3 Produktion, Zinssatz und Wechselkurs Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 1 Produktion, Zinssatz und Wechselkurs 3.1 3.2 3.3 Kapitel 3 3.4 3.5 Das Gleichgewicht auf dem Gütermarkt Das Gleichgewicht auf den Finanzmärkten Der Gütermarkt und die Finanzmärkte Die Auswirkungen von Wirtschaftspolitik in einer offenen Volkswirtschaft Feste Wechselkurse Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 2 Produktion, Zinssatz und Wechselkurs Das Modell, das in diesem Kapitel entwickelt wird, ist eine Erweiterung des IS-LM-Modells der offenen Volkswirtschaft. Es ist bekannt unter dem Namen Mundell-Fleming-Modell. Die Kernfragestellungen, die wir beantworten wollen, sind: Wovon wird der Wechselkurs bestimmt? Wie kann Wirtschaftspolitik den Wechselkurs Kapitel 3 beeinflussen? Prof. Dr. Volker Clausen 3-1 Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 3 Das Gleichgewicht auf dem Gütermarkt Das Gleichgewicht auf dem Gütermarkt kann durch folgendes Gleichungssystem beschrieben werden: Y = C (Y − T ) + I (Y , r ) + G + X (Y * , ε ) − IM (Y , ε ) ε ( + ) ( + ,− ) ( + ,− ) ( + ,+ ) Definition der Nettoexporte: Kapitel 3 NX (Y , Y * , ε ) ≡ X (Y * , ε ) − IM (Y , ε ) ε Damit ergibt sich: Y = C (Y − T ) + I (Y , r ) + G + NX (Y , Y * , ε ) ( + ,− ) ( −, + , − ) ( + ) Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 4 Das Gleichgewicht auf dem Gütermarkt Wir treffen zwei vereinfachende Annahmen: 1. Sowohl das inländische als auch das ausländische Preisniveau sind gegeben und konstant; wir unterstellen, dass P = P* gilt: P =1⇒ ε = E * P 2. Es gibt weder tatsächliche noch erwartete Kapitel 3 Inflation: Die Gleichgewichtsbedingung lautet nun: Y = C (Y − T ) + I (Y , i ) + G + NX (Y , Y * , E ) ( + ) ( + ,− ) ( −, + , − ) Prof. Dr. Volker Clausen 3-2 Kapitel 3 π e = 0 ⇒ r = i −π e = i Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 5 Das Gleichgewicht auf den Finanzmärkten Geld vs. Wertpapiere: LM-Kurve in der geschlossenen Volkswirtschaft: M = YL(i ) P reales Geldangebot = reale Geldnachfrage keine Änderung in der offenen Volkswirtschaft bei flexiblen Wechselkursen Der Zinssatz muss sich so einstellen, dass das Geldangebot der Geldnachfrage entspricht. (1. Bedingung) Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 6 Das Gleichgewicht auf den Finanzmärkten Kapitel 3 Inländische versus ausländische Wertpapiere: Welche Kombination ausländischer und inländischer Wertpapiere sollten die Investoren halten, um ihren erwarteten Ertrag zu maximieren? Ete+1 − Et * it ≈ it − Et Der Zinssatz im Inland muss gleich dem Zinssatz im Ausland abzüglich der erwarteten Aufwertungsrate der inländischen Währung sein (Zinsparitätenbeziehung). (2. Bedingung) Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 7 Kapitel 3 Das Gleichgewicht auf den Finanzmärkten Die exakte Zinsparitätenbeziehung lautet: ⎛ E ⎞ (1 + it ) = (1 + it* )⎜ et ⎟ ⎝ Et +1 ⎠ Auflösen nach dem Wechselkurs Et ergibt: 1 + it e Et = E * t +1 1 + it Wenn der erwartete zukünftige Wechselkurs gegeben und konstant ist, dann gilt für den aktuellen Wechselkurs E: i ↑→ E ↑ 1+ i e ⇒ E= E * i ↓→ E ↓ 1+ i Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 8 Kapitel 3 Das Gleichgewicht auf den Finanzmärkten Bei einem gegebenen und konstanten zukünftig erwarteten Wechselkurs Ee und einem gegebenen Zinssatz im Ausland i* führt ein Anstieg des inländischen Zinssatzes zu einer Zunahme des Wechselkurses, also zu einer Aufwertung der inländischen Währung. Fällt der Zinssatz im Inland unter den gleichen Bedingungen, sinkt der Wechselkurs; es kommt somit zu einer Abwertung der inländischen Währung. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 9 Kapitel 3 Das Gleichgewicht auf den Finanzmärkten Ausgangslage: i = i*, d.h. E=Ee; Deutschland ist Inland und USA Ausland Annahme: deutscher Zinssatz steigt aufgrund einer kontraktiven geldpolitischen Maßnahme (i↑) Bei unverändertem Wechselkurs ist es nun attraktiver, deutsche Wertpapiere zu halten Die Anleger wollen mehr deutsche Wertpapiere erwerben → gesteigerte Nachfrage nach Euro, weil Anleger Dollar verkaufen und Euro kaufen, so dass der Euro aufwertet: E↑ Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 10 Das Gleichgewicht auf den Finanzmärkten Wie stark muss der Euro aufwerten? Kapitel 3 Solange Ee = konst. gilt, rechnen die Anleger mit einer umso stärkeren Abwertung (E↓) in der Zukunft, je stärker sich der Euro heute aufwertet (E↑). Dies gilt, weil sie erwarten, dass E in der Zukunft zu einem bestimmten Wert, nämlich Ee = konst., zurückkehren wird. Unter sonst unveränderten Bedingungen werden damit amerikanische Wertpapiere wieder attraktiver: Je höher die dann in Zukunft erwartete Abwertung des Euro, desto weniger attraktiv ist es, von Dollar in Euro umzuschichten (um deutsche Wertpapiere zu kaufen), selbst bei einem höheren Zinssatz in Deutschland. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 11 Kapitel 3 Das Gleichgewicht auf den Finanzmärkten Antwort auf die obige Frage damit: Die anfängliche Aufwertung des Euro muss so stark sein, dass die erwartete zukünftige Abwertung des Euro den Anstieg des deutschen Zinssatzes exakt kompensiert. Wenn dies der Fall ist, sind die Kapitalanleger wieder indifferent; es herrscht wieder ein Gleichgewicht. Entscheidend ist dabei, dass die Anleger den Wert für den in einem Jahr erwarteten Wechselkurs nicht ändern: E e = konst. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 12 Das Gleichgewicht auf den Finanzmärkten Zahlenbeispiel: Ausgangslage: E=Ee=1$/€, i=8%, i*=5% Wie wird sich E verändern? Kapitel 3 E= 1 + i e 1,08 E = ⋅1 = 1,0286 ≈ 1,03 * 1+ i 1,05 Der Euro muss sich um ca. 3% aufwerten. Dies bedeutet, dass die erwartete Aufwertungsrate -3% bzw. die erwartete Abwertungsrate +3% betragen muss: Ee − E ⎛ 1 − 1,03 ⎞ * i≈i − ⇒ 0,08 ≈ 0,05 − ⎜ ⎟ ≈ 0,05 − (− 0,03) E 1 , 03 ⎝ ⎠ Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 13 Das Gleichgewicht auf den Finanzmärkten Der Zusammenhang zwischen Zinssatz und Wechselkurs unter der Zinsparitätentheorie Kapitel 3 Ein niedriger inländischer Zinssatz führt zu einem niedrigen Wechselkurs – einer Abwertung. Ein hoher inländischer Zinssatz führt zu einem hohen Wechselkurs – einer Aufwertung. Et = Prof. Dr. Volker Clausen 1 + it e E * t +1 1 + it Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 14 3-3 Der Gütermarkt und die Finanzmärkte Das Gleichgewicht auf dem Gütermarkt impliziert, dass die Produktion unter anderem abhängt von: dem Zinssatz i dem Wechselkurs E dem Staatskonsum G den Steuern T Kapitel 3 der ausländischen Produktion Y* Y = C(Y − T ) + I (Y , i ) + G + NX (Y , Y * , E ) Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 15 Der Gütermarkt und die Finanzmärkte Der Zinssatz seinerseits wird durch die Gleichheit von Geldangebot und Geldnachfrage bestimmt: M = YL(i ) P Die Zinsparität impliziert einen positiven Zusammenhang zwischen dem inländischen Zinssatz und dem Wechselkurs: Kapitel 3 1+ i e E= E * 1+ i Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 ⇒ i ↑→ E ↑ i ↓→ E ↓ Wintersemester 2008/2009 Folie 16 Kapitel 3 Der Gütermarkt und die Finanzmärkte Einsetzen der nach E aufgelösten Zinsparität in die Gütermarktgleichgewichtsbedingung erlaubt die Reduzierung des Modells auf 2 Gleichungen: Die IS- und LM-Funktionen sind für die offene Volkswirtschaft dann gegeben mit: 1+ i e ⎞ IS : Y = C (Y − T ) + I (Y , i ) + G + NX ⎛⎜ Y , Y ∗ , E ⎟ ∗ 1+ i ⎠ ⎝ M LM : = YL(i ) P Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 17 Der Gütermarkt und die Finanzmärkte Ein Zinsanstieg hat nun zwei Effekte: 1. Zinskanal: Ein höherer Zinssatz führt direkt zu einem Rückgang der Investitionen und damit auch zu einem Rückgang der Nachfrage nach inländischen Gütern. 2. Wechselkurskanal: Kapitel 3 Ein Anstieg des inländischen Zinssatzes führt zu einer Aufwertung der inländischen Währung, damit werden inländische Güter relativ teurer; Nettoexporte, Nachfrage und Produktion werden somit zusätzlich (indirekt) negativ beeinflusst. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 18 Der Gütermarkt und die Finanzmärkte Kapitel 3 Das IS-LM-Modell in der offenen Volkswirtschaft Ein steigender Zinssatz führt zu einer sinkenden Produktion direkt und indirekt (über den Wechselkurs): Die IS-Kurve hat eine negative Steigung. Für eine gegebene Geldmenge führt ein steigendes Einkommen zu einem steigenden Zinssatz: Die LM-Kurve hat einen steigenden Verlauf. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 19 Kapitel 3 Der Gütermarkt und die Finanzmärkte Zusammenfassung: IS-Kurve verläuft fallend: Ein Anstieg von i führt direkt und indirekt (über E) zu einem Rückgang von Z und einem Rückgang von Y. LM-Kurve verläuft steigend: Ein Anstieg von Y führt zu einem Anstieg von Md, so dass ein Anstieg von i nötig wird, um das Gleichgewicht am Geldmarkt sicherzustellen. Bei gegebenem ausländischen Zinssatz i* und gegebenem erwarteten zukünftigen Wechselkurs Ee bestimmt der gleichgewichtige Zinssatz den gleichgewichtigen Wechselkurs. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 20 Die formale Analyse Bestimmung der IS-Funktion bei linearen Funktionen (siehe Kapitel 9): Gleichgewichtsbedingung: Z = Y = C + I + G + X − IM ε Einsetzen und Auflösen nach Y liefert bei ε = E und i=r : Kapitel 3 Y= ( 1 c0 − c1T + b0 − b2i + G + x1Y * − x2 E − im2 1 − b1 − c1 + im1 E ) Ungedeckte Zinsparität: E= 1+ i e E * 1+ i Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 21 Die formale Analyse Einsetzen der ungedeckten Zinsparität für den Wechselkurs in die IS-Funktion ergibt: ⎛ ⎞ ( 1 + i )E e * ⎜ ⎟ − Y= im − + − + + − c c T b b i G x Y x 0 1 0 2 1 2 2⎟ im1 (1 + i * ) ⎜⎝ 1 + i* ⎠ 1 − b1 − c1 + e (1 + i )E 1 Kapitel 3 Durch Umformen und Umstellen erhält man: ( 1 + i )E e ( Y IS = c0 − c1T + b0 + G + x1Y * − im2 ) e * (1 + i )E (1 − b1 − c1 ) + im1 (1 + i ) ( 1 + i )E e ⎞ e⎛ ⎟⎟ (1 + i )E ⎜⎜ b2i + x2 * − 1+ i ⎠ ⎝ (1 + i )E e (1 − b1 − c1 ) + im1 (1 + i* ) Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 22 Die formale Analyse Vergleiche mit der IS-Funktion der geschlossenen Volkswirtschaft (Kapitel 3): b2 1 Y IS = (c0 + b0 + G − c1T ) − i 1 − b1 − c1 1 − b1 − c1 Kapitel 3 Bestimmung der LM-Funktion bei linearer Geldnachfragefunktion und bei P=1 (wie Kapitel 3): Ms Md Gleichgewichtsbedingung: = P P M d2 Y LM = + i d1 d1 Prof. Dr. Volker Clausen 3-4 Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 23 Auswirkungen der Wirtschaftspolitik in einer offenen Volkswirtschaft Kapitel 3 Auswirkungen einer expansiven Fiskalpolitik (G↑) Steigender Staatskonsum führt zu einer größeren Produktion, zu einem höheren Zinssatz und zu einer Aufwertung. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 24 Die Wirkungen der Geldpolitik in einer offenen Volkswirtschaft Kapitel 3 Auswirkungen einer kontraktiven Geldpolitik (M↓) Eine Reduktion der Geldmenge führt zu einer sinkenden Produktion, einem steigenden Zinssatz und einer Aufwertung. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 25 Exkurs: Kontraktive Geldpolitik und expansive Fiskalpolitik Tabelle 3.1 Das Aufkommen großer USamerikanischer Budgetdefizite, 1980-1984 1980 1981 1982 1983 1984 Ausgaben 22,0 22,8 24,0 25,0 23,7 Einnahmen 20,2 20,8 20,5 19,4 19,2 Personensteuern 9,4 9,6 9,9 8,8 8,2 Unternehmenssteuern 2,6 2,3 1,6 1,6 2,0 Budgetdefizit 1,8 2,0 3,5 5,6 4,5 Kapitel 3 Die Zahlen beziehen sich auf das fiskalische Jahr, das im Oktober des Vorjahres beginnt. Alle Zahlen sind als Anteile im BIP dargestellt. Quelle: Historical Tables, Office of Management and Budget. Quelle: O. Blanchard/ G. Illing „Makroökonomie“; S. 589 Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 26 Exkurs: Kontraktive Geldpolitik und expansive Fiskalpolitik kontraktive Geldpolitik seit 1979 unter Paul Volcker, um eine niedrigere Inflationsrate zu erreichen expansive Fiskalpolitik unter Ronald Reagan ab 1980: Steuersenkungen (Economic Recovery Act) Begrenzung der Rolle des Staates in der Wirtschaft Kapitel 3 keine Reduktion des Staatskonsums Folge: rasanter Anstieg des Budgetdefizits bis auf 5,6% im Jahr 1983 Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 27 Kapitel 3 Exkurs: Kontraktive Geldpolitik und expansive Fiskalpolitik ökonomische Begründung: Eine Steuersenkung führt zu einer Stimulierung der Wirtschaftsaktivität, weil die Arbeitnehmer und Unternehmer dann härter und produktiver arbeiten. Die höhere Produktion führt dann sogar zu einer Zunahme der Steuereinnahmen (Supply Siders). aber: Argument war falsch, Steuereinnahmen sanken (auf 19,2% des BIP im Jahr 1984), Staatskonsum nahm sogar noch zu, trotz der Bemühungen einer Begrenzung im Kongress Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 28 Exkurs: Kontraktive Geldpolitik und expansive Fiskalpolitik Tabelle 3.2 Makroökonomische Indikatoren USA, 1980-1984 1980 1981 1982 1983 1984 −0,5 1,8 −2,2 3,9 6,2 7,1 7,6 9,7 9,6 7,5 Inflation (VPI) (%) 12,5 8,9 3,8 3,8 3,9 Zinssatz 11,5 14,0 10,6 8,6 9,6 2,5 4,9 6,0 5,1 5,9 Realer Wechselkurs 85 101 111 117 Handelsbilanzdefizit (% des BIP) 0,5 0,4 0,6 1,5 BIP-Wachstum (%) Arbeitslosenquote (%) (nominal) (%) Kapitel 3 (real) (%) 129 2,7 Inflation: Änderungsrate des Verbraucherpreisindex. Der Nominalzins bezieht sich auf dreimonatige Staatsanleihen. Der Realzins entspricht dem Nominalzins abzüglich der von DRI, einem privaten Prognoseunternehmen, prognostizierten Inflation. Der reale Wechselkurs entspricht dem realen $-Außenwert, 1973=100. Quelle: O. Blanchard/ G. Illing „Makroökonomie“; S. 590 Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 29 Exkurs: Kontraktive Geldpolitik und expansive Fiskalpolitik Ergebnis: entspricht den Vorhersagen des Mundell-Fleming-Modells Kapitel 3 1980-1982: restriktive Geldpolitik → Anstieg der nominalen und realen Zinssätze, Aufwertung des Dollars, Rückgang der Produktion, Reduktion der Inflation 1983-1984: expansive Fiskalpolitik → Zunahme der Produktion, weiter hohe Zinssätze, weitere Aufwertung des Dollars, Inflation stabilisiert Y ↑, E ↑ →NX ↓ Anstieg des Handelsbilanzdefizits, gleichzeitig hohes Budgetdefizit (Zwillingsdefizit (twin deficit) der 80er Jahre) Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 30 3-5 Feste Wechselkurse Zentralbanken verfolgen implizite oder explizite Wechselkursziele und verwenden geldpolitische Maßnahmen, um diese Ziele zu erreichen. flexible Wechselkurse (USA, Japan, Euroraum); keine expliziten Wechselkursziele fixe (feste) Wechselkurse: Kapitel 3 fester Kurs in Einheiten einer ausländischen Währung Bindung an den Dollar, an andere Währungen oder an einen Währungskorb Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 31 Kapitel 3 Feste Wechselkurse Mischsysteme: Einige Länder haben sich für gleitende Bandbreiten, “crawling pegs”, entschieden. Wenn das inländische Preisniveau stärker steigt als das Preisniveau in den USA, dann erfährt das Land eine reale Aufwertung, die schnell dazu führen kann, dass inländische Güter nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Um diesen Effekt zu vermeiden, legen diese Länder von vornherein bestimmte Abwertungsraten gegenüber der Leitwährung fest. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 32 Kapitel 3 Feste Wechselkurse Das Europäische Währungssystem (EWS) begrenzte die Wechselkursschwankungen innerhalb der Europäischen Union von 1978 bis 1998. Die Mitgliedsländer verpflichteten sich, ihre Wechselkurse innerhalb enger Bandbreiten um eine zentrale Parität herum zu halten. Die meisten beteiligten Länder gingen noch einen Schritt weiter und führten eine gemeinsame Währung ein, den Euro. Im Prinzip wählten sie ein System “unwiderruflich fixer Wechselkurse” (jedes “Wechselkurspaar” auf 1:1 fixiert). Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 33 Die Entscheidung für einen festen Wechselkurs und die monetäre Kontrolle Die exakte Form der Zinsparität lautet: ⎛ Et ⎞ ⎟ e E ⎝ t +1 ⎠ Kapitel 3 (1 + it ) = (1 + it* )⎜ Durch die Fixierung des Wechselkurses zu einer anderen Währung auf einen bestimmten Wert E wird die Zinsparitätenbedingung zu: E (1 + it ) = (1 + it* ) E ⇔ it = it* Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 34 Die Entscheidung für einen festen Wechselkurs und die monetäre Kontrolle Kapitel 3 Wenn die Kapitalanleger erwarten, dass der Wechselkurs unverändert bleibt (Ete+1 = E ), dann müssen der inländische und der ausländische Zinssatz identisch sein. Ein Anstieg der inländischen Geldnachfrage muss durch einen Anstieg des Geldangebots ausgeglichen werden, damit der Zinssatz unverändert bleibt. Nur dadurch behält die folgende Beziehung ihre Gültigkeit: M = YL(i* ) P Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 35 Kapitel 3 Die Entscheidung für einen festen Wechselkurs und die monetäre Kontrolle Würde die Zentralbank die Geldmenge nicht ausweiten, käme es zu einem Zinsanstieg. Dieser würde eine Aufwertung der inländischen Währung auslösen. Das ist aber bei fixem Wechselkurs nicht möglich. Fazit: Unter fixen Wechselkursen gibt die Zentralbank die Geldpolitik als Politikinstrument auf. (Dies gilt allerdings in dieser Tragweite nur bei perfekter Kapitalmobilität.) Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 36 Fiskalpolitik bei festen Wechselkursen Kapitel 3 Auswirkungen der expansiven Fiskalpolitik bei fixen Wechselkursen Bei flexiblen Wechselkursen führt expansive Fiskalpolitik zu einem Produktionswachstum von YA zu YB. Bei fixen Wechselkursen steigt die Produktion von YA zu YC. Die Zentralbank ist bei fixen Wechselkursen gezwungen, den Anstieg der Geldnachfrage durch eine Ausweitung des Geldangebots zu akkomodieren. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 37 Kapitel 3 Fiskalpolitik bei festen Wechselkursen Unter festen Wechselkursen kann die Zentralbank nicht zulassen, dass sich die Währung aufwertet. Sie muss die gestiegene Geldnachfrage aufgrund gestiegener Produktion befriedigen, indem sie die Geldmenge erhöht. Dadurch verschiebt sie die LM-Kurve nach rechts unten, so dass der Zinssatz unverändert bleibt. Die Produktion in C ist höher als die in B. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 38 Fiskalpolitik bei festen Wechselkursen Kapitel 3 Fazit: Unter festen Wechselkursen ist Fiskalpolitik wirksamer als unter flexiblen Wechselkursen, weil eine expansive Fiskalpolitik eine expansive Anpassung der Geldpolitik auslöst. Nachteile eines fixen Wechselkurses: Aufgabe des Instruments der Geldpolitik, um Handelsungleichgewichte korrigieren und die Konjunktur beeinflussen zu können Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 39 Kapitel 3 Fiskalpolitik unter festen Wechselkursen Aufgabe der Kontrolle des eigenen Zinssatzes sowie Anpassung an die Schwankungen des ausländischen Zinssatzes i* (vgl. z.B. die Folgen der Erhöhung der Leitzinsen durch die Bundesbank im Zuge der Wiedervereinigung) Notwendigkeit eines zweiten Instruments neben der Fiskalpolitik, um ein zweites Ziel zu erreichen (z.B. zur Abfederung der kontraktiven Effekte einer Reduktion des Budgetdefizits auf die Produktion) Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 40 Exkurs: Die deutsche Wiedervereinigung und das Europäische Währungssystem Tabelle 3.3 Die deutsche Wiedervereinigung, Zinssätze und Produktionswachstum, 1990-1992 Nominalzinssätze (%) Inflationsrate (%) 1990 1991 1992 1990 1991 1992 Deutschland 8,5 9,2 9,5 2,7 3,7 4,7 Frankreich 10,3 9,6 10,3 2,9 3,0 2,4 Belgien 9,6 9,4 9,4 2,9 2,7 2,4 Kapitel 3 Realzinssätze (%) BIP-Wachstum (%) 1990 1991 1992 1990 1991 1992 Deutschland 5,7 5,5 4,8 5,7 4,5 2,1 Frankreich 7,4 6,6 7,9 2,5 0,7 1,4 Belgien 6,7 6,7 7,0 3,3 2,1 0,8 Der Nominalzinssatz ist der kurzfristige Nominalzinssatz. Der Realzinssatz entspricht dem tatsächlich realisierten Realzinssatz, also dem Nominalzinssatz abzüglich der Jahresinflationsrate. Alle Raten sind Jahresraten. Quelle: OECD Economic Outlook; O. Blanchard/ G. Illing „Makroökonomie“; S. 595 Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 41 Exkurs: Die deutsche Wiedervereinigung und das Europäische Währungssystem Wiedervereinigung 1990: Bundesbank befürchtete Überhitzung der Konjunktur, daher restriktive Geldpolitik in Form hoher Zinssätze EWS: Frankreich und Belgien mussten ebenfalls hohe Zinssätze haben, um die Wechselkursbandbreiten einhalten zu können Nominalzinsen sogar in Frankreich noch höher als in Deutschland Grund: Kapitalanleger befürchteten (trotz EWS) eine Kapitel 3 Abwertung des Franc und verlangten daher höhere Zinsen Folge: wegen relativ niedriger Inflationsraten hohe Realzinssätze, niedrigeres BIP-Wachstum, höhere Arbeitslosigkeit in Frankreich und Belgien Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 42 Kapitel 3 Fiskalpolitik unter festen Wechselkursen Allerdings: Die Analyse ging bisher davon aus, dass das Preisniveau im In- und Ausland konstant ist (kurzfristige Analyse). In der mittleren Frist passt sich jedoch das Preisniveau an. Eine Analyse dieses Falls sowie von Währungskrisen wird dann eine genauere Beurteilung der Vor- und Nachteile eines Systems fixer Wechselkurse ermöglichen. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik 2 Wintersemester 2008/2009 Folie 43