Gastkolumne Wenn das Geld für das eigene Haus nicht reicht 05.12.2016 • Finanzen100 Dr. Andreas Schyra klärt in seinem neuen Gastbeitrag über Immobilieninvestments auf. Vier Wände sein Eigen nennen, davon träumen weiterhin viele Anleger. Noch stehen die Chancen dafür, dank der Niedrigzinsen gut. Gleichzeitig bestehen beim Immobilienkauf immer Risiken. Worauf Anleger achten sollten und welche Alternativen es zum persönlichen Immobilienbesitz gibt, erklärt Dr. Andreas Schyra, Geschäftsführer des IPAM Institut für Professionelles Asset Management in Essen, in seiner neuen Gastkolumne. Wahrscheinlich hatte jeder schon einmal den idyllischen Traum, ein freistehendes Einfamilienhaus mit Garten für die eigene Familie zu erwerben. Zahlreiche Privatpersonen streben das Ziel an, irgendwann eine Immobilie zu kaufen, doch egal ob Wohnung oder Haus, der Immobilienerwerb ist in der Regel die größte Anschaffung, die im Leben getätigt wird. Trotz der weiterhin historisch niedrigen Finanzierungskonditionen, ist eine solche Investition neben der Langfristigkeit auch mit einigen weiteren Risiken behaftet. Die letzte Studie zum durchschnittlichen Privatvermögen in Deutschland wurde vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin) zwar schon im Jahr 2014 veröffentlicht, doch an dem damaligen durchschnittlichen Nettovermögen von etwa 83.000 Euro dürfte sich nichts Grundlegendes geändert haben. Dieser Betrag umfasst jedoch bereits sämtlichen privaten Grund- sowie Immobilienbesitz und ist in der Bundesrepublik äußerst ungleich über Regionen, Geschlechter und die Altersstruktur der Bevölkerung verteilt. Diese kurze Schilderung lässt erahnen, dass nur eine Minderheit dem Traum einer eigenen Immobilie tatsächlich näherkommt, denn nicht selten ist der Preis einer Immobilie deutlich Sechsstellig und überschreitet das durchschnittliche Vermögen der Deutschen daher erheblich. Die niedrigen Zinsen ermöglichen es dem einen oder anderen vielleicht doch dem Traum zumindest etwas näher zu rücken, denn die Zinsbelastung der monatlichen Finanzierungsrate ist auf dem aktuellen Niveau eher zu stemmen, als noch vor einigen Jahren, als die Zinsen deutlich höher notierten. Immobilien tragen immer ein Klumpenrisiko Doch kommen wir zu dem Vergleich des durchschnittlichen Vermögens und einem imaginären, sechsstelligen Immobilienwert zurück. Selbst wenn die aufgenommene Baufinanzierung nach vielen Jahren endlich getilgt und die Immobilie schuldenfrei ist, macht sie einen erheblichen Klumpen im Gesamtvermögen aus. Solch ein Klumpen oder besser gesagt Klumpenrisiko bezieht sich auf den Vergleich des liquiden Vermögens – wie beispielsweise Kontoguthaben oder börsengelistete Wertpapiers, die zum jeweiligen Kurswert auch kurzfristig veräußert und somit liquidiert werden können – mit den illiquiden Vermögensgegenständen und eine Immobilie gilt als Synonym eines illiquiden bzw. immobilen Assets. Wenn der Erwerb einer eigenen Immobilie nach Beurteilung der damit verbundenen Risiken schweren Herzens doch nicht umsetzbar ist, besteht zumindest die Möglichkeit, sich über Wertpapiere und kleinere Investitionssummen der Asset-Klasse anzunähern. Eine Option ist der Kauf eines offenen Immobilienfonds. Solche Fonds investieren in zahlreiche Immobilien mit gewissen Schwerpunkten, welche unter anderem nach Regionen oder Nutzungsmöglichkeiten der Objekte unterschieden werden können. Der Anleger stellt sein Kapital demnach dem Fondsmanagement zur Verfügung, welches die Summe eingeworbenen Mittel nutzt, um entsprechende Immobilien zu erwerben, zu verwalten und ggf. wieder zu veräußern. Als problematisch stellte sich im zeitlichen Zusammenhang mit der globalen Finanzkrise der Jahre 2008 fortfolgende jedoch die zeitgleiche Rückgabe von Fondsanteilen mehrerer Großinvestoren heraus. Wenn – wie damals geschehen – ein Immobilienfonds binnen kurzer Zeit große Summen an Kapital aufgrund von Anteilsrückgaben an Fondsinvestoren auskehren muss, kann dies dazu führen, dass Immobilien kurzfristig veräußert werden müssen. Hier zeigt sich also die Illiquidität dieser Asset-Klasse. Eine solch kurzfristige und erzwungene Veräußerung einer Immobilie oder eines Immobilienbestandes ist nur unter Akzeptanz von Preisabschlägen möglich. Damals mussten zahlreiche Fonds geschlossen und später abgewickelt werden, da die Liquiditätsquoten nicht ausreichten, um die Anteilsrückgaben zu befriedigen. Mittlerweile wurde die Gesetzgebung angepasst und neben zahlreichen weiteren Vorgaben, sind Rückgaben von Fondsanteilen nur noch beschränkt und über größere Zeiträume möglich. Dieser kurze Exkurs verdeutlicht, dass ein Wertpapier es nicht schafft, eine illiquide in eine liquide Asset-Klasse zu verwandeln. Flüssige Alternative: REITs Eine weitere Alternative zu offenen Immobilienfonds ist der Erwerb der Aktien von sogenannten Real-Estate-Investment-Trusts (REITs). Diese sind börsengelistete Kapitalgesellschaften, welche Gewerbeimmobilien erwerben, verwalten und veräußern. Ihre Aktionäre tragen ein typisches Aktienrisiko und investieren in den Geschäftsbetrieb der Immobilienunternehmen. Das Risiko ist somit zweigeteilt, bei einem grundsätzlichen und gesamte Volkswirtschaften betreffenden Rückgang von Aktienkursen, unabhängig um welche Branchen oder Unternehmen es sich handelt, werden sich auch die Aktien von REITs nicht positiv entkoppeln können. Andererseits besteht das spezifische Risiko der Immobilienbranche. Mit der Beteiligung an einem einzelnen REITs oder – beispielsweise mittels Exchange Traded Funds (ETFs) – möglichen Erwerb eines REIT-Aktienindexes kann ein Anleger daher an einer Fortsetzung des Immobilienbooms partizipieren. Eine Veräußerung der Aktien ist an jedem Börsenhandelstag zu jeweiligen Kurswerten möglich. Interessenten für eine der vorgenannten indirekten Immobilieninvestitionen sollten zwischen der Illiquidität eines offenen Immobilienfonds und dem Aktienrisiko eines REITs abwägen. Nachdem schon zu Beginn einige Risiken von direkten Immobilienkäufen angesprochen wurden, sollte klar sein, dass sich auch sämtliche Möglichkeiten einer indirekten Investition über Wertpapiere nicht in der Lage sind, sich von diesen Faktoren abzukoppeln. Sie bieten jedoch den Vorteil, auch mit deutlich kleineren Beträgen in diese Branche investieren zu können, als die genannten hohen Summen, die nötig sind um eine eigene Immobilie zu erwerben. Nachdem die Immobilienmärkte in vielen Regionen Deutschlands bzw. sogar in zahlreichen Regionen der entwickelten Welt sich in den vergangenen Jahren bereits sehr positiv entwickelt haben, kann niemand seriös vorhersagen, ob oder wie lange diese Tendenz sich weiter fortsetzt. Dr. Andreas Schyra Quelle: https://www.finanzen100.de/finanznachrichten/wirtschaft/gastkolumne-wenn-dasgeld-fuer-das-eigene-haus-nicht-reicht_H1499611697_353757/?SOURCE=7000002, Stand 06.12.2016.