óó Schwerpunkt · Herzinsuffizienz Abklärung der Herzinsuffizienz Mit der Echokardiographie zur massgeschneiderten Therapie SCHLOMO V. ASCHKENASY, ZÜRICH Zusammenfassung óó Die Echokardiographie erlaubt innerhalb kürzester Zeit eine nicht-invasive eingehende Untersuchung des Herzens. Über die Beurteilung der Anatomie und des Pumpmechanismus hinaus ist es heute möglich, durch Ausnutzung des Doppler-Effekts, Informationen über den Schweregrad von Klappenundichtigkeiten und von Lungenhochdruck zu erhalten. Neben der genaueren Abklärung einer Herzinsuffizienz möglichst früh im Verlauf sollte die Echokardiographie wegen ihrer hohen Aussagekraft auch viel häufiger zur zielorientierten Anpassung der medikamentösen Therapie eingesetzt werden. Résumé óó L’échocardiographie permet de réaliser en très peu de temps un examen approfondi et non invasif du cœur. En plus de l’évaluation de l’anatomie et du mécanisme de pompage il est aujourd’hui possible, en utilisant l’effet Doppler, d’obtenir des informations sur la sévérité de défauts d’étanchéité valvulaire et d’une hypertension pulmonaire. Outre l’investigation plus précise d’une insuffisance cardiaque, l’échocardiographie devrait, en raison de sa haute fiabilité, être bien plus souvent mise à profit en vue d’une adaptation ciblée de la pharmacothérapie. Riassunto óó L’ecocardiografia consente di effettuare in breve tempo un esame accurato e non invasivo del cuore. Oltre alla valutazione dell’anatomia e del meccanismo di pompaggio grazie all’Effetto Doppler oggi è possibile ottenere informazioni sulla gravità delle insufficienze valvolari e sull’ipertensione polmonare. L’ecocardiografia non solo è in grado di identificare in modo preciso e precocemente nel decorso un’insufficienza cardiaca, ma grazie alla sua elevata significatività dovrebbe essere utilizzata molto più frequentemente, anche al fine di adattare la terapia medicamentosa in modo più mirato. óóóó Die Echokardiographie ist das wichtigste Werkzeug des Kardiologen in der Diagnostik bei Patienten mit Zeichen der Links- und/oder Rechtsherzinsuffizienz [1]. Kein anderes Tool erlaubt die nicht-invasive Erhebung einer solch grossen Zahl von morphologischen und dynamischen Befunden direkt am Bett des Patienten. Die Abklärung von Dyspnoe oder peripheren Ödemen gehört neben der Abklärung von Thoraxschmerzen und retrosternalem Druck zu den häufigsten Zuweisungsgründen des Hausarztes an einen Kardiologen. Wenn auch die koronare Herzkrankheit die häufigste Ursache einer verminderten Auswurffraktion des linken Ventrikels ist, gibt es doch viele andere Gründe, an die man primär selten denkt. Mit den hier zusammengestellten Befunden soll die Mannigfaltigkeit der Diagnosen aufgezeigt werden, die sich hinter der landläufigen Diagnose «Herzinsuffizienz» verbergen können. Die hier gezeigten Bilder wurden im Laufe der Jahre 2005 und 2006 im Alltag einer kardiologischen Praxis aufgezeichnet und sind somit durchaus repräsentativ für einen Querschnitt durch die möglichen Diagnosen. Symptome der Linksherzinsuffizienz – Dyspnoe, Rasselgeräusche über der Lunge, eingeschränkte Leistungsfähigkeit etc. – können sowohl bei gestörter systolischer Funktion wie auch bei gestörter diastolischer Funktion des linken Ventrikels (LV) auftreten. Befunde bei Patienten mit eingeschränkter LV-Funktion Die häufigste Ursache der gestörten systolischen LV-Funktion ist die koronare Herzkrankheit, gefolgt von der hypertensiven und der valvulären Herzkrankheit. Im Folgenden werden anhand verschiedener Krankheitsbilder die bei diesen und anderen Erkrankungen echokardiographisch dokumentierbaren Pathologien dargestellt. Kombiniertes Aortenklappenvitium versus KHK: Stellvertretend für die koronare und valvuläre Herzkrankheit als Ursache der Herzinsuffizienz soll dieser Fall stehen. Bei einem 50-jährigen Patienten ist seit Kindheit eine mittelschwere Aortenklappen- 8 CARDIO VASC 2006 | 5 © Medien & Medizin Verlag MMV AG, Basel insuffizienz bekannt, die damals mit einem Herzkatheter diagnostiziert wurde. In den vergangenen Jahren ist der Schweregrad der Insuffizienz weitgehend unverändert geblieben, während derjenige der Stenose von Jahr zu Jahr zugenommen hat. Im Rahmen der jährlichen Verlaufskontrolle wird eine Echokardiographie durchgeführt. Im parasternalen Kurzachsenschnitt (Abb. 1a) zeigt sich eine mittelschwere Aortenklappeninsuffizienz {AI}, was sich auch in Abbildung 1b in der relativ kurzen Dezelerationszeit, dem relativ steilen Abfall des diastolischen Dopplerspektrums der Insuffizienz {AIS}, zeigt. Aus dem systolischen Spektrum der Stenose {ASS} errechnet sich ein mittlerer systolischer Gradient von 42 mmHg über der Klappe. Die m-mode Aufnahme des basalen Anteils des linken Ventrikels in Abbildung 1c zeigt ein sich kaum, bzw. paradox bewegendes interventrikuläres Septum {IVS} und eine normal kontrahierende postero-laterale Wand {PW}. Der endsystolische Cavum-Durchmesser {ESD} ist kaum kleiner als der enddiastolische {EDD}. In Abbildung 1d zeigt sich ein enddiastolischer parasternaler Kurzachsenschnitt und korrespondierend dazu in Abbildung 1e die Kontrastmittel-Aufnahme, die keinen Kontrastmittelausfall im Bereich des Septums zeigt. Im Falle einer fehlenden Perfusion wäre der entsprechende Teil des Septums vollständig schwarz. Eine hochgradige Stenose oder ein Gefässverschluss mit Perfusion über Kollateralen würde sich in einer verspäteten Anfärbung des von diesem Gefäss perfundierten Areals zeigen. Die prompte Anflutung des Kontrastmittels kann in statischen Bildern nicht gezeigt werden, lag hier jedoch vor. Bei Abbildung 1f handelt es sich um eine endsystolische-4-Kammerblick-Aufnahme des aspektmässig zu grossen linken Ventrikels {LV} und dem sich während der Systole kaum kontrahierenden Septum {IVS}. Korrespondierend dazu sieht man in Abbildung 1g die Kontrastmittelaufnahme, welche auch hier eine normale Kontrastmittelanreicherung im Septum {IVS} zeigt. Das Ergebnis der echokardiographischen Untersuchung lässt sich folgendermassen zusammenfassen: Es findet sich neu eine Hypo- bis Akinesie des interventrikulären Septums und eine nicht mehr normale EF. Die Stenose (mittlerer Gradient 42 mmHg) ist bei eingeschränkter EF mittelschwer bis schwer und die Insuffizienz mittelschwer. Die Untersuchung der myokardialen Perfusion mittels Sonovue®, einem Kontrastmittel zur Darstellung der myokardialen Durchblutung, zeigt eine prompte Kontrastmittelanreicherung im Septum, was darauf schliessen lässt, dass hier die chronische Volumen- und Druckbelastung und nicht eine KHK Ursache der Hypokinesie ist. Die Koronarangiographie bestätigt diesen Befund; die Koronarien CARDIO VASC 2006 | 5 © Medien & Medizin Verlag MMV AG, Basel Fotos: Aschkenasy Schwerpunkt · Herzinsuffizienz óó Abb. 1a–g: Die Darstellung der myokardialen Durchblutung mit einem Kontrastmittel lässt eine KHK als Ursache der Herzinsuffizienz ausschliessen. Abb. 2a–c: Die links-ventrikulären Thromben sind eine der möglichen Komplikationen der schwer eingeschränkten EF. sind normal. Die nun nicht mehr normale EF macht die valvuläre Herzkrankheit zu einer Operationsindikation. Dilatative Kardiomyopathie: Eine Dilatation des linken Ventrikels kann viele Ursachen haben; die dilatative Kardiomyopathie im engeren Sinne, eine schwere koronare Herzkrankheit, ein St. n. Myokarditis, eine ausgebrannte hypertensive oder valvuläre Herzkrankheit etc. Echokardiographisch findet man der Bezeichnung entsprechend einen dilatierten linken Ventrikel mit einer schwer eingeschränkten Auswurffraktion (EF). Da eine reduzierte EF in statischen Bildern schlecht gezeigt werden kann, seien hier stellvertretend der so genannte «Smoke» – die Reflexion des Ultraschalls an den sich kaum bewegenden Erythrozyten im viel zu grossen Ventrikel – und eine der möglichen Komplikationen der schwer eingeschränkten EF, die links-ventrikulären Thromben, gezeigt. Abbildung 2a stellt einen 4-Kammerblick eines massivst dilatierten linken Ventrikels {LV} dar, mit normalem rechten Ventrikel {RV} und liegender Elektrode des «Cardioverter Defibrillators» {ICD}. Im Cavum 9 óó Schwerpunkt · Herzinsuffizienz Abb. 3a+b: M-mode Aufnahmen des linken Ventrikels. Die verspätete Kontraktion der postero-lateralen Wand im Vergleich zum interventrikulären Septum (D1) ist nach Resynchronisation deutlich reduziert (D2). Abb. 4a–g: Typischer Befund einer isolierten, linksventrikulären «non-compaction»-Kardiomyopathie. des linken Ventrikels erkennt man spontanen Kontrast {Smoke} bedingt dadurch, dass sich das Blut im dilatierten Ventrikel kaum bewegt. Einzig der mitrale Einfluss {M. infl} wirbelt einige Eryhthrozyten auf, wodurch in diesem Bereich der Smoke fehlt. Abbildung 2b zeigt einen 3-Kammerblick {3CV} mit deutlich erkennbarem, 4 cm grossem Thrombus {Thr} im Apex. In der kurzen Achse {SAX} wird erkennbar, dass der Thrombus zirkulär der Wand des linken Ventrikels entlang läuft (Abb. 2c). In Abbildung 2 sind ausserdem die Aortenklappe {AOV}, das Mitralklappensegel {MVL} sowie der Papillarmuskel {PM} sichtbar. Asynchronie: Ein weiteres häufiges Problem bei Patienten mit schwer eingeschränkter EF ist die asynchrone Kontraktion der verschiedenen Myokardanteile des linken Ventrikels, dies vor allem bei Patienten mit Linksschenkelblock. Durch die Einlage eines biventrikulären Pacers mit einer Pacer-Elektrode im rechten Ventrikel und einer im Sinus Coronarius kann dieses Problem bei einigen Patienten behoben und dadurch die Symptomatik der Herzinsuffizienz reduziert werden (siehe auch 10 Artikel von Dr. Tanner über kardiale Resynchronisation, S. 20). Meist wird in diesen Fällen auch ein ICD implantiert, da viele dieser Patienten auch ein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Herztod haben. Stellvertretend für die diversen durch eine Resynchronisation erreichten hämodynamischen Verbesserungen sei hier nur die Reduktion der verspäteten Kontraktion der postero-lateralen Wand im Vergleich zum interventrikulären Septum gezeigt (Abb. 3). Die maximale Kontraktion des interventrikulären Septums {S} und der Hinterwand {PW} liegen im Bild a deutlich weiter auseinander {D1} als im Bild b {D2}. Die vertikalen Linien markieren den Beginn des QRS-Komplexes. In Abbildung 3b erkennt man im EKG die Schrittmacher-Aktion {PM} und den nun schmäleren QRS-Komplex. Die echokardiographische Verbesserung (gemessen an der interventrikulär-mechanischen Verzögerung (IMD), am mitralen Regurgitationsindex, am endsystolischen Volumen, an der LV-EF und am enddiastolischen Volumen) konnte sowohl bei ischämischer wie auch bei nicht-ischämischer Ätiologie in der CARE-HF-Extension-Studie bei 735 von 813 Patienten über eine Zeitspanne von 29 Monaten nach Beginn der Resynchronisation eindrücklich gezeigt werden [2]. Linksventrikuläre «non-compaction»-Kardiomyopathie: Diese seltene Kardiomyopathie, die erst in der neuen Klassifikation der AHA ihren eigenen Platz erhalten hat und nun als primäre, genetisch bedingte Kardiomyopathie geführt wird, wurde massgeblich in Zürich durch Prof. Jenni beschrieben. Der in seiner embryologischen Entwicklung stehen gebliebene linke Ventrikel zeigt eine dünne kompakte Wand und eine mindestens doppelt so dicke, schwammförmige Innenschicht mit tiefen Rezessi, in denen sich bei schlechter EF Thromben bilden können. Viele Patienten leiden unter teils gefährliche Rhythmusstörungen und einer Herzinsuffizienz. Die in Abbildung 4 gezeigten Bilder gehören zum Herzen eines Patienten, der viele Jahre als Hilfsarbeiter auf Baustellen gearbeitet hat. Im Laufe der Jahre zeigten sich Zeichen der Herzinsuffizienz, die medikamentös behandelt wurden. Eine Echokardiographie wurde nie durchgeführt. Erst eine akute Dekompensation führte zur Zuweisung und die Echokardiographie ergab überraschend den typischen Befund einer isolierten, linksventrikulären «non-compaction»-Kardiomyopathie (Abb. 4). Im 4-Kammerblick (Abb. 4a) ist die schwammförmige Muskelbeschaffenheit der Innenschicht des linksventrikulären {LV} Apex {Pfeil} deutlich erkennbar. Im LV-Apex (Abb. 4b) zeigen sich tiefe Rezessi {Pfeile}. Im parasternalen Querschnitt des LV-Apex (Abb. 4c) kann gezeigt werden, dass der CARDIO VASC 2006 | 5 © Medien & Medizin Verlag MMV AG, Basel Schwerpunkt · Herzinsuffizienz óó nicht-kompakte Anteil der Wand {ncM} mehr als doppelt so dick ist wie der kompakte Anteil {cM}, was für die Diagnose einer «non-compaction»-Kardiomyopathie verlangt wird. Die m-mode Aufnahme des linken Ventrikels (Abb. 4d) zeigt die deutlich eingeschränkte Auswurffraktion im Sinne einer eingeschränkten diastolisch/systolischen Verkürzung der basalen Ebene des LV. Die Dopplermessung der Trikuspidalinsuffizienz erlaubt die Bestimmung der Druckdifferenz zwischen dem rechten Vorhof und dem rechten Ventrikel (Abb. 4e). Addiert man zu diesem Wert den zentralen Venendruck (ZVD), erhält man den systolischen Pulmonalisdruck. Im Zustand der Dekompensation betrug der Pulmonalisdruck ca. 65–70 mmHg (50,5+ZVD), nach der medikamentösen Rekompensation noch ca. 35 mmHg. In Abbildung 4f zeigt sich eine schwere Mitral-klappenisuffizienz {MI} vor Rekompensation, in Abbildung 4g eine mittelschwere MI nach erfolgreicher Rekompensation. Daraus ergab sich folgende Konsequenz für das weitere Vorgehen: Die gestörte LV-Geometrie bewirkte bei Volumenüberlastung eine schwere Mitralinsuffizienz {MI} mit mittelschwerer, pulmonaler Hypertonie (syst. Pulmonalisdruck ca. 70 mmHg). Der Einsatz von Schleifendiuretika führte innert weniger Tage zu einer Abnahme der MI und der pulmonalen Hypertonie. In der Folge wurde auch eine orale Antikoagulation mit Marcoumar begonnen. Tachykardiomyopathie: Eine unterschätzte Ursache der Herzinsuffizienz ist die Schädigung des Myokards durch eine chronisch zu hohe Herzfrequenz. Eine 70-jährige Patientin wird von ihren Angehörigen zugewiesen, weil sie seit einigen Monaten an Dyspnoe leidet und diese aktuell in einem Ausmass zugenommen hat, die keinerlei körperliche Tätigkeit mehr erlaubt (NYHA III–IV). Im EKG zeigt sich ein typisches Vorhofflattern mit einer Frequenz von 105/min, welches anamnestisch seit über einem Jahr besteht. Echokardiographisch findet sich eine schwer eingeschränkte EF (30%), eine schwere Mitralinsuffizienz sowie eine pulmonale Hypertonie (Abb. 5). Die «m-mode»-Aufnahme des parasternalen Längsschnitts (Abb. 5a) zeigt eine eingeschränkte systolische Verkürzung {(EDD-ESD)/ EDD} der basalen Anteile des LV. In Abbildung 5b sieht man die schwere Mitralklappeninsuffizienz {MI}, in Abbildung 5c das EKG mit typischem Vorhofflattern (105/min). Der mitrale Einfluss zeigt die fehlende A-Welle bei Vorhofflattern (Abb. 5d). Nach erfolgreicher kathetertechnischer Ablation des Vorhofflatterns (Radiofrequenzablation des Isthmus) normalisiert sich innert weniger Wochen die EF (Abb. 6a): Der Schweregrad der Mitralklappeninsuffizienz {MI} hat deutlich abgenom- CARDIO VASC 2006 | 5 © Medien & Medizin Verlag MMV AG, Basel Abb. 5a–d: Tachykardiomyopathie vor Ablation Abb. 6a–d: Normale EF nach Ablation bei Status nach Tachykardiomyopathie LV: Lumen des linken Ventrikels, IVS: Interventrikuläres Septum, PW: Hinterwand des linken Ventrikels, EDD: Enddiastolischer Durchmesser des LV, ESD: Endsystolischer Durchmesser des LV, E: Frühdiastolischer mitraler Einfluss, A: Durch die Vorhofskontraktion bedingter mitraler Einfluss. men (Abb. 6b) und das EKG (Abb. 6c) zeigt einen Sinusrhythmus mit AV-Block ersten Grades. Der mitrale Einfluss zeigt nun wieder eine E- und eine A-Welle (Abb. 6d). Da die beiden Flussspektren fusioniert sind, kann aus diesem Spektrum keine Aussage über die diastolische Funktion gemacht werden. Es verbleiben lediglich eine leichte Mitralinsuffizienz und eine leichte pulmonale Hypertonie. Der ehemals exzentrisch-hypertrophe linke Ventrikel 11 óó Schwerpunkt · Herzinsuffizienz Abb. 7a–j: Hypertrophe Kardiomyopathie mit schwerer Mitralinsuffizienz. ist durch die Abnahme der Grösse nun konzentrisch hypertroph. Die Symptomatik hat sich auf eine NYHA I–II reduziert. Befunde bei Patienten mit erhaltener LV-Funktion Herzinsuffizienzzeichen können trotz hoch-normaler EF auftreten, wenn die diastolische Funktion des Ventrikels gestört ist. Die Erschlaffung des Myokards ist ein grossteils aktiver, Energie-verbrauchender Prozess, der sehr früh im Verlauf einer kardialen Erkrankung gestört sein kann. Dies oftmals lange vor dem Auftreten einer systolischen Funktionsstörung. Die häufigsten Ursachen sind die arterielle Hypertonie und die koronare Herzkrankheit, wesentlich seltener sind Kardiomyopathien sowie genetische, rheumatologische und Stoffwechselerkrankungen (M. Fabry, M. Gaucher etc.) des Myokards. 12 Hypertrophe Kardiomyopathie: Eine voll ausgebildete hypertrophe Kardiomyopathie kann aus verschiedenen Gründen zu einer Herzinsuffizienz führen, dies, obwohl hier nicht selten die EF über 80% beträgt. Die schwere linksventrikuläre Hypertrophie führt zu einer ausgeprägten diastolischen Funktionsstörung und die Patienten sollten mit allen positiv lusitropen (relaxationsfördernden) Medikamenten behandelt werden. Dazu gehören in erster Linie Betablocker und Calcium-Antagonisten. Bei der hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie (HOCM) kommt es bedingt durch die sub-aortal gelegene Hypertrophie zu einem dynamischen Gradienten im Ausflusstrakt, der sich im Laufe der Systole aufbaut. Die dadurch entstehende sehr hohe Flussgeschwindigkeit führt zu einem Sog, der die Sehnenfäden des anterioren Mitralsegels nach anterior zieht (SAM, Systolic Anterior Motion), wodurch die Mitralklappe kurz nach Beginn der Systole wieder aufgeht, was zu einer schweren Mitralinsuffizienz führen kann. Die Mitralinsuffizienz führt zusammen mit der diastolischen Funktionsstörung zur Ausbildung einer pulmonalen Hypertonie, welche zu Herzinsuffizienz-Symptomen führt. In der Echokardiographie wird dabei Folgendes sichtbar (Abb. 7a): Enddiastolischer, parasternaler Kurzachsenschnitt auf Höhe der Mitralklappe. Die Klappe ist offen {MV open}. Man erkennt das deutlich zu dicke interventrikuläre Septum {IVS} und Hinterwand {PW}. Zu Beginn der Systole (Abb. 7b) schliesst sich die Klappe {MV closed}. Nur wenige Millisekunden später hat die Flussgeschwindigkeit im «Left Ventricular Outflow Tract» {LVOT} bereits derart zugenommen, dass sich die Klappe wieder öffnet (Abb. 7c). In Abbildungen 7e und 7f erkennt man die Sehnenfäden {chordae}, die kurz nach Beginn der Systole gegen das Septum hin nach anterior gezogen werden {SAM} und dadurch die Mitralklappe {MV} wieder öffnen. In Abbildung 7g ist die Vorwärts-bewegung der Chordae {SAM} auch in der m-mode Aufnahme deutlich zu erkennen. Abbildung 7f zeigt den 3-Kammerblick mit Flussbeschleunigung im {LVOT} und schwerer Mitralklappeninsuffizienz {MI}. Die CV-DopplerFlussmessung zeigt in Abbildung 7h einen im Verlauf der Systole kontinuierlich zunehmenden Gradienten im LVOT, gegen Ende der Systole beträgt der Spitzengradient 65 mmHg. Das Flussspektrum der Trikuspidalinsuffizienz (Abb. 7j) zeigt, dass der systolische Pulmonalisdruck 65 mmHg + ZVD beträgt, in diesem Fall ca. 75 mmHg, was die NYHA III–IV-Symptomatik der Patientin erklärt. Rechtsherzinsuffizienz Deutlich seltener als der linke Ventrikel macht sich der rechte Ventrikel isoliert (also nicht sekundär zur Linksherzinsuffizienz) mit Symptomen bemerk- CARDIO VASC 2006 | 5 © Medien & Medizin Verlag MMV AG, Basel Schwerpunkt · Herzinsuffizienz óó bar. Neben dem im Erwachsenenalter relativ selten neu entdeckten, klinisch relevanten Atrium-Septum-Defekt (ASD) und dem kongenitalen oder häufiger postmyokardinfarkt auftretenden Ventrikel-Septum-Defekt (VSD), der arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie und dem Morbus Uhl (das Fehlen des rechtsventrikulären Myokards) ist die primäre oder sekundäre pulmonale Hypertonie eine seltene, jedoch enorm wichtige Ursache für eine isolierte Rechtsherzinsuffizienz. Pulmonale Hypertonie: Eine 60-jährige Patientin wird wegen progredienter Dyspnoe (NYHA III–IV) und Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz zur Echokardiographie zugewiesen. Der systolische 4-Kammerblick (Abb. 8a) zeigt, dass der rechte Ventrikel grösser ist als der linke und die Deviation des Vorhofseptums {IASs} beweist, dass der Druck im rechten Vorhof über dem des linken Vorhofs liegt. Typisch für die Druck- und Volumenbelastung ist die D-Form des linken Ventrikels im parasternalen Kurzachsenschnitt (Abb. 8b). Eine diastolische D-Form findet sich in der Regel bei Volumenbelastung, eine systolische bei Druckbelastung des rechten Ventrikels. In diesem Fall sowohl diastolisch (Abb. 8b) wie auch systolisch (Abb. 8c). Zirkulär um das Herz erkennt man einen kleinen Saum von Perikarderguss {PE}. Das Flussspektrum der Trikuspidalinsuffizienz (Abb. 8d) zeigt eine Druckdifferenz zwischen dem rechten Vorhof und Ventrikel von 81 mmHg, rechnet man den ZVD dazu, so erhält man einen Pulmonalisdruck von ca. 90 bis 100 mmHg (Norm bis 33 mmHg). Anhand der Flussbeschleunigung (Abb. 8e) der Trikuspidalinsuffizienz {TI}, die bereits vor der Trikuspidalklappe (Pfeil) beginnt, erkennt man, dass hier eine relevante Insuffizienz vorliegt. Die Druckdifferenz zwischen der Pulmonalarterie und der rechten Ventrikel (Abb. 8f), gemessen am Flussspektrum der Pulmonalklappeninsuffizienz, beträgt 25 mmHg (normal <12 mmHg). Dieser hohe Wert lässt auf eine partielle Fixierung der pulmonalen Hypertonie schliessen. Bei dieser echokardiographischen Untersuchung findet sich ein Cor Pulmonale mit mittelschwerer bis schwerer pulmonaler Hypertonie sowie wenig Perikarderguss. Die Dyspnoe ist in diesem Fall somit nicht durch eine Linksherzinsuffizienz, sondern durch die pulmonale Hypertonie verursacht. Die weiteren Abklärungen ergeben, dass die Patientin an einer Sklerodermie leidet. CARDIO VASC 2006 | 5 © Medien & Medizin Verlag MMV AG, Basel Abb. 8a–f: Pulmonale Hypertonie: Der Pulmonalisdruck ist stark erhöht. Schlussfolgerung Die Ursachen einer Herzinsuffizienzsymptomatik sind sehr heterogen. Mit der Echokardiographie steht ein diagnostisches Hilfsmittel zur Verfügung, das nicht-invasiv, praktisch überall verfügbar und kostengünstig ist. Die aus dieser Untersuchung gewonnenen Befunde erlauben es, die medikamentöse Therapie zielgesteuert mit den verschiedensten Medikamentenklassen anzupassen, was klinisch und prognostisch viel mehr Erfolg verspricht, als der alleinige Einsatz von Diuretika zur Symptomminderung. Jeder Patient mit Zeichen der Herzinsuffizienz sollte daher möglichst früh im Verlauf der Erkrankung einer Echokardiographie zugeführt werden. Dr. med. Schlomo V. Aschkenasy FMH Kardiologie Klosbachstrasse 104 8032 Zürich E-Mail: [email protected] Literatur: 1. Swedberg K et al.: Eur Heart J 2005; 26: 1115-1140. 2. Tavazzi L. et al.: präsentiert am ESC 2005. 13