lediglich die Tatsache, dass zu jeder Wurzel innerhalb einer SU(2) Unteralgebra auch die mit entgegengesetztem Vorzeichen auftritt. 4 Lie Gruppe SU(3) 4.1 Lie Algebra der SU(3) Die Gruppe SU(3) wird von acht hermiteschen und spurlose Generatoren Ti erzeugt. Ihre Darstellungen sind Verallgemeinerungen der Pauli Matrizen σi , die sognannten Gell–Mann Matrizen λi , wobei die Generatoren die Darstellung Ti = 12 λi besitzen 0 1 0 0 −i 0 1 0 0 1 1 1 T1 = 1 0 0 T2 = i 0 0 T3 = 0 −1 0 2 2 2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 −i 0 0 0 1 1 1 T4 = 0 0 0 T5 = 0 0 0 T6 = 0 0 1 2 2 2 1 0 0 i 0 0 0 1 0 0 0 1 T7 = 0 0 2 0 i 4.1.1 0 −i 0 1 0 0 1 T 8 = √ 0 1 0 2 3 0 0 −2 Wurzel und Gewichte der SU(3) In der Basis der Gell–Mann Matrizen (physikalische Standardbasis) sind die Generatoren T3 und T8 diagonal, die Cartan Algebra der SU(3) wir aus den beiden Diagonalmatrizen T3 und T8 gebildet [T3 , T8 ] = 0 H1 = T 3 H2 = T 8 (4.1) Die Cartan Algebra und die Gewichts- und Wurzelvektoren sind damit zweidimensional, die SU(3) besitzt den Rang 2. Aus den beiden Diagonalmatrizen T3 und T8 lassen sich sofort die Komponenten der Gewichtsvektoren ermitteln ³ ³ ³ √ ´t √ ´t √ ´t 1 3 3 3 1 − 0 − 2 6 2 6 3 21 4.1. LIE ALGEBRA DER SU(3) 22 T8 T8 6 “ − 12 √ 3 6 ”t • 6 • “ • “ 0 − √ 3 6 1 2 • ”t - √ 3 3 • T3 ”t • • • • T3 • Abbildung 4.1: Gewichte und Wurzeln der SU(3) Das Skalarprodukt der Generatoren hTa |Tb i = tr (Ta Tb ) = 1 δab 2 (4.2) liefert ebenso ein k = 21 entsprechend der SU(2). Die Wurzeln sind Differenzen der Gewichte, da die Generatoren die den Zuständen der adjungierten Darstellung entsprechen, von einem Gewicht zum anderen Gewicht zeigen. Die verbleibenden sechs Generatoren bilden die Auf- und Absteigeoperatoren für die drei verschiedenen Wurzelpaare. T8 T8 6 6 -• • • • •¾ T3 • -• • • T3 • Abbildung 4.2: Wirkung der Auf- und Absteigeoperatoren und ihre entsprechenden Zustände mit den entsprechenden Generatoren: 1 √ (T1 ± iT2 ) = E±1,0 2 1 √ (T4 ± iT5 ) = E±1/2,±√3/2 2 1 √ (T6 ± iT7 ) = E∓1/2,±√3/2 2 Jedoch kann bis jetzt nicht klar unterschieden werden, welcher Operator von einem tieferen zu einem höhreren Gewicht aufsteigt und umgekehrt. Ebenso sieht man leicht, dass in dem zwei- 4.2. POSITIVE GEWICHTE UND EINFACHE WURZELN 23 T8 T8 6 6 negativ negativ positiv • • • negativ - positiv • T3 • positiv • • negativ negativ • • T3 positiv • Abbildung 4.3: Negative und positive Gewichte und Wurzeln der SU(3) dimensionalen Raum von drei Auf- und Absteigeoperatoren ein Paar an Operatoren linear abhängig sein muss. Diese beiden „Probleme“ können durch positive bzw. einfache Wurzeln einer Darstellung gelöst werden. 4.2 4.2.1 Positive Gewichte und einfache Wurzeln Positive Gewichte Um Auf- und Absteigeoperatoren zu definieren, benötigt man das „Konzept“ der Positivität. Ein Gewicht ist positiv, falls die erste nichttriviale Komponente des Gewichtsvektors positiv ist, ansonsten spricht man von negativen Gewichten. Damit können die Gewichte wie folgt geordnet werden µ>ν falls µ − ν positiv (4.3) Somit kann das größtes (höchste) Gewicht einer Darstellung eindeutig festgelegt werden. Ein Aufsteigeoperator entspricht den positiven Wurzeln der adjungierten Darstellung, während ein Absteigeoperator den Zuständen negativer Wurzeln entspricht. Die beiden Zustände die den Elementen der Cartan Unteralgebra entsprechen, besitzen nach wie vor die Wurzel null, welche weder positiv noch negativ ist. 4.2.2 Einfache Wurzeln Einfache Wurzeln sind positive Wurzeln, die nicht als Summe anderer positiver Wurzeln dargestellt werden können. Somit lassen sich entsprechend einer Basis eines n–dimensionalen Vektorraums, m einfache Wurzeln einer adjungierten Darstellung bestimmen, aus denen alle Wurzeln rekonstruiert werden können. Insbesondere lässt sich somit der höchste Zustand einer irreduziblen Darstellung eindeutig festlegen, da alle den einfachen Wurzeln entsprechenden Aufsteigeoperatoren diesen Zustand vernichten. Zur Bestimmung der einfachen Wurzeln können einfache Regeln aufgestellt werden. Sind α und β verschiedene einfache Wurzeln, dann ist α − β keine Wurzel, falls β > α , denn β − β −α α). Dies steht im Widerspurch zur Definition, dass einfache Wurzeln α > 0 und damit β = α +(β nicht als Summen von positiven Wurzeln geschrieben werden können. Der Winkel zwischen zwei einfachen Wurzeln lässt sich mit Hilfe der Masterformel (3.30) bestimmen ¯ ® E−αα ¯Eβ = Eβ |Eα i = 0 (4.4) 24 4.2. POSITIVE GEWICHTE UND EINFACHE WURZELN da α − β bzw. die Inverse β − α keine Wurzeln sind. Dies führt mit (3.30)auf α·β 1 = − (pα − qα ) 2 α 2 (4.5) ¯ ® mit qα = 0 da von ¯Eβ nicht abgestiegen werden kann. Gleiches gilt für |Eα i man erhält ¢ 1¡ β·α 2 = − 2 pβ − qβ β mit qβ = 0. Daraus folgt (4.6) β·α pβ =− 2 β2 α·β pα =− α2 2 (4.7) und schließlich der Winkel θα β zwischen zwei einfachen Wurzeln und ihre relativen Längen cos θα β √ pα pβ =− 2 β2 pα = α2 pβ (4.8) Der Winkel θα β zwei beliebigen einfachen Wurzeln ist somit (siehe auch Tabelle 3.1) π ≤θ<π 2 (4.9) Daraus folgt, dass einfache Wurzeln linear unabhängig sind, es lässt sich sogar zeigen, dass die Algebra der einfache Wurzeln vollständig ist. Der Rang der Cartan Unteralgebra m ist gleich der Anzahl der einfachen Wurzeln. Jede positive Wurzel ω kann als Linearkombination von einfachen Wurzeln dargestellt werden ω= m X ki α i=0 k= m X i=0 ki , k ≥ 0 (4.10) Mit Hilfe der Masterformel (3.30) 1 α·ω = − (pω − qω ) 2 α 2 (4.11) können alle Wurzeln ω bestimmt werden und als Linearkombination einfacher Wurzeln dargestellt werden. Damit lassen sich linear unabhängige Auf- und Absteigeoperatoren bestimmen, die den Zuständen einfachen Wurzeln entsprechen. 4.2.3 Einfache Wurzeln der SU(3) ¡ ¢t Die positive Wurzel 1 0 ist die Summe der beiden anderen positiven Wurzeln: 1 α 1 = √2 3 2 Außerdem gilt: und ¡ α1 ¢2 ¡ ¢2 = α2 = 1 α2 = − 1 2 √ 3 2 α1 · α2 = − α2 · α1 α1 · α2 2α 2α = = −1 2 α1 ) α 2 )2 (α (α 1 2 (4.12) (4.13) (4.14) ¯ ® ¯α 2 nicht (in Richtung Da α 2 − α 1 keine Wurzel ist, kann von dem entsprechenden Zustand ¯ ® 1 1 ¯ α mit E−αα1 ) abgestiegen werden. Gleiches gilt für den Zustand α und dem ¯ Absteigeoperator ¯ ® ® E−αα2 da α 2 − α 1 auch keine Wurzel ist. Aus der Masterformel folgt p = 1 für ¯α 2 und ¯α 1 . 4.2. POSITIVE GEWICHTE UND EINFACHE WURZELN 25 T8 T8 6 6 α2 −α simple • • • • α1 • • α1 − α 2 −α - • α1 + α2 • • T3 • α1 −α • • simple • T3 α2 • Abbildung 4.4: Einfache Wurzeln der SU(3) Die SU(3) besitzt zwei linear unabhängige Auf- und Absteigeoperatoren E±αα1 und E±αα2 ¯ ® ¯ ® Eα 2 ¯α 1 = ¯α 2 + α 1 ¯ ® ¯ ® Eα 1 ¯α 2 = ¯α 1 + α 2 (4.15) α1 + α 2 ist keine Wurzel, da von α 1 + α 2 einmal mit Eα 1 abgestiegen werden kann und somit 2α qα 1 = 1 ist. Dann ist nach der Masterformel pα 1 = 0 da ¡ ¢ α1 · α 1 + α 2 2α = − (pα 1 − qα 1 ) = 1 α 1 )2 (α (4.16) Daraus folgt, dass von α 1 + α 2 nicht aufgestiegen werden kann. Dieselbe Argumentation kann α2 durchgeführt werden. Das Ziel ist, alle Wurzeln aus den einfachen Wurzeln zu befür α 1 + 2α rechnen: Dazu bildet man zu jedem Zustand einen Kasten mit den Werten (q − p) bzgl. den beiden Aufund Absteigeoperatoren E±αα1 und E±αα2 2 −1 qα 1 = 2 qα 2 = 0 pα 1 = 0 pα 2 = 1 Die Zustände die den Cartan Generatoren entsprechen, besitzen die Wurzel null, dass bedeutet nach Gleichung (3.30) q − p = 0. 2 −1 −1 0 0 2 α1 , α2 Hi α1 Die einzige Wurzel die aus den beiden einfachen Wurzeln gebildet werden kann ist α 1 + α 2 (2α ist keine Wurzel, da nur Vielfache mit Faktor ±1 einer Wurzel existieren, siehe Seite 15) 26 4.3. FUNDAMENTALE GEWICHTE 1 2 1 −1 −1 0 α1 + α2 2 0 α1 , α2 Hi Die Verbindungslinien stellen die Wirkung der jeweiligen Auf- und Absteigeopertoren E±αα1 und E±αα2 dar (folgt man der blauen Linie so muss der Kasten 2 − 1 addiert werden, entsprechend für die rote Linie der Kasten −1 2 ). 1 α1 + α2 α1, α2 2 −1 6 −1 0 Hi T8 1 α2 −α 2 α1 − α 2 −α • 0 α1 −α α2 , −α α1 −α α1 − α 2 −α 4.3 −2 1 −2 α1 • • • • α2 • 1 α1 + α2 T3 • −1 −1 Fundamentale Gewichte Die Darstellungen der SU(3) lassen sich nach so genannten fundamentalen Gewichten µ l klassifizieren. Die Beschreibung der einzelnen Darstellungen erfolgt dann über die Dynkin Koeffizenten l. Für ein höchstes Gewicht µ einer irreduziblen Darstellung gilt µi = 0 Eα j |µ ⇔ pα j = 0 ∀j (4.17) mit der Masterformel (3.30) folgt daraus αj · µ 2α = lj α j )2 (α lj > 0 (4.18) Jedes höchste Gewicht µ kann eindeutig nach der Basis der fundamentalen Gewichte µ j entwickelt werden. Die Entwicklungs–Koeffizenten werden dann Dynkin Koeffizenten l j genannt µ= m X l j µj (4.19) j=0 ¡ ¢ Die Dynkin Koeffizenten l 1 . . . l j charakterisieren eindeutig das höchste Gewicht einer irreduziblen Darstellung. Die m zu den fundamentalen Gewichten µ j gehörenden irreduziblen Darstellungen, nennt man fundamentale Darstellungen. 4.3. FUNDAMENTALE GEWICHTE 4.3.1 27 Fundamentale Darstellungen der SU(3) • µ 1 oder (1, 0)–Darstellung (3 dimensional) mit dem höchsten Gewicht ³ µ 1 = 1/2 ´t √ 3/6 T8 6 1 µ1 0 µ1 − α1 − α2 −1 µ1 − α1 µ1 α1 • 1 • • α2 µ −α −α µ1 - 1 µ −α T3 1 0 −1 • µ 2 oder (0, 1)–Darstellung (3 dimensional) mit dem höchsten Gewicht ³ ´t √ µ 2 = 1/2 − 3/6 T8 6 0 µ2 1 • µ2 − α1 µ2 − α1 − α2 4.3.2 1 −1 • µ2 − α2 − α1 −1 µ2 − α2 • T3 µ2 0 Komplexe Konjugation der Darstellungen Durch komplexe Konjugation können die beiden fundamentalen Darstellung (1, 0) und (0, 1) ineinander überführt werden. Dabei werden die Gewichte invertiert, da die Cartan Generatoren hermitesch sind. Insbesondere ist das tiefste Gewicht, das negierte höchste Gewicht der komplex konjugierten Darstellung. ¡ ¢ ∗ l 1 , l 2 −→ (l 2 , l 1 ) (4.20) Darstellungen der Form (l, l) nennt man auch reelle Darstellungen, da sie durch komplexe Konjugation in sich selbst überführt werden. Bezeichnet man die Darstellung nur durch ihre Dimensionalität d, so werden die komplex konjugierten Darstellungen durch d gekennzeichnet. 28 4.3. FUNDAMENTALE GEWICHTE T8 6 µ2 −µ 1 µ −µ µ1 • • • • • 2 µ • T3 Abbildung 4.5: Die Wurzeln von 3 und 3 4.3.3 Weitere Darstellungen der SU(3) µ1 oder (2, 0)–Darstellung (6 dimensional) mit dem höchsten Gewicht • 2µ ³ ´t √ µ1 = 1 2µ 3/3 µ1 2µ 2 T8 0 6 0 µ1 − α 1 2µ µ1 − α1 − α2 2µ µ1 − 2α α1 2µ µ1 − α1 − α2 2µ • 1 −1 −2 −1 µ1 − 2α α1 − α 2 2µ µ1 − 2α α1 − 2α α2 2µ 1 2 • • 2µ µ1 - • 2µ µ 1 − α 1 T3 • • 2µ µ1 − 2α α1 0 0 −2 µ2 oder (0, 2)–Darstellung (6 dimensional) mit dem höchsten Gewicht • 2µ ³ ´t √ µ2 = 1 − 3/3 2µ 0 µ2 2µ 2 T8 6 1 µ2 − α 2 2µ µ2 − 2α α2 2µ µ2 − α 1 − α 2 2µ µ2 − α 1 − 2α α2 2µ µ2 − 2α α1 − 2α α2 2µ 2 −2 0 • • −1 1 • 0 −1 −2 0 • • • 2µ µ2 T3 4.3. FUNDAMENTALE GEWICHTE 4.3.4 29 Adjungierte Darstellungen der SU(3) (1, 1)–Darstellung (8 dimensional) mit dem höchsten Gewicht ³ ´t µ1 + µ2 = 1 0 1 µ1 + µ2 2 −1 µ1 + µ2 − α1 −1 µ1 + µ2 − α2 − α1 µ2 α1 T8 6 µ1 + µ2 − α2 µ1 1 0 2 µ +µ −α −α −2 1 −2 • • 1 µ1 + µ2 − α2 µ1 + µ2 - • • • 0 α2 α2 µ 1 + µ 2 − α 1 − 2α • • T3 µ1 + µ2 − α1 α1 − α 2 µ 1 + µ 2 − 2α −1 −1 α1 − 2α α2 µ 1 + µ 2 − 2α 4.3.5 Höherdimensionale Darstellungen der SU(3) (3, 0)–Darstellung (10 dimensional) mit dem höchsten Gewicht ´t √ 3/2 ³ µ1 = 3/2 3µ 3 µ1 3µ 0 1 µ1 − α 1 3µ µ1 α1 3µ µ − 2α α µ1 1 T8 6 2 −1 −1 0 α1 3µ µ − 3α α 0 2 −3 • 3 • • 1 −2 −1 −1 0 −3 −2 1 • • • µ1 3µ • • µ1 − α 1 3µ - T3 • 3µ µ − 2α α 1 • 3µ µ1 − 3α α1 1 Three quarks for Muster Mark! Sure he has not got much of a bark And sure any he has it’s all beside the mark. James Joyce [7] 5 Die Flavor–Symmetrie: SU(3)flavor 5.1 Hyperladung und Strangeness In den 1950ger Jahren wurden „seltsame“ Teilchen entdeckt, die in Paaren bei Streuprozessen von stark wechselwirkenden Teilchen erzeugt wurden. Diese Teilchen nannte man seltsame Teilchen, da sie durch Prozesse der starken Wechselwirkung erzeugt werden, jedoch viel langsamer zerfallen als die starke Wechselwirkung erlaubt. Tatsächlich zerfallen diese seltsamen Teilchen über Prozesse der schwachen Wechselwirkung. Führt man den sogenannten Isospin ein, so kann man das Neutron n und das Proton p als zwei unterschiedliche Repräsentationen eines Teilchens auffassen. Dieses Isospin–Dublett ist jedoch nur Invariant bzgl. der starken Wechselwirkung. Folgende Annahmen helfen bei der Beschreibung der Isospin–Invarianz • näherungsweise gleiche Massen der Neutronen und Protonen • elektrische Ladungsunabhängigkeit der Kernkräfte welche durch die elektromagnetische und schwache Wechselwirkung gebrochen wird (z.B. verringert die elektromagnetische Wechselwirkung die Masse des Protons, während die schwache Wechselwirkung den Zerfall des Neutrons ermöglicht). Durch die Einführung einer neuen Quantenzahl der „Strangeness“ S, welche nur bei der starken und elektromagnetischen Wechselwirkung erhalten ist, lassen sich alle Hadronen durch Isopin–Multipletts beschreiben. Dazu führte Gell–Mann (und Nishijima) eine weitere additive Quantenzahl ein, die Hyperladung Y = S + B. Die Hyperladung setzt sich aus der Baryonenzahl B und der Strangeness S zusammen. Gell– Mann–Nishijima Relation definiert die elektrische Ladung Q (manchmal auch Ladungsquantenzahl genannt) über Q = T3 + Y 2 (5.1) wobei T3 die 3-Komponente √ des Isospins und Y die Hyperladung ist. Trägt man für Baryonen (B = 1) T3 gegen T8 = 3Y /2 auf, so erhält man das Baryonenoktett, das der adjungierten Darstellung der SU(3) entspricht. 30 5.1. HYPERLADUNG UND STRANGENESS 31 £ ¤ Masse MeV/c2 Teilchen S T T3 Q n 0 1 2 − 21 0 p 0 1 2 1 2 1 938 Σ− −1 1 −1 −1 1197 0 Σ −1 1 0 0 1192 Σ+ −1 1 1 1 1189 Λ0 −1 0 0 0 1115 Ξ− −2 1 2 − 21 −1 1321 Ξ0 −2 1 2 1 2 0 1314 939 1 2 Tabelle 5.1: Baryonenoktett mit Spin 5.1.1 Baryonen Baryonenoktett Aus der Tabelle 5.1 kann man leicht die verschiedenen Isospin–Multipletts entnehmen. Neutronen und Protonen (Nukleonen N) bilden ein Isospin–Dublett, dass einer Spin 12 Darstellung der SU(2) entspricht, ebenso wie die Ξ–Teilchen. Die Σ–Teilchen bilden ein Isospin–Triplett und die Λ–Teilchen ein Singulett. Die Massen innerhalb einer SU(2) Darstellungen sind nahezu gleich. Alle Teilchen mit halbzahligen Spin (Fermionen) besitzten ein Antiteilchen, welches dieselbe Energie bzw. Masse besitzt, jedoch eine invertierte Ladung Q. Aufgrund der Ladungsumkehr der Antiteilchen, werden auch die Quantenzahlen T3 und Y nach Gleichung (5.1) invertiert, ebenso wie die Quantenzahlen B und S. Neutrale Teilchen besitzen aufgrund der Gell–Mann–Nishijima Relation ebenfalls Antiteilchen. Diese Antiteilchen unterscheiden sich tatsächlich von ihrem Teil0 chen, z.B. ist das Antiteilchen Λ nicht identisch mit dem Teilchen Λ0 . Bosonen besitzen auch Antiteilchen, diese können aber durchaus identisch sein (siehe z.B. Pionen auf Seite 32 unten). √ 3 2 Y √ 3 2 Y 6 − Ξ Ξ Σ+ Σ0 Λ0 Σ− 0 p n 6 - + 0 Σ Σ Λ 0 − Σ T3 Ξ− Ξ0 T3 p n Abbildung 5.1: Das Antibaryonen–Oktett (rechts) enthält alle Antiteilchen des Baryonen–Oktetts 32 5.1. HYPERLADUNG UND STRANGENESS £ ¤ Masse MeV/c2 Teilchen S T T3 Q K+ 1 1 2 1 2 1 K0 1 1 2 − 21 0 497 K −1 1 2 1 2 0 497 K– −1 1 2 − 21 −1 493.84 π+ 0 1 1 1 139.5 π0 0 1 0 0 139.5 − 0 1 −1 −1 139.5 0 0 0 0 0 π η 493.89 1314 Tabelle 5.2: Mesonenoktett mit Spin 0 Mesonen 5.1.2 Mesonenoktett Die Mesonen (B = 0) können auch in ein (T3 , T8 ) Diagramm eingetragen werden und bilden das Mesonen–Oktett. Das schwerere η Meson war noch nicht entdeckt als die SU(3) Symmetrie eingeführt wurde. Oft wird dem Oktett ein weiteres η ′ Meson (Singulett) hinzugefügt, man spricht dann von einem Mesonen–Nonett. √ 3 2 Y √ 3 2 Y 6 K+ K0 π0 η π− K– 0 K∗+ K∗0 π+ K 6 T3 ρ+ ρ0 ω ρ− K∗− K T3 ∗0 Abbildung 5.2: Mesonenoktetts für Spin 0 (links) und Spin 1 (rechts) Mesonen Die Kaonen bilden jeweils zwei Isospin–Dubletts für S = 1 und S = −1, die Pionen ein Isospin– Triplett und das Eta–Teilchen ein Isospin–Singulett. Auch hier sind die Massen innerhalb eines Isospin–Multipletts nahezu gleich. Das elektrisch neutrale π–Meson ist sein eigenes Antiteilchen 0 (da S = 0, B = 0, T3 = 0), während das K0 sich von seinem Antiteilchen K unterscheidet . Dies deutet daraufhin, dass alle Hadronen (stark wechselwirkende Teilchen) aus weiteren fundamentalen Teilchen aufgebaut sein müssen. Die Mesonen mit Spin 1 können als angeregte Zustände der Spin 0 Mesonen aufgefasst werden, da sie weitaus mehr Masse und damit eine höhere Anregungsenergie besitzen. Der Stern in Abbildung 5.2 macht diesen Zusammenhang deutlich (K∗0 ist der angeregte Zustand des K0 Mesons). Allgemein treten diese Anregungen bei allen Hadronen auf (siehe dazu Abschnitt 5.3). 5.2. GELL–MANN OKUBO FORMEL 5.2 33 Gell–Mann Okubo Formel Die SU(3) ist keine exakte Symmetrie der starken Wechselwirkung, da die Zustände eines SU(3) Multipletts energetisch nicht entartet sind, also nicht exakt gleiche Massen besitzen (vgl. Massenaufspaltung im Mesonenoktett (siehe Tabelle 5.2) in der Größenordnung 100/1000 = 10−1 ). Die Massenaufspaltung der Isospin–Multipletts ist jedoch viel geringer (in der Größenordnung von 10/1000 = 10−2 im Baryonenoktett (siehe Tabelle 5.1)), woraus gefolgert werden kann, dass die SU(3) Symmetrie der starken Wechselwirkung stärker gebrochen wird, als die Isospin– Symmetrie durch die elektromagnetische Wechselwirkung. Gell–Mann nahm an dass die strake Wechselwirkung in zwei Teile zerlegt werden kann • sehr starke Wechselwirkungen: invariant bzgl. der SU(3) Symmetrie. Die Baryonen und Mesonen transformieren sich wie die 8 Darstellung der SU(3). • mittel starke Wechselwirkung: Symmetriebrechung der SU(3) Symmetrie, Invarianz des Isospin T und der Hyperladung √ 2T8 / 3 bleiben jedoch erhalten. Mit Hilfe der Störungsrechnung kann für den Hamilton-Operator der starken Wechselwirkung folgender Ansatz gewählt werden: HS = HV S + HMS (5.2) wobei HV S ∗ mit allen SU(3) Generatoren kommutiert (SU(3) invarianter Anteil) und HMS ∗∗ nur √ T mit den Isospin und Hyperladungs–Generatoren 2T8 / 3. HV S kann aus den Casimiropertoren aufgebaut werden, HMS bildet den Anteil der die SU(3) Symmetrie stört. Da die Massenaufspaltung innerhalb eines SU(3) Multipletts sehr gering ist, liefert dieser Operator nur eine kleinen Beitrag zur Gesamtmasse. Damit ist auch die Störungsrechnung gerechtfertigt in Analogie zur Störungsrechnung der Quantenmechanik, HMS hebt also die Energie–Entartung der Zustände auf. Die Massenaufspaltung der schwachen Wechselwirkung ist so gering, dass sie vernachlässigt werden kann, ebenso wird die Aufhebung der Isospin–Symmetrie durch die elektromagnetische Wechselwirkung ignoriert. Die Baryonenzustände können in Tensorform dargestellt werden σ0 + √ √Λ + Σ p 6 2 (5.3) Bij = Σ− − √σ02 + √Λ6 n 2Λ Ξ− Ξ0 −√ 6 Aus der Störungsrechnung (5.2) erhält man als Matrixelement hB| HS |Bi = hB| HV S |Bi + hB| HMS |Bi (5.4) Der erste Term hB| HV S |Bi ist proportional zu einer gemeinsamen konstanten Masse M0 , während der zweite Term die geringe Massneaufspaltung beschreibt hB| HMS |Bi ≪ hB| HV S |Bi. Um die Gell–Mann Okubo Formel abzuleiten kann das verallgemeinerte Wigner–Eckart Theorem verwendet werden, welches hier nicht hergeleitet werden kann (der interessierte Leser findet eine schöne Beschreibung in [8] Kapitel 10). ¢ 1 £ ¡ 2 A |Σ| + |Ξ|2 − |Λ|2 − 2|N|2 hB| HV S |Bi = √ 12 ¡ ¢¤ + B |Σ|2 + |N|2 − |Λ|2 − 2|Ξ|2 (5.5) wobei über alle Teilchenarten einer Isospindarstellung (z.B. Nukleonen N, Ξ–Teilchen,...) summiert wird. Die Massen der Teilchen erhält man jetzt aus der gemeinsamen Masse (aus der sehr ∗ VS: engl. very strong ∗∗ MS: engl. medium strong 34 5.3. HADRONEN RESONANZEN starken Wechselwirkung) M0 und den entsprechenden Tensorkomponenten. Ein Koeffizentenvergleich mit den entsprechenden Tensorkomponenten liefert ein Gleichungssystem, in dem die Unbekannten A, B und M0 eliminiert werden können. 1 MN = M0 + √ (−2A + B) 12 1 MΣ = M0 + √ (A + B) 12 1 MΛ = M0 + √ (−A − B) 12 1 MΞ = M0 + √ (A − 2B) 12 (5.6) (5.7) (5.8) (5.9) Die Gell–Mann Okubo Formel lautet dann 2 (MN + MΞ ) = 3MΛ + MΣ (5.10) Die Berechnung der Masse der Λ Baryonen aus den bekannten Massen MN = 940 MeV c2 MeV c2 MΣ = 1190 MΞ = 1320 mit Hilfe der Gell–Mann Okubo Formel liefert ¤ 1£ MeV MΛ = 2 (MN + MΞ ) − MΣ = 1110 2 3 c MeV c2 (5.11) Verglichen mit der experimentell bestimmten Masse MΛexp = 1115 MeV/c2 ist die Abweichung der theoretische Lösung kleiner als der durch die Isospin–Symmetriebrechung verursachte Fehler. 5.3 Hadronen Resonanzen Die Hadronen können eine Vielzahl an angeregten Zuständen annehmen, z.B. höhere Spin Zustände des Mesonenoktetts (siehe Abbildung 5.2). Diese äußern sich als Resonanzen in Wirkungsquerschnitten von Streuversuchen, da die angeregten Zustände sofort in die leichten Grundzustände zurückfallen. Für die Baryonen findet man angeregte Zustände, die dem Dekuplett entsprechen (10 Darstellung der SU(3)) T8 6 ∆+ ∆0 ∆− Σ∗− ∆++ Σ∗+ Σ∗0 T3 Ξ∗− Ξ∗0 Ω− Abbildung 5.3: Angeregte Spin 3 2 Zustände der Bayronen Das Ω− –Teilchen (mit S = −3) wurde erst durch das Quarkmodell vorhergesagt. Es zerfält durch Prozesse der schwachen Wechselwirkung, wie das SU(3)flavor Modell der Quarks vorhersagt (siehe Abschnitt 5.4). Die Tatsache dass Hadronen angeregte Zustände annehmen können, lässt 5.4. QUARKS 35 T8 T8 6 6 s u d - T3 u T3 d s Abbildung 5.4: Quarks und Antiquarks (rechts) entsprechend der 3 und 3 Darstellungen vermuten, dass diese Teilchen aus weiteren elementaren Teilchen aufgebaut sein müssen, die die verschiedenen Zustände konstruieren. Auch der Umstand, dass manche Mesonen ein identisches Antiteilchen besitzen (z.B. das Pion π 0 ) andere wie das Kaon K0 widerum nicht, kann nur durch ein Modell erklärt werden, in welchem die Hadronen aus kleineren Einheiten (nicht notwendigerweise elementarer Natur) aufgebaut werden. 5.4 Quarks In allen Teilchenklassifikationen der Hadronen traten nur Singletts, Oktetts und Dekupletts auf, jedoch keine anderen Darstellungen der SU(3). Dies legt die Möglichkeit nahe, dass die Hadronen aus Teilchen zusammengesetzt sind, die den fundamentalen Darstellungen der SU(3) entsprechen. Tatsächlich lassen sich alle Darstellungen aus den einfachsten nichtrivialen Darstellungen (3 und 3) konstruieren. Gell–Mann nannte die zu den elementaren Darstellungen gehörende Teilchen „Quarks“, wobei diese zunächst als mathematisches „Hilfsmittel“ aufgefasst wurden. Experimente in Teilchenbeschleunigern bestätigen jedoch die reale physikalische Existenz der Quarks die den elementaren Darstellungen der SU(3) entsprechen. Physikalisch unterscheiden sich die einzelnen Quarks in ihren „Flavors“∗ , einer weiteren Quantenzahl. Für die drei Quarkflavors „up“, „down“ und „strange“ erhält man Symbol T T3 S Q up u 1 2 1 2 0 2 3 down d 1 2 − 21 0 − 13 strange s 0 0 −1 − 13 Flavor Tabelle 5.3: Alle Quarkflavors besitzen die Baryonenzahl B = 1 3 für die zugehörigen Antiquarks werden die Werte von T3 , S, B und Q invertiert. Weitere schwerere Quarks mit den Quarkflavors charm (c), bottom (b), top (t), wurden später entdeckt, wodurch die Beschreibung der Quarks durch die SU(3)flavor aufgrund der großen Massenunterschiede nicht mehr möglich ist. In den 1960gern jedoch war dieses Modell sehr erfolgreich um den Aufbau der „normalen“ Materie zu beschreiben. ∗ Der Name „Flavor“ wurde 1968 von Gell–Mann und Fritzsch geprägt, als sie eine Eisdiele passierten, die Eis in verschieden Geschmacksrichtungen anbot. Er ist auch eine Anlehnung an die Farbladung (Color), eine weitere Eigenschaft der Quarks. 36 5.4. QUARKS Direkte Produkte irreduzibler Darstellungen können in direkte Summen irreduzibler Darstellungen zerlegt werden. Dies kann durch eine Clebsch-Gordan Zerlegung der Tensorkomponenten der Tensorprodukte der Darstellungen durchgeführt werden (siehe [8] Kapitel 10). Die Baryonen sind aus diesem Grund aus drei Quarks aufgebaut 3 ⊗ 3 ⊗ 3 = (6 ⊕ 3) ⊗ 3 = (6 ⊗ 3) ⊕ (3 ⊗ 3) = 10 ⊕ 8 ⊕ 8 ⊕ 1 (5.12) da das direkte Produkt dreier fundamentaler Darstellungen 3 als direkte Summe der beobachteten Darstellungen der Baryonen geschrieben werden kann. Die 10 Darstellung entspricht dem Dekuplett der Spin 23 Zustände der Baryonen, während die 8 Darstellung dem Oktett der Spin 12 Zustände entspricht. Die Quarks selbst müssen daher Fermionen sein und Drittel der „Elementarladung“ e und auch der Baryonenzahl besitzen. Die Mesonen sind aus einem Quark/Antiquark Paar aufgebaut, da 3⊗3=8⊕1 (5.13) Diese Zerlegung entspricht genau dem Mesonenoktett und dem Singulett bestehend aus dem η ′ –Teilchen. Da Quarks halbzahligen Spin besitzen, sind Mesonen Teilchen ganzahligen Spins, also Bosonen. Dieses Modell kann so erklären, warum neutrale Mesonen ihr eigenes Antiteilchen sein können, während dies bei Baryonen nicht auftritt. Eine Quark/Antiquark Kombination zweier gleicher Quarkflavors (z.B. uu) ist identisch mit der Antiteilchen Kombination, während eine Quark/Antiquark Kombination verschiedenener Quarkflavors zwei unterschiedliche Teilchen/Antiteilchen darstellt. Baryonen können nie ihr eignes Antiteilchen sein, da sie durch eine ungerade Anzahl an Quarks/Antiquarks aufgebaut sind (z.B. Λ0 = (uds) 6= Λ0 = (uds)), und sich daher in mindestens einer Quantenzahl unterscheiden müssen. Mesonen Baryonen Nonett (Spin 0) Oktett (Spin 1 2) Dekuplett (Spin 32 ) Teilchen qq Teilchen qqq Teilchen qqq π+ ud n udd ∆++ uuu p uud ∆ + uud π 0 √1 (uu 2 − dd) π− du Σ+ uus ∆0 udd + us Σ0 uds ∆− ddd 0 K ds − Σ K– su K sd η √1 (uu − dd − 2ss) 6 1 √ (uu + dd + ss) 3 K 0 η′ dds ∗+ Σ uus Λ0 uds Σ∗0 uds Ξ0 uss Σ∗− dds Ξ − dss Ξ ∗0 uss Σ∗− dss Ω− sss Tabelle 5.4: Zusammensetzung von Mesonen und Baryonen aus u-, d- und s–Quarks For you should know that Quarks have color, Although to make the story duller, It’s not the kind that you can see But just a form of poetry. The colors don’t come in profusion. One Quark is Red, one Green, one Blue. That’s all there is. I’m telling you To ward off possible confusion. And here’s a final piece of news: The anti-Quarks have anti-hues. 6 N. David Mermin [1] Die Color–Symmetrie: SU(3)color 6.1 Colored Quarks Die Quarks besitzen halbzahligen Spin und unterliegen daher als Fermionen dem Spin–Statistik Theorem der Fermi–Dirac Statistik. Das Pauli–Prinzip für Fermionen fordert jedoch totale Antisymmetrie bzgl. der Vertauschung zweier Quarks. Demnach dürfte dass Ω− –Teilchen nicht existieren, da es aus drei identischen s–Quarks aufgebaut ist. Es gibt zwei Möglichkeiten die Verletzung des Pauli–Prinzips zu verhindern: • Quarks besitzen ein anderes statistisches Verhalten, eine sogenannte Parastatistik • Es existiert eine weitere Quantenzahl (innerer Freiheitsgrad) indem sich Quarks zusätzlich zu ihrem Flavor unterscheiden können. Letztere Möglichkeit scheint physikalisch weitaus befriedigender, da die Parastatistik der Quarks physikalisch schwer (oder vielleicht gar nicht) begründbar ist. Die zusätzliche Quantenzahl wurde von Greenberg „Color“ genannt. Dabei treten alle Quarkflavors in drei verschiedenen Farben auf, nämlich rot (r), grün (g) und blau (b). Mit der Farb–Quantenzahl ist eine weitere innere Symmetrie verbunden, die durch die SU(3)color beschrieben wird. Die SU(3)color ist völlig unabhängig von der Flavor–Symmetrie der SU(3)flavor und im Gegensatz zu dieser liegt hier eine exakte Symmetrie vor. Das bedeutet die Masse bzw. Energie von Quarks verschiedener Farben ist gleich. Die Farben bzw. Antifarben der Quarks haben nichts mit Farben im eigentlichen Sinn zu tun, sie stellen lediglich die fundementalen Darstellungen der SU(3)color dar. T8 T8 6 6 g r b - T3 r g b T3 Abbildung 6.1: Die drei unterschiedlichen Farben und die zugehörigen Antifarben 37 38 6.2 6.2. FARBLADUNG Farbladung Die Hadronen sind farblos, da die Mischung aller drei Farben (bei Baryonen) bzw. Farbe und Antifarbe (bei Mesonen) „weiß“ ergibt. Ein weiteres Rätsel ist der sogennante Quark–Einschluss oder „Confinement“, das bedeutet Quarks (und im allgemeinen farbige Teilchen) treten nie isoliert auf, sondern immer gebunden als Quark/Antiquark–Paar oder in einem Trippel dreier verschiedenfarbiger Quarks. Verbindet man die innere Symmetrie der Farbe mit einer „Farbladung“ so kann in Analogie zur elektromagnetischen Wechselwirkung, zwischen farbgeladenen Teilchen eine attraktive Kraft∗ wirken. Dieses starke Kraft scheint im einfachsten Fall proportional zum Abstand∗∗ zweier farbgeladener Teilchen zu sein. Damit ist eine Trennung farbgeladener Teilchen nicht möglich, da unendlich große Energiemengen aufgebracht werden müssten. Tatsächlich beobachtet man in Teilchenbeschleunigern, dass genügend hohen Energien zur Bildung neuer Quark/Antiquark–Paare (Mesonen) führen. Die starke Wechselwirkung wird durch die Gluonen vermittelt, deren Zustände der adjungierten Darstellung der SU(3)color entsprechen. Diese tragen selbst eine Farbladung, damit ist eine Selbstwechselwirkung möglich, was anschaulich zu dem oben genannten Confinement beiträgt, da sich die „Feldlinien“ bei Trennung der Quellen des Feldes zusammenziehen. Diese Selbstwechselwirkung erklärt auch, warum die Reichweite der starken Wechselwirkung so gering ist, da sich farbgeladene Gluonen nicht beliebig weit entfernen können. T8 6 rg bg ∗ rb br T3 gr gb Abbildung 6.2: 8 Gluonen entsprechen den Zustände der adjungierten Darstellung der SU(3)color Die beiden Zustände im Zentrum des Oktetts sind durch antisymmetrische bzw. gemischt symmetrische Linearkombinationen gegeben ¯ ®¢ ¢ 1 ¡ 1 ¡ √ |rri − |ggi √ |rri + |ggi − 2 ¯bb (∗) 2 2 Das Singulett, das nach der Zerlegung des Produktes 3 ⊗ 3 (siehe Gleichung 5.13), auftritt ist nicht in der Lage an einer Farbwechselwirkung teilzunehmen, da es einen total symmetrischen Zustand darstellt, der invariant gegenüber Farbänderungen ist ¯ ®¢ 1 ¡ √ |rri + |ggi + ¯bb 3 Die Wechselwirkung zweier Quarks wird durch den Austausch von Gluonen beschrieben. Dabei ändern sich die Farbladungen der beteiligten Quarks (z.B. br(r) −−→ (b), die Farbe rot wird durch Wechselwirkung mit dem Gluon br zu blau). Farblose Teilchen wie z.B. Baryonen nehmen auch an der starken Wechselwirkung teil, die Vorgänge sind hier jedoch weitaus komplizierter. Man stellt sich z.B. vor, dass die beteiligten Hadronen Quark/Antiquark–Paare (π 0 Mesonen) untereinander austauschen. ∗ allerdings existieren hier drei verschiedene Ladungen ∗∗ Potential der Coulomb-Kraft ∝ 1 r2 I am frequently astonished that it so often results in correct predictions of experimental results. Murray Gell–Mann 7 Ausblick 7.1 Eichtheorien Allgemein ist die Anzahl der Eichbosonen (Botenteilchen der Wechselwirkung) gleich der Dimension der adjungierten Darstellung der entsprechenden Gruppe, die die Eichsymmetrie∗ beschreibt (Eichgruppe). Die einfachste Eichgruppe ist die Lie Gruppe U(1), sie beschreibt die elektromagnetische Eichtheorie. Da diese Gruppe abelsch ist, ist die zugehörige Eichtheorie besonders einfach. Sie besitzt insbesondere eine globale Symmetrie g ′ = eiα g (7.1) In lokaler Form wird aus der Phase eine Funktion der Raumzeit∗∗ α = α(x µ ). Das bedeutet an jedem Raumzeitpunkt befindet sich eine lokale „Kopie“ der U(1). Diese Eichgruppe auf die ¡ ¢wirkt t elektromagnetischen Potentiale (in relativistischer Vierernotation) Aµ = φ/c At und liefert eine Spezialfall für abelsche Eichgruppen A′µ = Aµ − ig(x µ )∂ µ g −1 (x µ ) (7.2) µ Wählt man für g(x µ ) = eiα(x ) , mit einer reellen, glatten Funktion α(x µ ) so findet man A′µ = Aµ − ∂ µ α(x µ ) (7.3) In konventioneller Schreibweise lässt sich dies wie folgt darstellen µ=0: µ=i : φ ∂α φ′ = − c c ∂(ct) A′ = A + ∇ α A′0 = (7.4) (7.5) Änderungen der Potentiale nach Gleichung (7.3) lassen die beobachtbaren Feldstärken E und B bzw. das Feldstärketensorfeld unverändert. Die schwache Wechselwirkung wird durch Zustände der adjungierte Darstellung einer SU(2) vermittelt. Da die SU(2) nicht abelsch ist, liegt hier eine viel komplexere Eichtheorie zugrunde als bei der elektromagnetischen Wechselwirkung, welche auch einen allgemeineren Ableitungsoperator benötigt, die zwischen den Kopien der Eichgruppe an verschiedenen Punkten vermittelt (z.B. über einen Paralleltransport). ∗ Dieser kurze Abschnitt ist nur ein kleiner heuristischer Abriss 39 ∗∗ Elektrodynamik in kovarianten Form 40 7.2. VEREINHEITLICHE THEORIEN 7.2 Vereinheitliche Theorien Man kann nun die elektromagnetische Wechselwirkung mit der schwachen zu einer sogenannten elektroschwachen Wechselwirkung (vereinheitlichen. Die resultierende Theorie gehorcht einer SU(2) × U(1) Lie Algebra mit vier masselosen Eichbosonen. Da die Reichweite der schwachen Wechselwirkung sehr gering ist, sind ihre Eichbosonen massiv. Das bedeutet die SU(2) × U(1) Symmetrie ist gebrochen, man erhält die U(1) Symmetrie der elektromagnetischen Wechselwirkung mit dem masselosen Photon und drei verbleibenden massiven Eichbosonen. Die Zustände der drei massiven Eichbosonen ergeben sich aus Linearkombinationen der ursprünglich masselosen Eichbosonen. Ebenso gibt es zahlreiche Versuche zusätzlich die starke Wechselwirkung in eine gemeinsame Algebra einzubinden. Ein Versuch ist z.B. die SU(5) welche durch eine Symmetriebrechung in die SU(3) × SU(2) × U(1) übergehen muss und den Quarks und Leptonen Masse verleiht. Dieser Vorgang der Symmetriebrechung kann durch verschiedene Prozesse erreicht werden • Einführung eines Higgsfeldes mit endlichem Vakuumserwartungswert • Indirekte Mechanismen wie bestimmte „Quantenschleifen“–Theorien Das SU(5) Modell sagt den Zerfall des Protons voraus, der bis jetzt jedoch nicht experimentell nachgewiesen werden konnte. Eine noch komplexere Vereinheitlichung ist die Zusammenführung mit der letzten verbleibenden Wechselwirkung der Gravitation. Dies ist besonders kompliziert, da bis jetzt keine schlüssige Quantentheorie der Gravitation existiert. Zwei mögliche Ansätze zur Vereinheitlichung aller Wechselwirkungen (die als approximativen Grenzfall das heutige Standardmodell der Elementarteilchenphysik besitzen muss) sind • Supersymmetrische Theorien, wie die Superstringtheorie • Quantenschleifengravitation Erstere führt die Existenz aller Elementarteilchen auf eindimensionale Fäden zurück (so genannte „Strings“), welche analog zu einer Saite in verschiedenen Schwingungszustände versetzt werden können, die verschiedene Massen bzw. Energien darstellen können. Photonen und Gluonen (Spin 1 Teilchen) entsprechen offenen Strings, während das Graviton (Spin 2 Teilchen) als geschlossener String auftritt. Um Fermionen in der Stringtheorie darstellen zu können, wird das Konzept der Supersymmetrie benötigt, die jedem Boson ein Fermion zuweist (Superstringtheorie). Interessanterweise ist (eine mögliche Realisierung) dieser Theorie nur im 10 dimensionenalen Raum möglich. Aus diesem Grund werden die verbleibenden 6 Dimensionen in speziellen Mannigfaltigkeiten „aufgerollt“ (Kompaktifizierung mittels Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten). Die Quantenschleifengravitation führt einen so genannten „Spin–Schaum“ der Raumzeit ein, der aus Knoten und Verbindslinien der Knoten die sich durch die Zeit bewegen, gebildet wird. Den Knoten werden bestimmte Eigenschaften zugewiesen, die den Elementarteilchen entsprechen. Die Dynamik wird durch die Umstrukturierung dieses Spin–Schaumes beschrieben. Eine interessante Voraussage der Quantenschleifengravitation ist die Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Wellenlänge des Lichtes. Hochenergetische Photonen (z.B. in der kosmischen Strahlung) besitzen eine so kleine Wellenlänge, dass sie in der Größenordnung der Knotenabstände liegt und die Photonen dann durch die Quantenstruktur der Raumzeit beeinflusst werden. Der geplante Gammastrahlen–Satellit GLAST könnte diese Laufzeitunterschiede im Spektrum der Gammastrahlen von kosmischen Gammastrahlungs–Quellen messen, die theoretische Abweichung der Lichtgeschwindigkeit liegt jedoch in der Größenordnung von 10−9 . Literaturverzeichnis [1] N. 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Von den Symmetrien zur Quantenelektrodynamik Springer, 2.Auflage 2007 Walter Greiner – Quantenmechanik: Symmetrien Harri, 4.Auflage 2005 Walter Greiner & Joachim Reinhardt – Field Quantization Springer, 1996 Walter Greiner & Joachim Reinhardt – Quantum Electrodynamics Springer, 3.Auflage 2003 Walter Greiner & Bernd Müller – Gauge Theory of Weak Interactions Springer, 3.Auflage 2000 Walter Greiner, Stefan Schramm & Eckart Stein – Quantum Chromodynamics Springer, 3.Auflage 2007 Pierre Ramond – Journeys Beyond the Standard Model Westview Press, 2004 Graham Ross – Grand Unified Theories Benjamin-Cummings Publishing Co., 2003 Barton Zwiebach – A First Course in String Theory Cambridge University Press, 2004 Viatcheslav Mukhanov & Sergei Winitzki – Introduction to Quantum Effects in Gravity Cambridge University Press, 2007