T VI Theoretische Hydrodynamik Prof. Dr. Harald Lesch1 Dr. G.T. Birk2 Universitäts-Sternwarte München LMU Prof. Dr. Hartmut Zohm3 Max-Planck-Insitut für Plasmaphysik geTEX-t von Hanna Kotarba4 1 [email protected] [email protected] 3 [email protected] 4 [email protected] 2 2 Inhaltsverzeichnis 1 Einführung 1 2 Bilanzgleichungen idealer Flüssigkeiten 2.1 Kontinuitätsgleichung ⇔ Massenerhaltung . . . . . . . . . . . 2.2 Die Eulersche Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Hydrostatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Bedingung für das Fehlen der Konvektion . . . . . . . . . . . 2.5 Die Bernoullische Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Die Energiestromdichte / Die Energiebilanzgleichung . . . . . 2.7 Erhaltung der Zirkulation und die Helmholtzschen Wibelsätze 7 7 11 19 21 24 30 32 3 Die Potentialströmungen 41 4 Wellen 61 4.1 Schwerewellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 4.2 Schallwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 5 Kompressible Strömungen 77 6 Viskose Fluide 89 6.1 Die Navier-Stokes-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 6.2 Energiedissipation in inkompressiblen viskosen Fluiden . . . . 96 6.3 Laminare Strömungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 6.4 Kriterien für verschiedene Strömungstypen, Skalierungsgesetze 106 6.5 Grenzschichttheorie, Prandtl . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 6.6 Ein einfaches Modell zur Viskosität in Gasen . . . . . . . . . 121 7 Hydrodynamische Instabilitäten 123 7.1 Die Rayleigh-Taylor- und die Kelvin-Helmholtz-Instabilität . 123 7.2 Die Gravitations-Instabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 8 Die Rayleight-Benard-Konvektion i 135 ii INHALTSVERZEICHNIS 9 Turbulenz 145 9.1 Wirbelablösung hinter einem umströmten Zylinder . . . . . . 149 9.2 Die vollständig entwickelte Turbulenz . . . . . . . . . . . . . 153 9.3 Geschwindigkeitskorrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 10 Die Korteweg-de Vries-Gleichung / Solitonenlösungen 165 A Maple-Files 173 B Thermodynamik 177 C Vektoranalysis 179 C.1 Identitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 C.2 Kugelkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 C.3 Zylinderkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Kapitel 1 Einführung Literatur 1) Landau/Lifschitz - Lehrbuch der theoretischen Physik VI Hydrodynamik, Akademie-Verlag 2) Greiner/Stock - Theoretische Physik Band 2A Hydrodynamik, Harri Deutsch Verlag 3) Guyon/Hulin/Petit - Hydrodynamik, Vieweg-Verlag 4) Sommerfeld - Theoretische Physik II Mechanik der deformierbaren Medien Hydrodynamik: Beschreibung der Dynamik kontinuierlicher Medien, i.e. Fluide (Flüssigkeiten, Gase). kontinuierlich: stetig vom Fluid erfüllte Raumvolumina, in denen wir makroskopische Größen (Massendichte ρ(r, t), Geschwindigkeit v(r, t) und Druck p(r, t)) definieren und messen können. Ein Fluid lässt sich aus Fluidelementen der Lineardimension a zusammengesetzt beschreiben mit λ ≪ a ≪ L, wobei λ die freie Weglänge der Atome/Moleküle des Fluids und L die charakteristische Ausdehnung des betrachteten hydrodynamischen Systems ist. Für die Fluidelemente ergeben sich die physikalischen Größen als Mittelwerte der atomaren/molekularen Größen (im lokalen thermischen Gleichgewicht). Die Hydrodynamik stellt mithin eine approximative Beschreibung der Dynamik einer Klasse von Vielteilchensystemen dar. Gilt 1 hn 3 √ ≪1 3mkB T 1 2 KAPITEL 1. EINFÜHRUNG h: Plancksches Wirkungsquantum, n: Teilchendichte, m: Teilchenmasse, T: Teilchentemperatur, kB : Boltzmann-Konstante d.h. die Wellenpakete der Einzelteilchen überlappen nicht, so liegt ein klassisches Ensemble von N Teilchen vor, das System ist also im Prinzip durch die 2N (Hamiltonschen) Bewegungsgleichungen 1. Ordnung ~p H ~r˙ i = ∇ i ~r H p~˙ i = −∇ i (1.1) (1.2) H: Hamiltonfunktion des Systems beschreibbar, bzw. durch die DGL in (6N+1) Variablen namens LiouvilleGleichung für ξ (Wahrscheinlichkeitsfunktion) ∂t ξ = N X i=1 ~ ~r H · ∇ ~ p~ ξ − ∇ ~ p~ H · ∇ ~ ~r ξ} {∇ i i i i (1.3) wobei ξ(~r1 , . . . , ~rN , p~1 , . . . , p~N , t)d3 r1 . . . d3 rN . . . d3 p1 . . . d3 pN den Anteil des Ensembles, der zur Zeit t im Volumenelement d3 r1 . . . d3 rN . . . d3 p1 . . . d3 pN des 6N-dimensionierten Phasenraums anzutreffen ist, darstellt. ξ-Erhaltung: Ensemblemitglieder werden nicht zerstört/erzeugt. Für große Teilchenzahlen (man erinnere sich, ein Mol eines Gases enthält ∼ 1023 Moleküle) ist die vollständige mikroskopische Beschreibung natürlich nicht durchführbar und auch nicht erforderlich! Die nchste Beschreibungsebene, bei der man bereits Detailinformation verliert, bedient sich der statistischen Beschreibung mit einer Wahrscheinlichkeitsbzw. Verteilungsfunktion fˆ(~x, ~u, t) wobei fˆ(~x, ~u, t)d3 xd3 u die Wahrscheinlichkeit ist, ein Teilchen am Ort ~x mit Geschwindigkeit ~u (Einzelteilchen-Geschwindigkeit) zu finden. Das ist eine klassische vollständige Beschreibung, da ~x und ~u (bzw. p~) unabhängige Größen sind. Mit Hilfe dieser Funktion kann man die hydrodynamischen Grundgleichungen herleiten. Die Gleichung für die Zeitentwicklung der Verteilungsfunktion lautet dfˆ ∂ fˆ d~x ~ ˆ d~u ~ ˆ ∇x f + ∇u f = + dt ∂t dt dt Liouville: Teilchenzahlerhaltung entlang Trajektorien. Entlang Trajektorien gilt: d~x = ~u dt ~ F̂ d~u = dt m 3 ~ ∂ fˆ F̂ ~ ˆ ˆ ~ ⇒ + ~u∇x f + ∇u f = 0 ∂t m ~ Doch es bleibt das Problem dass F̂ immer noch von allen anderen Teilchen abhängt (Stöße, Wechselwirkung,...) Abhilfe: Kräfte werden über das Volumenelement gemittelt ⇒ “Stoßraten”, alle Wechselwirkungen zwischen den den Einzelteilchen werden hier hinein gepackt, nur die makroskopischen Kräfte (Gravitation, Druck,...) ~ bleiben übrig (F̂ → F~ ). ⇒ Die zeitliche Entwicklung der neuen, gemittelten, makroskopische Verteilungsfunktion f gehorcht der kinetischen Gleichung: ∂t f + F~ ~ ~u ~ · ∇x f + · ∇u f = (∂t f )Coll | {z } m m (1.4) Stoßintegral (nichtlineare Integro-Differential-Gleichung in 7 Variablen) Stoßintegral: Verschiedene Situationen brauchen unterschiedliche Stoßansätze (geladen, neutral,...) Die Auswertung des Stoßintegrals ist sehr komplex, selbst bei Beschränkung auf Zweierstöße, aber natürlich möglich (unendliche Reihe,...) Im stoßfreien Fall ist (1.4) Ausdruck der Teilchenzahlerhaltung. Momente der Verteilungsfunktion Z p~m f d3 p m = 0, 1, 2, . . . führen auf makroskopische, mess- und beobachtbare Größen: ρ(~r, t): ~v (~r, t): p(~r, t): Massendichte Fluidgeschwindigkeit thermischer Druck Momente der kinetischen Gleichung führen auf makroskopische Bilanzgleichungen: 0.tes −→ Kontinuitätsgleichung 1.tes −→ Bewegungsgleichungen Eine mathematisch exakte als auch phänomenologisch über Bilanzen, d.h. Massen-, Impuls- und Energieerhaltung, motivierte Herleitung dieser Bilanzgleichungen wird im Kapitel 2 durchgeführt. 4 KAPITEL 1. EINFÜHRUNG Also: Fluid als Kontinuum Man hat zwei verschiedene Beschreibungsweisen, Lagrange und Euler. Lagrange: Man beschreibt die Bewegung der einzelnen Fluidelemente. Befindet sich ein FE zur Zeit t0 am Ort ~r0 , so ist ~u = dt~r|~r=~r0 die Geschwindigkeit des FE −→ Perspektive des mitbewegten Beobachters In der Praxis ist es umständlich/schwierig die Dynamik aller FEs zu verfolgen, zudem ist man i.A. nicht am Schicksal der einzelnen FEs interessiert, sondern man möchte den Strömungszustand an jedem festen Raumpunkt und seine zeitliche Veränderung kennen. Euler: In allen Raumpunkten wird das Fluid durch physikalische Felder, d.h. Zuweisung skalarer oder vektorieller Werte, charakterisiert. −→ Perspektive eines ortsfesten Beobachters Wir haben p(~r, t) ρ(~r, t) ~v (~r, t) d.h. Fluid fliesst zur Zeit t am Ort ~r mit der Geschwindigkeit ~v , dabei bleibt die Bahn auf der sich ein FE, das zur Zeit t am Ort ~r ist, unbekannt (am Ort ~r wird zu verschiedenen Zeiten die Geschwindigkeit verschiedener FEe bestimmt). Ein Übergang zwischen den Darstellungsarten ist im Prinzip immer möglich. Berechnung der zeitlichen Änderung einer Feldgröße (Skalar- oder Vektorkomponente) im bewegten Fluid, d.h. Änderung der Feldgröße eines FEs: A + dA = A(~r + ~v dt, t + dt) (1.5) (FE ist zum Zeitpunkt t+dt an den Ort ~r + ~v dt gewandert, wobei ~v die Geschwindigkeit längs einer Stromlinie ist) Taylor-Entwicklung bis zur 1. Ordnung: ~ A + dA = A(~r, t) + ∂t Adt + ~v · ∇Adt ⇒ ~ dt A = ∂t A + ~v · ∇A (1.6) (1.7) 5 dt A ∂t A ~ ~v · ∇A substantielle Ableitung Lagrangesche Zeitableitung Änderung mit FE mitbewegt explizite zeitliche Änderung (an einem festen Ort) Eulersche Zeitableitung Änderung durch Strömung Illustration von Strömungen kann mithilfe von Stromlinien erfolgen. Stromlinien sind Linien des Vektorfelds ~v (~r, t), die zu einer gegebenen Zeit t0 dadurch definiert sind, dass ihre Tangenten an jedem Punkt mit dem Geschwindigkeitsvektor übereinstimmen. Mathematische Definition: dx dy dz = = vx vy vz (1.8) I.A. gibt es keine Beziehung zwischen FEen und Stromlinien (diese werden zu verschiedenen Zeiten von verschiedenen FEen gebildet). Für stationäre Strömungen ∂t =0, insbesondere also ∂t~v = 0 stimmen die Stromlinien mit den Bahnlinien (Wege, die die FEe mit der Zeit durchlaufen, Tangenten geben hierbei die Richtung der Geschwindigkeit bestimmter FEe zu aufeinanderfolgenden Zeitpunkten an) der FEe überein Stromlinien sind z.B. durch Farbstoffe visualisierbar. Analogie zur Elektrodynamik: ~ ·B ~ = 0 ⇒ Dichte der Feldlinien ist Maß für Feldstärke ∇ ~ · ~v = 0 ⇒ Stromlinien Inkompressibel: ρ∇ ~ · (ρ~v ) = 0 ⇒ Massenstrom-Bahnlinien, Kompressibel, stationär: ∇ Stromlinien sind Massenfluß! 6 KAPITEL 1. EINFÜHRUNG Kapitel 2 Bilanzgleichungen idealer Flüssigkeiten Erhaltungsgleichungen sind von ganz besonderer Bedeutung. Durch ρ(r, t), v(r, t), p(r, t) ist die vollständige Beschreibung des Bewegungszustandes eines Fluids möglich −→ thermische Relationen. 2.1 Kontinuitätsgleichung ⇔ Massenerhaltung Wir werden nur die Integraleigenschaften des Stoßterms benutzen Z ∂f d3 u = 0 ∂t Coll Z ∂f ~u d3 u = 0 ∂t Coll Teilchenzahlerhaltung Impulserhaltung innerhalb einer Flüssigkeitskomponente (ändert sich für Mehrflüssigkeitstheorie) Im nächsten Schritt werfen wir die Informationen im Geschwindigkeitsraum weg. Annahme einer Temperatur (lokales thermisches Gleichgewicht), keine kinetischen Effekte! ⇒ Integration der mit ~uk multiplizierten kinetischen Gleichung “Momentenbildung” der Verteilungsfunktion z.B. 0tes Moment: Z f (~u, ~x, t)d3 u = n(~x, t) n(~x, t): Anzahldichte, [1/m3 ] 7 8 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN 0te Ordnung: R ∂t | ↓ Z ↓ f d3 u {z ∂t n } R ~ x f d3 u + ~u · ∇ ∂f 3 ∂t d u ~ u und ~x sind unabhängig! Z u i ∂ x i f d3 u | ∂ xi Z {z 3 ui f d u {z | ~ · (n~v ) ∇ R mit } } + R ~ F m ~ u f d3 u ·∇ =0 ↓ Z F~ ~ u f d3 u ∇ m | {z } ↓ f |Grenzen 0 muss normierbar bleiben! ~uf d3 u = n~v ~v : Strömungsgeschwindigkeit, Schwerpunktsgeschwindigkeit, gerichtete Geschwindigkeit Achtung, hier gilt wieder die Einstein’sche Summenkonvention: Ein einzelner Index ist frei (beliebige Komponente), ein doppelter Index hingegen ist gebunden! → Summation Also: ui uj =Matrix, ˆ ui ui =Skalar ˆ ⇒ ∂n ~ + ∇(n~v ) = 0 ∂t mit ρ = mn: Massendichte ⇒ ∂ρ ~ + ∇(ρ~v ) = 0 ∂t Kontinuitätsgleichung Anschaulich Man betrachte ein Volumen V0 (ρ: Dichte, ρ = nm, n: Teilchendichte, m: Masse eines Teilchens). Die Masse im Volumen ergibt sich zu M= Z ρdV (2.1) V0 Pro Zeiteinheit fließt durch das Flächenelement df~ der Oberfläche des Volumens die Flüssigkeitsmenge ρ~v · df~. |df~|: Fläche des Flächenelements df~ zeigt in Richtung der Normalen (Vereinbarung: nach Außen). ⇒ ρ~v · df~ > 0 ρ~v · df~ < 0 wenn die Flüssigkeit herausfließt wenn die Flüssigkeit hineinfließt 2.1. KONTINUITÄTSGLEICHUNG ⇔ MASSENERHALTUNG 9 Die gesamte Flüssigkeitsmenge, die pro Zeiteinheit aus dem Volumen fließt, ist − ∂t M = Z ρ~v · df~ (2.2) Die Integration wird über die ganze geschlossene Oberfläche erstreckt, die das betrachtete Volumen einschließt. Andererseits kann man die Abnahme der Flüssigkeitsmenge in der form − ∂ ∂t Z ρdV schreiben. Setzten wie diese Ausdrücke gleich, dann bekommen wir − Z V0 ∂ρ dV = ∂t Z ρ~v · df~ (2.3) ~ · (ρ~v )dV ∇ (2.4) F Mit dem Satz von Gauss wird aus Z ρ~v · df~ = F Z V und es ergibt sich schließlich: Z V ∂ρ ~ + ∇ · (ρ~v ) dV = 0 ∂t (2.5) Die Gleichung (2.5) gilt für jedes Volumen und beim Übergang zu einem infinitesimal kleinem Volumen stimmen die Größen ρ und ~v mit den lokalen Größen überein. Deshalb gilt als lokale Aussage: ∂ρ ~ + ∇ · (ρ~v ) = 0 ∂t (2.6) Das ist die Kontinuitätsgleichung wie schon vorher. ⇒ Bei Teilchenzahlerhaltung ist die Änderung der Massendichte im Volumen durch die Divergenz des Massenflusses (Stromdichtevektors) gegeben; reines “Durchfließen” ändert M nicht. Der Vektor ~j = ρ~v wird auch Stromdichtevektor des Fluids genannt. Für ~ · ~j = 0. stationäre Systeme ∂t = 0 gilt also ∇ Verallgemeinerung der Kontinuitätsgleichung für den Fall lokaler Fluidproduktion: − Z ∂t ρdV + Q = Z ρ~v · df~ (2.7) 10 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN Q= R qdV : erzeugte Fluidmasse pro Zeiteinheit, Quellterm −→ ~ · (ρ~v ) = q ∂t ρ + ∇ (2.8) Kontinuitätsgleichung unter Berücksichtigung der Dichte q der Massenproduktion pro Zeiteinheit. Bemerkung zur Strömungsgeschwindigkeit Strömung wird durch “Stromlinien” illistriert, d.h. durch Linien, deren Tangentenvektoren mit ~v übereinstimmen. Das sind die Linien, entlang denen Flüssigkeitselemente laufen, wenn die Strömung stationär ist! Visualisierung: Farbstoffe, Windkanal Erinnerung: Mathematische Definition von Stromlinien: dy dz dx = = vx vy vz (Infenitesimale Elemente verhalten sich wie Längenabschnitte der Komponenten des Geschwindigkeitsvektors) Beispiel für die Anwendung der Kontinuitätsgleichung: Rohr mit Engstelle Z.B. für ρ = const. : Engstelle auf der Autobahn links: ρ1 , v1 , F1 rechts: ρ2 , v2 , F2 = 0.5 · F1 ρ 1 v1 = ρ 2 v 2 ⇒ rechts muss doppelt so schnell fließen! 2.2. DIE EULERSCHE GLEICHUNG 11 Wasserhahn ~ · (ρ~v ) = 0 ∇ ~ · ~v = 0 oder (ρ = const.) ρ∇ v1 · F1 = v2 · F2 ⇒ Wenn v zunimmt, muß F abnehmen! Die Kurve des Wasserstrahls wird beschrieben durch r ∼ q√ 1 n + v0 (Lässt sich leicht zeigen mit Beschleunigung = Gravitationsbeschleunigung) 2.2 Die Eulersche Gleichung 1te Ordnung, k = 1 ⇒ Die kinetische Gleichung wird mit ~u multipliziert und über d3 u integriert. ! Z Z Z F~ ~ 3 3 ~ ⇒ ~u∂t f d u + ~u(~u · ∇x f )d u + ~u · ∇u f d 3 u = 0 m | {z } | {z } A | B {z C 1. Summand Da ~u und ~x nicht explizit von der Zeit abhängen gilt: A = ∂t 2. Summand i-te Komponente von B: Z 3 Z u i u j ∂x j f d u = ∂x j } ~uf d3 u = ∂t (n~v ) Z u i u j f d3 u (Tensor ~u ⊗ ~u) Dieser Term hat mit dem Quadrat der GEschwindigkeit, d.h. mit Energie (Druck) zu tun! Zwei Anteile: ~u = ~v + w ~ ~v : makroskopische Schwepunktsgeschwindigkeit von ~u w ~ : Mittelwert der thermischen Geschwindigkeit 12 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN ∂xj Z Z 3 (vi + wi )(vj + wj )df u = ∂xj (vi vj + vi wj + vj wi +wi wj )f d3 u | {z } | =0 {z | {z } =0 } (v rausziehen, R wf ~ d3 u = 0 laut Definition = ∂xj (vi vj n) | {z Z + ∂xj } | v kann aus dem Inegral = herausgezogen werden, 1 · m wi wj f d3 u {z } Drucktensor Pij ist bereits gemittelt = ∂xj (vi vj n) + ∂xj i 6= j ⇒ i=j ⇒ Pij m isotrop = ∂xj (vi vj n) + | {z ~ v ⊗~v ∇·~ } 1~ ∇p m wenn unkorreliert → 0 Z 1 w ~ 2 f d3 u thermische Energie 2 Beispiel ideales Gas: ⇒ 3 nkT 2 = nkT = ! Z 1 m w ~ 2 f d3 u 2 Z 1 m w ~ 2 d3 u 3 In Komponenten: w ~ 2 = wx wx + wy wy + wz wz = Spur(w ~ ⊗ w) ~ 3. Summand i-te Komponente von C: Ci = Z ui Fj ∂ u f d3 u m j Mit ∂uj Fj ui f m = Fj f ∂uj ui + m | {z } δi j ui f ∂uj Fj |m {z } =0 Kraft hängt nicht von ~ u ab! (nicht für Lorentz-Kraft!) +ui Fj ∂u f m j 2.2. DIE EULERSCHE GLEICHUNG 13 folgt Ci = − Z Fi 3 fd u + m Z Z | ∂uj F ui mj Fj ui f d3 u m {z f Grenzen →0 } Fi f d3 u m F~ ⇒ C = −n m Fasst man alles zusammen und multipliziert mit m so erhält man ~ v ⊗ ~v ) + ~ −∇(ρ~ ∂t (ρ~v ) = −∇p nF~ |{z} = − | {z } | {z } | {z } Druck “um die Ecke gesamte Impulsänderung strömen” (2.9) Einzelteilchenkraft z.B. Gravitation ρ~g Bilanzgleichung für Impuls, “Impulsstromdichte” Einschub Also: ∂Πik ∂ (ρvi ) = − ∂t ∂xk Dabei ist der Tensor der Impulsstromdichte Πik definiert als: Πik = pδik + ρvi vk (2.10) (2.11) Er ist ein symmetrischer Tensor, also Πik = Πki . Integration von (2.10) über irgendein Volumen liefert: ∂ ∂t Z ρvi dV = − Z ∂Πik dV = − ∂xk I Πik dfk (2.12) Also ist die zeitliche Änderung der i-ten Impulskomponente im Volumen gleich der Menge des Impulses, die pro Zeiteinheit in eine Richtung durch die das Volumen begrenzende Fläche fließt. Masse und Energie sind Skalare, Masse- und Energiestrom sind Vektoren. Der Impuls ist ein Vektor, dementsprechend ist der Impulsstrom ein Tensor. Nebenberechnung Wir betrachten nun ein kleines Volumenelement ∆V im Fluid, welches durch eine Mantelfläche M und die Stirnflächen F1 und F2 gegeben ist. ~n: Einheitsvektor der Flächennormalen Auf den Stirnflächen gilt: F1 : F2 : −~nv1 = ~v1 −~nv2 = ~v2 Auf der Mantelfläche gilt: ~n · ~v = 0 14 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN Das Volumen wird hinreichend klein gewählt, so dass die Stromdichte senkrecht auf F1 und F2 steht. Mit dFk = nk dF und Πik nk = pni + ρvi vk nk (vgl. 2.11) ergibt sich für die zeitliche Änderung der Impulsdichte im Volumenelement ∆V : ∂t Z ρ~v dV = ∆V − I (p~n + ρ~v (~v · ~n))dF (2.13) S∆V = − Z (p + ρv 2 )dF~1 − Z (p + ρv 2 )dF~2 − F2 F1 Z ~ pdM (2.14) M Transversal ist also die Imulsstromdichte gleich p. Gleichung (2.9) kann umgeformt werden in eine Gleichung für die zeitliche Entwicklung des Geschwindigkeitsfeldes: Für die linke Seite gilt: ∂t (ρ~v ) = ~v ∂t ρ + ρ∂t~v Kontiglg = ~ · (ρ~v ) + ρ∂t~v −~v ∇ ~ v ⊗ ~v ) gilt (i-te Komponente): Für ∇(ρ~ ~ · (ρ~v ) + ρ(~v · ∇)~ ~ v ∂xj (ρvj vi ) = vi ∂xj ρvj + ρvj ∂xj vi = ~v~v ∇ ⇒ ~ · (ρ~v ) + ρ∂t~v = −∇p ~ − ~v ∇ ~ · (ρ~v ) − ρ(~v · ∇)~ ~ v + nF~ −~v ∇ ⇒ ~ v = −∇p ~ + nF~ ρ ∂t~v + (~v · ∇)~ Euler-Gleichung ~ heißt “substanzielle Ableitung” d . Bedeutung: ∂t + ~v · ∇ dt Sie beschreibt die Änderung im Ruhesystem (Gegenteil: Lagrange, verfolgt Flüssigkeitselemente) Änderung durch lokale Veränderung → ∂t ~ Änderung durch Ströme → ~v · ∇ Formel: d ∂ ∂ dx ∂ dy ∂ dz ∂ ~ = + + + = + ~v · ∇ dt ∂t ∂x dt ∂y dt ∂z dt ∂t Beispiel zum Unterschied zwischen Euler und Lagrange: Zeitliche Änderung der Massendichte in einem Raumgebiet: ∂ρ ~ v ) Euler = −∇(ρ~ ∂t 2.2. DIE EULERSCHE GLEICHUNG 15 Zeitliche Änderung der Massendichte im Fluidelemt: dρ dt ∂ρ ~ + (~v · ∇)ρ ∂t ~ · (ρ~v ) + (~v · ∇)ρ ~ − ∂ (ρvj ) + vk ∂ ρ = −∇ ∂xj ∂xk ∂ ∂ρ ∂ρ = −ρ vj − vj + vk ∂xj ∂xj ∂xk ~ · ~v Lagrange = −ρ∇ = Auch die Kraftgleichung kann man heuristisch herleiten: Wie die Bewegung von Masseteilchen durch die wirkenden Kräfte bestimmt ist, so sind auch die Kräfte für die Bewegung von Flüssigkeiten verantwortlich. Wir grenzen in der Flüssigkeit irgendein Volumen ab. Die gesamte Kraft die auf das herausgegriffene Volumen wirkt ~ =− K Z pdf~ (2.15) ∆V über den Druck p im Volumen ∆V , deshalb muss in (2.15) ein negatives Vorzeichen berücksichtigt werden, wenn die Kraft auf das Volumen ∆V ausgeübt wird. Durch Umwandlung in ein Volumenintegral erhält man − Z pdf~ = − Z ~ ∇pdV (2.16) ~ Auf jedes Volumenelement dV wirkt von der Flüssigkeit die Kraft −∇pdV , ~ i.e. pro Volumenelement wirkt die Kraft −∇p. −→ Bewegungsgleichung für ein Volumenelement (FE) der Flüssigkeit: ρ d~v ~ = −∇p dt (2.17) Massendichte*Beschleunigung=Kraftdichte Mit der substantiellen Ableitung (1.7) ergibt sich: ∂~v ~ ~ v = − 1 ∇p + (~v · ∇)~ ∂t ρ (2.18) 16 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN Euler-Gleichung Bewegungsgleichung der Flüssigkeit Auf der rechten Seite von (2.18) können alle möglichen zusätzlichen Kraftdichten stehen. Befindet sich die Flüssigkeit im Schwerefeld, wirkt auf jede Volumeneinheit noch die Kraft ρ~g , dabei ist ~g die Schwerebeschleunigung. ∂~v ~ + ~g ~ v = − 1 ∇p + (~v · ∇)~ ∂t ρ (2.19) ~ (bzw. −∇Φ, Φ: Gravitationspotential) Bei der Herleitung der Bewegungsgleichungen haben wir Prozesse der Energiedissipation nicht berücksichtigt. Innere Reibung und/oder Wärmeaustausch würden zur Dissipation führen. Ideale Flüssigkeit: Wärmeleitung / Zähigkeit werden vernachlässigt! Dies muss immer überprüft / gerechtfertigt werden! Einschub d~v dt in (2.17) gibt die zeitliche Änderung der Geschwindigkeit eines sich bewegenden FEs an. Die Beschleunigung des Fluidelements hat i.A. zwei Ursachen: 1. Explizite zeitliche Änderung des Geschwindigkeitsfeldes mit der Zeit Für nicht stationäre Strömungen: ~v (~r, t) − ~v (~r, t + ∆t) ∆t 2. Bewegung des FEs in einem nicht gleichförmigen Geschwindigkeitsfeld ~v (~r, t) − ~v (~r + ∆~r, t) ∆~r 2.2. DIE EULERSCHE GLEICHUNG ⇒ 17 ∆~v = ~v (~r2 , t′ ) − ~v (~r1 , t) = ∂t~v ∆t + ∂x~v ∆x + ∂y ~v ∆y + ∂z ~v ∆z Damit ist ~v (~r + ~v ∆t, t + ∆t) − ~v (~r, t) ermittelt bis zur Ornung ~v ∆t, ∆t. bzw. ∆~v ~ v = ∂t~v + (~v · ∇)~ ∆t→0 ∆t dt~v = lim Das Fehlen des Wärmeaustausches zwischen Flüssigkeitsteilchen (und zwischen Flüssigkeit und Wänden, thermische Isolation) bedeutet, dass die Bewegung adiabatisch verläuft - überall. Bewegung einer idealen Flüssigkeit ≡ adiabatische Bewegung Bei einer adiabatischen Bewegung bleibt die Entropie eines jeden FEs konstant, wenn es sich im Raum bewegt. Die Entropie pro Masseneinheit sei s. adiabatische Bewegung: ds =0 dt bzw. ∂s ~ =0 + (~v · ∇)s ∂t (2.20) allgemeine Gleichung für adiabatische Bewegung ⇒ Kontinuitätsgleichung für Entropie: ∂(ρs) ~ + ∇ · (ρs~v ) = 0 ∂t (2.21) vgl. Kontinuitätsgleichung (2.6) ρs~v : Entropiestromdichte I.A. ist die adiabatische Gleichung viel einfacher, gewöhnlich ist die Entropie zu einer gegebenen Anfangszeit räumlich und zeitlich in allen Punkten der Flüssigkeit konstant. Dann bleibt sie es auch: s=const isentrope Bewegung 18 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN Einschub Wie, also nach welcher Gleichung, ändert sich die Massendichte an einem festen Raumpunkt mit der Zeit? ~ · (ρ~v ) Antwort: ∂t ρ = −∇ (2.21a) Wie ändert sich die Massendichte in einem Fluidelement mit der Zeit? ~ = −ρ∇ ~ · ~v Antwort: dt ρ = ∂t ρ + ~v · ∇ρ (2.21b) Randbemerkung Isentropie kann man ausnutzen um die Bewegungsgleichung (2.18) in einer anderen Form darzustellen. Wir verwenden die bekannte thermodynamische Beziehung: dw = T ds + V dp (2.22) w = ǫ + pV dǫ = T ds − pdV Enthalpie = Summe aus innerer Energie + pV (Verdrängungsarbeit) ǫ |{z} → dt ǫ = Zustandsgroeße w V = T 1 ρ dQ t |{z} + W aermemenge T ds dR t |{z} geleistete V olumenarbeit −pdV Enthalpie pro Masseneinheit spezifisches Volumen, Volumen der Masseneinheit Temperatur Da s=const gilt: dw = V dp = dp ρ ⇒ 1~ ~ ∇p = ∇w ρ Aus (2.18) wird dann: ∂~v ~ v = −∇w ~ + (~v · ∇)~ ∂t (2.23) Eine weitere Variante der Euler-Gleichung enthält nur die Geschwindigkeit: ~ 2 ∇v ~ × ~v ) + (~v · ∇)~ ~ v = ~v × (∇ 2 (2.24) 2.3. HYDROSTATIK 19 Damit ergibt sich: 2 ∂~v ~ × ~v ) = −∇ ~ w+ v − ~v × (∇ ∂t 2 ! ∗ (2.25) ~ ∇×(2.25) ergibt: ∂ ~ ~ × (~v × ∇ ~ × ~v ) (∇ × ~v ) = ∇ ∂t (2.26) ~ * + konservative Kraftdichte f~ = −∇u 2.3 Hydrostatik Für eine ruhende Flüssigkeit ( ~v = 0, ∂t = 0) im homogenen Schwerefeld nimmt die eulersche Gleichung (2.19) die Gestalt ~ = ρ~g ∇p (2.27) an. (2.27) beschreibt das mechanische Gleichgewicht der Flüssigkeit. ~ = 0, heißt p = Ohne äußere Kräfte gilt die Gleichgewichtsbedingung ∇p const. Der Druck ist in allen Punkten der Flüssigkeit gleich. Sei ρ = const, d.h. keine merkliche Kompression in z-Richtung: ∂p =0 ∂x ∂p =0 ∂y ∂p = −ρg ∂z (2.28) p = −ρgz + const (2.29) Ergo: Hat eine ruhende Flüssigkeit eine freie Oberfläche (in der Höhe H) und ist der äußere Druck auf diese Oberfläche überall p0 , dann muss diese Oberfläche 20 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN die horizontale z = H sein. Aus p = p0 für z = H erhalten wir const = p0 + ρgH. p = p0 + ρg(H − z) (2.30) (p − p0 ∼ H) Am Auftrieb von Körpern in Flüssigkeiten und Gasen sieht man, dass auch die Form eine Rolle spielt. Hängt die Dichte ausschließlich und linear vom Druck ab, d.h. ρ = Ap mit A = ρ0 ρ = = const p0 p wie es in idealen Gasen bei konstanter Temperatur der Fall ist, so ist: ∂p dp = = −Agp ∂z dz (2.31) ρ0 p = p0 exp(−Ag(z − z0 )) = p0 exp − g(z − z0 ) p0 (2.32) Barometrische Höhenformel Für isotherme Atmosphäre gilt: p = nkT = ρ kT m → ρ0 m = p0 kT0 Eine (weitere) Folgerung aus (2.28): Befindet sich eine Flüssigkeit / ein Gas im Schwerefeld im statischen Gleichgewicht, dann kann p nur von der Höhe z abhängen. Denn: Wenn der Druck in einer Höhe an verschiedenen Stellen verschieden wäre, würde eine Bewegung auftreten! ⇒ ρ=− 1 dp g dz (2.33) Die Dichte ist eine Funktion die nur von z abhängt. p und ρ bestimmen die Temperatur (hier wird nicht angenommen, dass ρ = Ap). ⇒ T ist ebenfalls eine Funktion die nur von z abhängt. Ein statisches Gleichgewicht ist nicht möglich, wenn T an verschiedenen Stellen in ein und derselben Höhe verschieden ist. 2.4. BEDINGUNG FÜR DAS FEHLEN DER KONVEKTION 21 Astrophysikalische Anwendung Gleichgewichtsbedingung für große Flüssigkeits- / Gasmengen, deren Teile durch Gravitationskräfte zusammengehalten werden, also Sterne. Nebenbemerkung ϕ sei das Newtonsche Gravitationspotential des von der Flüssigkeit erzeugten Feldes (selbstgravitierendes Fluid). Es genügt der DGL ∆ϕ = 4πGρ (2.34) mit der newtonschen Gravitationskonstante G. ~ Die Feldstärke des Gravitationsfeldes ist −∇ϕ, ~ und damit die Volumenkraftdichte auf die Massendichte ρ: −ρ∇ϕ. Daher lautet die Gleichgewichtsbedingung: ~ = −ρ∇ϕ ~ ∇p (2.35) Teilen wir (2.35) durch ρ, bilden die Divergenz und verwenden (2.34), ergibt sich: ~ · ∇ 1~ ∇p = −4πGρ ρ (2.36) (nur mechanisches Gleichgewicht) Ein vollkommenes thermisches Gleichgewicht ist nicht vorausgesetzt! Falls der Körper nicht rotiert, wird er im Gleichgewicht Kugelgestalt haben, die Verteilung von Dichte und Druck werden in ihm kugelsymmetrisch sein. Gleichung (2.36) hat für Kugelsymmetrie in Kugelkoordinaten die Form: 1 d r2 dr r2 dp ρ dr ! Diese lässt sich für z.B. isotherme Gaskugeln (p = integrieren. 2.4 (2.37) = −4πGρ ρ m kT , T = const) leicht Bedingung für das Fehlen der Konvektion Eine Flüssigkeit kann sich im statischen Gleichgewicht befinden (keinerlei makroskopische Bewegung sichtbar), ohne dass sie dabei im thermischen 22 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN Gleichgewicht ist. Gleichung (2.27) (Bedingung für mechanisches Gleichgewicht) kann auch dann erfüllt sein wenn T nicht konstant ist. Ist ein solches Gleichgewicht stabil? Nur unter bestimmten Bedingungen. Sind diese nicht erfüllt, dann ist das Gleichgewicht instabil, es treten Strömungen auf, die die Flüssigkeit so zu vermischen suchen, dass T = const erreicht wird. ⇒ Konvektion Stabilität eines mechanischen Gleichgewichts = Bedingung für das Fehlen von Konvektion 1.) Betrachte ein FE in Höhe z mit spezifischem Volumen V (p, s) = ρ1 . p und s: Gleichgewichtsdruck und Gleichgewichtsentropie in z 2.) FE wird um eine kleine Strecke ∆z ≪ z adiabatisch nach oben verschoben: V (p, s) ⇒ V (p′ , s) p′ : Druck in z + ∆z 3.) Für die Stabilität des Gleichgewichts ist es notwendig (i.A. nicht hinreichend), dass die dabei auftretende Kraft bestrebt ist, das FE in die Ausgangslage zurückzutreiben. Das betrachtete Volumenelement muss schwerer sein als die von ihm in der neuen Lage verdrängte Flüssigkeit. Das spezifische Volumen der letzteren ist V (p′ , s′ ) (s′ : Gleichgewischtsentropie von z + ∆z). Stabilitätsbedingung V (p′ , s′ ) − V (p′ , s) > 0 bzw. 1 ρ p′ s′ Diese Differenz entwickeln wir nach Potenzen von s′ − s = ds ∆z dz ∆z > 0 V (p′ , s′ ) = V (p′ , s) + ∆s(∂s V )p − 1 ρ p′ s >0 2.4. BEDINGUNG FÜR DAS FEHLEN DER KONVEKTION ∂V ∂s ds >0 dz p 23 (2.38) Nach thermodynamischen Beziehungen gilt: ∂V ∂s = p T cp ∂V ∂T (2.39) p cp : spezifische Wärme bei konstantem Druck p (cp = T (∂T S)p ) cp , T sind immer positiv Deshalb kann man (2.38) umformen in: ∂V ∂T p ds >0 dz (2.40) Die meisten Stoffe dehnen sich bei Erwärmung aus, d.h. ∂V ∂T >0 p ⇒ Das Fehlen der Konvektion bedeutet dass die Entropie mit der Höhe zunimmt: ds >0 dz (2.41) Aus (2.41) kann man mit der thermodynamischen Relation (∂p s)T = −(∂T V )p eine Bedingung für dT dz ableiten: dǫ = T ds − pdV oder auch also ǫ(s, V ) ⇒ ⇒ ⇒ ds = dz ∂s ∂T p dT + dz ∂s ∂p T ǫ(T, p) dǫ = ∂s ǫds + ∂V ǫdV T = (∂s ǫ)V p = (∂V ǫ)s (∂V T )p = −(∂s p)T dp cp dT = − dz T dz ∂V ∂T p dp >0 dz (2.42) Außerdem gilt: ρ=− 1 dp g dz ⇒ gρ = − dp dz ⇒ dp g =− dz V (2.43) 24 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN (2.42) und (2.43) führen zu: dT T 1 − <g dz cp V β= 1 V ∂V ∂T ∂V ∂T = gβ p T cp (2.44) : Koeffizient der thermischen Ausdehnung p Für ein ideales Gas gilt βT = 1, ergo: − g dT < dz cp (2.45) (2.45) ist eine Stabilitätsbedingung. Konvektion wird bei Verletzung von (2.45) auftreten, d.h. wenn die Temperatur in Richtung von unten nach oben abnimmt und ihr Gradient dabei den Wert cgp übersteigt. Anschaulich: ρgdz = dWgrav − ρT ds = −dWtherm = −ρcp dT ⇒ Stabilität für δWgrav > δWtherm 2.5 Die Bernoullische Gleichung Für stationäre Flüssigkeitsströmungen vereinfachen sich die Gleichungen der Hydrodynamik beträchtlich: Unter einer stationären Strömung versteht man eine Strömung, bei der die Strömgeschwindigkeit in jedem Punkt zeitlich konstant bleibt, d.h. ~v ist eine reine Ortsfunktion! Ergo: ∂~v =0 ∂t Gleichung (2.25) vereinfacht sich zu: 2 ~ ~ v − ~v × ∇ ~ × ~v = − ∇p ∇ 2 ρ (2.46) (→ Stromliniendefinition, Gleichung (1.8)) Multiplikation von (2.46) in jedem Punkt einer Stromlinie mit dem Einheitsvektor in Tangentenrichtung der Stromlinie, ~l, also die Projektion des Gradienten auf eine gewisse Richtung (auf die Stromlinien), ist gleich der in ~ dieser Richtung gebildeten Ableitung. Die gesuchte Projektion von − ∇p el ρ ·~ ist damit ~ · ~e −∇w l ~ p · ~el −∇ ρ falls Isentropie vorliegt, oder falls ρ = const. 2.5. DIE BERNOULLISCHE GLEICHUNG 25 ~ × ~v steht senkrecht auf ~v , ⇒ seine Projektion auf die Der Vektor ~v × ∇ Richtung ~l ist gleich Null. Damit erhalten wir z.B. für Isentropie: ∂ ∂l v2 +w 2 ! =0 (2.47) Es folgt, dass entlang einer Stromlinie gilt: v2 + w = const 2 (2.48) Bernoulli-Gleichung Die Konstante in (2.48) ist i.A. für verschiedene Stromlinien unterschiedlich. Erfolgt die Fluidströmung im Schwerefeld, so wird aus (2.47): ∂l v2 +w+ϕ 2 ! =0 ϕ: Gravitationspotential Bzw. mit ~g · ~l = −g∂l z ∂l ~ · ~l − g~ez · ~l = −g ∇z v2 + w + gz 2 ! =0 Und damit also: v2 + w + gz = const 2 Für ρ=const, gilt: w= (2.49) p ρ Und aus (2.49) wird damit: ρ v2 + p + ρgz = const 2 (2.50) Also der Energieerhaltungssatz. 2 ρ v2 ρgz p : : : kinetische Energiedichte potentielle Energiedichte potentielle Energiedichte der im Fluid wirkenden inneren Kräfte Allgemein ist (2.50) die Bernoulli-Gleichung für stationäre inkompressible Fluide. 26 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN Inkompressibilität bedeutet, dass die FEe während ihrer Bewegung konstante Dichte behalten, also dt ρ = 0, somit ~ =0 ∂t ρ + ~v · ∇ρ und zudem wissen wir bereits: ~ · (ρ~v ) = 0 ∂t ρ + ∇ Nach Gleichung (2.21b) (Kapitel 2.2) gilt: ~ ∂t ρ = −~v · ∇ρ Kontigleichung ⇒ ~ · ~v = 0 ∇ ~ · ~v = 0 sind also äquivalent. Inkompressibilität und ∇ Inkompressibilität + Stationärität → Homogenität Homogene, inkompressible Fluide können nur der stationären Kontigleichung genügen (ρ = const räumlich und zeitlich). Homogene, stationäre Fluide sind inkompressibel. Die Bernoulli-Gleichung hat viele technische Anwendungen und erlaubt oft einen Einblick in komplexere Fluiddynamik. Zwei Beispiele a) Aufstau vor Hindernis Befindet sich in einer gleichförmigen Strömung mit v0 ein Hindernis, so staut sich die Strömung und zerteilt sich. Im Mittelpunkt (= Staupunkt) kommt die Strömung völlig zur Ruhe. p1 : Druck am Staupunkt p1 p0 v02 +0= + ρ ρ 2 ⇒ p1 = p0 + ρ v02 2 Der Ausdruck ρv02 2 heißt Staudruck, bzw. dynamischer Druck. p1 − p0 = Gesamtdruck = statischer Druck + dynamischer Druck 2.5. DIE BERNOULLISCHE GLEICHUNG 27 b) Prandl’sches Staurohr Am Staupunkt: ps = p∞ + ρ ⇒ 2 v∞ 2 ps − p∞ = ρ 2 v∞ 2 ⇒ Geschwindigkeitsmessung relativ zum Medium Achtung: Hier spielen Höhenunterschiede keine Rolle, d.h. der hydrostatische Druck wird längs einer Stomlinie als konstant angenommen. Solche Umströmungsprobleme werden in Kapitel 3 noch ausführlicher behandelt. c) Strömung über ein Hindernis Man betrachtet die Stromlinie an der Oberfläche. Die Flussmenge ist konstant, die Strömung ist vertikal gleichmäßig und in z-Richtung unendlich ausgedehnt. ρ = const. ρu0 h0 = u(x)h(x)ρ (i) 28 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN Bernoulli: 1 1 p0 + ρu20 + ρgh0 = p0 + ρu2 (x) + ρg(h(x) + e(x)) 2 2 (ii) p0 : atmosphärischer Druck ∂x (i) ∂x (ii) ρu(x)∂x h + ρh(x)∂x u = 0 (iii) ρu(x)∂x u + ρg(∂x h + ∂x e) = 0 (iv) Sei u20 − gh0 < 0 Fr < 1 p Froude-Zahl: F r = √u(x) gh(x) gh(x): Geschwindigkeit von Schwereoberflächenwellen (siehe Kapitel Wellen) Es existieren zwei Strömungsformen bei x = xm : (iii) = (iv) mit ∂x h = − 1 h(x)∂x u u(x) 1 ∂x u(−gh(x) + u2 (x)) + g∂x e = 0 u(x) ergibt: (v) Lösung 1: ∂x u|x=xm = 0 (iii) → ∂x h|x=xm = 0 D.h. hier wechselt die Änderung von h das Vorzeichen, die Schichtdicke wächst also wieder an. F r bleibt < 1. Gravitationsbestimmte Lösung 2.5. DIE BERNOULLISCHE GLEICHUNG 29 Lösung 2: u2 |x=xm = gh|x=xm D.h. ∂x u wechselt das Vorzeichen nicht, die Geschwindigkeit wächst hinter xm also weiter an. F r überschreitet den Wert 1 genau an der Stelle xm . Trägheitssbestimmte Lösung Übergang von einem zum anderen Regime am Maximum des Hindernisses. Experimentell: Man verändert u0 , bis man an xm den Übergang F r ≥ 1 erreicht: u(xm )h(xm ) = u0 = h0 da u(xm ) = q √ gh(xm ) für 3 gh 2 (xm ) h0 (vi) Fr = 1 an x = xm Anmerkung: Eine direkte Lösung der algebraischen Gleichungen ist auch möglich (3. Ordnung Polynom). → Froude.mws 30 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN 2.6 Die Energiestromdichte / Die Energiebilanzgleichung Wir wählen irgendein festes Volumenelement und bestimmen, wie sich die Energie im Laufe der Zeit ändert. Energie pro Volumeneinheit der Flüssigkeit: v2 2 |{z} ρ + kinetische Energie ρǫ |{z} innere Energie (ǫ: innere Energie der Flüssigkeit pro Masseneinheit) Die Änderung dieser Energie ergibt sich aus: " # v2 ∂ ρ + ρǫ ∂t 2 ∂ v2 ρ ∂t 2 Mit Konti.-Gleichung und Euler-Gleichung ergibt sich: ∂ ∂t ρv 2 2 ! : : =− ! ∂ρ ∂t ∂~v ∂t = ∂~v v 2 ∂ρ + ρ~v · 2 ∂t ∂t (2.51) ~ · (ρ~v ) = 0 +∇ ~ v = − 1 ∇p ~ + (~v · ∇)~ ρ v2 ~ ~ − ρ~v · (~v · ∇)~ ~ v ∇ · (ρ~v ) − ~v · ∇p 2 (2.52) Es ist ~ v = ~v ∇v ~ 2 ~v · (~v · ∇)~ 2 und den Druckgradienten ersetzen wir mit der thermodynamischen Beziehung: 1 dw = T ds + dp ρ dp = ρdw − ρT ds → ~ = ρ∇w ~ − ρT ∇s ~ ∇p (2.53) Also: ∂t v2 ρ 2 ! v2 ~ ~ =− ∇ · (ρ~v ) − (ρ~v ) · ∇ 2 ! v2 ~ + w + ρT~v · ∇s 2 (2.54) Es bleibt ∂t (ρǫ) zu betrachten: dǫ = T ds − pdV = T ds + p dρ ρ2 (2.55) 2.6. DIE ENERGIESTROMDICHTE / DIE ENERGIEBILANZGLEICHUNG31 mit ǫ = w − pV = w − p ρ folgt (w: spezifische Enthalpie): d(ρǫ) = ǫdρ + ρdǫ p p dρ + ρ T ds + 2 dρ = w− ρ ρ = wdρ + ρT ds (2.56) und damit: ∂t (ρǫ) = w∂t ρ + ρT ∂t s ~ · (ρ~v ) = − w∇ | {z ~ ρT~v · ∇s − } | → Konti-Gleichung {z (2.57) } → dt s = 0 Adiabatengleichung, (2.20) Zusammenfassend ergibt sich für die Energieänderung: # " " " # 2 v2 ∂ ρv 2 ~ · (ρ~v ) − ρ~v · ∇ ~ v +w + ρǫ = − +w ∇ ∂t 2 2 2 # (2.58) ~ · (F A) ~ = F∇ ~ ·A ~+A ~ · ∇F ~ erhält man für die Energieänderung die Mit ∇ Bilanzgleichung: " # " ∂ ρv 2 ~ · ρ~v + ρǫ = −∇ ∂t 2 v2 +w 2 !# (2.59) Die Bedeutung dieser Gleichung ergibt sich durch Integration über irgendein Volumen: ∂ ∂t Z ! ρv 2 + ρǫ dV = − 2 Z " v2 +w 2 ~ · ρ~v ∇ !# dV (2.60) Rechte Seite von (2.60) ⇒ Oberflächenintegral Ergo: ∂ ∂t Z ! ρv 2 + ρǫ dV = − 2 Energieänderung der Flüssigkeit pro Zeiteinheit in einem gegebenem Volumen I ρ~v Energiemenge, die pro Zeiteinheit aus dem betrachteten Volumen herausfließt Damit ist ~jE = ρ~v ! v2 + w df~ 2 v2 +w 2 ! (2.61) 32 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN der Vektor der Energiestromdichte. Sein Betrag gibt die Energiemenge an, die pro Zeiteinheit durch eine zur Richtung der Geschwindigkeit senkrechten Flächeneinheit aua einem Volumenelement fließt. 2 Die Flüssigkeit führt pro Masseneinheit bei der Bewegung die Energie w+ v2 mir sich. Warum betrachten wir die Enthalpie und nicht einfach die Energie ρǫ? Wir setzten w = ǫ + ρp . Der gesamte Energiestrom durch die geschlossene Fläche ist dann: − I ~jE df~ = − = − I I ρ~v ! v2 + ǫ df~ − 2 v2 2 |{z} ρ~v ( + I p ρ~v df~ ρ ǫ |{z} )df~ − innere kinetische I p~v df~ (2.62) Energie- Energie- Dichte Dichte H 2 − ρ~v ( v2 + ǫ)df~: Energie, die mit der Masse der Flüssigkeit (pro Zeiteinheit)unmittelbar durch die Oberfläche transportiert wird. H − p~v df~: Arbeit, die von Druckkräften an der Flüssigkeit innerhalb der Fläche pro Zeiteinheit geleistet wird. 2.7 Erhaltung der Zirkulation und die Helmholtzschen Wibelsätze Das Integral Γ= I C ~v · d~s (2.63) über eine geschlossene Kurve C heißt Zirkulation. Verschwindet Γ überall im Fluid, so ist die Strömung wirbelfrei, da: ~ × ~v = lim 1 ~n · ∇ F →0 F I C ~v · d~s ~n: Normalenvektor in einem Punkt innerhalb der durch C berandeten Fläche (2.64) 2.7. ERHALTUNG DER ZIRKULATION UND DIE HELMHOLTZSCHEN WIBELSÄTZE33 Eine wirbelfreie Strömung ist eine Potentialströmung. Eine Potentialströmung kann endliche Zirkulation aufweisen, da die EulerGleichung nur für einfach zusammenhängende Punktmengen/Gebiete, also Punktmengen, bei denen jede Fläche jeder geschlossenen Linie noch ganz in der Punktmenge liegt, gültig ist. Wirbel in idealen Flüssigkeiten Γ ist mit der Verwirbelung der Flüssigkeit verknüpft: Γ 6= 0 Γ=0 Satz von Stokes: Γ= I ~v d~s = Z ~ × ~v dF~ ∇ Doch Vorsicht: Stokes gilt nur in einfach zusammenhängenden Bereichen, d.h. eine von einer im Bereich liegenden Kurve umschlossene Fläche liegt ihrerseits ganz in diesem Bereich. ⇒ ~ × ~v = 0 überall, Wenn Γ = 0, dann auch ∇ ~ × ~v = 0 überall im Gebiet, kann trotzdem Γ 6= 0 sein! doch wenn ∇ Beispiel: In wirbelfreien Strömungen ist Γ konstant auf Kurven, die durch Verformung ineinander übergehen (gleiche Typologie). 34 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN I C1 ~v d~s − I ~v d~s + C2 Z l wirbelf rei = Z C ~v d~s − Z ~v d~s l ~ × ~v dF~ = 0 ∇ C: Ganze Fläche, einfach zusammenhängend “Die” Zirkulation, unabhängig von der Kurve! ⇒ I C1 ~v d~s = I ~v d~s C2 Beispiel: 0 ~v = v0 0 ~v = 0 v0 r 0 ~ × ~v = 1 ∂(rv0 ) = v0 ∇ r ∂r r Wirbelfeld ~ × ~v = 1 ∂ v0 = 0 kein Wirbelfeld? ∇ r ∂r Vorsicht: Im Ursprung divergiert der zweite Ausdruck, die gesamte Wirbelstärke ist im Zentrum vereinigt! ⇒ einfach zusammenhängend ~ ×~v 6= 0 wenn der “Mittelpunkt” eingeschlossen wird, das ist im folgenden ∇ zweifach zusammenhängendem Beispiel nicht der Fall: ⇒ zweifach zusammenhängend 2.7. ERHALTUNG DER ZIRKULATION UND DIE HELMHOLTZSCHEN WIBELSÄTZE35 Γ= I ~v d~s = 2πr C v0 = 2πv0 r ~ × ~v = 0)! Endliche Zirkulation aber gleich für alle r (da ∇ Die vorangehenden Überlegungen führen zur Definition der Wirbelstärke: 1~ × ~v ω ~ = ∇ 2 Beispiel: Starre Rotation 0 ~v = Ωr 0 Ω = const. 1~ 11 11 ∂ ω ~ = ∇ (rΩr) = Ω2r = Ω × ~v = 2 2 r ∂r 2r (daher auch das 1 2 in der Definition) ω ~ ist die “Quelle” der Wirbelströmung Einnerung: Vektorfelder können Wirbel- und Potentialanteile haben (Helmholtz’sches Theorem): Beispiel Elektrostatik: Beispiel Magnetfeld: Beispiel Elektrodynamik: ~ = −∇Φ ~ ~ ×E ~ =0 E ⇒ ∇ ~ =∇ ~ ×A ~ ⇒ ∇ ~ ·B ~ =0 B ~ ~ = −∇Φ ~ − ∂ A ⇒ beide Anteile! E ∂t Untersuchung der zeitlichen Entwicklung von Γ in isentropen Fluiden mit Hilfe des Konzepts der flüssigen Linie zeigt, dass Teilchen, die die geschlossene Linie C zum Zeitpunkt t = t0 konstituieren, dies auch zum Zeitpunkt t > t0 tun, sie dürfen sich aber bewegen und somit bewegt/verformt sich auch die Kurve. Was passiert mit der Zirkulation längs dieser Kurve? Wir berechnen dazu dΓ d = dt dt Hier d , dt I ~v · ~s weil wir die Änderung längs einer Flüssigkeitskurve suchen und nicht längs einer Kurve, die im Raum festliegt. (2.65) 36 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN Bei der zeitlichen Differentiation dieses Integrals ist zu beachten, dass sich nicht nur ~v , sondern auch die Kurve selbst (d.h. deren Gestalt) ändert, ergo: d dt I C ~v · d~s = I d~v · d~s + dt I ~v · dd~s dt (2.66) Die Geschwindigkeit ~v ist nichts anderes als die Zeitableitung des Ortsvektors: ~v · dd~s d~s v2 = ~v · d = ~v · d~v = d dt dt 2 (2.67) Das Integral über ein vollständiges Differential längs einer geschlossenen Kurve ist jedoch gleich Null. Deshalb verschwindet das zweite der aufgeschriebenen Integrale. Es bleibt mit dem Satz von Stokes: d dt I ~v · d~s = I d~v · d~s = dt Z ~ × d~v ∇ dt · df~ (2.68) Wir setzten für die Beschleunigung die Euler-Gleichung für isentrope Strömungen ein (2.23): d~v ~ = −∇w dt ~ × (∇w) ~ Da ∇ = 0 erhalten wir: Z ~ × d~v ∇ dt · df~ = 0 Zurück zu (2.63) ergibt sich endgültig: d dΓ = dt dt bzw. Γ= I I ~v · d~s = 0 ~v · d~s = const (2.69) Satz von Thomson In einer idealen Flüssigkeit ändert sich die Zirkulation längs einer geschlossenen Kurve zeitlich nicht! ~ = 0). Das gilt auch für inkomressible homogene Fluide (∇ρ Für isentrope und inkompressible homogene Strömungen gilt also: dΓ =0 dt 2.7. ERHALTUNG DER ZIRKULATION UND DIE HELMHOLTZSCHEN WIBELSÄTZE37 Die Helmholtzschen Wirbelsätze Wir betrachten Wirbel in inkompressiblen idealen Flüssigkeiten. Wirbelvektor: 1~ ω ~ = ∇ × ~v 2 (2.70) |~ ω |: Winkelgeschwindigkeit der lokalen Rotation eines FEes Das Wirbelfeld wird durch die Wirbellinien veranschaulicht, deren Tangenten überall die Richtung des Wirbelvektors ω ~ haben. 1~ ~ ~ ·ω ∇ ~ = ∇ · ∇ × ~v = 0 2 (2.71) Wirbellinien im Inneren von Flüssigkeiten können weder anfangen noch enden. Es gibt also weder Quellen noch Senken. Sie bilden entweder geschlossene Kurven oder führen zu den Begrenzungen der Flüssigkeit. Wirbelröhre: Schlauchartige Fläche, die von Wirbellinien gebildet wird. Eine Wirbelröhre mit kleinem Querschnitt nennt man Wirbelfaden. Wir betrachten einen Teil einer Wirbelröhre, d.h. ein Volumen, das durch zwei Querschnitte F1 und F2 sowie die Mantelfläche begrenzt wird. Einschub zur Terminologie ~ × ~v heißt oftmals Wirbeldichtevektor. ω ~ˆ = ∇ Der Faktor 12 in (2.71) ist folgenermaßen zu motivieren: Man betrachtet die Rotation eines FEes in der x-y-Ebene um die z-Achse mit der Winkel~ Dann hat ~v = Ω ~ × ~r in Zylinderkoordinaten die Komponenten vr = 0, geschwindigkeit Ω. vθ = Ωr, vz = 0, also ~ × ~v = (∂r vθ + vθ )~ez = 2Ω~ez ∇ r 38 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN Für die Integration über eine ganze Oberfläche ergibt sich mit dem Satz von Gauss: Z ω ~ · df~ = Z ~ ·ω ∇ ~} dV = 0 | {z (2.72) ω ~ · df~ = 0 (2.73) =0 ω ~ liegt per Definition der Wirbelröhre in der Mantelfläche. df~ (auf der Mantelfläche) ist stets senkrecht zu ω ~. ⇒ Nur die Querschnittsflächen tragen zum Oberflächenintegral bei: Z F1 ω ~ · df~ + Z F2 df~ ist aber stets nach Aussen gerichtet! ⇒ Der Wirbelfluss ist in allen Querschnittsflächen der Röhre derselbe Für einen Wirbelfaden gilt: |~ ω1 |f1 = |~ ω2 |f2 (2.74) Der Querschnitt ist so klein, dass |~ ω | konstant an der Querschnittsfläche ist. In einem Wirbelfaden ist die Drehgeschwindigkeit an verschiedenen Stellen ∼ 1 Querschnitt Z.B. Tornados, Hurrikans... Anders gesagt: Mit (2.71): ~ × ~v | Wirbelstärke: 2|~ ω |f = f |∇ Also ist sie längs des Wirbelfadens konstant. Für die Zirkulation um eine Wirbelröhre folgt nach dem Satz von Stokes: Z offene Fläche/Querschnitt 1 ω ~ · df~ = 2 Z ~ × ~v ) · df~ = 1 (∇ 2 I 1. Helmholtzsche Gleichung ~v · d~s = Γ 2 (2.75) 2.7. ERHALTUNG DER ZIRKULATION UND DIE HELMHOLTZSCHEN WIBELSÄTZE39 Die Zirkulation um eine Wirbelröhre ist also an allen Stellen gleich groß andererseits ist der Wirbelfluss einer Wirbelröhre zeitlich konstant ((2.69), Satz von Thomson, dt Γ = 0). Zeitliche Änderung von Wirbeln / Helmholtzsche Wirbelgleichung Mit der Euler-Gleichung in der Form (2.23) sowie den äußeren Kräften in ~ (konservative Kräfte) ergibt sich für inkompressible der Form f = −∇u Flüssigkeiten (ρ = const): ∂~v ~ v 2 ~ × ~v ) = −∇(u ~ + p) + ∇ − ~v × (∇ ∂t 2 ρ Bilden wir davon die Rotation, verwenden ω ~ = ~ ~ ∇ × ∇f unktion = 0 ist, so erhalten wir: 1~ 2∇ (2.76) × ~v (2.71) und dass ∂~ ω ~ − ∇ × (~v × ω ~) = 0 ∂t (2.77) Im Fall von Inkompressibilität gilt: ~ · ~v = 0 und auch ∇ ~ ·ω ∇ ~ =0 ⇒ ~ × (~v × ω ~ ·ω ~ · ~v )~ ~ v − (~v · ∇)~ ~ ω ∇ ~ ) = (∇ ~ )~v − (∇ ω + (~ ω · ∇)~ ~ v − (~v · ∇)~ ~ ω = (~ ω · ∇)~ (2.78) (2.78) eingesetzt in (2.77): ∂~ ω ~ ω = (~ ~ v + (~v · ∇)~ ω · ∇)~ ∂t (2.79) 2. Helmholtzsche Gleichung Oder: d~ ω ~ v = (~ ω · ∇)~ dt (2.80) Falls ein FE zu irgendeiner Zeit ω ~ = 0 hat, wird es in einer inkompressiblen idealen Flüssigkeit auch kein ω ~ erhalten. Wirbel können in einer inkompressiblen idealen Flüssigkeit weder entstehen noch vergehen. Die Wirbelstärke einer Wirbelröhre hat auf ihrer gesamten Länge und zu allen Zeiten den gleichen Wert. In Wirklichkeit jedoch entstehen und vergehen Wirbel doch. 40 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN Sind Reibungskräfte eine mögliche Ursache? Leider nein, denn die obigen Betrachtungen gelten auch für Flüssigkeiten mit Reibung (Euler → Navier-Stokes). Wirbel können nur über die Randflächen in die Flüssigkeit einwandern. An den Wänden entstehen und vergehen bei zähen Flüssigkeiten Haftkräfte, die Wirbel verursachen. Mit Viskosität lautet die Bewegungsgleichung für den Wirbelvektor (2.79): ~ ω = (~ ~ v + ν∆~ ∂t ω ~ + (~v · ∇)~ ω · ∇)~ ω ν: Kinematische Viskosität, siehe später. (2.81) Kapitel 3 Die Potentialströmungen Eine Strömung, für die im ganzen Raum gilt ~ × ~v = 0 ∇ heißt Potentialströmung bzw. wirbelfreie Strömung. Wegen dt Γ = dt I C ~v · d~s = 0 (Satz von Thomson) folgt, dass eine Potentailströmung für alle Zeiten eine solche bleibt. Aber: Längs einer Stromlinie, die entlang der Oberfläche eines umströmten Körpers verläuft, gibt es keine geschlossene Kurve C, die die Stromlinie vollständig umschließt. → Hier ist der Thomsonsche Satz / Helmholtzsche Wirbelsatz nicht anwendbar. In dünnen Grenzschichten um umströmte Körper ist die Strömung i. A. keine Potentialströmung, → Wirbelbildung, Instabilitäten von viskosen Grenzschichten. Von Interesse ist jedoch, dass bei Körpern mit Stromlinienform die Abweichung von einer Potentialströmung nur sehr nahe der Oberfläche und in einer engumgrenzten Region hinter dem Körper auftritt. Wir betrachten stetige Potentialströmungen in idealen Flüssigkeiten mit isentropen Bewegungen. Ist die Strömung wirbelfrei, so kann das Geschwindigkeitsfeld aus dem Geschwindigkeitspotential Φ abgeleitet werden: ~ ~v = ∇Φ 41 (3.1) 42 KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN Die Euler-Gleichung (2.25) verliert für eine solche Strömung den Beitrag ~ × ~v ), also: ~v × (∇ ! v2 ~ ∂t~v = −∇ w + 2 ~ Lassen sich die äußeren Kräfte f~ aus einem Potential ableiten, also f~ = −∇u, so lautet die Euler-Gleichung: ~ ∇Φ) ~ 2 = −∇(u ~ + w) ~ ∂Φ + 1 ∇( ∇ ∂t 2 (3.2) Ein allgemeines Integral dieser Gleichung ist: ∂Φ ~v 2 + + u + w = f (t) ∂t 2 (3.3) f (t): Beliebige Zeitfunktion, kann o.B.d.A. gleich Null gesetzt werden, denn das Geschwindigkeitspotential ist ebenfalls nur bis auf eine Zeitfunktion bestimmt. Setzen wir Φ′ = Φ + Z f (t)dt (3.4) so ändert sich ~v nicht: ~ = ∇Φ ~ ′ ~v = ∇Φ (3.5) ∂Φ′ ~v 2 + +u+w =0 ∂t 2 (3.6) Wir erhalten: Bernoulli-Gleichung für nichtstationäre Strömungen Für eine stationäre Strömung kann Φ auch zeitunabhängig gewählt werden, d.h. ∂t Φ = 0. (3.6) geht dann über in die Bernoulli-Gleichung (siehe (2.48), (2.49)): ~v 2 + u + w = const 2 (3.7) Achtung! Die Aussage der Bernoulli-Gleichung ist unterschiedlich für eine Potentialströmung und für eine Strömung, die nicht wirbelfrei ist. I.A. lautet die Bernoulli-Gleichung längs einer Stromlinie: ~v 2 + u + w = const 2 43 Sie variiert jedoch i.A. von Stromlinie zu Stromlinie. Für eine Potentialströmung hat aber ~v 2 +u+w 2 im ganzen Flüssigkeitsbereich den gleichen Wert. Dieser Umstand gibt der Bernoulli-Gleichung bei Potentialströmungen eine besondere Bedeutung. Wir betrachten nun inkopressible Flüssigkeiten. Wegen der Konstanz der Dichte in einer inkompressiblen Flüssigkeit verein~ · ~v = 0. facht sich die Konti-Gleichung zu ∇ Dies wird für eine Potentialströmung zu: ∆Φ = 0 (3.8) Die elliptische DGL (3.8) muss noch durch Randbedingungen ergänzt werden, die Angaben über die Geschwindigkeit an den Flächen, mit denen die Flüssigkeit in Berührung kommt, enthalten. Da die Flüssigkeit nicht durch die Wände hindurchtritt, muss die Normalkomponente vn des Geschwindigkeitfeldes mit der Geschwindigkeit, mit der sich die Fläche in Richtung ihrer Normalen bewegt, übereinstimmen. ~ = ∂Φ vn = ~n · ~v = ~n · ∇Φ ∂n (3.9) Normalableitung des Geschwindigkeitspotentials Oder mit einer Funktion von Raum und Zeit s(~r, t): ∂Φ = sσ (~r, t) ∂n σ (3.10) Der Index σ soll andeuten, dass es sich um eine Funktion handelt, die längs der Flüssigkeitsoberfläche zu berücksichtigen ist. Unter welchen Bedingungen kann eine Strömung als inkompressibel angesehen werden? Bei einer adiabatischen Druckänderung ändert sich die Dichte der Flüssigkeit: ∆ρ = ∂ρ ∂p ∆p (3.11) s Adiabatische Zustandsgleichung: dt (p/ργ ) = 0 Nach der Bernoulli-Gleichung gilt für die Drukschwankungen in einer stationären Strömung: ∆p ∼ ρv 2 44 KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN Die Thermodynamik zeigt: ∂ρ ∂p s = c−2 s cs : Schallgeschwindigkeit Ergo: ∆ρ ∼ ρ v2 c2s (3.12) Inkompressibilität ⇔ ∆ρ ≪ ρ Also für stationäre Strömungen: v ≪ cs Für nicht-stationäre Strömungen: τ , l: Zeiten und Längen der charakteristischen Änderungen Nach Euler ist: ∂~v ∇ ~= p ∼ ∂t ρ mit ∆ρ ∼ ⇒ v ∆p ∼ τ lρ 1 ∆p c2s folgt oder ∆ρ ∼ ∆p ∼ ρvl τ lρv τ c2s (3.13) Nun zur Kontigleichung: mit ρ v =ρ τ l ∆ρ ≪ 1 folgt ρ und ∆ρ v ≪ρ τ l und damit mit (3.13): τ≫ l cs |{z} Schallzeit Für Inkompressibilität gilt also: τ ≫ Schallzeit v ≪ Schallgeschwindigkeit Aber: Bei einer Schallwelle (Beispiel für kompressible Hydrodynamik) ist ∆ρ klein, aber τl = cs . 45 Hängt das Geschwindigkeitsfeld eines bewegten Fluids nur von zwei Koordinaten (x,y) ab und erfolgt die Bewegung parallel zur x-y-Ebene, so nennt man die Strömung zweidimensional oder eben. Zur Behandlung von 2D-Strömungsproblemen inkompressibler Fluide ist die Einführung der Stromfunktion nützlich: Anhand der Kontigleichung ~ · ~v = ∂vx + ∂vy = 0 ∇ ∂x ∂y erkennt man, dass die Geschwindigkeitskomponenten auch als Ableitungen geschrieben werden können: ∂vx ∂vy =− ∂x ∂y vx = ∂ψ ∂y vy = − ∂ψ ∂x (3.14) Dabei ist ψ(x, y) die Stromfunktion. Sie erfüllt automatisch die Kontigleichung. Bilanzgleichung für die Stromfunktion Einsetzen von (3.14) in (2.26) (Rotation der Eulergleichung; inkompressibel) ergibt: ∂ ∂ψ ∂ ∂ψ ∂ ∆ψ − ∆ψ + ∆ψ = 0 ∂t ∂x ∂y ∂y ∂x (3.15) Kennt man die Stromfunktion, so kennt man auch die Stromlinien für eine stationäre Strömung! DGL für Stromlinien (ebene Strömung): dy dx = vx vy (3.16) vy dx − vx dy = 0 (3.17) Oder: ⇒ Tangente an eine Stromlinie stimmt in jedem Punkt mit der Richtung der Geschwindigkeit überein! Setzt man vx und vy aus (3.14) ein, so erhält man als totales Differential für stationäre Strömung: dψ = ∂x ψdx + ∂v ψdy = 0 (3.18) 46 KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN ⇒ ψ = const. Die Stromlinien bilden eine Kurvenschar, die man erhält, wenn man die Stromfunktion ψ(x, y) = const setzt. An der Oberfläche eines umströmten Körpers muss vj = 0 gelten (Geschwindigkeit darf nicht in den Körper eindringen). Die Körperberandung fällt mit der Stromlinie zusammen, die Stromfunktion muss dort konstant sein. Ein Problem sind dabei die Randschichten (Viskosität). Leistungsfähige Methoden zur Berechnung von Potentialströmungen inkompressibler Fluide um Hindernisse liefert die Funktionentheorie. Die Grundlage für diese Anwendung besteht im Folgenden: Das Potential und die Stromfunktion hängen mit den Geschwindigkeitskomponenten folgendermaßen zusammen (Die Existenz der Stromfunktion hängt nur mit der ebenen Strömung zusammen, es wird nicht gefordert, dass eine Potentialströmung vorliegt): vx = ∂Φ ∂ψ = ∂x ∂y vy = ∂Φ ∂ψ =− ∂y ∂x (3.19) Vom mathematischen Standpunkt entspricht (3.19) den Cauchy-Riemannschen DGLn. Diese Gleichungen sind die Bedingung dafür, dass der komplexe Ausdruck w = Φ + iψ = f (z) (3.20) eine differentierbare Funktion des Argumentes z = x + iy ist. Die Funktion w(z) muss dann in jedem Punkt eine bestimmte Ableitung haben: ∂f ∂z ∂Φ ∂ψ ∂w = = f ′ (z) = +i = vx − ivy (3.21) dz w = ∂x ∂z ∂x ∂x ∂x ∂w ∂f ∂z ∂Φ ∂ψ idz w = = = if ′ (z) = +i = vy + ivx ∂y ∂z ∂y ∂y ∂y Durch Elimination von f ′ (z) = df dz gelangen wir zur Gleichung: ∂Φ ∂ψ ∂ψ ∂Φ − + +i ∂x ∂y ∂x ∂y | {z Realteil } | {z =0 (3.22) } Imaginärteil Das Verschwinden einer komplexen Zahl bedeutet: Realteil = 0 ⇒ Imagnärteil = 0 ⇒ ∂Φ ∂x ∂Φ ∂y ∂ψ ∂y ∂ψ = − ∂x = (3.23) (3.24) 47 Das sind die Cauchy-Riemannschen DGLn. Aus ihnen folgt sofort: ∂2Φ ∂2Φ + =0 ∂x2 ∂y 2 ∂2ψ ∂2ψ + =0 ∂x2 ∂y 2 (3.25) Laplace-Gleichungen Explizit: Zwei unterschiedliche Bedingungen: ~ × ~v = 0 ∇ ? Φ ~ · ~v = 0 ∇ S S S / w S ∆Φ = 0 ? ψ ∆ψ = 0 Außerdem kann man, indem man (3.23) mit ∂x ψ aus (3.24) multipliziert, zeigen: ∂Φ ∂ψ ∂Φ ∂ψ ~ ~ + = (∇Φ) · (∇ψ) =0 ∂x ∂x ∂y ∂y (3.26) (3.26) drückt aus, dass die 2-dimensionalen Kurvenscharen Φ(x, y) = const ψ(x, y) = const (3.27) orthogonal zueinander sind! Die Funktion w = Φ + iψ heißt komplexes Geschwindigkeitspotential. dw dz heißt komplexe Geschwindigkeit. In der Gaussschen Zahlenebene gilt: dw = veiϑ dz |dz w| = q ϑ= ˆ 6 (~v , ~ex ) (∂x Φ)2 − (∂y ψ)2 = q vx2 + vy2 Kurzer Ausflug in die Funktionentheorie und zur Bedeutung des Residuensatzes Cauchyscher Integralsatz: I f (z)dz = 0 C C: beliebiger geschlossener Weg f (z) differenzierbar (3.28) 48 KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN Dabei ist das komplexe Kurvenintegral ellen Kurvenintegralen aufgebaut: H f (z)dz allgemein aus zwei re- f (z) = u(x, y) + iv(x, y) I = I f (z)dz = I (u(x, y) + iv(x, y))(dx + idy) I (u(x, y)dx − v(x, y)dy) + i (v(x, y)dx + u(x, y)dy) (3.29) Cauchysche Integrationsformel (bedingt durch den Cauchyschen Integralsatz): f (z0 ) = f (n) (z0 ) = 1 2πi n! 2πi I (3.30) C f (z) dz z − z0 I f (z) dz (z − z0 )n+1 (3.31) C Ist f (z) analytisch (differenzierbar) in einem Gebiet zwischen zwei konzentrischen Kreisen um z0 , so ist f (z) in einer Laurent-Reihe entwickelbar: f (z) = ∞ X k=−∞ ak (z − z0 )k Und zwar mit den Koeffizienten: 1 ak = 2πi I f (z) (z − z0 )k+1 (3.32) Falls f (z) eine Singularität in z0 hat, dann gilt: a−1 = = 1 2πi I f (z)dz = Res[f (z), z0 ] C um z0 1 dm−1 lim [(z − z0 )m f (z)] (m − 1)! z→z0 dz m−1 (3.33) Letzteres gilt, falls f (z) in z0 einen m-fachen Pol besitzt (an = 0, n < −m). Es handelt sich hierbei um eine nützliche Rechenvorschrift für die BerechH nung des Integrals f (z). Residuensatz f (z) sei analytisch außer in singulären Punkten zr (r = 1, 2, . . .), dann gilt: I C f (z)dz = 2πi X r Res[f (z), zr ] (3.34) 49 Damit lassen sich komplizierte komplexe Integrale einfach durch Berechnung der Residuen an ihren singulären Stellen berechnen. Beispiele: c i) f (z) = z−z , Pol 1. Ordnung in z = z0 0 I ii) f (z) = 1 2πi I c c = 2πiRes , z0 z − z0 z − z0 eiz , z 2 +z02 eiz z 2 + z02 3.33 = 2πi(z − z0 ) c = 2πic z − z0 Pol 1. Ordnung in z = ±iz0 " # " eiz eiz = Res 2 , iz , −iz0 + Res 0 z + z02 z 2 + z02 = = lim z→iz0 lim z→iz0 eiz (z − iz0 ) 2 z + z02 ! + lim z→−iz0 # eiz (z + iz0 ) 2 z + z02 ! eiz e−z0 ez0 eiz + lim = − z + iz0 z→−iz0 z − iz0 2iz0 2iz0 Ebene Strömung um ein Hindernis Sie ist invariant in einer Richtung (wähle kartesische z-Komponente). Man legt den Koordinatenursprung in den Schwerpunkt des Hindernisses, d.h. die Strömungsgeschwindigkeit ist im Unendlichen konstant. lim v = const x,y→∞ Die Terme z m , m > 0 kommen nicht vor. Wenn dw dz um z0 = 0 analytisch ist, so gilt: ∞ X dw an = dz zn n=0 (3.35) ∞ X (3.36) Integration von (3.35) liefert: w(z) = a0 z + a1 ln z − an (n − 1)z n−1 n=2 lim w(z) = lim a0 z |z|→∞ dw = vx − ivy dz |z|→∞ ⇒ a0 = vx∞ − ivy∞ (3.37) (3.38) 50 KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN a0 ist die komplexe Geschwindigkeit im Unendlichen. Auch der Koeffizient a1 hat eine physikalische Bedeutung. Integration von dz w über den Rand einer zur x-y-Ebene parallelen Schnittfläche des umströmten Körpers: I dz wdz = = I I | (vx − ivy )(dx + idy) (vx dx + vy dy) +i H {z = ~v ·d~s=Γ } I (vx dy − vy dx) | {z =dψ=0 (3.39) } (3.18) Der zweite Term ist auch ansonsten gleich Null, denn die Kontur des Hindernisses stellt eine Stromlinie dar. Γ= I dz wdz Residuensatz = 2πia1 (3.40) a1 entspricht hierbei a−1 in Gleichung (3.33). Nun berechnen wir die Kraft, die von der strömenden Flüssigkeit (stationäre, inkompressible Potentialströmung) auf das Hindernis ausgeübt wird. Keine äußere Kraft ⇒ Druckkraft ~ =− K I pdf~ (3.41) Mit Bernoulli gilt in großer Entfernung (p∞ , v∞ ): ρ ρ 2 = p + v2 ǫ∞ = p∞ + v∞ 2 2 ⇒ ρ p = ǫ∞ − v 2 2 (3.42) (3.43) Also: ~ =− K I ρ (ǫ∞ − v 2 )(Ldy~ex − Ldx~ey ) 2 L: Länge in z-Richtung Erinnerung (3.44) 51 Eine Fläche sei gegeben durch die Koordinaten u und v. ~e1 und ~e2 spannen die Tangentialebene auf. Der Normalenvektor wird berechnet durch: ~e1 × ~e2 |~e1 × ~e2 | |df~|: Flächeninhalt des von (u2 , v2 ), (u2 + ∆u, v2 ), (u2 , v2 + ∆v) aufgespannten Parallelograms Einschub zu (3.44) I df~ = I ~ndf ~n = cos θ~ex + sin θ~ey I df~ = I (cos θ~ex + sin θ~ey )rdθ x = r cos θ y = r sin θ dθ x = −r sin θ ⇒ dθ y = r cos θ dx = −r sin θdθ I df~ = I dy = r cos θdθ (dy~ex − dx~ey ) Kraftkomponenten: I I ρ 1 Kx = −ǫ∞ dy + (vx2 + vy2 )dy L 2 I I 1 ρ Ky = ǫ∞ dx − (vx2 + vy2 )dx L 2 (3.45) Die Kontur des Hindernisses ist eine geschlossene Kurve. I ⇒ dx = I (3.45) ausgedrückt als komplexe Kraft Ẑ = Ẑ = − ρ 2 I dy = 0 1 L (Ky + iKx ): (vx2 + vy2 )(dx − idy) (3.46) 52 KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN Zu diesem Integral addieren wir Null in der Form: 0 = 2i (vx dy − vy dx) =0 Also: Ẑ = − ρ 2 I | {z } (vx − ivy ) längs der Kontur (vx2 − 2ivx vy − vy2 )(dx + idy) = − ρ 2 I (dz w)2 dz (3.47) dz w = vx − ivy Mit der Reihenentwicklung (3.35) ergibt sich aus (3.47): ρ Ẑ = − 2 I ( a20 ) 2a1 a0 2a0 a2 + a21 + + . . . dz + z z2 (3.48) dz w analytisch in Umgebung um z = 0 Nun verwenden wir wieder den Residuensatz: Das Integral über eine geschlossene Kurve um den Ursprung ist gleich 2πi mal Koeffizient bei z1 der Reihenentwicklung (= Residuum), also: ρ 3.40 3.38 Ẑ = − 2πi2a1 a0 = −ρa0 Γ = −ρΓ(vx∞ − ivy∞ ) 2 Kx = ρΓvy∞ L Ky = −ρΓvx∞ L (3.49) (3.50) Kutta-Joukowski-Auftriebsformel → Übergang zum Komplexen: Kein explizites Lösen des Kraftintegrals, keine konkrete Form der Strömung vorgegeben → allgemeine Aussage in Γ und den asymptotischen Geschwindigkeiten. (3.50) drückt das d’Alembertsche Paradoxon aus. Betrachtet man eine 1-dimensionale Flussströmung in ~ex , dann ist vy∞ = 0, also Kx = 0. Demnach sollte z.B. auf einen Brückenpfeiler nur eine Kraft senkrecht der Flussrichtung auftreten. Das widerspricht jedoch der Erfahrung! Lösung: An der Oberfläche des Hindernisses ist Reibung von Bedeutung. Daraus resultiert eine Wirbelbildung hinter dem Hindernis und somit eine Kraft (ein Druckgradient) parallel der Flussrichtung. Die Idealisierung führt hier also zu einem unphysikalischen Ergebnis. 53 Ebenso führt die Viskosität bei einem rotierenden Zylinder oder einer rotierenden Kugel dazu, dass das Fluid an der Oberfläche mitgeführt wird. Dadurch entsteht eine endliche Zirkulation und nach (3.50) eine Kraft senkrecht zur Stromrichtung. → Magnuseffekt, z.B. bei angeschnittenen Tischtennisoder Fußbällen. Ebene Strömung um einen Kreiszylinder Es besteht Invarianz entlang der Zylinderachse, also parallel zu ~ez . ~v∞ = v∞~ex Γ=0 Γ = 3πv0 R Γ = 8πv0 R Γ = 5πv0 R Flow Around Circle.mws zur Strömung um einen Kreiszylinder. Es sind beliebige Werte der Zirkulation möglich; für Γ < 4πv0 R liegen die Staupunkte auf dem Zylinder, für Γ > 4πv0 R wandern sie auf die imaginäre Achse. 54 KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN Der Kreis r = R stellt eine Stromlinie dar, hierbei verschwindet die Normalkomponente von ~v relativ zur Oberfläche, es gibt also keinen Strom durch die Oberfläche. Für r ≫ R erhalten wir eine ungestörte Translationsströmung. (3.36) : w(z) = a0 z + a1 ln z − (3.38) : a0 = v∞ z = reiϕ ∞ X cn + ibn (n − 1)z n−1 n=2 (3.40) : a1 = Γ 2πi ln z = ln(reiϕ ) = ln r + iϕ Randbedingung: ! ! f (ϕ) 6= ψ|r=R = const = Im(w(z))|r=R = ∞ ∞ X Γ bn cos((n − 1)ϕ) cn sin((n − 1)ϕ) X (3.51) v∞ R sin ϕ − − ln R + n−1 2π (n − 1)R (n − 1)Rn−1 n=2 n=2 | {z nur Imaginärteil der Summe von oben f (ϕ) 6= ψ|r=R ⇒ bn = 0 cn = 0 } n≥2 n≥3 c2 = −v∞ R2 ⇒ Γ R2 w(z) = ln z + v∞ z + 2πi z ln(ab) = ln a + ln b Re(ln(reiϕ )) = Re(ln r + iϕ) = ln r ! (3.52) Im(ln(reiϕ )) = ϕ Daraus folgt alles andere: Stromfunktion: R2 Γ ψ = Im(w(z)) = − ln r + v∞ r sin ϕ 1 − 2 2π r Γ R2 = − ln(x2 + y 2 ) + v∞ y 1 − 2 4π x + y2 ln √ x= 1 ln x 2 x = r cos ϕ ! ! (3.53) y = r sin ϕ Geschwindigkeitspotential: R2 Γ ϕ + v∞ r cos ϕ 1 + 2 Φ = Re(w(z)) = 2π r = y R2 Γ arctan + v∞ x 1 + 2 2π x x + y2 ! ! (3.54) 55 (a1 , b1 ) = (a2 , b2 ) a1 a2 + b 1 b 2 a2 b 1 − a1 b 2 , a22 + b22 a22 + b22 (a1 , b1 )(a2 , b2 ) = (a1 a2 − b1 b2 , a1 b2 + a2 b1 ) Komplexe Geschwindigkeit einer ebenen Potentialströmung um einen Kreiszylinder: Γ R2 dz w = vx + ivy = + v∞ 1 − 2 2πiz z ! (3.55) (vergleiche z-Ableitung von (3.52)) Die Nullstellen von dz w geben die Lage der Staupunkte an, d.h. vx = 0 und vy = 0, also (3.55)= 0: z1,2 Γ ± =− 4πiv∞ |a| = s p R2 − Γ2 2 16π 2 v∞ (3.56) α2 + β 2 Für reelle Wurzeln gilt |z1,2 | = R, die Staupunkte liegen also auf der Zylinderoberfläche. Der Imaginärteil von z1 und z2 ist gleich. z1,2 = Reiϕ1,2 Mit (3.56) folgt: Γ sin ϕ1 = sin ϕ2 = 4πv∞ R cos ϕ1 = − cos ϕ2 = s 1− Γ 4πRv∞ 2 (3.57) Falls Γ = 0 folgt y = r sin ϕ = 0 Die Staupunkte liegen also auf der x-Achse, wir erhalten eine symmetrische Strömung um das Hindernis. Das Verständnis des Problems der Zylinderumströmung erlangt besondere Bedeutung durch die Anwendbarkeit konformer Abbildungen. Hierdurch kann die Berechnung der Umströmung komplizierterer Profile auf die Zylinderumströmung zurückgeführt werden. Konforme Abbildungen Seien z = x + iy und ζ = η + iξ komplexe Variablen. Die stetige Abbildung ζ = f (z) bildet Gebiete der z- und ζ-Ebene aufeinander ab, beispielsweise ein Gitter Φ = const, ψ = const. Ist f (z) differentierbar, so ist die Abbildung konform, d.h. winkel- und maßstabserhaltend. Die Mercator-Projektion ist beispielsweise eine konforme Abbildung von 56 KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN Erdoberflächensegmenten auf eine 2-dimensionale flache Oberfläche. Durch entsprechende Wahl einer Abbildung ζ = f (z) kann ein kompliziertes Strömungsprofil auf ein einfaches/bekanntes zurückgeführt, also abgebildet, werden. Beispiel: Frage nach Eckströmung φ(x, y) ψ(x, y) φ(η, ξ) ψ(η, ξ) eckstroemung.mws: Visualisierung einer Eckströmung durch konforme Abbildung der reellen Achse auf einen beliebigen Winkelausschnitt. Durch z α wird die positive reelle Achse auf sich selbst abgebildet, die negative reele Achse ergibt sich aus einer Geraden mit Winkel γ = 180/α zur positiven reellen Achse. Hier: α=1,3 und 5. Konforme Abbildung: Gitter, das an den ψ = const-, φ = const-Linien gebildet wird, wird winkelerhaltend abgebildet. Komplexes Geschwindigkeitspotential für eine ebene Translationsströmung: w = U0 ζ = U0 η + iU0 ξ = φ(η, ξ) + iψ(η, ξ) ∂η w = ∂η φ + i∂η ψ = U0 = vη konforme Abbildung: ζ = z α ⇒ (vgl. 3.21) (ϕ → αϕ − π) w̃(z) = w(ζ(z)) = U0 z α = φ(x, y) + iψ(x, y) dz w̃ = dζ wdz ζ = αU0 z α−1 → vx , vy 57 Das Problem reduziert sich also auf die Frage nach der richtigen konformen Abbildung. Ma verwendet iterative (numerische) Verfahren, um sukzessive (durch Anwendung mehrerer, möglichst einfacher konformer Abbildungen) komplizierte Strömungsprofile zu konstruieren bzw. berechnen. Eine Vielzahl von ebenen Strömungen um beliebige Profile kann auf Probleme der Umströmung eines Kreiszylinders zurückgeführt werden Es stellt sich jetzt natürlich die Frage nach der konformen Abbildung von Strömungen um beliebige Profile auf eine Strömung um einen Kreiszylinder. Sei w(ζ) das zur Strömung um einen Kreiszylinder gehörige komplexe Potential. ζ(z) vermittelt als konforme Abbildung das gesuchte Potential. w̃(z) = w(ζ(z)) (3.58) Der Mittelpunkt des Kreises ζ = Reiϕ kann mit ζ = µ − µ0 oder µ = µ0 + ζ (3.59) an jeden beliebigen Punkt µ0 gelegt werden (Kreis in µ-Ebene durch Abbildung ζ(µ)) Übergang zu beliebigen Profilen: z= 1 +µ µ (3.60) Der Kreis geht in mannigfaltige Kurven über. Was macht (3.60) aus dem Einheitskreis? µ = eiϕ ⇒ µ0 = 0 z = e−iϕ + eiϕ = 2 cos ϕ Strecke −2 ≤ z ≤ 2 Andere Kreise, R 6= 1, liefern Ellipsen: (3.61) 58 KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN Der Kreis q µ = iµ0 + eiϕ 1 + µ20 (3.62) hat seinen Mittelpunkt auf der imaginären Achse bei µ = iµ0 . 1 ⇒ z = i µ0 − µ0 √ Z.B µ0 = 31 (1 − i), R = 13 17. 1 + µ0 + eiϕ µ0 Siehe auch: konform.mws zur Visualiserung konformer Abbildungen. Flow Around Any Object.mws zur Strömung um einen Zylinder beliebigen Querschnitts. Der Querschnitt muss zunächst durch u(z) (Umkehrfunktion von z = 1/(u + u0 ) + u + u0 ) auf einen Kreis abgebildet werden. Hier: Γ = −5. Quintessenz Die konforme Abbildung ζ(z) mit z= 1 + µ0 + ζ µ0 + ζ überführt verschiedene Profile in der z-Ebene - auf Kreise in der µ-Ebene - auf Kreis mit Mittelpunkt im Ursprung in der ζ-Ebene. Also (3.58): w̃(z) = w(ζ(z)) (3.63) 59 Das gesuchte w̃(z) ist nun einfach berechenbar. Kreiszylinder (3.52): R2 Γ ln ζ + v∞ ζ + w(ζ) = 2πi ζ ! Hier wird nun (3.60) eingesetzt w̃(z) = w(ζ(z)) und dw̃ dz berechnet usw... Hydro -Statik ungestörte Geschwindigkeit ~v = 0 = ~v gestörte Geschwindigkeit ⇒ stationäre, statische Lösungen -Kinematik -Dynamik ∂ = 0 statioäre Strömungen, aber ∂t ~v = 6 0 z.B. stationäre ebene Potentialströmungen ∂t 6= 0 ~v = 0 ~v ′ 6= 0 Wellen Instabilitäten ⇓ Oberflächenwellen Wellen in der Flüssigkeit ~v 6= 0 ~v ′ = 0 stationäre Strömungen ~v 6= 0 ~v ′ 6= 0 Wellen Instabilitäten 60 KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN Kapitel 4 Wellen 4.1 Schwerewellen Hierbei handelt es sich um Wellenausbreitung auf der Oberfläche einer Flüssigkeit unter dem Einfluss der Schwerkraft. Wir nehmen kleine Geschwindigkeiten an, so dass in der Euler-Gleichung ~ v vernachlässigt werden kann. der Term (~v · ∇)~ Inkompressibilität bedeutet ρ = const. ~ p + gz ∂t~v = −∇ ρ (4.1) ~ bedeutet, dass es sich um eine Potentialströmung handelt (∇×(4.1)= 0). Der Druck auf der Oberfläche sei konstant p = p0 . p = p0 = −ρgz − ∂Φ ρ ∂t (4.2) ~ Oder mit einem verallgemeinerten Geschwindigkeitspotential (~v = ∇Φ): p0 Φ̃ = Φ + t (4.3) ρ ~ Φ̃.) (Kein Einfluss auf ~v = ∇ ! ∂ Φ̃ gz + =0 ∂t Oberfläche (4.4) Sei ζ die vertikale Verschiebung der Flüssigkeitsoberfläche bei den Schwingungen (im Gleichgewicht: ζ = 0). ζ(x, y, t) Allgemein gilt: ∂ Φ̃ =0 Gζ + ∂t z=ζ 61 (4.5) 62 KAPITEL 4. WELLEN Es ist aber: ∂ Φ̃ ∂ζ = vz = ∂t ∂z z=ζ ⇒ ∂ζ 1 ∂ 2 Φ̃ =− ∂t g ∂t2 z=ζ ∂ Φ̃ 1 ∂ 2 Φ̃ + ∂z g ∂t2 bzw. (4.6) ! =0 (4.7) z=ζ Randbedingung an der freien Flüssigkeitsoberfläche unter Vernachlässigung der Oberflächenspannung. Kleine Schwingungen: ζ ≪ 1 ((4.7) auch an z = 0 gültig) Das Problem wird vollständig bestimmt durch ∆Φ̃ = 0 inkompressible Potentialströmung Erste Randbedingung: ∂ Φ̃ 1 ∂ 2 Φ̃ + ∂z g ∂t2 ! =0 (4.8) z=0 Wir nehmen an, dass im tiefen Wasser keine Abhängigkeit von den Randbedingungen am Boden besteht. Wir betrachten eine Schwerewelle die sich in x-Richtung ausbreitet und in y-Richtung homogen ist (∂y = 0). Wir suchen nach räumlich/zeitlich periodischen Lösungen. Φ̃ = f (z) cos(kx − ωt) k= 2π : λ (4.9) Wellenzahl, ω: Wellenfrequenz Laplace-Gleichung: d2 f − k2 f = 0 dz 2 (4.10) Tiefwasserlösung Es herrschen keine Randbedingungen für Grund z = −h. Die Lösungen mögen mit zunehmender Wassertiefe abnehmen: f (z) = Aekz |kh| = 2π h → ∞ für λ h≫λ (4.11) (Tiefwasser) 4.1. SCHWEREWELLEN 63 (f (z) ∼ e−kz impliziert eine unendliche Amplitude am Grund.) Φ̃ = Aekz cos(kx − ωt) ⇒ (4.12) Jetzt bleibt noch die Randbedingung aus (4.8) zu erfüllen. k− ω2 =0 g (4.13) ω(k): Dispersionsrelation Für die Geschwindigkeitskomponenten ergibt sich aus (4.12): vx = −Akekz sin(kx − ωt) vz = Akekz cos(kx − ωt) (4.14) lim vz = 0 z→−h vP hase = vG = dω 1 = dk 2 ω k r g k Phasengeschwindigkeit der Welle Gruppengeschwindigkeit der Welle (4.15) ≡ Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle Einschub: Phasen- und Gruppengeschwindigkeit Bemerkung: Bei Wellen mit linearer Dispersionsrelation (Schall, elektromagnetische Welle) ist vP hase = vG = const. Hier ist dies nicht der Fall und man muss unterscheiden. Wellenpakete und deren Ausbreitung Amplitude im k-Raum um k0 herum lokalisiert ⇒ A(k − k0 ) 64 KAPITEL 4. WELLEN Z∞ a(x, t) = −∞ dkA(k − k0 )ei(kx−ωt) 1.) Lineare Phasenbeziehung: ω = c · k Z∞ a(x, t) = dkA(k − k0 )eik(x−ct) −∞ Substituiere: k − k0 = k ′ Z∞ = ′ dk ′ A(k ′ )eik (x−ct) eik0 (x−ct) −∞ Z∞ ik0 (x−ct) = dk → dk ′ e| {z } ′ dk ′ A(k ′ )eik (x−ct) −∞ Phasenfaktor ei(k0 x−ω0 t) {z | } Fouriertransformierte von A(k′ ) Ã(x − ct) läuft mit c 2.) Allgemeine Phasenbeziehung ω = ω(k) i.A. nicht linear Lokalisiert um k0 herum: Taylorentwicklung dω (k − k0 ) + . . . ω(k) = ω0 + dk k0 a(x, t) = Z∞ −∞ i(kx−ω0 t− dω (k−k0 )t) dk |k dkA(k − k0 )e 0 wieder k − k0 → k ′ und dk → dk ′ = Z∞ i(k′ x+k0 x−ω0 t− dk ′ A(k ′ )e −∞ = i(k0 x−ω0 t) |e {z } Z∞ immernoch Phasenfaktor −∞ | läuft mit ωk00 = vP hase dω k′ t) dk k0 | ik′ (x− dω t) dk |k dk ′ A(k ′ )e {z 0 Fouriertransformiert t) Ã(x − dω dk k läuft mit Seichtwasserlösung Wir betrachten eine endliche Tiefe z = −h. Nun ist in 4.11 f (z) ∼ e−kz nicht mehr unphysikalisch. Φ̃ = (Aekz + Be−kz ) cos(kx − ωt) 0 dω dk k0 } = vG (4.16) 4.1. SCHWEREWELLEN 65 Auf dem Grund z = −h muss gelten (zweite Randbedingung): ∂ Φ̃ =0 ∂z z=−h (4.17) Ae−kh − Bekh = 0 (4.18) Man führt nun eine neue Konstante ein: 1 C = Ae−kh = Bekh 2 (4.19) Aus (4.16) folgt dann: C k(z+h) (e + e−k(z+h) ) cos(kx − ωt) 2 = C cosh(k(z + h)) cos(kx − ωt) Φ̃ = (4.20) Nun benutzt man die Randbedingung (4.8): ∂ Φ̃ 1 ∂ 2 Φ̃ + ∂z g ∂t2 ! =0 z=0 gk sinh(k(0 + h)) cos(kx − ωt) − ω 2 cosh(k(0 + h)) cos(kx − ωt) = 0 (4.21) Dispersionsrelation für Oberflächen-Schwerewellen im Seichtwasser: ω 2 = gk tanh(k(0 + h)) 1 dω = vG = dk 2 s " kh g tanh(kh) + k tanh(kh) cosh2 (kh) (4.22) # (4.23) Die Wellenlänge ist groß gegenüber der Tiefe h: |kh| ≪ 1 ω2 = gh k2 ⇒ tanh(kh) ≈ kh vP hase = ω p = gh k (4.24) Beispiel 1 Wenn man einen Stein ins Wasser wirft, entstehen viele Wellen, nicht nur eine. Das liegt an der nichtlinearen Dispersion. Beispiel 2 Wellen brechen erst am Strand, da erst dort h die Größenordnung von λ 66 KAPITEL 4. WELLEN erreicht. Beispiel 3 Schiffe im Wasser generieren Wellen, die im Fall der√Bugwelle mit der Geschwindigkeit des Schiffes laufen müssen. Für v ≪ gL können sich viele Wellenlängen unter dem Schiff befinden. Wenn v steigt, muß √ auch λ steigen, damit die Welle mit dem Schiff mitlaufen kann, für v ≈ gL paßt gerade noch eine Welle unter das Schiff ⇒ Maximale Geschwindigkeit für ein Schiff das nach √ diesem Prinzip fährt (Seglerjargon: “Länge läuft”). Für v ≫ gL (Erinnerung: Das bedeutet Froude ≫ 1) “gleitet das Schiff”, d.h. es schwebt auf seiner eigenen Bugwelle, ähnlich einem Überschallflugzeug (bei Motorbooten kann man auch sehen wie das Boot seine eigene Bugwelle “hochfährt”) Motorboot bei “Überschall” (v ≫ √ gL) 4.1. SCHWEREWELLEN 67 Motorboot mit v ≪ √ gL Quelle (und weitere Bilder): FLOW PAST MOUNTAINS (23. März 06) Schwerewellen innerhalb inkompressibler Fluide Im Schwerefeld ist die Dichte inhomogen. Wir betrachten Wellenströmung ~ · ~v = 0 deren Wellenlänge kleiner ist als die Inhomogenitätslänge (→ ∇ erfüllt), d.h. Dichteänderungen durch Druckänderungen werden vernachlässigt, aber infolge Entropieänderungen erlaubt. Anders gesagt: ∂ρ/∂t kann nicht aus der Kontinuitätsgleichung berechnet werden, aber es gibt dennoch eine Dichteströmung! ~ 0=0 ∂t s1 + ~v1 · ∇s (4.25) ρ1 = ∂s0 ρ0 |p s1 (4.26) ∂t~v1 = − ~ 1 ~g ∇p + ∂s0 ρ0 |p s1 ρ0 ρ0 | {z } p ~ 1 ≈∇ ρ 0 Es gilt: ~ ~v1 = v̂1 ei(k·~r−ωt) Und ebenso für s1 , p1 . Kontigleichung: ~ · ~v1 = 0 ∇ (4.27) 68 KAPITEL 4. WELLEN Denn: ~ 0 = ∂t s1 + ~v1 · ∇s ~ 0=0 ∂t ρ1 + ~v1 · ∇ρ ⇒ ~v1 · ~k = 0 Transversalwellen Also: ~ 0 iωs1 = ~v1 · ∇s (4.28) ~k 1 ∂s0 ρ0 |p s1~g − i p1 = ρ0 ρ0 ~ = ∂s0 ρ0 |p s1 (~g · k) −iω~v1 ik 2 p1 ⇒ s1 = i Aus (4.29) folgt: ~v1 = i | · ~k (4.29) (4.30) k 2 p1 ∂s0 ρ0 |p (~g · ~k) ~k ∂s0 ρ0 |p s1~g + p1 ωρ0 ωρ0 Und damit aus (4.28): ! ~k ∂s ρ0 |p s1~g ~ 0 + p1 · ∇s iωs1 = i 0 ωρ0 ωρ0 (4.31) s1 von oben eingesetzt: −ωk 2 p1 ∂s0 ρ0 |p (~g · ~k) = ~kp1 k 2 p1 ∂s0 ρ0 |p~g − + ωρ0 ∂s0 ρ0 |p (~g · ~k) ωρ0 ! ~ 0 · ∇s (4.32) ~ ~ 0 k 2 ∂s0 ρ0 |p~g · ∇s ~ 0 ∂s0 ρ0 |p (~g · k) (4.33) + ~k · ∇s ρ0 ρ0 2 ∂s0 ρ0 |p gdz s0 ∂s0 ρ0 |p gdz s0 cos θ − (4.34) ρ0 ρ0 −ω 2 k 2 = − −ω 2 = Damit also: ω 2 = ω02 sin2 θ ∂s 0 ρ = − Mit ω02 = − (4.35) 1 1 T ∂s v0 = − 2 ∂T0 v0 |p v02 0 v0 cp ∂s0 ρ|p g dz s0 ρ0 | >0 {z <0 } für dz s0 > 0 θ = 6 (~k, ~ez ) Erinnerung: dz s > 0 war die Bedingung für das Fehlen von Konvektion (vgl. (2.38)). Sie kann auch als “Stabiler Ast der Konvektion” bezeichnet werden und findet ihre Anwendung z.B. bei Meeresströmungen. 4.2. SCHALLWELLEN 4.2 69 Schallwellen Schallwellen sind Schwingungsbewegungen kleiner Amplitude in einer kompressiblen Flüssigkeit. Zur Erinnerung: Fluide sind in guter Näherung als inkompressibel anzusehen für Geschwindigkeiten v ≪ cs (aber ∆ρ ρ trotzdem klein). Schallwellen breiten sich mit cs aus. In Schallwellen wird die Flüssigkeit an jedem Ort abwechselnd verdichtet/komprimiert und verdünnt. Die Beschreibung erfolgt mit Hilfe linearisierter Kontinuitäts- und Eulergleichung (da jetzt kompressibel). ∂ρ ~ + ∇ · (ρ~v ) = 0 ∂t ∂~v ~ ~ v = − 1 ∇p + (~v · ∇)~ ∂t ρ ρ = ρ0 + ρ1 (4.36) (4.37) ; p = p0 + p1 ρ0 , p0 seien konstante Dichte und Druck im Gleichgewicht, ~v0 = 0. ρ1 , p1 seien die Änderungen von Dichte und Druck in der Schallwelle mit ρ1 ≪ ρ0 , p1 ≪ p0 . Die Störgrößen in 2-ter Ordnung werden vernachlässigt. Linearisierte Konti- und Eulergleichung: ∂ρ1 ~ · ~v1 = 0 + ρ0 ∇ ∂t ∂~v1 1 ~ + ∇p 1 = 0 ∂t ρ0 (4.38) (4.39) Eine Schallwelle in einer idealen Flüssigkeit stellt einen adiabatischen Vorgang dar. Die Änderung von p(ρ, s) erfolgt nur gemäß ρ im adiabatischen Fall. ∂p p= ρ ∂ρ s |∂t ∂p1 ∂p0 ~ + ρ0 ∇ · ~v1 = 0 ∂t ∂ρ0 s | {z } (4.40) =c2s ~v1 ist wirbelfrei (siehe (4.39)). Außerdem: Wenn Schall aus der Ruhe entstünde, wäre er mit Wirbeln verbunden (Helmholtzsche Wirbelsätze). ~ 1 ~v1 = ∇Φ 70 KAPITEL 4. WELLEN Aus (4.39) folgt: p1 = −ρ0 ∂Φ1 ∂t (4.41) Eingesetzt in (4.40): ∂ 2 Φ1 − c2s △φ1 = 0 mit cs = ∂t2 s ∂p0 ∂ρ0 s (4.42) Mit ∂t (4.40), (4.39) ist dies ebenso erfüllt, also ist p1 Wellengleichung, und damit auch ρ1 (p1 = c2s ρ1 ). Liegt nur eine Abhängigkeit von einer Koordinate vor, so handelt es sich um ebene Wellen. 1 ∂x2 Φ1 − 2 ∂t2 Φ1 = 0 (4.43) cs Variablentransformation: ξ = x − cs t η = x + cs t (4.44) 2 ⇒ ∂ξη Φ1 = 0 (4.43) (4.45) ∂η Φ1 = F1 (η) (4.46) Integration über ξ: Integration über η liefert die allgemeine Lösung im 1-dim. Fall: Φ1 = f1 (η) + f2 (ξ) = f1 (x + cs t) + f2 (x − cs t) (4.47) Selbiges kann man für ρ und p durchführen. Die Form von f ist hier noch nicht spezifiziert. Sei f1 = 0. Hat z.B. die Dichte zur Zeit t = 0 am Ort x den Wert f2 (x), so hat sie nach der Zeit t am Ort x′ = x + cs t den selben Wert. ⇒ f1 bzw. f2 beschreibt die fortschreitende ebene Welle in negativer bzw. positiver x-Richtung. Nebenrechnung zu (4.45): ∂Φ ∂ξ = = ∂η ∂Φ 1 ∂Φ − ∂x cs ∂t = = ∂Φ ∂x 1 ∂Φ cs ∂t + ∂x ∂ξ cs ∂t ∂ξ 1 ∂Φ ∂Φ − ∂x cs ∂t ∂ ∂Φ ∂x − 1 ∂Φ cs ∂t ∂x 1 ∂2Φ − ∂x2 c2s ∂t2 ∂2Φ ∂x ∂ + ∂η ∂Φ ∂x − 1 ∂Φ cs ∂t cs ∂t cs ∂t ∂η 4.2. SCHALLWELLEN 71 Jede beliebige Welle lässt sich als Summe ebener, monochromatischer (alle Größen sind einfache periodische Funktionen der Zeit) Wellen mit verschiedenen Wellenvektoren und Frequenzen darstellen (Fourier- / Spektraldarstellung). Monochromatische Welle: ~ Φ = Re{Aei(k·~r−ωt) } (4.48) ~k = ω ~n = 2π ~n: Wellenzahlvektor cs λ ~n: Einheitsvektor in Ausbreitungsrichtung A = aeiα : komplexe Amplitude (durch geeignete Wahl der Anfangsbedingungen immer reell schreibbar) α: Phase ebene Welle ∼ cos(kx − ωt + |{z} α ) evtl. (Vergleiche Oberflächen-Schwerewellen) Bewegte Schallquellen Im ruhenden Medium ist ω = cs · k. Wenn sich das Medium mit v bewegt, kann man 2 Fälle unterscheiden: a) Medium und Schallquelle bewegen sich, z.B. ein Punktstrahler (Kugelwellen) ⇒ konzentrische Kreise, äquivalent zum ruhenden System und relativ zum Medium bewegtem Beobachter ⇒ k bleibt erhalten, aber c → c + v ⇒ ω =c·k ωBeobachter = (c + v)k = ω0 1 + v c Genauer: Man muss den Winkel zwischen ~v und ~k berücksichtigen: ⇒ ωBeobachter = ω0 ~k · ~v 1+ c ! = ω0 1 + v cos θ c 72 KAPITEL 4. WELLEN Mach0.0.mpg b) Schallquelle bewegt sich relativ zum Medium, Beobachter ruht im Medium ⇒ verschobene Kreise! Die Wellenlänge wird längs der Bewegungsrichtung reduziert: λBeobachter = λ0 − v · T0 2π T0 = ω0 Für den Beobachter (im Medium) breitet sich die Welle mit c aus: ω= 2πc 2πc 2πc 1 1 = = = ω0 0 λBeobachter λ0 − vT0 λ0 1 − vT 1 − λ0 v c Mach0.3.mpg Nebenbemerkung: Diese beiden Fälle sind offensichtlich nicht äquivalent (ausser im Limit 1 0, wenn 1−v/c ≈ 1 + vc ) v c → 4.2. SCHALLWELLEN 73 Unterschied zur elektromagnetischen Welle (Licht): Es gibt ein Medium, also einen “Äther”, welches ein Bezugssystem auszeichnet (nämlich das mit v bewegte)! Daher auch verschiedene Grenzfälle für vc → 1: Beobachter bewegt sich relativ zum Medium: ω = 2ω0 Quelle bewegt sich relativ zum Medium: ω → ∞ Was passiert hier? ⇒ Alle Wellen addieren sich in Phase am Bug auf ⇒ “Überschallknall” Für v > c : Schall läuft nicht mehr vor Quelle her Mach1.3.mpg sin α = c v ⇒ sin α = 1 Ma v c ⇒ “Mach’scher Kegel”, nur Beobachter innerhalb des Kegels hören etwas! mit Machzahl M a = Fuer M a > 1 trifft eine Strömung daher “blind” auf ein Hindernis, sie kann sich nicht an die durch ein Strom aufwärts befindliches Hindernis erzwungene Randbedingung anpassen (für M a < 1 baut sich vor dem Hindernis der Staudruck auf; durch ihn erhält die Strömung Kenntnis von einem Strom aufwärts befindlichen Hindernis). Dies führt zur Ausbildung sogenannter Stoßwellen beim Auftreffen einer Ueberschallströmung auf ein Hindernis (siehe Kap. 5). Für M a > 1 qualitativ neue Physik ⇒ siehe Kapitel 5 74 KAPITEL 4. WELLEN Bemerkung: Für M a ≥ 1 ist Inkompressibilität keine gute Annahme und die thermodynamische Zustandsgleichung muss mitgenommen werden (diese hatten wir ~ · ~v = 0 ersetzt). durch ∇ ⇒ Dieses Gebiet heisst auch “Gasdynamik” Die Energie einer Schallwelle Energiedichte pro Volumeneinheit des Fluids: E = ρǫ + ρ ρ = ρ0 + ρ1 v2 2 ǫ = ǫ0 + ǫ1 v = v1 Die mit 1 indizierten Werte stellen die Abweichung von den Werten im ruhenden Fluid dar. Entwicklung bis zur 2. Ordnung in den Störgrößen um ρ0 : E = ρ0 ǫ0 + ρ1 ∂ρ |ρ=ρ0 (ρǫ) + ρ21 2 ρ2 ∂ρ |ρ=ρ0 (ρǫ) + 0 v12 2 2 (4.49) Die Vorgänge in Schallwellen laufen adiabatisch ab. dǫ = T |{z} ds + =0 p dρ ρ2 (2.55) Daher entwickelt man in (4.49) nur um ρ0 (ǫ ändert sich wie ρ). Die Ableitungen in (4.49) sind also bei konstanter Entropie zu bilden. ∂ρ |ρ=ρ0 (ρǫ)|s = ǫ0 + p0 = w0 ρ0 spezifische Enthalpie dǫ = T ds − pdV (4.50) dw = T ds + V dp ∂ρ2 (ρǫ)|s = ∂ρ w|s = ∂p w|s ∂ρ p|s (4.51) | {z } →c2s Mit (4.50) folgt: ∂ρ2 (ρǫ)|s = c2s ρ (4.52) Energie des Fluids pro Volumeneinheit: E = ρ0 ǫ0 + ρ1 w0 + ρ0 ρ21 c2s + v12 2ρ0 2 (4.53) 4.2. SCHALLWELLEN 75 R Da die Gesamtmenge des Fluids unverändert bleibt ( ρ1 dV = 0) ergibt sich für die gesamte Energieänderung des Fluids durch die Schallwelle: E= Z ρ21 c2s ρ0 + v12 2ρ0 2 ! {z } | dV (4.54) Dichte der Schallenergie Nun betrachten wir den Fall einer ebenen, in positiver x-Richtung fortschreitenden Welle: v1 = ∂x Φ1 = f ′ (x − cs t) (4.55) Der Strich steht hier für die Ableitung nach dem Argument in Klammern. Euler-Gleichung 1-dim. räumlich integriert: p1 = −ρ0 ∂t Φ1 = ρ0 cs f ′ (x − cs t) Also: v1 = ⇒ ρ21 = p1 ρ 0 cs (4.56) mit p1 = c2s ρ1 v12 ρ20 c2s p21 = c4s c4s ⇒ ρ1 = v1 ρ 0 cs Damit folgt aus (4.54): E= Z ρ0 v12 dV (4.57) 76 KAPITEL 4. WELLEN Kapitel 5 Kompressible Strömungen Stationäre Strömungen mit beliebiger Machzahl ⇒ isentrop, d.h. w kann anstelle von p/ρ benutzt werden ⇒ stationär, d.h. Bernoulli gilt nach wie vor! v2 + w = const. auf einer Stromlinie 2 Erinnerung: Wenn auf der Stromlinie irgendwo v = 0 ist, dann ist dort w = w0 und es gilt: w0 = v2 +w 2 ⇒ maximale Geschwindigkeit auf einer Stromlinie vmax = d.h. T = 0 (Ausströmen ins Vakuum). (5.1) √ 2w0 für w = 0, Beispiel: Großer Kessel Jetzt berechnen wir die Massenstromdichte ρ · v als Funktion der Geschwindigkeit v auf einer Stromlinie d(ρv) dρ =v +ρ dv dv (5.2) dρ Nun muss also dv berechnet werden. ~ v = −∇w ~ folgt längs einer StromAus der stationären Eulergleichung (~v · ∇)~ linie: 2 ~ ~ v = −∇w ∇ 2 ⇒ 77 d v2 = −dw 2 (5.3) 78 KAPITEL 5. KOMPRESSIBLE STRÖMUNGEN Mit dw = T ds + dp ρ vdv = −dw = − folgt wegen s = const. (ds = 0) auf einer Stromlinie: dp ρ ⇒ dp = −ρv dv ⇒ dρ dρ dp 1 = = − 2 ρv (5.4) dv dp dv cs Einsetzen in (5.2) ergibt: v2 d(ρv) =ρ 1− 2 dv cs ! (5.5) ⇒ ρv nimmt für v < cs mit v zu ρv nimmt für v > cs mit v ab. ⇒ Maximaler Massenfluss für v = c (da ρ abnimmt)! Unterschall Ma < 1 Überschall Ma > 1 Der maximale Fluß wird auch durch “∗” gekennzeichnet, also ρ∗ , v∗ (= c∗ ) am Maximum √ (N.B.: c variiert mit T !, ist keine Konstante in kompressibler Strömung!) Diese kritischen Größen können explizit mit denen bei v = 0 verknüpft werden, wenn man eine Zustandsgleichung hinzunimmt. Annahme: ideales Gas, d.h. die Enthalpie schreibt sich als w =ǫ+p·V ideales Gas ⇒ 1 ǫ = Energie pro Masseneinheit, V = ρ f w = V · nkT | {z } +pV = 2 =p (5.6) f p +1 2 ρ f : Zahl der Freiheitsgrade Mit γ= f +2 f ist w= c2 γ p = γ−1ρ γ−1 ⇒ f γ +1= 2 γ−1 Enthalpie des idealen Gases (5.7) 79 Einsetzen in die vorherigen Beziehungen ergibt: vmax = √ 2w0 = c0 s 2 γ−1 (5.8) Erinnerung: Der Index “0” entspricht Punkt mit v = 0. In der Praxis: Kleine v, z.B. Eintritt in Strömungskanal Aus w + v2 2 = w0 folgt auch w∗ + v∗2 2 c2 c20 c2∗ + ∗ = γ−1 2 γ−1 = w0 und mit v∗ = c∗ folgt ⇒ c∗ = c0 s 2 γ+1 (5.9) und damit vmax = c∗ s γ+1 γ−1 (5.10) Die Geleichung für die Temperatur längs der Stromlinie leitet sich folgendermaßen ab: v2 w0 = w + 2 c20 c2 v2 = + γ−1 γ−1 2 ⇒ Und wegen c2 = γ kT m ist c2 c20 = T T0 , T (v/c∗ ) = T0 2 ⇒ c = γ − 1 v2 1− γ + 1 c2∗ c20 ! und damit γ − 1 v2 · 1− γ + 1 c2∗ ! (5.11) Die Dichte längs der Stromlinie lässt sich aus der Adiabatengleichung berechnen: p p0 = const. = γ γ ρ ρ0 ⇒ p = p0 ρ ρ0 γ ⇒ ρkT = ρ0 kT0 ρ ρ0 γ ⇒ T = T0 ρ ρ0 γ−1 Und damit: ρ = ρ0 T T0 1/(γ−1) = ρ0 γ − 1 v2 1− γ + 1 c2∗ !1/(γ−1) (5.12) Damit kann jetzt ρ · v als Funktion von v explizit angegeben werden: ρ · v = vρ0 γ−1 1− γ+1 v c∗ 2 !1/γ−1 γ−1 v = ρ 0 c∗ 1 − c∗ γ+1 v c∗ 2 !1/γ−1 √ γ+1 2 Probe: Für vmax = c2∗ γ−1 werden T , ρ und ρ · v gleich Null. √ ⇒ Plot von T , ρ und ρ√ · v für Luft (γ = 1.4) ⇒ vmax = 6 = 2.44 Maximal für v = c∗ (5.13) 80 KAPITEL 5. KOMPRESSIBLE STRÖMUNGEN Die Grafiken wurden erzeugt mit Gasdynamik.mws Praktische Anwendung: Strömung durch eine Düse Hier setzt man voraus, dass sich der Querschnitt “adiabatisch” ändert, d.h. dh dx ≪ 1. Damit können Aussagen für Stromlinien direkt übertragen werden. Annahme: Strömungsparameter konstant über Querschnitt (Näherung für dh dx ≪ 1) Anwendung der Kontigleichung: KontinuitätR des Massenstromes: I = F · ρ · v (eigentlich ρ · ~v · dF~ , aber man nimmt Konstanz über den Querschnitt an) F I = const. = F1 · ρ1 · v1 = F2 · ρ2 · v2 ⇒ ρ 2 v2 F1 = ρ 1 v1 F2 (5.14) 81 Wenn der Querschnitt in Stromrichtung abnimmt (Kompressionsdüse), muss ρ · v zunehmen. Da ρ mit v immer abnimmt (siehe oben) ⇒ Einströmen mit M a < 1 ⇒ v nimmt zu Einströmen mit M a > 1 ⇒ v nimmt ab (!) In einer Kompressionsdüse ist F am Ausgang minimal, also ist ρ · v am Düsenausgang maximal ⇒ Beim Einströmen mit M a < 1 wird M a = 1 erst am Ende der Düse erreicht (egal, wie hoch der Druck am Eingang ist)! Denn: Wenn M a bereits vorher = 1 wäre, gäbe es für den folgenden Bereich kein M a, bei dem eine höhere Massenstromdichte erreicht werden könnte. In einer Düse zur Erzeugung von Überschall muss an die Kompressionsstrecke eine Expansionsstrecke anschließen (Laval-Düse). Rechenanweisung für ein vorgegebenes Profil h(x) (in der Regel nicht analytisch möglich) mit I = const. und F (x) = πh2 (x): Berechne ρ · v aus z.B. M a∗ = 1 bei F = minimal und daraus v(x) (numerisch!), daraus wiederum ρ(x), T (x), p(x), alles als Funktionen der Eingangsdaten. Siehe auch Gasdynamik.mws. Bis jetzt wurden stationäre Strömungen mit stetigen Änderungen von p, ρ,... behandelt. Wenn man nun zur Ausbreitung von Strömungen mit großer Amplitude, v1 “beliebig”, übergeht, bricht die Linearisierung zusammen. Was passiert nun? Linearisierung: Schallwelle ändert das Medium nicht Große Strömung wird auch das Medium verändern Wenn hinter der Wellenfront√T > T0 , läuft die Welle hinter der Front schneller ⇒ Aufheizen (c ∼ T !) 82 KAPITEL 5. KOMPRESSIBLE STRÖMUNGEN Beispiel: Explosion Frontbreite nur durch freie Weglänge der Gasteilchen bestimmt (sonst 0!) ⇒ “Stoßwelle”, Änderung der Parameter (z.B. Dichte) durch die Front unstetig Vorkommen: Geschosse, Flugzeug, Explosion Quelle: DGLR - Ludwig Prandtl Gedächtnis-Vorlesung (03. April 06) Quelle: DGLR - Ludwig Prandtl Gedächtnis-Vorlesung (03. April 06) Quelle: TUM - Modulvorstellung Numerische Simulation (03. April 06) 83 Quelle: TUM - Modulvorstellung Numerische Simulation (03. April 06) Quelle: Weite Schüsse (03. April 06) Bemerkung: Stoßwelle löst auch das Paradoxon der “blinden” M a > 1 Strömung auf ⇒ das passiert am Übergang zu M a > 1! Die thermodynamischen Größen ändern sich unstetig, aber die erhaltenen Größen ändern sich stetig, Masse fließt durch Front hindurch (keine “Wand”, Verdichtungsstoß) Bilanzgleichungen (Erinnerung an Kapitel 1): ∂ρ ~ · (ρ~v ) Massenerhaltung = −∇ ∂t ∂(ρ~v ) ~ + ρ~v ⊗ ~v ) Impulserhaltung = −∇(p ∂t 2 !! ∂ ρ v2 + ǫ v2 ~ = −∇ · ρ~v +ω ∂t 2 (5.15) (5.16) (5.17) Bemerkung: Wie üblich ist das kein geschlossenes System, aber wenn man eine Zustandsgleichung hinzunimmt (z.B. adiabatisch, dS = 0, dw = − dp ρ ), dann wird es eins. Die Bilanzgleichungen kann mann über die Stoßfront hinweg benutzen: ∂ ∂t → 0 ⇒ Stationäre Zustände, Bezugssystem in dem die Stoßfront ruht, eindimensional. Z.B. Kolben, der eine Welle vor sich her drückt: ~v1 = −~vF ront ~v2 = ~vKolben − ~vF ront 84 KAPITEL 5. KOMPRESSIBLE STRÖMUNGEN (Genauere Behandlung folgt später) Wie behandelt man eine Bilanzgleichung? ∂ρ ~ · (ρ~v ) = −∇ ∂t ∂ ∂t ⇒ Z ρdV = − Z ~v · (ρ~v )dV = − I ρ~v · dF~ ∂ ∂t → 0 ⇒ ρ · ~v ist Fluß durch die Fläche, der erhalten bleibt. Eindimensional, x-Richtung: ⇒ ρ 1 v1 = ρ 2 v2 (5.18) Aus der Ernergie-Bilanzgleichung erhält man analog: ρ 1 v1 v12 + w1 2 ! v22 + w2 2 = ρ 2 v2 ! ⇒ v12 v2 + w1 = 2 + w2 2 2 (5.19) Für den Impuls ergibt sich: 0= Z ∂(ρ~v ) dV = − ∂t I (p + ρ~v × ~v )dF~ (Allg: dFk = dV ∂ ) ∂xk ⇒ Impuls ist ein Vektor, der durch die Fläche hindurch transportiert wird. Πik = pδik + ρvi vk : i-te Komponente des Impulses wird durch Fläche in k-Richtung transportiert. Hier: x-Richtung, d.h. ~ dF ~| |dF = (1, 0, 0) p + ρvx2 ρvx vy ρvx vz 1 ρvy vx p + ρvy2 ρvy vz · 0 = 0 ρvz vx ρvz vy p + ρvz2 p + ρvx2 ρvy vx ρvz vx | {z (5.20) } Impulsstrom (3 Komp.) der durch x-Fläche hindurchfließt ⇒ 3 Bedingungen, aber in unserer Geometrie ist nur die x-Komponente relevant ⇒ p1 + ρ1 v12 = p2 + ρ2 v22 3 Bilanzgleichungen → 3 Beziehungen zwischen 1 und 2 Einsetzen der Definition des (Massen-)Stromes durch die Fläche j = ρ 1 v1 = ρ 2 v2 v1 = j/ρ1 v2 = j/ρ2 (5.21) 85 in die Impulsbilanz ergibt: p1 + j2 j2 = p2 + ρ1 ρ2 ⇒ j2 = p2 − p1 ρ1 ρ2 ρ2 − ρ1 Damit j 2 > 0 muss also gelten: p2 > p1 und ρ2 > ρ1 , oder p2 < p1 und ρ2 < ρ1 Unter Berücksichtigung des 2. Haupsatzes (S2 > S1 ) findet man (ohne Beweis), dass nur p2 > p1 und ρ2 > ρ1 auftritt (“Verdichtungsstoß”) Einsetzen in die Energiebilanz ergibt: j2 j2 = w + 2 2ρ21 2ρ22 1 p2 − p1 ρ1 ρ2 2 j 2 ρ22 − ρ21 = (ρ − ρ21 ) 2 2 2 ρ1 ρ2 2 ρ2 − ρ1 ρ21 ρ22 2 ρ2 + ρ1 1 (p2 − p1 ) 2 ρ1 ρ2 w1 + ⇒ w2 − w1 = = “Hugoniot’sche Adiabate” Folgerung aus dieser Adiabate: Sekantensteigung: − p2 − p1 p2 − p1 =− ρ1 ρ2 = −j 2 1/ρ1 − 1/ρ2 ρ2 − ρ1 Man sieht sofort: Im Punkt 1 ist ∂p ∂p = −ρ2 > −j 2 ∂1/ρ ∂ρ 86 KAPITEL 5. KOMPRESSIBLE STRÖMUNGEN (−j 2 ist negativer als ∂p ∂1/ρ , Sekante ist steiler als die Kurve!) j2 ∂p < = v12 ∂ρ 1 ρ21 ⇒ ∂p ∂p ≈ ∂ρ Mit ∂ρ folgt c21 < v12 und damit M a1 > 1 !! S (Diese Näherung ist gut erfüllt) Analog: M a2 < 1, Stoßfront vermittelt immer Übergang von Über- zu Unterschall Normale Adiabate: p = const. · ργ ⇒ p1 = const. · ργ1 ⇒ const. = p1 ργ1 unabhängig von der Wahl von p1 und ρ1 . ⇒ ρ2 = ρ1 p2 p1 1/γ ⇒ Nur eine Kurve, unabhängig vom Anfangszustand, dagegen Hugoniot: Zweiparametrige Schar, Verlauf der Adiabate hängt vom Anfangspunkt ab. Die Stoßadiabate verläuft steiler als die “normale” Adiabate Die Stoßadiabate variiert mit p1 und ρ1 , die “normale” Adiabate nicht Siehe auch stoss adiabate.mws Konkretes Beispiel (wie immer) ideales Gas, w = ⇒ γ (p2 /ρ2 − p1 /ρ1 ) = γ−1 .. . ρ2 = ρ1 γp (γ−1)ρ = c2 γ−1 1 ρ2 + ρ1 (p2 − p1 ) 2 ρ2 ρ1 (γ + 1)p2 + (γ − 1)p1 (γ + 1)p1 + (γ − 1)p2 87 Temperaturen: ρ 2 T2 p2 = ρ 1 T1 p1 T2 p2 (γ + 1)p1 + (γ − 1)p2 = · T1 p1 (γ + 1)p2 + (γ − 1)p1 ⇒ Geschwindigkeiten: Differenz v1 − v2 = j 1 1 − ρ1 ρ2 = ... = s (p2 − p1 )(ρ2 − ρ1 ) ρ2 ρ1 Grenzfälle: • “schwacher Stoß”, p2 ≈ p1 ρ2 →1 ρ1 T2 →1 T1 v1 − v2 → 0 (v1 → c+ v2 → c− ) ⇒ Schallwelle, linearisierte, kleine Störung • “starker Stoß”, p2 ≫ p1 ρ2 γ+1 → ρ1 γ−1 p2 γ − 1 T2 → T1 p1 γ + 1 5 beschränkt (4 für γ = ) 3 unbeschränkt Bei beliebig starkem Stoß kann Dichte nicht über der Rest der Energie geht in Entropie (T ). γ+1 γ−1 erhöht werden, Abhilfe: Serie von Stößen “pulse shaping”: Die Kompressionswelle läuft nacht innen, wird reflektiert und dann muss die Intensität erhöht werden. Beispiel: Trägheitsfusion (= ˆ Kompression eines Wasserstoffpellets durch Laserstrahlung Schließlich nochmal zurück zum System Kolben-im-Rohr: 88 Es ist KAPITEL 5. KOMPRESSIBLE STRÖMUNGEN vF ront −v1 v1 1 v1 = = = =− vKolben v2 + vF ront v2 − v 1 v1 − v 2 1 − vv21 Kontinuitätsgleichung: ρ 1 v 1 = ρ 2 v2 Für einen starken Stoß ergab sich ⇒ ρ2 ρ1 ⇒ → v2 ρ1 = v1 ρ2 γ+1 γ−1 γ + 1 γ= 35 4 vF ront 1 = = → vKolben 2 3 1 − γ−1 γ+1 ⇒ Die Front läuft vor dem Kolben (Stoßerzeuger) her und bewegt sich relativ von ihm weg (vF ront = 34 · vKolben ). Kapitel 6 Viskose Fluide 6.1 Die Navier-Stokes-Gleichung Bisher haben wir uns ausführlich mit idealen Flüssigkeiten beschäftigt. Jetzt betrachten wir Flüssigkeiten mit Energiedissipation (keine Wärmeleitung). Dissipation ≡ innere Reibung (Zähigkeit) Diese Prozesse bringen die immer mehr oder weniger vorhandene thermodynamische Irreversibilität der Strömung zum Ausdruck. Bewegung zäher Flüssigkeiten ⇒ Bewegungsgleichung für ideale Flüssigkeiten + Zusatzterme zur Beschreibung der Reibungskräfte Die Kontigleichung gilt für beliebige Flüssigkeiten. (Massenerhaltung ist von viskosen Effekten unbeeinflusst.) Die Euler-Gleichung muss geändert werden! Ideale Formulierung: ∂ ∂ (ρvi ) = − Πik ∂t ∂xk Πik : ≡ ≡ (6.1) Tensor der Impulsstromdichte rein reversible Impulsübertragung mechanische Fortbewegung der verschiedenen Flüssigkeitsteile von einem Ort zum anderen + die in der Flüssigkeit wirkenden Druckkräfte Πik |ideal = pδik + ρvi vk (6.2) Die Zähigkeit (innere Reibung) der Flüssigkeit äußert sich im Auftreten einer zusätzlichen irreversiblen Impulsübertragung von einem Ort mit größerer Geschwindigkeit an einen Ort mit kleinerer Geschwindigkeit. 89 90 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE Ergo: ′ das den zähen, Zum idealen Impulsstrom kommt ein zusätzliches Glied σik irreversiblen Impulstransport in der Flüssigkeit angibt: ′ Πik |nichtideal = pδik + ρvi vk − σik = −σik + ρvi vk (6.3) ′ σik = −pδik + σik (6.4) Der Tensor heißt Spannungstensor. ′ σik ≡ zäher Spannungstensor (Reibungstensor) σik : Gibt den Teil des Impulsstromes an, der nicht mit dem unmittelbaren Transport des Impulses gemeinsam mit der Masse der bewegten Flüssigkeit zusammenhängt. ′ aus? Wie sieht σik Exakte Herleitung aus dem 1. Moment der Boltzmann-Gleichung → Stoßintegral (kompliziert aber machbar)! Phänomenologisches zur inneren Reibung Zwischen einer bewegten und einer ruhenden Platte bildet sich ein lineares (stationäres) Geschwindigkeitsprofil aus. Sein Gradient bestimmt die zum Verschieben nötige Kraft. Um die Platte der Fläche A mit konstanter Geschwindigkeit ~v parallel zur Wand zu verschieben braucht man eine Kraft: ~v F~ = ηA ∆z (6.5) kg η: Viskosität (Eigenschaft der Flüssigkeit) [η] = ms A im Zähler ist klar (je größer, desto mehr Kraft). ~v im Zähler ist klar (je schneller, desto mehr Kraft). Schichtdicke im Nenner? Es handelt sich nicht um Reibung zwischen Flüssigkeit und Festkörper die an den Wänden angrenzenden Schichten haften an diesen - sondern um Reibung zwischen den einzelnen Flüssigkeitsschichten: Je kleiner ∆z bei gegebenem ~v , desto schneller müssen die einzelnen Molekülschichten übereinander weggleiten. 6.1. DIE NAVIER-STOKES-GLEICHUNG 91 Im Spalt zwischen den ebenen Platten ändert sich die Strömungsgeschwindigkeit ~v linear mit der Koordinate z. Im allgemeinen Fall ist dieser Zusam~v menhang nicht linear. Dann kann man F~ ∼ A ∆z nur jeweils auf eine sehr dünne Schicht dz anwenden. An ihr muss beiderseits die Kraft d~v F~ = ηA dz angreifen, wobei auch noch A hinreichend klein sein muss, falls sich recht zu z ändert. Wie reden besser von der viskosen Schubspannung. ση = dF dv =η dA dz (6.6) d~v dz senk- (6.7) Kraft pro Fläche = Druck. ′ . ση ist nur Teil einer Komponente des Reibungstensors σik Eine Strömung, deren Verhalten durch die innere Reibung bestimmt wird, heißt laminare oder schlichte Strömung (Gegensatz: turbulente Strömung). Flüsse oder Wasser in Leitungen sind i.A. turbulent! Die Blutzirkulation ist laminar. In laminaren Strömungen gleiten selbst dünne Flüssigkeitsschichten übereinander. Bei turbulenten Strömungen wirbeln sie ineinander. Ein theoretisches Kriterium ob eine laminare oder turbulente Strömung vorliegt gibt die Reynolds-Zahl (siehe später). Reibungskräfte in strömenden Flüssigkeiten Wir betrachten ein Volumenelement dV = dxdydz in einer Flüssigkeit, in der die Strömung in y-Richtung erfolgt und ein Geschwindigkeitsgefälle in x-Richtung hat. Auf die linke Stirnfläche eines Volumenelements wirkt die Kraft: ∂v dydz dF1 = −η ∂x links (6.8) 92 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE Analog ist die Kraft entgegengesetzter Richtung auf die rechte Stirnfläche bestimmt durch das dortige Gefälle, das einen anderen Wert haben kann. ! (6.9) ∂2v ∂2v dxdydz = η dV ∂x2 ∂x2 (6.10) ∂v dF2 = η dydz = η ∂x rechts ∂v ∂2v dx dydz + ∂x links ∂x2 Taylor-Entwicklung dFr = dF2 + dF1 = η ist nur dann verschieden von Null, wenn das Geschwindigkeitsprofil gekrümmt ist (sonst gibt es zwar Drehmomente, aber keine translatorischen Kräfte). Wenn sich die Geschwindigkeit nicht in x-Richtung ändert, leistet jede Koordinate ihren Beitrag: dFr = η∆vdV = η ∂2v ∂2v ∂2v + + ∂x2 ∂y 2 ∂z 2 Laplace-Operator: ∆= ! dV (6.11) ∂2 ∂2 ∂2 + + 2 2 2 ∂x ∂y ∂z Die Kraftdichte, d.h. Kraft pro Volumen, für die innere Strömung ist vektoriell gegeben durch: f~r = η∆~v = ρ∂t~v (6.12) Nach Newton überträgt die Kraftdichte Beschleunigung auf das Volumenelement. In Kombination mit der Euler-Gleichung ergibt sich: ∂~v ~ + η ∆~v ~ v = − 1 ∇p + (~v · ∇)~ ∂t ρ ρ (6.13) Navier-Stokes-Gleichung (für inkompressible Flüssigkeiten) Für kompressible Flüssigkeiten: ∂~v ~ + η ∆~v + ξ + η ∇( ~ ∇ ~ · ~v ) ~ v = − 1 ∇p + (~v · ∇)~ ∂t ρ ρ 3 (6.14) η = Scherungskoeffizient/Viskosität, ξ = Kompressionskoeffizient der Viskosität und ν = ηρ heißt kinematische Viskosität. Anwendung der Navier-Stokes-Gleichung im laminaren Bereich: Strömung zwischen bewegten Platten 6.1. DIE NAVIER-STOKES-GLEICHUNG 93 Das System sei auch in x-Richtung unendlich ausgedehnt. Laminare Strömung: vx ~v = 0 0 ∂vx = 0 (Kontinuitätsgleichung mit ρ = const.) ∂x Der äußere Druck sei konstant (Bewegung kommt durch Plattenbewegung) ∂p =0 ∂x ⇒ Navier Stokes stationär: ∂~v =0 ∂t ~ v → vx (~v · ∇)~ ∂ vx = 0 ∂x | {z } =0 x-Komponente: ⇒ 0=η ∂ 2 vx ∂y 2 ⇒ vx = c1 · y + c 2 Randbedingungen: ⇒ y-Komponente: vx (0) = 0 ⇒ c2 = 0 vP vx (h) = vP ⇒ c1 = h vP vx (y) = · y (unabhängig von η!) h ∂p = 0 ⇒ p = const. ∂y Die Kraft, die benötigt wird, um die Platte mit vP zu bewegen, hängt jedoch von η ab! Berechnung: Kraf ti ∂ ∂ (ρvi ) = =− Πik ∂t V olumen ∂xk 94 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE ⇒ Kraft: Ki = − Z ∂ Πik dV = − ∂xk I Πik · dFk “Skalarprodukt mit Tensor” Wenn das Volumen klein ist, ist Πik ≈ const. und man kann das Integral weglassen. dKi = −Πik nk dF nk ist Normalenvektor in k-Richtung ⇒ dKi = −(ρvi vk + pδik − σik )nk dF An der Wand ist vk · nk = 0 (kein Fluß in die Wand) ∂vi ∂vk dKi = −pδik + η + dF ∂xk ∂xi (inkompressibel, d.h. ∂vj ∂xj nk = 0) In unserem Beispiel: n = (0, −1, 0) bei x = h ⇒ dKi dF = pδi2 ↓ Ky = p · F −η ∂vi ∂x2 ↓ ∂vx ∂y y h Term verschwindet da vy in x-Richtung (da vy = vz = (Scherkraft) Mit vx = vP · 2 + ∂v ∂xi ↓ =0 0) folgt Kx = −F η ∂vx vP = −F η ∂y h als Gegenkraft zur Scherkraft. Bei x = 0 ist n = (0, 1, 0) ⇒ Kraft in Richtung der Flüssigkeit, “Mitreißen” Generell: Druck senkrecht zur Wand, Schwerkraft parallel zur Wand Skizzierter Nachweis von (6.14): ′ : Also zurück zu der Frage nach der Gestalt von σik (6.1) : (6.3) : ∂t (ρvi ) = −∂xk Πik ′ Πik = pδik + ρvi vk − σik (Details: Greiner, 257ff) Innere Reibung tritt nur für eine Relativbewegung zwischen verschiedenen 6.1. DIE NAVIER-STOKES-GLEICHUNG 95 ′ = f (∇v). ~ FEen auf → σik Wir nehmen an, dass die Impulsübertragung durch die Viskosität in ∂xk vi linear ist, d.h. die Geschwindigkeitsgradienten sollen nicht zu groß sein, son′ = 0 für gleichmäßige Rotation des Fluids (~ dern σik v=ω ~ × ~x). Allgemeinste Form eines Tensors 2. Stufe, der diesen Bedingungen genügt: 2 ′ = η(∂xk vi + ∂xi vk − δik ∂xl vl ) + ξδik ∂xl vl σik 3 (6.15) Also ergibt sich für die allgemeinste Form der i-ten Komponente der Bewegungsgleichung für ein zähes Fluid: ρ(∂t vi + vk ∂xk vi ) = −∂xi p + ∂xk [η(∂xk vi + ∂xi vk | {z Euler- Gleichung } − 2 δik ∂xl vl )] + ∂xi (ξ∂xl vl ) 3 (6.16) ′ ∂t (ρvi ) = vi ∂t ρ + ρ∂t vi = −∂xk Πik = −∂xk [δik p + ρvi vk − σik ] ′ vi ∂t ρ + vi ∂xk (ρvk ) +ρ∂t vi + ρvk ∂xk vi = −∂xi p + ∂xk σik | =0 {z } Kontigleichung Meistens können η, ξ als konstant im ganzen Fluid angesehen werden → ~ · ~v = 0 → (6.13). (6.14), bzw. für ∂xl vl = ∇ Der Spannungstensor für ein inkompressibles Fluid lautet also: σik = −pδik + η(∂xk vi + ∂xi vk ) | {z ′ σik (6.17) } Im weiteren werden wir uns ausschließlich mit inkompressiblen viskosen Fluiden beschäftigen. Zur Lösung der Navier-Stokes-Gleichung (6.13) bedarf es noch der Angabe von Randbedingungen. Zwischen der Oberfläche von Körpern und zähen Fluiden wirken molekulare Anziehungskräfte, die die unmittelbar an der Fläche anliegende Fluidschicht festhalten, d.h. oft ~v |Rand = ~vtan |Rand +~vnormal |Rand = ~vtan |W and +~vnormal |W and = ~v |W and = 0 Bei idealen Fluiden war nur eine Randbedingung erforderlich, nämlich ~vnormal = 0. Navier-Stokes ∼ ∆~v ~ v Euler ∼ (~v · ∇)~ 2. Ableitung 1. Ableitung 96 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE Wie sieht im viskosen Fall die Transportgleichung für die Wirbeldichte ~ × ~v aus? ω ~ =∇ Vgl. (2.80): ~ v dt ω ~ = (~ ω · ∇)~ Bilde die Rotation der Navier-Stokes-Gleichung (6.13) mit 2 ~ v=∇ ~ v − ~v × ω ~ (~v · ∇)~ 2 ~ × (~v × ω ~ × ∂t ω ~ −∇ ~) = ∇ ⇒ 1 ~ ~ × ∇p + ∇ rho η ∆~v ρ (6.18) Sei nun ρ = const, η = const (was eigentlich sowieso der Fall ist). Nun ist: ~ × (~v × ω ~ v − (~v · ∇)~ ~ ω ∇ ~ ) = (~ ω · ∇)~ ~ ∇ ~ · ~v ) − ∇ ~ ×∇ ~ × ~v = −∇ ~ ×ω ∆~v = ∇( ~ ~ ×∇ ~ ×ω ~ ∇ ~ ·ω ∇ ~ = −∆~ ω + ∇( ~ ) = −∆~ ω ⇒ ~ v + η ∆~ ω dt ω ~ = (~ ω · ∇)~ ρ (6.19) Wenn also ω ~ = 0 zur Zeit t = 0 ist, dann bleibt das Fluid wirbelfrei. (Aber: Denke an das mögliche Einwandern von Wirbeln über den Rand!) 6.2 Energiedissipation in inkompressiblen viskosen Fluiden Viskosität in Fluiden führt zur Dissipation kinetischer (gerichteter) Energie in Wärme. Die kinetische Energie ändert sich mit der Zeit gemäß ∂t ρ 2 1 1 Navier-Stokes ′ = ρvi −vk ∂xk vi − ∂xi p + ∂xk σik v = ρvi ∂t vi (6.20) 2 ρ ρ bzw. ∂t ρ 2 ~ · [ ρ~v v = −∇ 2 | v2 p + 2 ρ {z ! ′ −~v σ ′ ] − σik ∂ x k vi } Energiestrom in idealem Fluid Wobei 2 2 ~ · ρ~v v ~ v = ρ~v · ∇ ~v =∇ ρ~v · (~v · ∇)~ 2 2 ! (6.21) 6.3. LAMINARE STRÖMUNGEN 97 ~ × ~v )) = 0 ~v · (~v × (∇ ~ · ~v = 0 inkompressibel: ρ = const ∇ ′ darstellt. verwendet wurde und ~v σ ′ den Vektor mit den Komponenten vi σik ′ , mit diesem ist insbesondere ein Viskosität bewirkt einen Impulsstrom σik ′ Energiestrom vi σik verbunden. Integration von (6.21) über ein beliebiges Volumen: ∂t Z ρ 2 Gauss v dV = − 2 I " ρ~v v2 p + 2 ρ ! # − ~v σ df~ − ′ Z ′ σik ∂xk vi dV (6.22) Der erste Term der rechten Seite gibt die Änderung der kinetischen Energie in V infolge des Energiestromes durch die Oberfläche dieses Volumens an. Der zweite Term beschreibt die Dissipation der kinetischen Energie. Bei Integration über das gesamte Fluidvolumen verschwindet das Oberflächenintegral (entweder lim|~x|→∞ |~v | = 0 für ein unbegrenztes Fluid, oder |~v ||Rand = 0 für ein begrenztes Fluid). ⇒ ∂t Z 1 ρ 2 v dV = − 2 2 Z ′ σik (∂xk vi + ∂xi vk )dV ′ . Mit σ ′ aus (6.17) folgt: Dies erlaubt die Symmetrie des Tensors σik ik ∂t 6.3 Z η ρ 2 v dV = − 2 2 Z (∂xk vi + ∂xi vk )2 dV (6.23) Laminare Strömungen Laminare Strömung: Sie erfordert eine hohe Viskosität, ein diffusiver Impulstransport dominant. η v ρ ∆~ ist Die Bewegung des Fluids erfolgt, als wenn Schichten verschiedener Geschwindigkeit aneinander vorbeigleiten würden → keine Turbulenz. I.A. handelt es sich hierbei um recht stabile Strömungen, die durch ein Gleichgewicht von treibender Kraft (äußere Kraft, Druckgradient) und Reibungskraft charakterisiert sind. a) Laminare Spaltströmung Wir betrachten eine stationäre Strömung zwischen ruhenden parallelen Ebenen mit dem Abstand h, welche durch einen Druckgradienten in x-Richtung verursacht wird. 98 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE ~v = vx (y)~ex Stationäre Navier-Stokes-Gleichung: ∂y2 vx = 1 ∂x p η ∂ y p = 0 = ∂z p (6.24) vx 6= f (x) laut Voraussetzung, aber auch ∂y p = 0. ⇒ Das Gleichgewicht kann nur erfüllt sein, wenn beide Seiten konstant sind. dx p = const ⇒ p lineare Funktion von x. vx = 1 dx py 2 + ay + b 2η (6.25) Die Integrationskonstanten a und b bestimmen sich aus den Randbedingungen: 1 vx (y = 0) = vx (y = h) = 0 ⇒ b = 0 a = − dx ph 2η ⇒ vx = 1 dx py(y − h) 2η (6.26) → Parabolisches Geschwindigkeitsprofil quer zur Fluidschicht, vx,max bei y = h2 . Die Geschwindigkeit wächst mit zunehmendem Abstand von den Rändern. Für die mittlere, über die Dichte der Fluidschicht gemittelte, Geschwindigkeit in x-Richtung ergibt sich: 1 v̄x = h Zh 0 h2 1 dx p(y 2 − yh)dy = − dx p 2η 12η |{z} (6.27) <0 Die auf die Ebenen wirkende Flächenreibungskraft (Schubspannung, vgl. (6.7)) ist: h ′ 6.17 = η∂y vx |y=0 = − dx p = −η∂y vx |y=0 σxy 2 1 dx p[y − h + y] d y vx = 2η b) Die laminare Rohrströmung (6.28) Wir betrachten eine stationäre Laminarströmung einer homogenen inkompressiblen Flüssigkeit durch ein Rohr vom Radius R und der Länge l zwischen dessen beiden Enden. Es herrscht die Druckdifferenz δp = p1 − p2 . 6.3. LAMINARE STRÖMUNGEN 99 Wie sehen die Druckverteilung, die v-Verteilung und die Stromstärke (das durch die Querschnittsfläche pro Zeiteinheit fließendes Fluidvolumen) aus? Wir verwenden die Navier-Stokes-Gleichung: ∂~v ~ + η ∆~v ~ v = − 1 ∇p + (~v · ∇)~ ∂t ρ ρ + Inkompressibilität: ~ · ~v = 0 ∇ + Gegebenenfalls Kontigleichung: ∂ρ ~ + ∇ · (ρ~v ) = 0 ∂t Für eine stationäre Strömung ( ∂ρ ∂t = 0) liefert die Kontigleichung ρ = const. Laminarströmung bedeutet, dass kreiszylindrische Flüssigkeitsschichten aneinander vorbeigleiten. ⇒ Die Flüssigkeit fließt überall parallel zur Rohrachse. ~v = ~ez v ~ · ~v = 0 liefert dann: ∇ ∂v =0 ∂z D.h. v = v(x, y). Das Problem ist zylindersymmetrisch, weswegen man Zylinderkoordinaten ∂ (r, ϕ, z) verwendet. Axialsymmetrie bedeutet ∂ϕ = 0! ∂~v Für eine stationäre Strömung, d.h. ∂t = 0, geht die stationäre Navier-Stokes~ v = ~ez v ∂v = 0 über in: Gleichung wegen (~v · ∇)~ ∂z ~ + η~ez ∆v 0 = −∇p ⇒ ∂p ∂p = =0 ∂x ∂y oder (6.29) ∂p ∂p = =0 ∂r ∂ϕ Nach Voraussetzung herrscht ein endlicher Druckgradient entlang des Rohres. p = p(z) 100 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE 1 ∂ ∂ ∆= r r ∂r ∂r + ∂2 1 ∂2 + r2 ∂ϕ2 ∂z 2 Wir bedenken dass v = v(r) (axialsymmetrisch), damit folgt aus (6.29): dp dz |{z} = η | unabhängig von r 1 d dv r r dr dr {z (6.30) } unabhängig von z Gleichheit herrscht nur, falls beide Seiten konstant und gleich sind: dp = C dz d dv C r r = dr dr η (6.31) (6.32) In z1 herrscht Druck p1 . z2 = z1 + l p2 = p1 − δp Approximation: C≈− δp l (6.33) C als Maß für das Druckgefälle. Integration von (6.32) ergibt das Geschwindigkeitsprofil: Z dv d r dr r = Z C C 2 rdr = r + C1 η 2η dv C 2 = r + C1 dr 2η (6.34) Nochmalige Integration: Z dv = v = Z C rdr + 2η Z C1 dr r (6.35) C 2 r + C1 ln r + C2 4η (6.36) Mit den Integrationskonstanten C1 und C2 . Auf der Rohrachse (r = 0) ist v endlich ⇒ C1 = 0. C 2 R . An der Rohrwand (r = R) ist v = 0 ⇒ C2 = − 4η Damit ergibt sich für die Strömungsgeschwindigkeit: v= δp 2 C 2 (r − R2 ) ≈ (R − r2 ) 4η 4ηl (6.37) 6.3. LAMINARE STRÖMUNGEN 101 Wir erhalten ein parabolisches Geschwindigkeitsprofil. p> = p1 sei der größere Druck an den Rohrenden, d der Abstand vom linken Rohrende. Aus dp ∂p =C=− dz l folgt durch Integration: p = p> − δp d l (6.38) Die Stromstärke Q, also das in einer Zeiteinheit durch einen Querschnitt des R Rohres (Kreisfläche 2πrdr) strömende Flüssigkeitsvolumen, ist: Q= Z vdf = Z2π 0 dϕ ZR 0 δp rv(r)dr = 2 pi 4ηl 6.37 ZR 0 (R2 − r2 )rdr = πR4 δp (6.39) 8ηl Hagen-Poiseuille Oder Masse, die pro Sekunde durch den Kreisrohrquerschnitt fließt: ρQ = πR4 δp 8νl (6.40) Hagen-Poisseuille verliert seine Gültigkeit wenn bei gegebenem Rohrdurchmesser die mittlere Geschwindigkeit v̄ einen kritischen Wert überschreitet. Das Geschwindigkeitsprofil ist ein Paraboloid. Auf der Achse herrscht maximale Geschwindigkeit. v0 = R2 δp 4ηl (6.41) Die gemittelte Strömungsgeschwindigkeit ist: v̄ = Q δpR2 = πR2 8ηl (6.42) Die gesamte Druckkraft ist: F = πR2 δp FR = −8πηlv̄ (6.43) Das ist die Stokessche Reibung in viskosen Flüssigkeiten, die inkompressibel sind. In kompressiblen Gasen eher Newtonsche Reibung FR ∼ v̄ 2 . Im stationären Fall gilt Fp = FR . 102 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE c) Laminare Strömung um Kugeln (Stokes) Zieht man eine Kugel vom Radius r mit der Geschwindigkeit ~v durch eine Flüssigkeit, so haften die unmittelbar benachbarten Flüssigkeitsschichten an der Kugel. (Ein ähnliches Kraftgesetz finden wir für die Stokessche Reibung um eine Kugel.) In einiger Entfernung herrscht die Strömungsgeschwindigkeit Null. Diese Entfernung ist von der Größenordnung r. v ⇒ Geschwindigkeitsgefälle: dv dz ∼ r . 2 Auf der Oberfläche (4πr ) der Kugel greift die bremsende Kraft F ≈ −η dv 4πr2 ≈ −4πηvr dz (6.44) an. Man muß also mit einer Kraft von dieser Größenordnung ziehen, um die Geschwindigkeit v zu erreichen. Explizite Rechnung zum Kugel-Strömungswiderstand Annahmen: laminare Strömung, Re ≪ 1 ⇒ Reibung dominant ~ v? Was bedeutet das für (~v · ∇)~ ~ v ∼ v0 1 v0 (~v · ∇)~ L0 ν∆~v ∼ ν · Lv02 0 ) ⇒ Verhältnis: ~ v| v 2 L2 v0 L0 |(~v · ∇)~ ∼ 0 0 = = Re |ν∆~v | L0 v0 ν ν ~ v vernachlässigt werden kann (war bei ⇒ Re ≪ 1 bedeutet auch, dass (~v · ∇)~ Hagen-Poiseuille aufgrund der Geometrie Null) Kugelkoordinaten: 0≤θ≤π 0 ≤ ϕ ≤ 2π Wählt man das Koordinatensystem so, dass die Strömung aus Richtung der z-Achse kommt, dann ist das Problem von ϕ unabhängig. 6.3. LAMINARE STRÖMUNGEN 103 Zunächst ergibt sich für den Druck: ~ (∇ ~ · ~v ) )−∆p = 0 ~ ~ = η ∇·(∆~ ~ ~ · (∇ ~ ×∇ ~ × ~v −∇ ∇·(η∆~ v − ∇p) v )−∆p = η ∇ {z | ⇒ ~ ∇×(...)=0 ~ ∇· | {z } } 0 wegen Inkompr. ∆p = 0 In Kugelkoordinaten: 1 ∂ ∂p r2 r2 ∂r ∂r ∂ 1 ∂p + 2 2 sin θ ∂θ ∂θ r sin θ + 1 1 ∂2p =0 r2 sin2 θ ∂ϕ2 | {z ! Yℓm (θ, ϕ) →0, da } ∂ →0 ∂ϕ Die Lösung dieser Potential (Laplace) Gleichung in Kugelkoordinaten sind die Multipole: p(r, θ, ϕ) = ∞ X ℓ X c1ℓm rℓ ℓ=0 m=−ℓ c2ℓm + ℓ+1 r Wegen ϕ-Unabhängigkeit ist nur m = 0 zu berücksichtigen und die Kugelflächenfunktionen Yℓm (θ, ϕ) gehen in Kugelfunktionen Pℓ (cos θ) über (Legendrepolynome), mit P0 = 1 1 P2 = (3 cos2 θ − 1) 2 P1 = − cos θ ... Randbedingung: p verschwinde im Unendlichen ⇒ rℓ -Terme müssen verschwinden. p(r, θ) = const. + A0 A1 − 2 cos θ + . . . r r (r → ∞ : const. = p0 ) Jetzt betrachten wir die r-Komponente von Navier-Stokes: ∂vr 1 ∂ r2 η 2 r ∂r ∂r 1 ∂ ∂vr + 2 sin θ r sin θ ∂θ ∂θ 2vr ∂p 2 ∂vθ 2 cot θvθ − 2 − 2 = − r r ∂θ r2 ∂r Problem: Es taucht auch vθ auf! Um dieses zu eliminieren benutzt man die Kontigleichung: ~ · ~v = 0 ⇒ ∇ 1 ∂ 2 1 ∂ (r vr ) + (sin θvθ ) = 0 r2 ∂r r sin θ ∂θ ∂ = 0 wie vorher) ( ∂ϕ ⇒ 1 1 ∂vθ 1 ∂ vθ cos θ + sin θ = − 2 (r2 vr ) r sin θ r sin θ ∂θ r ∂r Eingesetzt in die r-Komponente von Navier-Stokes: ⇒ ∂vr 1 ∂ r2 η 2 r ∂r ∂r 1 ∂ ∂vr + 2 sin θ r sin θ ∂θ ∂θ 2 ∂ ∂p 2vr − 2 + 3 (r2 vr ) = r r ∂r ∂r 104 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE Zusammengefasst: " 1 ∂2 2 ∂vr 1 ∂ η 2 sinθ (r vr ) + 2 r ∂r sin θ ∂θ ∂θ # = ∂p ∂r Die rechte Seite dieser Gleichung ist nach Potenzen von cos θ entwickelt (vgl. oben) ⇒ Ansatz: vr (r, θ) = R(r) · cos θ ⇒ η 1 ∂2 2 1 ∂ A0 2A1 [ 2 (r R) cos θ − (R sin2 θ)] = − 2 + 3 cos θ − . . . 2 r ∂r r r } |sin θ ∂θ {z 1 2 sin θ cos θ sin θ {z | } R 2R cos θ Mit A0 = 0, An = 0 fü n > 1 und nach Kürzen von cos θ erhält man eine DGL für R(r): ! ∂2 2 2A1 1 (r R) − 2R = 3 η 2 2 r ∂r r R′′ + ⇒ 4R′ 2A1 1 = r η r3 Letzteres ist eine gewöhnliche DGL 2ter Ordnung, ihre Lösung setzt sich zusammen aus der Lösung der zugehörigen homogenen DGL und einer Partikulärlösung. Homogene DGL: R′′ + ⇒ 4R′ =0 r ⇒ Ansatz: R(r) = Brα + C Bα(α − 1)rα−2 + 4Bαrα−2 = 0 α1 = 0 (trivial) α2 + 3α = 0 ⇒ α2 = −3 Die homogene Lösung lautet also: R(r) = B 1 +C r3 Von der inhomogenen DGL ist nur eine Lösung gesucht. Da 1r in beiden Summanden auf der linken Seite der inhomogenen DGL einen Ausdruck mit 1 ergibt, “rät” man sinnvollerweise: r3 R(r) = D 1 r ⇒ 2 D D 2A1 1 −4 3 = 3 r r η r3 Die Partikulärlösung lautet also: R(r) = − A1 1 η r ⇒ D=− A1 η 6.3. LAMINARE STRÖMUNGEN 105 Damit ergibt sich die gesamte Lösung zu: R(r) = − A1 1 B + +C η r r3 A1 1 B vr (r, θ) = − + + C cos θ η r r3 ⇒ ~ · ~v = 0): Die vθ -Komponente erhält man aus der Inkompressibilität (∇ 1 ∂ 1 ∂ 2 (r vr ) + (sin θvθ ) = 0 2 r ∂r r sin θ ∂θ Ansatz: vθ = R2 (r) sin θ vr und vθ eingesetzt ergibt: cos θ 1 1 A1 B − − 2 + 2Cr + (cos θR2 sin θ + sin θR2 cos θ) = 0 2 r η r r sin θ ⇒ R2 (r) = vθ (r, θ) = ⇒ A1 1 B 1 + −C 2η r 2 r3 A1 1 B 1 + − C sin θ 2η r 2 r3 Die drei freien Konstanten lassen sich aus der Randbedingung bei ∞ und 2 Randbedingungen bei r = R0 bestimmen. Für r ⇒ ∞ hat man einen ungestörten Fluss parallel zur z-Achse: vr = v0 cos θ vθ = −v0 sin θ ⇒ C = v0 Für r = R0 (an der Oberfläche) gilt: v⊥ = vr = 0 und vk = vθ = 0 A1 2 B A1 1 + 3 + v0 ⇒ B = R − v0 R03 η R0 R0 η 0 A1 1 A1 1 v0 A1 1 3 + − − v0 = 0 ⇒ = v0 2η R0 2η R0 2 η R0 2 vr = 0 : − In vθ = 0 : ⇒ 3 A1 = v0 R0 η 2 1 B = v0 R03 2 ⇒ Die vollständige Lösung lautet also: vr = v0 1 − + 1 2 1 R0 3 R0 4 r + 4 r 3 cos θ p0 − 2 ηv0 R0 r2 v θ = v0 p = 3 R0 2 r R0 r 3 3 cos θ − 1 sin θ 106 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE Visualisierung mit Stokes.mws Ohne Rechnung erhält man daraus für die Kraft: K = 6πηR0 v0 6.4 ( 2πηR0 v0 vom asymmetrischen Druck 4πηR0 v0 von Schwerkraft Kriterien für verschiedene Strömungstypen, Skalierungsgesetze Welcher Strömungstyp (ideal, laminar, turbulent) gilt unter gegebenen Bedingungen (char. Abmessungen l, char. Strömungsgeschwindigkeit v, Dichte ρ, Viskosität η)? Wir betrachten stationäre Strömungen (Geschwindigkeit hängt nicht von der Zeit ab). Die Geschwindigkeit kann an den einzelnen Stellen verschieden ~ v durchaus beschleunigt sein. Das Flüssigkeitsvolumen kann durch (~v · ∇)~ ~ werden. Die Beschleunigung steigt, je größer ∇~v ∼ lv1 wird. 2 ~ v∼v (~v · ∇)~ l1 Druckkraft: ~ ∼ p ∇p l2 Reibungskraft: η∆~v ∼ η v l32 ρv 2 p v ≈ +η 2 l1 l2 l3 l1 , l2 , l3 sind dabei die jeweiligen Gradientenskalen. (6.45) 6.4. KRITERIEN FÜR VERSCHIEDENE STRÖMUNGSTYPEN, SKALIERUNGSGESETZE107 Diskussion von (6.45): a) Reibung zu vernachlässigen η p v2 v ≪ ≃ρ l3 l2 l1 (6.46) 1 p ≃ ρv 2 2 (6.46) beschreibt die ideale Strömung (keine Reibung), aber auch turbulente Strömung ohne nennenswerte Reibung! → Staudruck, dynamischer Auftrieb für l2 ≃ l1 b) Trägheit zu vernachlässigen ρ c) p v v2 ≪ ≃ 2 l1 l2 l3 ~ ≃ η∆~v ∇p (6.47) ⇒ laminare Strömung p v2 v ≪ρ ≃η 2 l2 l1 l3 Ist von geringer praktischer Bedeutung. Übergang von a) nach b) p ηv v2 ≃ ≃ ρ l2 l1 l32 oder ρvl32 ≃ 1 und ηl1 (6.48) pl1 ≃1 ρv 2 l2 (6.49) Diese beiden Kriterien beherrschen die Hydrodynamik. pl2 Die dritte Beziehung, ηvl32 ≃ 1, folgt aus der zweiten automatisch. Ähnlichkeitstheorie: Ein verkleinertes oder vergrößertes Modell einer Strömung (z.B. im Windkanal) liefert nur dann ein physikalisch richtiges Bild, wenn die Verhältnisse (6.49) den gleichen Wert im Modell haben wie in Wirklichkeit. → ähnliche Strömungen Wenn die geometrische Ähnlichkeit garantiert ist, kann man die l’s “kürzen” (Gradientenskalen verhalten sich ähnlich zueinander) und nur die Übereinstimmung von ~v Trägheit ρ~v ∇~ ρvl = Reynolds- Zahl = = η Viskosität η∆~v (6.50) 108 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE und von p/ρv 2 fordern. Das ist die einzige mögliche dimensionslose Kombination der Größen ν = ηρ , v und l. Im Allgemeinen gilt: ρvl2 Die Strömung ist laminar für sehr kleine Werte ηl13 und sonst turbulent. Da i. A. l3 6= l1 kann man nicht erwarten, dass der Umschlag gerade bei einer Reynolds-Zahl Re = ρvl η ≃ 1 erfolgt, wobei l die makroskopische Abmessung der um- oder durchströmten Objekte darstellt. Die Abmessungen der größten Turbulenz-Wirbel l3 (vgl. Kapitel 9) sind nämlich kleiner als z. B. im Fall der Rohrströmung der Rohrradius l1 = R. Dementsprechend findet man den Umschlag bei der Rohrströmung für ρvR η ≃ 1 3 10 ! Typische Wirbelabmessungen sind 30 des Rohrradius! laminar v Stokes → Strömungswiderstand → turbulent v2 Newton ”Wenn ich in den Himmel kommen sollte, erhoffe ich Aufklärung über zwei Dinge: Quantenfeldtheorie und Turbulenz. Was den ersten Wunsch betrifft bin ich ziemlich zuversichtlich.” Horace Lamb (1932) “Laminar” und “turbulent” stellen zwei Aggregatzustände dar. Jeder ist unter verschiedenen Bedingungen stabil. Der laminare kann “unterkühlt” werden (Re > Recrit ), da die Turbulenzentstehung eine Art Keimbildung fordert. Eine Flüssigkeit durchströme ein Rohr laminar mit parallelen Stromlinien. Irgendwo trete eine kleine Strörung auf, die eine Stromlinie etwas nach oben verbiegt. 6.5. GRENZSCHICHTTHEORIE, PRANDTL 109 ⇒ Die darüber liegende Stromröhre wird verengt ⇒ Die Flüssigkeit muss schneller fließen ⇒ Der Druck dort verringert sich (p = const − 21 ρv 2 ). In der unteren Röhre (1) erhöht sich der Druck ⇒ Weiteres Ausdehenen und Verengen der darüber liegenden Stromröhre. Dem wirkt die innere Reibung entgegen, sie versucht, das Geschwindigkeitsgefälle abzubauen (∼ η und ∼ v r) Unter dem Einfluss der Trägheit allein, die proportional zu ρv 2 ist, würde die Störung sich vergrößern ⇒ Strömung wird instabil ⇒ Turbulenz Das Verhältnis von Trägheit zu Reibung entscheidet die Reynolds-Zahl. 6.5 Grenzschichttheorie, Prandtl Wir betrachten die Stromlinien einer idealen Flüssigkeit um eine Kugel. Diese weichen symmetrisch zur Äquatorebene aus. An den Polen p und p’ befinden sich die Staugebiete (v = 0). Am schnellsten strömt die Flüssigkeit am Äquator. Nach Bernoulli nimmt der statische Druck vom Pol zum Äquator hin ab und dann genau symmetrisch zum anderen Pol wieder zu. Diese symmetrische Druckverteilung kann keine resultierende Kraft auf die Kugel ausüben. Eine Kugel böte einer idealen Flüssigkeit keinen Widerstand. Um sie mit konstanter Geschwindigkeit durch die Ruhende Flüssigkeit zu ziehen braucht man keine Kraft (Γ = 0)! Das widerspricht der Erfahrung! Lösung: Das Strömungsbild sieht nur am Anfang so symmetrisch aus, nach kurzer Zeit ändert die unvermeidliche Reibung in der Grenzschicht um die Kugel das Strömungsbild. → Wirbel (Totwasser im Lee) → Die statistischen Drücke sind nicht mehr symmetrisch, die Wirbel zerreiben sie. F ∼ cw v 2 ρA . . . Grenzschicht: Es herrscht senkrecht zur Oberfläche ein Geschwindigkeitsgefälle dv dz , es ist umso steiler, je dünner die Schicht, also in Flüssigkeiten geringer Viskosität. Große Raynolds-Zahlen Re entsprechen einer kleinen Zähigkeit, d.h. quasi 110 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE ideal! Dies gilt jedoch nicht an / in der Nähe von festen Wänden. ideal: vn |W and = 0 zäh: vn |W and = 0 und vtan |W and = 0 (6.51) Für große Re geht v in einer dünnen Grenzschicht mit großen dv dz auf Null zurück. Die Grenzschicht kann laminar oder turbulent sein. Wir betrachten nur den laminaren Fall (Prandtl), also einen stetigen Übergang. dv dz wird durch die Zähigkeit verursacht, die Zähigkeit darf also trotz großer Re nicht vernachlässigt werden. Grenzschicht: η∆~v , wichtig, wo ~v → 0. Phänomenologie An jedem durch die Flüssigkeit gezogenem Körper hängt eine laminare Schicht, die Grenzschicht. Das Geschwindigkeitsgefälle in ihr vermittelt den o.g. Übergang. Dieses Gefälle ist linear (dz v ∼ z), wenn die Dicke δ dieser Schicht klein gegen die Abmessungen l des Körpers ist. Dann ”sieht” die Flüssigkeit praktisch nur ein ebenes Wandstück. Nochmal Wir betrachten die Strömung eines idealen Fluids um eine Kugel. Die Staupunkte befinden sich an den Polen p und p’. Das Fluid strömt am schnellsten am Äquator. Die Stromlinien weichen symmetrisch zur Äquatorebene aus. Die symmetrische Druckverteilung bedeutet, dass es keine resultierende Kraft gibt. Dies widerspricht der Erfahrung, vgl. auch d’Alembertsches Paradoxon. Lösung: Das Strömungsbild ist in Realität nicht symmetrisch, die unvermeidliche Reibung führt zur Ausbildung einer viskosen Grenzschicht. Das hat eine Veränderung der Strömung (Wirbelablösung) und der Druckverhältnisse zur Folge, und damit dann auch eine effektive Kraft. Für große Re geht die Strömungsgeschwindigkeit in einer dünnen Grenzschicht gegen Null. Bedeutung der laminaren Grenzschicht nach Prandtl (1904): Die Grenzschicht sei klein gegen die Abmessung des umströmten Körpers δ ≪ RKrümmung → ebenes Problem Da sich zudem die Geschwindigkeit nur in Wandnähe ändert, kann sie in dem an die Randschicht anschließendem Gebiet als konstant angenommen werden. 6.5. GRENZSCHICHTTHEORIE, PRANDTL 111 Als Randschicht bezeichnet man die kleine Übergangsschicht für die endliche Geschwindigkeit auf Null. Unter diesen beiden Annahmen erfolgt die Behandlung der laminaren Grenzschicht nach Prandtl (1904). Wichtiger Hinweis: Die Näherung Navier-Stokes-Gleichung geht über in Euler-Gleichung ist für große Raynold-Zahlen nicht erlaubt. ⇒ Randbedingungen: Ohne η∆~v ist die Bewegungsgleichung von 1. Ordnung und die 2. Randbedingung, ~vtan = 0, die zusammen mit ~vn = 0 das Fließen des Fluids an der Körperoberfläche beschreibt, ist nicht mehr zulässig. Das Problem der Lösung der Euler-Gleichung wäre dann überbestimmt. Die Nichtberücksichtigung dieser 2. Randbedingung lässt letztendlich die Beschreibung der Entstehung von Wirbeln nicht zu. Prandtlsche Grenzschichttheorie für inkopressible homogene Fluide Als Ausgangspunkt nehmen wir die Kontigleichung und die Navier-StokesGleichung. ~ · (ρ~v ) = 0 → ∇ ~ · ~v = 0 ∂t ρ + ∇ (6.13): ~ v ) = −∇p ~ + η∆~v ρ(∂t~v + (~v · ∇)~ Wir möchten wieder die Größenordnungen der einzelnen Terme abschätzen. Mit der Transformation: t = T t∗ ~v = V ~v ∗ ~ = 1∇ ~∗ ∇ L p = V 2 ρp∗ T = VL : typische dynamische Zeitskala L: Länge, so dass Re = ρLV η ≫ 1, typische Ausdehnung des Fluids V : typische (∼ mittlere) Geschwindigkeit erhält man eine dimensionslose Schreibweise ∂~v ∗ ~ ∗ )~v ∗ = −∇ ~ ∗ p∗ + 1 ∆∗~v ∗ + (~v ∗ · ∇ ∂t∗ Re ∂t~v ∼ η ∆~v ρ → ηV ∗ ∗ V ∂t∗ ~v ∗ ∼ ∆ ~v T ρL2 → ∂t∗ ~v ∗ ∼ (6.52) η ∆∗~v ∗ ρV L Im Abstand > δ ist ~v ∗ ≃ 1, an den Wänden geht ~v ∗ von ≪ 1 bis 0. Da Re ≫ 1 ist der Reibungsterm i.A. vernachlässigbar, das gilt aber nicht am Rand, dort wird ∆∗~v ∗ groß ! Wir lassen nun die Sterne weg. 112 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE ∂~v ~ v = −∇p ~ + 1 ∆~v + (~v · ∇)~ ∂t Re (6.53) ~ · ~v = ∂vx + ∂vy + ∂vz = 0 ∇ ∂x ∂y ∂z (6.54) Konti-Gleichung: Wir betrachten eine 2-dim. Strömung mit vz = 0. Randbedingungen: y=0: vx = vy = vz = 0 y=δ: vx = 1 vz = 0 (6.55) vx = 1 an y = δ so schnell wie die Strömung vz verschwindet auf beiden Seiten, überall 0! (6.53) und (6.54) werden zu einem 2-dimensionalen Problem: ∂vx ∂vx ∂vx + vx + vy ∂t ∂x ∂y ∂p 1 = − + ∂x Re ∂ 2 vx ∂ 2 v x + ∂x2 ∂y 2 ! (6.56) ∂vy ∂vy ∂vy + vx + vy ∂t ∂x ∂y ∂p 1 = − + ∂y Re ∂ 2 vy ∂ 2 vy + ∂x2 ∂y 2 ! (6.57) ∂vx ∂vy + =0 ∂x ∂y (6.58) Nun schätzen wir die Größenordnung der verschiedenen Terme ab. In der Schicht wächst vx von 0 bis 1 (maximal), dasselbe gilt für ∂vx ∂ 2 vx ∂p ∂x , ∂x2 , ∂x . ∂v Aus (6.58) folgt ∂yy ∼ 1 und vy ∼ δ (vy ∼ ∂x vx dy, für sehr dünne Schicht steht “=”), ergo: ∂vy ∂ 2 vy ∼δ ∼δ ∂x ∂x2 In der Schicht fällt vx von 1 auf 0: 1 ∂vx ∼ ∂y δ 1 ∂ 2 vx ∼ 2 2 ∂y δ 6.5. GRENZSCHICHTTHEORIE, PRANDTL 113 Einsetzten der 1. Ordnungen in (6.56) liefert: 1 1 ∼ 1 oder δ ∼ √ 2 Reδ Re Dicke der Grenzschicht (6.59) Bei großen Reynold-Zahlen ist das Fluid praktisch reibungsfrei. (6.48) liefert mit Re ∼ δ12 : 1 ∂p ∼ ∼δ ∂y Reδ Innerhalb der Grenzschicht ist der Druckunterschied also sehr gering. p(δ) = p(0) + ∂y pδ | {z } =δ 2 Innerhalb der Schicht ist der Druckunterschied ∆p ∼ δ 2 ≪ 1. Quer zur Schicht ist der Druck quasi konstant! Einschub Prandtlsche Grenzschichtgleichung vy ≪ vx : vy ∼ δ ∂p dp ∂p ≪ = ∂y ∂x dx η ∂ 2 vx 1 dp ∂vx ∂vx + vy − =− ∂x ∂y ρ ∂y 2 ρ dx ∂vx ∂vy + =0 ∂x ∂y Für eine Potentialströmung ausserhalb der Grenzschicht mit U (x) gilt: vx p+ρ v2 = const 2 (Bernoulli) − 1 dp dv =U ρ dx dx Wirbelablösung für stationäre Strömung: ∂ t v x = ∂ t vy = 0 In unmittelbarer Umgebung der Wand (y ≪ δ) gilt: vx |W and = vy |W and = 0 ∂x2 vx ≪ ∂y2 vx Für das Geschwindigkeitsprofil erhält man so aus (6.56) die Bestimmungsgleichung: ∂ 2 vx ∂p = Re = const ∂y 2 ∂x | {z } | {z } f (y) f (x) (6.60) 114 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE Grenzschichtablösung an einem Zylinder Vor dem Zylinder herrscht Potentialströmung. An der Zylinderoberfläche bildet sich eine Grenzschicht aus. Der Druck nimmt von A nach B auf der Vorderseite ab und steigt an der Rückseite wieder an. Die Grenzschicht reisst in C ab und bildet ein sogenanntes Totwassergebiet mit Wirbeln, welches von der Hauptströmung entkoppelt ist. Am Ende desselben werden die Wirbel in einer Karmanschen Wirbelstraße mit der Strömung transportiert. Auflösung des d’Alembertschen Paradoxons: Das Abreissen der Grenzschicht und die Ausbildung der Wirbelstraße führen zu einer Druckasymmetrie von Vorder- und Rückseite, und somit zu einer effektiven Druckkraft. Grenzschichtablösung Interessante neue Physik: Grenzschicht kann sich ablösen und das Eindringen von Wirbeln über den Rand ermöglichen. Wie ist das möglich? Idealisiertes Modell der Grenzschicht nahe der Wand (y ≪ δ): ~ · ~v |/|ν∆~v | = Re !) und es gilt Der Trägheitsterm ist unwichtig (|~v ∇ dp∗ ∂ 2 vx∗ = ∗ dx ∂y ∗2 (Von idealer Strömung aufgeprägter Druckgradient von Reibung bilanziert) dp∗ ⇒ Das Vorzeichen von dx ∗ bestimmt die Krümmung des Geschwindigkeitspro∗ fils vx (y)|z=const. 6.5. GRENZSCHICHTTHEORIE, PRANDTL 115 Schematisch: vx muß bei y = δ zu u werden (also vx∗ bei y ∗ = 1 zu u∗ ) dp∗ <0 dx∗ dp∗ >0 dx∗ Aber auch: dp∗ >0 dx∗ Wenn dp∗ dx∗ groß genug ist, kann nahe der Wand Rückströmung (vx∗ ) einsetzen! 116 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE Erinnerung: Bei einem umströmten Zylinder (ideal) nimmt p längs des Objektes ab, anschliessend wieder zu. ⇒ Hinter p = pmin ist Gegenströmung möglich (aber nicht notwendigerweise) Näherungslösung unter Vernachlässigung des Trägheitsterms (gute Näherung für y ∗ → 0, schlecht für y ∗ → 1 (y → δ)): Randbedingung bei y ∗ = 0 : bei y ∗ = 1 : u2 p v2 Bernoulli: + = 0 ⇒ 2 ρ 2 vx∗ = 0 , vy∗ = 0 vx∗ = u∗ (x) u∗2 2 p∗ 2 v02 v + ρv0 = 2 0 ρ 2 ⇒ u∗2 = 1 − 2p∗ Zur leichteren Schreibweise werden nun die “∗” weggelassen. ∂ 2 vx dp = = p′ ∂y 2 dx 1 ∂vx = p′ · y + c1 (x) ⇒ vx = p′ y 2 + c1 (x) · y + c2 (x) ⇒ ∂y 2 vx (y = 0) = 0 ⇒ c2 (x) = 0 p p 1 1 − 2p = p′ + c1 (x) vx (y = 1) = u = 1 − 2p ⇒ 2 p 1 ′ ⇒ c1 (x) = 1 − 2p − p 2 ⇒ p 1 ′ 2 1 ′ vx = p y + 1 − 2p − p y 2 2 vy bestimmt man aus der Kontinuitätsgleichung (diese gilt auch in normierten Koordinaten): ∂vy δ 1 ∂vx v0 + v0 · =0 ∂x L0 ∂y L0 δ 6.5. GRENZSCHICHTTHEORIE, PRANDTL 117 ∂vx 1 1 2p′ 1 = − p′′ y 2 − − √ − p′′ y ∂x 2 2 1 − 2p 2 2p′ 1 ′′ 3 1 ′′ √ ⇒ vy = − p y + + p y 2 + c3 (x) 6 4 1 − 2p vy (y = 0) = 0 ⇒ c3 (x) = 0 ∂vy ∂y = − ⇒ 1 1 vy = − p′′ y 3 + 6 4 √ 2p′ + p′′ y 2 1 − 2p ⇒ Vollständiges Strömungsmuster Explizites Beispiel: einfacher Ansatz mit Minimum p(x) = p0 x2 ⇒ u = q p0 = 1 1 − 2p0 x2 ⇒ 1 Staupunkte bei ± √ ∼ 0.7 2 plot von -0.7 bis 0.7, y = 1 plot von -0.7 bis -0.6 → Einströmen plot von 0.6 bis 0.7 → Umkehr Visualisierung mit Grenzschicht.mws, wobei im Zoom die Vektorpfeile zur besseren Sichtbarkeit skaliert sind. 118 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE dp dp ⇒ Ablösung im Gebiet mit dx > 0 (aber nicht bei dx = 0 !) Kriterium: dv 1 ′ p =0 ⇒ p = 1 − 2p dy y=0 2 1 xU mkehr = √ ≈ 0.577 in unserem Zahlenbeispiel 3 Konsequenz: Separation der idealen Strömung vom Gebiet hinter dem Körper, diese führt ein Eigenleben (“Totwasser”) ⇒ Ausbildung von Wirbeln hinter dem umströmten Körper Beispiel: Karmann’sche Wirbelstrasse Video: karmann.mpg Anderes Beispiel: Fluß mit Wandstelle Strömung um einen Zylinder: Mit Reibung: vx hat einen Umkehrpunkt (Ablösung). Anschaulich: dp dp Strömung wird im Gebiet dx < 0 beschleunigt und bremst im Gebiet dx >0 wieder ab. Im symmetrischen Fall gibt es zwei Staupunkte, mit Reibung wandert der hintere Staupunkt nach vorne und es kommt zur Ablösung. Druck bilanziert sich nicht mehr ⇒ Auflösung des d’Alembert’schen Paradoxons! 6.5. GRENZSCHICHTTHEORIE, PRANDTL 119 Video: prandtl.mpg Siehe auch: Turbulence Scott.mpg: Turbulenz in einem magnetisierten Plasma; gezeigt ist die fluktuierende Teilchendichte (Quelle: B. Scott, MPI für Plasmaphysik). Das Totwassergebiet ist i.A. verwirbelt, es gibt aber auch laminares Totwasser. Bemerkung: Zur Ablösung ist die turbulente Grenzschicht nicht notwendig (aber sie begünstigt die turbulente Ablösung). In laminaren Strömungen kann auch Ablösung vorkommen. Naives Argument: Nach dem Satz von Thomson ist die Zirkulation in einem Flüssigkeitselement ~ × ~v = 0, dann gilt dies in stationären erhalten. ⇒ Wenn im Unendlichen ∇ Strömungen für die ganze Stromlinie (einmal Potentialströmung, immer Potentialströmung). Dies beruht aber darauf, dass Rotation um eine Stromlinie herum gebildet wird. Stromlinien auf der Oberfläche lassen keine Kurve um sich herum zu, können also ein anderes Verhalten zeigen. 120 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE In der idealen Hydrodynamik möglich: “Tangentiale Unstetigkeitsfläche”: Hier springt vk auf 0! ⇒ Sprung von vk ~ ×B ~ = µ · ~j) bedeutet Flächenrotation (analog zu Sprung von Bk ⇒ ∇ Tangentiale Unstetigkeitsflächen sind instabil und brechen in Wirbel auf (Kelvin-Helmholtz-Instabilität, siehe später). Mit Viskosität: Es enden beliebig viele Stromlinien auf der Oberfläche des Körpers ⇒ Wirbel können “einwandern”. Konsequenz der Wirbelbildung: Turbulente Strömung hat andere v-Abhängigkeit des Strömungswiderstandes: ~ ∼v Erinnerung: laminar (Hagen-Poiseuille): ∇p 2 ~ turbulent: ∇p ∼ v ! Hängt von der Form des Körpers ab: Kraft K = cw · ρv 2 A A: Stirnfläche cw : “Widerstandsbeiwert”, dimensionslose Kennzahl, welche die Formabhängigkeit beschreibt R d R Kds ∼ Kdv ∼ v 3 ! Konsequenz: Leistung dt √ Beispiel Kfz: 50 PS → 150 km/h, 150 PS → 3 3·150 km/h = 216 km/h 6.6. EIN EINFACHES MODELL ZUR VISKOSITÄT IN GASEN 121 Beeinflussung der Ablösung: Quelle: Aerodynamik (30. März 06) dp <0 Vor dem Umschlagspunkt: dx dp Nach dem Umschlagspunkt: dx > 0 dp dp Stromlinienform (kleine dx im Bereich dx > 0) Absaugen der Grenzschicht (Phantom-Triebwerk) 6.6 Ein einfaches Modell zur Viskosität in Gasen Die Viskosität als Transportkoeffizient ist nicht selbstkonsistent im Rahmen der Fluidtheorie beschreibbar. Die genaue mikroskopische Berechnung erfolgt durch Auswertung des Boltzmannschen Stoßintegrals, also der rechten Seite der Boltzmanngleichung. Hier betrachten wir eine einfache Abschätzung der Viskosität, genauer des Scherungskoeffizienten der Viskosität η, für verdünnte Gase mit L≪l≪d L: Lineardimension des betrachteten Systems l: Freie Weglänge der Gasmoleküle d: Moleküldurchmesser Wir betrachten eine Strömung. 122 KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE Es seien n Gasteilchen pro Fluidvolumeneinheit gegeben. 31 n besitzt dann eine gemittelte thermische Geschwindigkeit ū in z-Richtung. 61 ū, die Hälfte also, hat eine mittlere Geschwindigkeit in positiver bzw. negativer z-Richtung. Gasteilchen, die die Ebene y = 0 von unten (oben) passieren, haben im Mittel ihren letzten Stoß an y − l (y + l) erfahren, sie haben also im Mittel die makroskopische Schwerpunktgeschwindigkeit vx (y − l) (vx (y + l)). Die Gasteilchen transportieren also einen mittleren Impuls in x-Richtung von 1 6 mnūvx (y ± l) pro Zeit und Fluideinheit. Der resultierende Impulsfluss pro Fluideinheit ist somit: 1 J = mnū[vx (y − l) − vx (y + l)] 6 Taylor-Entwicklung: 1 Kx Kraft J = mnū(−2∂y vx l) = = = −η∂y vx 6 F Flächeneinheit 1 η = mnūl 3 Da l ∼ 1 n 1 ν = ūl 3 ist η interessanterweise dichteunabhängig. Kapitel 7 Hydrodynamische Instabilitäten 7.1 Die Rayleigh-Taylor- und die Kelvin-HelmholtzInstabilität Dynamische Prozesse: a) Strömungen b) Wellen c) Instabilitäten Instabilitäten: Ausgangspunkt ist immer ein stationäres System, sei es ein hydrostatisches v0 = 0, oder ein hydrodynamisches v0 6= 0 (Strömungen, Wellen). Die Frage, die sich stellt, lautet: Ist das betrachtete System stabil, d.h. wird das System in dem vorliegenden Zustand verharren? Genauer: Ist das System stabil gegen kleine Störungen, d.h. werden lineare Strömungen gedämpft oder wachsen sie (exponentiell) mit der Zeit? Ein mechanisches Analogon stellt eine Kugel auf einem Berg bzw. in einem Tal dar. 123 124 KAPITEL 7. HYDRODYNAMISCHE INSTABILITÄTEN Wie bei der Beschreibung von Wellenphänomenen gilt es auch hier die Dispersionsrelation ω(k) aufzustellen. Bei Strömungen ∼ e−iωt bedeutet ω ∈ R: Imω 6= 0: Imω > 0: Imω < 0 : rein oszillierende Lösung → ungedämpfte stabile Welle exponentiell anwachsende Mode → Instabilität exponentiell gedämpfte Mode → Stabilität Für Imω > 0, Reω 6= 0 spricht man von einer “überstabilen Mode”, diese ist also instabil. Dabei handelt es sich um Oszillatoren, deren Amplitude mit der Zeit exponentiell anwächst. Wir fragen nun nach der Stabilität einer Grenzschicht zwischen zwei Flüssigkeiten, z.B. zwischen zwei unterschiedlichen Luftströmungen in der Amosphäre (allgemein: Wasser-Luft). Methode: Normalmodenanalyse, das ist eine lineare Stabilitätsanalyse → nichtlineare Terme in den als klein angenommenen Störgrößen werden vernachlässigt. Jede beliebige periodische Strömung, die durch linearisierte Gleichungen beschrieben wird, lässt sich als Superposition ihrer Fourier-Komponenten ~ (∼ ei(k·~r−ωt) ) darstellen. → Gestörte Größen werden als monochromatische Moden angesetzt (siehe IV Wellen). 7.1. DIE RAYLEIGH-TAYLOR- UND DIE KELVIN-HELMHOLTZ-INSTABILITÄT125 Wir betrachten nun folgendes System: Die Fluide strömen mit der konstanten Geschwindigkeit u bzw u′ in positiver x-Richtung. Wir nehmen an, dass die Fluide inkompressibel sind. Die Konfiguration erfüllt damit die die stationäre (∂t = 0) Kontinuitäts- und ~ 0 ~ ~ v0 = − ∇p g )). Euler-Gleichung (~v0 · ∇)~ ρ0 − ∇ψ (+~ Die Frage ist nun, ob die Auslenkungen der Grenzschicht |ζ1 (x, t)| aus dem stationären Ausgangszustand ζ0 (x) = 0 mit der Zeit anwachsen, gedämpft werden oder oszillieren. ~ × ~v0 = ∇ ~ × ~v0′ = 0 ∇ Helmholtz ~ × ~v1 = ∇ ~ × ~v1′ = 0 ∇ → Formulierung mit Hilfe des Geschwindigkeitspotentials: Φ = ux + Φ1 ′ Φ ′ = ux+ Φ′1 (7.1) (7.2) Vertikale Geschwindigkeit eines FEes: vz1 = dt ζ1 ∂Φ1 ∂z = ∂ζ1 + ∂t ∂ζ1 ∂x} | {z u (7.3) Linearisierung ∂Φ′1 ∂z = ∂ζ1 ∂ζ1 + u′ ∂t ∂x (7.4) Die konvektiven Terme bei Wellen werden nicht betrachtet, da die Wellen in ruhendem Fluid betrachtet wurden. Fourier-Komponenten-Ansatz für Störgrößen: ζ1 = ζ̂e−iωt+ikx ebene Oberflächenwelle (vgl. (4.48)) Analog geht man für Φ1 , Φ′1 (in Abhängigkeit von x und t) vor. Φ1 , Φ′1 müssen der Laplace-Gleichung genügen (Inkompressibilität). (7.5) 126 KAPITEL 7. HYDRODYNAMISCHE INSTABILITÄTEN → Φ′1 ∼ f ′ (z) Φ1 ∼ f (z) z-Abhängigkeit Bestimmungsgleichung für f (z), f ′ (z): d2 f − k2 f = 0 dz 2 vgl. (4.10) Und damit: Φ1 = Φ̂e−iωt+ikx+kz (7.6) Φ′1 (7.7) ′ −iωt+ikx−kz = Φ̂ e Das Vorzeichen in kz ist so, dass die Strömung im jeweiligen Fluid mit zunehmendem Abstand von der Grenzschicht abklingt. Zur Erinnerung: f ∼ ekz + e−kz , vgl. Diskussion der Schwerewellen für tiefes Wasser. Die Wellenlänge sei hinreichend klein gegenüber der vertikalen Ausdehnung der Fluide. (7.5)-(7.7) in (7.3) und (7.4) ergibt: k Φ̂ekz = i(−ω + ku)ζ̂ ′ −kz −k Φ̂ e (7.8) ′ = i(−ω + ku )ζ̂ (7.9) Das sind zwei Gleichungen, die die unbekannten Amplituden Φ̂, Φ̂′ und ζ̂ miteinander verbinden. Wir benötigen nun eine 3. Gleichung. Randbedingung aus Bernoulli für nichtstationäre Strömung: ρ ∂Φ 1 ~ 2 + ρ(∇Φ) + p + ρgz = F (t) ∂t 2 vgl. (3.3) Der Druck sei über der Grenzfläche stetig. Mit dem Übergang Φ → Φ+ Z F (t)dt ist das Geschwindigkeitspotential bis auf eine Zeitfunktion bestimmt. Randbedingung (ρ1 = 0 wegen Inkompressibilität): ρ Druck ∂Φ 1 ~ 2 stetig + (∇Φ) + gζ1 = −p = −p′ ∂t 2 z=ζ1 = ρ′ ∂Φ′ 1 ~ ′ 2 + (∇Φ ) + gζ1 ∂t 2 z=ζ1 (7.10) 7.1. DIE RAYLEIGH-TAYLOR- UND DIE KELVIN-HELMHOLTZ-INSTABILITÄT127 Linearisiert: ′ ~ 2 = 2u ∂Φ1 ∇Φ ∂x ~ ′2 = 2u′ ∂Φ1 ∇Φ ∂x Somit erhalten wir: ρ0 ∂Φ1 ∂Φ1 +u + gζ1 = −p1 |z=0 = −p′1 |z=0 ∂t ∂x z=ζ = ρ′0 ∂Φ′ ∂Φ′1 + u′ 1 + gζ1 ∂t ∂x z=ζ (7.11) Bzw. mit den Störansätzen (7.5)-(7.7): ρ0 (i(−ω + ku)Φ̂ekz + g ζ̂) = ρ′0 (i(−ω + ku′ )Φ̂′ e−kz + g ζ̂) (7.12) Das ist also die 3. Bestimmungsgleichung für Φ̂, Φ̂′ und ζ̂. (7.8) und (7.9) in (7.12): ρ0 (i(−ω + ku)i(−ω + ku) + gk) − ρ′0 (−i(−ω + ku′ )i(−ω + ku′ ) + gk) = 0 (7.13) ⇒ Dispersionsrelation ω(k) für Strömungen der Grenzschicht zwischen zwei Fluiden: a) Sei u = u′ = 0: 7.13 → −ρ0 ω 2 + ρ0 gk − ρ′0 ω 2 − ρ′0 gk = 0 (7.14) s (7.15) ω =± k oder g ρ0 − ρ′0 k ρ0 + ρ′0 Sei ρ′0 ≪ ρ0 (z.B. Luft auf Wasser): → p ω = ± gk (7.16) Das ist die Dispersionsrelation für eine Schwerewelle in der Tiefwassernäherung (vgl. (4.13)). ω ∈ R rein oszillierende Mode Imω = 0 keine Dämpfung / keine Instabilität b) Sei wieder u = u′ = 0. Nun aber ρ′0 > ρ0 , d.h. ein schwereres Fluid ruht auf einem leichten. Wie auch intuitiv einleuchtend ist, ist eine solche Konfiguration instabil; das schwerere Fluid hat die Tendenz unter das leichtere zu sinken. 128 KAPITEL 7. HYDRODYNAMISCHE INSTABILITÄTEN Mathematischer Ausdruck dieser Instabilität des hydrostatischen Gleichgewichtes: Die Wurzel in (7.15) wird imaginär für ρ′0 > ρ0 , die positive imaginäre Wurzel beschreibt die instabile Mode mit der Anwachsrate: s q kg ′ Im |Imω| = ρ − ρ 0 0 ρ0 + ρ′0 (7.17) Rayleigh-Taylor-Instabilität Die negative Wurzel beschreibt die gedämpfte Mode, das ist hier nicht von Interesse. c) u 6= 0, u′ 6= 0 ρ > ρ′ : Rayleigh-Taylor stabil Löse (7.13) in quadratische Gleichung in ω auf: ω2 − 2 ρ0 − ρ′0 ρ0 k 2 u2 + ρ′0 k 2 u′2 ρ0 ku + ρ′0 ku′ ω − gk + =0 ρ0 + ρ′0 ρ0 + ρ′0 ρ0 + ρ′0 Mit der Lösung: ω= Bzw.: ρ0 ku + ρ′0 ku′ ρ0 + ρ′0 v u u ρ0 ku + ρ′ ku′ 2 ρ0 − ρ′0 ρ0 k 2 u2 + ρ′0 k 2 u′2 0 ±t + gk − ρ0 + ρ′0 ρ0 u + ρ′0 u′ ω ± = k ρ0 + ρ′0 ρ0 + ρ′0 s (7.18) ρ0 + ρ′0 g ρ0 − ρ′0 ρ0 ρ′0 (u − u′ )2 − k ρ0 + ρ′0 (ρ0 + ρ′0 )2 (7.19) (7.20) (ρ0 u + ρ′0 u′ )2 ρ0 u2 + ρ′0 u′2 − (ρ0 + ρ′0 ) = ′ 2 (ρ0 + ρ0 ) (ρ0 + ρ′0 )2 ρ0 ρ′0 (u − u′ )2 1 ′ ′ ′ 2 ′ ′2 ′ 2 (2ρ0 ρ0 uu − ρ0 ρ0 u − ρ0 ρ0 u ) = − (ρ0 + ρ0 ) (ρ0 + ρ′0 )2 Dispersionsrelation (7.20) beschreibt Instabilität für ρ0 ρ′0 (u − u′ )2 > g 2 (ρ − ρ′2 0) k 0 (7.21) Kelvin (1871) - Helmholtz (1868) - Instabilität Mit der Anwachsrate: s g ρ0 − ρ′0 ρ0 ρ′0 (u − u′ )2 |Imω| = kIm − k ρ0 + ρ′0 (ρ0 + ρ′0 )2 (7.22) 7.1. DIE RAYLEIGH-TAYLOR- UND DIE KELVIN-HELMHOLTZ-INSTABILITÄT129 Es ist Reω 6= 0. Jede instabile Mode ist eine überstabile Mode → Anregung von Wellen mit exponentiell anwachsender Amplitude. Beispiel: Wind bläst über ein Gewässer → sich aufsteilende Wellen Für g → 0 ist (7.21) immer erfüllt → intergalaktische Jets Instabilitätsbedingung ∼ k >∼ 1 (u − u′ )2 Für kleine Relativgeschwindigkeiten sind Strömungen mit kleiner Wellenlänge instabil, aber λ ≫ λStoß (vgl. Modifikation bei Berücksichtigung der Oberflächenspannung). Berücksichtigung der Oberflächenspannung Was ist Oberflächenspannung? Flüssiger Aggregatszustand ist gekennzeichnet durch kurzreichweitige Wechselwirkung (Van-der-Waals-Kräfte zwischen Molekülen) Effektives Potential zwischen Molekülen: 1 Abstoßend für kleine r ⇒ Minimalabstand 6= 0 2 Verschwindet für r → ∞ ⇒ frei beweglich auf großen Skalen Im Innern: Alle Moleküle haben nächste Nachbarn, Kräfte heben sich auf. Oberfläche: Nächste Nachbarn nur zur Flüssigkeit hin → Kraftwirkung Beschreibung im Flüssigkeitsbild: Gekrümmte Oberfläche zwischen 1 und 2 Gerade = ˆ minimale Fläche, jede Krümmung vergrößert die Oberfläche Bei Verschiebung (Ausdehnung) von 1 in Richtung 2 muß Arbeit geleistet werden. Bei Verschiebung um δs ist Kraft = Z (p2 − p1 )dF Arbeit = Z (p2 − p1 )dF · δs = δWDruck 130 KAPITEL 7. HYDRODYNAMISCHE INSTABILITÄTEN Beitrag der Oberflächenspannung: Änderung der Oberfläche Eindimensional: Lokale Näherung durch Schmiegekreis Oberfläche ∼ Länge des Kreisbogens Rdθ δWOberf l. = α · δF = α· = α· ⇒ gesamte Arbeit: Z Z Z (α: Oberflächenspannung ) ((R + δs)dθ − Rdθ) = α · δs Rdθ = α · R dF δs R (p2 − p1 )dF · δs + α Im Gleichgewicht ist gerade δW = 0: Z Z δsdF p2 − p1 + α 1 R Z Z δsdθ δs dF = δW R ! = 0 für beliebige δs ⇒ Gleichgewichtsbedingung an der Oberfläche: 1 p2 − p1 + α = 0 R ⇒ Effekt der Oberflächenspannung: Bei gekrümmter Oberfläche gibt es einen Druckunterschied 1 p1 > p2 da p1 = p2 + α R Für R → ∞: Drücke gleich, Oberfläche ändert sich nicht Für R → 0: Sehr großer Druck p1 notwendig, um Oberfläche auszudehnen ⇒ Aufblasen eines Luftballons geht am Anfang am schwersten! Beispiel Gleichgewicht zwischen zwei Luftballons: Stabiler Zustand ist nicht R1 = R2 , sondern ein Radius minimal, der andere maximal. Erweiterung auf zweidimensionale Fläche: “Hauptachsen”-Krümmung 7.1. DIE RAYLEIGH-TAYLOR- UND DIE KELVIN-HELMHOLTZ-INSTABILITÄT131 Zurück zum Eindimensionalen: Für ζ ≪ λ gilt 1 ∂2ζ ≈ R ∂x2 Die Oberflächenspannung α hat die Tendenz die Grenzfläche zu minimieren, sie unterdrückt kleinste Wellenlängen. In der Randbedingung für den Druck (7.11) gilt nun: ρ0 (∂t Φ1 + u∂x Φ1 + gζ1 )|z=0 = (−p1 + α∂x2 ζ1 )|z=0 = −p′1 |z=0 = ρ′0 (∂t Φ′1 + u′ ∂x Φ′1 + gζ1 )|z=0 (7.23) Bzw. mit den Störansätzen (7.5)-(7.7), (7.8) und (7.9): ρ0 (i(−ω + ku)i(−ω + ku) + gk) = ρ′0 (−i(−ω + ku′ )i(−ω + ku′ ) + gk) − αk 3 (7.24) Auflösen in quadratische Gleichung in ω: ω2 − 2 ρ0 k 2 u2 + ρ′0 k 2 u′2 ρ0 ku + ρ′0 ku′ ω + ρ0 + ρ′0 ρ0 + ρ′0 − Mit der Lösung: ± ρ0 − ρ′0 αk 3 gk − =0 ρ0 + ρ′0 ρ0 + ρ′0 (7.25) ρ0 u + ρ′0 u′ ω = k ρ0 + ρ′0 s g ρ0 − ρ′0 αk ρ0 ρ′0 (u − u′ )2 + − ′ ′ k ρ0 + ρ0 ρ0 + ρ0 (ρ0 + ρ′0 )2 (7.26) 132 KAPITEL 7. HYDRODYNAMISCHE INSTABILITÄTEN Die Oberflächenspannung α modifiziert das Stabilitätsverhalten, es hilft nicht mehr, k beliebig groß zu machen. Instabilität für: ′ ! |u − u | = s ρ0 + ρ′0 ρ0 ρ′0 g (ρ0 − ρ′0 ) + αk k (7.27) Es ist eine endliche Relativgeschwindigkeit notwendig. ρ0 ≫ ρ′0 : ′ |u − u | > s ρ0 g αk + ′ ρ′0 k ρ0 (7.28) Rayleigh-Taylor: u = u′ = 0, ρ′0 > ρ0 genügt nicht. Instabilitätsbedingung: g (ρ0 − ρ′0 ) + αk < 0 k ρ′0 − ρ0 > α 2 k g Es existiert eine kritische Wellenlänge, kleinste Wellenlängen werden unterdrückt. 7.2 Die Gravitations-Instabilität Ein Fluid im stabilen Gleichgewicht unter dem Einfluss von Selbstgravitation kann instabil sein. Linearisierte Euler- und Konti-Gleichung (~v0 = 0): ~ · ~v1 = 0 ~ 0 + ρ0 ∇ ∂t ρ1 + ~v1 · ∇ρ ~ ρ1 − ∇ψ ~ 1 ∂t~v1 = −c2s ∇ ρ0 (7.29) (7.30) p1 = c2s ρ1 Poisson-Gleichung: ∆ψ1 = 4πGρ1 (7.31) Jeans (1961): ρ0 und cs (→ isotherm) sind konstant. ~ ∇·(7.30): 2 ∆ρ1 ∆ρ1 ∂ ρ1 7.31 ~ · ~v1 7.29 = −c2s − ∆ψ1 = −c2s − 4πGρ1 ∂t ∇ = − t ρ0 ρ0 ρ0 (7.32) ~ Mit ρ1 = ρ̂ei(k·~r−ωt) folgt: ω 2 = c2s (k 2 − kc2 ) (7.33) 7.2. DIE GRAVITATIONS-INSTABILITÄT 133 mit der kritischen Wellenlänge: kc2 = 4πGρ0 c2s (7.34) k < kc → Imω > 0 → Instabilität Soweit, so schön, aber: ρ0 und cs konstant bedeutet für das Gleichgewicht: ~ 0 = ∇(c ~ 2s ρ0 ) = −ρ0 ∇ψ ~ 0 ∇p → | {z } ψ0 = const =0 Die Poisson-Gleichung im Gleichgewicht lautet aber ∆ψ0 = 4πGρ0 → ρ0 = 0! ⇒ Die Analyse ist für eine endliche Massendichte nicht gültig! → ”Jeans-Swindle” Betrachte eine 1-dim. selbstgravitierende Schicht im Gleichgewicht. ρ0 (z) bzw. ψ0 (z) cs = const ∂z p0 = c2s ∂z ρ0 = −ρ0 ∂z ψ0 4πG 1 = − 2 ρ0 d z ρ0 dz ρ0 cs (7.35) (7.36) Die Lösung ist: ρ0 = ρ0 (0) cosh−2 mit H = z H kT 2πGmρ0 (0) = ρ0 (0)(1 − ω 2 ) 1 2 (7.37) z und ω = tanh H kT im isothermen Fall m Nun betrachte die marginale Mode ω = 0, also Imω > 0 Instabil und km die Wellenzahl der marginalen Mode. Divergenz der Euler-Gleichung (7.32) mit ω = 0: sowie 0 = −c2s c2s = ∆ρ1 4πGρ0 2 − 4πGρ1 = (d2z − km )θ + θ ρ0 c2s mit θ = ρ1 ρ0 Nun ist dz θ = dω θdz ω = dω θ(1 − ω 2 ) d2z θ = (1 − ω 2 )2 d2ω θ − 2ω(1 − ω 2 )dω θ (7.38) 134 KAPITEL 7. HYDRODYNAMISCHE INSTABILITÄTEN ⇒ H 2 d2ω θ 2ω − dω θ + 1 − ω2 mit ν2 2 − 1 − ω 2 (1 − ω 2 )2 ! θ=0 (7.39) ν = km H Legendreartige Gleichung mit der Lösung: θ(ω) = A1 1+ω 1−ω ν 2 (ν − ω) + A2 1−ω 1+ω ν 2 (ν + ω) (7.40) θ bleibt endlich für ω = 1 → ν = 1 → 2 km = 1 2πGmρ0 (0) = 2 H kT Instabilität für k < km = 12 kc,Jeans für homogene Dichte ρ0 (0). (7.41) Kapitel 8 Die Rayleight-BenardKonvektion Unter Konvektion versteht man eine durch einen Temperaturgradienten verursachte Fluidbewegung. Der Wärmetransport wird mit einem Massentransport assoziiert. Wir betrachten ein Fluid mit externer Wärmezufuhr Q. ~ | < ∇ ~ crit , so wird die Ist der Temperaturgradient hinreichend klein |∇T Wärme durch Wärmeleitung im Fluid transportiert (ähnlich wie im Festkörper). ~ |>∇ ~ crit , so setzt die konvektive Bewegung von Fluidelementen ein, Ist |∇T die die Wärme transportieren. → Überkritisches Phänomen / Instabilität Zur Beschreibung der Benard-Konvektion: a) Auffinden eines stationären Zustandes / Anfangskonfiguration, gekennzeichnet durch Wärmeleitung b) Linearmodenanalyse einer Störung dieses Zustandes Maßgebliche Bilanzgleichungen: ~ · (ρ~v ) = 0 ∂t ρ + ∇ ~ v ) = −∇p ~ + ρ~g + ν∆~v ρ(∂t~v + (~v · ∇)~ 135 (8.1) (8.2) 136 KAPITEL 8. DIE RAYLEIGHT-BENARD-KONVEKTION Sowie die Bilanz der inneren Energiedichte unter Berücksichtigung der Wärmeleitung: ~ −∇ ~ · (K ∇T ~ ) + p∇ ~ · ~v = 0 ρ(∂t ǫ + ~v · ∇ǫ) (8.3) K: Wärmeleitfähigkeit Verzicht auf Herleitung der Wärmeleitung, die als höheres Moment bei Herleitung der Bilanzgleichungen aus der statistischen Beschreibung (Verteilungsfunktion, Boltzmann-Gleichung und Momentenbildung), in (8.3) auftritt. (→ Kreuzer: Non-Equilibrium Thermodynamics) Wir nehmen an, das Fluid sei “annähernd inkompressibel”, d.h. eigentlich ~ · ~v = 0), aber man erlaubt, dass die Dichist das Fluid inkompressibel (∇ te sich lokal mit ansteigender Temperatur vermindert. Dieser Effekt führt genau zur Konvektionsbewegung, zum Aufsteigen wärmerer, leichterer Fluidelemente (s. später). Zunächst nehmen wir aber an: ~ · ~v = 0 ∇ Im inkompressiblen Fall gilt zudem die thermodynamische Beziehung: dǫ = cp dT cp = spezifische Wärme Damit geht (8.3) über in: ~ = χ∆T ∂t T + ~v ∇T χ= K ρcp : (8.4) thermometrische Leitfähigkeit unter der Annahme konstanter Wärmeleitfähigkeit Statisches Gleichgewicht: ~v0 = 0 Randbedingungen: T0 (0) = Ta , T0 (d) = Tb Stationäre Lösung von (8.4): T0 (z) = Ta − βz β= Ta − Tb d (8.5) 137 Die thermische Ausdehnung des Fluids ist linear anzunehmen. ρ(T ) = ρa (1 − α(T − Ta )) (8.6) α: Expansionskoeffizient, i.A. ≪ 1 Also (8.5) in (8.6): ρ0 (z) = ρa (1 + αβz) ρ0 (0) = ρa (8.7) Statische, stationäre Lösung von (8.2): dp0 = −ρ0 g dz → 1 p0 (z) = pa − gρa (z + αβz 2 ) 2 (8.8) Es ist experimentell bekannt, dass eine solche Lösung, (8.5), (8.7). und (8.8), nur für relativ kleine Temperaturgradienten stabil ist. Der kritische Parameter ist dabei β (Maß für den Temperaturgradienten). Exkurs Dieses stationäre System wird beschrieben durch (8.5), (8.7) und (8.8). T0 (z) = Ta − βz ρ0 (z) = ρa (1 + αβz) 1 p0 (z) = pa − gpa (z + αβz 2 ) 2 Ist es Rayleigh-Taylor-instabil? Wir betrachten Strömung um z ′ . In einer Umgebung ǫ um z ′ gilt: ρ0 (z ′ + ǫ) > ρ0 (z ′ − ǫ) −ǫ Stabilitätsanalyse wie in Kapitel 6 mit den Störgrößen Φ+ǫ 1 , Φ1 , ζ1 , die als Fourier-Moden anzusetzen sind. ~v0+ǫ = ~v0−ǫ = 0 (1) Φ1 ∼ eikx−iωt±kz ∂z Φ1 = ∂t ζ1 138 KAPITEL 8. DIE RAYLEIGHT-BENARD-KONVEKTION Wie in (7.8) und (7.9) erhalten wir: +ǫ −k Φ̂+ǫ e−kz = i(−ω + ku | {z })ζ̂1 (a) →0 −ǫ −ǫ kz = i(−ω + ku | {z })ζ̂1 k Φ̂ e (b) →0 Die 3. Bestimmungsgleichung erhält man aus Bernoulli + der Stetigkeit des Druckes: 1 ~ −ǫ 2 1 ~ +ǫ 2 ) + gζ1 = ρ−ǫ ∂t Φ−ǫ + (∇Φ ) + gζ1 ρ+ǫ ∂t Φ+ǫ + (∇Φ 2 2 z=ζ1 z=ζ1 ζ1 ≪ 1 auch Randbedingung an z=0 Linearisierung, d.h. Kleinheitsparameter werden nur bis zur linearen Ordnung berücksichtigt ρ±ǫ 0 = ρa (1 + αβ(z ± ǫ)) = ρ0 (z) ± α≪1 ǫ≪1 ρa αβǫ | {z } Kleinheitsparameter homogenes Medium: β≤0 und dann noch mit den Störgrößen multipliziert. Φ = Φ0 + Φ1 ~ 0 ∇Φ ~ 1=0 ∇Φ Gleichung (c) linearisiert: −ǫ ρ0 (∂t Φ+ǫ 1 + gζ1 )|z=0 = ρ0 (∂t Φ1 + gζ1 )|z=0 (d) −iωt Fourier-Ansätze: Φ̂±ǫ 1 ∼e ρ0 (−iω Φ̂+ǫ e−kz + g ζ̂) = ρ0 (−iω Φ̂−ǫ ekz + g ζ̂) Mit (a) und (b) folgt: Φ̂+ǫ e−kz = iω ζ̂ k Φ̂−ǫ ekz = −iω ζ̂ k ρ0 (ω 2 + gk) = ρ0 (−ω 2 + gk) ⇒ ω=0 Lineare Stabilitätsanalyse Boussinesq-Approximation: In einem “annähernd inkompressiblen” Fluid, d.h. ρ = const räumlich und (c) 139 zeitlich, ist ρ1 = 0 (ρ0 = ρa ) in allen Gleichungen, außer im Gravitationsterm der Bewegungsgleichung. In der Tat ist die thermische Expansion (vgl. (8.6)) in den meisten Fluiden sehr klein, aber im gravitativen Term führt dieser Effekt genau zum Einsatz der Konvektion (Auftriebskraft). Streng mathematisch ist diese Vorgehensweise fragwürdig, da keine strenge Einhaltung der Abschätzung nach Größenordnungen besteht, aber sie ist erfolgreich, d.h. Experiment wird hinreichend gut beschrieben. Also in Konti- (8.1), Bewegungs- (8.2) und Wärmetransportgleichung (8.4): T = T0 + T 1 ρ = ρ0 +ρ1 (T1 ) d.h. mit (8.6): |{z} =ρa ρ = ρa − ρa αT1 Dichtestörung entsteht nur durch Störung in thermischer Expansion. ~v = ~v0 + ~v1 Da ρ1 nur im gravitativen Term berücksichtigt werden soll, ergeben sich die linearisierten Gleichungen zu: 8.1 → ~ · [(ρ0 + ρ1 )(~v0 + ~v1 )] ∂t (ρ0 + ρ1 ) = −∇ ~ · ~v1 = 0 ∇ → 8.2 → (8.9) ~ · (~v0 + ~v1 )) (ρ0 + ρ1 )(∂t (~v0 + ~v1 ) + (~v0 + ~v1 )∇ ~ 0 + p1 ) + (ρ0 + ρ1 )~g + η∆(~v0 + ~v1 ) = −∇(p (8.10) Hier gäbe es ohnehin keinen anderen ρ1 -Term. ~ 1 + ρ1~g + η∆~v1 ρ0 ∂t~v1 = −∇p → ~ p1 ∂t~v1 = −∇ ρa − αT1~g + ν∆~v1 ν= η ρa (8.11) Hier ist wiederrum ρ0 = ρa . 8.4 → ~ 0 = chi∆T1 ∂t T1 + ~v1 ∇T bzw. mit (8.5) (T0 = Ta − βz): ∂t T1 − v1z β = χ∆T1 (8.12) 140 KAPITEL 8. DIE RAYLEIGHT-BENARD-KONVEKTION Zweifache Anwendung der Rotation auf (8.11) (erste eliminiert Abhängigkeit von p1 , zweite führt zur 2. Ableitung von T1 wie in (8.12)) ergibt für die zKomponente: ~ 2 v1z = αg(∂x2 T1 + ∂y2 T1 ) + ν ∇ ~ 4 v1z ∂t ∇ ~ ×∇ ~ × ~v1 = −∇ ~ 2~v1 ∇ mit ν = ~ × (T1~g ) = ∇T ~ 1 ×~g ∇ für (8.13) ~ · ~v1 = 0 ∇ η = kinematische Viskosität ρa ~ ·~g −~g ∇ ~ · (∇T ~ 1 ) + (~g · ∇) ~ ∇T ~ 1 − (∇T ~ 1 · ∇)~ ~ g ~ × (∇T ~ 1 ×~g ) = ∇T ~ 1∇ ∇ (8.12) und (8.13) sind lineare Differentialgleichungen für T1 und v1z (∂z2 T1 hebt sich raus). ⇒ Eine beliebige Störung ist als Superposition von Fourier-Komponenten darstellbar (Normal-Moden): v1z = w(z)eωt+ikx x+iky y (8.14) ωt+ikx x+iky y T1 = θ(z)e (8.15) periodische x,y-Abhängigkeit Mit den Ansätzen (8.14) und (8.15) folgt: 8.12 → ωθ − βw = χ(d2z − kx2 − ky2 )θ (8.16) 8.13 → ω(d2z − kx2 − ky2 )w = −αg(kx2 + ky2 )θ + ν(d2z − kx2 − ky2 )2 w(8.17) (Kein algebraisches Gleichungssystem für Störamplituden → gewöhnliche DGLs für w, θ.) Der Stabilitätsübergang liegt bei ω = 0 (ω > 0: Instabilität, ω < 0: Stabilität). Einschub Man kann allgemein zeigen, dass für Gleichgewichtssysteme (8.16), (8.17): ω ∈ R. (8.17)·(d2z − k 2 − ω): ω(d2z − k 2 )(d2z − k 2 − ω)w = −αgk 2 (d2z − k 2 − ω)θ + ν(d2z − k 2 )2 (d2z − k 2 − ω)w 8.16 αgβk 2 ω(d2z − k 2 )(d2z − k 2 − ω)w = w + ν(d2z − k 2 )2 (d2z − k 2 − ω)w χ (d2z − k 2 )(d2z − k 2 − ω)(d2z − k 2 − αgβk 2 ω )w = − w ν νχ (a) 141 Mit den Hilfsfunktionen G(z) = (d2z − k 2 )w und F (z) = (d2z − k 2 − ων )G(z) wird (a) zu: αgβk 2 (d2z − k 2 − ω)F (z) = − w(z) (b) νχ | {z } =γ Z Z F ∗ (b)dz Schicht F ∗ d2z F = F ∗ dz F − Z |dz F |2 dz (c) R F ∗ d2 F ergibt sich aus dem 1. Term der linken Seite von (b). 2 F ∗ dz F → 0, denn (8.17) mit F ergibt F (z) = αgk ν θ und die Randbedingungen lauten θ(0) =Rθ(d) = 0. Rechte Seite von F ∗ (b)dz: Z wF ∗ dz = Z w(d2z − k 2 − ω∗ ∗ )G dz = ν Z G∗ (d2z − k 2 − Letzteres durch zweifache partielle Integration von finition von G ergibt sich: Z R G∗ d2z wdz. Mit der De- ω∗ G∗ wdz ν Z Z ω∗ = G∗ Gdz − w(d2z − k 2 )w∗ dz ν Z Z ω∗ ∗ = G Gdz + [|dz w|2 + k 2 |w|2 ]dz ν wF ∗ dz = Z ω∗ )wdz ν Z G∗ Gdz − (d) (Letzteres wieder durch partielle Integration.) R Somit ergibt sich insgesamt für (b)F ∗ dz: Schicht − Z 2 2 2 dz(|dz F | + (k + ω)|F | ) = −γ Z dz(|G|2 + ω∗ (|dz w|2 + k 2 |w|2 )) ν (e) Der Imaginiärteil von (e) ist: Imω ⇒ Imω = 0 Z dz (|F |2 + | γ (|dz w|2 + k 2 |w|2 ) = 0 (f ) ν {z } positiv definit Setze ω = 0 und eliminiere θ: 8.16,8.17 → νχ(d2z − kx2 − ky2 )3 w = −αβgk 2 w (8.18) 142 KAPITEL 8. DIE RAYLEIGHT-BENARD-KONVEKTION Bzw. mit der normierten Wellenlänge k̃x,y = kx,y d und der normierten zRichtung z̃ = dz (d: Schichtdicke): (d2z̃ − k̃x2 − k̃y2 )3 w = −Ra k̃ 2 w Mit der Rayleigh-Zahl: Ra = (8.19) αβgd4 χν (Erinnerung: β misst den Temperaturgradienten.) (8.19) ist eine Differentialgleichung 6. Ordnung, zu ihrer Lösung sind somit 6 Randbedingungen vonnöten (Details: Chandrasekhar, Hydrodynamic and Hydromagnetic Stability, Oxford University Press, 1961). Die Temperatur am oberen / unteren Rand sei konstant und das Fluid verbleibe in der Schicht zwischen z = 0 und z = d. θ(0) = θ(d) | = w(0) = w(d) = 0 | {z } {z } ist in der TatRRB R für w →s.8.16 w=θ | {z } v1z (0) v1z (d) | {z 2 −k̃2 )w(0)= (d2 −k̃x y z̃ 2 −k̃2 )w(d)=0 (d2 −k̃x y z̃ 4RB } Die Lösung ist hier besonders einfach. Für freie Oberfläche gilt: ′ , vgl. (6.17)) verschwinden, an der Oberfläche Viskose Schubspannungen (σik wird keine Arbeit verrichtet. ~ · ~v1 = 0 → ∂v1z = 0.) (Für feste Oberfläche / Rand ist v1x = v1y = 0, ∇ ∂z Vergleiche Kapitel 5. ′ ′ σxz = η(∂z v1x + ∂x v1z ) = 0 = σyz = η(∂z v1y + ∂y v1z ) v1z = 0 auf den Oberflächen z = 0 und z = d (Fourier: kx,y w(0) = kx,y w(d) = 0). → ∂x v1z = ∂y v1z = 0 → ∂z v1x = ∂z v1y = 0|z=0,d ~ · ~v1 = ∂x ∂z v1x + ∂y ∂z v1y + ∂z2 v1z = ∂z2 v1z = 0 bei z = 0, d ∂z ∇ 2RB Das ist freilich nicht sehr realistisch (zwei freie Oberflächen), führt aber auf die einfache Lösung des Eigenwertproblems: w(z) = ŵ sin(nπz̃) n = 1, 2, 3, . . . (8.20) Lösung (8.20) in (8.19): Die Rayleigh-Zahl kann nur die Eigenwerte Ra = (n2 π 2 + k̃ 2 )3 k̃ 2 (8.21) 143 annehmen, d.h. (n2 + k̃ 2 )3 Ra = k̃ 2 αβgd4 Ra = χν ! ist niedrigster Eigenwert. Minimalisierung nach k̃ 2 liefert kritische Rayleigh-Zahl Rc = 27 4 π ∼ 657 4 an kritischer Wellenzahl: 2 k̃crit = π2 2 ~ ) Ra ∼ β(∼ ∇T Für kleine Ra sind die Eigenwerte nicht für reelle k̃ erfüllbar → keine Instabilität. Ra < Rc : System findet stationäre Lösung (8.5), (8.7), (8.8). Wird Ra erhöht (durch Erhöhung der Wärmezufuhr), so wird bei Rc zunächst die Fourier-Komponente mit k̃crit instabil, bei weiterer Erhöhung von Ra wird ein ganzer Bereich der Wellenzahlen instabil (vollständige Lösung von (8.16), (8.17)). Kritische Rayleigh-Zahlen für eine feste und eine freie Oberfläche: zwei feste Oberflächen: 1100 1700 → Randstabilisierung Wir haben also nicht die Dispersionsrelation explizit aufgestellt, sondern ”nur” eine marginale lineare Stabilitätsanalyse durchgeführt. Eine vollständige Lösung (ω 6= 0) von (8.16) und (8.17) ist möglich und führt 144 KAPITEL 8. DIE RAYLEIGHT-BENARD-KONVEKTION ebenso auf ω > 0 für Ra > Rc (zuvor war nur durch Zusatzinformation klar, dass der Übergang von ω = 0 (marginale Mode) zu ω > 0 für Ra > Rc und nicht für Ra < Rc stattfindet). Konvektionszellen sind ihrerseits stabil, d.h. die Störamplituden wachsen nur in einem kurzen linearen Stadium (im Sinne der Störungsrechnung) exponentiell an. Muster der Konvektionszellen w(z) ist bekannt als: w(z) = v0 sin(nπz) Doch was ist mit vx , vy ? Sei vz = w(z) cos( 2π L x). Das einfachste Konvektionsmuster zeigt Rollen parallel zu einer, sagen wir der y-Achse, in Abhängigkeit nur von der x-Achse. vy = 0 → vx = − Z dz w(z) cos( ~ · ~v = 0 ∇ L 2π 2π x)dx = − dz w sin( x) L 2π L Kapitel 9 Turbulenz Die lineare Strömung von Fluiden ist die Ausnahme, i. A. ist die Dynamik von Fluiden turbulent. Z.B. Jet-Strömung in der oberen Troposphäre, Wasserströmungen unterhalb der Ozeanoberfläche, Golf-Strom, Fluss- / Kanalströmungen, KummulusWolken. Hauptcharakteristik turbulenter Strömungen: -Irregularität: Es ist keine streng deterministische Beschreibung möglich, sondern nur eine statistische Beschreibung von Turbulenz (s. später). -Stark fluktuierende Vortizität / Wirbelstärke -Große Reynoldszahlen Re = ρvl η ′ in (6.17) und -Dissipation durch kleinskalige viskose Scherspannungen (σik (6.22)). Die benötigte Energiequelle für Turbulenz sind oftmals Scherströmungen vi (rj ). -Turbulenz entsteht aus laminarer Strömung durch Instabilitäten für hohe Reynoldszahlen. Wir betrachten zwei unterschiedliche Fragestellungen: 1) Bei welchem Re wird eine Strömung instabil? 2) Wie kann man den vollentwickelten turbulenten Zustand sinnvoll charakterisieren? Mathematisch exakt sieht das folgendermaßen aus: Navier-Stokes linearisieren → Störungsansatz → ω(k) → Stabilitätskriterium Achtung: Das ist eine lineare Theorie, sie liefert keine Aussage bzgl. Frage 2 Ausgangspunkt: Navier-Stokes-Gleichung für Wirbel 145 146 KAPITEL 9. TURBULENZ Es ist: ~ × ∇ ~ × ~v Wirbelstärke ω ~ =∇ ∂~v ~ − ν∆~v = 0 ~ v + 1 ∇p + (~v · ∇)~ ∂t ρ ~ v (~v · ∇)~ ⇒ ~ × (~v · ∇)~ ~ v ∇ = ~ 1 ∇v ~ 2 =0 ∇× 2 ∆~v = 1~ 2 ~ × ~v ) ∇v − ~v × (∇ 2 h ~ × (~v × ω ~ v − (~v · ∇)~ ~ ω −∇ ~ ) = − (~ ω · ∇)~ ~ ∇ ~ · ~v ) ∇( = | {z i ~ × (∇ ~ × ~v ) = −∇ ~ ×ω −∇ ~ } =0 da kompressibel ⇒ ~ × ∆~v ∇ = ~ ×∇ ~ ×ω −∇ ~ =− ~ ∇ ~ ·ω ∇( ~) | {z +∆~ ω } =0 (Rotationsfeld) ∂~ ω ~ v + (~v · ∇)~ ~ ω − ν∆~ − (~ ω · ∇)~ ω = 0 ∂t ∂~ ω ~ ω = (~ ~ v + ν∆~ + (~v · ∇)~ ω · ∇)~ ω ⇒ ∂t d~ ω ~ v + ν∆~ ⇒ = (~ ω · ∇)~ ω dt (ν = 0 ⇒ Helmholtz’sche Wirbelgleichung) Nebenbemerkung: Nach wie vor entstehen für ω ~ = 0 keine Wirbel (aber man denke an das Einwandern...) Jetzt betrachten wir eine vereinfachte Geometrie, ebene (2dim) Strömung, z.B. vz = 0 ∂ =0 ∂z ~v0 = v0 (y)~ex Für diese Strömung gilt: i j ~ × ~v = ∂x ∂y ω ~ =∇ vx vy k ∂z vz = ∂vy ∂x 0 0 − ∂vx ∂y ⇒ Man hat nur die Gleichung für ωz zu betrachten: ∂ωz ~ z = ν∆ωz + (v · ∇)ω ∂t 0 = 0 ωz 147 ~ v = 0, da vz = 0) (in der z-Komponente ist (~ ω · ∇)~ Störungsansatz in ~v (in x-y-Ebene): ~v = ~v0 + ~v1 = v0 (y)~ex + ~v1 (x, y) ⇒ ωz = − dv0 + ω1z dy ~ z: Linearisieren von (~v · ∇)ω ∂ω1z d 2 v0 − v1y 2 ∂x dy (v0 hängt nur von y ab) ~ (ω1z − (v0~ex + ~v1 ) · ∇ ∂ ∂ ∂ dv0 ) = v0 + v1x + v1y dy ∂x ∂x ∂y ω1z − dv0 dy 1. Ordnung: ⇒ v0 ⇒ ∂ω1z ∂ω1z d 2 v0 + v0 − v1y 2 = ν∆ω1z ∂t ∂x dy Wie bereits bekannt lassen sich inkompressible zweidimensionale Wirbelfelder bequem mit einer Stromfunktion ψ darstellen: v1x = ∂ψ1 ∂y v1y = − ∂ψ1 ∂x ~ · ~v = 0 und ∇ ~ × ~v1 = ω1z = ∂v1y − ∂v1x = −∆ψ1 ∇ ∂x ∂y ⇒ ⇒ − ∂ ∂ψ1 d2 v0 ∂ ∆ψ1 − v0 ∆ψ1 + = −ν∆∆ψ1 ∂t ∂x ∂x dy 2 Jetzt folgt Fouriertransformation in x und t (Problem hängt explizit von y ab!) ψ1 = ψ̂(y) · ei(kx−ωt) ACHTUNG: ω = Frequenz, ω1z = Wirbelstärke ⇒ d2 (iω − ikv0 ) −k 2 + 2 dy ω v0 − k ! d 2 v0 d2 2 ψ̂ + ik ψ̂ = −ν −k + dy 2 dy 2 ! d2 ψ̂ d 2 v0 iν 2 − k ψ̂ − ψ̂ = − 2 2 dy dy k Orr-Sommerfeld-Gleichung !2 ψ̂ |· i k 2 d4 ψ̂ 2 d ψ̂ − 2k + k 4 ψ̂ dy 4 dy 2 ! 148 KAPITEL 9. TURBULENZ d Lineare gewöhnliche DGL 4. Ordnung in dy → 4 Randbedingungen An den Rändern: v1x = 0, v1y = 0 ⇒ Die Lösung gibt Auskunft über die Stabilität von Strömungsprofilen v0 (y). Jedoch ist die Lösung der Orr-Gleichung selbst für einfache Geometrien nicht analytisch möglich. Transzendente Funktionen → numerische Lösung ω = ω(k) (komplex) Bemerkung: Instabilitätskriterien sind zwar notwendig, aber nicht hinreichend. Es werden auch stabile Strömungen mit Re > 5300 realisiert, die aber jederzeit “umschlagen” können. Analogie: Phasenübergang und “Unterkühlen” Übergang zur Turbulenz: Für Re ↑ wird zunächst ein k instabil und es ist nicht klar, wie aus dieser 9.1. WIRBELABLÖSUNG HINTER EINEM UMSTRÖMTEN ZYLINDER149 sinusförmigen Instabilität eine turbulente Strömung entsteht (die aus vielen k’s besteht). Im weiteren wird das Landau-Modell für den Übergang zur Turbulenz herangezogen. 9.1 Wirbelablösung hinter einem umströmten Zylinder Landau-Modell Ein Fluid umströmt einen Zylinder. Es existiert ein Übergang von stationärer laminarer Strömung zu nichtstationärer und schließlich turbulenter Strömung. Landaus Modell behandelt den Übergang Re ≥ Recrit , also den Einsatz der Instabilität, die von laminar zu turbulent führt, und den asymptotischen Grenzwert, den die Geschwindigkeitsamplitude annehmen wird. Die Strömung ist nichtstationär, die Wirbelablösung ist periodisch in der Zeit mit Frequenz ∼ u. Bei sehr großen Re überlagern inkohärente turbulente Bewegungen auf sehr kleinen räumlichen Skalen l ∼ √1Re die ausgedehnten kohärenten Fluidstrukturen. Das Verhalten eines physikalischen Systems in der Umgebung eines Übergangs, wie hier von laminar zu turbulent, lässt sich mit Hilfe eines Ordnungsparameters in Abhängigkeit von einem Kontroll- / kritischen Parameter beschreiben. Erinnerung an die Benard-Konvektion: v1 : Ordnungsparameter (Einsatz der Konvektionsbewegung) Ra : kritischer Parameter Hier: ǫ= Re − Re|crit Re|crit (9.1) kritischer Parameter Er misst den relativen Abstand zum Übergang von stationärer, laminarer Strömung zur periodischen Wirbelablösung. Ay = 0, ǫ<0 |A|2 ∼ ǫ, ǫ>0 (9.2) Ordnungsparameter Ay ist die Amplitude der versalen Oszillation der Geschwindigkeitsamplitude. Bifurkationsdiagramm: 150 KAPITEL 9. TURBULENZ Beschreibung des Landau-Modells Man denke sich die (laminare) Strömung, die für Re < Re|crit stabil ist, überlagert durch kleine nichtstationäre Abweichungen mehrerer Instabilitätsmoden, die durch den Index j durchnummeriert werden. ~vj = X Aj (t)f~j (~r) (9.3) j Für ihre Amplituden Aj (t) nehmen wir an, dass sie für eine gegebene Mode von der Form eσj t sind, wobei σj = σjr + iσji die komplexen Anwachsraten der Instabilität sind. Der Imaginärteil entspricht der Oszillation oberhalb Re|crit , der Realteil der Verstärkung (σjr > 0) oder Dämpfung (σjr < 0). Re < Re|crit Re = Re|crit Re > Re|crit Alle Störungen werden exponentiell gedämpft, also σjr < 0 für alle j σjr < 0 für alle Moden bis auf eine Mode k, die marginal stabil ist und σkr = 0 σjr < 0 für die Mehrzahl der Moden, aber es existiert mindestens eine mit σkr > 0 Wir interessieren uns für die dominante Mode mit dem größten Wert von σjr , eine diskrete Sprechweise wie in (9.3) ist also nicht unbedingt nötig, wir betrachten im Weiteren nur die k-Mode. Für Re > Re|crit entwickelt sich Instabilität zur Wirbelablösung. Für eine kurze Zeit (in der linearen Phase der Instabilität) wächst die Amplitude der Geschwindigkeit exponentiell (sobald Re > Re|crit ). Der Index bei Ai ist immer k. r i A(t) = ceσk t eiσk t (9.4) 9.1. WIRBELABLÖSUNG HINTER EINEM UMSTRÖMTEN ZYLINDER151 Die Amplitude muss aber schließlich einen endlichen Grenzwert annehmen (das ist bei bloßer Linearmodenanalyse ohne Interesse und außer Reichweite). Diesen wollen wir im Folgenden bestimmen. Zunächst bilden wir die zeitliche Ableitung des Betragsquadrates der Amplitude. |A|2 = (ReA)2 + (ImA)2 = c2 (e2σr t cos2 (σi t) + e2σr t sin2 (σi t)) = c2 e2σr t d |A(t)|2 = 2σkr |A(t)|2 dt (9.5) Dies ist gültig im Rahmen der Stabilitätsbetrachtung. Wenn A(t) so groß ist, dass nichtlineare Terme in den Bilanzgleichungen wichtig werden, kann die rechte Seite von (9.5) als erster Term einer Reid henentwicklung von dt |A|2 nach Potenzen von A und A∗ aufgefasst werden. Wir verlassen nun den Bereich des unmittelbaren Übergangs von laminar zu turbulent. Mit wachsender Amplitude werden weitere Terme der Potenzreihenentwicklung bedeutsam. dt |A|2 ist eine gerade Funktion in |A|2 , weswegen nur gerade Potenzen in der Reihenentwicklung auftauchen. dt |A|2 = |A|2 ∞ X m=0 am |A|2m (9.6) a0 = 2σkr . Wir berücksichtigen den 2. Term mit a1 = −α (α kann negativ, positiv als auch Null sein, wir wählen α > 0 um die exponentielle Divergenz von |A| auszugleichen): dt |A|2 = 2σkr |A|2 − α|A|4 Nichtlineare Gleichung der Riccati-Form y ′ = f (x)y 2 + g(x)y + h(x) geht mit y=− ȳ ′ f (x)ȳ in eine lineare DGL über: ȳ ′′ f − (f ′ + f g)ȳ ′ + f 2 hȳ = 0 Hier also: d2t |Ā|2 − 2σkr dt |Ā|2 = 0 (9.7) 152 KAPITEL 9. TURBULENZ Mit der Lösung: r |Ā|2 = c1 + c2 e2σk t r |A|2 = 2 σkr c2 e2σk t r (c1 + c2 e2σk t )α Oder: α 1 r = r + const. · e−2σk t |A|2 2σr (9.8) Asymptotisch strebt |A|2 gegen den endlichen Grenzwert: |A|2max = 2σkr α (9.9) Dieser ist auch direkt als stationäre Amplitude aus (9.7) erhältlich. σkr ist als eine Funktion der Raynoldszahl auffassbar. In der Nähe von Re|crit kann sie in eine Potenzreihe nach (Re − Re|crit ) entwickelt werden. Nach der Definition von σkr ist: σkr (Re|crit ) = 0 (9.10) In erster Näherung folgt aus Taylor (σ = σ(Re|crit )+(Re−Re|crit )∂Re σ|Re|crit P s + . . ., bzw. σ = ∞ s=0 as (Re − Re|crit ) ): σkr ∼ const. · (Re − Re|crit ) (9.11) Und damit mit (9.9): q Re − Re|crit −β|A|6 (β > 0) |A|max ∼ (9.12) Es lässt sich freilich nicht ausschließen, dass α ≤ 0 ist. In dem Fall muss d |A|2 ein negativer Term höherer Ordnung in der Reihenentwicklung für dt berücksichtigt werden (vgl. (9.6)). Die Lösung |A|2max der quadratischen Gleichung die stationär aus (9.7) mit −β|A|6 -Term folgt, lautet: |A|2max |α| ± = 2β s α2 2 + σkr 2 4β β (9.13) Die für die Dynamik der Instabilität charakteristische Zeitkonstante aus (9.5) 2|A|dt |A| = 2σkr |A|2 → |A| 1 1 = r ∼ dt |A| σk Re − Re|crit (9.14) 9.2. DIE VOLLSTÄNDIG ENTWICKELTE TURBULENZ 153 stimmt mit den experimentellen Beobachtungen überein, sowohl oberhalb (σkr > 0) als auch unterhalb der Instabilitätsschwelle (→ gedämpfte Mode). Die Zeitkonstante divergiert für: Re → Re|crit Experimentelle Analyse zeigt, dass die Proportionalitätskonstante in (9.14) 2 gleich 5dν ist (d: Durchmesser des Hindernisses). 9.2 Die vollständig entwickelte Turbulenz Einige qualitative Aussagen Bei hohen Re ist die turbulente Strömung durch starke unregelmäßige (örtliche wie zeitliche) Geschwindigkeitsänderungen gekennzeichnet. Die wahre Fluidgeschwindigkeit lässt sich in der Reynolds-Dekomposition darstellen als: ~v = ~v¯ + ~v ′ (9.15) ~v¯: zeitlich gemittelte Geschwindigkeit ~v ′ : Geschwindigkeitsschwankungen Mit wachsender Re treten zuerst Turbulenzelemente (TE) mit großen Abmessungen l ∼ L (L: charakteristische Ausdehnung der Strömung) auf. Diese TE haben die größten Geschwindigkeitsamplituden: vT′ E ∼ ∆v ∆v: Änderung der mittleren Geschwindigkeit auf der Längenskala l Frequenz der Geschwindigkeitsschwankungen: ω∼ ∆v l Kleinere TE mit höheren Frequenzen und kleineren Amplituden lassen sich als Detailstrukturen ansehen, die den großen TE überlagert sind. Über kleine räumliche Skalen δ ≪ l werden die Geschwindigkeitsschwankungen durch kleinen TE mit v ′ ≪ ∆l v aber v ′ ≫ ∆δ v bestimmt. Wir betrachten nun den Übergang von globalen Re für die Strömung im Ganzen zu Re der TE mit der Skala λ und vλ′ : Reλ = vλ′ λ ν (9.16) Für große TE, Reλ ≫ 1, ist die Viskosität und damit die Energiedissipation unbedeutend. 154 KAPITEL 9. TURBULENZ Andererseits sind diese großen TE mit großen Reλ instabil und zerfallen in immer kleinere TE, bis die Viskosität bedeutsam wird bei λ0 mit Reλ0 ∼ 1. Auf dieser Skala, durch die TE mit λ0 , welche für die globale Strömung eigentlich unbedeutend sind, findet die turbulente Energiedissipation statt. Also: Energie, die von außen permanent zugeführt wird, wird quasi dissipationsfrei von großen zu kleinen TE, l → λ > λ0 , transportiert um schließlich durch die kleinsten TE auf λ0 dissipiert zu werden. Nun schätzen wir die pro Zeit- und Masseneinheit dissipierte Energie, die ja zunächst in den großen TE auf l getragen wird / enthalten ist, aus typischen Größen (ρ, v, l) ab. J m2 [ǫ] = = 3 kgs s ⇒ ǫ∼ (∆v)3 l (9.17) → Selbstähnlichkeit: Unterschiede entstehen nur durch Längen- und Geschwindigkeits/Zeitskalen. Eine turbulente Strömung ist eine Strömung mit turbulenter Viskosität. η kg m3 m2 [ν] = [ ] = = ρ ms kg s ⇒ νturb ∼ ∆vl (9.18) Es ist also: νturb ∼ Re ≫ 1 ν (9.19) Und damit aus (9.17) und (9.18): ǫ ∼ νturb ∆v l 2 (9.20) In dem Bereich l ∼ L, dem Energie- oder Quellenbereich, ist der wesentliche Teil der kinetischen Energie deponiert. Der Bereich λ ≤ λ0 bildet den Dissipationsbereich. Wir betrachten nun den Bereich λ0 ≪ λ ≪ L, den sogenannten Inertialbereich. Aus (9.17) und Dimensionsanalyse für ǫ, ρ und λ folgt: 1 vλ ∼ (ǫλ) 3 Gesetz von Kolmogoroff und Oburlow (9.21) 9.2. DIE VOLLSTÄNDIG ENTWICKELTE TURBULENZ 155 Die Geschwindigkeitsänderung der turbulenten Bewegung auf der Strecke λ (und nicht wie in (9.17) auf der Strecke l) ist direkt proportional der Geschwindigkeit der turbulenten Bewegung/TE der Abmessung λ (die Änderung von ∆v auf λ-Skala ist vernachlässigbar). Das Gesetz von Kolmogoroff lässt sich auch spektral als E(k) mit der Wellenzahl der Geschwindigkeitsschwankung k ∼ λ1 darstellen, wobei E(k)dk die kinetische Energiedichte pro Masseneinheit der Flüssigkeit in einer Geschwindigkeitsschwankung mit dk um k ist. [E(k)] = m3 s2 Wenn man E(k) aus ǫ und k bis zur Dissipationslänge bildet, so erhält man für den Inertialbereich, innerhalb dessen ǫ von größeren zu kleineren Wirbeln transportiert wird: 2 5 E(k) ∼ ǫ 3 k − 3 → Z∞ k (9.22) 2 E(k)dk ∼ ǫ3 k 2 3 2 ∼ (ǫλ) 3 9.21 → E ∼ vλ2 Typisches Spektrum für vollentwickelte, homogene, isotrope Turbulenz nach Kolmogoroff (die Strömungseigenschaften sind auf den Skalen l ≪ L in allen Richtungen gleich): Gemessenes Spektrum der turbulenten Fluktuationen in einer Strömung. Es sind Quellgebiet, Inertialgebiet mit -5/3 Abfall und Dissipationsgebiet klar zu unterscheiden. 156 KAPITEL 9. TURBULENZ Schließlich wollen wir noch die Frage nach der räumlichen Skala λ0 (sie heißt auch innere Turbulenzskala im Gegensatz zur äußeren l) der Energiedissipation beantworten. Zusammenhang zwischen der lokalen Reλ und der globalen Re: 1 Reλ ∼ 4 da Reλ0 ∼ 1 folgt: λ0 ∼ 9.3 4 4 λ vλ λ 9.21 ǫ 3 λ 3 9.17 ∆vλ 3 ∼ Re ∼ ∼ 1 ν ν l νl 3 l 3 Re 4 3 (9.23) (9.24) Geschwindigkeitskorrelationen Die statistische Turbulenzbeschreibung Eine turbulente Strömung ist eine irreguläre Strömung mit inkohärenten Bewegungen der FE. Eine deterministische Beschreibung der nichtlinearen Dynamik ist nicht möglich → statistische Theorie der mittleren physikalischen Parameter der Turbulenz. Anders gesagt: 9.3. GESCHWINDIGKEITSKORRELATIONEN 157 Das zeitliche Anwachsen instabiler Strömungsmoden führt zu einer nichtlinearen Entwicklung zum stochastischen Geschwindigkeitsfeld und somit zum Verlust der lokalen Vorhersagbarkeit. Stochastische Beschreibung (Aufteilen der Geschwindigkeit): ~v = ~v¯ + ~v ′ (9.25) ~v¯: mittlere Geschwindigkeit ~v ′ : Fluktuation der Geschwindigkeit um ~v¯ (turbulenter Anteil) 1 ~v¯ = ∆T t0 + ∆T 2 Z ~v dt mit ∂t~v¯ = 0 (9.26) t0 − ∆T 2 ist die stationäre mittlere Strömung (Mittelung soll unabhängig von t0 sein, die Zeitabhängigkeit wurde rausintegriert). Die Mittelung über den fluktuierenden Geschwindigkeitsanteil verschwindet definitionsgemäß: 1 ~v¯′ = ~v − ~v¯ = ∆T t0 + ∆T 2 Z t0 − ∆T 2 (~v − ~v¯)dt = 0 (9.27) Mithin ist die einfache Mittelung für Aussagen über fluktuierende Geschwindigkeit nicht hilfreich. ⇒ Beschreibung von ~v ′ über höhere Momente → ~v ′2 Allgemeinste Form von ~v ′2 : Tensor (dyadisches Produkt) vi′ vk′ = 1 T ZT 0 vx′ vx′ vx′ vy′ vx′ vz′ ′ ′ vy vx vy′ vy′ vy′ vz′ vz′ vx′ vz′ vy′ vz′ vz′ “Reynold’scher Spannungstensor”, analog zum Impulsfluß im laminaren Fall: ↔ ∂ ~ Π (ρ~v ) = −∇· ∂t Erinnerung: ideal: mit Viskosität: jetzt: Πik = pδik + ρvi vk Πik = pik + ρvi vk − σik (zäher Spannungstensor) Πik = pik + ρvi vk − σik + ρvi′ vk′ I.A. dominant: ρvi′ vk′ ≫ |σik | im turbulenten Fall (Re ≫ 1) Turbulenz führt zu Kräften auf benachbarte Flüssigkeitselemente. 158 KAPITEL 9. TURBULENZ Bemerkung: Auch Nebendiagonalen besetzt: Schub- und Scherkräfte! Über diese Kräfte “versorgt” ein Wirbel die Nachbargebiete mit Impuls und Energie. Der Spannungstensor ist i.A. sehr schwer zu berechnen! Heuristischer Ansatz: Prandtl’sche Mischungslänge ~v ∼ ~v¯ ′ mit Länge 1 l ∼ “ ~ ∇ ” ⇒ l ist aus Experiment zu bestimmen, sie entspricht einer Korrelationslänge, Länge, welche Turbulenzelemente quer zur Hauptströmung zurücklegen, bevor sie wieder zerfallen. ⇒ Geschwindigkeitskorrelationen, d.h. der Zusammenhang zwischen den Geschwindigkeiten an zwei nahe beieinander liegenden Orten der Strömung. 1 Gleichung (9.21), vλ ∼ (ǫλ) 3 , gibt qualitativ eine solche Korrelation an. Einschub: Korrelationsfunktionen Charakterisierung der Abhängigkeit zweier Signale f (x), g(x) Definitionen: Mittelwert: Streuungsquadrat: Kovarianz: Das muß noch normiert werden: Korrelation: 1 f¯ = x0 xZ0 /2 f (x)dx −x0 /2 2 (∆f )2 = (f − f¯) cov(f, g) = (f − f¯)(g − ḡ) cor(f, g) = cov(f, g) =r ∆f · ∆g −1 ≤ r ≤ 1 Zahl, die die Abhängigkeit mißt (Korrelationskoeffizient) Aber: Wenn die Signale identisch aber verschoben sind, wird das in r nicht ausgedrückt. Verallgemeinerung: r als Funktion der Verschiebung: 1 x0 Korrelationsfunktion: cor(x) = xR 0 /2 −x0 /2 f (x′ )g(x′ − x)dx′ ∆f ∆g 9.3. GESCHWINDIGKEITSKORRELATIONEN Mißt Korrelation zwischen verschiedenen Orten. Dies kann auch für eine Funktion angewendet werden: 1 x0 Autokorrelation: −x0 /2 Beispiel: korrelationsfunktion.mws f = Amp f · sin(x − x f ) (x − x f ) g = Amp f g · sin(x − x g) (x − x g) identisches Signal Amp f = Amp g = 1 x f = x g = 0 ⇒ cor(f, g) = r = 1 Amp f = 5 ⇒ Kovarianz ändert sich (mal 5) Korrelationskoeffizient bleibt gleich (r=1) xR 0 /2 f (x′ )f (x′ − x)dx′ (∆f )2 159 160 KAPITEL 9. TURBULENZ Amp f = −1 ⇒ perfekte Antikorrelation x f = −2 , xg=2 ⇒ weniger Überlapp Korrelation kleiner, aber Korrelationsfunktion hat Maximum bei x = 4 ⇒ Verschiebung um 4 Einheiten reproduziert das Signal! Autokorrelation Nun wollen wir qualitativer den prinzipiellen Zusammenhang zwischen Geschwindigkeitsfluktuationen und makroskopischer dissipativer Dynamik betrachten. Bilde Korrelationstensor: ~v ′ (~x, t) ⊗ ~v ′ (~x + ~r, t) = R(~x, ~r) (9.28) Korrelationstensor = ˆ Allgemeine Form der Charakterisierung von Turbulenz Er ist 6= 0 innerhalb der Korrelationslänge ∆r. Außerhalb von ∆r ist der Mittelwert des Produktes zweier stochastisch unabhängiger Größen gleich dem Produkt ihrer Mittelwerte. → R = 0 außerhalb von ∆r. Nebenbemerkung: Dyadisches Produkt → Tensor Rij = vi′ vj′ (neun Komponenten) 9.3. GESCHWINDIGKEITSKORRELATIONEN 161 Die Bestimmung des Korrelationtensors ist das Problem der Turbulenztheorie. Seine Bedeutung für die makroskopische Dynamik resultiert aus der Tatsache, dass sich turbulente Transportkoeffizienten, wie turbulente Viskosität und Wärmeleitung, aus R (und ggf. Tensoren höherer Stufe) bestimmen lassen. Im Weiteren betrachten wir homogene, isotrope Turbulenz inkompressibler Fluide, also: ~v¯ = 0 keine Vorzugsrichtung Im weiteren gilt für die fluktuierende Geschwindigkeit: ~ · ~v = 0 ∇ Einfachste Aussagen: Homogene Turbulenz (sieht an jedem Ort gleich aus): vi (~x)vj (~x + ~r) 6= f (~x) Isotrope Turbulenz (sieht in jede Richtung gleich aus): vi (~x)vj (~x + ~r) 6= f ( ~r , ~x) |~r| Ist nur abhängig vom Betrag von ~r und nicht von seiner Richtung. → Korrelationstensor: Rij (r) = vi (~x)vj (~x + ~r) r: Betrag von ~r Es lässt sich zeigen, dass der Korrelationstensor Rij mit der Dissipation kinetischer Energie in zähen Flüssigkeiten zusammenhängt, z.B. kann ǫλ = vλ3 exakt hergeleitet werden (→ Landau/Lifschitz: Hydrodynamik). Die Fouriertransformierte von R ist direkt mit dem Energiespektrum E(k) verknüpft. 162 KAPITEL 9. TURBULENZ Aufgrund der Isotropie ist Rij symmetrisch. Allgemeine Form eines symmetrischen Tensors 2. Stufe lautet Rij (r) = A(r)δij + B(r)ni nj (9.29) wobei ~n der Einheitsvektor in Richtung ~r ist. Wir betrachten nun die Geschwindigkeit zweier Fluidpunkte im Abstand r. Rll : Mittelwert des Quadrates der Relativgeschwindigkeit der benachbarten Fluidpunkte gegeneinander Rnn : Mittelwert des Quadrates der Geschwindigkeit der Rotationsbewegung der Fluidpunkte umeinander Wegen der Wahl des Koordinatensystems, ~r k ~ne , folgt aus (9.29): Rll = A + B Rnn = A Rln = 0 (9.30) 9.3. GESCHWINDIGKEITSKORRELATIONEN 163 Also kann man schreiben: Rij = Rll (r)ni nj + Rnn (r)(δij − ni nj ) (9.31) Rll , Rnn : longitudinale und transversale Geschwindigkeitskorrelationsfunktionen Rnn ist aus Rll bestimmbar. → Ist die longitudinale Korrelationsfunktion bekannt, so ist der Korrelationstensor bestimmt. In der Tat gilt jedoch für homogene isotrope Turbulenz: Rll = ar2 a: Konstante, die mit der mittleren Energiedissipation ǫD und der kinematischen Viskosität über ǫ a= 15ν verknüpft ist. Andererseits gilt (gemäß der mittleren Energiedissipation in viskosen Fluiden): 1 a = (∂xj vi )2 15 (vi ist hier wahre Geschwindigkeit.) → Zusammenhang zwischen Mikro- und Makroskopik Abschließend die Spektraldarstellung des Korrelationstensors: Fourier-Transformation: 1 (2π)3 Φij (~k) = Z ~ Rij eik·~r d~r (9.32) Isotrope Turbulenz: Rij (~r) = Rij (−~r) → Φij (~k) = Φij (−~k) = Φ∗ij (~k) (9.33) Also ist der spektrale Korrelationstensor reel. Inverse Fourier-Transformation: Rij (~r) = Z ~ Φij (~k)e−ik·~r d~k (9.34) ∂rj Rij entspricht ikj · Φij (Achtung: Summenkonvention!). ~ · ~v =0 folgt Wegen ∇ kj Φij = 0 (9.35) 164 KAPITEL 9. TURBULENZ mit der allgemeinen Form: 1 Φij = c(k)ki kj + D(k)δij 2 → (9.36) −c(k)k 2 = D(k) ki kj Φij (k) = D(k) δij − 2 k (9.37) → Symmetrie, nur Abhängigkeit vom Betrag von k. Mit einer neuen skalaren Funktion E(k) erhält man: Φij (k) = E(k) 2 (k δij − ki kj ) 4πk 4 (9.38) E(k) hat eine physikalische Bedeutung: 9.28 → Rij = vi (~x, t)vj (~x + ~r, t) Z 1 2 1 9.34 1 v̄ = Rii (~r = 0) = Φii (k)d~k 2 2 2 → Achtung: Summenkonvention! = 9.38 = = 1 2 Z 1 2 Z Z (Φxx + Φyy + Φzz ) 2 |4πk{z dk} sphärisch symmetrischer Integrand E(k) (3k 2 − kx2 − ky2 − kz2 )dk k2 E(k)dk (9.39) E(k) ist also das Energiespektrum der Turbulenz, nun also quantifiziert über die Geschwindigkeitskorrelationen (vgl. (9.21), Kolmogoroff Turbulenz). Kapitel 10 Die Korteweg-de Vries-Gleichung / Solitonenlösungen Differentialgleichungen, die die Wellenausbreitung beschreiben, sind in der ~ v -Term in der Eulergleichung. Regel nichtlinear → (~v · ∇)~ In Kapitel 4 wurden Wellen in der linearen Näherung behandelt, nun wollen wir nichtlineare lange Oberflächen-Schwerewellen in seichtem Wasser betrachten. x-y-Ebene am Grund des Fluids ρ = const zudem sei: ~ ~v = ∇Φ ~ · ~v = 0 ∇ ~ × ~v = 0 ∇ ∆Φ = 0 ~ v = −∇ ~ p − g~ez ∂t~v + (~v · ∇)~ ρ ~ v = −~v × ∇ ~ × ~v + (~v · ∇)~ 2 ~ ∂t Φ + v + gz + p oder ∇ 2 ρ ∂t Φ + 1~ 2 ∇v 2 ! = 0 bzw. p v2 + gz + = F (t) 2 ρ 165 (10.1) (10.2) 166KAPITEL 10. DIE KORTEWEG-DE VRIES-GLEICHUNG / SOLITONENLÖSUNGEN Die Fluidoberfläche wird durch z = ζ(x, t) parametrisiert. Ebene Welle: ζ(x, t) 6= f (y) Wir betrachten lange Wellen, d.h. die Feldgrößen variieren schwach in xRichtung, insbesondere gilt |∂x ζ| ≪ 1. Der Druck an der Oberfläche ist der Atmosphärendruck pa , bzw. unter Berücksichtigung der Oberflächenspannung α: pa − α∂x2 ζ (10.2) gilt auch an der Oberfläche. Durch räumliche Differentiation wird F eliminiert. ∂x (10.2) an der Oberfläche ergibt: 0 = ∂x v2 α pa 2 = −∂tx Φo − ∂x o − g∂x ζ + ∂x3 ζ ρ 2 ρ (10.3) Index o kennzeichnet Oberfläche Randbedingungen an Φ: ∂z Φ|z=0 = 0 ∂z Φo = ∂t ζ + ∂x Φo ∂x ζ (vgl. 7.3) (10.4) Für gegebene Anfangsbedingungen ist das Problem der Fluidoberflächenbewegung somit vollständig beschrieben. Entwicklung von Φ(x, z, t) in einer Potenzreihe um z ergibt: Φ= ∞ X z n Fn (x, t) n=0 ∆Φ = 0 = ∞ X n=0 = ∞ X n=2 {n(n − 1)z n−2 Fn + z n ∂x2 Fn } {n(n − 1)Fn + ∂x2 Fn−2 }z n−2 (10.5) Und aus der Randbedingung am Boden erhält man: ∂z Φ|z=0 = 0 = ∞ X n=0 nz n−1 Fn |z=0 = F1 (x, t) (10.6) (Anmerkung: 00 ist eigentlich nicht definiert, es existiert nur der Grenzwert limx→+0 0x , dies ist für n ≥ 1 gegeben.) {. . .} in (10.5) muss für jedes n verschwinden. Mit F1 sind aber alle Funktionen F mit ungeradem Index Null. 6F3 + ∂x2 F1 = 0 20F5 + ∂x2 F3 = 0 etc. 167 F2n+1 (x, t) = 0 Für jedes n müssen sich die Fn - und Fn−2 -Terme in (10.5) aufheben. Für gerade Terme gilt: 1 ∂ 2 F0 2(2 − 1) x 1 1 = − ∂x2 F2 = ∂x4 F0 12 24 1 2 1 = − ∂x F4 = − ∂ 6 F0 30 30 · 24 x etc. F2 = − F4 F6 Es schreibt sich also für gerade Indizes: 1 ∂ 2n F0 (2n)! x F2n = (−1)n (10.7) Mithin ergibt sich für Φ gemäss der Potenzreihenentwicklung: z2 2 z4 ∂x F0 (x, t) + ∂x4 F0 (x, t) ± . . . 2 24 Φ = F0 (x, t) − (10.8) Somit ist in (10.3): ∂x ∂t Φo = ∂x ∞ X (−1)n n=0 ∞ X = ∂x ζ (−1)n n=1 + ∞ X ζ 2n 2n ∂ ∂t F0 (2n)! x (−1)n n=0 ζ 2n−1 2n ∂ ∂t F0 (2n − 1)! x ζ 2n 2n+1 ∂ ∂t F0 (2n)! x (10.9) Das ist der erste Term in (10.3). Für die Randbedingungen an der Oberfläche ∂z Φo , ∂x Φo gilt: ∂z Φo = ∞ X n=1 ∂x Φo = ∂x ζ ∞ X n=1 (−1)n (−1)n ζ 2n−1 2n ∂ F0 (2n − 1)! x (10.10) ∞ X ζ 2n 2n+1 ζ 2n−1 2n (−1)n ∂x F0 + ∂ F0 (10.11) (2n − 1)! (2n)! x n=0 (10.3) und Randbedingungen (10.4) an der Oberfläche geben so ein Gleichungssystem für F0 und ζ, welches aber nicht geschlossen gelöst werden kann. 168KAPITEL 10. DIE KORTEWEG-DE VRIES-GLEICHUNG / SOLITONENLÖSUNGEN Für lange Wellen führt jede Differentiation nach x zu einer Größe, die kleiner ist als die nächst niedrigere Ableitung. ⇒ Lösung durch sukzessive Approximation Also zu RB (10.4) → mit (10.10) folgt für n = 1: ∂z Φo ≈ −ζ∂x2 F0 (10.12) ∂x Φo ∂x ζ ≈ −∂x2 ζζ∂x2 F0 + ∂x F0 ∂x ζ ≈ ∂x F0 ∂x ζ (10.13) Und mit (10.11): Setzte ζ = ς + ξ und ∂x F0 = V + W mit der konstanten mittleren Höhe der Fluidoberfläche ς und der mittleren Ausbreitungsgeschwindigkeit der Oberflächenwellen V , sowie |ξ| ≪ ς und |W | ≪ V . Damit folgt aus (10.4) mit (10.12) und (10.13) in niedrigster Ordnung: 0 = ∂t ξ + V ∂x ξ + ς∂x W (10.14) Entsprechend folgt aus (10.3) in niedrigster Ordnung: 0 = ∂t W +V ∂x W + g∂x ξ (10.15) | {z } =∂x ∂t F0 V ∂x W → 1 ∂x (vo )2 2 = = 1 ∂x [∂x Φ2o + ∂z Φ2o ] 2 2 1 ∂x [∂x F02 + ζ 2 (∂x F0 )2 ] 2 | {z } →0 = V ∂x W (10.14) und (10.15) lassen sich mit dem Ansatz ξ = G(W ) überführen in (” ′ ”ist die Ableitung nach dem Argument): 0 = G′ ∂t W + (V G′ + ς)∂x W ′ 0 = ∂t W + (V + gG )∂x W Nichtlineare Lösung für G′2 = Approximation: ς g q (wähle G′ = − (10.16) (10.17) ς g = −G0 ) in niedrigster ξ = −G0 W (10.18) In der nächsten Approximationsstufe mag ξ von diesem einfachen Zusammenhang abweichen: ζ = −G0 (W + ψ) mit |ψ| ≪ |W | (10.19) 169 ⇒ (10.4) und (10.3) bis zu 2. niedrigster Ordnung: 0 = G0 ∂t W + V G0 (∂x W + ∂x ψ) − ς∂x W ς3 +2G0 W ∂x W + ∂x3 W 3 0 = ∂t W − gG0 (∂x W + ∂x ψ) + V ∂x W +W ∂x W + ς2 α G0 − V ρ 2 ! ∂x3 W (10.20) (10.21) Eliminieren von ∂x ψ aus (10.20) und (10.21) liefert eine Gleichung für W : 0 = (V + gG0 )∂t W + (V 2 − gς)∂x W + (2gG0 + V )W ∂x W α ς3 ς2 + g − V 2 + G0 V 6 2 ρ ! ∂x3 W (10.22) V ist noch nicht mit den anderen Konstanten verknüpft. Mit V = √ gς (vgl. (4.24): Phasengeschwindigkeit für linearisierte Wellen in Seichtwasser) folgt Aus (10.22) (Elimination von ∼ ∂x W ): V 3 ∂t W + W ∂ x W − 2 2 ς3 α − 3 ρg ! ∂x3 W = 0 (10.23) Korteweg - de Vries - Gleichung (10.23) kann durch geeignete Skalierung in der Form ∂t W + W ∂x W + δ 2 ∂x3 W = 0 (10.24) geschrieben werden, mit W (x, t) = W (χ) → ∂x = d χ χ = x − ut ∂t = −udχ → gewöhnliche, nichtlineare Differentialgleichung: W ′ (W − u) + δ 2 W ′′′ = 0 → numerische Lösung! Lösung W (ξ) (10.25) 170KAPITEL 10. DIE KORTEWEG-DE VRIES-GLEICHUNG / SOLITONENLÖSUNGEN Unbeschränkte periodische Wellenberge. Der Abstand d varriiert. Es existieren auch Lösungen mit d → ∞, das sind dann solitäre Wellen. Solitäre Wellen sind fortschreitende Wellen, bei denen der Übergang von einem konstanten Wert bei −∞ zu dem (möglicherweise unendlichen) Wert bei +∞ auf einen kleinen ξ-Bereich beschränkt ist → “wandernde Stufe”. Details: Whitham, Gerald Beresford - Linear and Nonlinear Waves, Wiley Series, N.Y. Es existieren solitäre Wellen, die nach einer Kollision wieder die gleiche Gestalt und Geschwindigkeit wie zuvor aufweisen, die Solitonen (stabile nichtlineare Wellenphänomene). Wesentlich ist dabei der dispersive und nichtlineare Effekt. Eine Soliton-Lösung zu (10.24) und (10.25): W (x, t) ∼ cosh−2 (x − ut) Wir suchen nun eine Solitonlösung, die im Unendlichen verschwindet für die KdV-Gleichung in der Form: ∂t W + αW ∂x W + ∂x3 W = 0 Transformation: ξ = x − ut also ∂x = ∂ξ ∂t = −u∂ξ ∂ξ W (αW − u) + ∂ξ3 W = 0 171 Direkte Integration: α 2 W + c1 2 Mit W verschwinden auch die Ableitungen bei ±∞, also c1 = 0. Die Lösung multipliziert mit ∂ξ W lässt sich integrieren zu: ∂ξ2 W = uW − u α 1 (∂ξ W )2 = W 2 − W 3 + c2 2 2 6 c2 = 0 1 α 3 (∂ξ W )2 = W 2 − W u 3u Substituiere (nach Multiplikation mit ψ 6 ) W (ξ) = ψ −2 (ξ): 4 α (∂ξ ψ)2 = ψ 2 − u 3u Separation der Variablen: √ u ξ= 2 Also: Z dψ q ψ2 − cosh √ α 3u u ξ 2 = arc cosh ψ ! =ψ Bzw.: 3u cosh−2 W (x, t) = α r √ r 3u α 3u α ! u (x − ut) 2 ! 172KAPITEL 10. DIE KORTEWEG-DE VRIES-GLEICHUNG / SOLITONENLÖSUNGEN Anhang A Maple-Files Einige einfache Programme, die in der Vorlesung behandelte Probleme visualisieren. Vorsicht: Die Programme sind NICHT optimal programmiert, jeder Verbesserungsvorschlag wird gerne angenommen. Strömung über ein Hindernis Maple-file Froude.mws zur Strömung über ein Hindernis. Es existieren zwei unterschiedliche Lösungszweige: Froude-Zahl < 1: Gravitation überwiegt, Flüssigkeit beschleunigt beim Überfliessen des Hindernisses; Froude-Zahl > 1: Trägheit überwiegt, Flüssigkeit verlangsamt beim Überfliessen des Hindernisses Dazu: Animation einiger typischer Lösungen: Gravitationsbestimmte Lösung Trägheitssbestimmte Lösung Übergang von einem zum anderen Regime am Maximum des Hindernisses. Potentialströmungen Maple-file Flow Around Circle.mws zur Strömung um einen Kreiszylinder. Es sind beliebige Werte der Zirkulation möglich; für Γ < 4πv0 R liegen die Staupunkte auf dem Zylinder, für Γ > 4πv0 R wandern sie auf die imaginäre Achse. Maple-file eckstroemung.mws: Visualisierung einer Eckströmung durch konforme Abbildung der reellen Achse auf einen beliebigen Winkelausschnitt. Durch z α wird die positive reelle Achse auf sich selbst abgebildet, die negative reele Achse ergibt sich aus einer Geraden mit Winkel γ = 180/α zur positiven reellen Achse. 173 174 ANHANG A. MAPLE-FILES Maple-file konform.mws zur Visualiserung konformer Abbildungen. Durch z(u) wird der Kreis mit Radius R in der u-Ebene auf beliebige andere Konturen abgebildet. Die in der Vorlesung verwendete Abbildung lautet z = 1/(u + u0 ) + u + u0 Maple-file Flow Around Any Object.mws zur Strömung um einen Zylinder beliebigen Querschnitts. Der Querschnitt muss zunächst durch u(z) (Umkehrfunktion von z = 1/(u+u0 )+u+u0 ) auf einen Kreis abgebildet werden. Schwerewellen Animationen von Schwerewellen durch Verfolgen von Flüssigkeitselementen auf ihren Kreisbahnen an der Oberfläche: wave single.mpg Kreisbewegung einiger weniger Elemente. Obwohl die Phase bereits der Wellenlösung entspricht, ist die Wellendynamik noch nicht zu erkennen. wave.mpg wie vorher, aber mit genügend vielen Elementen, um die Wellenbewegung zu erkennen. wave long.mpg wie vorher, aber über drei räumliche Perioden dargestellt. wave packet.mpg während in den vorherigen Beispiele nur monochromatische Wellen dargestellt wurden, wird hier ein Wellenpaket gezeigt (dreieckige k-Verteilung um k = 0.5 (d.h. λ = 10) herum mit δk = 0.1). Gemäss der nichtlinearen Dispersionrelation bewegt sich die Einhüllende mit einer anderen Geschwindigkeit als die einzelnen Trägerwellen; das Maximum wird zu verschiedenen Zeitpinkten von verschiedenen Trägerwellen aufgebaut. wave packet linear.mpg Ein Wellenpaket analog zum vorherigen Beispiel, aber mit linearer Dispersionrelation (also analog Schall- oder elektromagnetischen Wellen). Mit diesen Maple-Programmen wurden die Einzelbilder für die Videos erzeugt: wave.mws wave packet.mws Schallausbreitung in bewegten Medien Animationen zur Ausbreitung von Schallwellen: Ein Punktstrahler sitzt im Koordinatenursprung und sendet Kugelwellen aus (symbolisiert durch Wellenfronten, die alle 10 Zeitschritte loslaufen). Das Medium in dem sich der 175 Schall aubreitet bewegt sich relativ dazu mit der Machzahl M a. Dieser Fall ist äquivalent zu einer Schallquelle, die sich mit Machzahl M a durch das ruhende Medium bewegt. Mach0.0.mpg keine Bewegung, die Wellenfronten bilden konzentrische Kreise. Mach0.3.mpg Bewegung mit M a = 0.3 (100 m/s, d.h. ca. 300 km/h, also Schumi’s Ferrari): die Zentren der Kreise sind bereits deutlich gegeneinander verschoben. Ein Beobachter, der sich mit dem Medium von rechts nach links bewegt, registriert zunächst eine kürzere Wellenlänge, dann eine längere (Doppler-Effekt). Mach0.9.mpg Bewegung mit M a = 0.9 (300 m/s, d.h. ca. 1000 km/h, also eine Boeing 747 mit voller Geschwindigkeit): die Zentren der Kreise sind stark gegeneinander verschoben. Mach1.0.mpg Bewegung mit M a = 1.0 (330 m/s, d.h. ca. 1200 km/h, also die Concorde beim Durch brechen der Schallmauer): die Zentren der Kreise sind so stark gegeneinander verschoben, dass sich die Welle nicht mehr in positive x-Richtung ausbreitet. Alle Wellenfronten addieren sich an der Spitze des Objekts in Phase (“Überschallknall”). Mach1.3.mpg Bewegung mit M a = 1.3 (430 m/s, d.h. ca. 1500 km/h, ein Bundeswehr-Jet?): die Kreise lösen sich von der Quelle ab. Es bildet sich ein Bereich aus, auf den der Schall beschränkt ist (Machscher Kegel). Mach2.0.mpg Bewegung mit M a = 2.(660 m/s, d.h. ca. 2400 km/h, eine Rakete?): Der Öffnungswinkel des Machschen Kegels wird kleiner... Gasdynamik Als Gasdynamik bezeichnet man i.A. die Strömumgslehre mit beliebiger Machzahl, d.h. die Einschränkung der Inkompressibilität (die ja v ≪ c bedingte) wird aufgegeben. Gasdynamik.mws plottet den Verlauf der thermodynamischen Grössen in einer Rohrströmung als Funktion der Machzahl. Als Anwendung ist der Verlauf der Geschwindigkeit in einer Laval-Düse gezeigt. stoss adiabate.mws zeigt den Verlauf der “normalen” Adiabate und der Stossadiabate für ein ideales Gas. Durch Variation der Ausgangsparameter kann man sich davon überzeugen, dass man zwei adiabatische Verdichtungen im Unterschallbereich durch eine einzige ersetzen kann; im Fall des Stosses ist 176 ANHANG A. MAPLE-FILES das nicht möglich. Viskose Strömungen Animationen zur Visualisierung von viskosen Strömungen: Stokes.mws Stokes’sches Problem: Die Umströmung einer Kugel in einer viskosen Flüssigkeit (d.h. der Trägheitsterm wurde gegen den Reibungsterm vernachlässigt). Grenzschicht.mws Prandtl’sche Grenzschichtablösung: Grenzschicht einer viskosen Strömung in vereinfachter Geometrie (ebene Abrollung). Die Staupunkte befinden sich bei ± 0.714. Es findet eine Ablösung der Grenzschicht im Bereich zunehmenden Drucks statt. Turbulenz Animationen zur Visualisierung von turbulenten Strömungen: prandtl.mpg Umströmung eines Zylinders, die Stromlinien wurden durch Metallspäne in der Strömung sichtbar gemacht. Man erkennt zunächst die Ablösung zweier Wirbel und dann den Zerfall dieser in eine turbulente Strömung. karmann.mpg Simulation der Ausbildung einer Karmannschen Wirbelstrasse in einer Strömung mit mittlerer Reynoldszahl. Turbulence Scott.mpg Turbulenz in einem magnetisierten Plasma; gezeigt ist die fluktuierende Teilchendichte (Quelle: B. Scott, MPI für Plasmaphysik). korrelationsfunktion.mws Berechnung der Korrelationsfunktion von zwei Funktionen der Art sin(x)/x. Bei Verschiebung gegeneinander sinkt der Korrelationskoeffizient; durch Einführung der Korrelationsfunktion kann diesem Umstand Rechnung getragen werden und man erhält wieder 100berücksichtigt. Correlation.ppt Gemessene und gerechnete Korrelationsfunktion in einer turbulenten Strömung. Die Korrelation fällt mit zunehmender Separation der beiden Messpositionen ab, was einer endlichen Ausdehnung der Wirbel entspricht. Anhang B Thermodynamik Grundannahme: Systeme sind eindeutig definiert, so dass bei “Bewegung im Phasenraum” (Zustandsänderungen) am Ende des Kreisprozesses wieder der selbe Punkt erreicht wird. ⇒ totale Differentiale, Potentiale Es gibt 3 Energieformen, deren Summe (d.h. die innere Energie U des Systems) erhalten ist: Wärme Arbeit chemische Energie : δQ = T dS : δW = −pdV µ : δWc = dN T dU = T dS − pdV + µ dN |T {z } bei uns Null Dieses Potential kann beliebig (sinnvoll) umgeformt werden, um einer gegebenen physikalischen Situation Rechnung zu tragen. dU ist sinnvoll, wenn z.B. dS = 0 (adiabatische Zustandsänderung) ⇒ dU = −pdV Wird V konstant gehalten, benutzt man mit Vorteil die Enthalpie W = U + pV ⇒ dW = T dS + V dp D.h. bei adiabatischer Zustandsänderung ist dW = V dp. Falls dT = 0 ist es sinnvoller mit der freien Energie F = U −T S zu arbeiten. ⇒ dF = dU − T dS − SdT = −SdT = −SdT − pdV 177 dT =0 ⇒ dF = −pdV 178 ANHANG B. THERMODYNAMIK Darüber hinaus gibt es auch die freie Enthalpie (geeignet für kontrolliertes Volumen und isotherme Systeme). Φ = U − T S + pV ⇒ dΦ = −SdT + V dp Anhang C Vektoranalysis C.1 Identitäten Quelle: NRL Plasma Formulary (24. März 06) ~ B ~ sind Vektoren, T ist ein Tensor und Notation: f , g, sind Skalare, A, I ist die Einheits-Dyade. ~·B ~ ×C ~ =A ~×B ~ ·C ~ =B ~ ·C ~ ×A ~=B ~ ×C ~ ·A ~ A ~ ·A ~×B ~ =C ~ ×A ~·B ~ =C ~ × (B ~ × C) ~ = (C ~ × B) ~ ×A ~ = (A ~ · C) ~ B ~ − (A ~ · B) ~ C ~ A ~ × (B ~ × C) ~ +B ~ × (C ~ × A) ~ +C ~ × (A ~ × B) ~ =0 A ~ × B) ~ · (C ~ × D) ~ = (A ~ · C)( ~ B ~ · D) ~ − (A ~ · D)( ~ B ~ · C) ~ (A ~ × B) ~ × (C ~ × D) ~ = (A ~×B ~ · D) ~ C ~ − (A ~×B ~ · C) ~ D ~ (A ~ g) = ∇(gf ~ ~ + g ∇f ~ ∇(f ) = f ∇g ~ · (f A) ~ = f∇ ~ ·A ~+A ~ · ∇f ~ ∇ ~ × (f A) ~ = f∇ ~ ×A ~ + ∇f ~ ×A ~ ∇ ~ · (A ~ × B) ~ =B ~ ·∇ ~ ×A ~−A ~·∇ ~ ×B ~ ∇ ~ × (A ~ × B) ~ = A( ~ ∇ ~ · B) ~ − B( ~ ∇ ~ · A) ~ ∇ ~ · ∇) ~ A ~ − (A ~ · ∇) ~ B ~ +(B (C.1) (C.2) (C.3) (C.4) (C.5) (C.6) (C.7) (C.8) (C.9) (C.10) ~ × (∇ ~ × B) ~ = (∇ ~ B) ~ ·A ~ − (A ~ · ∇) ~ B ~ A ~ A ~ · B) ~ =A ~ × (∇ ~ × B) ~ +B ~ × (∇ ~ × A) ~ ∇( (C.11) ~ f =∇ ~ · ∇f ~ ∇ 2 ~ A ~ = ∇( ~ ∇ ~ · A) ~ −∇ ~ ×∇ ~ ×A ~ ∇ (C.13) 2 ~ · ∇) ~ B ~ + (B ~ · ∇) ~ A ~ +(A ~ × ∇f ~ =0 ∇ ~ ·∇ ~ ×A ~=0 ∇ (C.12) (C.14) (C.15) (C.16) 179 180 ANHANG C. VEKTORANALYSIS Mit Einheitsvektoren ~e1 , ~e2 , ~e3 kann ein Tensor zweiter Ordnung geschrieben werden als T = X Tij ~ei~ej (C.17) i,j In kartesischen Koordinaten ist die Divergenz eines Tensors ein Vektor mit den Komponenten X ~ · T )i = (∇ (∂Tij /∂xj ) (C.18) j Im Allgemeinen gilt: ~ · (A ~ B) ~ = (∇ ~ · A) ~ B ~ + (A ~ · ∇) ~ B ~ ∇ ~ · (f T ) = ∇f ~ · T + f∇ ~ ·T ∇ (C.19) (C.20) x Sei ~r = y der Radiusvektor mit Betrag r, dann gilt: z ~ · ~r = 3 ∇ ~ × ~r = 0 ∇ ~ = ~r/r ∇r ~ ∇(1/r) = −~r/r3 ~ · (~r/r3 ) = 4πδ(~r) ∇ ~r=I ∇~ (C.21) (C.22) (C.23) (C.24) (C.25) (C.26) Sei V ein Volumen mit Oberfläche S, ~n der Normalenvektor auf V und ~ = ~ndS. Dann gilt: dS Z Z ~ dSf V ~ = dV ∇f V ~ ·A ~= dV ∇ V ~ ·T = dV ∇ V ~ ×A ~= dV ∇ V ~ 2 g − g∇ ~ 2f ) = dV (f ∇ V ~·∇ ~ ×∇ ~ ×B ~ −B ~ ·∇ ~ ×∇ ~ × A) ~ dV (A Z Z Z Z Z (C.27) S Z ~ ·A ~ dS (C.28) S ~ ·T dS (C.29) S Z Z S ~ ×A ~ dS = Z S (C.30) Z S ~ ∇g ~ − g ∇f ~ ) dS(f (C.31) ~ · (B ~ ×∇ ~ ×A ~−A ~×∇ ~ × B) ~ (C.32) dS C.2. KUGELKOORDINATEN 181 Sei S eine offene Oberfläche und C ihr Rand mit Linienelement d~l, dann gilt: Z S Z ZS ZS S C.2 ~ × ∇f ~ = dS I d~lf (C.33) C ~ ·∇ ~ ×A ~= dS I C ~ × ∇) ~ ×A ~= (dS ~ d~l · A I (C.34) ~ d~l × A CI ~ · (∇f ~ × ∇g) ~ = dS C (C.35) f dg = − I gdf (C.36) C Kugelkoordinaten Quelle: Mathematik-Online-Lexikon (19. März 06) Der Winkel ϕ ist nur bis auf ein Vielfaches von 2π bestimmt. Als Standardbereich wird meist (−π, π] vereinbart. Es gilt x = r cos ϕ sin θ , r= q x2 + y 2 + z 2 , y = r sin ϕ sin θ , ϕ = arctan(y/x) , z = r cos θ θ = arccos(z/ x2 + y 2 + z 2 ) Orthonormale Basis: cos ϕ sin θ ~er = sin ϕ sin θ , cos θ Vektorfeld: cos ϕ cos θ ~eθ = sin ϕ cos θ , − sin θ F~ (x, y, z) = Fx~ex + Fy ~ey + Fz ~ez → (C.37) q − sin ϕ ~eϕ = cos ϕ 0 F~ (r, θ, ϕ) = Fr~er + Fθ~eθ + Fϕ~eϕ 182 mit ANHANG C. VEKTORANALYSIS Fr = F~ · ~er , Fθ = F~ · ~eθ , Fϕ = F~ · ~eϕ Skalarfeld: U (x, y, z) → Φ(r, θ, ϕ) Flächenelement für eine durch θ ϕ ! R sin θ cos ϕ → R sin θ sin ϕ R cos θ parametrisierte Sphäre mit Radius R ist dS = R2 sin θdθdϕ (C.38) Damit gilt für das Integral einer Funktion f in Kugelkoordinaten: Z f dS = Z2πZπ f (R, θ, ϕ)R2 sin θdθdϕ (C.39) 0 0 S Das Volumenelement ist: dxdydz = r2 sin θdrdθdϕ (C.40) Damit gilt für das Integral einer Funktion f auf einer Kugel K : 0 ≤ r ≤ R Z f= K Z2πZπ ZR f (r, θ, ϕ)r2 sin θdrdθdϕ (C.41) 0 0 0 Differentialoperatoren: ~ Gradient ∇U Laplace ∆U ~ · F~ Divergenz ∇ ~ × F~ Rotation ∇ 1 1 = ∂r Φ~er + ∂θ Φ~eθ + ∂ϕΦ~eϕ r r sin θ 1 1 ∂r (r2 ∂r Φ) + 2 2 ∂ϕ2 Φ = r2 r sin θ 1 + 2 ∂θ (sin θ∂θ Φ) r sin θ 1 1 = ∂r (r2 Fr ) + ∂ϕ Fϕ r2 r sin θ 1 ∂θ (sin θFθ ) + r sin θ 1 = (∂θ(sin θFϕ ) − ∂ϕ Fϕ )~er r sin θ 1 + (∂ϕ Fr − sin θ∂r (rFϕ ))~eθ r sin θ 1 + (∂r (rFθ ) − ∂θ Fr )~eϕ r (C.42) (C.43) (C.44) (C.45) C.3. ZYLINDERKOORDINATEN 183 Laplace eines Vektors 2 ∂Aθ 2 cot θAθ 2 ∂Aϕ 2Ar − 2 − − 2 (C.46) r2 r ∂θ r2 r sin θ ∂ϕ 2 ∂Ar Aθ 2 cos θ ∂Aϕ = ∆Aθ + 2 − 2 2 − 2 2 (C.47) r ∂θ r sin θ r sin θ ∂ϕ Aϕ 2 cos θ ∂Aθ 2 ∂Ar = ∆Aϕ − 2 2 + 2 + 2 2 (C.48) r sin θ r sin θ ∂ϕ r sin θ ∂ϕ ~ r = ∆Ar − (∆A) ~ θ (∆A) ~ ϕ (∆A) Damit gilt bei der Transformation einer skalaren Funktion auf Kugelkoordinaten f (x, y, z) → f (r, θ, ϕ) für den Gradienten mit gi (r, θ, ϕ) = ∂i f (r, θ, ϕ): ~ = gr~er + 1 gθ~eθ + 1 gϕ~eϕ ∇f r r sin θ C.3 Zylinderkoordinaten Quelle: Mathematik-Online-Lexikon (19. März 06) Es gilt: x = ρ cos ϕ , bzw. ρ= q y = ρ sin ϕ , x2 + y 2 , z=z ϕ = arctan(y/x) , (C.49) z=z Orthonormale Basis: cos ϕ ~eρ = sin ϕ , 0 − sin ϕ ~eϕ = cos ϕ , 0 0 ~ez = 0 1 184 ANHANG C. VEKTORANALYSIS Vektorfeld und Skalarfeld analog zu Kugelkoordinaten: F~ (x, y, z) → F~ (ρ, ϕ, z) U (x, y, z) → Φ(ρ, ϕ, z) Das Flächenelement für einen durch ϕ z ! ρ cos ϕ → ρ sin ϕ z parametrisierten Mantel S eines Zylinders mit Radius ρ ist dS = ρdϕdz (C.50) Damit gilt für das Integral einer Funktion f in Zylinderkoordinaten: Z f dS = S zZ 2π maxZ f (ρ, ϕ, z)ρdϕdz (C.51) zmin 0 Das Volumenelement lautet: dxdydz = ρdρdϕdz (C.52) Damit gilt für das Integral einer Funktion f auf einem Zylinder Z : 0 ≤ ρ ≤ ρ0 , 0 ≤ z ≤ z0 Z f= Zz0 Z2πZρ0 f (ρ, ϕ, z)ρdρdϕdz (C.53) 0 0 0 Z Differentialoperatoren: ~ Gradient ∇U Laplace ∆U ~ · F~ Divergenz ∇ ~ × F~ Rotation ∇ 1 = ∂ρ Φ~eρ + ∂ϕ Φ~eϕ + ∂z Φ~ez ρ 1 1 = ∂ρ (ρ∂ρ Φ) + 2 ∂ϕ2 Φ∂z2 Φ ρ ρ 1 1 = ∂ρ (ρFρ ) + ∂ϕ Fϕ + ∂z Fz ρ ρ 1 = ∂ϕ Fz − ∂z Fϕ ~eρ + (∂z Fρ − ∂ρ Fz )~eϕ ρ 1 + (∂ρ (ρFϕ ) − ∂ϕ Fρ )~ez ρ (C.54) (C.55) (C.56) (C.57) Laplace eines Vektors 2 ∂Aϕ Aρ − 2 ρ2 ∂ϕ ρ 2 ∂Aρ Aϕ = ∆Aϕ + 2 − 2 ρ ∂ϕ ρ ~ ρ = ∆Aρ − (∆A) (C.58) ~ ϕ (∆A) (C.59) ~ z = ∆Az (∆A) (C.60) C.3. ZYLINDERKOORDINATEN 185 Damit gilt bei der Transformation einer skalaren Funktion auf Zylinderkoordinaten f (x, y, z) → f (ρ, ϕ, z) für den Gradienten mit gi (ρ, ϕ, z) = ∂i f (ρ, ϕ, z): ~ = gρ~eρ + ρ−1 gϕ~eϕ + gz ~ez ∇f (C.61) 186 ANHANG C. VEKTORANALYSIS