Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 VI – 4.2 Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz F. Keller, Ch. Aymanns und S. Maus 1 Zusammenfassung Die Nierenfunktion beeinflusst Blutspiegel und Wirkung von Medikamenten. Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz muss sowohl eine toxische Überdosierung aber auch die subtherapeutische Unterdosierung vermeiden. Pharmakokinetik und Pharmakodynamik liefern Regeln, wie man mit möglichst hoher Wirkung aber geringen Nebenwirkungen dosieren kann. Die Dosis braucht so lange nicht angepasst zu werden, wie die Halbwertszeit kürzer als das Dosierungsintervall bleibt. Die proportionale Dosisreduktion nach Dettli vermeidet Überdosierungen, führt aber häufig zu Unterdosierungen. Die Halbierungsregel von Kunin garantiert die Wirkung bei allerdings höherem Risiko von Nebenwirkungen. Die Entscheidung ist eine klinische, weil auf Intensivstation die ausreichende Wirkung lebenswichtig sein kann, in der Ambulanz aber Nebenwirkungen den guten Effekt zunichte machen können. Antiinfektive Substanzen und Zytostatika wird man eher nach Kunin dosieren, Herz-Kreislaufmedikamente und im zentralen Nervensystem wirkende Substanzen eher nach Dettli. 2 Hintergrund Bei niereninsuffizienten Patienten bereitet die adäquate Arzneitherapie und Dosierung der Medikamente oft Schwierigkeiten. Die Arzneimitteldosierung kann allerdings durch Anwendung einfacher pharmakokinetischer Prinzipien verbessert werden. Klinisch am bedeutsamsten imponiert das Problem der Dosisanpassung bei eingeschränkter Nierenfunktion und bei Nierenersatztherapie. Vor allem die Dosierung von Antibiotika und antiviralen Medikamenten, sowohl auf Intensivstationen als auch in der ambulanten Medizin, bereitet immer wieder Schwierigkeiten. Aus einer Umfrage unter Nephrologen wissen wir, dass Antiinfektiva an erster Stelle genannt werden (48 % unter sechs Medikamentengruppen) und dass besonders die Intensivstation schwierige Fragen aufwirft (44 % unter fünf Tätigkeitsfeldern), wenn es um die Arzneimitteldosierung geht. Merke: Nicht nur jeder Patient ist anders, sondern auch jedes Medikament. Trotzdem gelten einfache Gesetze, mit deren Hilfe man jedes Medikament jedem Patienten individuell anpassen kann. 3 Nierenfunktion Die Glomeruläre Filtrations-Rate (= GFR) ist das übergeordnete Maß der Nierenfunktion. Viele Arzneimittel werden in der Niere glomerulär filtriert. Zusätzlich können sie tubulär sezerniert, reabsorbiert und/oder metabolisiert werden. Die renale Metabolisierung (z.B. Insulin) wird meist verkannt und unterschätzt, da diese Nierenleistung nicht im Urin erfasst werden kann. Renale Elimination = Filtration + Metabolisierung + Sekretion – Reabsorption Die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) kann als Maß der Nierenfunktion dienen (obwohl sie streng genommen nur die Filtrationsleistung quantifiziert), da tubuläre Funktionen mit ab- Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 1 VI – Niere nehmender GFR ebenfalls abnehmen (intac nephron hypothesis). Zur Abschätzung der GFR eignet sich nach wie vor das Serum Kreatinin (Crea in mg/dl) – sprich, der Kehrwert des Kreatinins (GFR = 1/Crea). Merke: Neu hinzugekommen ist das Cystatin C. Das Cystatin C ist bereits bei leichtgradig eingeschränkter Nierenfunktion erhöht und weist deshalb früher auf eine beginnende Niereninsuffizienz hin als das Kreatinin, welches wegen des Kreatininblinden Bereichs erst bei mittelgradiger Niereninsuffizienz ansteigt. Alle Formeln zur Berechnungen der GFR überschätzen aber die Nierenfunktion bei akutem Nierenversagen mit ansteigenden KreatininWerten. Umgekehrt unterschätzen alle Formeln der GFR die Nierenfunktion in der Restitutionsphase des akuten Nierenversagens mit wieder abfallenden Kreatinin-Werten. Merke: Die Einschätzung der GFR hinkt der Wirklichkeit immer hinterher. Am deutlichsten ist das bei plötzlicher Anurie (Diurese < 150 ml/Tag). Das Kreatinin und alle Marker der GFR können noch normal sein, obgleich die tatsächliche GFR bei Anurie natürlich gleich Null ist (GFRfail). Neu hinzugekommen ist die Modified Diet in Renal-Disease-Formel (MDRD GFR), für die nur das Serum Kreatinin (Crea in mg/dl), das Alter (Jahre) und – falls überhaupt – Geschlecht und Rasse zu berücksichtigen sind (Crea 1 mg/ dl = 88,4 mcmol/l). Es gibt mehrere MDRDFormeln, von denen sich die MDRD-2-Formel durchgesetzt hat. Die MDRD-2-Formel gilt für eine Standard-Körperoberfläche von 1,74 m2. Diese Standardisierung ermöglicht eine automatische Berechnung aus dem Alter (Geburtsdatum) und dem Kreatinin (mg/dl). Auch aus dem Cystatin C (mg/l) kann die GFR berechnet werden. Die CystC-Formel wurde zwar noch nicht ausreichend validiert, ist aber leicht zu memorieren und sie gibt die GFR unabhängig von Alter, Gewicht, Geschlecht und Hautfarbe wieder. Merke: Das Serumkreatinin zeigt eine eingeschränkte Nierenfunktion an. Die glomeruläre Filtrationsrate kann praktisch universell mit der MDRD-2-Formel berechnet werden. GFRfail = 0 Als echte aber aufwändige GFR-Marker gelten die Inulin- und die Isotopen-Clearance. Immer noch verwendet wird die endogene KreatininClearance, die aber wegen des Sammelfehlers (24-h-Urin) sehr unzuverlässig ist und als anachronistisch in der Klinik eigentlich obsolet sein sollte. Außer bei massiv Übergewichtigen ist die Abschätzung der GFR aus der Kreatinin-Clearance mit der Cockcroft-&-GaultFormel (C&G GFR) gut geeignet zur Dosisanpassung. Für die Cockcroft-&-Gault-Formel wird das Alter (Jahre), das Körpergewicht (KG in kg) und das Serum Kreatinin (Crea in mcmol/l) benötigt. 2 4 Clearance, Volumen, Halbwertszeit Wenn die Dosis (D) eines Pharmakons intravenös verabreicht wird, kann man anschließend zu bestimmten Zeitpunkten (t1, t2, t3 …) entsprechende Blutspiegel messen (C1, C2, C3 …). Aus diesen Blutspiegeln lassen sich die wichtigsten pharmakokinetischen Parameter Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 Pharmacokinetics Distribution (Vd) Dose (D) 100 Elimination (Ke) T1/2 = 0.693 / Ke 80 60 40 20 0 0 2 4 6 8 10 12 Cl = Ke · Vd Abb. 1: Grundgleichung der Pharmakokinetik. Die Clearance (Cl) ist das Produkt aus Verteilung (Vd) und Ausscheidung (Ke). Die Halbwertszeit ist der Kehrwert der Eliminationskonstanten (T1/2 = ln(2)/Ke) ableiten. Trägt man die Konzentrationen über die Zeit halblogarithmisch auf, so ergibt sich aus dem exponentiellen Konzentrationsabfall eine Gerade mit der Eliminationskonstanten (Ke) als Steigung. Das Verteilungsvolumen (Vd) erhält man aus der auf den Zeitpunkt Null (to) extrapolierten oder rückgerechneten Konzentration (Co). Merke: Die wichtigsten pharmakokinetischen Parameter sind Clearance (Cl), Volumen (Vd) und Halbwertszeit (T1/2). Diese drei Parameter stehen in einer engen mathematischen Beziehung, sodass aus zwei gegebenen immer der dritte Parameter berechnet werden kann (Abb. 1). Auch zur Prüfung der Plausibilität pharmakokinetischer Angaben eignet sich diese Formel. Die Halbwertszeit entspricht dem Kehrwert der Eliminationskonstanten wobei gilt (ln(2) = 0,693). Die Clearance (Cl) kann man aus der Fläche unter der Kurve (area under curve = AUC) berechnen (1/ln(2) = 1,44). Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 3 VI – Niere Man erhält die Fläche unter der Kurve (AUC), Von der totalen muss die renale Clearance (Clren) unterschieden werden, welche die Eliminationsleistung der Niere erfasst. Die renale Clearance ergibt sich aus der im Urin ausgeschiedenen Menge (U) und somit aus der renal eliminierten Fraktion (fren = U/D). Die übrige Fraktion des Pharmakons wird über Leber, Darm und zu geringen Anteilen auch über Lunge oder Haut eliminiert. Eine geringe renal eliminierte Fraktion lässt geringe Auswirkungen einer eingeschränkten Nierenfunktion auf die Arzneimittelelimination erwarten. und daraus wieder die Clearance (Cl), das zentrale Verteilungsvolumen (V1) sowie das AUC-abgeleitete Verteilungsvolumen (Vd) und die jeweiligen Halbwertszeiten. Die Konzentrationen durchwandern einen dekadischen Logarithmus, also von 100 % auf 10 %, innerhalb von exakt 3,3 Halbwertszeiten. Man kann die Halbwertszeit graphisch, also visuell leicht ablesen. Sind zwei Konzentrationen gemessen, kann die Halbwertszeit berechnet werden. In der Realität weisen Pharmaka aber manchmal mehrere Halbwertszeiten auf (VerteilungsHalbwertszeit, Eliminations-Halbwertszeit, terminale Halbwertszeit), was an einem logkonvexen Blutspiegelverlauf zu erkennen ist. Hierfür existieren zahlreiche Computerprogramme, mit denen man Clearance, Volumina und Halbwertszeiten aus Blutspiegeln berechnen kann. Dazu werden multiexponentielle Funktionen (exp) an die gemessenen Konzentrationen gefittet. 4 In der semilogarithmischen Darstellung erkennt man auch den dominanten Eliminationsprozess mit Halbwertszeit (T1/2dom = T1/2beta ?) und zugehörigem Achsenabschnitt (Cdom). Dominant ist die Halbwertszeit (T1/2dom), wenn sie den größten Teil der Fläche repräsentiert (> 0,5 · AUC). Die dominante Halbwertszeit entspricht bei Mehrkompartmentkinetik der mittleren Verweildauer „mean residence time“ (MRT). Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 Die Fläche unter der Kurve kann man auch nach der Trapezregel numerisch zusammen addieren. Eliminationskonstanten (Ke) unterschieden werden. Man erhält eine sogenannte BatemanFunktion. Dazu muss man aber von der letzten gemessenen Konzentration aus (Cn) nach unendlich extrapolieren (AUCextrap = Cn/Ke). Normalerweise erfolgt die Resorption schneller als die Elimination (Ka > Ke). 5 Bioverfügbarkeit Nach oraler Dosierung wird möglicherweise nicht die gesamte Menge resorbiert. Ein Teil der Dosis kann auch bei der ersten Darm- oder Leberpassage bereits metabolisiert werden (= first pass effect). Daraus resultiert eine eingeschränkte Bioverfügbarkeit (F). Merke: Nach dem Flächensatz von Dost ist die Fläche unter der Kurve AUC unabhängig vom Applikationsweg immer gleich groß. Unterschiedliche Flächen sind somit ein Maß der Bioverfügbarkeit. Wenn die Bioverfügbarkeit unvollständig ist, werden nach oraler Dosierung die apparente Clearance (Cl/F) und das Volumen (Vd/F) größer als nach intravenöser Dosierung. Ist die Resorption aber langsamer als die Elimination (Ka < Ke) entsteht eine sogenannte „flip-flop“-Situation. Die zu beobachtende Eliminations-Halbwertszeit nach oraler Dosierung ist dann länger als nach intravenöser Dosierung (T1/2po > T1/2iv), weil die Ausscheidungsgeschwindigkeit von der Resorptionsgeschwindigkeit überlagert wird. 6 Plasmabindung Bei oraler Dosierung überlagern sich der Prozess der Resorption und der Prozess der Elimination. Der Maximalspiegel ist kleiner als der theoretische Initialspiegel (Cmax < Co). Hierbei muss die Absorptionskonstante (Ka) von der Anlass zu vielen Missverständnissen gibt die Plasmabindung (PB%), die nicht in vivo als Absolutwert, sondern nur in vitro als freie Plasmafraktion (fp), also ein relativer Wert, gemessen werden kann. Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 5 VI – Niere Change in Plasmabinding Concentration (C) 1,2 1 0,8 Ctot = Cbound + Cfree Cbound 0,6 fp↑= Cfree / Ctot↓ 0,4 0,2 Cfree 0 1 30 59 88 Cfree = const. 117 146 175 204 233 Time (min) Abb. 2: Plasmabindung und freie Plasmakonzentration. Wenn sich die Plasmabindung verringert, bleibt die freie Konzentration konstant, da der freigesetzte Anteil schneller ausgeschieden wird Die totale Konzentration (C) wird in vitro durch Ultrazentrifuge oder Membrandiffusion in die gebundene (Cbound) und die freie Konzentration (Cfree) getrennt. Was sich im Körper ändert, ist aber nicht die freie, sondern die gebundene Konzentration beispielsweise beim Ceftriaxon (Niereninsuffizienz, Hypoproteinämie). Die absolute freie Konzentration bleibt konstant (Abb. 2). Die freie Konzentration, nicht die plasmagebundene, ist aber für die Wirkung beziehungsweise den Effekt (E) verantwortlich. Die gebundene Konzentration nimmt ab, der freie Anteil erhöht sich. Damit erfolgt die Ausscheidung schneller, die totale Clearance nimmt zu. 6 Die freie Clearance ändert sich aber nicht (Clfree). Das ist der Grund, warum die absolute freie Konzentration unverändert bleibt. Physiologisch betrachtet setzt sich das Verteilungsvolumen aus dem Plasmavolumen (Vp) und dem Gewebevolumen (Vt) zusammen. Es wird größer, wenn der freie Plasmaanteil (fp) zunimmt aber der freie Gewebeanteil (ft) sich nicht ändert. Aus der höheren Clearance errechnet sich trotz größerem Volumen eine kürzere Halbwertszeit. Für das Therapeutische Drug Monitoring (TDM) muss man aber, wenn sich die Plasmabindung verringert, geringere Blutspiegel als Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 Merke: Änderungen der Plasmabindung haben zwar erhebliche pharmakokinetische aber keine pharmakodynamischen Konsequenzen. neue Zielspiegel definieren (Tab. 1), da die Gesamtkonzentration und nicht das freie Pharmakon gemessen wird. gel (Cpeak) ist eine theoretische Konzentration, die letztlich aus dem Talspiegel rückgerechnet werden kann. Bei Mehrkompartmentkinetik wird der Initialspiegel oft höher gemessen (Co > Cpeak), bei oraler Dosierung möglicherweise geringer als der Spitzenspiegel (Cmax < Cpeak). Klassisches Beispiel ist Phenytoin (s.u.) 7 Kumulationskinetik Bei wiederholter Dosierung kommt es zur Akkumulation des Medikamentes im Körper bis der Gleichgewichtszustand (steady state) erreicht ist, in dem die zugeführte der ausgeschiedenen Menge entspricht. Merke: Der Zeitpunkt (Tss), wann das Kumulations-Gleichgewicht erreicht wird, hängt nicht vom Dosierungsintervall (Tau = τ) und nicht von der Dosis (D), sondern nur von der Halbwertszeit ab und wird zu 90 % nach 3,3 Halbwertszeiten und zu 95 % nach 4,32 Halbwertszeiten erreicht. Die Höhe des Kumulationsgleichgewichtes (Css) hängt aber vom Dosierungsintervall (τ), von der Halbwertszeit (T1/2) und der Dosis (D) ab. Der Gleichgewichtsspiegel ist umso höher, je kürzer das Dosierungsintervall im Vergleich zur Halbwertszeit gewählt wird (T1/2/τ). Im Kumulationsgleichgewicht fluktuieren während des Dosierungsintervalls (τ) die Blutspiegel zwischen dem Spitzenspiegel (Cpeak) und dem Talspiegel (Ctrough). Der Spitzenspie- Um schon mit der ersten Dosis wirksame Blutspiegel zu erreichen, muss man bei ausgeprägter Kumulation eine Startdosis (Dstart) geben. Falls das normale Dosierungsintervall aber länger als die Halbwertszeit ist, entspricht die Startdosis der normalen Erstdosis, weil in solchen Fällen eigentlich keine Akkumulation stattfindet. Die Erhaltungsdosis (D) kann auch aus dem Verhältnis von Spitzen- und Talspiegeln und der Startdosis berechnet werden. Bei kontinuierlicher Infusion mit einer konstanten Infusionsrate (IR = D/t) bildet sich im Kumulationsgleichgewicht die mittlere Steadystate-Konzentration (Css) aus, der bei intermit- Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 7 VI – Niere tierender Dosierung die durchschnittliche Gleichgewichtskonzentration entspricht. Die Kumulationskinetik wird vor allem bei Niereninsuffizienz wichtig, weil sich da die Halbwertszeit verlängern und somit die Akkumulation um ein Vielfaches zunehmen kann. 8 Pharmakokinetik bei Niereninsuffizienz schnelle und langsame Metabolisierer, also nur kategorial einteilen lassen, besteht nach Dettli zwischen der Nierenfunktion und den wichtigsten pharmako-kinetischen Parametern ein kontinuierlicher und gesetzmäßiger Zusammenhang. Dieser Zusammenhang kann durch eine stetige Funktion und häufig sogar als einfache lineare Abhängigkeit beschrieben werden (X = Xo + a x GFR). Es genügt aus der Literatur Werte der pharmakokinetischen Parameter für die beiden Extreme der normalen (Xnorm) und der fehlenden Nierenfunktion (Xfail) zu extrahieren, dann können für jedes Stadium der GFR-Einschränkung die pharmakokinetischen Parameter interpoliert werden (Abb. 3). Die unabhängige Variable ist die relative glomeruläre Filtrationsrate (fGFR = GFR/GFRnorm). Im Gegensatz zu pharmako-genetischen Polymorphismen, die sich in diskrete Gruppen wie 50 100 40 80 30 60 20 40 10 20 Dosisreduktion [%] Arzneimittelclearance [ml/Min.] Dosisanpassung nach Luzius Dettli Nichtrenale Arzneimittelclearance 0 0 20 40 60 80 0 100 Nierenfunktion GFR (ml/Min.) Abb. 3: Nierenfunktion, Arzneimittelelimination und Dosisanpassung. Die Arzneimittel-Clearance ist eine lineare Funktion der glomerulären Filtrationsrate. Wenn die normale Clearance und die Clearance bei Nierenversagen bekannt sind, kann man bei jedem Patienten für jedes Stadium der GFR-Einschränkung die individuelle Clearance des Arzneimittels interpolieren. Die Dosis muss proportional zur Arzneimittel-Clearance reduziert werden 8 Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 T1/2 (multiples of T1/2 norm) Half-life & Kidney function 10 T1/2 = T1/2norm / (1 – fren + fren x fGFR) 8 fren = 0.9 fren = 0.7 fren = 0.5 fren = 0.3 fren = 0.1 6 4 2 Creatinine-blind range 0 0 20 40 60 80 GFR (ml/min) 100 120 Abb. 4: Halbwertszeit und GFR. Erst für eine Einschränkung der Nierenfunktion auf eine GFR < 60 ml/min kommt es zu einem kritischen Anstieg der Halbwertszeit. Analog zum Kreatinin-blinden Bereich kann man bei einer GFR > 60 ml/min von einem Halbwertszeit-unkritischen Bereich der GFR-Einschränkung sprechen. Für die individuelle GFR gilt (fGFR = GFR/GFRnorm) erst bei GFR-Werten kleiner 60 ml/min zu einem kritischen Anstieg der Halbwertszeit. Die pharmakokinetischen Parameter für eine fehlende Nierenfunktion (Xfail) müssen bei realen Patienten gemessen werden. Man kann aber auch schon aus der renal eliminierten Fraktion (fren) Voraussagen machen, wie sich der Parameter bei fehlender Nierenfunktion verhalten wird. Besonders nützlich ist dieser Ansatz bei der Voraussage der Halbwertszeit. Wegen der hyperbolen Abhängigkeit der Halbwertszeit von der Nierenfunktion kommt es Merke: Deutlicher als die Clearance zeigt deshalb die Halbwertszeit einen für die Pharmakokinetik und somit die Dosisanpassung unkritischen Bereich, der etwa auch dem Kreatinin-blinden Bereich der GFR entspricht (Abb. 4). 9 Hämofiltration Bei schwerkranken Patienten auf der Intensivstation wird wegen der besseren Kreislaufverträglichkeit nach wie vor die kontinuierliche Hämofiltration durchgeführt. Der Effekt der Hämofiltration auf die Arzneimittelelimination darf nicht unterschätzt werden. Die apparative Filtrationsrate (HämoFR) von üblicherweise 2000 ml/h entspricht einer GFR von 33 ml/min. Diese Hämofiltrationsrate addiert sich zur glomerulären Filtrationsrate hinzu und ergibt die berechnete Filtrationsrate (eGFR). Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 9 VI – Niere (FR) ist abhängig von der gemessenen Halbwertszeit (T1/2on). Merke: Mit Serum-Kreatinin-Werten zwischen 200 und 300 µmol/l haben Hämofiltrationspatienten oft eine Filtrationsleistung die einer GFR von durchaus 30 bis 50 ml/min entspricht – also eine nahezu halbnormale Filtrationsrate (eGFR). Die individuellen Pharmakokinetikparameter können mit Hilfe genau der gleichen Funktionen aus der eGFR berechnet werden (siehe oben Pharmakokinetik bei Niereninsuffizienz), die generell für den Zusammenhang zwischen Nierenfunktion und Pharmakokinetik Parametern gelten. Die unabhängige Variable ist auch hier die relative Filtrationsrate (fGFR = eGFR/GFRnorm). 10 Hämodialyse Schwieriger als bei kontinuierlicher Hämofiltration sind die Verhältnisse bei intermittierender Hämodialyse. Die Hämodialyse ersetzt die normale Nierenfunktion – aber jeweils nur für die Dauer der Behandlung (z.B. 4 h). Den Effekt einer Dialyse auf die Arzneimittelelimination kann man grob aus der normalen Kinetik voraussagen (T1/2hd = T1/2norm). Der Hämodialyseeffekt sollte aber besser direkt, am besten durch exemplarische Blutspiegelmessungen während einer Dialyse, untersucht werden. Die eliminierte Fraktion (FR) gibt zuverlässig Auskunft über die pharmakokinetischen Auswirkungen während der Zeitdauer (ton) einer Dialyse. Die eliminierte Fraktion 10 Wenn man den Effekt der Dialyse separieren will von der gesamten Eliminationsleistung während der Dialysezeit (ton), kann man eine biexponentielle Gleichung verwenden. Erschwert wird die Abschätzung des Dialyseeffektes durch den Rebound, also das Rückverteilungsphänomen nach der Dialyse. Eine komplette Untersuchung der Blutspiegel vor und nach Dialyse erlaubt es die Konzentration zum Zeitpunkt des Dialysebeginns zu extrapolieren (Cextrap). Aus der Flächendifferenz (AUC) über einen definierten Zeitraum, der möglichst auch das Rückverteilungsphänomen nach Dialyse einschließen sollte, kann am zuverlässigsten die eliminierte Fraktion berechnet werden [1]. Der Rebound lässt sich auch mit einer biexponentiellen Funktion und einer 2-Kompartment-Kinetik modellieren [2]. 11 Peritonealdialyse Bei der Peritonealdialyse findet eine Arzneimittelelimination über den Bauchraum statt. Die CAPD-Clearance erhält man aus der Arzneimittelkonzentration im Dialysat (Cdial), dem Dialysat-Volumen (Vdial) und der AUC der Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 Blutspiegel während des Untersuchungszeitraumes (AUCt). Über das Peritoneum kann nur der freie Plasmaanteil des Arzneimittels eliminiert werden. Der Effekt der CAPD lässt sich somit anhand der Rate des Dialysatflusses (Vdial/t) und dem freien Plasmaanteil (fp) abschätzen. Der Dialysatfluss beträgt etwa 8.000 ml/Tag oder etwa 5,6 ml/min. Die maximale CAPD-Clearance entspricht also dem Dialysatvolumen pro Zeiteinheit (fp = 1). Arzneimittel werden bei intraperitonealer Gabe über das Peritoneum besser re- oder absorbiert, als sie aus dem Körper via CAPD eliminiert werden. Die systemisch verfügbare Fraktion eines intraperitoneal verabreichten Arzneimittels ist in der Regel gut. Der Grund ist ein ausgeprägter Blut- und Lymphfluss im Bauchraum. Wegen der guten Absorption werden bei intraperitonealer Gabe wirksame systemische Spiegel erreicht, die auch die folgenden Beutelwechsel überdauern. Arzneimittel mit langer Halbwertszeit können deshalb als einmalige Tagesdosis intravenös oder intraperitoneal gegeben werden (z.B. Cefazolin, Gentamicin). Die intravenöse Gabe erzielt höhere Spitzenspiegel, welche für die intraperitoneale Wirkung wichtig sein könnten (z.B. Aminoglykoside). Die Wirksamkeit der Antibiotika wird durch die Anwesenheit von Leukozyten im Blut – nicht aber im Peritoneum – verstärkt. Deshalb ist wahrscheinlich die intravenöse Gabe wirksamer als die intraperitoneale Gabe. 12 Dosisanpassung Die Notwendigkeit der Dosisanpassung ergibt sich wegen der Kumulationskinetik bei wiederholter Dosierung vor allem für antimikrobielle Substanzen. Aber auch die zyklisch gepulste Chemotherapie mit Zytostatika muss der Nierenfunktion angepasst werden, da ihre Toxizität oft mit der Fläche unter der Kurve AUC korreliert. Am Beispiel der Zytostatika wird auch sofort der Zielkonflikt deutlich: wenn die Eliminationskurve abflacht, ist Flächengleichheit nur bei niedrigeren Spitzenspiegeln erreichbar. Niedrigere Spitzenspiegel machen aber auch weniger zytostatischen Effekt. Die Pharmakodynamik wird hier essentiell zur Dosisanpassung gebraucht. Wegen des stetigen Funktionszusammenhangs zwischen pharmakokinetischen Parametern und der Nierenfunktion, ist es möglich für jedes Stadium der Nierenfunktionseinschränkung eine Dosisanpassung vorzunehmen. Es gibt fünf verschiedene Regeln der Dosisanpassung. Im Prinzip bei allen, aber am deutlichsten bei Dettli, besteht immer die Möglichkeit entweder die Dosis (D) oder das Intervall (Tau = τ) anzupassen. Die Dettli-Regel gilt auch für die Einmalgabe (τ = 1). 1. Proportionalitätsregel nach Dettli [3] oder für Tau = const. Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 11 VI – Niere für D = const. 5. Dosierungsregel von Holford [6] nach dem Zielspiegel (Ctarget) 2. Halbierungsregel nach Kunin [4] Insbesondere die Proportionalitätsregel von Dettli lässt offen, ob man das Intervall proportional zur Halbwertszeit verlängern oder die Dosis reziprok zur Halbwertszeit reduzieren will. Das hat allerdings sehr unterschiedliche Auswirkungen auf den Effekt (Ciprofloxacin). Die Proportionalitätsregel von Dettli führt generell zu einer niedrigeren Dosierung als die Halbierungsregel von Kunin (Abb. 5). Grundsätzlich führen alle Dosierungsregeln – außer der Dettli-Variante mit einer Intervallverlängerung – zu höheren Talspiegeln. Vor allem die Halbierungsregel von Kunin sollte nicht angewendet werden, wenn die Halbwertszeit kürzer, sondern nur wenn sie länger als das Dosierungintervall ist. 3. Generelle AUC-Regel nach Czock [5] 4. Generelle Dstart-Regel Merke: Es gilt für alle Dosierungsregeln, dass eine Dosisanpassung auch bei Niereninsuffizienz eigentlich nicht vorgenommen zu werden braucht, solange die Halbwertszeit kürzer als das Dosierungsintervall ist (Beispiel Flucloxacillin). 16 16 Normale Nierenfunktion 12 10 8 6 4 14 Konzentration (mg/l) Konzentration (mg/l) 14 2 Kunin-Regel 12 10 8 6 Dettli-Regel 4 2 0 0 0 24 48 72 96 120 144 168 192 216 240 Zeit (h) 0 24 48 72 96 120 144 168 192 216 240 Zeit (h) Abb. 5: Dosisanpassung nach Dettli oder nach Kunin. Die Kunin-Regel führt zu höheren Talspiegeln und einer größeren AUC bei gleichen Spitzenspiegeln, die Dettli-Regel führt zu niedrigeren Spitzenspiegeln aber trotzdem höheren Talspiegeln bei gleicher AUC 12 Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 12.1 Dosierung nach Hämodialyse Da nach Kunin auch die angepasste Erhaltungsdosis aus der Startdosis berechnet wird, kann man vereinfachen zu: Die Dosierung bei Hämodialyse (Dhd) erfordert es, den Effekt der Dialyse zu kompensieren. In der Regel sollte die Verabreichung der Dosis nach Beendigung der Dialyse erfolgen (Dhd). Die Dosierung vor Dialyse könnte zwar höher gewählt werden, aber im Intervall zwischen den Dialysen bestünden dann praktisch keine wirksamen Blutspiegel mehr. Wenn man nach der Dialyse wieder wirksame Blutspiegel erreichen möchte, muss man nicht nur die an das Nierenversagen angepasste Dosis (Dfail), sondern zusätzlich noch eine Supplementärdosis (Dsuppl) verabreichen. Es hängt im Wesentlichen aber nicht von der Kinetik sondern von der Klinik ab, was als primäres Ziel definiert wird: Sicherung des therapeutischen Effektes oder Vermeidung von möglichen toxischen Nebenwirkungen. 12.2 Ziel der Dosisanpassung Der Effekt, also die Pharmakodynamik, muss bei der Dosisanpassung berücksichtigt werden. Mit der Dosisanpassung gilt es also, zwei Fehler zu vermeiden. Die Supplementärdosis soll den Effekt der Dialyse ausgleichen und kann mithilfe der an Dialyse eliminierten Fraktion (FR) und der Startdosis (Dstart) berechnet werden (Abb. 6). 1. Die übervorsichtige Unterdosierung verpasst den therapeutisch notwendigen Effekt. 2. Die Überdosierung gefährdet den Patienten durch toxische Nebenwirkungen. 120 Dhd = Dfail + Dsuppl Konzentration 100 80 Dfail 60 Dsuppl 40 HD 20 0 0 4 8 12 Stunden 16 20 24 Abb. 6: Supplementärdosis noch Dialyse. Die Dosis nach Dialyse (Dhd) setzt sich aus der an die Nierenfunktion angepassten Erhaltungsdosis (Dfail) und der Supplementärdosis (Dsuppl) zusammen um wirksame Blutspiegel nach Dialyse wiederherzustellen (Dhd = Dfail + Dsuppl) Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 13 VI – Niere Beide Fehler können gerade in der Intensivmedizin und bei Dialysepatienten fatale Auswirkungen haben. Die Unterdosierung – vor allem bei Therapiebeginn (Startdosis !) – ist aber der häufigere und schlimmste, weil vermeidbare, Fehler [7]. Wir haben deshalb explizite Dosierungsempfehlung für schwerkranke Patienten mit Niereninsuffizienz und Nierenersatztherapie ausgearbeitet, die sich am Spitzenspiegel orientieren (Tab. 3). Aufgrund der Kumulationskinetik treten toxische Nebenwirkungen bei Nierenversagen wie zum Beispiel auch die tödlichen zerebralen Symptome unter Cefepime erst nach drei bis fünf Tagen einer Antibiotika-Therapie auf [8]. Andererseits jedoch steigt die Mortalität mit der Zeit, die verstreicht, bis eine effektive antimikrobielle Therapie gestartet wird [9]. Nach unserer Umfrage gehen 92 % der Antworten davon aus, dass mit einer besonders bei Therapiebeginn zu geringen Dosierung das Risiko von Resistenzentwicklungen steigt. Merke: Es gibt gewichtige pharmakokinetische und pharmakodynamische Argumente, bei Therapiebeginn Antibiotika normal zu dosieren und erst nach der 3. Dosierung eine Anpassung der Dosis oder des Intervalls oder von beidem vorzunehmen. 13 Therapeutisches Drug Monitoring Pharmakokinetische Dosierungsempfehlungen sollten durch ein therapeutisches Drug Monitoring (TDM) der Blutspiegel ergänzt werden. TDM ist ein wesentliches Hilfsmittel, um die klinische Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz zu optimieren. Spiegelmessungen informieren über den pharmakokinetischen Aspekt der Arzneimitteldosierung. Daraus ist indirekt ein Schluss auf die zu erwartenden Effekte möglich. Da in aller Regel Talspiegel gemessen werden, müssen die Zielspiegel bei Niereninsuffizienz Konzentration (mg/l) 35 30 25 20 15 10 5 0 0 24 48 72 96 120 144 168 192 216 240 Zeit (h) Abb. 7: Dosisanpassung von Vankomycin und veränderte Talspiegel. Die Talspiegel können bei eingeschränkter Nierenfunktion nicht konstant bleiben, sonst resultieren sehr viel niedrigere Spitzenspiegel und eine geringere AUC – also eine Unterdosierung. Die Talspiegel bei Niereninsuffizienz müssen somit höher sein als bei normaler Nierenfunktion! 14 Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 teilweise anders als für normale Nierenfunktion definiert werden (Tab. 1). Vom Labor berichtete Normalwerte gelten dann nicht mehr. Zum Beispiel sind für Gentamicin und Vancomycin höhere Talspiegel sinnvoll [10], um die therapeutisch nötige AUC zu erreichen (Abb. 7). Bei Abnahme der Plasmabindung sind aber niedrigere Blutspiegel bereits wirksam und damit als therapeutisch anzusehen (s.o.). Zum therapeutischen Drug Monitoring wird üblicherweise die Gesamtkonzentration im Plasma gemessen. Eine geringere Plasmabindung bei Niereninsuffizienz geht zwar mit niedrigeren Plasmaspiegeln einher, wobei aber die absolute freie Plasmakonzentration unverändert bleibt (Tab. 1). Arzneimittel mit Veränderungen der Plasmabindung müssen paradoxerweise mit der Dosis nicht angepasst werden [11]. Zum Beispiel beträgt die normale Plasmabindung von Phenytoin 90 % und bei Niereninsuffizienz nur 80 %. Bei einem normalen Talspiegel von 10 mg/l ist die freie Konzentration somit 1 mg/l. Bei Niereninsuffizienz reicht ein Talspiegel von 5 mg/l für Phenytoin, denn die freie Konzentration beträgt dann 20 % also ebenfalls 1 mg/l wie bei normaler Nierenfunktion (Tab. 1). Tab. 1: Zielspiegel bei Niereninsuffizienz Merke: Zur Interpretation der gemessenen Plasmaspiegel sind Kenntnisse der Eliminationskinetik und der Plasmabindung unerlässlich. Therapeutisches Drug Monitoring bei Niereninsuffizienz und seine richtige Interpretation sind ohne ein pharmakokinetisches Grundverständnis kaum möglich. 14 Pharmakodynamik Das Dilemma zwischen unwirksamer Unterdosierung und toxischer Überdosierung zeigt, dass die Dosisanpassung nur möglich ist, wenn zusätzlich zur Kinetik der Effekt, also die Pharmakodynamik berücksichtigt wird. Pharmakokinetik ist die notwendige, aber erst mit der Pharmakodynamik zusammen hinreichende Voraussetzung der Dosisanpassung. Wenn man die Dosis eines Medikamentes appliziert, erreicht man damit einen Blutspiegel, der erwünschte aber möglicherweise auch unerwünschte Effekte produziert. Bisher fehlt noch eine Theorie der irreversiblen Effekte, für die es charakteristisch ist, dass ein Effekt nur entsteht, so lange die Konzentration ansteigt, aber nicht wenn sie abfällt. Ziel (tal) Spiegel (mg/l) Normale Nierenfunktion Hochgradige Niereninsuffizienz Amikacin < 10 15–25 Digoxin 0,5–2,0 0,5–2,0 Digitoxin 7,5–25 5–20 Gentamicin <2 3–5 Phenytoin 10–20 5–10 Valproinat 50–100 50–100 Vancomycin 5–10 10–15 Langsamere Elimination ⇒ target Cmin ↑ Geringere Plamabindung ⇒ target Cmin ↓ Für reversible Effekte gilt aber allgemein das sigmoide Emax-Modell, das mit der Hill-Gleichung beschrieben wird (Abb. 8). Der aktuelle Effekt (E) ist eine Funktion der Konzentration (C), des halbmaximalen Effektes (CE50) und des Hill-Koeffizienten (H). Ein Medikament ist umso potenter, je geringer die Konzentration ist, die benötig wird um den halbmaximalen Effekt zu produzieren (Potenz = 1 / CE50). Je höher der Hill-Koeffizient ist, desto sigmoider verläuft die Effekt-Konzentrations-Kurve. Außer der Hill-Gleichung beschreiben auch die 1-exp Funktionen nach Hodgkin oder Douglas einen sigmoiden Zusammenhang zwischen Ef- Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 15 VI – Niere Pharmakodynamik ceiling Effekt (% Emax) 100 E = E max /(1 + CE50/C)^H) CE50 = 10 H = 4.2 CE 05 = 5 CE95 = 20 75 E = E max / (1 + CE50/C) CE50 = 10 H=! 50 25 0 0 threshold 10 20 30 40 Konzentration Abb. 8: Effekt-Konzentrations-Beziehung. Das Emax-Modell gleicht der Michaelis-Menten-Kinetik für einen Hillkoeffizienten von (H = 1,0) wobei dann die Michaeliskonstante der Konzentration des halbmaximalen Effektes entspricht (CE50). Beim sigmoiden Emax-Modell gilt die Hill-Gleichung (H > 1,0) mit einer SchwellenKonzentration (= Threshold CE05) und einer Decken-Konzentration (= Ceiling CE95) fekt und Konzentration. Dabei erzielt die Konzentration, die mit der Hill-Gleichung 50 % des Effektes produziert (CE50), in der Hodgkin- und der Douglas-Gleichung bereits 63 % des Maximaleffektes (CE65). Die Hill-Gleichung kann man über die Zeit integrieren (Abb. 9) und erhält die Fläche unter der Effekt-Zeitkurve [12]. Vorausgesetzt, das Effektintegral soll zur Dosisanpassung konstant bleiben (AUEC = AUECnorm = const.), lässt sich so der Zielspiegel (Ctarget) definieren. Für normale Bedingungen (T1/2 = T1/2norm) entspricht der Zielspiegel dem Spitzenspiegel (Ctarget = Cpeak). Dies entspricht auch neueren antimikrobiellen Therapieprinzipien wie der Taragona-Strategie [13] oder dem ImmediateResponse-Konzept [9]. Aus diesem Ansatz ergibt sich aber, dass der Zielspiegel bei einer Verlängerung der Halbwertszeit geringer wird. Der Zielspiegel wird aber nicht proportional zur Halbwertszeit, sondern nur um ein weniges geringer. Medikamente mit einem Hill-Koeffizienten von H = 1 haben einen konzentrations- 16 Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 Effect-Time Correlation Impaired Kidney Function 160 140 140 Concentration & Effect Concentraton & Effect Normal Kidney Function 160 120 100 80 Concentration 60 40 Effect 20 120 100 0 80 60 40 20 0 0 6 12 18 24 0 Time (h) T1/2 = 6 h 6 12 18 24 Time (h) CE50 = 100 H=5 T1/2 = 12 h AUC = 1‘296 = const. AUC = 1‘296 = const. AUEC = 3,72 x Emax AUEC = 0,53 x Emax Abb. 9: Wirkungsverlust durch Dosishalbierung. Theoretisches Beispiel eines Medikamentes mit Verdopplung der Halbwertszeit bei Niereninsuffizienz und umgekehrt proportionaler Dosishalbierung. Die pharmakodynamischen Parameter (CE50 und H) seien konstant. Eine Halbierung der Dosis führt zu einer Halbierung der Initialkonzentration aber gleicher Fläche AUC. Die Effekt-Fläche AUEC nimmt jedoch nicht auf 1/2, sondern überproportional auf 1/7tel ab abhängigen Effekt: Für niedrige Konzentrationen besteht eine lineare Abhängigkeit des Effektes von der Konzentration und für höhere Konzentrationen nimmt der Effekt zwar weniger schnell, aber immer weiter zu, natürlich nicht über den Maximaleffekt hinaus. Antibiotika, bei denen eine Dosissteigerung solch eine Effektzunahme erreicht, nennt man konzentrationsabhängig (z.B. Amioglykoside, Chinolone). Bei einem Hillkoeffizienten kleiner 1 (H < 1) handelt es sich wahrscheinlich um ein Artefakt, weil der Maximaleffekt dann überhaupt nicht erreicht würde. Interessant sind Medikamente mit einem hohen Hillkoeffizienten. Für einen Hillkoeffizienten über 10 (H > 10) gilt das on/off-Phänomen: Der Effekt tritt erst bei der Konzentration des halbmaximalen Effektes ein und ist dann gleich auch maximal. Für Medikamente mit einem Hillkoeffizienten H > 1,0 gibt es eine Schwellenkonzentration (CE05 „thresh hold“), unterhalb der kein signifikanter Effekt mehr produziert wird (E05 < 0,05 × Emax). Sehr rasch wird dann andererseits aber eine Deckenkonzentration erreicht (CE95 „ceiling“), die praktisch schon den vollen Effekt produziert (E95 > 0,95 × Emax). Bei einem Hillkoeffizienten von H = 1 beträgt die Schwellenkonzentration nur etwa 1/20 der CE50 (CE05 = 0,05 × CE50) und die Deckenkonzentration etwa das 20-fache der CE50 (CE95 = 20 × CE50). Bei einem Hillkoeffizienten von H = 4,25 aber beträgt die Schwellenkonzentration exakt 1/2 also die Hälfte der CE50 (CE05 = 0,5 × CE50) und die Deckenkonzentration wird schon erreicht, wenn das Blutspiegel das 2-fache also das Doppelte der CE50 beträgt (CE95 = Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 17 VI – Niere 2,0 × CE50). Infektiologisch kann die Schwellenkonzentration mit der minimal inhibitorischen Konzentration in Beziehung gesetzt werden [14]. CE05 = MIC Antiinfektiva mit einer hohen Schwellenkonzentration, also einer hohen minimal inhibitorischen Konzentration (MIC) müssen einen hohen Hillkoeffizienten haben und damit automatisch auch rasch eine Deckenkonzentration erreichen, über die hinaus der Effekt nicht mehr gesteigert werden kann. Für die antivirale Therapie zum Beispiel bei HIV-Infektion gilt nicht der Spitzenspiegel als Zielspiegel, sondern der Talspiegel (Ctrough > CE05), der eine bestimmte Schwellenkonzentration nicht unterschreiten darf [15]. 15 Pharmakodynamik und Dosisanpassung Es leuchtet ein, dass Antibiotika mit einer Schwellenkonzentration so dosiert werden müssen, dass die Schwellenkonzentration während des Dosierungsintervalls nicht unterschritten wird und so die Wirkung verloren geht. Andererseits macht es hier aber keinen Sinn, die Dosis höher als normal zu erhöhen. Medikamente mit hoher Schwellenkonzentration haben einen hohen Hillkoeffizienten und erreichen schnell die Deckenkonzentration: sie wirken zeitabhängig (z.B. Betalakame, Peneme, antivirale Substanzen). Der Unterschied zwischen Konzentrationsabhängigkeit und Zeitabhängigkeit reduziert sich auf die Frage nach der Höhe des Hillkoeffizienten. Die Dosisanpassung darf nicht zu einer Unterschreitung der Schwellenkonzentration führen. Die konsequente Frage, wie das Dosierungsintervall zu wählen sei, lässt sich mit der Wirkdauer beantworten (Abb. 10). Die Wirkdauer kann in Abhängigkeit von der Halbwertszeit (T1/2), dem Spitzenspiegel (Cpeak), der Konzentration des halbmaximalen Effektes (CE50) und dem Hillkoeffizienten (H) explizit berechnet werden [2]. Es ist sinnvoll, die Dauer bis 50 % der Effektes abgeklungen sind (E50 = 0,50 × E), also der Wirkungshalbierungszeit Abb. 10: Pharmakokinetik-Pharmakodynamik-Beziehung. Der Effekt hängt von der Konzentration ab und die Konzentration hängt von der Zeit ab: Also hängt der Effekt auch von der Zeit ab. Analog zur pharmakokinetischen Halbwertszeit (T1/2) lässt sich für den Effekt die pharmakodynamische Halbierungzeit formulieren (TED50) 18 Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 (TED50), zu unterscheiden von der Dauer bis 90 % des Effektes abgeklungen sind (TED90), also der Effekt auf 10 % abnimmt (E10 = 0,90 × E), wobei gilt (1/ln(2) = 1,44). Je höher der Hillkoeffizient ist, desto kürzer ist die Wirkdauer. Die 90 % Effektdauer beschreibt auch als besonderen Spezialfall genau die Zeit, die vergeht, bis die Konzentration von der CE50 auf die Schwellenkonzentration CE05 abnimmt (TED90 speziell E50 → E05). Bei einem niedrigen Spitzenspiegel und einem hohen Hillkoeffizienten, also für die Bedingung (H ≥ 1,58) und (Cpeak ≤ CE50), ist die Effekt-Halbierungszeit kürzer als die Eliminations-Halbwertszeit (TED50 < T1/2): die Wirkung geht rasch verloren. Die Wirkdauer ist umso länger, je höher der Spitzenspiegel im Vergleich zur Konzentration des halbmaximalen Effektes ist. Merke: Zur Dosisanpassung von konzentrationsabhängig wirkende Antibiotika (H = 1) kann das Dosierungsintervall verlängert werden, da die 90 % Wirkdauer ausreichend ist (Tau = TED90). Aber für zeitabhängige Antibiotika (H >> 1) sollte das Dosierungsintervall nicht länger als die Halbierungszeit sein, wobei die Halbierungszeit sogar kürzer dauern kann als eine Halbwertszeit (TED50 < T1/2). Damit folgt für die Dosisanpassung: bei konzentrationsabhängigen Medikamenten wie Ciprofloxacin mit kleinem Hillkoeffizienten ist es besser, das Dosierungsintervall zu verlängern (Abb. 11). Bei zeitabhängigen Medikamenten mit hohem Hillkoeffizienten dagegen sollte besser nur die Dosis reduziert, aber das Intervall nicht verändert werden [5]. Für Antibiotika mit konzentrationsabhängiger Wirkung gilt H = 1, → Dosierungsziel = Spitzenspiegel erreichen (Cpeak = const.) → Dosisanpassung: Dosis = const. + Dosierungsintervall verlängern, also Tau = TED90. Abb. 11: Dosisanpassung von Ciprofloxacin. Die normale Dosis von Ciprofloxacin ist 500 mg/12 h und die E coli werden rasch abgetötet (dünne grüne Linie). Wenn sich bei Niereninsuffizienz die Clearance halbiert oder die Halbwertszeit verdoppelt, kann man entweder die Dosis halbieren oder das Intervall verdoppeln. Die Pharmakodynamik des antimikrobiellen Effektes zeigt aber klar, dass es mit einer halbierten Dosis länger dauert, bis der Keim eliminiert ist als bei normaler Nierenfunktion. Gleich schnell wird der Keim eliminiert, wenn die Dosis unverändert bleibt, aber das Intervall verlängert wird [16]. Die Spitzenspiegel sind also die Zielspiegel beim Ciprofloxacin! Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 19 VI – Niere Für Antibiotika mit zeitabhängiger Wirkung gilt H >> 1, → Dosierungsziel = Unterschreitung der Schwellenkonzentration vermeiden (Cmin > CE05) → Dosisanpassung: Dosis reduzieren + Dosierungsintervall = const., also Tau = TED50 Aus der Pharmakodynamik ergibt sich für den erwünschten antibakteriellen Effekt, dass eine niedrige CE50 und ein niedriger Hillkoeffizient durchaus wünschenswert sind. Im Hinblick auf toxische Effekte sind eine hohe CE50 und ein hoher Hillkoeffizient aber gerade nicht nachteilig. 16 Antibiotika-Resistenz Es gibt eine Reihe von Antibiotika speziell zur Behandlung der Staphylokokkeninfektion (Tab. 2). Einige dieser Antibiotika sind besonders in geeigneter Kombination antibakteriell sehr wirksam – auch bei Methicillin-resistenten Staphylokokkus-aureus-Infektionen. Man kann zwei Arten der Resistenz unterscheiden: 1. Relative Resistenz 2. Absolute Resistenz Für beide Arten der Resistenz gilt aber: Resistenz = CE50 ↑ Der Unterschied zwischen relativer und absoluter Resistenz lässt sich pharmakodynamisch Tab. 2: Pharmakodynamische Parameter zu einigen Staph.-aureus-wirksamen Antibiotika (MRSA = Methicillin resistenter Staph. aureus). Gegeben ist die Halbwertszeit (T1/2). Die Effekt-Halbierungszeit (TED50) und die 90 % Wirkdauer (TED90) wurden für hypothetische Bedingungen berechnet (Cpeak = CE95). Die EC50 Daten aus In-vitro-Studien korrelieren mit gemessenen Blutspiegeln (CE50) in vivo – sind aber nicht identisch [12] Gegeben Wirkstoff T1/2 Cpeak = CE95 Berechnet MIC = CE05 CE50 H TED50 TED90 Std. mg/l mg/l mg/l Std. Std. Cefpirom 2,0 0,16 0,02 0,06 3,0 2,9 5,0 Ceftobiprole 3 Ciprofloxacin 4,1 20 0,8 4,0 1,8 9,9 16,9 Daptomycin 8,0 57 11 25 3,5 4,7 11,2 Flucloxacillin 1,0 200 4,0 28 1,5 3,0 5,2 Gentamicin 2,5 25 0,3 2,6 1,3 8,4 14,3 Imipenem 1,0 0,0013 0,0002 0,0005 3,0 1,4 2,5 Levofloxacin MRSA 7,7 2,52 1,18 0,22 0,46 0,74 2,4 6,3 14 5,3 24 9,1 Linezolid 5,2 Meropenem MRSA 1,0 0,029 0,024 0,0035 0,0041 0,01 2,8 3,3 1,6 1,3 2,7 2,4 Rifampicin 3,4 80,3 7,7 24,8 2,5 6,0 10,2 Tigecyclin 38,5 0,87 Vankomycin 6,0 40 10 20 4,25 6,2 10,6 20 Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 parametrisieren. Die relative Resistenz ist mikrobiologisch durch eine besonders hohe MIC gekennzeichnet. Dies kann pharmakodynamisch mit einer höheren Konzentration des halbmaximalen Effektes (CE50) und damit etwas höheren Schwellenkonzentration (CE05) abgebildet werden. Dagegen ist die absolute Resistenz durch eine besonders hohe Schwellenkonzentration (CE05) gekennzeichnet, die pharmakodynamisch sowohl an einem hohen Hillkoeffizienten (H) als auch einer hohen CE50 erkennbar wird. Relative Resistenz: CE50 ↑ + CE05 ↑ + H = const. Absolute Resistenz: CE50 ↑↑ + CE05 ↑↑ + H ↑↑ Theoretisch wäre es also möglich, eine nur relative Resistenz durch höhere Dosierungen zu durchbrechen. Pharmakodynamik ist jedoch nicht nur die Beschreibung erwünschter – hier bakterizider Effekte – sondern auch unerwünschter, toxischer Effekte. Im Optimalfall treten toxische Effekte nur bei sehr hohen Konzentrationen auf, weil nur dann die Schwellenkonzentration des toxischen Effektes überschritten wird. Günstig ist, wenn 1. für bakteriziden Effekt gilt: CE50 << Cpeak und H = 1 2. und für toxischen Effekt gilt: CE50 >> Cpeak und H >> 1 Merke: Das Problem der Resistenz ist somit zum Teil das Problem, dass wegen der Toxizität nicht hoch genug dosiert werden kann. 17 Zytostatika und Chemotherapeutika Viele maligne Erkrankungen kann man heute zytostatisch therapieren. Auch und gerade für die onkologische Chemotherapie gilt das Erstschlag-Prinzip. Eine zu späte oder zu geringe Chemotherapie kann entscheidende Therapie- chancen verpassen. Bei höheren initialen Komplikationen kann langfristig die Hochdosistherapie möglicherweise die Heilungschancen des Patienten verbessern, wie es für das HodgkinLymphom gezeigt wurde [17]. Merke: Die Gefahr der Chemotherapie ist die Überdosierung. Die Gefahr der Dosisanpassung ist die Unterdosierung vor allem, wenn man schematisch die Proportionalitätsregel von Dettli anwendet (Abb. 9). Wir selbst haben in einer klinischen Untersuchung gesehen, dass bei Dialysepatienten die Chemotherapie nach Dettli im Mittel auf 76 % der Standarddosis hätte reduziert werden müssen. Tatsächlich wurde aber im Mittel nur auf 91 % der Standarddosis reduziert. Die tatsächlich gegebene Dosis war somit ein Kompromiss zwischen Wirkung und Toxizität und immerhin 19 % höher als eine streng proportionale Dosisreduktion nahegelegt hätte [18]. Antikörper wie Rituximab, Bevacizumab oder Bortezomib werden nierenunabhängig abgebaut und können bei Niereninsuffizienz und Dialyse normal dosiert werden. Platinderivate (Cisplatin, Carboplatin), Gemzitabin oder Cyclophosphamid sind dialysierbar oder ihre toxischen Metabolite sind dies. Deshalb empfehlen wir bei diesen Substanzen eine normale Standarddosierung und gegebenenfalls zwölf Stunden später eine Hämodialyse für mindestens drei Tage täglich durchzuführen. Epirubicin, Etoposid, Vinorelbin und Capezitabin sind Beispiele für Zytostatika, die nierenabhängig eliminiert werden und deshalb auf 50 – 75 % der Standarddosis reduziert werden sollten. Paclitaxel, Docetaxel, Vincristin und 5-Fluorouracil werden unabhängig von der Nierenfunktion eliminiert und können mit der Standarddosis gegeben werden. Immer dabei zu berücksichtigen sind das Alter und die Multimorbidität von nierenkranken Patienten. So dass die Dosis nicht nur der Nierenfunktion sondern auch dem Allgemeinzustand der Patienten angepasst werden muss. Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 21 22 Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 Securopen DichlorStapenor Staphylex Baypen Azlocillin Dicloxacillin (p.o.) Flucloxacillin Mezlocillin 1 0,8 0,8 0,8 1 Pipril / Sulbactam Tazobac Baycillin Mega Piperacillin + Sulbactam Piperacillin + Tazobactam Propicillin (p.o.) Cefaclor (p.o.) Panoral 0,7 1,5 Cephalosporine 3,5 Ticarcillin 1 1,1 1 Temocillin Aerugipen 0,5 Penicillin G 1,1 1 0,5 = Benzylpenicillin Oxacillin 1,2 Unacid + Sulbactam 1 1,2 1,2 Normal Nafcillin Augmentan Binotal + Clavulansäure Ampicillin Clamoxyl Handelsname [Beispiel] Amoxicillin Penizilline Wirkstoff 3 16 31 4 8 4 8 10 1,4 2,1 9,7 3 2,3 6,5 6,6 13 4,3 12 Anurie Halbwertszeit [Stunden] 1000 500 700 = 1 Mega 4000 500 4000 500 10 mega 1000 4000 1000 1000 5000 1000 2000 200 2000 Dstart [mg] Startdosis 1000 500 700 4000 500 4000 500 10 mega 1000 4000 1000 1000 5000 1000 2000 200 2000 Erhaltungsdosis [mg] 8 8 8 8 8 8 8 8 6 8 8 6 8 8 8 8 8 Dosierungsintervall [h] Normale Nierenfunktion [GFR = 100 ml/min] 1000 500 4000 500 4000 500 10 mega 1000 4000 1000 1000 5000 1000 2000 200 2000 Erhaltungsdosis [mg] 12 12 12 12 12 12 12 6 12 8 8 12 12 12 12 12 Dosierungsintervall [h] Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≈ 30 ml/min] 1000 500 4000 500 4000 500 5 mega 1000 2000 1000 1000 2500 500 1000 100 1000 Erhaltungsdosis [mg] 12 24 12 12 12 12 12 6 12 8 8 12 12 12 12 12 Dosierungsintervall [h] Danur ohne Dialyse 1000 500 4000 500 4000 500 5 mega 1000 3000 1000 1000 5000 1000 2000 200 2000 Dosis DHD n. Dialyse [mg] Hämodialyse DHD = Dan + Dsup 500 4000 500 4000 500 5 mega 1000 4000 1000 1000 5000 1000 2000 200 2000 Erhaltungsdosis [mg] 24 12 12 12 12 8 6 12 8 8 12 18 12 12 12 Dosierungsintervall [h] Hämofiltration [2 L/h] & kontinuierliche Dialyse Hochgradig Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≤ 5 ml/min] Tab. 3: Antibiotika-Dosierungsempfehlungen entsprechend der Kunin-Regel für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (GFR = 30 ml/min) oder Nierenversagen (GFR < 5 ml/min) und Nierenersatztherapie mit Hämodialyse (HD) – oder Hämofiltration (HF) auf Intensivstation (eGFR 30 ml/min) VI – Niere 1,3 1,2 Apatef Spizef Mefoxitin Cefotaxim Cefotetan Cefotiam Cefoxitin 2,3 Orelox Sefril Cefpodoxim (p.o.) Cefradin Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 Ceftix Ceftizoxim 8 2 2,1 Fortum Ceftazidim Rocephin 1,7 Cefsulodin Ceftriaxon 1,0 Cefroxadin 0,8 1,9 Cefpirome 0,6 1 4,2 2,6 Claforan Ceforanid 2,3 Cefobis Tacef Cefmenoxim 3,3 Cefoperazon Cephoral Cefixim (p.o.) 2 2,2 4,6 Maxepim Cefepim 3,9 Gramaxin Cefazolin 1,5 1 Cefonicid Refosporin Normal Cefodizim Mandokef Cefazedon Handelsname [Beispiel] Cefamandol Wirkstoff 15 35 25 13 40 5,3 14 15 18 8 18 7 (10) 22 3 64 6,7 20 12 15 40 7,5 14 Anurie Halbwertszeit [Stunden] 2000 2000 2000 1000 1000 200 2000 2000 2000 2000 2000 2000 2000 2000 400 2000 2000 2000 2000 Dstart [mg] Startdosis 2000 2000 2000 1000 1000 200 2000 2000 2000 2000 2000 2000 2000 2000 400 2000 2000 2000 2000 Erhaltungsdosis [mg] 24 8 8 8 8 12 8 8 8 12 8 8 12 8 24 12 8 8 8 Dosierungsintervall [h] Normale Nierenfunktion [GFR = 100 ml/min] 2000 1000 2000 1000 1000 200 2000 2000 2000 2000 2000 2000 2000 2000 400 2000 2000 2000 2000 Erhaltungsdosis [mg] 24 12 12 12 8 12 12 12 12 24 12 12 12 12 24 12 12 12 12 Dosierungsintervall [h] Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≈ 30 ml/min] 2000 1000 1000 500 1000 100 1000 1000 1000 1000 1000 2000 1000 1000 200 1000 500 1000 1000 Erhaltungsdosis [mg] 24 24 24 12 12 12 12 24 12 24 12 12 12 24 24 12 12 12 12 Dosierungsintervall [h] Danur ohne Dialyse 2000 2000 2000 1000 2000 2000 1500 2000 2000 2000 2000 2000 1500 2000 1500 Dosis DHD n. Dialyse [mg] Hämodialyse DHD = Dan + Dsup 2000 1000 1000 1000 2000 1000 2000 1000 2000 2000 1000 2000 1000 2000 1000 Erhaltungsdosis [mg] 24 12 12 12 8 12 12 12 12 12 12 12 12 12 12 Dosierungsintervall [h] Hämofiltration [2 L/h] & kontinuierliche Dialyse Hochgradig Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≤ 5 ml/min] Tab. 3: Antibiotika-Dosierungsempfehlungen entsprechend der Kunin-Regel für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (GFR = 30 ml/min) oder Nierenversagen (GFR < 5 ml/min) und Nierenersatztherapie mit Hämodialyse (HD) – oder Hämofiltration (HF) auf Intensivstation (eGFR 30 ml/ Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 23 24 Ceporexin Cephalexin 2 Latamoxef Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 2 Certomycin Gernebcin Netilmicin Tobramycin Ciprofloxacin Ciprobay Streptothenat Streptomycin Chinolone 1,7 Spectinomycin 4,4 2,6 2 (i.m.) Sisomycin 2 2,1 Kanamycin (local) 2 10 100 26 48 48 48 69 48 400 1000 / 500 4000 / 2000 240 / 120 240 / 120 300 / 150 Eye 240 / 120 Refobacin Gentamicin 40 1500 / 750 2 Biklin Amikacin 400 2000 1000 1000 1500 Dstart [mg] Norm / Anur 32 23 2 10 30 25 16 18 Anurie Startdosis Aminoglykoside 1,2 0,5 Cephapirin Loracarbef (p.o.) 0,5 Cephalothin Moxalactam 1,4 1,2 1,3 Bidocef 1,1 Normal Cephadroxil (p.o.) Zinacef p.o. Elobact Handelsname [Beispiel] Cephacetril Cefuroxim Wirkstoff Halbwertszeit [Stunden] 400 1000 240 240 300 Oinment 240 1500 400 2000 1000 1000 1500 Erhaltungsdosis [mg] 12 24 24 24 24 24 24 12 8 6 12 8 Dosierungsintervall [h] Normale Nierenfunktion [GFR = 100 ml/min] 400 500 120 120 150 120 500 400 1000 1000 1000 1500 Erhaltungsdosis [mg] 12 48 24 24 24 24 24 24 12 12 24 12 Dosierungsintervall [h] Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≈ 30 ml/min] 400 0 40 40 100 40 250 200 1000 500 500 750 Erhaltungsdosis [mg] 24 48 24 24 24 24 24 24 24 24 24 24 Dosierungsintervall [h] Danur ohne Dialyse 400 500 120 120 150 120 750 2000 1000 1000 1500 Dosis DHD n. Dialyse [mg] Hämodialyse DHD = Dan + Dsup 400 500 120 120 150 120 500 1000 500 750 Erhaltungsdosis [mg] 12 24 24 24 24 24 24 12 12 12 Dosierungsintervall [h] Hämofiltration [2 L/h] & kontinuierliche Dialyse Hochgradig Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≤ 5 ml/min] Tab. 3: Antibiotika-Dosierungsempfehlungen entsprechend der Kunin-Regel für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (GFR = 30 ml/min) oder Nierenversagen (GFR < 5 ml/min) und Nierenersatztherapie mit Hämodialyse (HD) – oder Hämofiltration (HF) auf Intensivstation (eGFR 30 ml/ VI – Niere 12 Avalox Barazan Tarivid Moxifloxacin Norfloxacin (p.o.) Ofloxacin Zienam Imipenem Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 12 1 Meropenem Rulid (p.o.) 4,5 Lincomycin Roxithromycin 0,9 0,9 + Cilastatin Meronem Erycinum 2,3 3,9 INVANZ Erythromycin 6,8 Ertapenem Klacid (p.o.) Clarithromycin 1,7 1 Azactam Aztreonam Doripenem Zithromax (p.o.) Azithromycin 39 8,7 Temafloxacin Glykopeptide, Makrolide & Peneme 13 Pefloxacin (p.o.) 6 4 7,6 7,3 Lomefloxacin 12 Tavanic Levofloxacin 5 Fleroxacin 1,3 Gyramid Normal Enoxacin Handelsname [Beispiel] Cinoxacin (p.o.) Wirkstoff 15 20 15 13,3 2,9 5 14,4 17 8,4 40 25 17 30 11 15 33 76 29 20 Anurie Halbwertszeit [Stunden] 300 1000 600 1000 1000 1000 1000 500 500 1000 1000 400 300 400 400 750 400 500 Dstart [mg] Startdosis 300 1000 600 1000 1000 1000 1000 500 500 1000 500 300 400 400 500 400 500 Erhaltungsdosis [mg] 24 8 8 8 8 8 24 8 12 8 24 12 12 24 12 12 12 Dosierungsintervall [h] Normale Nierenfunktion [GFR = 100 ml/min] 300 1000 600 1000 1000 1000 1000 500 1000 500 300 400 400 500 400 Erhaltungsdosis [mg] 24 12 12 12 12 12 24 12 12 24 24 12 24 24 24 Dosierungsintervall [h] Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≈ 30 ml/min] 300 500 600 500 500 1000 1000 500 500 500 150 400 400 250 200 Erhaltungsdosis [mg] 24 12 24 12 12 12 24 24 12 24 24 24 24 24 24 Dosierungsintervall [h] Danur ohne Dialyse – 1000 1000 1000 1000 1000 1000 500 ? ? 400 500 400 Dosis DHD n. Dialyse [mg] Hämodialyse DHD = Dan + Dsup – 1000 1000 1000 1000 1000 1000 – 300 – 400 500 400 Erhaltungsdosis [mg] – 12 12 12 8 24 12 – 24 24 12 12 Dosierungsintervall [h] Hämofiltration [2 L/h] & kontinuierliche Dialyse Hochgradig Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≤ 5 ml/min] Tab. 3: Antibiotika-Dosierungsempfehlungen entsprechend der Kunin-Regel für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (GFR = 30 ml/min) oder Nierenversagen (GFR < 5 ml/min) und Nierenersatztherapie mit Hämodialyse (HD) – oder Hämofiltration (HF) auf Intensivstation (eGFR 30 ml/ Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 25 26 Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 3 Sobelin Bactrim Clindamycin Cotrimoxazol Cubicin Fosfocin Zyvid Daptomycin Fosfomycin Linezolid 1,5 16 4,6 1,0 Nalidixinsäure Nitrofurantoin 10 Minocyclin (p.o.) 4,5 (11) Metronidazol 4,9 Methenamin Clont 23 Vibravenös Doxycyclin 8 24 Dapson (p.o.) Pneumocystis c.p. 1,2 Clavulansäure 9 / 10 0,9 2,5 Cilastatin 1,8 Chloramphenicol 6 52 Normal Carumonam Paraxin Vancomycin Vancomycin Sonstige Antibiotika Targocid Handelsname [Beispiel] Teicoplanin Wirkstoff 900 250 1000 1000 1000 2 × (800 / 24) Dstart [mg] Startdosis 1,2 21 20 11 (34) 6,9 20 33 23 31 100 200 500 1000 600 5000 700 200 200 2400 / 480 50 / 24 800 / 160 3 4,3 13,3 7 8,2 150 348 Anurie Halbwertszeit [Stunden] 100 100 500 1000 600 5000 700 100 200 2400 / 480 800 / 160 900 250 1000 1000 1000 1200 Erhaltungsdosis [mg] 8 12 8 12 12 8 24 24 24 8 12 8 8 8 8 12 24 Dosierungsintervall [h] Normale Nierenfunktion [GFR = 100 ml/min] 100 500 600 5000 700 100 200 1600 / 320 800 / 160 900 250 1000 1000 1000 400 Erhaltungsdosis [mg] 12 12 12 24 48 24 24 12 24 8 8 12 8 24 24 Dosierungsintervall [h] Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≈ 30 ml/min] 100 500 600 2500 350 100 200 1600 / 320 400 / 160 900 250 500 1000 500 400 Erhaltungsdosis [mg] 12 24 12 24 36 24 24 24 24 8 12 12 12 72 48 Dosierungsintervall [h] Danur ohne Dialyse 500 600 5000 475 100 200 1600 / 320 400 / 160 900 250 1000 1000 500 800 Dosis DHD n. Dialyse [mg] Hämodialyse DHD = Dan + Dsup 500 600 5000 350 100 1600 / 320 800 / 160 900 250 1000 1000 500 400 Erhaltungsdosis [mg] 12 12 12 24 24 24 24 8 12 12 12 24 24 Dosierungsintervall [h] Hämofiltration [2 L/h] & kontinuierliche Dialyse Hochgradig Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≤ 5 ml/min] Tab. 3: Antibiotika-Dosierungsempfehlungen entsprechend der Kunin-Regel für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (GFR = 30 ml/min) oder Nierenversagen (GFR < 5 ml/min) und Nierenersatztherapie mit Hämodialyse (HD) – oder Hämofiltration (HF) auf Intensivstation (eGFR 30 ml/ VI – Niere 5,7 8,9 3 22 Sulfisoxazol Tetracyclin Thiamphenicol Tigecyclin Cotrim 10 Pneumocystis c.p. 9 TMP po Trimethoprim + Sulfamethoxazol Trimethoprim Ziagen Zovirax Abacavir (po) Aciclovir Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 2,5 1,5 10 10 9 Trimethoprim + Sulfamethoxazol Antivirale Substanzen 10 Cotrim Trimethoprim 14 9 Sulfamethoxazol Tygacil 5 Sulfadiazin (p.o.) Tinidazol 1 Sulbactam 1,2 1,1 78 Normal 1,7 Synercid Pentacarinat inh prophylact Pentacarinat iv Handelsname [Beispiel] Spectinomycin Quinopristin + Dalfopristin Pentamidin Wirkstoff 25 2,1 24 24 50 24 50 24 16 30 83 11 50 22 6,6 26 0,8 0,8 96 Anurie Halbwertszeit [Stunden] 750 600 200 480 + 2400 160 + 800 160 / 480 100 500 800 / 2400 1000 1000 150 + 350 600 300 300 Dstart [mg] Startdosis 750 600 150 480 + 2400 160 + 800 160 / 480 50 500 800 / 2400 1000 1000 150 + 350 600 300 300 Erhaltungsdosis [mg] 8 12 24 8 8 12 12 12 / 8 12 8 12 8 8 8 8 24 4 week 24 Dosierungsintervall [h] Normale Nierenfunktion [GFR = 100 ml/min] 500 600 150 320 + 1600 160 + 800 160 / 320 800 / 1600 1000 1000 150 + 350 300 Erhaltungsdosis [mg] 12 12 24 12 12 24 24 24 / 12 24 / 12 12 12 8 8 24 Dosierungsintervall [h] Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≈ 30 ml/min] 500 600 150 320 + 1600 160 + 400 160 / 320 400 / 1600 1000 1000 150 + 350 300 Erhaltungsdosis [mg] 24 12 24 24 24 24 24 24 24 24 24 8 8 24 Dosierungsintervall [h] Danur ohne Dialyse 750 – 320 + 1600 160 + 400 160 / 320 400 / 1600 1000 150 + 350 Dosis DHD n. Dialyse [mg] Hämodialyse DHD = Dan + Dsup 750 – 320 + 1600 160 + 400 160 / 320 800 / 1600 1000 150 + 350 Erhaltungsdosis [mg] 24 – 24 24 24 24 24 24 12 8 8 Dosierungsintervall [h] Hämofiltration [2 L/h] & kontinuierliche Dialyse Hochgradig Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≤ 5 ml/min] Tab. 3: Antibiotika-Dosierungsempfehlungen entsprechend der Kunin-Regel für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (GFR = 30 ml/min) oder Nierenversagen (GFR < 5 ml/min) und Nierenersatztherapie mit Hämodialyse (HD) – oder Hämofiltration (HF) auf Intensivstation (eGFR 30 ml/ Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 27 28 Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 SUSTIVA Famvir Foscavir Cymeven Crixivan Epivir VIRACEPT Viramune Efavirenz Famciclovir (po) Foscarnet Ganciclovir Indinavir (po) Lamivudin (po) Nelfinavir (po) Nevirapin (po) 28 4,5 6,2 1,8 4,2 4,5 2,2 46,8 1,4 5,8 44 Videx Didanosin (p.o.) Virazole Rescriptor Delavirdin 3,4 Ribavirin aerosol VISTIDE Cidofovir 14 (144) 7 Helpin Brivudin (po) 8 20 13 1 1,6 Normal Oseltamivir Infex Agenerase PK-Merz Amantadin Amprenavir Retrovir Amantadin (po) Hepsera Azidothymidin = Zidovudin Handelsname [Beispiel] Adefovir Wirkstoff 26 80 22 4 21 2.1 30 120 14 unch 4,5 45 unch 610 600 1,9 (52) 160 Anurie Halbwertszeit [Stunden] 6000 200 / 24 750 100 800 400 3850 250 600 200 375 mg/ 168 h 125 1200 100 200 200 10 Dstart [mg] Startdosis 6000 200 750 100 800 400 3850 250 600 200 12 12 8 12 8 12 8 8 24 12 8 336 h = 14 days 375 400 6 12 12 8 8 24 Dosierungsintervall [h] 125 1200 100 200 200 10 Erhaltungsdosis [mg] Normale Nierenfunktion [GFR = 100 ml/min] 6000 200 750 100 800 400 1925 250 600 200 70 1200 100 200 100 10 Erhaltungsdosis [mg] 12 12 8 24 8 24 48 2 24 12 336 = 14 days 12 72 72 8 48 Dosierungsintervall [h] Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≈ 30 ml/min] 6000 200 750 50 800 200 1925 250 600 200 35 1200 100 200 100 10 Erhaltungsdosis [mg] 12 12 8 24 8 24 72 24 24 24 336 = 14 days 12 168 168 8 168 Dosierungsintervall [h] Danur ohne Dialyse 6000 100 300 3850 70 100 200 200 10 Dosis DHD n. Dialyse [mg] Hämodialyse DHD = Dan + Dsup 6000 300 1925 140 200 200 Erhaltungsdosis [mg] 12 24 24 336 = 14 days 72 24 Dosierungsintervall [h] Hämofiltration [2 L/h] & kontinuierliche Dialyse Hochgradig Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≤ 5 ml/min] Tab. 3: Antibiotika-Dosierungsempfehlungen entsprechend der Kunin-Regel für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (GFR = 30 ml/min) oder Nierenversagen (GFR < 5 ml/min) und Nierenersatztherapie mit Hämodialyse (HD) – oder Hämofiltration (HF) auf Intensivstation (eGFR 30 ml/ VI – Niere Streptothenat Streptomycin Amphotericin B Cancidas Diflucan Amphotericin B Caspofungin Fluconazol Antimykotika Pyrafat Rifa Ektebin Protionamid Rifampicin Tebesium Isoniazid Pyrazinamid (p.o.) Myambutol Ethambutol Tuberkulostatika Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 25 10 24 (360) 2,6 4,5 9,1 1,5 1 / 3,3 3,1 1 Retrovir 2,5 Zidovudin Valtrex Valaciclovir (p.o.) 14 1,5 3,0 Viread Tenofovir 1,8 Zerit Stavudin (po) 7 3,7 HIVID INVIRASE Saquinavir (po) Zalcitabin (po) Norvir Ritonavir (po) 4 / 250 Normal Valganciclovir (po) Valcyte Rebetol Handelsname [Beispiel] Ribavirin Wirkstoff 110 35 (360) 100 4,5 19 5 / 12 9,6 1,9 (52) 11 68 25 28 6,0 13 6,3 24 / 672 Anurie Halbwertszeit [Stunden] 800 70 70 1000 600 2000 750 300 1400 200 0.75 900 1000 245 40 600 600 600 Dstart [mg] Startdosis 800 50 70 1000 600 2000 750 300 1400 200 0.75 900 1000 245 40 600 600 600 Erhaltungsdosis [mg] 24 24 24 24 24 24 24 24 24 8 8 12 8 24 12 8 12 12 Dosierungsintervall [h] Normale Nierenfunktion [GFR = 100 ml/min] 400 70 500 600 2000 750 300 1000 100 0.75 450 1000 245 40 600 600 600 Erhaltungsdosis [mg] 24 24 48 24 24 24 24 24 8 12 24 12 24 12 8 12 24 Dosierungsintervall [h] Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≈ 30 ml/min] 400 50 250 600 1500 500 200 400 100 0.75 450 500 245 40 600 600 400 Erhaltungsdosis [mg] 48 24 72 24 24 24 24 24 8 24 72 24 48 12 12 12 72 Dosierungsintervall [h] Danur ohne Dialyse 400 50 250 600 ? ? 300 800 200 900 1000 245 40 400 Dosis DHD n. Dialyse [mg] Hämodialyse DHD = Dan + Dsup 800 50 500 600 – ? 300 800 200 400 Erhaltungsdosis [mg] 24 24 24 24 – ? 24 24 12 72 Dosierungsintervall [h] Hämofiltration [2 L/h] & kontinuierliche Dialyse Hochgradig Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≤ 5 ml/min] Tab. 3: Antibiotika-Dosierungsempfehlungen entsprechend der Kunin-Regel für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (GFR = 30 ml/min) oder Nierenversagen (GFR < 5 ml/min) und Nierenersatztherapie mit Hämodialyse (HD) – oder Hämofiltration (HF) auf Intensivstation (eGFR 30 ml/ Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 29 30 16 Noxafil p.o. Vfende iv / p.o. Miconazol Posaconazol Voriconazole Eckart · Forst · Briegel – Intensivmedizin – 37. Erg.-Lfg. 2/10 Daraprim (p.o.) Pyrimethamin Pyrviniumembonat Molevac Vermox Pentacarinat Pentamidin Resochin Chloroquine Mebendazol (p.o.) Chininum Chinin Parasiten & /Malaria Nizoral Daktar Ketoconazol p.o. ? 92 100 5 4 / 48 13 8 24 24 3 Sempera Itraconazol p.o. 22 4 16 Likuden Normal Itraconazol Ancotil Griseofulvin p.o. Handelsname [Beispiel] Flucytosin Wirkstoff ? ? 300 300 15 12 29 24 2 25 25 22 150 Anurie Halbwertszeit [Stunden] 50 75 Single dosing 50 300 1000 2 × 500 300 150 600 250 mg/ 8h 600 400 300 400 1200 200 200 200 500 2500 Erhaltungsdosis [mg] 24 24 8 8 12 12 12 24 12 24 24 12 8 Dosierungsintervall [h] Normale Nierenfunktion [GFR = 100 ml/min] 2 × 400 / 24 1200 200 200 200 500 2500 Dstart [mg] Startdosis 200 75 600 300 400 1200 200 200 200 500 2500 Erhaltungsdosis [mg] 24 24 12 12 12 24 12 24 24 12 24 Dosierungsintervall [h] Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≈ 30 ml/min] 200 600 300 400 1200 200 200 200 500 250 Erhaltungsdosis [mg] 48 12 12 12 24 12 24 24 12 48 Dosierungsintervall [h] Danur ohne Dialyse 600 300 1200 200 200 200 2500 Dosis DHD n. Dialyse [mg] Hämodialyse DHD = Dan + Dsup 600 300 1250 Erhaltungsdosis [mg] 12 12 24 Dosierungsintervall [h] Hämofiltration [2 L/h] & kontinuierliche Dialyse Hochgradig Eingeschränkte Nierenfunktion [GFR ≤ 5 ml/min] Tab. 3: Antibiotika-Dosierungsempfehlungen entsprechend der Kunin-Regel für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (GFR = 30 ml/min) oder Nierenversagen (GFR < 5 ml/min) und Nierenersatztherapie mit Hämodialyse (HD) – oder Hämofiltration (HF) auf Intensivstation (eGFR 30 ml/ VI – Niere Arzneimitteldosierung bei Niereninsuffizienz VI – 4.2 18 Literatur [1] Czock D, Rasche FM: New AUC-based method to estimate drug fraction removed by hemodialysis. Kidney Blood Press Res 27 (2004) 172–176. [2] Keller F, Aymanns C, Czock D: Pharmacokinetics. In: Offermanns S, Rosenthal W (eds): Encyclopedia of Molecular Pharmaoclogy. 2nd Ed. Vol 2. Springer, Berlin (2008). pp 954–60 [3] Dettli L: Drug dosage in renal disease. Clin Pharmacokinet 1 (1976) 126–134. 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