Thieme: Bildgebende Diagnostik des Fußes

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Sprunggelenk und Rückfuß
3 Sprunggelenk und Rückfuß
3.1 Trauma
3.1.1 Kapsel-Band-Apparat
M. Walther und U. Szeimies
Außenbänder
Knochenschale. Im weiteren Verlauf findet der Knochenausriss
keinen Kontakt zur distalen Fibula, und es resultiert eine chronische Instabilität mit erneuten Supinationsverletzungen. Der
Bandursprung der Lig. fibulotalare anterius und Lig. fibulocalcaneare kann gemeinsam von der distalen Fibula ausreißen, mit
entsprechender Instabilität beider Bänder.
Bei traumatischen Verletzungen der Außenbänder handelt es
sich um die Teil- oder vollständige Ruptur eines oder mehrerer
Außenbänder des Sprunggelenks, meist nach Supinationstrauma.
Bei vollständiger 2-Band-Außenbandverletzung kann es zur
Verletzung und Schädigung des Deltabands medial kommen;
der Innenknöchel „zerreibt“ das Innenband gegen den medialen Talus. Nach Außenbandverletzungen kann die begleitende
Innenbandläsion die Ursache für eine nicht vollständige Ausheilung und für persistierende, dann mediale Beschwerden
sein.
Symptome
Bildgebung
Typische Symptome sind eine Schwellung und Schmerzen am
Außenknöchel, oft bis zum Fußrücken.
Röntgen
Definition
Prädisponierende Faktoren
●
●
●
●
frühere Distorsionen
chronische Instabilität
Kapsel-Band-Laxizität
Rückfußvarus
Anatomie/Pathologie
Die gehaltenen Aufnahmen haben ihre Bedeutung beim akuten
Trauma verloren. Bei Frakturverdacht werden Röntgenbilder
des Sprunggelenks in 2 Ebenen angefertigt.
Merke
Bei Aufnahme von Röntgenbildern des Sprunggelenks in 2
Ebenen ist auf eine ausreichende Innenrotation von 15° bei
der a.–p. Aufnahme zur überlagerungsfreien Darstellung der
distalen Fibula und der Talusschultern zu achten.
Anatomie
Der Außenbandapparat des oberen Sprunggelenks besteht aus
dem Lig. fibulotalare anterius, dem Lig. fibulocalcaneare und
dem Lig. fibulotalare posterius. Es existieren viele Anlagevarianten; z. B. ist das Lig. fibulotalare anterius volumenschwach
ausgebildet, wenn das Lig. fibulocalcaneare volumenvermehrt
und kaliberkräftig angelegt ist.
Pathologie
Zuerst rupturiert das Lig. fibulotalare anterius. Schreitet die
Verletzung fort, kann es zusätzlich zur Teil- oder kompletten
Ruptur des Lig. fibulocalcaneare kommen. Das Lig. fibulotalare
posterius ist nur selten betroffen. Am unteren Sprunggelenk ist
vor allem das Lig. calcaneocuboideum lateralis gefährdet. Unterschieden werden Zerrungen, Teil- und vollständige Rupturen. Bei Kindern ist ein proximaler osteochondraler Bandausriss
des Lig. fibulotalare anterius am häufigsten. Nicht alle Rupturen
führen jedoch auch zu einer Sprunggelenkinstabilität.
Die Verletzung des Lig. fibulotalare anterius kann ein proximaler Ausriss aus der anterior-distalen Fibula sein, die Ruptur
kann im mittleren Drittel erfolgen oder es kommt zum distalen
Ausriss aus dem Talushals; die proximale und distale Verletzung kann knöchern erfolgen. Die knöchernen Ausrisse haben
Bedeutung, da es häufig im Hämatom an dem ausgerissenen
Knochen-Flake zur Bildung einer Verknöcherung bzw. eines
Ossikels kommt. Das Band selbst ist in diesen Fällen nicht rupturiert, sondern entspringt regelrecht aus der abgerissenen
Ultraschall
Strukturiertes Vorgehen bei Distorsiontrauma: Ein Longitudinalschnitt ventral über das obere Sprunggelenk zeigt einen
Hämarthros als für eine Kapsel-Band-Verletzung signifikante
Veränderung. Laterale Longitudinalschnitte über der distalen
Fibula, dem Lig. fibulotalare anterius, dem Lig. fibulocalcaneare
und dem Lig. calcaneocuboidale lateralis geben Auskunft über
eine Mitbeteiligung knöcherner Strukturen und die Bandkontinuität und lassen unter Sicht auf den Monitor im Stresstest
eine verlässliche, messbare Echtzeitaussage über die Gelenkstabilität zu. Hämatome können besser erkannt werden, wenn der
Druck mit dem Schallkopf unter Sicht auf den Monitor reduziert wird (Dekompressionstest). Bei osteochondralen Ausrissen
(an der Fibula) kann eine echogene Schuppe mit Schallschatten
vorhanden sein, die oft erst beim Stresstest erkennbar wird, im
Röntgenbild mitunter aber übersehen wird.
MRT
Antworten im Befund
Unterscheidung:
● partielle Bandruptur
● komplette Ruptur
● eingeschlagene Bandanteile
● knöcherner Ausriss bzw. Avulsionsfraktur proximal
oder distal
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aus: Szeimies u. a., Bildgebende Diagnostik des Fußes (ISBN 9783131492418) © 2012 Georg Thieme Verlag KG
3.1 Trauma
Diese Strukturen müssen im Befund einzeln untersucht und
erwähnt werden.
Merke
Wichtig ist die genaue Einschätzung der Verletzung des Lig.
fibulocalcaneare, da eine komplette Ruptur als 2-Band-Verletzung bei Leistungssportlern auch operativ versorgt werden
kann. Eine Graduierung in Prozent des rupturierten Anteils
kann für den Therapeuten hilfreich sein.
Zusätzlich ist auf häufig übersehene Begleitverletzungen mit
oft schwerwiegenden Konsequenzen, wie Gelenkinstabilität
und Früharthrose, zu achten.
Neben der Beurteilung des Außen- und Innenbandapparats
(Deltaband medial regelrecht ohne Hinweis auf Quetschung
mit kontinuierlichem Faszikelverlauf und ohne Einblutung) gehört auch die Evaluation folgender Strukturen zur MRT-Untersuchung:
● vordere Syndesmose
● Volkmann-Dreieck
● Bänder im Sinus tarsi
● Retinakulum der Peronealsehnen
● Gelenkknorpel einschließlich der Talusschultern mit Ausschluss einer osteochondralen Verletzung
● Facetten des unteren Sprunggelenks
● Chopart-Gelenkinie
b
Untersuchungstechnik
●
●
Traumastandarduntersuchung: Untersuchung (ggf. in Bauchlage) mit hochauflösender Mehrkanalspule; keine Kontrastmittelgabe nötig
Sequenztechnik:
○ T1w koronar parallel zur queren Achse des oberen Sprunggelenks, ausgerichtet am Talus und den Malleolen
○ PDw fatsat sagittal und koronar
○ T2w axial gekippt parallel zum Verlauf des Lig. fibulotalare
anterius
○ ggf. PDw fatsat schräg axial (Syndesmosenkippung)
Befunde in der MRT (Abb. 3.1 bis Abb. 3.3)
●
●
●
mittiger, fibula- oder talusseitiger Ausriss des Lig. fibulotalare
anterius mit unterbrochener Kontinuität und gewelltem Verlauf des Bandstumpfs
begleitende anterolaterale Kapselruptur mit Ödematisierung
und Einblutung entlang der anterolateralen Weichteile
Einblutung und Signalanhebungen mit/ohne Kontinuitätsunterbrechung des Lig. fibulocalcaneare (das Lig. fibulotalare
posterius ist in aller Regel intakt)
c
a
Abb. 3.1 a, b Frische Ruptur des Lig. fibulotalare anterius.
a T1w koronar: knöcherner Ausriss an der Außenknöchelspitze des Lig. fibulotalare anterius. Die Unterscheidung zwischen einer alten und einer
frischen knöchernen Absprengung ist bei fehlendem Knochenmarködem von einer Avulsionsverletzung schwierig, in diesem Fall bei Unterbrechung der Kortikalis in b jedoch eindeutig. Problematisch sind Fälle, in denen ein fibrös angebundenes Ossikel verletzt wurde, an dem das
Lig. fibulotalare anterius inseriert. Hier hilft mitunter der Flüssigkeitsnachweis in dem etwas aufgeweiteten Spalt zwischen Mutterknochen und
Ossikel.
b T2w axial: Einblutung mit Auffaserung des Lig. fibulotalare anterius fibulaseitig (Pfeile); Darstellung der dehiszenten Knochenschuppe.
c T2w axial: Zum Vergleich Normalbefund des Lig. fibulotalare anterius eines anderen Patienten (Pfeil).
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Sprunggelenk und Rückfuß
a
b
c
Abb. 3.2 a, b Frische Ruptur des Lig. fibulocalcaneare.
a T2w axial: fehlende signalarme Darstellung des Lig. fibulocalcaneare unter der Peronealsehne bei wolkigen Einblutungen in die Weichteile
(Pfeil).
b PDw fatsat koronar: Ausriss des Lig. fibulocalcaneare aus dem lateralen Talusrand (Pfeil).
c T2w axial: zum Vergleich Normalbefund des Lig. fibulocalcaneare eines anderen Patienten (Pfeil).
a
b
c
Abb. 3.3 a – c Zustand nach Pronationstrauma und Außenbandruptur sowie ungewöhnlicher Verlagerung der rupturierten Kapsel-BandAnteile. 19-jähriger Patient.
a PDw fatsat koronar: erhebliche Dislokation des vollständig rupturierten Lig. fibulotalare anterius, das nach kranial und dorsal der distalen
Fibula verlagert ist.
b T2w axial: lateral auf der Außenknöchelspitze aufliegende Bandanteile.
c PDw fatsat sagittal: in den ventralen lateralen Gelenkspalt des oberen Sprunggelenks eingeschlagene Kapselanteile.
●
●
oft erhebliche Einblutung und ausgeprägtes Weichteilhämatom zirkulär um das Sprunggelenk, anterolateral betont bei
Zerreißung subkutaner und tief liegender Venen
Knochenkontusionsödeme am medialen Talusrand, dem Innenknöchel, den Talusschultern usw.
Merke
Sonderformen:
● Bei Kindern: subperiostales Hämatom an der Fibula
(Abb. 3.4) mit flächiger Einblutung unter dem Periost bei
erhaltenem Periostschlauch. Die Periostabhebung ist übli-
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3.1 Trauma
Abb. 3.4 a, b Subperiostales Hämatom bei
einem 15-jährigen Jungen mit Zustand nach
Torsionstrauma und Verdacht auf Syndesmosen- und Außenbandverletzung.
a PDw fatsat koronar: proximal der noch nicht
vollständig geschlossenen Epiphysenfuge der
distalen Fibula Abhebung des Periosts bei
subperiostalem Hämatom (Pfeile). Minimales
Ödem im Bereich der distalen Fibula ohne
Zeichen der Epiphysenfugenverletzung; intakte Außenbänder.
b T2w axial: subperiostales Hämatom lateral
entlang der Fibula (Pfeil).
a
b
cherweise nur metaphysär proximal der Epiphysenfuge und
nicht an der Fibula distal.
Repetitive Traumen: alte versus frische knöcherne Absprengung an der Außenknöchelspitze versus (fibrös angebundene) Ossikelbildung mit Insertion des Lig. fibulotalare anterius am Ossikel. Hier ist insbesondere eine hochauflösende Diagnostik in 3 Ebenen (T1w, PDw fatsat) nötig, um die
genaue Insertion der Fasern am Ossikel, die knöcherne Absprengung bzw. die Außenknöchelspitze mit drohender
bzw. eingetretener Instabilität zu differenzieren. An diesen
Absprengungen kann auch das Lig. fibulocalcaneare entspringen; dies bedeutet ein hohes Risiko für (chronische)
Instabilität.
Empfehlung zur Bildgebung
●
Orthese: rascher Belastungsaufbau in der Orthese, angepasst
an die Beschwerden
Operativ
Nur in Ausnahmefällen bei 3-Band-Rupturen oder im Leistungssport.
Prognose/Komplikationen
●
●
●
chronische Instabilität in bis zu 10 % der Fälle (dann Indikation zur früh-sekundären Kapsel-Band-Rekonstruktion)
Vernarbungen mit Meniskoid (Lig. fibulotalare anterius bei
insuffizienter Ausheilung mit hypertropher Narbenbildung
und konsekutivem Impingement)
laterale Osteochondrosis dissecans des Talus nach osteochondraler Begleitläsion
Methode der Wahl: Röntgen zum Ausschluss einer Fraktur, Sonografie zur Diagnose von Hämarthros, Bandkontinuität und
Instabilität und MRT für Begleitverletzungen, wie osteochondrale Läsionen und weitere Kapsel-Band-Verletzungen.
Innenbänder
Differenzialdiagnose
Aufgrund eines Traumas kann es zur Verletzung der oberflächlichen und/oder der tiefen Anteile des Deltabands kommen.
●
●
●
●
●
●
●
osteochondrale Verletzung des Talus bzw. talusseitiger knöcherner Ausriss der talonavikularen Gelenkkapsel streckseitig
am Fußrücken
Verletzung des kalkaneokuboidalen Gelenks
Fraktur des Processus anterius calcanei
Verletzung der Peronealsehnen
Fraktur der Basis des Metatarsale V
distale Fibulafraktur
Fraktur des Processus lateralis tali
Definition
Symptome
Es treten Schmerzen mit Instabilität im Bereich des Innenknöchels nach Inversions- oder Eversionstrauma auf.
Prädisponierende Faktoren
●
●
Pes planovalgus
Außenbandverletzung
Therapie
Anatomie/Pathologie
Konservativ
●
●
●
Sprunggelenkorthese
Physiotherapie (Training der Peronealmuskulatur und des M.
tibialis anterior, Propriozeptionstraining)
physikalische Therapie: Eis, Lymphdrainage und Kompression
in der Akutphase
Der Innenbandapparat besteht aus einer oberflächlichen und
einer tiefen Schicht. Faseranteile ziehen bis nach ventral zum
Os naviculare sowie nach distal zum Talus und Kalkaneus. Unterschieden werden können eine Pars tibiotalaris posterior und
anterior, eine Pars tibiocalcanearis und eine Pars tibionavicularis. Im Verhältnis zur Außenbandläsion ist eine Verletzung des
Innenbands selten.
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Sprunggelenk und Rückfuß
Bildgebung
Befunde in der MRT (Abb. 3.5 und Abb. 3.6)
●
Röntgen
Gehaltene Aufnahmen werden beim akuten Trauma des Innenbands nicht mehr durchgeführt. Bei Frakturverdacht werden
Röntgenbilder des Sprunggelenks in 2 Ebenen angefertigt. Gehaltene Aufnahmen im Seitenvergleich haben ihre Berechtigung bei chronischen Instabilitäten.
●
●
●
●
●
●
Ultraschall
flächige Ödematisierung und Einblutung entlang des Deltabands, meist unter Aussparung der kräftigen Pars tibiotalaris
posterior
gewellter Verlauf
Unterbrechung der Faszikelkontinuität
Gelenkerguss
begleitende Kapselläsion
Knochenkontusionsödem
auch kortikale Absprengung am lateralen Talusrand und Außenknöchel
Einblutungen des Bandapparats sind sonografisch darstellbar,
weiterhin Unterbrechungen einzelner Faserzügel. Als Standardverfahren hat sich die Sonografie bei Verletzungen des Innenbands nicht durchgesetzt.
Empfehlung zur Bildgebung
MRT
Differenzialdiagnose
Methode der Wahl: Sonografie bzw. MRT.
●
Antworten im Befund
●
●
●
●
Ausmaß der Verletzung
welche Bandanteile betroffen (alle?)
Begleitverletzungen (osteochondrale Läsionen, Knochenkontusionsödeme, Chopart-Gelenkinie usw.)
●
●
●
●
Therapie
Untersuchungstechnik
●
●
Fraktur des medialen Malleolus
Ruptur der Tibialis-posterior-Sehne
Fraktur des Sustentaculum tali
Osteochondrosis dissecans tali
osteochondrale Verletzung des unteren Sprunggelenks
Talusfraktur
Traumastandarduntersuchung: hochauflösende Mehrkanalspule; keine Kontrastmittelgabe nötig
Sequenztechnik:
○ T1w koronar
○ PDw fatsat sagittal und koronar
○ T2w axial gekippt parallel zum Lig. fibulotalare anterius
○ ggf. PDw fatsat schräg axial (Syndesmosenkippung)
Konservativ
●
●
konsequente Stabilisierung in einer Sprunggelenkorthese mit
gleichzeitiger Unterstützung des Fußes über eine rückfußfassende Einlagenversorgung mit Abstützung am Sustentaculum
tali
alternativ medial stabilisierende Tape-Verbände
Abb. 3.5 a, b Frische Innenbandverletzung bei
einem 20-jährigen Patienten mit akutem Distorsionstrauma des oberen Sprunggelenks.
a PDw fatsat koronar: ausgeprägte Verletzung
des Deltabands mit Ruptur der Pars tibiotalaris anterior und flächige Einblutung auch in
die übrigen Bandanteile mit elongierten Fasern.
b PDw fatsat koronar: zusätzlich Knochenkontusionsödem an der lateralen Talusschulter
mit kleinem osteochondralem Defekt sowie
Ruptur des Lig. fibulotalare anterius mit kleinem knöchernen Ausriss aus der Fibulaspitze.
a
b
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3.1 Trauma
a
b
c
Abb. 3.6 a – c Vollständige Ruptur des Deltabands.
a PDw fatsat koronar: Unterbrechung der Bandkontinuität mit gewelltem Verlauf der Faserstümpfe.
b T2w axial: Am Innenknöchel besteht eine vollständige Ruptur sämtlicher Anteile des Innenbands.
c T2w axial: zusätzlich kortikaler Ausriss des Lig. fibulotalare anterius aus der distalen Fibula.
Operativ
●
●
Rekonstruktion der Bänder bei ausgedehnten Rupturen und
bei chronischer Instabilität
Augmentation des Deltabands durch Sehnentransplantat bei
chronisch-insuffizienter Struktur
Prognose/Komplikationen
Die chronische mediale Instabilität verursacht erheblich mehr
Beschwerden als die laterale Instabilität. Es kann zu einem Abkippen des Fußes in Valgusfehlstellung unter Belastung kommen. Ausgedehnte Vernarbungen können den Heilverlauf verzögern.
Syndesmose
Definition
Eine Syndesmosenruptur ist eine Verletzung der Bandverbindung zwischen distaler Tibia und Fibula mit Instabilität der
Malleolengabel.
Symptome
Zeichen einer Syndesmosenruptur ist ein Instabilitätsgefühl in
Verbindung mit Schmerzen im Bereich der Syndesmose bei Belastung. Der Squeeze-Test ist positiv (Kompression der Syndesmose durch Druck auf Fibula und Tibia in Höhe der Syndesmose). Zudem sind die Eversion und die Außenrotation im Sprunggelenk schmerzhaft.
Prädisponierende Faktoren
Eine Syndesmosenruptur kann in Kombination mit einer Bandverletzung am Sprunggelenk oder einer Fraktur der Malleolengabel auftreten. Eine Ruptur der Syndesmose ist jedoch auch als
isolierte Verletzung möglich.
Anatomie/Pathologie
Anatomie
Die Syndesmose wird von unterschiedlichen Bandsystemen gebildet, die die Malleolengabel zusammenhalten (Abb. 3.7). Ventral verläuft das Lig. tibiofibulare anterius schräg diagonal vom
anterioren Tuberkulum der distalen Tibia ca. 5 mm proximal
des Gelenkspalts in einem Winkel von meist 45° zum ventralen
Tuberkulum der Fibula von tibiaseitig-proximal nach distal-lateral. Sie besteht aus mehreren Faszikeln, die breitbasig flächig
an der Tibia entspringen und nach distal-lateral auf die Fibula
konvergieren; das Band hat somit in schräg axialer Darstellung
im Faserverlauf eine dreieckig-trapezförmige Konfiguration. Ein
akzessorisches Band distal und parallel der vorderen Syndesmose wird als Bassett-Ligament bezeichnet. Es entspringt
etwas weiter medial an der Tibia als das Lig. tibiofibulare anterius und soll ein talares Syndesmosen-Impingement auslösen
können.
Dorsal gibt es mehrere Ligamente mit parallelem oder schräg
parallelem, horizontalem Verlauf:
● Lig. tibiofibulare posterius (hintere Syndesmose): Das kräftige
Lig. tibiofibulare posterius verläuft nur flach-schräg mit einer
Angulation von ca. 30° von der Tibia zur Fibula.
● Lig. transversum: Dieses Band zieht etwas distal und ventral
vom Rand der Fossa des lateralen Malleolus entlang der dorsalen Tibiakante zum dorsalen Innenknöchel.
● Intermalleolares Ligament: Dies fusioniert medial mit dem Lig.
transversum und inseriert lateral unmittelbar kranial des Lig.
fibulotalare posterius.
● Lig. fibulotalare posterius: Dieses Ligament verläuft distal des
intermalleolaren Ligaments von der dorsalen Fibula zum Talus.
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Sprunggelenk und Rückfuß
Abb. 3.7 a, b Normalbefund vordere Syndesmose.
a PDw fatsat koronar: Darstellung der in diesem Fall relativ kräftigen vorderen Syndesmose.
b T2w axial: durchgängige Bandverbindung
zwischen distaler Fibula und Tibia.
b
a
Die hintere Syndesmose besteht wie die vordere aus mehreren
Faszikeln mit interponiertem Fettgewebe; sie rupturiert praktisch nie, sondern es kommt zum knöchernen Ausriss aus der
hinteren Tibiakante, der sog. Fraktur der hinteren Tibiakante,
dem Volkmann-Dreieck oder dem „3. Malleolus“. Dieses Fragment kann unterschiedlich groß sein und die Gelenkfläche der
distalen Tibia beteiligen.
Knochenfragment aus der hinteren Tibiakante aus („VolkmannDreieck“).
Bildgebung
Röntgen
●
Die Membrana interossea verdickt sich im distalen Abschnitt in
schräg-diagonale Faserzügel zwischen Tibia und Fibula, das interossäre Ligament, zwischen dessen Faszikel Fettgewebe eingelagert ist. Neben der vorderen Syndesmose, der hinteren Syndesmose mit Lig. tibiofibulare posterius und Lig. transversum
mit intermalleolarem Ligament ist das Lig. interosseum der 3.
ligamentäre Anteil der Syndesmose.
●
●
●
a.–p. Aufnahme in 20°-Innenrotation zur optimalen Einsicht
in den fibulotalaren Gelenkabschnitt (die Breite des Gelenkspalts sollte medial, zentral und lateral gleich sein)
Aufnahme in Belastung, z. B. im Bildwandler: aussagekräftiger
Arthrografie obsolet
für knöcherne Ausrisse ggf. 45°-Schrägaufnahme mit Außenrotation
Ultraschall
Pathologie
Die Ruptur der vorderen Syndesmose erfolgt als Ausriss aus der
Tibia, aus der Fibula oder im Bandverlauf im mittleren Anteil.
Auch knöcherne Ausrisse des tibialen Tuberkels sind möglich
(franz.: Tubercule de Chaput Tillaux; vgl. Tillaux-Fraktur beim
Kind; s. Abschnitt „Tilleaux-Fraktur“, S. 62).
Meist reißt das schräg verlaufende Lig. tibiofibulare anterius,
bei zunehmender Instabilität mit Ruptur des Lig. interosseum.
Eine Ruptur der hinteren Syndesmose kommt so gut wie nicht
vor, sondern das Band reißt mit einem unterschiedlich großen
Vorgehen wie bei der Außenbandläsion:
● Longitudinalschnitt durch das obere Sprunggelenk ventral:
Hämarthros?
● Longitudinalschnitt durch das Lig. fibulotalare anterius: Kontinuität, Hämatom?
● Übergang in einen ventralen Transversalschnitt tibiofibular
und Stresstest der Syndesmose in maximaler passiver Dorsalextension und Eversion.
Eine Instabilität liegt vor, wenn der Abstand beider Knochen im
Seitenvergleich größer wird.
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3.1 Trauma
MRT
Befunde in der MRT (Abb. 3.8 und Abb. 3.9)
Merke
●
Wichtig ist die exakte Beurteilung, ob die vordere Syndesmose komplett gerissen ist; damit besteht meist eine Operationsindikation. Eine Verdachtsdiagnose in der Beurteilung
hilft dem Orthopäden nicht.
●
●
gewellte Fasern der vorderen Syndesmose mit Ödematisierung, Einblutung und Unterbrechung der Kontinuität
Flüssigkeitsnachweis entlang der Membrana interossea
knöcherner Ausriss möglich
Merke
Eine tibiofibulare Tasche mit Gelenkflüssigkeit kann als Syndesmosenverletzung und Flüssigkeitseintritt entlang der
Membrana interossea fehlinterpretiert werden. Als Unterscheidungsmerkmal kann die Tatsache dienen, dass die tibiofibulare Tasche nur bis zur Incisura tibiofibularis reicht.
Antworten im Befund
Hierzu sind hochauflösende, schräg axiale Sequenzen mit einer
optimalen Bildqualität zur Darstellung der einzelnen Fasern
nötig.
● Beschreibung der Verletzung der vorderen Syndesmose, des
Lig. interosseum und der hinteren Tibiakante („VolkmannDreieck“)
● Begleitverletzungen, osteochondrale Läsion an den Talusschultern, Knochenkontusionsödeme (in seltenen Fällen
kann eine gleichzeitige Außenbandruptur vorliegen)
Untersuchungstechnik
●
●
●
Traumastandarduntersuchung: hochauflösende Mehrkanalspule; Kontrastmittelgabe nicht nötig
Sequenztechnik:
○ T1w koronar
○ PDw fatsat sagittal und koronar
○ T2w axial gekippt parallel zum Lig. fibulotalare anterius
○ PDw fatsat schräg axial (Syndesmosenkippung)
optimale Sequenzen zur Beurteilung:
○ koronare und sagittale PDw fatsat Sequenz
○ spezielle Syndesmosenkippung (s. Abb. 3.8 b)
Empfehlung zur Bildgebung
Methode der Wahl: Röntgen a.–p. im Stehen (ggf. Seitenvergleich) sowie Sonografie mit Transversalschnitt über der Syndesmose mit Stresstest.
Aufgrund der hohen Relevanz für die weitere Therapie und der
schwer zu behandelnden Sekundärschäden führt die Arbeitsgruppe des Autors bereits bei klinischem Verdacht eine MRTUntersuchung durch.
Differenzialdiagnose
●
●
●
Kapsel-Band-Verletzung des oberen Sprunggelenks
Fraktur der Malleolengabel
osteochondrale Verletzung am oberen Sprunggelenk
Abb. 3.8 a, b Ruptur der vorderen Syndesmose.
a PDw fatsat koronar: fehlende Abgrenzbarkeit
der Syndesmosefasern mit Aufweitung der
Malleolengabel.
b PDw fatsat schräg sagittal (Syndesmosenkippung): Darstellung der rupturierten Fasern
(Pfeil) mit ausgeprägter Einblutung in die
Weichteile.
b
a
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Sprunggelenk und Rückfuß
b
c
a
Abb. 3.9 a – c Zustand nach Distorsionsverletzung des Sprunggelenks mit vollständiger Syndesmosenruptur.
a PDw fatsat koronar: fehlende durchgängige Abgrenzbarkeit der vorderen Syndesmose, Aufweitung der Malleolengabel mit gestörter Gelenkkongruenz im oberen Sprunggelenk.
b T2w axial: vollständige Ruptur der vorderen Syndesmose mit Einblutung in den Gelenkspalt.
c PDw fatsat sagittal: kleine Absprengung am Volkmann-Dreieck; nach proximal auslaufend deutliches subperiostales Hämatom entlang der
posterioren Tibia.
Therapie
Symptome
Die Therapie besteht in der operativen Stabilisierung mit Stellschraube oder „Tight Rope“ für 6 – 8 Wochen. Bei chronischer
Instabilität erfolgt eine anatomische Rekonstruktion mit Peroneus-longus-Span.
Zur Symptomatik zählen Vorfußabduktion und eingesunkenes
Längsgewölbe sowie Schmerzen am medialen Mittelfuß. Der
„Single-Heel-Rise“-Test ist schmerzhaft; der einbeinige Zehenstand ist nicht möglich, und der Patient verwendet Hilfsbewegungen, um mit Schwung die insuffiziente Struktur zu kompensieren. Meist wird die Verletzung erst mehrere Wochen
nach dem Trauma diagnostiziert.
Prognose/Komplikationen
Bei chronischer Instabilität oder Stabilisierung in Fehlposition
besteht eine erhöhte Arthroserate.
Prädisponierende Faktoren
vorbestehender Rückfußvalgus
Insuffizienz der Tibialis-posterior-Sehne
Bandverletzungen: Spring Ligament/
Pfannenband
●
Definition
Anatomie/Pathologie
Beim Spring Ligament handelt es sich um eine Läsion der Bandverbindung zwischen Os naviculare und Kalkaneus, oft in Verbindung mit Verletzungen der Tibialis-posterior-Sehne und des
Deltabands. Das Lig. calcaneonaviculare plantare wird Pfannenband genannt, weil ein Anteil in das gelenkseitige Os naviculare
einstrahlt, das die Form einer Pfanne beschreibt. Im Englischen
wird dafür die Bezeichnung Spring Ligament verwendet. Auch
die Bezeichnung Plattfußband ist üblich, da bei Insuffizienz ein
Absenken des medialen Fußgewölbes mit Plattfuß auftritt.
●
Anatomie
Der kalkaneonavikuläre Bandkomplex dient der Verstrebung
des Fußlängsgewölbes und der Rückfußstabilität. Er besteht
aus 3 Anteilen:
● inferoplantar-longitudinaler Anteil
● schräg-medioplantarer Anteil
● superomedialer Anteil (direkt unterhalb der Tibialis-posterior-Sehne, geht proximal in das Deltaband über)
Das superomediale Ligament besitzt eine Dicke von durchschnittlich 4,8 mm. Der dünnere inferiore Anteil verläuft plantar und lateral des superomedialen Ligaments. Der Ursprung
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3.1 Trauma
liegt zwischen der mittleren und der vorderen Facette des Subtalargelenks und zieht fächerförmig zum Os naviculare. Die Insertion am Os naviculare liegt lateral zum Lig. superomediale;
meist findet sich Fettgewebe zwischen beiden Strukturen. Fettgewebe grenzt das Band auch nach lateral zum Lig. bifurcatum
ab.
Pathologie
Der Bandkomplex verläuft wie eine Schlinge unter dem Taluskopf vom kalkanearen Ursprung zum Os naviculare; bei Insuffizienz oder Ruptur rotiert der Talus nach plantar mit Valgusfehlstellung des Kalkaneus, letztendlich einem akquirierten Pes
planovalgus entsprechend. Die Ruptur des Pfannenbands ist in
den häufigsten Fällen mit einer Tibialis-posterior-Insuffizienz
verbunden. Am meisten betrifft es Frauen mittleren oder höheren Alters mit einem Torsionstrauma bei vorbestehender Tibialis-posterior-Insuffizienz. Die traumatische Ruptur des Pfannenbands ist extrem selten.
Bildgebung
Da bei traumatischen Rupturen des Pfannenbands häufig eine
Tibialis-posterior-Insuffizienz mit initialer, vorbestehender medialer Instabilität vorliegt, müssen bei der Beschreibung der
Pfannenbandverletzung die gesamte mediale Achse und ihre
dynamischen (Tibialis-posterior-Sehne) und statisch-ligamentären Stabilisatoren (Pfannenband, oberflächliche Anteile des
Deltabands, Plantarfaszie, Lig. plantare longus) beschrieben
werden.
▶ Untersuchungstechnik. Die Pfannenbandverletzung ist am
besten in schräg axialen und koronaren PDw fatsat Sequenzen
beurteilbar.
● Traumastandarduntersuchung: hochauflösende Mehrkanalspule; da häufig Vorschädigungen mit Degeneration und Vaskularisation bestehen, ist die Kontrastmittelgabe vorteilhaft
● Sequenztechnik:
○ T1w koronar
○ PDw fatsat sagittal und koronar
○ T2w streng axial gekippt zum oberen Sprunggelenk
○ PDw fatsat schräg axial
○ T1w fatsat sagittal und schräg axial senkrecht zur Tibialisposterior-Sehne nach i. v. Kontrastmittelgabe
Röntgen
Es werden belastete Röntgenaufnahmen des Fußes in 3 Ebenen
im Seitenvergleich sowie eine Saltzman-Aufnahme durchgeführt. Seitendifferenzen der Tarsometatarsalenachse im
a.–p. und im Seitbild sowie eine reduzierte Überlappung des
Taluskopfs durch das Os naviculare deuten auf eine Insuffizienz
des Pfannenbands, des Deltabands und/oder der Tibialis-posterior-Sehne hin. Eine Überlappung des Taluskopfs von < 60 % gilt
als sicher pathologisch.
Ultraschall
Die Sonografie spielt in der Routinediagnostik keine Rolle.
MRT
Die Zuweisung erfolgt selten mit der Fragestellung „akute isolierte Pfannenbandverletzung“; häufiger ist sie eine Begleitverletzung im Rahmen eines komplexen Rückfuß- bzw. Mittelfußtraumas.
Merke
Wichtig ist, das Pfannenband zu identifizieren und auf degenerative Vorschäden und Verletzungen hin durchzumustern.
Antworten im Befund
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Bandkontinuität
komplette/Partialruptur
knöcherner Ausriss
Begleitverletzungen
Befunde in der MRT (Abb. 3.10)
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komplette Ruptur am häufigsten superomedial („Full-Thickness Gap“)
häufiger inhomogene Signalanhebungen innerhalb der teilweise verdickten Bandanteile
Flüssigkeitseinlagerungen bzw. Einblutungen
vermehrte Kontrastmittelaufnahme um die Bandstrukturen
chronische Instabilität durch Verdickung und Kontrastmittelaufnahme der angrenzenden Strukturen, vor allem der Tibialis-posterior-Sehne
Merke
Mögliche Fehlinterpretationen:
● Der Rezessus des Pfannenbands ist mit Synovia ausgekleidet; die flüssigkeitsgefüllten Räume kommunizieren mit
dem Chopart-Gelenk. Flüssigkeitsnachweis im Rezessus darf
deshalb nicht als Ruptur des plantaren Anteils des Pfannenbands fehlinterpretiert werden.
● Die häufig vorkommende Signalinhomogenität des inferioren Anteils des Pfannenbands an der Einstrahlung am Sustentaculum calcanei durch Fettgewebe ist regelmäßig zu
beobachten und darf nicht als eine Ruptur fehlinterpretiert
werden.
● Bei der Arthroskopie sind nicht alle Anteile des Pfannenbands einsehbar; am besten beurteilbar ist der superomediale Anteil. Divergierende Ergebnisse (im MRT: Ruptur, in
der Arthroskopie: Band intakt) sind möglich.
Empfehlung zur Bildgebung
Methode der Wahl: MRT.
Im Befundtext werden die gesamten traumaanfälligen und relevanten Strukturen am Rückfuß und am Mittelfuß abgehandelt.
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aus: Szeimies u. a., Bildgebende Diagnostik des Fußes (ISBN 9783131492418) © 2012 Georg Thieme Verlag KG
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