FALLBERICHT: LifeVest als Bridging zur ICD-Implantation nach infarktassoziiertem kardiogenen Schock Marlene Reiter Martin Schmid Kardiologiekreis 19.März 2013 Anamnese Männlicher Pat. , 48 Jahre Bisherige kardiale Anamnese bland Thoraxschmerzen mit Beginn am 14.11.2012 um 22 Uhr (seit ~1h) Transfer durch NEF in die Akutambulanz mit STEMI VW in Akutambulanz plötzlich Kammerflimmern Intubation und CPR für ca. 45 min Ca. 30x-ige Defibrillation Verabreichung von Sedacoron, L-Adrenalin und Magnesium Unter LUCAS-Reanimation Transfer in das Herzkatheterlabor Koronarangiographie Koronarangiographie Koronarangiographie Koronarangiographie KHK – 2 VD RIVA 100% PTCA und DES (Everolimus) prox.RIVA PTCA und DES (Everolimus) mittl.RIVA CX 60% RCA unauffällig Weiteres Procedere Transfer auf die ICU Hypothermie für 24 h Beatmung von 14.11.2012-19.11.2012 Verlegung am 22.11.2012 auf Normalstation (Telemetrie) Keine neurologischen Defizite Echokardiographie: hochgradig eingeschränkte systolische Linksventrikelfunktion Weiterer stationärer Verlauf Echokardiographisch weiterhin höhergradig eingeschränkte Linksventrikelfunktion daher Entscheidung zur Rhythmusüberwachung mittels LifeVest (für mind. 40 Tage nach MCI) LifeVest Beinhaltet nichthaftende, Sensingelektroden und Therapiepads Monitor - meist um die Hüfte getragen empfängt EKG-Daten von den Elektroden Daten werden an Arzt gesendet (über Modem) Im Falle einer detektierten Arrhythmie erhält der Patient einen lauten Alarmton ist der Patient bei Bewußtsein, kann er durch Drücken von 2 Reaktionstasten einen Schock verhindern Im Falle einer lebensbedrohlichen Arrythmie mit Bewußtseinsverlust erfolgt Schockabgabe durch die Elektroden Ambulante Kontrolle keine Herzrhythmusstörungen detektiert Echokardiographie: weiterhin höhergradig eingeschränkte Linksventrikelfunktion mit anteroseptaler und apikaler Hypo-bis Akinesie Rechtsventrikelfunktion weitgehend unauffällig kein relevantes Klappenvitium Herzinsuffizienztherapie seit Entlassung bereits etwas gesteigert Ramipril 2,5 mg 1-0-0 Bisoprolol 3,75 mg 1-0-0 Bisoprolol 2,5 mg 0-0-1/2 Torasemid 2,5 mg 1-0-0 (wechselnd ½-0-0) Eplerenon 25 mg 1-0-0 Echokardiographie Weitere Evaluierung der LVEF mittels kardialer MRT Hochgradig reduzierte systolische Globalfunktion (LVEF 33%) Entscheidung zur ICD-Implantation 13.2.2013 Madit II MADIT II Veränderung des Zustands des Patienten Es sind mehrere Gesichtspunkte abzuwägen Das Risiko für plötzlichen Herztod nach MI ist in den ersten 30 Tagen am höchsten.1,2 Patienten mit Herzinsuffizienz nach MI haben in den ersten 30 Tagen nach einem MI ein 4 bis 6 Mal höheres Risiko für plötzlichen Herztod. Der Zustand eines Patienten kann sich durch optimierte medizinische Versorgung verbessern.3 Es werden signifikante Verbesserungen der EF während der ersten 8 bis 10 Wochen nach einem MI beobachtet. 1 Adabag AS, et al. Sudden Death After Myocardial Infarction. JAMA 2008; 300: 2022‐2029. Solomon SD, et al. Sudden Death in Patients with Myocardial Infarction and Left Ventricular Dysfunction, Heart Failure, or Both. NEJM 2005; 352: 2581‐2588. 3 Exner DV. Non‐invasive Risk Stratification Early After a Myocardial Infarction–The Risk Estimation Following Infarction Non‐invasive Evaluation (REFINE) Study. J Am Coll Cardiol. 2007; 50: 2275‐2284. 2 DINAMIT Studie DINAMIT Studie 674 Patienten randomisiert: ICD bzw. medikamentöse Therapie alleine Einschlusskriterien: Einschlusszeitpunkt: 6-40 Tage nach MCI Endpunkt: Rezenter Myokardinfarkt LVEF< 35% Reduzierte Herzfrequenzvariabilität Erhöhte Herzfrequenz im 24h Holter EKG Gesamtmortalität Ausschlusskriterien NYHA IV CABG 3VD PCI Anhaltende VT oder VF >48h nach MCI DINAMIT Studie DINAMIT Studie IRIS Studie IRIS Studie 898 Patienten randomisiert: ICD bzw. medikamentöse Therapie alleine Einschlusskriterien: Einschlusszeitpunkt: 5-31 Tage nach MCI Endpunkt: Rezenter Myokardinfarkt LVEF< 40% +/- Ruheherzfrequenz >90/Min. +/- nichtanhaltende VT (>150/Min.) im Holter EKG Gesamtmortalität Ausschlusskriterien NYHA IV CABG Ventrikuläre Arrhythmien vor MCI oder >48h nach MCI IRIS Studie Mögliche Ursachen für Anstieg des nicht plötzlichen Herztodes in ICD Gruppen Verschiebung vom Rhythmustod zum Herzinsuffizienztod? Verschlechterung der Herzinsuffizienz durch ICD Schocks (adäquat/inadäquat)? Möglicherweise Unterbrechung bzw. Fortführung der DAPT (Stentthrombosen bzw. Blutungskomplikationen)? Erhöhte Mortalität bei frühzeitiger OP nach MCI? ESC Guidelines ICD Implantation nach Myokardinfarkt Class IA: Mind. 40 Tage nach MCI, LVEF 30-40%, NYHA II-III, optimale medikamentöse Therapie (Lebenserwartung mind. 1 Jahr) Reduzierte LVEF und hämodynamisch instabile anhaltende VT, optimale medikamentöse Therapie (Lebenserwartung mind. 1 Jahr) Class IIA: Mind. 40 Tage nach MCI, LVEF 30-35%, NYHA I, optimale medikamentöse Therapie (Lebenserwartung mind. 1 Jahr) Rezidivierende anhaltende VT post MCI, LVEF normal, optimale medikamentöse Therapie (Lebenserwartung mind. 1 Jahr) AHA Guidelines ICD Implantation nach Myokardinfarkt Class IA Mind. 40 Tage nach MCI, LVEF≤ 35%, NYHA II-III, optimale medikamentöse Therapie (Lebenserwartung mind. 1 Jahr) Mind. 40 Tage nach MCI, LVEF ≤ 30, NYHA I, optimale medikamentöse Therapie (Lebenserwartung mind. 1 Jahr) Class IB NSVT nach MCI, LVEF ≤ 40% mit auslösbarer anhaltender VT oder VF in EPS Dilemma der 48 Stunden und 40 Tage Regel VF/VT in der Akutphase erhöhte 30-Tage Mortalität (22% vs. 5%) <48h nach MCI sind ventrikuläre Rhythmusstörungen keine eindeutige ICD Indikation Prolongierte Telemetrie von Hochrisikopatienten bis Tag 40? Frühzeitige ICD Implantation – negative Datenlage WCD (wearable cardioverter defibrillator)? Registerdaten von 3569 Patienten in den USA (2002-2006) Ereignisse, Compliance, Überleben Kontrollkollektiv nach 1. ICD Implantation (Cleveland Clinic) Einschlusskriterien LVEF ≤ 35% nach Revaskularisierung, MCI, CMP ED HTX Warteliste Verzögerte ICD Implantation (Infekt, Co-Morbiditäten,…) Ergebnisse Tragedauer: 52.6+/-69.9 d Tägliche Verwendung: 19.9+/-4,7h bei 52% der Pat. 80 VT/VF bei 59 Pat. (1,7%) 1. Schock erfolgreich 76/76 (100%) bei zur Bewußtlosigkeit führender Rhythmusstörungen 79/80 (99%) aller VT/VF 8 Pat. starben nach erfolgreicher Konversion (89,9% Überleben bei VF/VT) Asystolie bei 23 Pat. (17†) EMD bei 2 Pat. Gesamtüberleben 3541/3569 (99,2%) – vergleichbar zu Kontrollkollektiv Circ. Arrhythm. Electrophysiol. 2013 Feb 1;6(1):117-28. doi: 10.1161/CIRCEP.112.973552. Epub 2012 Dec 28. Early risk of mortality after coronary artery revascularization in patients with left ventricular dysfunction and potential role of the wearable cardioverter defibrillator. Zishiri et al Vergleich von Registerdaten nach CABG oder PCI mit LVEF ≤ 35% 4149 Pat. ohne WCB 809 Pat. mit WCB 90 Tage Mortalität in WCD Gruppe signifikant niedriger CABG 7% vs. 3% p=0.03 PCI 10% vs. 2% p<0.0001 WEARIT/BIROAD Trial WEARIT: 177 Pat., sympt. HI, LVEF<30% BIROAD: 112 Pat., hohes Risiko für SCD post MCI oder CABG 6 von 8 Schocks erfolgreich – 2x Fehlanwendung 6 inappropriate Schocks in 901 Monaten 12 Todesfälle / 6 SCD (5x WCD nicht getragen, 1x falsch getragen) Indikationen für WCD Rezenter MCI oder Revaskularisierung (PCI oder CABG) bei LVEF ≤35% Neu diagnostizierte nichtischämische CMP mit LVEF ≤35% Bridge to heart transplant Unterbrechung einer ICD Therapie, z.B.: Infekt Unklare Synkope mit hohem Risiko für VT/VF in der Abklärungsphase Heart Rhythm Society Protokoll zur Primärprävention von plötzlichem Herztod Inappropiate Schocks ICD: ca. 0,2-2,3 %/Pat./Monat WCD: ca. 0,7 – 1,4 %/Pat./Monat Zusammenfassung WCD effektive und sichere Möglichkeit zur Überbrückung bis zur ICD Implantation Aktuell noch keine eindeutige Empfehlung in den Guidelines Dzt. nur eingeschränkte Kostenübernahme durch Krankenkassen €2800,-/Monat - Kostenübernahme zur Zeit durch Firma Zoll auf Kulanzbasis Dzt. in Österreich eher selten eingesetzt (13 „aktive“ WCD) Patientenschulung wichtig, um Fehlanwendungen zu vermeiden