Wort, Bild und Aktion. - Universität Hildesheim

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Wort, Bild und Aktion.
Repräsentationsformen mathematischen Wissens und das
Lernen von Mathematik.
Universität Essen, 11. Mai 2009
Barbara Schmidt-Thieme
AG Mathematik Lehren und Lernen
Institut für Mathematik und Angewandte Informatik
Universität Hildesheim
Barbara Schmidt-Thieme, Wort, Bild und Aktion. Repräsentationsformen mathematischen Wissens und das Lernen von Mathematik.
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1
Steineschieben oder Mathematik?
Formel (Wort):
n
∀ n∈ℕ: ∑ i =
i=1
n  n+ 1 
2
Für alle natürlichen Zahlen gilt, dass die Summe der ersten n
natürlichen Zahlen gleich der Hälfte des Produkts von n mit n+1 ist.
Bild:
Aktion: Legen und Verschieben der Steine
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2
1. Repräsentationsformen
Wort, Bild und Aktion
Enaktive, ikonische und symbolische
Repräsentationsformen
J. Bruner:
„Jedem Kind kann auf jeder Entwicklungsstufe
jeder Unterrichtsgegenstand beigebracht werden.“
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3
1. Repräsentationsformen
enaktive Repräsentationsformen
ikonische Repräsentationsformen
symbolische Repräsentationsformen
Bezeichnetes
Zeichen
semiotisches
Dreieck
Zeichen­
benutzer
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4
1. Repräsentationsformen
enaktive RF: Handlungen, Bewegungen
ℤ
ℕ
z. B. Addition in
Winkelsumme im Dreieck
ikonische RF
symbolische RF
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5
1. Repräsentationsformen
enaktive RF: Handlungen, Bewegungen
ikonische RF: visuell räumlich
visuell graphisch
realistische Bilder
analoge Bilder
logische Bilder
symbolische RF
(Schnotz 1994ff, Koerber 2003, Felbrich 2005, Vogel 2006)
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6
1. Repräsentationsformen
enaktive RF: Handlungen, Bewegungen
ikonische RF: visuell räumlich
visuell graphisch (realistische,
analoge, logische Bilder)
symbolische RF: Sprache, formale Sprache
der Mathematik
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7
1. Repräsentationsformen
enaktive RF: Handlungen, Bewegungen
ikonische RF: visuell räumlich
visuell graphisch (realistische,
analoge, logische Bilder)
symbolische RF:
Alltagssprache
Fachsprache der Mathematik
Formale Sprachen
(Schmidt-Thieme 2003ff)
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8
1. Repräsentationsformen
Die Fachsprache der Mathematik ist ...
... eine Varietät der deutschen Sprache,
die über ihre Funktion bestimmt wird,
nämlich die möglichst wertfreie Erkenntnis,
genaue Darstellung und
fehlerfreie Vermittlung fachlicher Kenntnisse.
(Roelcke, Fachsprachen 1999)
English language system
Technical language
Fachsprache der Mathematik
Funktionale Varietä
ten
(Schmidt-Thieme 2004)
System der deutschen Sprache:
Gesamtheit aller möglichen Varianten Barbara Schmidt-Thieme, Wort, Bild und Aktion. Repräsentationsformen mathematischen Wissens und das Lernen von Mathematik.
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9
1. Repräsentationsformen
Verbindlichkeit
Fachlich­
keitsgrad
Expertenstatus
Laie
Lernender
Nichtwissenschaftler
Experte
Mathematiker
Wissenschaftler
Verwendungsarten
Buch
Aufsatz
Kongressvortrag
Prü
fungsgespräch
Vortrag
Zweidimensionales
FachsprachenGliederungsschema
(Schmidt-Thieme 2005)
Zeitung
Film
Rezension
Diskussion
Laie
Lernender
Nichtwissenschaftler
Expertenstatus
Experte
Mathematiker
Wissenschaftler
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10
1. Repräsentationsformen
enaktive RF: Handlungen, Bewegungen
ikonische RF: visuell räumlich
visuell graphisch (realistische,
analoge, logische Bilder)
?
animiert, interaktiv, dynamisch ?
(Neue Medien)
symbolische RF: Alltagssprache, Fachsprache
Mathematik, formale Sprachen
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1. Repräsentationsformen Bsp.
ℚ
enaktive RF: Torten, Pizzen, Äpfel aufteilen
ikonische RF:
symbolische RF:
Hälfte
einhalb
[  1,2  ] = {  m,n  ∈ℤ×ℤ ∖ { 0 } mit  m,n  ~  1,2  ⇔ 2m =n }
1
2
2
4
−3
−6
0,5
null komma fünf
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1. Repräsentationsformen
Symbolische
Repräsentationsformen
für Bruchzahlen
Name
Bezeichnung der
Repräsentationsform
a/b mit a, b aus Z
Bruch(schreibweise)
5/4 10/8
gemeiner, konkreter Bruch
5/4
unechter Bruch
1,25
Dezimalbruch, -zahl
Dezimalschreibweise
1¼
gemischter Bruch,
gemischte Zahl
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1. Repräsentationsformen
→ Zuordnung einer Repräsentationsform zu einer
Kategorie
→ Bestimmung der Salienzen und Restriktionen
(Handlungen/Manipulationen, die bei RF
(nicht) möglich sind)
→ Bestimmung des Bezeichneten und dessen
Verhältnis zum angestrebten mathematischen
Begriff, Äquivalenz der Zeichen
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2. Beispiele: (a) Irrationale Zahlen
Reelle Zahlen:
0
1
½
√2
√2 = 1, 41.......
Irrationale Zahlen: Dezimalentwicklung ist
nicht abbrechend, nicht periodisch
Bruchschreibweise: gibt es nicht!
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2. Beispiele (a) Irrationale Zahlen
Reelle Zahlen:
√2 = 1, 41.......
Irrationale Zahlen:
Dezimalentwicklung ist nicht abbrechend, nicht periodisch
Kettenbruch
 2=1
Intervallschachtelung
mit
s  n  :=

1
2
a  n−1 
2
a  n− 1

1

2
1

2
1
 2. . . 


I n := [ r n ,s n ]
r n :=
2
sn
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2. Beispiele: (a) Irrationale Zahlen
Reelle Zahlen:
Ikonisch:
√2 = 1, 41.......
1
√2
inkommensurabel,
kein gemeinsames Maß m
Wechselwegnahme endet nicht
1
m
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2. Beispiele: (a) Irrationale Zahlen
Reelle Zahlen: Goldener Schnitt
Ikonisch:
Im Pentagramm gilt (wegen der Ähnlichkeit der Dreiecke):
Diagonale : Seite = Seite : (Diagonale -Seite)
d
s
1
=
=  1  5 
s  d −s  2
Kettenbruch
d
=1
s
1

1
1

1
1
 1. .. 


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2. Beispiele: (b) Beweis
Satz:
n
∀ n∈ℕ: ∑ i =
I= 1
n  n+ 1 
2
Beispiel:
Beweis:
mittels vollständiger Induktion
I.-Anfang:
1
n=1 :
∑ i=
I= 1
1  11 
2
I.-Schritt:
Angenommen, die Aussage ist wahr für n.
Dann kann man folgern:
12... +n+  n+1  =
n  n+1 
n  n+1  2  n+1   n+2   n+1   n+1   n+2 
  n+1  =
=
=
2
2
2
2
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3. ... und das Lernen von Mathematik
„Jedem Kind kann auf jeder Entwicklungsstufe
jeder Unterrichtsgegenstand beigebracht werden.“ (Bruner)
→ Funktionen bzw. Bedeutung der Repräsentationsformen
für den Wissenserwerb,
als Medium zur Informationsgewinnung
→ Salienz, Restriktion des einzelnen Repräsentationsform
→ Bestimmung des Bezeichneten und dessen Verhältnis
zum angestrebten mathematischen Begriff,
→ Äquivalenz der Zeichen
(Wechsel des Repräsentationssystems)
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3. ... und das Lernen von Mathematik
Stufen des Verstehens mathematischer Begriffe und Sachverhalte
intuitives Verständnis
inhaltliches Verständnis
integriertes Verständnis
formales Verständnis
kritisches Verständnis
(Vollrath 1994)
Begriff als
Phänomen
Träger von
Eigenschaften
Teil eines
Begriffnetzes
Objekt zum
Operieren
Entität
Bsp. Geometrie
räumlich-anschauungsgebunden
analysierend
abstrahierend
schlussfolgernd
axiomatisch
(Van Hiele 1967)
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3. ... und das Lernen von Mathematik
Zuordnung Repräsentationsformen zu Stufen des Verstehens
Stufen
intuitives Verständnis
Phänomen
inhaltliches Verständnis
Eigenschaften
integriertes Verständnis
Begriffsnetz
formales Verständnis
Operieren
kritisches Verständnis
Repräsentationsform
räumlichanschauungsg.
analysierend
enaktiv?
schlussfolgernd
real. Bilder ?
analoge Bilder?
logische Bilder ?
Alltagssprache?
Fachsprache?
axiomatisch
formale Sprache?
abstrahierend
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3. ... und das Lernen von Mathematik
Zuordnung Repräsentationsformen zu Stufen des Verstehens
Stufen
intuitives Verständnis
Phänomen
inhaltliches Verständnis
Eigenschaften
integriertes Verständnis
Begriffsnetz
formales Verständnis
Operieren
kritisches Verständnis
Repräsentationsform
enaktiv?
real. Bilder ?
analoge Bilder?
logische Bilder ?
Alltagssprache?
Fachsprache?
formale Sprache?
n
∀ n∈ℕ: ∑ i =
I= 1
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n  n+ 1 
2
23
3. ... und das Lernen von Mathematik
mehrmachen, Tauschaufgabe
Bezeichnetes
Zeichen
+ dazutun
Operation, kommutativ
Bezeichnetes
Zeichenbenü
tzer
Schü
ler, 1. Klasse
Zeichen
+ addieren
Zeichenbenü
tzer
Schü
ler, 5. Klasse
Verknü
pfung, Gruppe
Bezeichnetes
Zeichen
(Z, + )
Zeichenbenü
tzer
Studierende
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Kompetenzen des Lernenden:
→ Zuordnung einer Repräsentationsform zu einer Kategorie
→ Wissen um die Salienzen und Restriktionen
→ Bestimmung des Bezeichneten und dessen Verhältnis zum
angestrebten mathematischen Begriff
→ Wechsel der Repräsentationsformen unter Beobachtung der
Äquivalenz der Zeichen
Beim Lernen ist die Veränderung des mentalen Konzepts
immer verbunden mit einer Veränderung des Zeichenvorrats
und dessen Nutzung.
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3. ... und das Lernen von Mathematik
„Jedem Kind kann auf jeder Entwicklungsstufe
jeder Unterrichtsgegenstand beigebracht werden.“ (Bruner)
... und das Lehren von Mathematik
→ Kenntnis, welche Salienzen welcher Repräsentationsformen
in welcher Entwicklungsstufe effizient genutzt werden können
→ Einführung neuer Repräsentationsformen
→ Initiierung des Wechsel von Repräsentationsformen durch den
Lernenden
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