GESCHICHTE Wie man Whisky am besten genießt, ist Thema dieses Buchs. In unserem geschichtlichen Abriss geht es also darum, wie Whisky im Lauf der Jahrhunderte getrunken wurde und wie er seinen Weg in den Alltag, die Herzen, Worte und Kulturen der Menschen, die ihn bereiteten und genossen, fand. SCHOTTLAND UND IRLAND 1200-1745 Wer also war es? Wer hatte die geniale Idee, Bier in einer Brennblase zu erhitzen? Für den schottischen Autor Neil M. Gunn war es ein keltischer Schamane. Für andere ein Angehöriger des Klerus. Und für wieder andere ein Alchemist. Beginnen wir mit ihnen, den Scharlatanen, Zauberern, Quacksalbern, Wahrheitssuchern, Ur-Chemikern, Mystikern. Warum endete ihre Suche nach der Destillation, die in Persien mit den Arbeiten von Dschabir (721–815), alKindi (801–873) und Rhazes (865–925) begann, am Rande der keltischen Welt? Verantwortlich dafür war unter anderem Robert von Chester, der die Texte der arabischen Alchemisten um 1144 in Segovia ins Lateinische übersetzte, aber auch der um 1175 in Schottland geborene und etwa 1235 in Italien gestorbene Michael Scotus, der in Toledo Arabisch lernte und zum Hofastrologen Friedrichs II. in Salerno aufstieg. Scotus übertrug Werke wie Rhazes’ wichtigste alchemistische Schrift Liber Luminis Luminum und hatte daher Kenntnis von der Destillation. Obwohl vom Lebenswerk des ersten schottischen Brenners lediglich eine beiläufige Erwähnung in Dantes Inferno geblieben ist, besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Destillation eine keltische Erfindung ist. Richtig ist es trotzdem nicht. Der erste Hinweis auf die Destillation von Bier in Großbritannien findet sich in Chaucers Canterbury Tales (1378–1400). In der »Erzählung des Dienstmannes des Stiftsherrn« gibt der Erzähler die Geheimnisse der Alchemie preis, jener »hinfälligen … Zauberkunst«. Er berichtet von Destillierkolben und Hitze und listet etliche Zutaten auf, darunter »Weinsteinöl, Alaunglas, Hefe, Würze … «. Er destilliert Bier. Überraschenderweise verging ein weiteres Jahrhundert, bis sich in der Literatur ein Hinweis auf die Destillation von Getreide fand. Es treten auf: Bruder John Cor, der bekannteste, wenn auch unsichtbar gebliebene Schotte der Geschichte. Sein Name erscheint nur einmal: in den schottischen Steuerverzeichnissen von Jakob IV., in denen festgehalten ist, dass der Mönch »acht Boll Malz zur Herstellung von Aqua vitae« erhielt. Wer besagter Bruder war, ist ebenso wenig bekannt wie sein Domizil, doch wissen wir zumindest, dass er aus gemälztem Getreide »Lebenswasser« erzeugte.