HOFFNUNG FÜR KRANKE Ruhig bleiben Was ist eine Herzmuskelentzündung? Als Myokarditis wird eine Entzündung des Herzmuskels bezeichnet. Wenn auch der Herzbeutel betroffen ist, spricht man von einer Perimyokarditis. Meist sind es Viren, die das Herz befallen, aber auch Bakterien, Pilze oder Parasiten können die Ursache sein. Im Jahr 2010 wurden mehr als 3500 Patienten mit einer akuten Herzmuskelentzündung in deutschen Krankenhäusern behandelt, und oft trifft es jüngere, aktive Menschen. Typisch ist, dass die Betroffenen eine Grippe oder auch eine Erkältung nicht richtig auskurieren. Eine zu frühe körperliche Anstrengung erleichtert es einem Erreger, das Herz anzugreifen. Aber nicht immer ist eine Infektion der Auslöser. Zahlreiche Stoffe sind Gift für das Pumporgan, insbesondere Alkohol im Übermaß macht ihm zu schaffen. So kann es passieren, dass sich das Immunsystem nicht nur gegen Abbauprodukte des Alkohols, sondern auch gegen Muskelbestandteile des Herzens richtet. Bei der Obduktion von Alkoholikern konnte bei fast jedem Dritten im Herzgewebe eine abgelaufene Myokarditis festgestellt werden. Auch Medikamente wie Chemotherapeutika, einige Psychopharmaka und Antibiotika können eine Herzmuskelentzündung verursachen. Auch ohne äußere Ursache kann das Immunsystem seine Waffen gegen Teile des eigenen Körpers richten, wenn diese fälschlicherweise als fremd angesehen werden. So können viele rheumatische Erkrankungen eine Myokarditis verursachen. Auch nach einem Herzinfarkt kann es durch den Zerfall von Herzmuskelzellen passieren, dass das Immunsystem auf den Plan gerufen wird. Die Symptome der Myokarditis sind vielfältig, was die Diagnose schwer macht. Einige Menschen fühlen sich schwach, müde und kurzatmig bei Belastung, andere verspüren einen starken Brustschmerz, und wieder andere bemerken Herzstolpern. Die Entzündung kann das Muskel- und Bindegewebe zerstören und so zu einer lebensbedrohlichen Herzmuskelschwäche führen – im schlimmsten Fall endet sie tödlich. Meist heilt die Entzündung jedoch aus. Körperliche Schonung ist dabei das A und O. So empfiehlt die Deutsche Herzstiftung, auch nach der Heilung noch drei Monate lang keinen KRISTINA SCHURICHT Sport zu treiben. dich.“ Bald danach haben sich dann aber andere gemeldet und erzählt: „Stell dir vor, der und der hat gefragt, ob er folgendes Amt von dir übernehmen kann.“ So lernt man, dass das Leben einfach brutal weitergeht. Deshalb darf man sich selbst auch nicht zu sehr überhöhen. SPIEGEL: Sind für einen Politiker Ansehen und Erfolg wichtiger als die Gesundheit? Seehofer: Macht ist immer verlockend. Ich war damals in der Wahlkampfmannschaft der CDU/CSU für die Bundestagswahl mit dem Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber, schrieb das Wahlkampfprogramm für die CSU. Als ich im Januar zur Klausurtagung der CSU-Landesgruppe nach Wildbad Kreuth fuhr, ging es mir schon so schlecht, dass mein Parteifreund Theo Weigel zu mir sagte: „Du siehst aus wie der leibhaftige Tod. Fahr wieder nach Hause!“ SPIEGEL WISSEN 3 | 2012 SPIEGEL: Sind Sie aber nicht. Seehofer: Meinen Vortrag habe ich noch ge- halten, wenn ich es auch nur im Sitzen geschafft habe. Erst anschließend bin ich gefahren. Das würde ich heute nicht mehr tun. Wenn mich jetzt ein grippaler Infekt ereilt und ich mich müde und kaputt fühle, dann bleibe ich ein oder zwei Tage daheim – und habe nicht das Gefühl, viel zu versäumen. SPIEGEL: Haben Sie schon einmal einen anderen Politiker beiseitegenommen und gewarnt, dass er mehr auf seine Gesundheit achten sollte? Seehofer: Erst vor wenigen Tagen, eine Politikerin. Wobei hier natürlich die kollegiale Schweigepflicht gilt. SPIEGEL: Lassen Sie sich regelmäßig von einem Arzt durchchecken? Seehofer: Ja, seit meiner Krankheit mindestens einmal im Jahr. Und diese turnus- gemäßen Begegnungen mit den Ärzten sind ein gutes Regulativ, weil Sie schon in den Wochen vor dem Termin Ihre Lebensführung daraufhin einstellen. Sie überlegen zum Beispiel, ob Sie noch ein oder zwei Kilo abnehmen können (lacht). Und anschließend wirkt das Zusammentreffen mit den Ärzten nach. Deshalb halte ich heute den persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient auch für ungeheuer wichtig – er hat eine Hygienefunktion. SPIEGEL: Beherzigen Sie die Ratschläge Ihrer Mediziner denn auch? Seehofer: Schon, aber mit wachsendem zeitlichem Abstand zum Arztbesuch schludert man natürlich wieder. So sind wir Menschen eben. SPIEGEL: Ihr Beruf fordert höchste Leistung. Treiben Sie zum Ausgleich Sport? Seehofer: Ich fahre Rad, nutze den Heimtrainer, gehe spazieren. Mit Tennis habe ich aufgehört, da ich als alternder Amateur ständig irgendwo eine Zerrung oder einen Bluterguss hatte. Ich gebe aber zu: Es fehlt die Regelmäßigkeit. Nach einem anstrengenden Tag wollen Sie in Ihrer knappen Freizeit einfach entspannen. Und wenn Sie einen Sport nicht stetig machen, ist es ja oft erst einmal eine Qual. Aus der Sicht meines Arztes mache ich sicher zu wenig Sport, viel zu wenig. SPIEGEL: Viele Menschen trinken, um von der Anspannung des Tages herunterzukommen, abends ein, zwei und auch mehr Gläser Bier oder Wein. Seehofer: Ich trinke so gut wie gar keinen Alkohol. Früher, als aktiver Handballer, habe ich gern gefeiert, unsere Spielerfeiern waren legendär. Aber die Zeiten sind seit Jahrzehnten vorbei. SPIEGEL: Wie können Sie am besten entspannen? Seehofer: Nicht in der Öffentlichkeit sein, der Rückzug in die eigenen vier Wände ist am erholsamsten für mich. SPIEGEL: Haben Sie schon einmal überlegt, wegen der gesundheitlichen Risiken aus dem Politik-Zirkus auszusteigen? Seehofer: Während meiner Erkrankung oft. Aber dann hat mich doch schnell wieder die Leidenschaft für die Politik gepackt. Ich höre heute schon genau auf meinen Körper. Aber natürlich darf man auch nicht zu vorsichtig sein. SPIEGEL: Herr Seehofer, wir wünschen Ihnen weiterhin gute Gesundheit und danken Ihnen für dieses Gespräch. Das Gespräch führten die Redakteure Joachim Mohr und Peter Müller. 77