Skriptum zur theoretischen Hydrodynamik

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T VI
Theoretische Hydrodynamik
Prof. Dr. Harald Lesch1 Dr. G.T. Birk2
Universitäts-Sternwarte München
LMU
Prof. Dr. Hartmut Zohm3
Max-Planck-Insitut für Plasmaphysik
geTEX-t von
Hanna Kotarba4
1
[email protected]
[email protected]
3
[email protected]
4
[email protected]
2
2
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
1
2 Bilanzgleichungen idealer Flüssigkeiten
2.1 Kontinuitätsgleichung ⇔ Massenerhaltung . . . . . . . . . . .
2.2 Die Eulersche Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Hydrostatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Bedingung für das Fehlen der Konvektion . . . . . . . . . . .
2.5 Die Bernoullische Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.6 Die Energiestromdichte / Die Energiebilanzgleichung . . . . .
2.7 Erhaltung der Zirkulation und die Helmholtzschen Wibelsätze
7
7
11
19
21
24
30
32
3 Die Potentialströmungen
41
4 Wellen
61
4.1 Schwerewellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
4.2 Schallwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
5 Kompressible Strömungen
77
6 Viskose Fluide
89
6.1 Die Navier-Stokes-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
6.2 Energiedissipation in inkompressiblen viskosen Fluiden . . . . 96
6.3 Laminare Strömungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
6.4 Kriterien für verschiedene Strömungstypen, Skalierungsgesetze 106
6.5 Grenzschichttheorie, Prandtl . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
6.6 Ein einfaches Modell zur Viskosität in Gasen . . . . . . . . . 121
7 Hydrodynamische Instabilitäten
123
7.1 Die Rayleigh-Taylor- und die Kelvin-Helmholtz-Instabilität . 123
7.2 Die Gravitations-Instabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
8 Die Rayleight-Benard-Konvektion
i
135
ii
INHALTSVERZEICHNIS
9 Turbulenz
145
9.1 Wirbelablösung hinter einem umströmten Zylinder . . . . . . 149
9.2 Die vollständig entwickelte Turbulenz . . . . . . . . . . . . . 153
9.3 Geschwindigkeitskorrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
10 Die Korteweg-de Vries-Gleichung / Solitonenlösungen
165
A Maple-Files
173
B Thermodynamik
177
C Vektoranalysis
179
C.1 Identitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
C.2 Kugelkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
C.3 Zylinderkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
Kapitel 1
Einführung
Literatur
1)
Landau/Lifschitz
-
Lehrbuch der theoretischen Physik VI
Hydrodynamik, Akademie-Verlag
2)
Greiner/Stock
-
Theoretische Physik Band 2A
Hydrodynamik, Harri Deutsch Verlag
3)
Guyon/Hulin/Petit
-
Hydrodynamik, Vieweg-Verlag
4)
Sommerfeld
-
Theoretische Physik II
Mechanik der deformierbaren Medien
Hydrodynamik:
Beschreibung der Dynamik kontinuierlicher Medien,
i.e. Fluide (Flüssigkeiten, Gase).
kontinuierlich:
stetig vom Fluid erfüllte Raumvolumina,
in denen wir makroskopische Größen
(Massendichte ρ(r, t), Geschwindigkeit v(r, t) und Druck p(r, t))
definieren und messen können.
Ein Fluid lässt sich aus Fluidelementen der Lineardimension a zusammengesetzt beschreiben mit λ ≪ a ≪ L, wobei λ die freie Weglänge der Atome/Moleküle des Fluids und L die charakteristische Ausdehnung des betrachteten hydrodynamischen Systems ist. Für die Fluidelemente ergeben
sich die physikalischen Größen als Mittelwerte der atomaren/molekularen
Größen (im lokalen thermischen Gleichgewicht).
Die Hydrodynamik stellt mithin eine approximative Beschreibung der Dynamik einer Klasse von Vielteilchensystemen dar.
Gilt
1
hn 3
√
≪1
3mkB T
1
2
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
h: Plancksches Wirkungsquantum, n: Teilchendichte, m: Teilchenmasse,
T: Teilchentemperatur, kB : Boltzmann-Konstante
d.h. die Wellenpakete der Einzelteilchen überlappen nicht, so liegt ein klassisches Ensemble von N Teilchen vor, das System ist also im Prinzip durch
die 2N (Hamiltonschen) Bewegungsgleichungen 1. Ordnung
~p H
~r˙ i = ∇
i
~r H
p~˙ i = −∇
i
(1.1)
(1.2)
H: Hamiltonfunktion des Systems
beschreibbar, bzw. durch die DGL in (6N+1) Variablen namens LiouvilleGleichung für ξ (Wahrscheinlichkeitsfunktion)
∂t ξ =
N
X
i=1
~ ~r H · ∇
~ p~ ξ − ∇
~ p~ H · ∇
~ ~r ξ}
{∇
i
i
i
i
(1.3)
wobei ξ(~r1 , . . . , ~rN , p~1 , . . . , p~N , t)d3 r1 . . . d3 rN . . . d3 p1 . . . d3 pN den Anteil des
Ensembles, der zur Zeit t im Volumenelement
d3 r1 . . . d3 rN . . . d3 p1 . . . d3 pN des 6N-dimensionierten Phasenraums anzutreffen ist, darstellt.
ξ-Erhaltung: Ensemblemitglieder werden nicht zerstört/erzeugt. Für große
Teilchenzahlen (man erinnere sich, ein Mol eines Gases enthält ∼ 1023
Moleküle) ist die vollständige mikroskopische Beschreibung natürlich nicht
durchführbar und auch nicht erforderlich!
Die nchste Beschreibungsebene, bei der man bereits Detailinformation verliert, bedient sich der statistischen Beschreibung mit einer Wahrscheinlichkeitsbzw. Verteilungsfunktion
fˆ(~x, ~u, t)
wobei
fˆ(~x, ~u, t)d3 xd3 u
die Wahrscheinlichkeit ist, ein Teilchen am Ort ~x mit Geschwindigkeit ~u
(Einzelteilchen-Geschwindigkeit) zu finden. Das ist eine klassische vollständige Beschreibung, da ~x und ~u (bzw. p~) unabhängige Größen sind.
Mit Hilfe dieser Funktion kann man die hydrodynamischen Grundgleichungen
herleiten.
Die Gleichung für die Zeitentwicklung der Verteilungsfunktion lautet
dfˆ ∂ fˆ d~x ~ ˆ d~u ~ ˆ
∇x f +
∇u f
=
+
dt
∂t
dt
dt
Liouville: Teilchenzahlerhaltung entlang Trajektorien.
Entlang Trajektorien gilt:
d~x
= ~u
dt
~
F̂
d~u
=
dt
m
3
~
∂ fˆ
F̂ ~ ˆ
ˆ
~
⇒
+ ~u∇x f + ∇u f = 0
∂t
m
~
Doch es bleibt das Problem dass F̂ immer noch von allen anderen Teilchen
abhängt (Stöße, Wechselwirkung,...)
Abhilfe:
Kräfte werden über das Volumenelement gemittelt
⇒ “Stoßraten”, alle Wechselwirkungen zwischen den den Einzelteilchen werden hier hinein gepackt, nur die makroskopischen Kräfte (Gravitation, Druck,...)
~
bleiben übrig (F̂ → F~ ).
⇒ Die zeitliche Entwicklung der neuen, gemittelten, makroskopische Verteilungsfunktion f gehorcht der kinetischen Gleichung:
∂t f +
F~ ~
~u ~
· ∇x f +
· ∇u f = (∂t f )Coll
| {z }
m
m
(1.4)
Stoßintegral
(nichtlineare Integro-Differential-Gleichung in 7 Variablen)
Stoßintegral: Verschiedene Situationen brauchen unterschiedliche Stoßansätze
(geladen, neutral,...)
Die Auswertung des Stoßintegrals ist sehr komplex, selbst bei Beschränkung
auf Zweierstöße, aber natürlich möglich (unendliche Reihe,...)
Im stoßfreien Fall ist (1.4) Ausdruck der Teilchenzahlerhaltung.
Momente der Verteilungsfunktion
Z
p~m f d3 p
m = 0, 1, 2, . . .
führen auf makroskopische, mess- und beobachtbare Größen:
ρ(~r, t):
~v (~r, t):
p(~r, t):
Massendichte
Fluidgeschwindigkeit
thermischer Druck
Momente der kinetischen Gleichung führen auf makroskopische Bilanzgleichungen:
0.tes −→ Kontinuitätsgleichung
1.tes −→ Bewegungsgleichungen
Eine mathematisch exakte als auch phänomenologisch über Bilanzen, d.h.
Massen-, Impuls- und Energieerhaltung, motivierte Herleitung dieser Bilanzgleichungen wird im Kapitel 2 durchgeführt.
4
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
Also: Fluid als Kontinuum
Man hat zwei verschiedene Beschreibungsweisen, Lagrange und Euler.
Lagrange:
Man beschreibt die Bewegung der einzelnen Fluidelemente. Befindet sich ein
FE zur Zeit t0 am Ort ~r0 , so ist
~u = dt~r|~r=~r0
die Geschwindigkeit des FE
−→ Perspektive des mitbewegten Beobachters
In der Praxis ist es umständlich/schwierig die Dynamik aller FEs zu verfolgen, zudem ist man i.A. nicht am Schicksal der einzelnen FEs interessiert,
sondern man möchte den Strömungszustand an jedem festen Raumpunkt
und seine zeitliche Veränderung kennen.
Euler:
In allen Raumpunkten wird das Fluid durch physikalische Felder, d.h. Zuweisung skalarer oder vektorieller Werte, charakterisiert.
−→ Perspektive eines ortsfesten Beobachters
Wir haben
p(~r, t) ρ(~r, t) ~v (~r, t)
d.h. Fluid fliesst zur Zeit t am Ort ~r mit der Geschwindigkeit ~v , dabei bleibt
die Bahn auf der sich ein FE, das zur Zeit t am Ort ~r ist, unbekannt (am
Ort ~r wird zu verschiedenen Zeiten die Geschwindigkeit verschiedener FEe
bestimmt).
Ein Übergang zwischen den Darstellungsarten ist im Prinzip immer möglich.
Berechnung der zeitlichen Änderung einer Feldgröße (Skalar- oder Vektorkomponente) im bewegten Fluid, d.h. Änderung der Feldgröße eines FEs:
A + dA = A(~r + ~v dt, t + dt)
(1.5)
(FE ist zum Zeitpunkt t+dt an den Ort ~r + ~v dt gewandert,
wobei ~v die Geschwindigkeit längs einer Stromlinie ist)
Taylor-Entwicklung bis zur 1. Ordnung:
~
A + dA = A(~r, t) + ∂t Adt + ~v · ∇Adt
⇒
~
dt A = ∂t A + ~v · ∇A
(1.6)
(1.7)
5
dt A
∂t A
~
~v · ∇A
substantielle Ableitung
Lagrangesche Zeitableitung
Änderung mit FE mitbewegt
explizite zeitliche Änderung
(an einem festen Ort)
Eulersche Zeitableitung
Änderung durch Strömung
Illustration von Strömungen kann mithilfe von Stromlinien erfolgen.
Stromlinien sind Linien des Vektorfelds ~v (~r, t), die zu einer gegebenen Zeit
t0 dadurch definiert sind, dass ihre Tangenten an jedem Punkt mit dem
Geschwindigkeitsvektor übereinstimmen.
Mathematische Definition:
dx
dy
dz
=
=
vx
vy
vz
(1.8)
I.A. gibt es keine Beziehung zwischen FEen und Stromlinien (diese werden
zu verschiedenen Zeiten von verschiedenen FEen gebildet).
Für stationäre Strömungen ∂t =0, insbesondere also ∂t~v = 0 stimmen die
Stromlinien mit den Bahnlinien (Wege, die die FEe mit der Zeit durchlaufen, Tangenten geben hierbei die Richtung der Geschwindigkeit bestimmter
FEe zu aufeinanderfolgenden Zeitpunkten an) der FEe überein
Stromlinien sind z.B. durch Farbstoffe visualisierbar.
Analogie zur Elektrodynamik:
~ ·B
~ = 0 ⇒ Dichte der Feldlinien ist Maß für Feldstärke
∇
~ · ~v = 0 ⇒ Stromlinien
Inkompressibel: ρ∇
~ · (ρ~v ) = 0 ⇒ Massenstrom-Bahnlinien,
Kompressibel, stationär: ∇
Stromlinien sind Massenfluß!
6
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
Kapitel 2
Bilanzgleichungen idealer
Flüssigkeiten
Erhaltungsgleichungen sind von ganz besonderer Bedeutung.
Durch ρ(r, t), v(r, t), p(r, t) ist die vollständige Beschreibung des Bewegungszustandes eines Fluids möglich −→ thermische Relationen.
2.1
Kontinuitätsgleichung ⇔ Massenerhaltung
Wir werden nur die Integraleigenschaften des Stoßterms benutzen
Z ∂f
d3 u = 0
∂t Coll
Z ∂f
~u
d3 u = 0
∂t Coll
Teilchenzahlerhaltung
Impulserhaltung innerhalb
einer Flüssigkeitskomponente
(ändert sich für Mehrflüssigkeitstheorie)
Im nächsten Schritt werfen wir die Informationen im Geschwindigkeitsraum
weg.
Annahme einer Temperatur (lokales thermisches Gleichgewicht), keine kinetischen Effekte!
⇒ Integration der mit ~uk multiplizierten kinetischen Gleichung
“Momentenbildung” der Verteilungsfunktion z.B. 0tes Moment:
Z
f (~u, ~x, t)d3 u = n(~x, t)
n(~x, t): Anzahldichte, [1/m3 ]
7
8
KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
0te Ordnung:
R
∂t
|
↓
Z
↓
f d3 u
{z
∂t n
}
R
~ x f d3 u
+ ~u · ∇
∂f 3
∂t d u
~
u und ~x
sind unabhängig!
Z
u i ∂ x i f d3 u
|
∂ xi
Z {z
3
ui f d u
{z
|
~ · (n~v )
∇
R
mit
}
}
+
R
~
F
m
~ u f d3 u
·∇
=0
↓
Z
F~
~ u f d3 u
∇
m
|
{z
}
↓ f |Grenzen
0
muss normierbar
bleiben!
~uf d3 u = n~v
~v : Strömungsgeschwindigkeit, Schwerpunktsgeschwindigkeit,
gerichtete Geschwindigkeit
Achtung, hier gilt wieder die Einstein’sche Summenkonvention: Ein einzelner Index ist frei
(beliebige Komponente), ein doppelter Index hingegen ist gebunden! → Summation
Also: ui uj =Matrix,
ˆ
ui ui =Skalar
ˆ
⇒
∂n ~
+ ∇(n~v ) = 0
∂t
mit ρ = mn: Massendichte
⇒
∂ρ ~
+ ∇(ρ~v ) = 0
∂t
Kontinuitätsgleichung
Anschaulich
Man betrachte ein Volumen V0 (ρ: Dichte, ρ = nm, n: Teilchendichte, m:
Masse eines Teilchens).
Die Masse im Volumen ergibt sich zu
M=
Z
ρdV
(2.1)
V0
Pro Zeiteinheit fließt durch das Flächenelement df~ der Oberfläche des Volumens die Flüssigkeitsmenge ρ~v · df~.
|df~|: Fläche des Flächenelements
df~ zeigt in Richtung der Normalen (Vereinbarung: nach Außen).
⇒
ρ~v · df~ > 0
ρ~v · df~ < 0
wenn die Flüssigkeit herausfließt
wenn die Flüssigkeit hineinfließt
2.1. KONTINUITÄTSGLEICHUNG ⇔ MASSENERHALTUNG
9
Die gesamte Flüssigkeitsmenge, die pro Zeiteinheit aus dem Volumen fließt,
ist
− ∂t M =
Z
ρ~v · df~
(2.2)
Die Integration wird über die ganze geschlossene Oberfläche erstreckt, die
das betrachtete Volumen einschließt.
Andererseits kann man die Abnahme der Flüssigkeitsmenge in der form
−
∂
∂t
Z
ρdV
schreiben. Setzten wie diese Ausdrücke gleich, dann bekommen wir
−
Z
V0
∂ρ
dV =
∂t
Z
ρ~v · df~
(2.3)
~ · (ρ~v )dV
∇
(2.4)
F
Mit dem Satz von Gauss wird aus
Z
ρ~v · df~ =
F
Z
V
und es ergibt sich schließlich:
Z V
∂ρ ~
+ ∇ · (ρ~v ) dV = 0
∂t
(2.5)
Die Gleichung (2.5) gilt für jedes Volumen und beim Übergang zu einem
infinitesimal kleinem Volumen stimmen die Größen ρ und ~v mit den lokalen
Größen überein.
Deshalb gilt als lokale Aussage:
∂ρ ~
+ ∇ · (ρ~v ) = 0
∂t
(2.6)
Das ist die Kontinuitätsgleichung wie schon vorher.
⇒ Bei Teilchenzahlerhaltung ist die Änderung der Massendichte im Volumen durch die Divergenz des Massenflusses (Stromdichtevektors) gegeben;
reines “Durchfließen” ändert M nicht.
Der Vektor ~j = ρ~v wird auch Stromdichtevektor des Fluids genannt. Für
~ · ~j = 0.
stationäre Systeme ∂t = 0 gilt also ∇
Verallgemeinerung der Kontinuitätsgleichung für den Fall lokaler Fluidproduktion:
−
Z
∂t ρdV + Q =
Z
ρ~v · df~
(2.7)
10 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
Q=
R
qdV : erzeugte Fluidmasse pro Zeiteinheit, Quellterm
−→
~ · (ρ~v ) = q
∂t ρ + ∇
(2.8)
Kontinuitätsgleichung unter Berücksichtigung der Dichte q der Massenproduktion pro Zeiteinheit.
Bemerkung zur Strömungsgeschwindigkeit
Strömung wird durch “Stromlinien” illistriert, d.h. durch Linien, deren Tangentenvektoren mit ~v übereinstimmen. Das sind die Linien, entlang denen
Flüssigkeitselemente laufen, wenn die Strömung stationär ist!
Visualisierung: Farbstoffe, Windkanal
Erinnerung: Mathematische Definition von Stromlinien:
dy
dz
dx
=
=
vx
vy
vz
(Infenitesimale Elemente verhalten sich wie Längenabschnitte der Komponenten des Geschwindigkeitsvektors)
Beispiel für die Anwendung der Kontinuitätsgleichung:
Rohr mit Engstelle
Z.B. für ρ = const. :
Engstelle auf der Autobahn
links:
ρ1 ,
v1 ,
F1
rechts:
ρ2 ,
v2 ,
F2 = 0.5 · F1
ρ 1 v1 = ρ 2 v 2
⇒ rechts muss doppelt so schnell fließen!
2.2. DIE EULERSCHE GLEICHUNG
11
Wasserhahn
~ · (ρ~v ) = 0
∇
~ · ~v = 0
oder (ρ = const.) ρ∇
v1 · F1 = v2 · F2
⇒ Wenn v zunimmt, muß F abnehmen!
Die Kurve des Wasserstrahls wird
beschrieben durch
r ∼ q√
1
n + v0
(Lässt sich leicht zeigen mit
Beschleunigung = Gravitationsbeschleunigung)
2.2
Die Eulersche Gleichung
1te Ordnung, k = 1
⇒ Die kinetische Gleichung wird mit ~u multipliziert und über d3 u integriert.
!
Z
Z
Z
F~ ~
3
3
~
⇒
~u∂t f d u + ~u(~u · ∇x f )d u + ~u
· ∇u f d 3 u = 0
m
|
{z
} |
{z
}
A
|
B
{z
C
1. Summand
Da ~u und ~x nicht explizit von der Zeit abhängen gilt:
A = ∂t
2. Summand
i-te Komponente von B:
Z
3
Z
u i u j ∂x j f d u = ∂x j
}
~uf d3 u = ∂t (n~v )
Z
u i u j f d3 u
(Tensor ~u ⊗ ~u)
Dieser Term hat mit dem Quadrat der GEschwindigkeit, d.h. mit Energie
(Druck) zu tun!
Zwei Anteile:
~u = ~v + w
~
~v : makroskopische Schwepunktsgeschwindigkeit von ~u
w
~ : Mittelwert der thermischen Geschwindigkeit
12 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
∂xj
Z
Z
3
(vi + wi )(vj + wj )df u = ∂xj
(vi vj + vi wj + vj wi +wi wj )f d3 u
| {z }
|
=0
{z
| {z }
=0
}
(v rausziehen,
R
wf
~ d3 u = 0
laut Definition
=
∂xj (vi vj n)
|
{z
Z
+ ∂xj
}
|
v kann aus dem Inegral
=
herausgezogen werden,
1
·
m
wi wj f d3 u
{z
}
Drucktensor Pij
ist bereits gemittelt
= ∂xj (vi vj n) + ∂xj
i 6= j ⇒
i=j ⇒
Pij
m
isotrop
=
∂xj (vi vj n) +
|
{z
~ v ⊗~v
∇·~
}
1~
∇p
m
wenn unkorreliert → 0
Z
1
w
~ 2 f d3 u thermische Energie
2
Beispiel ideales Gas:
⇒
3
nkT
2
=
nkT
=
!
Z
1
m w
~ 2 f d3 u
2 Z
1
m w
~ 2 d3 u
3
In Komponenten:
w
~ 2 = wx wx + wy wy + wz wz = Spur(w
~ ⊗ w)
~
3. Summand
i-te Komponente von C:
Ci =
Z
ui
Fj
∂ u f d3 u
m j
Mit
∂uj
Fj
ui f
m
=
Fj
f ∂uj ui +
m | {z
}
δi j
ui
f ∂uj Fj
|m {z }
=0
Kraft hängt nicht von ~
u ab!
(nicht für Lorentz-Kraft!)
+ui
Fj
∂u f
m j
2.2. DIE EULERSCHE GLEICHUNG
13
folgt
Ci = −
Z
Fi 3
fd u +
m
Z
Z
|
∂uj
F
ui mj
Fj
ui f d3 u
m
{z
f
Grenzen
→0
}
Fi
f d3 u
m
F~
⇒ C = −n
m
Fasst man alles zusammen und multipliziert mit m so erhält man
~ v ⊗ ~v ) +
~ −∇(ρ~
∂t (ρ~v )
= −∇p
nF~
|{z}
= −
| {z }
| {z } |
{z
}
Druck “um die Ecke
gesamte
Impulsänderung
strömen”
(2.9)
Einzelteilchenkraft
z.B. Gravitation ρ~g
Bilanzgleichung für Impuls, “Impulsstromdichte”
Einschub
Also:
∂Πik
∂
(ρvi ) = −
∂t
∂xk
Dabei ist der Tensor der Impulsstromdichte Πik definiert als:
Πik = pδik + ρvi vk
(2.10)
(2.11)
Er ist ein symmetrischer Tensor, also Πik = Πki .
Integration von (2.10) über irgendein Volumen liefert:
∂
∂t
Z
ρvi dV = −
Z
∂Πik
dV = −
∂xk
I
Πik dfk
(2.12)
Also ist die zeitliche Änderung der i-ten Impulskomponente im Volumen gleich der Menge
des Impulses, die pro Zeiteinheit in eine Richtung durch die das Volumen begrenzende
Fläche fließt.
Masse und Energie sind Skalare, Masse- und Energiestrom sind Vektoren. Der Impuls ist
ein Vektor, dementsprechend ist der Impulsstrom ein Tensor.
Nebenberechnung
Wir betrachten nun ein kleines Volumenelement ∆V im Fluid, welches durch eine Mantelfläche M und die Stirnflächen F1 und F2 gegeben ist.
~n: Einheitsvektor der Flächennormalen
Auf den Stirnflächen gilt:
F1
:
F2
:
−~nv1 = ~v1
−~nv2 = ~v2
Auf der Mantelfläche gilt:
~n · ~v = 0
14 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
Das Volumen wird hinreichend klein gewählt, so dass die Stromdichte senkrecht auf F1
und F2 steht.
Mit
dFk = nk dF und Πik nk = pni + ρvi vk nk (vgl. 2.11)
ergibt sich für die zeitliche Änderung der Impulsdichte im Volumenelement ∆V :
∂t
Z
ρ~v dV
=
∆V
−
I
(p~n + ρ~v (~v · ~n))dF
(2.13)
S∆V
=
−
Z
(p + ρv 2 )dF~1 −
Z
(p + ρv 2 )dF~2 −
F2
F1
Z
~
pdM
(2.14)
M
Transversal ist also die Imulsstromdichte gleich p.
Gleichung (2.9) kann umgeformt werden in eine Gleichung für die zeitliche
Entwicklung des Geschwindigkeitsfeldes:
Für die linke Seite gilt:
∂t (ρ~v ) = ~v ∂t ρ + ρ∂t~v
Kontiglg
=
~ · (ρ~v ) + ρ∂t~v
−~v ∇
~ v ⊗ ~v ) gilt (i-te Komponente):
Für ∇(ρ~
~ · (ρ~v ) + ρ(~v · ∇)~
~ v
∂xj (ρvj vi ) = vi ∂xj ρvj + ρvj ∂xj vi = ~v~v ∇
⇒
~ · (ρ~v ) + ρ∂t~v = −∇p
~ − ~v ∇
~ · (ρ~v ) − ρ(~v · ∇)~
~ v + nF~
−~v ∇
⇒
~ v = −∇p
~ + nF~
ρ ∂t~v + (~v · ∇)~
Euler-Gleichung
~ heißt “substanzielle Ableitung” d .
Bedeutung: ∂t + ~v · ∇
dt
Sie beschreibt die Änderung im Ruhesystem (Gegenteil: Lagrange, verfolgt
Flüssigkeitselemente)
Änderung durch lokale Veränderung → ∂t
~
Änderung durch Ströme → ~v · ∇
Formel:
d
∂
∂ dx
∂ dy
∂ dz
∂
~
=
+
+
+
=
+ ~v · ∇
dt
∂t ∂x dt
∂y dt
∂z dt
∂t
Beispiel zum Unterschied zwischen Euler und Lagrange:
Zeitliche Änderung der Massendichte in einem Raumgebiet:
∂ρ
~ v ) Euler
= −∇(ρ~
∂t
2.2. DIE EULERSCHE GLEICHUNG
15
Zeitliche Änderung der Massendichte im Fluidelemt:
dρ
dt
∂ρ
~
+ (~v · ∇)ρ
∂t
~ · (ρ~v ) + (~v · ∇)ρ
~ − ∂ (ρvj ) + vk ∂ ρ
= −∇
∂xj
∂xk
∂
∂ρ
∂ρ
= −ρ
vj − vj
+ vk
∂xj
∂xj
∂xk
~ · ~v Lagrange
= −ρ∇
=
Auch die Kraftgleichung kann man heuristisch herleiten:
Wie die Bewegung von Masseteilchen durch die wirkenden Kräfte bestimmt
ist, so sind auch die Kräfte für die Bewegung von Flüssigkeiten verantwortlich.
Wir grenzen in der Flüssigkeit irgendein Volumen ab. Die gesamte Kraft die
auf das herausgegriffene Volumen wirkt
~ =−
K
Z
pdf~
(2.15)
∆V
über den Druck p im Volumen ∆V , deshalb muss in (2.15) ein negatives
Vorzeichen berücksichtigt werden, wenn die Kraft auf das Volumen ∆V ausgeübt wird.
Durch Umwandlung in ein Volumenintegral erhält man
−
Z
pdf~ = −
Z
~
∇pdV
(2.16)
~
Auf jedes Volumenelement dV wirkt von der Flüssigkeit die Kraft −∇pdV
,
~
i.e. pro Volumenelement wirkt die Kraft −∇p.
−→ Bewegungsgleichung für ein Volumenelement (FE) der Flüssigkeit:
ρ
d~v
~
= −∇p
dt
(2.17)
Massendichte*Beschleunigung=Kraftdichte
Mit der substantiellen Ableitung (1.7) ergibt sich:
∂~v
~
~ v = − 1 ∇p
+ (~v · ∇)~
∂t
ρ
(2.18)
16 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
Euler-Gleichung
Bewegungsgleichung der Flüssigkeit
Auf der rechten Seite von (2.18) können alle möglichen zusätzlichen Kraftdichten stehen.
Befindet sich die Flüssigkeit im Schwerefeld, wirkt auf jede Volumeneinheit
noch die Kraft ρ~g , dabei ist ~g die Schwerebeschleunigung.
∂~v
~ + ~g
~ v = − 1 ∇p
+ (~v · ∇)~
∂t
ρ
(2.19)
~
(bzw. −∇Φ,
Φ: Gravitationspotential)
Bei der Herleitung der Bewegungsgleichungen haben wir Prozesse der
Energiedissipation nicht berücksichtigt. Innere Reibung und/oder Wärmeaustausch würden zur Dissipation führen.
Ideale Flüssigkeit:
Wärmeleitung / Zähigkeit werden vernachlässigt!
Dies muss immer überprüft / gerechtfertigt werden!
Einschub
d~v
dt
in (2.17) gibt die zeitliche Änderung der Geschwindigkeit eines sich bewegenden FEs an.
Die Beschleunigung des Fluidelements hat i.A. zwei Ursachen:
1.
Explizite zeitliche Änderung des Geschwindigkeitsfeldes mit der Zeit
Für nicht stationäre Strömungen:
~v (~r, t) − ~v (~r, t + ∆t)
∆t
2.
Bewegung des FEs in einem nicht gleichförmigen Geschwindigkeitsfeld
~v (~r, t) − ~v (~r + ∆~r, t)
∆~r
2.2. DIE EULERSCHE GLEICHUNG
⇒
17
∆~v = ~v (~r2 , t′ ) − ~v (~r1 , t) = ∂t~v ∆t + ∂x~v ∆x + ∂y ~v ∆y + ∂z ~v ∆z
Damit ist ~v (~r + ~v ∆t, t + ∆t) − ~v (~r, t) ermittelt bis zur Ornung ~v ∆t, ∆t.
bzw.
∆~v
~ v
= ∂t~v + (~v · ∇)~
∆t→0 ∆t
dt~v = lim
Das Fehlen des Wärmeaustausches zwischen Flüssigkeitsteilchen (und zwischen Flüssigkeit und Wänden, thermische Isolation) bedeutet, dass die Bewegung adiabatisch verläuft - überall.
Bewegung einer idealen Flüssigkeit
≡
adiabatische Bewegung
Bei einer adiabatischen Bewegung bleibt die Entropie eines jeden FEs konstant, wenn es sich im Raum bewegt.
Die Entropie pro Masseneinheit sei s.
adiabatische Bewegung:
ds
=0
dt
bzw.
∂s
~ =0
+ (~v · ∇)s
∂t
(2.20)
allgemeine Gleichung für adiabatische Bewegung
⇒ Kontinuitätsgleichung für Entropie:
∂(ρs) ~
+ ∇ · (ρs~v ) = 0
∂t
(2.21)
vgl. Kontinuitätsgleichung (2.6)
ρs~v : Entropiestromdichte
I.A. ist die adiabatische Gleichung viel einfacher, gewöhnlich ist die Entropie
zu einer gegebenen Anfangszeit räumlich und zeitlich in allen Punkten der
Flüssigkeit konstant. Dann bleibt sie es auch:
s=const
isentrope Bewegung
18 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
Einschub
Wie, also nach welcher Gleichung, ändert sich die Massendichte an einem
festen Raumpunkt mit der Zeit?
~ · (ρ~v )
Antwort: ∂t ρ = −∇
(2.21a)
Wie ändert sich die Massendichte in einem Fluidelement mit der Zeit?
~ = −ρ∇
~ · ~v
Antwort: dt ρ = ∂t ρ + ~v · ∇ρ
(2.21b)
Randbemerkung
Isentropie kann man ausnutzen um die Bewegungsgleichung (2.18) in einer
anderen Form darzustellen.
Wir verwenden die bekannte thermodynamische Beziehung:
dw = T ds + V dp
(2.22)
w = ǫ + pV
dǫ = T ds − pdV
Enthalpie = Summe aus innerer Energie + pV (Verdrängungsarbeit)
ǫ
|{z}
→ dt ǫ =
Zustandsgroeße
w
V =
T
1
ρ
dQ
t
|{z}
+
W aermemenge
T ds
dR
t
|{z}
geleistete
V olumenarbeit
−pdV
Enthalpie pro Masseneinheit
spezifisches Volumen, Volumen der Masseneinheit
Temperatur
Da s=const gilt:
dw = V dp =
dp
ρ
⇒
1~
~
∇p = ∇w
ρ
Aus (2.18) wird dann:
∂~v
~ v = −∇w
~
+ (~v · ∇)~
∂t
(2.23)
Eine weitere Variante der Euler-Gleichung enthält nur die Geschwindigkeit:
~ 2
∇v
~ × ~v ) + (~v · ∇)~
~ v
= ~v × (∇
2
(2.24)
2.3. HYDROSTATIK
19
Damit ergibt sich:
2
∂~v
~ × ~v ) = −∇
~ w+ v
− ~v × (∇
∂t
2
!
∗
(2.25)
~
∇×(2.25)
ergibt:
∂ ~
~ × (~v × ∇
~ × ~v )
(∇ × ~v ) = ∇
∂t
(2.26)
~
* + konservative Kraftdichte f~ = −∇u
2.3
Hydrostatik
Für eine ruhende Flüssigkeit ( ~v = 0, ∂t = 0) im homogenen Schwerefeld
nimmt die eulersche Gleichung (2.19) die Gestalt
~ = ρ~g
∇p
(2.27)
an.
(2.27) beschreibt das mechanische Gleichgewicht der Flüssigkeit.
~ = 0, heißt p =
Ohne äußere Kräfte gilt die Gleichgewichtsbedingung ∇p
const. Der Druck ist in allen Punkten der Flüssigkeit gleich.
Sei ρ = const, d.h. keine merkliche Kompression in z-Richtung:
∂p
=0
∂x
∂p
=0
∂y
∂p
= −ρg
∂z
(2.28)
p = −ρgz + const
(2.29)
Ergo:
Hat eine ruhende Flüssigkeit eine freie Oberfläche (in der Höhe H) und ist
der äußere Druck auf diese Oberfläche überall p0 , dann muss diese Oberfläche
20 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
die horizontale z = H sein. Aus p = p0 für z = H erhalten wir const =
p0 + ρgH.
p = p0 + ρg(H − z)
(2.30)
(p − p0 ∼ H)
Am Auftrieb von Körpern in Flüssigkeiten und Gasen sieht man, dass auch
die Form eine Rolle spielt.
Hängt die Dichte ausschließlich und linear vom Druck ab, d.h.
ρ = Ap
mit A =
ρ0
ρ
= = const
p0
p
wie es in idealen Gasen bei konstanter Temperatur der Fall ist, so ist:
∂p
dp
=
= −Agp
∂z
dz
(2.31)
ρ0
p = p0 exp(−Ag(z − z0 )) = p0 exp − g(z − z0 )
p0
(2.32)
Barometrische Höhenformel
Für isotherme Atmosphäre gilt:
p = nkT =
ρ
kT
m
→
ρ0
m
=
p0
kT0
Eine (weitere) Folgerung aus (2.28):
Befindet sich eine Flüssigkeit / ein Gas im Schwerefeld im statischen Gleichgewicht, dann kann p nur von der Höhe z abhängen.
Denn: Wenn der Druck in einer Höhe an verschiedenen Stellen verschieden
wäre, würde eine Bewegung auftreten!
⇒
ρ=−
1 dp
g dz
(2.33)
Die Dichte ist eine Funktion die nur von z abhängt.
p und ρ bestimmen die Temperatur (hier wird nicht angenommen, dass
ρ = Ap).
⇒ T ist ebenfalls eine Funktion die nur von z abhängt.
Ein statisches Gleichgewicht ist nicht möglich, wenn T an verschiedenen
Stellen in ein und derselben Höhe verschieden ist.
2.4. BEDINGUNG FÜR DAS FEHLEN DER KONVEKTION
21
Astrophysikalische Anwendung
Gleichgewichtsbedingung für große Flüssigkeits- / Gasmengen, deren Teile
durch Gravitationskräfte zusammengehalten werden, also Sterne.
Nebenbemerkung
ϕ sei das Newtonsche Gravitationspotential des von der Flüssigkeit erzeugten Feldes (selbstgravitierendes Fluid). Es genügt der DGL
∆ϕ = 4πGρ
(2.34)
mit der newtonschen Gravitationskonstante G.
~
Die Feldstärke des Gravitationsfeldes ist −∇ϕ,
~
und damit die Volumenkraftdichte auf die Massendichte ρ: −ρ∇ϕ.
Daher lautet die Gleichgewichtsbedingung:
~ = −ρ∇ϕ
~
∇p
(2.35)
Teilen wir (2.35) durch ρ, bilden die Divergenz und verwenden (2.34), ergibt
sich:
~ ·
∇
1~
∇p = −4πGρ
ρ
(2.36)
(nur mechanisches Gleichgewicht)
Ein vollkommenes thermisches Gleichgewicht ist nicht vorausgesetzt!
Falls der Körper nicht rotiert, wird er im Gleichgewicht Kugelgestalt haben, die Verteilung von Dichte und Druck werden in ihm kugelsymmetrisch
sein.
Gleichung (2.36) hat für Kugelsymmetrie in Kugelkoordinaten die Form:
1 d
r2 dr
r2 dp
ρ dr
!
Diese lässt sich für z.B. isotherme Gaskugeln (p =
integrieren.
2.4
(2.37)
= −4πGρ
ρ
m kT ,
T = const) leicht
Bedingung für das Fehlen der Konvektion
Eine Flüssigkeit kann sich im statischen Gleichgewicht befinden (keinerlei
makroskopische Bewegung sichtbar), ohne dass sie dabei im thermischen
22 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
Gleichgewicht ist.
Gleichung (2.27) (Bedingung für mechanisches Gleichgewicht) kann auch
dann erfüllt sein wenn T nicht konstant ist.
Ist ein solches Gleichgewicht stabil?
Nur unter bestimmten Bedingungen.
Sind diese nicht erfüllt, dann ist das Gleichgewicht instabil, es treten Strömungen auf, die die Flüssigkeit so zu vermischen suchen, dass T = const erreicht
wird.
⇒ Konvektion
Stabilität eines mechanischen Gleichgewichts
=
Bedingung für das Fehlen von Konvektion
1.)
Betrachte ein FE in Höhe z mit spezifischem Volumen V (p, s) = ρ1 .
p und s: Gleichgewichtsdruck und Gleichgewichtsentropie in z
2.)
FE wird um eine kleine Strecke ∆z ≪ z adiabatisch nach oben verschoben:
V (p, s) ⇒ V (p′ , s)
p′ : Druck in z + ∆z
3.)
Für die Stabilität des Gleichgewichts ist es notwendig (i.A. nicht hinreichend), dass die dabei auftretende Kraft bestrebt ist, das FE in die Ausgangslage zurückzutreiben.
Das betrachtete Volumenelement muss schwerer sein als die von ihm in der
neuen Lage verdrängte Flüssigkeit. Das spezifische Volumen der letzteren ist
V (p′ , s′ ) (s′ : Gleichgewischtsentropie von z + ∆z).
Stabilitätsbedingung
V (p′ , s′ ) − V (p′ , s) > 0
bzw.
1
ρ p′ s′
Diese Differenz entwickeln wir nach Potenzen von
s′ − s =
ds
∆z
dz
∆z > 0
V (p′ , s′ ) = V (p′ , s) + ∆s(∂s V )p
−
1
ρ p′ s
>0
2.4. BEDINGUNG FÜR DAS FEHLEN DER KONVEKTION
∂V
∂s
ds
>0
dz
p
23
(2.38)
Nach thermodynamischen Beziehungen gilt:
∂V
∂s
=
p
T
cp
∂V
∂T
(2.39)
p
cp : spezifische Wärme bei konstantem Druck p (cp = T (∂T S)p )
cp , T sind immer positiv
Deshalb kann man (2.38) umformen in:
∂V
∂T
p
ds
>0
dz
(2.40)
Die meisten Stoffe dehnen sich bei Erwärmung aus, d.h.
∂V
∂T
>0
p
⇒ Das Fehlen der Konvektion bedeutet dass die Entropie mit der Höhe
zunimmt:
ds
>0
dz
(2.41)
Aus (2.41) kann man mit der thermodynamischen Relation (∂p s)T = −(∂T V )p
eine Bedingung für dT
dz ableiten:
dǫ = T ds − pdV
oder auch
also
ǫ(s, V )
⇒
⇒
⇒
ds
=
dz
∂s
∂T
p
dT
+
dz
∂s
∂p
T
ǫ(T, p)
dǫ = ∂s ǫds + ∂V ǫdV
T = (∂s ǫ)V
p = (∂V ǫ)s
(∂V T )p = −(∂s p)T
dp
cp dT
=
−
dz
T dz
∂V
∂T
p
dp
>0
dz
(2.42)
Außerdem gilt:
ρ=−
1 dp
g dz
⇒
gρ = −
dp
dz
⇒
dp
g
=−
dz
V
(2.43)
24 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
(2.42) und (2.43) führen zu:
dT
T 1
−
<g
dz
cp V
β=
1
V
∂V
∂T
∂V
∂T
= gβ
p
T
cp
(2.44)
: Koeffizient der thermischen Ausdehnung
p
Für ein ideales Gas gilt βT = 1, ergo:
−
g
dT
<
dz
cp
(2.45)
(2.45) ist eine Stabilitätsbedingung. Konvektion wird bei Verletzung von
(2.45) auftreten, d.h. wenn die Temperatur in Richtung von unten nach
oben abnimmt und ihr Gradient dabei den Wert cgp übersteigt.
Anschaulich:
ρgdz = dWgrav
− ρT ds = −dWtherm = −ρcp dT
⇒ Stabilität für δWgrav > δWtherm
2.5
Die Bernoullische Gleichung
Für stationäre Flüssigkeitsströmungen vereinfachen sich die Gleichungen der
Hydrodynamik beträchtlich:
Unter einer stationären Strömung versteht man eine Strömung, bei der die
Strömgeschwindigkeit in jedem Punkt zeitlich konstant bleibt, d.h. ~v ist eine
reine Ortsfunktion!
Ergo:
∂~v
=0
∂t
Gleichung (2.25) vereinfacht sich zu:
2
~
~ v − ~v × ∇
~ × ~v = − ∇p
∇
2
ρ
(2.46)
(→ Stromliniendefinition, Gleichung (1.8))
Multiplikation von (2.46) in jedem Punkt einer Stromlinie mit dem Einheitsvektor in Tangentenrichtung der Stromlinie, ~l, also die Projektion des
Gradienten auf eine gewisse Richtung (auf die Stromlinien), ist gleich der in
~
dieser Richtung gebildeten Ableitung. Die gesuchte Projektion von − ∇p
el
ρ ·~
ist damit
~ · ~e
−∇w
l
~ p · ~el
−∇
ρ
falls Isentropie vorliegt, oder
falls ρ = const.
2.5. DIE BERNOULLISCHE GLEICHUNG
25
~ × ~v steht senkrecht auf ~v , ⇒ seine Projektion auf die
Der Vektor ~v × ∇
Richtung ~l ist gleich Null.
Damit erhalten wir z.B. für Isentropie:
∂
∂l
v2
+w
2
!
=0
(2.47)
Es folgt, dass entlang einer Stromlinie gilt:
v2
+ w = const
2
(2.48)
Bernoulli-Gleichung
Die Konstante in (2.48) ist i.A. für verschiedene Stromlinien unterschiedlich.
Erfolgt die Fluidströmung im Schwerefeld, so wird aus (2.47):
∂l
v2
+w+ϕ
2
!
=0
ϕ: Gravitationspotential
Bzw. mit ~g · ~l = −g∂l z
∂l
~ · ~l
− g~ez · ~l = −g ∇z
v2
+ w + gz
2
!
=0
Und damit also:
v2
+ w + gz = const
2
Für ρ=const, gilt:
w=
(2.49)
p
ρ
Und aus (2.49) wird damit:
ρ
v2
+ p + ρgz = const
2
(2.50)
Also der Energieerhaltungssatz.
2
ρ v2
ρgz
p
:
:
:
kinetische Energiedichte
potentielle Energiedichte
potentielle Energiedichte der im Fluid wirkenden inneren Kräfte
Allgemein ist (2.50) die Bernoulli-Gleichung für stationäre inkompressible
Fluide.
26 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
Inkompressibilität bedeutet, dass die FEe während ihrer Bewegung konstante Dichte behalten, also dt ρ = 0,
somit
~ =0
∂t ρ + ~v · ∇ρ
und zudem wissen wir bereits:
~ · (ρ~v ) = 0
∂t ρ + ∇
Nach Gleichung (2.21b) (Kapitel 2.2) gilt:
~
∂t ρ = −~v · ∇ρ
Kontigleichung
⇒
~ · ~v = 0
∇
~ · ~v = 0 sind also äquivalent.
Inkompressibilität und ∇
Inkompressibilität + Stationärität → Homogenität
Homogene, inkompressible Fluide können nur der stationären Kontigleichung genügen (ρ = const räumlich und zeitlich).
Homogene, stationäre Fluide sind inkompressibel.
Die Bernoulli-Gleichung hat viele technische Anwendungen und erlaubt oft
einen Einblick in komplexere Fluiddynamik.
Zwei Beispiele
a) Aufstau vor Hindernis
Befindet sich in einer gleichförmigen
Strömung mit v0 ein Hindernis, so
staut sich die Strömung und zerteilt
sich.
Im Mittelpunkt (= Staupunkt) kommt die Strömung völlig zur Ruhe.
p1 : Druck am Staupunkt
p1
p0 v02
+0=
+
ρ
ρ
2
⇒
p1 = p0 + ρ
v02
2
Der Ausdruck
ρv02
2
heißt Staudruck, bzw. dynamischer Druck.
p1 − p0 =
Gesamtdruck = statischer Druck + dynamischer Druck
2.5. DIE BERNOULLISCHE GLEICHUNG
27
b) Prandl’sches Staurohr
Am Staupunkt:
ps = p∞ + ρ
⇒
2
v∞
2
ps − p∞ = ρ
2
v∞
2
⇒ Geschwindigkeitsmessung relativ zum Medium
Achtung:
Hier spielen Höhenunterschiede keine Rolle, d.h. der hydrostatische Druck
wird längs einer Stomlinie als konstant angenommen.
Solche Umströmungsprobleme werden in Kapitel 3 noch ausführlicher behandelt.
c) Strömung über ein Hindernis
Man betrachtet die Stromlinie an der Oberfläche.
Die Flussmenge ist konstant, die Strömung ist vertikal gleichmäßig und in
z-Richtung unendlich ausgedehnt. ρ = const.
ρu0 h0 = u(x)h(x)ρ
(i)
28 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
Bernoulli:
1
1
p0 + ρu20 + ρgh0 = p0 + ρu2 (x) + ρg(h(x) + e(x))
2
2
(ii)
p0 : atmosphärischer Druck
∂x (i)
∂x (ii)
ρu(x)∂x h + ρh(x)∂x u = 0
(iii)
ρu(x)∂x u + ρg(∂x h + ∂x e) = 0
(iv)
Sei
u20 − gh0 < 0
Fr < 1
p
Froude-Zahl: F r = √u(x)
gh(x)
gh(x): Geschwindigkeit von Schwereoberflächenwellen
(siehe Kapitel Wellen)
Es existieren zwei Strömungsformen bei x = xm :
(iii) = (iv)
mit ∂x h = −
1
h(x)∂x u
u(x)
1
∂x u(−gh(x) + u2 (x)) + g∂x e = 0
u(x)
ergibt:
(v)
Lösung 1:
∂x u|x=xm = 0
(iii)
→
∂x h|x=xm = 0
D.h. hier wechselt die Änderung von h das Vorzeichen, die Schichtdicke
wächst also wieder an.
F r bleibt < 1.
Gravitationsbestimmte Lösung
2.5. DIE BERNOULLISCHE GLEICHUNG
29
Lösung 2:
u2 |x=xm = gh|x=xm
D.h. ∂x u wechselt das Vorzeichen nicht, die Geschwindigkeit wächst hinter
xm also weiter an.
F r überschreitet den Wert 1 genau an der Stelle xm .
Trägheitssbestimmte Lösung
Übergang von einem zum anderen Regime am Maximum des Hindernisses.
Experimentell:
Man verändert u0 , bis man an xm den Übergang F r ≥ 1 erreicht:
u(xm )h(xm )
=
u0 =
h0
da
u(xm ) =
q
√
gh(xm ) für
3
gh 2 (xm )
h0
(vi)
Fr = 1 an x = xm
Anmerkung: Eine direkte Lösung der algebraischen Gleichungen ist auch
möglich (3. Ordnung Polynom). → Froude.mws
30 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
2.6
Die Energiestromdichte / Die Energiebilanzgleichung
Wir wählen irgendein festes Volumenelement und bestimmen, wie sich die
Energie im Laufe der Zeit ändert.
Energie pro Volumeneinheit der Flüssigkeit:
v2
2
|{z}
ρ
+
kinetische Energie
ρǫ
|{z}
innere Energie
(ǫ: innere Energie der Flüssigkeit pro Masseneinheit)
Die Änderung dieser Energie ergibt sich aus:
"
#
v2
∂
ρ + ρǫ
∂t
2
∂
v2
ρ
∂t
2
Mit Konti.-Gleichung
und Euler-Gleichung
ergibt sich:
∂
∂t
ρv 2
2
!
:
:
=−
!
∂ρ
∂t
∂~v
∂t
=
∂~v
v 2 ∂ρ
+ ρ~v ·
2 ∂t
∂t
(2.51)
~ · (ρ~v ) = 0
+∇
~ v = − 1 ∇p
~
+ (~v · ∇)~
ρ
v2 ~
~ − ρ~v · (~v · ∇)~
~ v
∇ · (ρ~v ) − ~v · ∇p
2
(2.52)
Es ist
~ v = ~v ∇v
~ 2
~v · (~v · ∇)~
2
und den Druckgradienten ersetzen wir mit der thermodynamischen Beziehung:
1
dw = T ds + dp
ρ
dp = ρdw − ρT ds
→
~ = ρ∇w
~ − ρT ∇s
~
∇p
(2.53)
Also:
∂t
v2
ρ
2
!
v2 ~
~
=− ∇
· (ρ~v ) − (ρ~v ) · ∇
2
!
v2
~
+ w + ρT~v · ∇s
2
(2.54)
Es bleibt ∂t (ρǫ) zu betrachten:
dǫ = T ds − pdV = T ds +
p
dρ
ρ2
(2.55)
2.6. DIE ENERGIESTROMDICHTE / DIE ENERGIEBILANZGLEICHUNG31
mit ǫ = w − pV = w −
p
ρ
folgt (w: spezifische Enthalpie):
d(ρǫ) = ǫdρ + ρdǫ
p
p
dρ + ρ T ds + 2 dρ
=
w−
ρ
ρ
= wdρ + ρT ds
(2.56)
und damit:
∂t (ρǫ) = w∂t ρ + ρT ∂t s
~ · (ρ~v )
= −
w∇
|
{z
~
ρT~v · ∇s
−
}
|
→ Konti-Gleichung
{z
(2.57)
}
→ dt s = 0
Adiabatengleichung, (2.20)
Zusammenfassend ergibt sich für die Energieänderung:
#
"
"
"
#
2
v2
∂ ρv 2
~ · (ρ~v ) − ρ~v · ∇
~ v +w
+ ρǫ = −
+w ∇
∂t 2
2
2
#
(2.58)
~ · (F A)
~ = F∇
~ ·A
~+A
~ · ∇F
~ erhält man für die Energieänderung die
Mit ∇
Bilanzgleichung:
"
#
"
∂ ρv 2
~ · ρ~v
+ ρǫ = −∇
∂t 2
v2
+w
2
!#
(2.59)
Die Bedeutung dieser Gleichung ergibt sich durch Integration über irgendein
Volumen:
∂
∂t
Z
!
ρv 2
+ ρǫ dV = −
2
Z
"
v2
+w
2
~ · ρ~v
∇
!#
dV
(2.60)
Rechte Seite von (2.60) ⇒ Oberflächenintegral
Ergo:
∂
∂t
Z
!
ρv 2
+ ρǫ dV = −
2
Energieänderung der Flüssigkeit pro Zeiteinheit in einem
gegebenem Volumen
I
ρ~v
Energiemenge, die pro Zeiteinheit aus dem betrachteten
Volumen herausfließt
Damit ist
~jE = ρ~v
!
v2
+ w df~
2
v2
+w
2
!
(2.61)
32 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
der Vektor der Energiestromdichte.
Sein Betrag gibt die Energiemenge an, die pro Zeiteinheit durch eine zur
Richtung der Geschwindigkeit senkrechten Flächeneinheit aua einem Volumenelement fließt.
2
Die Flüssigkeit führt pro Masseneinheit bei der Bewegung die Energie w+ v2
mir sich.
Warum betrachten wir die Enthalpie und nicht einfach die Energie ρǫ?
Wir setzten w = ǫ + ρp .
Der gesamte Energiestrom durch die geschlossene Fläche ist dann:
−
I
~jE df~ = −
= −
I
I
ρ~v
!
v2
+ ǫ df~ −
2
v2
2
|{z}
ρ~v (
+
I
p
ρ~v df~
ρ
ǫ
|{z}
)df~ −
innere
kinetische
I
p~v df~ (2.62)
Energie-
Energie-
Dichte
Dichte
H
2
− ρ~v ( v2 + ǫ)df~:
Energie, die mit der Masse der Flüssigkeit (pro Zeiteinheit)unmittelbar durch
die Oberfläche transportiert wird.
H
− p~v df~:
Arbeit, die von Druckkräften an der Flüssigkeit innerhalb der Fläche pro
Zeiteinheit geleistet wird.
2.7
Erhaltung der Zirkulation und die Helmholtzschen Wibelsätze
Das Integral
Γ=
I
C
~v · d~s
(2.63)
über eine geschlossene Kurve C heißt Zirkulation.
Verschwindet Γ überall im Fluid, so ist die Strömung wirbelfrei, da:
~ × ~v = lim 1
~n · ∇
F →0 F
I
C
~v · d~s
~n: Normalenvektor in einem Punkt innerhalb
der durch C berandeten Fläche
(2.64)
2.7. ERHALTUNG DER ZIRKULATION UND DIE HELMHOLTZSCHEN WIBELSÄTZE33
Eine wirbelfreie Strömung ist eine Potentialströmung.
Eine Potentialströmung kann endliche Zirkulation aufweisen, da die EulerGleichung nur für einfach zusammenhängende Punktmengen/Gebiete, also
Punktmengen, bei denen jede Fläche jeder geschlossenen Linie noch ganz in
der Punktmenge liegt, gültig ist.
Wirbel in idealen Flüssigkeiten
Γ ist mit der Verwirbelung der Flüssigkeit verknüpft:
Γ 6= 0
Γ=0
Satz von Stokes:
Γ=
I
~v d~s =
Z
~ × ~v dF~
∇
Doch Vorsicht:
Stokes gilt nur in einfach zusammenhängenden Bereichen, d.h. eine von einer
im Bereich liegenden Kurve umschlossene Fläche liegt ihrerseits ganz in
diesem Bereich. ⇒
~ × ~v = 0 überall,
Wenn Γ = 0, dann auch ∇
~ × ~v = 0 überall im Gebiet, kann trotzdem Γ 6= 0 sein!
doch wenn ∇
Beispiel:
In wirbelfreien Strömungen ist Γ konstant auf Kurven, die durch Verformung
ineinander übergehen (gleiche Typologie).
34 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
I
C1
~v d~s −
I
~v d~s +
C2
Z
l
wirbelf rei
=
Z
C
~v d~s −
Z
~v d~s
l
~ × ~v dF~ = 0
∇
C: Ganze Fläche, einfach
zusammenhängend
“Die” Zirkulation,
unabhängig von der Kurve!
⇒
I
C1
~v d~s =
I
~v d~s
C2
Beispiel:


0


~v =  v0 
0


~v = 
0
v0
r
0



~ × ~v = 1 ∂(rv0 ) = v0
∇
r ∂r
r
Wirbelfeld
~ × ~v = 1 ∂ v0 = 0 kein Wirbelfeld?
∇
r ∂r
Vorsicht:
Im Ursprung divergiert der zweite Ausdruck, die gesamte Wirbelstärke ist
im Zentrum vereinigt!
⇒ einfach zusammenhängend
~ ×~v 6= 0 wenn der “Mittelpunkt” eingeschlossen wird, das ist im folgenden
∇
zweifach zusammenhängendem Beispiel nicht der Fall:
⇒ zweifach zusammenhängend
2.7. ERHALTUNG DER ZIRKULATION UND DIE HELMHOLTZSCHEN WIBELSÄTZE35
Γ=
I
~v d~s = 2πr
C
v0
= 2πv0
r
~ × ~v = 0)!
Endliche Zirkulation aber gleich für alle r (da ∇
Die vorangehenden Überlegungen führen zur Definition der Wirbelstärke:
1~
× ~v
ω
~ = ∇
2
Beispiel: Starre Rotation


0


~v =  Ωr 
0
Ω = const.
1~
11
11 ∂
ω
~ = ∇
(rΩr) =
Ω2r = Ω
× ~v =
2
2 r ∂r
2r
(daher auch das
1
2
in der Definition)
ω
~ ist die “Quelle” der Wirbelströmung
Einnerung:
Vektorfelder können Wirbel- und Potentialanteile haben (Helmholtz’sches
Theorem):
Beispiel Elektrostatik:
Beispiel Magnetfeld:
Beispiel Elektrodynamik:
~ = −∇Φ
~
~ ×E
~ =0
E
⇒ ∇
~ =∇
~ ×A
~ ⇒ ∇
~ ·B
~ =0
B
~
~ = −∇Φ
~ − ∂ A ⇒ beide Anteile!
E
∂t
Untersuchung der zeitlichen Entwicklung von Γ in isentropen Fluiden mit
Hilfe des Konzepts der flüssigen Linie zeigt, dass Teilchen, die die geschlossene Linie C zum Zeitpunkt t = t0 konstituieren, dies auch zum Zeitpunkt
t > t0 tun, sie dürfen sich aber bewegen und somit bewegt/verformt sich
auch die Kurve.
Was passiert mit der Zirkulation längs dieser Kurve?
Wir berechnen dazu
dΓ
d
=
dt
dt
Hier
d
,
dt
I
~v · ~s
weil wir die Änderung längs einer Flüssigkeitskurve suchen
und nicht längs einer Kurve, die im Raum festliegt.
(2.65)
36 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
Bei der zeitlichen Differentiation dieses Integrals ist zu beachten, dass
sich nicht nur ~v , sondern auch die Kurve selbst (d.h. deren Gestalt) ändert,
ergo:
d
dt
I
C
~v · d~s =
I
d~v
· d~s +
dt
I
~v ·
dd~s
dt
(2.66)
Die Geschwindigkeit ~v ist nichts anderes als die Zeitableitung des Ortsvektors:
~v ·
dd~s
d~s
v2
= ~v · d = ~v · d~v = d
dt
dt
2
(2.67)
Das Integral über ein vollständiges Differential längs einer geschlossenen
Kurve ist jedoch gleich Null. Deshalb verschwindet das zweite der aufgeschriebenen Integrale. Es bleibt mit dem Satz von Stokes:
d
dt
I
~v · d~s =
I
d~v
· d~s =
dt
Z ~ × d~v
∇
dt
· df~
(2.68)
Wir setzten für die Beschleunigung die Euler-Gleichung für isentrope Strömungen ein (2.23):
d~v
~
= −∇w
dt
~ × (∇w)
~
Da ∇
= 0 erhalten wir:
Z ~ × d~v
∇
dt
· df~ = 0
Zurück zu (2.63) ergibt sich endgültig:
d
dΓ
=
dt
dt
bzw.
Γ=
I
I
~v · d~s = 0
~v · d~s = const
(2.69)
Satz von Thomson
In einer idealen Flüssigkeit ändert sich die Zirkulation längs einer geschlossenen Kurve zeitlich nicht!
~ = 0).
Das gilt auch für inkomressible homogene Fluide (∇ρ
Für isentrope und inkompressible homogene Strömungen gilt also:
dΓ
=0
dt
2.7. ERHALTUNG DER ZIRKULATION UND DIE HELMHOLTZSCHEN WIBELSÄTZE37
Die Helmholtzschen Wirbelsätze
Wir betrachten Wirbel in inkompressiblen idealen Flüssigkeiten.
Wirbelvektor:
1~
ω
~ = ∇
× ~v
2
(2.70)
|~
ω |: Winkelgeschwindigkeit der lokalen Rotation eines FEes
Das Wirbelfeld wird durch die Wirbellinien veranschaulicht, deren Tangenten überall die Richtung des Wirbelvektors ω
~ haben.
1~ ~
~ ·ω
∇
~ = ∇
· ∇ × ~v = 0
2
(2.71)
Wirbellinien im Inneren von Flüssigkeiten können weder anfangen noch enden. Es gibt also weder Quellen noch Senken. Sie bilden entweder geschlossene Kurven oder führen zu den Begrenzungen der Flüssigkeit.
Wirbelröhre:
Schlauchartige Fläche, die von Wirbellinien gebildet wird.
Eine Wirbelröhre mit kleinem Querschnitt nennt man Wirbelfaden.
Wir betrachten einen Teil einer Wirbelröhre, d.h. ein Volumen, das durch
zwei Querschnitte F1 und F2 sowie die Mantelfläche begrenzt wird.
Einschub zur Terminologie
~ × ~v heißt oftmals Wirbeldichtevektor.
ω
~ˆ = ∇
Der Faktor 12 in (2.71) ist folgenermaßen zu motivieren:
Man betrachtet die Rotation eines FEes in der x-y-Ebene um die z-Achse mit der Winkel~ Dann hat ~v = Ω
~ × ~r in Zylinderkoordinaten die Komponenten vr = 0,
geschwindigkeit Ω.
vθ = Ωr, vz = 0, also
~ × ~v = (∂r vθ + vθ )~ez = 2Ω~ez
∇
r
38 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
Für die Integration über eine ganze Oberfläche ergibt sich mit dem Satz
von Gauss:
Z
ω
~ · df~ =
Z
~ ·ω
∇
~} dV = 0
| {z
(2.72)
ω
~ · df~ = 0
(2.73)
=0
ω
~ liegt per Definition der Wirbelröhre in der Mantelfläche. df~ (auf der Mantelfläche) ist stets senkrecht zu ω
~.
⇒ Nur die Querschnittsflächen tragen zum Oberflächenintegral bei:
Z
F1
ω
~ · df~ +
Z
F2
df~ ist aber stets nach Aussen gerichtet!
⇒ Der Wirbelfluss ist in allen Querschnittsflächen der Röhre derselbe
Für einen Wirbelfaden gilt:
|~
ω1 |f1 = |~
ω2 |f2
(2.74)
Der Querschnitt ist so klein, dass |~
ω | konstant an der Querschnittsfläche ist.
In einem Wirbelfaden ist die
Drehgeschwindigkeit
an verschiedenen Stellen
∼
1
Querschnitt
Z.B. Tornados, Hurrikans...
Anders gesagt:
Mit (2.71):
~ × ~v |
Wirbelstärke: 2|~
ω |f = f |∇
Also ist sie längs des Wirbelfadens konstant.
Für die Zirkulation um eine Wirbelröhre folgt nach dem Satz von Stokes:
Z
offene Fläche/Querschnitt
1
ω
~ · df~ =
2
Z
~ × ~v ) · df~ = 1
(∇
2
I
1. Helmholtzsche Gleichung
~v · d~s =
Γ
2
(2.75)
2.7. ERHALTUNG DER ZIRKULATION UND DIE HELMHOLTZSCHEN WIBELSÄTZE39
Die Zirkulation um eine Wirbelröhre ist also an allen Stellen gleich groß
andererseits ist der Wirbelfluss einer Wirbelröhre zeitlich konstant ((2.69),
Satz von Thomson, dt Γ = 0).
Zeitliche Änderung von Wirbeln / Helmholtzsche Wirbelgleichung
Mit der Euler-Gleichung in der Form (2.23) sowie den äußeren Kräften in
~ (konservative Kräfte) ergibt sich für inkompressible
der Form f = −∇u
Flüssigkeiten (ρ = const):
∂~v ~ v 2
~ × ~v ) = −∇(u
~ + p)
+ ∇ − ~v × (∇
∂t
2
ρ
Bilden wir davon die Rotation, verwenden ω
~ =
~
~
∇ × ∇f unktion = 0 ist, so erhalten wir:
1~
2∇
(2.76)
× ~v (2.71) und dass
∂~
ω ~
− ∇ × (~v × ω
~) = 0
∂t
(2.77)
Im Fall von Inkompressibilität gilt:
~ · ~v = 0 und auch ∇
~ ·ω
∇
~ =0
⇒
~ × (~v × ω
~ ·ω
~ · ~v )~
~ v − (~v · ∇)~
~ ω
∇
~ ) = (∇
~ )~v − (∇
ω + (~
ω · ∇)~
~ v − (~v · ∇)~
~ ω
= (~
ω · ∇)~
(2.78)
(2.78) eingesetzt in (2.77):
∂~
ω
~ ω = (~
~ v
+ (~v · ∇)~
ω · ∇)~
∂t
(2.79)
2. Helmholtzsche Gleichung
Oder:
d~
ω
~ v
= (~
ω · ∇)~
dt
(2.80)
Falls ein FE zu irgendeiner Zeit ω
~ = 0 hat, wird es in einer inkompressiblen
idealen Flüssigkeit auch kein ω
~ erhalten.
Wirbel können in einer inkompressiblen idealen Flüssigkeit
weder entstehen noch vergehen.
Die Wirbelstärke einer Wirbelröhre hat auf ihrer gesamten Länge und zu
allen Zeiten den gleichen Wert.
In Wirklichkeit jedoch entstehen und vergehen Wirbel doch.
40 KAPITEL 2. BILANZGLEICHUNGEN IDEALER FLÜSSIGKEITEN
Sind Reibungskräfte eine mögliche Ursache?
Leider nein, denn die obigen Betrachtungen gelten auch für Flüssigkeiten
mit Reibung (Euler → Navier-Stokes).
Wirbel können nur über die Randflächen in die Flüssigkeit einwandern. An
den Wänden entstehen und vergehen bei zähen Flüssigkeiten Haftkräfte, die
Wirbel verursachen.
Mit Viskosität lautet die Bewegungsgleichung für den Wirbelvektor (2.79):
~ ω = (~
~ v + ν∆~
∂t ω
~ + (~v · ∇)~
ω · ∇)~
ω
ν: Kinematische Viskosität, siehe später.
(2.81)
Kapitel 3
Die Potentialströmungen
Eine Strömung, für die im ganzen Raum gilt
~ × ~v = 0
∇
heißt Potentialströmung bzw. wirbelfreie Strömung.
Wegen
dt Γ = dt
I
C
~v · d~s = 0
(Satz von Thomson) folgt, dass eine Potentailströmung für alle Zeiten eine
solche bleibt.
Aber:
Längs einer Stromlinie, die entlang der Oberfläche eines umströmten Körpers
verläuft, gibt es keine geschlossene Kurve C, die die Stromlinie vollständig
umschließt. → Hier ist der Thomsonsche Satz / Helmholtzsche Wirbelsatz
nicht anwendbar.
In dünnen Grenzschichten um umströmte Körper ist die Strömung i. A. keine Potentialströmung, → Wirbelbildung, Instabilitäten von viskosen Grenzschichten.
Von Interesse ist jedoch, dass bei Körpern mit Stromlinienform die Abweichung von einer Potentialströmung nur sehr nahe der Oberfläche und in
einer engumgrenzten Region hinter dem Körper auftritt.
Wir betrachten stetige Potentialströmungen in idealen Flüssigkeiten mit
isentropen Bewegungen.
Ist die Strömung wirbelfrei, so kann das Geschwindigkeitsfeld aus dem Geschwindigkeitspotential Φ abgeleitet werden:
~
~v = ∇Φ
41
(3.1)
42
KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN
Die Euler-Gleichung (2.25) verliert für eine solche Strömung den Beitrag
~ × ~v ), also:
~v × (∇
!
v2
~
∂t~v = −∇ w +
2
~
Lassen sich die äußeren Kräfte f~ aus einem Potential ableiten, also f~ = −∇u,
so lautet die Euler-Gleichung:
~ ∇Φ)
~ 2 = −∇(u
~ + w)
~ ∂Φ + 1 ∇(
∇
∂t
2
(3.2)
Ein allgemeines Integral dieser Gleichung ist:
∂Φ ~v 2
+
+ u + w = f (t)
∂t
2
(3.3)
f (t): Beliebige Zeitfunktion, kann o.B.d.A. gleich Null gesetzt werden, denn
das Geschwindigkeitspotential ist ebenfalls nur bis auf eine Zeitfunktion bestimmt.
Setzen wir
Φ′ = Φ +
Z
f (t)dt
(3.4)
so ändert sich ~v nicht:
~ = ∇Φ
~ ′
~v = ∇Φ
(3.5)
∂Φ′ ~v 2
+
+u+w =0
∂t
2
(3.6)
Wir erhalten:
Bernoulli-Gleichung für nichtstationäre Strömungen
Für eine stationäre Strömung kann Φ auch zeitunabhängig gewählt werden,
d.h. ∂t Φ = 0.
(3.6) geht dann über in die Bernoulli-Gleichung (siehe (2.48), (2.49)):
~v 2
+ u + w = const
2
(3.7)
Achtung!
Die Aussage der Bernoulli-Gleichung ist unterschiedlich für eine Potentialströmung und für eine Strömung, die nicht wirbelfrei ist.
I.A. lautet die Bernoulli-Gleichung längs einer Stromlinie:
~v 2
+ u + w = const
2
43
Sie variiert jedoch i.A. von Stromlinie zu Stromlinie.
Für eine Potentialströmung hat aber
~v 2
+u+w
2
im ganzen Flüssigkeitsbereich den gleichen Wert. Dieser Umstand gibt der
Bernoulli-Gleichung bei Potentialströmungen eine besondere Bedeutung.
Wir betrachten nun inkopressible Flüssigkeiten.
Wegen der Konstanz der Dichte in einer inkompressiblen Flüssigkeit verein~ · ~v = 0.
facht sich die Konti-Gleichung zu ∇
Dies wird für eine Potentialströmung zu:
∆Φ = 0
(3.8)
Die elliptische DGL (3.8) muss noch durch Randbedingungen ergänzt werden, die Angaben über die Geschwindigkeit an den Flächen, mit denen die
Flüssigkeit in Berührung kommt, enthalten.
Da die Flüssigkeit nicht durch die Wände hindurchtritt, muss die Normalkomponente vn des Geschwindigkeitfeldes mit der Geschwindigkeit, mit der
sich die Fläche in Richtung ihrer Normalen bewegt, übereinstimmen.
~ = ∂Φ
vn = ~n · ~v = ~n · ∇Φ
∂n
(3.9)
Normalableitung des Geschwindigkeitspotentials
Oder mit einer Funktion von Raum und Zeit s(~r, t):
∂Φ = sσ (~r, t)
∂n σ
(3.10)
Der Index σ soll andeuten, dass es sich um eine Funktion handelt, die längs
der Flüssigkeitsoberfläche zu berücksichtigen ist.
Unter welchen Bedingungen kann eine Strömung als inkompressibel angesehen werden?
Bei einer adiabatischen Druckänderung ändert sich die Dichte der Flüssigkeit:
∆ρ =
∂ρ
∂p
∆p
(3.11)
s
Adiabatische Zustandsgleichung: dt (p/ργ ) = 0
Nach der Bernoulli-Gleichung gilt für die Drukschwankungen in einer stationären Strömung:
∆p ∼ ρv 2
44
KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN
Die Thermodynamik zeigt:
∂ρ
∂p
s
= c−2
s
cs : Schallgeschwindigkeit
Ergo:
∆ρ ∼ ρ
v2
c2s
(3.12)
Inkompressibilität
⇔
∆ρ ≪ ρ
Also für stationäre Strömungen:
v ≪ cs
Für nicht-stationäre Strömungen:
τ , l: Zeiten und Längen der charakteristischen Änderungen
Nach Euler ist:
∂~v
∇ ~= p
∼
∂t
ρ
mit ∆ρ ∼
⇒
v
∆p
∼
τ
lρ
1
∆p
c2s
folgt
oder
∆ρ ∼
∆p ∼
ρvl
τ
lρv
τ c2s
(3.13)
Nun zur Kontigleichung:
mit
ρ
v
=ρ
τ
l
∆ρ
≪ 1 folgt
ρ
und
∆ρ
v
≪ρ
τ
l
und damit mit (3.13):
τ≫
l
cs
|{z}
Schallzeit
Für Inkompressibilität gilt also:
τ ≫ Schallzeit v ≪ Schallgeschwindigkeit
Aber: Bei einer Schallwelle (Beispiel für kompressible Hydrodynamik) ist
∆ρ klein, aber τl = cs .
45
Hängt das Geschwindigkeitsfeld eines bewegten Fluids nur von zwei Koordinaten (x,y) ab und erfolgt die Bewegung parallel zur x-y-Ebene, so nennt
man die Strömung zweidimensional oder eben.
Zur Behandlung von 2D-Strömungsproblemen inkompressibler Fluide ist die
Einführung der Stromfunktion nützlich:
Anhand der Kontigleichung
~ · ~v = ∂vx + ∂vy = 0
∇
∂x
∂y
erkennt man, dass die Geschwindigkeitskomponenten auch als Ableitungen
geschrieben werden können:
∂vx
∂vy
=−
∂x
∂y
vx =
∂ψ
∂y
vy = −
∂ψ
∂x
(3.14)
Dabei ist ψ(x, y) die Stromfunktion. Sie erfüllt automatisch die Kontigleichung.
Bilanzgleichung für die Stromfunktion
Einsetzen von (3.14) in (2.26) (Rotation der Eulergleichung; inkompressibel)
ergibt:
∂
∂ψ ∂
∂ψ ∂
∆ψ −
∆ψ +
∆ψ = 0
∂t
∂x ∂y
∂y ∂x
(3.15)
Kennt man die Stromfunktion, so kennt man auch die Stromlinien für eine
stationäre Strömung!
DGL für Stromlinien (ebene Strömung):
dy
dx
=
vx
vy
(3.16)
vy dx − vx dy = 0
(3.17)
Oder:
⇒ Tangente an eine Stromlinie stimmt in jedem Punkt mit der Richtung
der Geschwindigkeit überein!
Setzt man vx und vy aus (3.14) ein, so erhält man als totales Differential für
stationäre Strömung:
dψ = ∂x ψdx + ∂v ψdy = 0
(3.18)
46
KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN
⇒ ψ = const.
Die Stromlinien bilden eine Kurvenschar, die man erhält, wenn man die
Stromfunktion ψ(x, y) = const setzt.
An der Oberfläche eines umströmten Körpers muss vj = 0 gelten (Geschwindigkeit darf nicht in den Körper eindringen).
Die Körperberandung fällt mit der Stromlinie zusammen, die Stromfunktion
muss dort konstant sein.
Ein Problem sind dabei die Randschichten (Viskosität).
Leistungsfähige Methoden zur Berechnung von Potentialströmungen inkompressibler Fluide um Hindernisse liefert die Funktionentheorie.
Die Grundlage für diese Anwendung besteht im Folgenden:
Das Potential und die Stromfunktion hängen mit den Geschwindigkeitskomponenten folgendermaßen zusammen (Die Existenz der Stromfunktion hängt
nur mit der ebenen Strömung zusammen, es wird nicht gefordert, dass eine
Potentialströmung vorliegt):
vx =
∂Φ
∂ψ
=
∂x
∂y
vy =
∂Φ
∂ψ
=−
∂y
∂x
(3.19)
Vom mathematischen Standpunkt entspricht (3.19) den Cauchy-Riemannschen
DGLn. Diese Gleichungen sind die Bedingung dafür, dass der komplexe Ausdruck
w = Φ + iψ = f (z)
(3.20)
eine differentierbare Funktion des Argumentes z = x + iy ist.
Die Funktion w(z) muss dann in jedem Punkt eine bestimmte Ableitung
haben:
∂f ∂z
∂Φ
∂ψ
∂w
=
= f ′ (z) =
+i
= vx − ivy
(3.21)
dz w =
∂x
∂z ∂x
∂x
∂x
∂w
∂f ∂z
∂Φ
∂ψ
idz w =
=
= if ′ (z) =
+i
= vy + ivx
∂y
∂z ∂y
∂y
∂y
Durch Elimination von f ′ (z) =
df
dz
gelangen wir zur Gleichung:
∂Φ ∂ψ
∂ψ ∂Φ
−
+
+i
∂x
∂y
∂x
∂y
|
{z
Realteil
}
|
{z
=0
(3.22)
}
Imaginärteil
Das Verschwinden einer komplexen Zahl bedeutet:
Realteil = 0
⇒
Imagnärteil = 0
⇒
∂Φ
∂x
∂Φ
∂y
∂ψ
∂y
∂ψ
= −
∂x
=
(3.23)
(3.24)
47
Das sind die Cauchy-Riemannschen DGLn. Aus ihnen folgt sofort:
∂2Φ ∂2Φ
+
=0
∂x2
∂y 2
∂2ψ ∂2ψ
+
=0
∂x2
∂y 2
(3.25)
Laplace-Gleichungen
Explizit:
Zwei unterschiedliche Bedingungen:
~ × ~v = 0
∇
?
Φ
~ · ~v = 0
∇
S S
S
/
w
S
∆Φ = 0
?
ψ
∆ψ = 0
Außerdem kann man, indem man (3.23) mit ∂x ψ aus (3.24) multipliziert,
zeigen:
∂Φ ∂ψ ∂Φ ∂ψ
~
~
+
= (∇Φ)
· (∇ψ)
=0
∂x ∂x
∂y ∂y
(3.26)
(3.26) drückt aus, dass die 2-dimensionalen Kurvenscharen
Φ(x, y) = const
ψ(x, y) = const
(3.27)
orthogonal zueinander sind!
Die Funktion w = Φ + iψ heißt komplexes Geschwindigkeitspotential.
dw
dz heißt komplexe Geschwindigkeit.
In der Gaussschen Zahlenebene gilt:
dw
= veiϑ
dz
|dz w| =
q
ϑ=
ˆ 6 (~v , ~ex )
(∂x Φ)2 − (∂y ψ)2 =
q
vx2 + vy2
Kurzer Ausflug in die Funktionentheorie und zur Bedeutung
des Residuensatzes
Cauchyscher Integralsatz:
I
f (z)dz = 0
C
C: beliebiger geschlossener Weg
f (z) differenzierbar
(3.28)
48
KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN
Dabei ist das komplexe Kurvenintegral
ellen Kurvenintegralen aufgebaut:
H
f (z)dz allgemein aus zwei re-
f (z) = u(x, y) + iv(x, y)
I
=
I
f (z)dz =
I
(u(x, y) + iv(x, y))(dx + idy)
I
(u(x, y)dx − v(x, y)dy) + i
(v(x, y)dx + u(x, y)dy)
(3.29)
Cauchysche Integrationsformel (bedingt durch den Cauchyschen Integralsatz):
f (z0 ) =
f
(n)
(z0 ) =
1
2πi
n!
2πi
I
(3.30)
C
f (z)
dz
z − z0
I
f (z)
dz
(z − z0 )n+1
(3.31)
C
Ist f (z) analytisch (differenzierbar) in einem Gebiet zwischen zwei konzentrischen Kreisen um z0 , so ist f (z) in einer Laurent-Reihe entwickelbar:
f (z) =
∞
X
k=−∞
ak (z − z0 )k
Und zwar mit den Koeffizienten:
1
ak =
2πi
I
f (z)
(z − z0 )k+1
(3.32)
Falls f (z) eine Singularität in z0 hat, dann gilt:
a−1 =
=
1
2πi
I
f (z)dz = Res[f (z), z0 ]
C um z0
1
dm−1
lim
[(z − z0 )m f (z)]
(m − 1)! z→z0 dz m−1
(3.33)
Letzteres gilt, falls f (z) in z0 einen m-fachen Pol besitzt (an = 0, n < −m).
Es handelt sich hierbei
um eine nützliche Rechenvorschrift für die BerechH
nung des Integrals f (z).
Residuensatz
f (z) sei analytisch außer in singulären Punkten zr (r = 1, 2, . . .), dann gilt:
I
C
f (z)dz = 2πi
X
r
Res[f (z), zr ]
(3.34)
49
Damit lassen sich komplizierte komplexe Integrale einfach durch Berechnung
der Residuen an ihren singulären Stellen berechnen.
Beispiele:
c
i) f (z) = z−z
, Pol 1. Ordnung in z = z0
0
I
ii) f (z) =
1
2πi
I
c
c
= 2πiRes
, z0
z − z0
z − z0
eiz
,
z 2 +z02
eiz
z 2 + z02
3.33
= 2πi(z − z0 )
c
= 2πic
z − z0
Pol 1. Ordnung in z = ±iz0
"
#
"
eiz
eiz
= Res 2
,
iz
, −iz0
+
Res
0
z + z02
z 2 + z02
=
=
lim
z→iz0
lim
z→iz0
eiz
(z − iz0 ) 2
z + z02
!
+ lim
z→−iz0
#
eiz
(z + iz0 ) 2
z + z02
!
eiz
e−z0
ez0
eiz
+ lim
=
−
z + iz0 z→−iz0 z − iz0
2iz0
2iz0
Ebene Strömung um ein Hindernis
Sie ist invariant in einer Richtung (wähle kartesische z-Komponente).
Man legt den Koordinatenursprung in den Schwerpunkt des Hindernisses,
d.h. die Strömungsgeschwindigkeit ist im Unendlichen konstant.
lim v = const
x,y→∞
Die Terme z m , m > 0 kommen nicht vor.
Wenn dw
dz um z0 = 0 analytisch ist, so gilt:
∞
X
dw
an
=
dz
zn
n=0
(3.35)
∞
X
(3.36)
Integration von (3.35) liefert:
w(z) = a0 z + a1 ln z −
an
(n
−
1)z n−1
n=2
lim w(z) = lim a0 z
|z|→∞
dw
= vx − ivy
dz
|z|→∞
⇒
a0 = vx∞ − ivy∞
(3.37)
(3.38)
50
KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN
a0 ist die komplexe Geschwindigkeit im Unendlichen.
Auch der Koeffizient a1 hat eine physikalische Bedeutung.
Integration von dz w über den Rand einer zur x-y-Ebene parallelen Schnittfläche des umströmten Körpers:
I
dz wdz =
=
I
I
|
(vx − ivy )(dx + idy)
(vx dx + vy dy) +i
H {z
= ~v ·d~s=Γ
}
I
(vx dy − vy dx)
|
{z
=dψ=0
(3.39)
}
(3.18)
Der zweite Term ist auch ansonsten gleich Null, denn die Kontur des Hindernisses stellt eine Stromlinie dar.
Γ=
I
dz wdz
Residuensatz
=
2πia1
(3.40)
a1 entspricht hierbei a−1 in Gleichung (3.33).
Nun berechnen wir die Kraft, die von der strömenden Flüssigkeit (stationäre, inkompressible Potentialströmung) auf das Hindernis ausgeübt wird.
Keine äußere Kraft ⇒ Druckkraft
~ =−
K
I
pdf~
(3.41)
Mit Bernoulli gilt in großer Entfernung (p∞ , v∞ ):
ρ
ρ 2
= p + v2
ǫ∞ = p∞ + v∞
2
2
⇒
ρ
p = ǫ∞ − v 2
2
(3.42)
(3.43)
Also:
~ =−
K
I
ρ
(ǫ∞ − v 2 )(Ldy~ex − Ldx~ey )
2
L: Länge in z-Richtung
Erinnerung
(3.44)
51
Eine Fläche sei gegeben durch die Koordinaten u und v.
~e1 und ~e2 spannen die Tangentialebene auf.
Der Normalenvektor wird berechnet durch:
~e1 × ~e2
|~e1 × ~e2 |
|df~|: Flächeninhalt des von (u2 , v2 ), (u2 + ∆u, v2 ), (u2 , v2 + ∆v)
aufgespannten Parallelograms
Einschub zu (3.44)
I
df~ =
I
~ndf
~n = cos θ~ex + sin θ~ey
I
df~ =
I
(cos θ~ex + sin θ~ey )rdθ
x = r cos θ
y = r sin θ
dθ x = −r sin θ
⇒
dθ y = r cos θ
dx = −r sin θdθ
I
df~ =
I
dy = r cos θdθ
(dy~ex − dx~ey )
Kraftkomponenten:
I
I
ρ
1
Kx = −ǫ∞ dy +
(vx2 + vy2 )dy
L
2
I
I
1
ρ
Ky = ǫ∞ dx −
(vx2 + vy2 )dx
L
2
(3.45)
Die Kontur des Hindernisses ist eine geschlossene Kurve.
I
⇒
dx =
I
(3.45) ausgedrückt als komplexe Kraft Ẑ =
Ẑ = −
ρ
2
I
dy = 0
1
L (Ky
+ iKx ):
(vx2 + vy2 )(dx − idy)
(3.46)
52
KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN
Zu diesem Integral addieren wir Null in der Form:
0 = 2i
(vx dy − vy dx)
=0
Also:
Ẑ = −
ρ
2
I
|
{z
}
(vx − ivy )
längs der Kontur
(vx2 − 2ivx vy − vy2 )(dx + idy) = −
ρ
2
I
(dz w)2 dz
(3.47)
dz w = vx − ivy
Mit der Reihenentwicklung (3.35) ergibt sich aus (3.47):
ρ
Ẑ = −
2
I (
a20
)
2a1 a0 2a0 a2 + a21
+
+ . . . dz
+
z
z2
(3.48)
dz w analytisch in Umgebung um z = 0
Nun verwenden wir wieder den Residuensatz:
Das Integral über eine geschlossene Kurve um den Ursprung ist gleich 2πi
mal Koeffizient bei z1 der Reihenentwicklung (= Residuum), also:
ρ
3.40
3.38
Ẑ = − 2πi2a1 a0 = −ρa0 Γ = −ρΓ(vx∞ − ivy∞ )
2
Kx = ρΓvy∞ L
Ky = −ρΓvx∞ L
(3.49)
(3.50)
Kutta-Joukowski-Auftriebsformel
→ Übergang zum Komplexen:
Kein explizites Lösen des Kraftintegrals, keine konkrete Form der Strömung
vorgegeben → allgemeine Aussage in Γ und den asymptotischen Geschwindigkeiten.
(3.50) drückt das d’Alembertsche Paradoxon aus.
Betrachtet man eine 1-dimensionale Flussströmung in ~ex , dann ist vy∞ = 0,
also Kx = 0.
Demnach sollte z.B. auf einen Brückenpfeiler nur eine Kraft senkrecht der
Flussrichtung auftreten. Das widerspricht jedoch der Erfahrung!
Lösung:
An der Oberfläche des Hindernisses ist Reibung von Bedeutung. Daraus resultiert eine Wirbelbildung hinter dem Hindernis und somit eine Kraft (ein
Druckgradient) parallel der Flussrichtung. Die Idealisierung führt hier also
zu einem unphysikalischen Ergebnis.
53
Ebenso führt die Viskosität bei einem rotierenden Zylinder oder einer rotierenden Kugel dazu, dass das Fluid an der Oberfläche mitgeführt wird. Dadurch entsteht eine endliche Zirkulation und nach (3.50) eine Kraft senkrecht
zur Stromrichtung. → Magnuseffekt, z.B. bei angeschnittenen Tischtennisoder Fußbällen.
Ebene Strömung um einen Kreiszylinder
Es besteht Invarianz entlang der Zylinderachse, also parallel zu ~ez .
~v∞ = v∞~ex
Γ=0
Γ = 3πv0 R
Γ = 8πv0 R
Γ = 5πv0 R
Flow Around Circle.mws zur Strömung um einen Kreiszylinder. Es sind beliebige Werte
der Zirkulation möglich; für Γ < 4πv0 R liegen die Staupunkte auf dem Zylinder, für
Γ > 4πv0 R wandern sie auf die imaginäre Achse.
54
KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN
Der Kreis r = R stellt eine Stromlinie dar, hierbei verschwindet die
Normalkomponente von ~v relativ zur Oberfläche, es gibt also keinen Strom
durch die Oberfläche.
Für r ≫ R erhalten wir eine ungestörte Translationsströmung.
(3.36) :
w(z) = a0 z + a1 ln z −
(3.38) :
a0 = v∞
z = reiϕ
∞
X
cn + ibn
(n − 1)z n−1
n=2
(3.40) :
a1 =
Γ
2πi
ln z = ln(reiϕ ) = ln r + iϕ
Randbedingung:
!
!
f (ϕ) 6= ψ|r=R = const = Im(w(z))|r=R =
∞
∞
X
Γ
bn cos((n − 1)ϕ)
cn sin((n − 1)ϕ) X
(3.51)
v∞ R sin ϕ −
−
ln R +
n−1
2π
(n
−
1)R
(n − 1)Rn−1
n=2
n=2
|
{z
nur Imaginärteil der Summe von oben
f (ϕ) 6= ψ|r=R
⇒
bn = 0
cn = 0
}
n≥2
n≥3
c2 = −v∞ R2
⇒
Γ
R2
w(z) =
ln z + v∞ z +
2πi
z
ln(ab) = ln a + ln b
Re(ln(reiϕ )) = Re(ln r + iϕ) = ln r
!
(3.52)
Im(ln(reiϕ )) = ϕ
Daraus folgt alles andere:
Stromfunktion:
R2
Γ
ψ = Im(w(z)) = − ln r + v∞ r sin ϕ 1 − 2
2π
r
Γ
R2
= − ln(x2 + y 2 ) + v∞ y 1 − 2
4π
x + y2
ln
√
x=
1
ln x
2
x = r cos ϕ
!
!
(3.53)
y = r sin ϕ
Geschwindigkeitspotential:
R2
Γ
ϕ + v∞ r cos ϕ 1 + 2
Φ = Re(w(z)) =
2π
r
=
y
R2
Γ
arctan + v∞ x 1 + 2
2π
x
x + y2
!
!
(3.54)
55
(a1 , b1 )
=
(a2 , b2 )
a1 a2 + b 1 b 2 a2 b 1 − a1 b 2
,
a22 + b22
a22 + b22
(a1 , b1 )(a2 , b2 ) = (a1 a2 − b1 b2 , a1 b2 + a2 b1 )
Komplexe Geschwindigkeit einer ebenen Potentialströmung um einen Kreiszylinder:
Γ
R2
dz w = vx + ivy =
+ v∞ 1 − 2
2πiz
z
!
(3.55)
(vergleiche z-Ableitung von (3.52))
Die Nullstellen von dz w geben die Lage der Staupunkte an, d.h. vx = 0 und
vy = 0, also (3.55)= 0:
z1,2
Γ
±
=−
4πiv∞
|a| =
s
p
R2 −
Γ2
2
16π 2 v∞
(3.56)
α2 + β 2
Für reelle Wurzeln gilt |z1,2 | = R, die Staupunkte liegen also auf der Zylinderoberfläche.
Der Imaginärteil von z1 und z2 ist gleich.
z1,2 = Reiϕ1,2
Mit (3.56) folgt:
Γ
sin ϕ1 = sin ϕ2 =
4πv∞ R
cos ϕ1 = − cos ϕ2 =
s
1−
Γ
4πRv∞
2
(3.57)
Falls Γ = 0 folgt y = r sin ϕ = 0
Die Staupunkte liegen also auf der x-Achse, wir erhalten eine symmetrische
Strömung um das Hindernis.
Das Verständnis des Problems der Zylinderumströmung erlangt besondere Bedeutung durch die Anwendbarkeit konformer Abbildungen. Hierdurch
kann die Berechnung der Umströmung komplizierterer Profile auf die Zylinderumströmung zurückgeführt werden.
Konforme Abbildungen
Seien z = x + iy und ζ = η + iξ komplexe Variablen. Die stetige Abbildung
ζ = f (z) bildet Gebiete der z- und ζ-Ebene aufeinander ab, beispielsweise
ein Gitter Φ = const, ψ = const.
Ist f (z) differentierbar, so ist die Abbildung konform, d.h. winkel- und maßstabserhaltend.
Die Mercator-Projektion ist beispielsweise eine konforme Abbildung von
56
KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN
Erdoberflächensegmenten auf eine 2-dimensionale flache Oberfläche. Durch
entsprechende Wahl einer Abbildung ζ = f (z) kann ein kompliziertes Strömungsprofil auf ein einfaches/bekanntes zurückgeführt, also abgebildet, werden.
Beispiel: Frage nach Eckströmung
φ(x, y)
ψ(x, y)
φ(η, ξ)
ψ(η, ξ)
eckstroemung.mws: Visualisierung einer Eckströmung durch konforme Abbildung der
reellen Achse auf einen beliebigen Winkelausschnitt. Durch z α wird die positive reelle
Achse auf sich selbst abgebildet, die negative reele Achse ergibt sich aus einer Geraden
mit Winkel γ = 180/α zur positiven reellen Achse. Hier: α=1,3 und 5.
Konforme Abbildung:
Gitter, das an den ψ = const-, φ = const-Linien gebildet wird, wird winkelerhaltend abgebildet.
Komplexes Geschwindigkeitspotential für eine ebene Translationsströmung:
w = U0 ζ = U0 η + iU0 ξ = φ(η, ξ) + iψ(η, ξ)
∂η w = ∂η φ + i∂η ψ = U0 = vη
konforme Abbildung: ζ = z α
⇒
(vgl. 3.21)
(ϕ → αϕ − π)
w̃(z) = w(ζ(z)) = U0 z α = φ(x, y) + iψ(x, y)
dz w̃ = dζ wdz ζ = αU0 z α−1
→ vx , vy
57
Das Problem reduziert sich also auf die Frage nach der richtigen konformen
Abbildung.
Ma verwendet iterative (numerische) Verfahren, um sukzessive (durch Anwendung mehrerer, möglichst einfacher konformer Abbildungen) komplizierte Strömungsprofile zu konstruieren bzw. berechnen.
Eine Vielzahl von ebenen Strömungen um beliebige Profile kann auf Probleme der Umströmung eines Kreiszylinders zurückgeführt werden
Es stellt sich jetzt natürlich die Frage nach der konformen Abbildung von
Strömungen um beliebige Profile auf eine Strömung um einen Kreiszylinder.
Sei w(ζ) das zur Strömung um einen Kreiszylinder gehörige komplexe Potential.
ζ(z) vermittelt als konforme Abbildung das gesuchte Potential.
w̃(z) = w(ζ(z))
(3.58)
Der Mittelpunkt des Kreises ζ = Reiϕ kann mit
ζ = µ − µ0
oder µ = µ0 + ζ
(3.59)
an jeden beliebigen Punkt µ0 gelegt werden (Kreis in µ-Ebene durch Abbildung ζ(µ))
Übergang zu beliebigen Profilen:
z=
1
+µ
µ
(3.60)
Der Kreis geht in mannigfaltige Kurven über.
Was macht (3.60) aus dem Einheitskreis?
µ = eiϕ
⇒
µ0 = 0
z = e−iϕ + eiϕ = 2 cos ϕ
Strecke −2 ≤ z ≤ 2
Andere Kreise, R 6= 1, liefern Ellipsen:
(3.61)
58
KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN
Der Kreis
q
µ = iµ0 + eiϕ 1 + µ20
(3.62)
hat seinen Mittelpunkt auf der imaginären Achse bei µ = iµ0 .
1
⇒ z = i µ0 −
µ0
√
Z.B µ0 = 31 (1 − i), R = 13 17.
1
+ µ0 +
eiϕ
µ0
Siehe auch: konform.mws zur Visualiserung konformer Abbildungen.
Flow Around Any Object.mws zur Strömung um einen Zylinder beliebigen
Querschnitts. Der Querschnitt muss zunächst durch u(z) (Umkehrfunktion von
z = 1/(u + u0 ) + u + u0 ) auf einen Kreis abgebildet werden. Hier: Γ = −5.
Quintessenz
Die konforme Abbildung ζ(z) mit
z=
1
+ µ0 + ζ
µ0 + ζ
überführt verschiedene Profile in der z-Ebene
- auf Kreise in der µ-Ebene
- auf Kreis mit Mittelpunkt im Ursprung in der ζ-Ebene.
Also (3.58):
w̃(z) = w(ζ(z))
(3.63)
59
Das gesuchte w̃(z) ist nun einfach berechenbar.
Kreiszylinder (3.52):
R2
Γ
ln ζ + v∞ ζ +
w(ζ) =
2πi
ζ
!
Hier wird nun (3.60) eingesetzt
w̃(z) = w(ζ(z))
und
dw̃
dz
berechnet usw...
Hydro
-Statik
ungestörte Geschwindigkeit ~v = 0 = ~v
gestörte Geschwindigkeit
⇒ stationäre, statische Lösungen
-Kinematik
-Dynamik
∂
= 0 statioäre Strömungen, aber
∂t
~v =
6 0 z.B. stationäre ebene Potentialströmungen
∂t 6= 0
~v = 0 ~v ′ 6= 0
Wellen
Instabilitäten
⇓
Oberflächenwellen
Wellen in der Flüssigkeit
~v 6= 0 ~v ′ = 0
stationäre Strömungen
~v 6= 0 ~v ′ 6= 0
Wellen
Instabilitäten
60
KAPITEL 3. DIE POTENTIALSTRÖMUNGEN
Kapitel 4
Wellen
4.1
Schwerewellen
Hierbei handelt es sich um Wellenausbreitung auf der Oberfläche einer Flüssigkeit unter dem Einfluss der Schwerkraft.
Wir nehmen kleine Geschwindigkeiten an, so dass in der Euler-Gleichung
~ v vernachlässigt werden kann.
der Term (~v · ∇)~
Inkompressibilität bedeutet ρ = const.
~ p + gz
∂t~v = −∇
ρ
(4.1)
~
bedeutet, dass es sich um eine Potentialströmung handelt (∇×(4.1)=
0).
Der Druck auf der Oberfläche sei konstant p = p0 .
p = p0 = −ρgz −
∂Φ
ρ
∂t
(4.2)
~
Oder mit einem verallgemeinerten Geschwindigkeitspotential (~v = ∇Φ):
p0
Φ̃ = Φ + t
(4.3)
ρ
~ Φ̃.)
(Kein Einfluss auf ~v = ∇
!
∂ Φ̃
gz +
=0
∂t Oberfläche
(4.4)
Sei ζ die vertikale Verschiebung der Flüssigkeitsoberfläche bei den Schwingungen (im Gleichgewicht: ζ = 0).
ζ(x, y, t)
Allgemein gilt:
∂ Φ̃ =0
Gζ +
∂t z=ζ
61
(4.5)
62
KAPITEL 4. WELLEN
Es ist aber:
∂ Φ̃ ∂ζ
=
vz =
∂t
∂z z=ζ
⇒
∂ζ
1 ∂ 2 Φ̃ =−
∂t
g ∂t2 z=ζ
∂ Φ̃ 1 ∂ 2 Φ̃
+
∂z
g ∂t2
bzw.
(4.6)
!
=0
(4.7)
z=ζ
Randbedingung an der freien Flüssigkeitsoberfläche unter Vernachlässigung
der Oberflächenspannung.
Kleine Schwingungen: ζ ≪ 1 ((4.7) auch an z = 0 gültig)
Das Problem wird vollständig bestimmt durch
∆Φ̃ = 0
inkompressible Potentialströmung
Erste Randbedingung:
∂ Φ̃ 1 ∂ 2 Φ̃
+
∂z
g ∂t2
!
=0
(4.8)
z=0
Wir nehmen an, dass im tiefen Wasser keine Abhängigkeit von den Randbedingungen am Boden besteht.
Wir betrachten eine Schwerewelle die sich in x-Richtung ausbreitet und in
y-Richtung homogen ist (∂y = 0). Wir suchen nach räumlich/zeitlich periodischen Lösungen.
Φ̃ = f (z) cos(kx − ωt)
k=
2π
:
λ
(4.9)
Wellenzahl, ω: Wellenfrequenz
Laplace-Gleichung:
d2 f
− k2 f = 0
dz 2
(4.10)
Tiefwasserlösung
Es herrschen keine Randbedingungen für Grund z = −h.
Die Lösungen mögen mit zunehmender Wassertiefe abnehmen:
f (z) = Aekz
|kh| = 2π
h
→ ∞ für
λ
h≫λ
(4.11)
(Tiefwasser)
4.1. SCHWEREWELLEN
63
(f (z) ∼ e−kz impliziert eine unendliche Amplitude am Grund.)
Φ̃ = Aekz cos(kx − ωt)
⇒
(4.12)
Jetzt bleibt noch die Randbedingung aus (4.8) zu erfüllen.
k−
ω2
=0
g
(4.13)
ω(k): Dispersionsrelation
Für die Geschwindigkeitskomponenten ergibt sich aus (4.12):
vx = −Akekz sin(kx − ωt)
vz = Akekz cos(kx − ωt)
(4.14)
lim vz = 0
z→−h
vP hase =
vG =
dω
1
=
dk
2
ω
k
r
g
k
Phasengeschwindigkeit der Welle
Gruppengeschwindigkeit der Welle
(4.15)
≡ Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle
Einschub: Phasen- und Gruppengeschwindigkeit
Bemerkung:
Bei Wellen mit linearer Dispersionsrelation (Schall, elektromagnetische Welle) ist vP hase = vG = const. Hier ist dies nicht der Fall und man muss unterscheiden.
Wellenpakete und deren Ausbreitung
Amplitude im k-Raum um k0 herum lokalisiert
⇒ A(k − k0 )
64
KAPITEL 4. WELLEN
Z∞
a(x, t) =
−∞
dkA(k − k0 )ei(kx−ωt)
1.) Lineare Phasenbeziehung: ω = c · k
Z∞
a(x, t) =
dkA(k − k0 )eik(x−ct)
−∞
Substituiere: k − k0 = k ′
Z∞
=
′
dk ′ A(k ′ )eik (x−ct) eik0 (x−ct)
−∞
Z∞
ik0 (x−ct)
=
dk → dk ′
e|
{z
}
′
dk ′ A(k ′ )eik (x−ct)
−∞
Phasenfaktor
ei(k0 x−ω0 t)
{z
|
}
Fouriertransformierte von A(k′ )
Ã(x − ct) läuft mit c
2.) Allgemeine Phasenbeziehung ω = ω(k) i.A. nicht linear
Lokalisiert um k0 herum: Taylorentwicklung
dω (k − k0 ) + . . .
ω(k) = ω0 +
dk k0
a(x, t) =
Z∞
−∞
i(kx−ω0 t− dω
(k−k0 )t)
dk |k
dkA(k − k0 )e
0
wieder k − k0 → k ′ und dk → dk ′
=
Z∞
i(k′ x+k0 x−ω0 t−
dk ′ A(k ′ )e
−∞
=
i(k0 x−ω0 t)
|e
{z
}
Z∞
immernoch Phasenfaktor −∞
|
läuft mit ωk00 = vP hase
dω
k′ t)
dk k0
|
ik′ (x− dω
t)
dk |k
dk ′ A(k ′ )e
{z
0
Fouriertransformiert
t)
Ã(x − dω
dk k
läuft mit
Seichtwasserlösung
Wir betrachten eine endliche Tiefe z = −h.
Nun ist in 4.11 f (z) ∼ e−kz nicht mehr unphysikalisch.
Φ̃ = (Aekz + Be−kz ) cos(kx − ωt)
0
dω
dk k0
}
= vG
(4.16)
4.1. SCHWEREWELLEN
65
Auf dem Grund z = −h muss gelten (zweite Randbedingung):
∂ Φ̃ =0
∂z z=−h
(4.17)
Ae−kh − Bekh = 0
(4.18)
Man führt nun eine neue Konstante ein:
1
C = Ae−kh = Bekh
2
(4.19)
Aus (4.16) folgt dann:
C k(z+h)
(e
+ e−k(z+h) ) cos(kx − ωt)
2
= C cosh(k(z + h)) cos(kx − ωt)
Φ̃ =
(4.20)
Nun benutzt man die Randbedingung (4.8):
∂ Φ̃ 1 ∂ 2 Φ̃
+
∂z
g ∂t2
!
=0
z=0
gk sinh(k(0 + h)) cos(kx − ωt) − ω 2 cosh(k(0 + h)) cos(kx − ωt) = 0 (4.21)
Dispersionsrelation für Oberflächen-Schwerewellen im Seichtwasser:
ω 2 = gk tanh(k(0 + h))
1
dω
=
vG =
dk
2
s
"
kh
g
tanh(kh) +
k tanh(kh)
cosh2 (kh)
(4.22)
#
(4.23)
Die Wellenlänge ist groß gegenüber der Tiefe h:
|kh| ≪ 1
ω2
= gh
k2
⇒
tanh(kh) ≈ kh
vP hase =
ω p
= gh
k
(4.24)
Beispiel 1
Wenn man einen Stein ins Wasser wirft, entstehen viele Wellen, nicht nur
eine. Das liegt an der nichtlinearen Dispersion.
Beispiel 2
Wellen brechen erst am Strand, da erst dort h die Größenordnung von λ
66
KAPITEL 4. WELLEN
erreicht.
Beispiel 3
Schiffe im Wasser generieren Wellen, die im Fall der√Bugwelle mit der Geschwindigkeit des Schiffes laufen müssen. Für v ≪ gL können sich viele
Wellenlängen unter dem Schiff befinden. Wenn v steigt, muß
√ auch λ steigen,
damit die Welle mit dem Schiff mitlaufen kann, für v ≈ gL paßt gerade
noch eine Welle unter das Schiff ⇒ Maximale Geschwindigkeit für ein Schiff
das nach √
diesem Prinzip fährt (Seglerjargon: “Länge läuft”).
Für v ≫ gL (Erinnerung: Das bedeutet Froude ≫ 1) “gleitet das Schiff”,
d.h. es schwebt auf seiner eigenen Bugwelle, ähnlich einem Überschallflugzeug (bei Motorbooten kann man auch sehen wie das Boot seine eigene
Bugwelle “hochfährt”)
Motorboot bei “Überschall” (v ≫
√
gL)
4.1. SCHWEREWELLEN
67
Motorboot mit v ≪
√
gL
Quelle (und weitere Bilder): FLOW PAST MOUNTAINS (23. März 06)
Schwerewellen innerhalb inkompressibler Fluide
Im Schwerefeld ist die Dichte inhomogen. Wir betrachten Wellenströmung
~ · ~v = 0
deren Wellenlänge kleiner ist als die Inhomogenitätslänge (→ ∇
erfüllt), d.h. Dichteänderungen durch Druckänderungen werden vernachlässigt,
aber infolge Entropieänderungen erlaubt.
Anders gesagt: ∂ρ/∂t kann nicht aus der Kontinuitätsgleichung berechnet
werden, aber es gibt dennoch eine Dichteströmung!
~ 0=0
∂t s1 + ~v1 · ∇s
(4.25)
ρ1 = ∂s0 ρ0 |p s1
(4.26)
∂t~v1 = −
~ 1 ~g
∇p
+ ∂s0 ρ0 |p s1
ρ0
ρ0
| {z }
p
~ 1
≈∇
ρ
0
Es gilt:
~
~v1 = v̂1 ei(k·~r−ωt)
Und ebenso für s1 , p1 .
Kontigleichung:
~ · ~v1 = 0
∇
(4.27)
68
KAPITEL 4. WELLEN
Denn:
~ 0 = ∂t s1 + ~v1 · ∇s
~ 0=0
∂t ρ1 + ~v1 · ∇ρ
⇒ ~v1 · ~k = 0
Transversalwellen
Also:
~ 0
iωs1 = ~v1 · ∇s
(4.28)
~k
1
∂s0 ρ0 |p s1~g − i p1
=
ρ0
ρ0
~
= ∂s0 ρ0 |p s1 (~g · k)
−iω~v1
ik 2 p1
⇒
s1 = i
Aus (4.29) folgt:
~v1 = i
| · ~k
(4.29)
(4.30)
k 2 p1
∂s0 ρ0 |p (~g · ~k)
~k
∂s0 ρ0 |p s1~g
+
p1
ωρ0
ωρ0
Und damit aus (4.28):
!
~k
∂s ρ0 |p s1~g
~ 0
+
p1 · ∇s
iωs1 = i 0
ωρ0
ωρ0
(4.31)
s1 von oben eingesetzt:
−ωk 2 p1
∂s0 ρ0 |p (~g · ~k)
=
~kp1
k 2 p1 ∂s0 ρ0 |p~g
−
+
ωρ0 ∂s0 ρ0 |p (~g · ~k) ωρ0
!
~ 0
· ∇s
(4.32)
~
~ 0
k 2 ∂s0 ρ0 |p~g · ∇s
~ 0 ∂s0 ρ0 |p (~g · k) (4.33)
+ ~k · ∇s
ρ0
ρ0
2
∂s0 ρ0 |p gdz s0 ∂s0 ρ0 |p gdz s0 cos θ
−
(4.34)
ρ0
ρ0
−ω 2 k 2 = −
−ω 2 =
Damit also:
ω 2 = ω02 sin2 θ
∂s 0 ρ = −
Mit
ω02 = −
(4.35)
1
1 T
∂s v0 = − 2 ∂T0 v0 |p
v02 0
v0 cp
∂s0 ρ|p g
dz s0
ρ0
|
>0
{z
<0
}
für dz s0 > 0
θ = 6 (~k, ~ez )
Erinnerung: dz s > 0 war die Bedingung für das Fehlen von Konvektion (vgl.
(2.38)). Sie kann auch als “Stabiler Ast der Konvektion” bezeichnet werden
und findet ihre Anwendung z.B. bei Meeresströmungen.
4.2. SCHALLWELLEN
4.2
69
Schallwellen
Schallwellen sind Schwingungsbewegungen kleiner Amplitude in einer kompressiblen Flüssigkeit.
Zur Erinnerung: Fluide sind in guter Näherung als inkompressibel anzusehen für Geschwindigkeiten v ≪ cs (aber ∆ρ
ρ trotzdem klein).
Schallwellen breiten sich mit cs aus.
In Schallwellen wird die Flüssigkeit an jedem Ort abwechselnd verdichtet/komprimiert und verdünnt.
Die Beschreibung erfolgt mit Hilfe linearisierter Kontinuitäts- und Eulergleichung (da jetzt kompressibel).
∂ρ ~
+ ∇ · (ρ~v ) = 0
∂t
∂~v
~
~ v = − 1 ∇p
+ (~v · ∇)~
∂t
ρ
ρ = ρ0 + ρ1
(4.36)
(4.37)
; p = p0 + p1
ρ0 , p0 seien konstante Dichte und Druck im Gleichgewicht, ~v0 = 0.
ρ1 , p1 seien die Änderungen von Dichte und Druck in der Schallwelle mit
ρ1 ≪ ρ0 , p1 ≪ p0 .
Die Störgrößen in 2-ter Ordnung werden vernachlässigt.
Linearisierte Konti- und Eulergleichung:
∂ρ1
~ · ~v1 = 0
+ ρ0 ∇
∂t
∂~v1
1 ~
+ ∇p
1 = 0
∂t
ρ0
(4.38)
(4.39)
Eine Schallwelle in einer idealen Flüssigkeit stellt einen adiabatischen Vorgang dar.
Die Änderung von p(ρ, s) erfolgt nur gemäß ρ im adiabatischen Fall.
∂p p=
ρ
∂ρ s
|∂t
∂p1
∂p0 ~
+ ρ0
∇ · ~v1 = 0
∂t
∂ρ0 s
| {z }
(4.40)
=c2s
~v1 ist wirbelfrei (siehe (4.39)).
Außerdem: Wenn Schall aus der Ruhe entstünde, wäre er mit Wirbeln verbunden (Helmholtzsche Wirbelsätze).
~ 1
~v1 = ∇Φ
70
KAPITEL 4. WELLEN
Aus (4.39) folgt:
p1 = −ρ0
∂Φ1
∂t
(4.41)
Eingesetzt in (4.40):
∂ 2 Φ1
− c2s △φ1 = 0 mit cs =
∂t2
s
∂p0 ∂ρ0 s
(4.42)
Mit ∂t (4.40), (4.39) ist dies ebenso erfüllt, also ist p1 Wellengleichung, und
damit auch ρ1 (p1 = c2s ρ1 ).
Liegt nur eine Abhängigkeit von einer Koordinate vor, so handelt es sich
um ebene Wellen.
1
∂x2 Φ1 − 2 ∂t2 Φ1 = 0
(4.43)
cs
Variablentransformation:
ξ = x − cs t
η = x + cs t
(4.44)
2
⇒ ∂ξη
Φ1 = 0 (4.43)
(4.45)
∂η Φ1 = F1 (η)
(4.46)
Integration über ξ:
Integration über η liefert die allgemeine Lösung im 1-dim. Fall:
Φ1 = f1 (η) + f2 (ξ) = f1 (x + cs t) + f2 (x − cs t)
(4.47)
Selbiges kann man für ρ und p durchführen.
Die Form von f ist hier noch nicht spezifiziert.
Sei f1 = 0.
Hat z.B. die Dichte zur Zeit t = 0 am Ort x den Wert f2 (x), so hat sie nach
der Zeit t am Ort x′ = x + cs t den selben Wert.
⇒ f1 bzw. f2 beschreibt die fortschreitende ebene Welle in negativer bzw.
positiver x-Richtung.
Nebenrechnung zu (4.45):
∂Φ
∂ξ
=
=
∂η
∂Φ
1 ∂Φ
−
∂x
cs ∂t
=
=
∂Φ ∂x
1 ∂Φ cs ∂t
+
∂x ∂ξ
cs ∂t ∂ξ
1 ∂Φ
∂Φ
−
∂x
cs ∂t
∂
∂Φ
∂x
−
1 ∂Φ
cs ∂t
∂x
1 ∂2Φ
−
∂x2
c2s ∂t2
∂2Φ
∂x ∂
+
∂η
∂Φ
∂x
−
1 ∂Φ
cs ∂t
cs ∂t
cs ∂t
∂η
4.2. SCHALLWELLEN
71
Jede beliebige Welle lässt sich als Summe ebener, monochromatischer (alle
Größen sind einfache periodische Funktionen der Zeit) Wellen mit verschiedenen Wellenvektoren und Frequenzen darstellen (Fourier- / Spektraldarstellung).
Monochromatische Welle:
~
Φ = Re{Aei(k·~r−ωt) }
(4.48)
~k = ω ~n = 2π ~n: Wellenzahlvektor
cs
λ
~n: Einheitsvektor in Ausbreitungsrichtung
A = aeiα : komplexe Amplitude (durch geeignete Wahl der Anfangsbedingungen immer reell schreibbar)
α: Phase
ebene Welle ∼ cos(kx − ωt + |{z}
α )
evtl.
(Vergleiche Oberflächen-Schwerewellen)
Bewegte Schallquellen
Im ruhenden Medium ist ω = cs · k.
Wenn sich das Medium mit v bewegt, kann man 2 Fälle unterscheiden:
a) Medium und Schallquelle bewegen sich, z.B. ein Punktstrahler (Kugelwellen)
⇒ konzentrische Kreise, äquivalent zum ruhenden System und relativ
zum Medium bewegtem Beobachter
⇒ k bleibt erhalten, aber c → c + v
⇒
ω =c·k
ωBeobachter = (c + v)k = ω0 1 +
v
c
Genauer: Man muss den Winkel zwischen ~v und ~k berücksichtigen:
⇒
ωBeobachter = ω0
~k · ~v
1+
c
!
= ω0 1 +
v
cos θ
c
72
KAPITEL 4. WELLEN
Mach0.0.mpg
b) Schallquelle bewegt sich relativ zum Medium, Beobachter ruht im Medium
⇒ verschobene Kreise!
Die Wellenlänge wird längs der Bewegungsrichtung reduziert:
λBeobachter = λ0 − v · T0
2π
T0 =
ω0
Für den Beobachter (im Medium) breitet sich die Welle mit c aus:
ω=
2πc
2πc
2πc
1
1
=
=
= ω0
0
λBeobachter
λ0 − vT0
λ0 1 − vT
1
−
λ0
v
c
Mach0.3.mpg
Nebenbemerkung:
Diese beiden Fälle sind offensichtlich nicht äquivalent (ausser im Limit
1
0, wenn 1−v/c
≈ 1 + vc )
v
c
→
4.2. SCHALLWELLEN
73
Unterschied zur elektromagnetischen Welle (Licht):
Es gibt ein Medium, also einen “Äther”, welches ein Bezugssystem auszeichnet (nämlich das mit v bewegte)!
Daher auch verschiedene Grenzfälle für vc → 1:
Beobachter bewegt sich relativ zum Medium: ω = 2ω0
Quelle bewegt sich relativ zum Medium: ω → ∞
Was passiert hier?
⇒ Alle Wellen addieren sich in Phase am Bug auf
⇒ “Überschallknall”
Für v > c : Schall läuft nicht mehr vor Quelle her
Mach1.3.mpg
sin α =
c
v
⇒
sin α =
1
Ma
v
c
⇒ “Mach’scher Kegel”, nur Beobachter innerhalb des Kegels hören etwas!
mit Machzahl M a =
Fuer M a > 1 trifft eine Strömung daher “blind” auf ein Hindernis, sie kann
sich nicht an die durch ein Strom aufwärts befindliches Hindernis erzwungene Randbedingung anpassen (für M a < 1 baut sich vor dem Hindernis der
Staudruck auf; durch ihn erhält die Strömung Kenntnis von einem Strom
aufwärts befindlichen Hindernis). Dies führt zur Ausbildung sogenannter
Stoßwellen beim Auftreffen einer Ueberschallströmung auf ein Hindernis
(siehe Kap. 5).
Für M a > 1 qualitativ neue Physik ⇒ siehe Kapitel 5
74
KAPITEL 4. WELLEN
Bemerkung:
Für M a ≥ 1 ist Inkompressibilität keine gute Annahme und die thermodynamische Zustandsgleichung muss mitgenommen werden (diese hatten wir
~ · ~v = 0 ersetzt).
durch ∇
⇒ Dieses Gebiet heisst auch “Gasdynamik”
Die Energie einer Schallwelle
Energiedichte pro Volumeneinheit des Fluids:
E = ρǫ + ρ
ρ = ρ0 + ρ1
v2
2
ǫ = ǫ0 + ǫ1
v = v1
Die mit 1 indizierten Werte stellen die Abweichung von den Werten im
ruhenden Fluid dar.
Entwicklung bis zur 2. Ordnung in den Störgrößen um ρ0 :
E = ρ0 ǫ0 + ρ1 ∂ρ |ρ=ρ0 (ρǫ) +
ρ21 2
ρ2
∂ρ |ρ=ρ0 (ρǫ) + 0 v12
2
2
(4.49)
Die Vorgänge in Schallwellen laufen adiabatisch ab.
dǫ = T |{z}
ds +
=0
p
dρ
ρ2
(2.55)
Daher entwickelt man in (4.49) nur um ρ0 (ǫ ändert sich wie ρ).
Die Ableitungen in (4.49) sind also bei konstanter Entropie zu bilden.
∂ρ |ρ=ρ0 (ρǫ)|s = ǫ0 +
p0
= w0
ρ0
spezifische Enthalpie
dǫ = T ds − pdV
(4.50)
dw = T ds + V dp
∂ρ2 (ρǫ)|s = ∂ρ w|s = ∂p w|s ∂ρ p|s
(4.51)
| {z }
→c2s
Mit (4.50) folgt:
∂ρ2 (ρǫ)|s =
c2s
ρ
(4.52)
Energie des Fluids pro Volumeneinheit:
E = ρ0 ǫ0 + ρ1 w0 +
ρ0
ρ21 c2s
+ v12
2ρ0
2
(4.53)
4.2. SCHALLWELLEN
75
R
Da die Gesamtmenge des Fluids unverändert bleibt ( ρ1 dV = 0) ergibt sich
für die gesamte Energieänderung des Fluids durch die Schallwelle:
E=
Z
ρ21 c2s
ρ0
+ v12
2ρ0
2
!
{z
}
|
dV
(4.54)
Dichte der Schallenergie
Nun betrachten wir den Fall einer ebenen, in positiver x-Richtung fortschreitenden Welle:
v1 = ∂x Φ1 = f ′ (x − cs t)
(4.55)
Der Strich steht hier für die Ableitung nach dem Argument in Klammern.
Euler-Gleichung 1-dim. räumlich integriert:
p1 = −ρ0 ∂t Φ1 = ρ0 cs f ′ (x − cs t)
Also:
v1 =
⇒
ρ21 =
p1
ρ 0 cs
(4.56)
mit p1 = c2s ρ1
v12 ρ20 c2s
p21
=
c4s
c4s
⇒
ρ1 =
v1 ρ 0
cs
Damit folgt aus (4.54):
E=
Z
ρ0 v12 dV
(4.57)
76
KAPITEL 4. WELLEN
Kapitel 5
Kompressible Strömungen
Stationäre Strömungen mit beliebiger Machzahl
⇒ isentrop, d.h. w kann anstelle von p/ρ benutzt werden
⇒ stationär, d.h. Bernoulli gilt nach wie vor!
v2
+ w = const. auf einer Stromlinie
2
Erinnerung:
Wenn auf der Stromlinie irgendwo v = 0 ist, dann ist dort w = w0 und es
gilt:
w0 =
v2
+w
2
⇒ maximale Geschwindigkeit auf einer Stromlinie vmax =
d.h. T = 0 (Ausströmen ins Vakuum).
(5.1)
√
2w0 für w = 0,
Beispiel: Großer Kessel
Jetzt berechnen wir die Massenstromdichte ρ · v als Funktion der Geschwindigkeit v auf einer Stromlinie
d(ρv)
dρ
=v
+ρ
dv
dv
(5.2)
dρ
Nun muss also dv
berechnet werden.
~ v = −∇w
~ folgt längs einer StromAus der stationären Eulergleichung (~v · ∇)~
linie:
2
~
~ v = −∇w
∇
2
⇒
77
d
v2
= −dw
2
(5.3)
78
KAPITEL 5. KOMPRESSIBLE STRÖMUNGEN
Mit dw = T ds +
dp
ρ
vdv = −dw = −
folgt wegen s = const. (ds = 0) auf einer Stromlinie:
dp
ρ
⇒
dp
= −ρv
dv
⇒
dρ
dρ dp
1
=
= − 2 ρv (5.4)
dv
dp dv
cs
Einsetzen in (5.2) ergibt:
v2
d(ρv)
=ρ 1− 2
dv
cs
!
(5.5)
⇒ ρv nimmt für v < cs mit v zu
ρv nimmt für v > cs mit v ab.
⇒ Maximaler Massenfluss für v = c (da ρ abnimmt)!
Unterschall
Ma < 1
Überschall
Ma > 1
Der maximale Fluß wird auch durch “∗” gekennzeichnet, also
ρ∗ , v∗ (= c∗ ) am Maximum
√
(N.B.: c variiert mit T !, ist keine Konstante in kompressibler Strömung!)
Diese kritischen Größen können explizit mit denen bei v = 0 verknüpft
werden, wenn man eine Zustandsgleichung hinzunimmt.
Annahme: ideales Gas, d.h. die Enthalpie schreibt sich als
w =ǫ+p·V
ideales Gas
⇒
1
ǫ = Energie pro Masseneinheit, V =
ρ
f
w = V · nkT
| {z } +pV =
2
=p
(5.6)
f
p
+1
2
ρ
f : Zahl der Freiheitsgrade
Mit
γ=
f +2
f
ist
w=
c2
γ p
=
γ−1ρ
γ−1
⇒
f
γ
+1=
2
γ−1
Enthalpie des idealen Gases
(5.7)
79
Einsetzen in die vorherigen Beziehungen ergibt:
vmax =
√
2w0 = c0
s
2
γ−1
(5.8)
Erinnerung: Der Index “0” entspricht Punkt mit v = 0.
In der Praxis: Kleine v, z.B. Eintritt in Strömungskanal
Aus w +
v2
2
= w0 folgt auch w∗ +
v∗2
2
c2
c20
c2∗
+ ∗ =
γ−1
2
γ−1
= w0 und mit v∗ = c∗ folgt
⇒
c∗ = c0
s
2
γ+1
(5.9)
und damit
vmax
=
c∗
s
γ+1
γ−1
(5.10)
Die Geleichung für die Temperatur längs der Stromlinie leitet sich folgendermaßen ab:
v2
w0 = w +
2
c20
c2
v2
=
+
γ−1
γ−1
2
⇒
Und wegen c2 = γ kT
m ist
c2
c20
=
T
T0 ,
T (v/c∗ ) = T0
2
⇒
c =
γ − 1 v2
1−
γ + 1 c2∗
c20
!
und damit
γ − 1 v2
·
1−
γ + 1 c2∗
!
(5.11)
Die Dichte längs der Stromlinie lässt sich aus der Adiabatengleichung berechnen:
p
p0
= const. = γ
γ
ρ
ρ0
⇒
p
=
p0
ρ
ρ0
γ
⇒
ρkT
=
ρ0 kT0
ρ
ρ0
γ
⇒
T
=
T0
ρ
ρ0
γ−1
Und damit:
ρ = ρ0
T
T0
1/(γ−1)
= ρ0
γ − 1 v2
1−
γ + 1 c2∗
!1/(γ−1)
(5.12)
Damit kann jetzt ρ · v als Funktion von v explizit angegeben werden:
ρ · v = vρ0
γ−1
1−
γ+1
v
c∗
2 !1/γ−1
γ−1
v
= ρ 0 c∗ 1 −
c∗
γ+1
v
c∗
2 !1/γ−1
√
γ+1
2
Probe: Für vmax
= c2∗ γ−1
werden T , ρ und ρ · v gleich Null.
√
⇒ Plot von T , ρ und ρ√
· v für Luft (γ = 1.4) ⇒ vmax = 6 = 2.44
Maximal für v = c∗
(5.13)
80
KAPITEL 5. KOMPRESSIBLE STRÖMUNGEN
Die Grafiken wurden erzeugt mit Gasdynamik.mws
Praktische Anwendung: Strömung durch eine Düse
Hier setzt man voraus, dass sich der Querschnitt “adiabatisch” ändert, d.h.
dh
dx ≪ 1. Damit können Aussagen für Stromlinien direkt übertragen werden.
Annahme: Strömungsparameter konstant über Querschnitt (Näherung für
dh
dx ≪ 1)
Anwendung der Kontigleichung:
KontinuitätR des Massenstromes: I = F · ρ · v
(eigentlich ρ · ~v · dF~ , aber man nimmt Konstanz über den Querschnitt an)
F
I = const. = F1 · ρ1 · v1 = F2 · ρ2 · v2
⇒
ρ 2 v2
F1
=
ρ 1 v1
F2
(5.14)
81
Wenn der Querschnitt in Stromrichtung abnimmt (Kompressionsdüse), muss
ρ · v zunehmen. Da ρ mit v immer abnimmt (siehe oben)
⇒ Einströmen mit M a < 1 ⇒ v nimmt zu
Einströmen mit M a > 1 ⇒ v nimmt ab (!)
In einer Kompressionsdüse ist F am Ausgang minimal, also ist ρ · v am
Düsenausgang maximal
⇒ Beim Einströmen mit M a < 1 wird M a = 1 erst am Ende der Düse
erreicht (egal, wie hoch der Druck am Eingang ist)!
Denn: Wenn M a bereits vorher = 1 wäre, gäbe es für den folgenden Bereich
kein M a, bei dem eine höhere Massenstromdichte erreicht werden könnte.
In einer Düse zur Erzeugung von Überschall muss an die Kompressionsstrecke eine Expansionsstrecke anschließen (Laval-Düse).
Rechenanweisung für ein vorgegebenes Profil h(x) (in der Regel nicht analytisch möglich) mit I = const. und F (x) = πh2 (x):
Berechne ρ · v aus z.B. M a∗ = 1 bei F = minimal und daraus v(x) (numerisch!), daraus wiederum ρ(x), T (x), p(x), alles als Funktionen der Eingangsdaten.
Siehe auch Gasdynamik.mws.
Bis jetzt wurden stationäre Strömungen mit stetigen Änderungen von p,
ρ,... behandelt. Wenn man nun zur Ausbreitung von Strömungen mit großer
Amplitude, v1 “beliebig”, übergeht, bricht die Linearisierung zusammen.
Was passiert nun?
Linearisierung:
Schallwelle ändert das Medium nicht
Große Strömung wird auch das Medium verändern
Wenn hinter der Wellenfront√T > T0 , läuft die Welle hinter der Front
schneller ⇒ Aufheizen (c ∼ T !)
82
KAPITEL 5. KOMPRESSIBLE STRÖMUNGEN
Beispiel: Explosion
Frontbreite nur durch freie Weglänge der Gasteilchen bestimmt (sonst 0!)
⇒ “Stoßwelle”, Änderung der Parameter (z.B. Dichte) durch die Front
unstetig
Vorkommen: Geschosse, Flugzeug, Explosion
Quelle: DGLR - Ludwig Prandtl Gedächtnis-Vorlesung (03. April 06)
Quelle: DGLR - Ludwig Prandtl
Gedächtnis-Vorlesung (03. April 06)
Quelle: TUM - Modulvorstellung
Numerische Simulation (03. April 06)
83
Quelle: TUM - Modulvorstellung
Numerische Simulation (03. April 06)
Quelle: Weite Schüsse (03. April 06)
Bemerkung: Stoßwelle löst auch das Paradoxon der “blinden” M a > 1
Strömung auf ⇒ das passiert am Übergang zu M a > 1!
Die thermodynamischen Größen ändern sich unstetig, aber die erhaltenen
Größen ändern sich stetig, Masse fließt durch Front hindurch (keine “Wand”,
Verdichtungsstoß)
Bilanzgleichungen (Erinnerung an Kapitel 1):
∂ρ
~ · (ρ~v ) Massenerhaltung
= −∇
∂t
∂(ρ~v )
~ + ρ~v ⊗ ~v ) Impulserhaltung
= −∇(p
∂t
2
!!
∂ ρ v2 + ǫ
v2
~
= −∇ · ρ~v
+ω
∂t
2
(5.15)
(5.16)
(5.17)
Bemerkung: Wie üblich ist das kein geschlossenes System, aber wenn man
eine Zustandsgleichung hinzunimmt (z.B. adiabatisch, dS = 0, dw = − dp
ρ ),
dann wird es eins.
Die Bilanzgleichungen kann mann über die Stoßfront hinweg benutzen:
∂
∂t → 0 ⇒ Stationäre Zustände, Bezugssystem in dem die Stoßfront ruht,
eindimensional.
Z.B. Kolben, der eine Welle vor sich her drückt:
~v1 = −~vF ront
~v2 = ~vKolben − ~vF ront
84
KAPITEL 5. KOMPRESSIBLE STRÖMUNGEN
(Genauere Behandlung folgt später)
Wie behandelt man eine Bilanzgleichung?
∂ρ
~ · (ρ~v )
= −∇
∂t
∂
∂t
⇒
Z
ρdV = −
Z
~v · (ρ~v )dV = −
I
ρ~v · dF~
∂
∂t
→ 0 ⇒ ρ · ~v ist Fluß durch die Fläche, der erhalten bleibt.
Eindimensional, x-Richtung:
⇒
ρ 1 v1 = ρ 2 v2
(5.18)
Aus der Ernergie-Bilanzgleichung erhält man analog:
ρ 1 v1
v12
+ w1
2
!
v22
+ w2
2
= ρ 2 v2
!
⇒
v12
v2
+ w1 = 2 + w2
2
2
(5.19)
Für den Impuls ergibt sich:
0=
Z
∂(ρ~v )
dV = −
∂t
I
(p + ρ~v × ~v )dF~
(Allg: dFk = dV
∂
)
∂xk
⇒ Impuls ist ein Vektor, der durch die Fläche hindurch transportiert wird.
Πik = pδik + ρvi vk : i-te Komponente des Impulses wird durch Fläche in
k-Richtung transportiert.
Hier: x-Richtung, d.h.

~
dF
~|
|dF
= (1, 0, 0)
 


p + ρvx2 ρvx vy
ρvx vz
1


 
 ρvy vx p + ρvy2 ρvy vz  ·  0  =
0
ρvz vx
ρvz vy p + ρvz2

p + ρvx2


 ρvy vx 
ρvz vx
|
{z
(5.20)
}
Impulsstrom (3 Komp.)
der durch x-Fläche
hindurchfließt
⇒ 3 Bedingungen, aber in unserer Geometrie ist nur die x-Komponente
relevant
⇒
p1 + ρ1 v12 = p2 + ρ2 v22
3 Bilanzgleichungen → 3 Beziehungen zwischen 1 und 2
Einsetzen der Definition des (Massen-)Stromes durch die Fläche
j = ρ 1 v1 = ρ 2 v2
v1 = j/ρ1
v2 = j/ρ2
(5.21)
85
in die Impulsbilanz ergibt:
p1 +
j2
j2
= p2 +
ρ1
ρ2
⇒
j2 =
p2 − p1
ρ1 ρ2
ρ2 − ρ1
Damit j 2 > 0 muss also gelten:
p2 > p1 und ρ2 > ρ1 , oder
p2 < p1 und ρ2 < ρ1
Unter Berücksichtigung des 2. Haupsatzes (S2 > S1 ) findet man (ohne Beweis), dass nur p2 > p1 und ρ2 > ρ1 auftritt (“Verdichtungsstoß”)
Einsetzen in die Energiebilanz ergibt:
j2
j2
=
w
+
2
2ρ21
2ρ22
1 p2 − p1 ρ1 ρ2 2
j 2 ρ22 − ρ21
=
(ρ − ρ21 )
2
2
2 ρ1 ρ2
2 ρ2 − ρ1 ρ21 ρ22 2
ρ2 + ρ1
1
(p2 − p1 )
2
ρ1 ρ2
w1 +
⇒
w2 − w1 =
=
“Hugoniot’sche Adiabate”
Folgerung aus dieser Adiabate:
Sekantensteigung:
−
p2 − p1
p2 − p1
=−
ρ1 ρ2 = −j 2
1/ρ1 − 1/ρ2
ρ2 − ρ1
Man sieht sofort: Im Punkt 1 ist
∂p
∂p
= −ρ2
> −j 2
∂1/ρ
∂ρ
86
KAPITEL 5. KOMPRESSIBLE STRÖMUNGEN
(−j 2 ist negativer als
∂p
∂1/ρ ,
Sekante ist steiler als die Kurve!)
j2
∂p <
= v12
∂ρ 1 ρ21
⇒
∂p
∂p
≈ ∂ρ
Mit ∂ρ
folgt c21 < v12 und damit M a1 > 1 !!
S
(Diese Näherung ist gut erfüllt)
Analog: M a2 < 1, Stoßfront vermittelt immer Übergang von Über- zu Unterschall
Normale Adiabate:
p = const. · ργ
⇒
p1 = const. · ργ1
⇒
const. =
p1
ργ1
unabhängig von der Wahl von p1 und ρ1 .
⇒
ρ2
=
ρ1
p2
p1
1/γ
⇒ Nur eine Kurve, unabhängig vom Anfangszustand, dagegen Hugoniot:
Zweiparametrige Schar, Verlauf der Adiabate hängt vom Anfangspunkt ab.
Die Stoßadiabate verläuft steiler
als die “normale” Adiabate
Die Stoßadiabate variiert mit p1 und
ρ1 , die “normale” Adiabate nicht
Siehe auch stoss adiabate.mws
Konkretes Beispiel (wie immer) ideales Gas, w =
⇒
γ
(p2 /ρ2 − p1 /ρ1 ) =
γ−1
..
.
ρ2
=
ρ1
γp
(γ−1)ρ
=
c2
γ−1
1
ρ2 + ρ1
(p2 − p1 )
2
ρ2 ρ1
(γ + 1)p2 + (γ − 1)p1
(γ + 1)p1 + (γ − 1)p2
87
Temperaturen:
ρ 2 T2
p2
=
ρ 1 T1
p1
T2
p2 (γ + 1)p1 + (γ − 1)p2
=
·
T1
p1 (γ + 1)p2 + (γ − 1)p1
⇒
Geschwindigkeiten:
Differenz
v1 − v2 = j
1
1
−
ρ1 ρ2
= ... =
s
(p2 − p1 )(ρ2 − ρ1 )
ρ2 ρ1
Grenzfälle:
• “schwacher Stoß”, p2 ≈ p1
ρ2
→1
ρ1
T2
→1
T1
v1 − v2 → 0 (v1 → c+
v2 → c− )
⇒ Schallwelle, linearisierte, kleine Störung
• “starker Stoß”, p2 ≫ p1
ρ2
γ+1
→
ρ1
γ−1
p2 γ − 1
T2
→
T1
p1 γ + 1
5
beschränkt (4 für γ = )
3
unbeschränkt
Bei beliebig starkem Stoß kann Dichte nicht über
der Rest der Energie geht in Entropie (T ).
γ+1
γ−1
erhöht werden,
Abhilfe: Serie von Stößen “pulse shaping”:
Die Kompressionswelle läuft nacht innen, wird reflektiert und dann muss die
Intensität erhöht werden.
Beispiel: Trägheitsfusion (=
ˆ Kompression eines Wasserstoffpellets durch Laserstrahlung
Schließlich nochmal zurück zum System Kolben-im-Rohr:
88
Es ist
KAPITEL 5. KOMPRESSIBLE STRÖMUNGEN
vF ront
−v1
v1
1
v1
=
=
=
=−
vKolben
v2 + vF ront
v2 − v 1
v1 − v 2
1 − vv21
Kontinuitätsgleichung:
ρ 1 v 1 = ρ 2 v2
Für einen starken Stoß ergab sich
⇒
ρ2
ρ1
⇒
→
v2
ρ1
=
v1
ρ2
γ+1
γ−1
γ + 1 γ= 35 4
vF ront
1
=
=
→
vKolben
2
3
1 − γ−1
γ+1
⇒ Die Front läuft vor dem Kolben (Stoßerzeuger) her und bewegt sich relativ
von ihm weg (vF ront = 34 · vKolben ).
Kapitel 6
Viskose Fluide
6.1
Die Navier-Stokes-Gleichung
Bisher haben wir uns ausführlich mit idealen Flüssigkeiten beschäftigt. Jetzt
betrachten wir Flüssigkeiten mit Energiedissipation (keine Wärmeleitung).
Dissipation ≡ innere Reibung (Zähigkeit)
Diese Prozesse bringen die immer mehr oder weniger vorhandene thermodynamische Irreversibilität der Strömung zum Ausdruck.
Bewegung zäher Flüssigkeiten ⇒ Bewegungsgleichung für ideale Flüssigkeiten + Zusatzterme zur Beschreibung der Reibungskräfte
Die Kontigleichung gilt für beliebige Flüssigkeiten.
(Massenerhaltung ist von viskosen Effekten unbeeinflusst.)
Die Euler-Gleichung muss geändert werden!
Ideale Formulierung:
∂
∂
(ρvi ) = −
Πik
∂t
∂xk
Πik
:
≡
≡
(6.1)
Tensor der Impulsstromdichte
rein reversible Impulsübertragung
mechanische Fortbewegung der verschiedenen Flüssigkeitsteile
von einem Ort zum anderen + die in der Flüssigkeit wirkenden
Druckkräfte
Πik |ideal = pδik + ρvi vk
(6.2)
Die Zähigkeit (innere Reibung) der Flüssigkeit äußert sich im Auftreten einer
zusätzlichen irreversiblen Impulsübertragung von einem Ort mit größerer
Geschwindigkeit an einen Ort mit kleinerer Geschwindigkeit.
89
90
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
Ergo:
′ das den zähen,
Zum idealen Impulsstrom kommt ein zusätzliches Glied σik
irreversiblen Impulstransport in der Flüssigkeit angibt:
′
Πik |nichtideal = pδik + ρvi vk − σik
= −σik + ρvi vk
(6.3)
′
σik = −pδik + σik
(6.4)
Der Tensor
heißt Spannungstensor.
′
σik
≡ zäher Spannungstensor (Reibungstensor)
σik : Gibt den Teil des Impulsstromes an, der nicht mit dem
unmittelbaren Transport des Impulses gemeinsam mit der
Masse der bewegten Flüssigkeit zusammenhängt.
′ aus?
Wie sieht σik
Exakte Herleitung aus dem 1. Moment der Boltzmann-Gleichung → Stoßintegral (kompliziert aber machbar)!
Phänomenologisches zur inneren Reibung
Zwischen einer bewegten und einer ruhenden Platte bildet sich ein
lineares (stationäres) Geschwindigkeitsprofil aus.
Sein Gradient bestimmt die zum
Verschieben nötige Kraft.
Um die Platte der Fläche A mit konstanter Geschwindigkeit ~v parallel zur
Wand zu verschieben braucht man eine Kraft:
~v
F~ = ηA
∆z
(6.5)
kg
η: Viskosität (Eigenschaft der Flüssigkeit) [η] = ms
A im Zähler ist klar (je größer, desto mehr Kraft).
~v im Zähler ist klar (je schneller, desto mehr Kraft).
Schichtdicke im Nenner?
Es handelt sich nicht um Reibung zwischen Flüssigkeit und Festkörper die an den Wänden angrenzenden Schichten haften an diesen - sondern um
Reibung zwischen den einzelnen Flüssigkeitsschichten: Je kleiner ∆z bei gegebenem ~v , desto schneller müssen die einzelnen Molekülschichten übereinander weggleiten.
6.1. DIE NAVIER-STOKES-GLEICHUNG
91
Im Spalt zwischen den ebenen Platten ändert sich die Strömungsgeschwindigkeit ~v linear mit der Koordinate z. Im allgemeinen Fall ist dieser Zusam~v
menhang nicht linear. Dann kann man F~ ∼ A ∆z
nur jeweils auf eine sehr
dünne Schicht dz anwenden.
An ihr muss beiderseits die Kraft
d~v
F~ = ηA
dz
angreifen, wobei auch noch A hinreichend klein sein muss, falls sich
recht zu z ändert.
Wie reden besser von der viskosen Schubspannung.
ση =
dF
dv
=η
dA
dz
(6.6)
d~v
dz
senk-
(6.7)
Kraft pro Fläche = Druck.
′ .
ση ist nur Teil einer Komponente des Reibungstensors σik
Eine Strömung, deren Verhalten durch die innere Reibung bestimmt wird,
heißt laminare oder schlichte Strömung (Gegensatz: turbulente Strömung).
Flüsse oder Wasser in Leitungen sind i.A. turbulent! Die Blutzirkulation ist
laminar.
In laminaren Strömungen gleiten selbst dünne Flüssigkeitsschichten übereinander.
Bei turbulenten Strömungen wirbeln sie ineinander.
Ein theoretisches Kriterium ob eine laminare oder turbulente Strömung vorliegt gibt die Reynolds-Zahl (siehe später).
Reibungskräfte in strömenden Flüssigkeiten
Wir betrachten ein Volumenelement dV = dxdydz in einer Flüssigkeit, in
der die Strömung in y-Richtung erfolgt und ein Geschwindigkeitsgefälle in
x-Richtung hat.
Auf die linke Stirnfläche eines Volumenelements wirkt die Kraft:
∂v dydz
dF1 = −η
∂x links
(6.8)
92
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
Analog ist die Kraft entgegengesetzter Richtung auf die rechte Stirnfläche
bestimmt durch das dortige Gefälle, das einen anderen Wert haben kann.
!
(6.9)
∂2v
∂2v
dxdydz
=
η
dV
∂x2
∂x2
(6.10)
∂v dF2 = η
dydz = η
∂x rechts
∂v ∂2v
dx dydz
+
∂x links ∂x2
Taylor-Entwicklung
dFr = dF2 + dF1 = η
ist nur dann verschieden von Null, wenn das Geschwindigkeitsprofil gekrümmt ist (sonst gibt es zwar Drehmomente, aber keine translatorischen
Kräfte).
Wenn sich die Geschwindigkeit nicht in x-Richtung ändert, leistet jede Koordinate ihren Beitrag:
dFr = η∆vdV = η
∂2v ∂2v
∂2v
+
+
∂x2 ∂y 2 ∂z 2
Laplace-Operator:
∆=
!
dV
(6.11)
∂2
∂2
∂2
+
+ 2
2
2
∂x
∂y
∂z
Die Kraftdichte, d.h. Kraft pro Volumen, für die innere Strömung ist vektoriell gegeben durch:
f~r = η∆~v = ρ∂t~v
(6.12)
Nach Newton überträgt die Kraftdichte Beschleunigung auf das Volumenelement.
In Kombination mit der Euler-Gleichung ergibt sich:
∂~v
~ + η ∆~v
~ v = − 1 ∇p
+ (~v · ∇)~
∂t
ρ
ρ
(6.13)
Navier-Stokes-Gleichung
(für inkompressible Flüssigkeiten)
Für kompressible Flüssigkeiten:
∂~v
~ + η ∆~v + ξ + η ∇(
~ ∇
~ · ~v )
~ v = − 1 ∇p
+ (~v · ∇)~
∂t
ρ
ρ
3
(6.14)
η = Scherungskoeffizient/Viskosität, ξ = Kompressionskoeffizient der Viskosität und ν = ηρ heißt kinematische Viskosität.
Anwendung der Navier-Stokes-Gleichung im laminaren Bereich:
Strömung zwischen bewegten Platten
6.1. DIE NAVIER-STOKES-GLEICHUNG
93
Das System sei auch in x-Richtung unendlich ausgedehnt.
Laminare Strömung:


vx


~v =  0 
0
∂vx
= 0 (Kontinuitätsgleichung mit ρ = const.)
∂x
Der äußere Druck sei konstant (Bewegung kommt durch Plattenbewegung)
∂p
=0
∂x
⇒ Navier Stokes
stationär:
∂~v
=0
∂t
~ v → vx
(~v · ∇)~
∂
vx = 0
∂x
| {z }
=0
x-Komponente:
⇒
0=η
∂ 2 vx
∂y 2
⇒
vx = c1 · y + c 2
Randbedingungen:
⇒
y-Komponente:
vx (0) = 0 ⇒ c2 = 0
vP
vx (h) = vP ⇒ c1 =
h
vP
vx (y) =
· y (unabhängig von η!)
h
∂p
= 0 ⇒ p = const.
∂y
Die Kraft, die benötigt wird, um die Platte mit vP zu bewegen, hängt jedoch
von η ab!
Berechnung:
Kraf ti
∂
∂
(ρvi ) =
=−
Πik
∂t
V olumen
∂xk
94
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
⇒ Kraft:
Ki = −
Z
∂
Πik dV = −
∂xk
I
Πik · dFk
“Skalarprodukt mit Tensor”
Wenn das Volumen klein ist, ist Πik ≈ const. und man kann das Integral
weglassen.
dKi
= −Πik nk
dF
nk ist Normalenvektor in k-Richtung
⇒
dKi
= −(ρvi vk + pδik − σik )nk
dF
An der Wand ist vk · nk = 0 (kein Fluß in die Wand)
∂vi
∂vk
dKi
= −pδik + η
+
dF
∂xk
∂xi
(inkompressibel, d.h.
∂vj
∂xj
nk
= 0)
In unserem Beispiel: n = (0, −1, 0) bei x = h
⇒
dKi
dF
=
pδi2
↓
Ky = p · F
−η
∂vi
∂x2
↓
∂vx
∂y
y
h
Term verschwindet
da vy
in x-Richtung
(da vy = vz =
(Scherkraft)
Mit vx = vP ·
2
+ ∂v
∂xi
↓
=0
0)
folgt
Kx = −F η
∂vx
vP
= −F η
∂y
h
als Gegenkraft zur Scherkraft.
Bei x = 0 ist n = (0, 1, 0) ⇒ Kraft in Richtung der Flüssigkeit, “Mitreißen”
Generell: Druck senkrecht zur Wand, Schwerkraft parallel zur Wand
Skizzierter Nachweis von (6.14):
′ :
Also zurück zu der Frage nach der Gestalt von σik
(6.1) :
(6.3) :
∂t (ρvi ) = −∂xk Πik
′
Πik = pδik + ρvi vk − σik
(Details: Greiner, 257ff)
Innere Reibung tritt nur für eine Relativbewegung zwischen verschiedenen
6.1. DIE NAVIER-STOKES-GLEICHUNG
95
′ = f (∇v).
~
FEen auf → σik
Wir nehmen an, dass die Impulsübertragung durch die Viskosität in ∂xk vi
linear ist, d.h. die Geschwindigkeitsgradienten sollen nicht zu groß sein, son′ = 0 für gleichmäßige Rotation des Fluids (~
dern σik
v=ω
~ × ~x).
Allgemeinste Form eines Tensors 2. Stufe, der diesen Bedingungen genügt:
2
′
= η(∂xk vi + ∂xi vk − δik ∂xl vl ) + ξδik ∂xl vl
σik
3
(6.15)
Also ergibt sich für die allgemeinste Form der i-ten Komponente der Bewegungsgleichung für ein zähes Fluid:
ρ(∂t vi + vk ∂xk vi ) = −∂xi p + ∂xk [η(∂xk vi + ∂xi vk
|
{z
Euler- Gleichung
}
−
2
δik ∂xl vl )] + ∂xi (ξ∂xl vl )
3
(6.16)
′
∂t (ρvi ) = vi ∂t ρ + ρ∂t vi = −∂xk Πik = −∂xk [δik p + ρvi vk − σik
]
′
vi ∂t ρ + vi ∂xk (ρvk ) +ρ∂t vi + ρvk ∂xk vi = −∂xi p + ∂xk σik
|
=0
{z
}
Kontigleichung
Meistens können η, ξ als konstant im ganzen Fluid angesehen werden →
~ · ~v = 0 → (6.13).
(6.14), bzw. für ∂xl vl = ∇
Der Spannungstensor für ein inkompressibles Fluid lautet also:
σik = −pδik + η(∂xk vi + ∂xi vk )
|
{z
′
σik
(6.17)
}
Im weiteren werden wir uns ausschließlich mit inkompressiblen viskosen Fluiden beschäftigen.
Zur Lösung der Navier-Stokes-Gleichung (6.13) bedarf es noch der Angabe von Randbedingungen. Zwischen der Oberfläche von Körpern und zähen
Fluiden wirken molekulare Anziehungskräfte, die die unmittelbar an der
Fläche anliegende Fluidschicht festhalten, d.h.
oft
~v |Rand = ~vtan |Rand +~vnormal |Rand = ~vtan |W and +~vnormal |W and = ~v |W and = 0
Bei idealen Fluiden war nur eine Randbedingung erforderlich, nämlich
~vnormal = 0.
Navier-Stokes ∼ ∆~v
~ v
Euler ∼ (~v · ∇)~
2. Ableitung
1. Ableitung
96
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
Wie sieht im viskosen Fall die Transportgleichung für die Wirbeldichte
~ × ~v aus?
ω
~ =∇
Vgl. (2.80):
~ v
dt ω
~ = (~
ω · ∇)~
Bilde die Rotation der Navier-Stokes-Gleichung (6.13) mit
2
~ v=∇
~ v − ~v × ω
~
(~v · ∇)~
2
~ × (~v × ω
~ ×
∂t ω
~ −∇
~) = ∇
⇒
1 ~
~ ×
∇p + ∇
rho
η
∆~v
ρ
(6.18)
Sei nun ρ = const, η = const (was eigentlich sowieso der Fall ist). Nun ist:
~ × (~v × ω
~ v − (~v · ∇)~
~ ω
∇
~ ) = (~
ω · ∇)~
~ ∇
~ · ~v ) − ∇
~ ×∇
~ × ~v = −∇
~ ×ω
∆~v = ∇(
~
~ ×∇
~ ×ω
~ ∇
~ ·ω
∇
~ = −∆~
ω + ∇(
~ ) = −∆~
ω
⇒
~ v + η ∆~
ω
dt ω
~ = (~
ω · ∇)~
ρ
(6.19)
Wenn also ω
~ = 0 zur Zeit t = 0 ist, dann bleibt das Fluid wirbelfrei. (Aber:
Denke an das mögliche Einwandern von Wirbeln über den Rand!)
6.2
Energiedissipation in inkompressiblen viskosen Fluiden
Viskosität in Fluiden führt zur Dissipation kinetischer (gerichteter) Energie
in Wärme. Die kinetische Energie ändert sich mit der Zeit gemäß
∂t
ρ 2
1
1
Navier-Stokes
′
=
ρvi −vk ∂xk vi − ∂xi p + ∂xk σik
v = ρvi ∂t vi
(6.20)
2
ρ
ρ
bzw.
∂t
ρ 2
~ · [ ρ~v
v = −∇
2
|
v2 p
+
2
ρ
{z
!
′
−~v σ ′ ] − σik
∂ x k vi
}
Energiestrom in
idealem Fluid
Wobei
2
2
~ · ρ~v v
~ v = ρ~v · ∇
~v =∇
ρ~v · (~v · ∇)~
2
2
!
(6.21)
6.3. LAMINARE STRÖMUNGEN
97
~ × ~v )) = 0
~v · (~v × (∇
~ · ~v = 0
inkompressibel: ρ = const ∇
′ darstellt.
verwendet wurde und ~v σ ′ den Vektor mit den Komponenten vi σik
′ , mit diesem ist insbesondere ein
Viskosität bewirkt einen Impulsstrom σik
′
Energiestrom vi σik verbunden.
Integration von (6.21) über ein beliebiges Volumen:
∂t
Z
ρ 2
Gauss
v dV = −
2
I "
ρ~v
v2 p
+
2
ρ
!
#
− ~v σ df~ −
′
Z
′
σik
∂xk vi dV
(6.22)
Der erste Term der rechten Seite gibt die Änderung der kinetischen Energie
in V infolge des Energiestromes durch die Oberfläche dieses Volumens an.
Der zweite Term beschreibt die Dissipation der kinetischen Energie.
Bei Integration über das gesamte Fluidvolumen verschwindet das Oberflächenintegral (entweder lim|~x|→∞ |~v | = 0 für ein unbegrenztes Fluid, oder
|~v ||Rand = 0 für ein begrenztes Fluid).
⇒
∂t
Z
1
ρ 2
v dV = −
2
2
Z
′
σik
(∂xk vi + ∂xi vk )dV
′ . Mit σ ′ aus (6.17) folgt:
Dies erlaubt die Symmetrie des Tensors σik
ik
∂t
6.3
Z
η
ρ 2
v dV = −
2
2
Z
(∂xk vi + ∂xi vk )2 dV
(6.23)
Laminare Strömungen
Laminare Strömung:
Sie erfordert eine hohe Viskosität, ein diffusiver Impulstransport
dominant.
η
v
ρ ∆~
ist
Die Bewegung des Fluids erfolgt, als wenn Schichten verschiedener Geschwindigkeit aneinander vorbeigleiten würden → keine Turbulenz. I.A. handelt es sich hierbei um recht stabile Strömungen, die durch ein Gleichgewicht
von treibender Kraft (äußere Kraft, Druckgradient) und Reibungskraft charakterisiert sind.
a) Laminare Spaltströmung
Wir betrachten eine stationäre Strömung zwischen ruhenden parallelen Ebenen mit dem Abstand h, welche durch einen Druckgradienten in x-Richtung
verursacht wird.
98
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
~v = vx (y)~ex
Stationäre Navier-Stokes-Gleichung:
∂y2 vx =
1
∂x p
η
∂ y p = 0 = ∂z p
(6.24)
vx 6= f (x) laut Voraussetzung, aber auch ∂y p = 0.
⇒ Das Gleichgewicht kann nur erfüllt sein, wenn beide Seiten konstant sind.
dx p = const ⇒ p lineare Funktion von x.
vx =
1
dx py 2 + ay + b
2η
(6.25)
Die Integrationskonstanten a und b bestimmen sich aus den Randbedingungen:
1
vx (y = 0) = vx (y = h) = 0 ⇒ b = 0 a = − dx ph
2η
⇒
vx =
1
dx py(y − h)
2η
(6.26)
→ Parabolisches Geschwindigkeitsprofil quer zur Fluidschicht, vx,max bei
y = h2 .
Die Geschwindigkeit wächst mit zunehmendem Abstand von den Rändern.
Für die mittlere, über die Dichte der Fluidschicht gemittelte, Geschwindigkeit in x-Richtung ergibt sich:
1
v̄x =
h
Zh
0
h2
1
dx p(y 2 − yh)dy = −
dx p
2η
12η |{z}
(6.27)
<0
Die auf die Ebenen wirkende Flächenreibungskraft (Schubspannung, vgl.
(6.7)) ist:
h
′ 6.17
= η∂y vx |y=0 = − dx p = −η∂y vx |y=0
σxy
2
1
dx p[y − h + y]
d y vx =
2η
b) Die laminare Rohrströmung
(6.28)
Wir betrachten eine stationäre Laminarströmung einer homogenen inkompressiblen Flüssigkeit durch ein Rohr vom Radius R und der Länge l zwischen dessen beiden Enden. Es herrscht die Druckdifferenz δp = p1 − p2 .
6.3. LAMINARE STRÖMUNGEN
99
Wie sehen die Druckverteilung, die v-Verteilung und die Stromstärke (das
durch die Querschnittsfläche pro Zeiteinheit fließendes Fluidvolumen) aus?
Wir verwenden die Navier-Stokes-Gleichung:
∂~v
~ + η ∆~v
~ v = − 1 ∇p
+ (~v · ∇)~
∂t
ρ
ρ
+ Inkompressibilität:
~ · ~v = 0
∇
+ Gegebenenfalls Kontigleichung:
∂ρ ~
+ ∇ · (ρ~v ) = 0
∂t
Für eine stationäre Strömung ( ∂ρ
∂t = 0) liefert die Kontigleichung ρ = const.
Laminarströmung bedeutet, dass kreiszylindrische Flüssigkeitsschichten aneinander vorbeigleiten. ⇒ Die Flüssigkeit fließt überall parallel zur Rohrachse.
~v = ~ez v
~ · ~v = 0 liefert dann:
∇
∂v
=0
∂z
D.h. v = v(x, y).
Das Problem ist zylindersymmetrisch, weswegen man Zylinderkoordinaten
∂
(r, ϕ, z) verwendet. Axialsymmetrie bedeutet ∂ϕ
= 0!
∂~v
Für eine stationäre Strömung, d.h. ∂t = 0, geht die stationäre Navier-Stokes~ v = ~ez v ∂v = 0 über in:
Gleichung wegen (~v · ∇)~
∂z
~ + η~ez ∆v
0 = −∇p
⇒
∂p
∂p
=
=0
∂x
∂y
oder
(6.29)
∂p
∂p
=
=0
∂r
∂ϕ
Nach Voraussetzung herrscht ein endlicher Druckgradient entlang des Rohres.
p = p(z)
100
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
1 ∂
∂
∆=
r
r ∂r
∂r
+
∂2
1 ∂2
+
r2 ∂ϕ2 ∂z 2
Wir bedenken dass v = v(r) (axialsymmetrisch), damit folgt aus (6.29):
dp
dz
|{z}
= η
|
unabhängig von r
1 d
dv
r
r dr
dr
{z
(6.30)
}
unabhängig von z
Gleichheit herrscht nur, falls beide Seiten konstant und gleich sind:
dp
= C
dz
d
dv
C
r
r
=
dr
dr
η
(6.31)
(6.32)
In z1 herrscht Druck p1 .
z2 = z1 + l
p2 = p1 − δp
Approximation:
C≈−
δp
l
(6.33)
C als Maß für das Druckgefälle.
Integration von (6.32) ergibt das Geschwindigkeitsprofil:
Z
dv
d r
dr
r
=
Z
C
C 2
rdr =
r + C1
η
2η
dv
C 2
=
r + C1
dr
2η
(6.34)
Nochmalige Integration:
Z
dv =
v =
Z
C
rdr +
2η
Z
C1
dr
r
(6.35)
C 2
r + C1 ln r + C2
4η
(6.36)
Mit den Integrationskonstanten C1 und C2 .
Auf der Rohrachse (r = 0) ist v endlich ⇒ C1 = 0.
C 2
R .
An der Rohrwand (r = R) ist v = 0 ⇒ C2 = − 4η
Damit ergibt sich für die Strömungsgeschwindigkeit:
v=
δp 2
C 2
(r − R2 ) ≈
(R − r2 )
4η
4ηl
(6.37)
6.3. LAMINARE STRÖMUNGEN
101
Wir erhalten ein parabolisches Geschwindigkeitsprofil.
p> = p1 sei der größere Druck an den Rohrenden, d der Abstand vom linken
Rohrende. Aus
dp
∂p
=C=−
dz
l
folgt durch Integration:
p = p> − δp
d
l
(6.38)
Die Stromstärke Q, also
das in einer Zeiteinheit durch einen Querschnitt des
R
Rohres (Kreisfläche 2πrdr) strömende Flüssigkeitsvolumen, ist:
Q=
Z
vdf =
Z2π
0
dϕ
ZR
0
δp
rv(r)dr = 2 pi
4ηl
6.37
ZR
0
(R2 − r2 )rdr =
πR4
δp (6.39)
8ηl
Hagen-Poiseuille
Oder Masse, die pro Sekunde durch den Kreisrohrquerschnitt fließt:
ρQ =
πR4
δp
8νl
(6.40)
Hagen-Poisseuille verliert seine Gültigkeit wenn bei gegebenem Rohrdurchmesser die mittlere Geschwindigkeit v̄ einen kritischen Wert überschreitet.
Das Geschwindigkeitsprofil ist ein Paraboloid. Auf der Achse herrscht maximale Geschwindigkeit.
v0 =
R2 δp
4ηl
(6.41)
Die gemittelte Strömungsgeschwindigkeit ist:
v̄ =
Q
δpR2
=
πR2
8ηl
(6.42)
Die gesamte Druckkraft ist:
F = πR2 δp
FR = −8πηlv̄
(6.43)
Das ist die Stokessche Reibung in viskosen Flüssigkeiten, die inkompressibel
sind. In kompressiblen Gasen eher Newtonsche Reibung FR ∼ v̄ 2 . Im stationären Fall gilt Fp = FR .
102
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
c) Laminare Strömung um Kugeln (Stokes)
Zieht man eine Kugel vom Radius r mit der Geschwindigkeit ~v durch eine Flüssigkeit, so haften die unmittelbar benachbarten Flüssigkeitsschichten an der Kugel. (Ein ähnliches Kraftgesetz finden wir für die Stokessche Reibung um
eine Kugel.) In einiger Entfernung herrscht die
Strömungsgeschwindigkeit Null.
Diese Entfernung ist von der Größenordnung r.
v
⇒ Geschwindigkeitsgefälle: dv
dz ∼ r .
2
Auf der Oberfläche (4πr ) der Kugel greift die bremsende Kraft
F ≈ −η
dv
4πr2 ≈ −4πηvr
dz
(6.44)
an. Man muß also mit einer Kraft von dieser Größenordnung ziehen, um die
Geschwindigkeit v zu erreichen.
Explizite Rechnung zum Kugel-Strömungswiderstand
Annahmen: laminare Strömung, Re ≪ 1 ⇒ Reibung dominant
~ v?
Was bedeutet das für (~v · ∇)~
~ v ∼ v0 1 v0
(~v · ∇)~
L0
ν∆~v ∼ ν · Lv02
0
)
⇒ Verhältnis:
~ v|
v 2 L2
v0 L0
|(~v · ∇)~
∼ 0 0 =
= Re
|ν∆~v |
L0 v0 ν
ν
~ v vernachlässigt werden kann (war bei
⇒ Re ≪ 1 bedeutet auch, dass (~v · ∇)~
Hagen-Poiseuille aufgrund der Geometrie Null)
Kugelkoordinaten:
0≤θ≤π
0 ≤ ϕ ≤ 2π
Wählt man das Koordinatensystem so, dass die Strömung aus Richtung der
z-Achse kommt, dann ist das Problem von ϕ unabhängig.
6.3. LAMINARE STRÖMUNGEN
103
Zunächst ergibt sich für den Druck:
~ (∇
~ · ~v ) )−∆p = 0
~
~ = η ∇·(∆~
~
~ · (∇
~ ×∇
~ × ~v −∇
∇·(η∆~
v − ∇p)
v )−∆p = η ∇
{z
|
⇒
~ ∇×(...)=0
~
∇·
| {z }
}
0 wegen
Inkompr.
∆p = 0
In Kugelkoordinaten:
1 ∂
∂p
r2
r2 ∂r
∂r
∂
1
∂p
+ 2 2
sin θ
∂θ
∂θ
r sin θ
+
1 1 ∂2p
=0
r2 sin2 θ ∂ϕ2
|
{z
!
Yℓm (θ, ϕ)
→0, da
}
∂
→0
∂ϕ
Die Lösung dieser Potential (Laplace) Gleichung in Kugelkoordinaten sind
die Multipole:
p(r, θ, ϕ) =
∞ X
ℓ
X
c1ℓm rℓ
ℓ=0 m=−ℓ
c2ℓm
+ ℓ+1
r
Wegen ϕ-Unabhängigkeit ist nur m = 0 zu berücksichtigen und die Kugelflächenfunktionen Yℓm (θ, ϕ) gehen in Kugelfunktionen Pℓ (cos θ) über (Legendrepolynome), mit
P0 = 1
1
P2 = (3 cos2 θ − 1)
2
P1 = − cos θ
...
Randbedingung: p verschwinde im Unendlichen ⇒ rℓ -Terme müssen verschwinden.
p(r, θ) = const. +
A0 A1
− 2 cos θ + . . .
r
r
(r → ∞ :
const. = p0 )
Jetzt betrachten wir die r-Komponente von Navier-Stokes:
∂vr
1 ∂
r2
η 2
r ∂r
∂r
1
∂
∂vr
+ 2
sin θ
r sin θ ∂θ
∂θ
2vr
∂p
2 ∂vθ
2 cot θvθ
− 2 − 2
=
−
r
r ∂θ
r2
∂r
Problem: Es taucht auch vθ auf! Um dieses zu eliminieren benutzt man die
Kontigleichung:
~ · ~v = 0 ⇒
∇
1 ∂ 2
1 ∂
(r vr ) +
(sin θvθ ) = 0
r2 ∂r
r sin θ ∂θ
∂
= 0 wie vorher)
( ∂ϕ
⇒
1
1
∂vθ
1 ∂
vθ cos θ +
sin θ
= − 2 (r2 vr )
r sin θ
r sin θ
∂θ
r ∂r
Eingesetzt in die r-Komponente von Navier-Stokes:
⇒
∂vr
1 ∂
r2
η 2
r ∂r
∂r
1
∂
∂vr
+ 2
sin θ
r sin θ ∂θ
∂θ
2 ∂
∂p
2vr
− 2 + 3 (r2 vr ) =
r
r ∂r
∂r
104
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
Zusammengefasst:
"
1 ∂2 2
∂vr
1 ∂
η 2
sinθ
(r vr ) +
2
r ∂r
sin θ ∂θ
∂θ
#
=
∂p
∂r
Die rechte Seite dieser Gleichung ist nach Potenzen von cos θ entwickelt (vgl.
oben)
⇒ Ansatz: vr (r, θ) = R(r) · cos θ
⇒
η
1 ∂2 2
1 ∂
A0 2A1
[ 2 (r R) cos θ −
(R sin2 θ)] = − 2 + 3 cos θ − . . .
2
r ∂r
r
r
}
|sin θ ∂θ {z
1
2 sin θ cos θ
sin
θ {z
|
}
R
2R cos θ
Mit A0 = 0, An = 0 fü n > 1 und nach Kürzen von cos θ erhält man eine
DGL für R(r):
!
∂2 2
2A1
1
(r R) − 2R = 3
η 2
2
r
∂r
r
R′′ +
⇒
4R′
2A1 1
=
r
η r3
Letzteres ist eine gewöhnliche DGL 2ter Ordnung, ihre Lösung setzt sich
zusammen aus der Lösung der zugehörigen homogenen DGL und einer Partikulärlösung.
Homogene DGL:
R′′ +
⇒
4R′
=0
r
⇒ Ansatz: R(r) = Brα + C
Bα(α − 1)rα−2 + 4Bαrα−2 = 0
α1 = 0 (trivial)
α2 + 3α = 0
⇒
α2 = −3
Die homogene Lösung lautet also:
R(r) = B
1
+C
r3
Von der inhomogenen DGL ist nur eine Lösung gesucht. Da 1r in beiden
Summanden auf der linken Seite der inhomogenen DGL einen Ausdruck mit
1
ergibt, “rät” man sinnvollerweise:
r3
R(r) = D
1
r
⇒
2
D
D
2A1 1
−4 3 =
3
r
r
η r3
Die Partikulärlösung lautet also:
R(r) = −
A1 1
η r
⇒
D=−
A1
η
6.3. LAMINARE STRÖMUNGEN
105
Damit ergibt sich die gesamte Lösung zu:
R(r) = −
A1 1 B
+
+C
η r r3
A1 1 B
vr (r, θ) = −
+
+ C cos θ
η r r3
⇒
~ · ~v = 0):
Die vθ -Komponente erhält man aus der Inkompressibilität (∇
1 ∂
1 ∂ 2
(r vr ) +
(sin θvθ ) = 0
2
r ∂r
r sin θ ∂θ
Ansatz: vθ = R2 (r) sin θ
vr und vθ eingesetzt ergibt:
cos θ
1
1
A1
B
−
− 2 + 2Cr +
(cos θR2 sin θ + sin θR2 cos θ) = 0
2
r
η
r
r sin θ
⇒
R2 (r) =
vθ (r, θ) =
⇒
A1 1 B 1
+
−C
2η r
2 r3
A1 1 B 1
+
− C sin θ
2η r
2 r3
Die drei freien Konstanten lassen sich aus der Randbedingung bei ∞ und 2
Randbedingungen bei r = R0 bestimmen.
Für r ⇒ ∞ hat man einen ungestörten Fluss parallel zur z-Achse:
vr = v0 cos θ
vθ = −v0 sin θ
⇒
C = v0
Für r = R0 (an der Oberfläche) gilt:
v⊥ = vr = 0 und vk = vθ = 0
A1 2
B
A1 1
+ 3 + v0 ⇒ B =
R − v0 R03
η R0 R0
η 0
A1 1
A1 1
v0
A1 1
3
+
−
− v0 = 0 ⇒
= v0
2η R0
2η R0
2
η R0
2
vr = 0 :
−
In vθ = 0 :
⇒
3
A1
= v0 R0
η
2
1
B = v0 R03
2
⇒
Die vollständige Lösung lautet also:
vr = v0 1 −
+
1
2
1 R0
3 R0
4 r + 4
r
3
cos θ
p0 − 2 ηv0 R0 r2
v θ = v0
p =
3 R0
2 r
R0
r
3
3 cos θ
− 1 sin θ
106
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
Visualisierung mit Stokes.mws
Ohne Rechnung erhält man daraus für die Kraft:
K = 6πηR0 v0
6.4
(
2πηR0 v0 vom asymmetrischen Druck
4πηR0 v0 von Schwerkraft
Kriterien für verschiedene Strömungstypen, Skalierungsgesetze
Welcher Strömungstyp (ideal, laminar, turbulent) gilt unter gegebenen Bedingungen (char. Abmessungen l, char. Strömungsgeschwindigkeit v, Dichte
ρ, Viskosität η)?
Wir betrachten stationäre Strömungen (Geschwindigkeit hängt nicht von
der Zeit ab). Die Geschwindigkeit kann an den einzelnen Stellen verschieden
~ v durchaus beschleunigt
sein. Das Flüssigkeitsvolumen kann durch (~v · ∇)~
~
werden. Die Beschleunigung steigt, je größer ∇~v ∼ lv1 wird.
2
~ v∼v
(~v · ∇)~
l1
Druckkraft:
~ ∼ p
∇p
l2
Reibungskraft:
η∆~v ∼ η
v
l32
ρv 2
p
v
≈ +η 2
l1
l2
l3
l1 , l2 , l3 sind dabei die jeweiligen Gradientenskalen.
(6.45)
6.4. KRITERIEN FÜR VERSCHIEDENE STRÖMUNGSTYPEN, SKALIERUNGSGESETZE107
Diskussion von (6.45):
a) Reibung zu vernachlässigen
η
p
v2
v
≪
≃ρ
l3
l2
l1
(6.46)
1
p ≃ ρv 2
2
(6.46) beschreibt die ideale Strömung (keine Reibung), aber auch turbulente
Strömung ohne nennenswerte Reibung! → Staudruck, dynamischer Auftrieb
für
l2 ≃ l1
b) Trägheit zu vernachlässigen
ρ
c)
p
v
v2
≪
≃ 2
l1
l2
l3
~ ≃ η∆~v
∇p
(6.47)
⇒ laminare Strömung
p
v2
v
≪ρ ≃η 2
l2
l1
l3
Ist von geringer praktischer Bedeutung.
Übergang von a) nach b)
p
ηv
v2
≃
≃
ρ
l2
l1
l32
oder
ρvl32
≃ 1 und
ηl1
(6.48)
pl1
≃1
ρv 2 l2
(6.49)
Diese beiden Kriterien beherrschen die Hydrodynamik.
pl2
Die dritte Beziehung, ηvl32 ≃ 1, folgt aus der zweiten automatisch.
Ähnlichkeitstheorie:
Ein verkleinertes oder vergrößertes Modell einer Strömung (z.B. im Windkanal) liefert nur dann ein physikalisch richtiges Bild, wenn die Verhältnisse
(6.49) den gleichen Wert im Modell haben wie in Wirklichkeit. → ähnliche
Strömungen
Wenn die geometrische Ähnlichkeit garantiert ist, kann man die l’s “kürzen”
(Gradientenskalen verhalten sich ähnlich zueinander) und nur die Übereinstimmung von
~v
Trägheit
ρ~v ∇~
ρvl
= Reynolds- Zahl =
=
η
Viskosität
η∆~v
(6.50)
108
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
und von p/ρv 2 fordern. Das ist die einzige mögliche dimensionslose Kombination der Größen ν = ηρ , v und l.
Im Allgemeinen gilt:
ρvl2
Die Strömung ist laminar für sehr kleine Werte ηl13 und sonst turbulent.
Da i. A. l3 6= l1 kann man nicht erwarten, dass der Umschlag gerade bei
einer Reynolds-Zahl Re = ρvl
η ≃ 1 erfolgt, wobei l die makroskopische Abmessung der um- oder durchströmten Objekte darstellt. Die Abmessungen
der größten Turbulenz-Wirbel l3 (vgl. Kapitel 9) sind nämlich kleiner als z.
B. im Fall der Rohrströmung der Rohrradius l1 = R.
Dementsprechend findet man den Umschlag bei der Rohrströmung für ρvR
η ≃
1
3
10 ! Typische Wirbelabmessungen sind 30 des Rohrradius!
laminar
v
Stokes
→
Strömungswiderstand
→
turbulent
v2
Newton
”Wenn ich in den Himmel kommen sollte,
erhoffe ich Aufklärung über zwei Dinge:
Quantenfeldtheorie und Turbulenz.
Was den ersten Wunsch betrifft
bin ich ziemlich zuversichtlich.”
Horace Lamb (1932)
“Laminar” und “turbulent” stellen zwei Aggregatzustände dar. Jeder ist unter verschiedenen Bedingungen stabil.
Der laminare kann “unterkühlt” werden (Re > Recrit ), da die Turbulenzentstehung eine Art Keimbildung fordert.
Eine Flüssigkeit durchströme ein Rohr laminar mit parallelen Stromlinien.
Irgendwo trete eine kleine Strörung auf, die eine Stromlinie etwas nach oben
verbiegt.
6.5. GRENZSCHICHTTHEORIE, PRANDTL
109
⇒ Die darüber liegende Stromröhre wird verengt ⇒ Die Flüssigkeit muss
schneller fließen ⇒ Der Druck dort verringert sich (p = const − 21 ρv 2 ). In
der unteren Röhre (1) erhöht sich der Druck ⇒ Weiteres Ausdehenen und
Verengen der darüber liegenden Stromröhre. Dem wirkt die innere Reibung
entgegen, sie versucht, das Geschwindigkeitsgefälle abzubauen (∼ η und ∼
v
r)
Unter dem Einfluss der Trägheit allein, die proportional zu ρv 2 ist, würde
die Störung sich vergrößern ⇒ Strömung wird instabil ⇒ Turbulenz
Das Verhältnis von Trägheit zu Reibung entscheidet die Reynolds-Zahl.
6.5
Grenzschichttheorie, Prandtl
Wir betrachten die Stromlinien einer idealen Flüssigkeit um eine Kugel.
Diese weichen symmetrisch zur Äquatorebene aus.
An den Polen p und p’ befinden sich die Staugebiete (v = 0). Am schnellsten
strömt die Flüssigkeit am Äquator.
Nach Bernoulli nimmt der statische Druck vom Pol zum Äquator hin ab und
dann genau symmetrisch zum anderen Pol wieder zu. Diese symmetrische
Druckverteilung kann keine resultierende Kraft auf die Kugel ausüben.
Eine Kugel böte einer idealen Flüssigkeit keinen Widerstand. Um sie mit
konstanter Geschwindigkeit durch die Ruhende Flüssigkeit zu ziehen braucht
man keine Kraft (Γ = 0)!
Das widerspricht der Erfahrung!
Lösung:
Das Strömungsbild sieht nur am Anfang so symmetrisch aus, nach kurzer
Zeit ändert die unvermeidliche Reibung in der Grenzschicht um die Kugel das Strömungsbild. → Wirbel (Totwasser im Lee) → Die statistischen
Drücke sind nicht mehr symmetrisch, die Wirbel zerreiben sie.
F ∼ cw v 2 ρA . . .
Grenzschicht:
Es herrscht senkrecht zur Oberfläche ein Geschwindigkeitsgefälle dv
dz , es ist
umso steiler, je dünner die Schicht, also in Flüssigkeiten geringer Viskosität.
Große Raynolds-Zahlen Re entsprechen einer kleinen Zähigkeit, d.h. quasi
110
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
ideal!
Dies gilt jedoch nicht an / in der Nähe von festen Wänden.
ideal: vn |W and = 0
zäh: vn |W and = 0
und vtan |W and = 0 (6.51)
Für große Re geht v in einer dünnen Grenzschicht mit großen dv
dz auf Null
zurück.
Die Grenzschicht kann laminar oder turbulent sein.
Wir betrachten nur den laminaren Fall (Prandtl), also einen stetigen Übergang.
dv
dz
wird durch die Zähigkeit verursacht, die Zähigkeit darf also trotz großer
Re nicht vernachlässigt werden.
Grenzschicht: η∆~v , wichtig, wo ~v → 0.
Phänomenologie
An jedem durch die Flüssigkeit gezogenem Körper hängt eine laminare
Schicht, die Grenzschicht. Das Geschwindigkeitsgefälle in ihr vermittelt den
o.g. Übergang.
Dieses Gefälle ist linear (dz v ∼ z), wenn die Dicke δ dieser Schicht klein
gegen die Abmessungen l des Körpers ist. Dann ”sieht” die Flüssigkeit praktisch nur ein ebenes Wandstück.
Nochmal
Wir betrachten die Strömung eines idealen Fluids um eine Kugel. Die Staupunkte befinden sich an den Polen p und p’. Das Fluid strömt am schnellsten am Äquator. Die Stromlinien weichen symmetrisch zur Äquatorebene
aus. Die symmetrische Druckverteilung bedeutet, dass es keine resultierende Kraft gibt. Dies widerspricht der Erfahrung, vgl. auch d’Alembertsches
Paradoxon.
Lösung:
Das Strömungsbild ist in Realität nicht symmetrisch, die unvermeidliche
Reibung führt zur Ausbildung einer viskosen Grenzschicht. Das hat eine
Veränderung der Strömung (Wirbelablösung) und der Druckverhältnisse zur
Folge, und damit dann auch eine effektive Kraft.
Für große Re geht die Strömungsgeschwindigkeit in einer dünnen Grenzschicht gegen Null.
Bedeutung der laminaren Grenzschicht nach Prandtl (1904):
Die Grenzschicht sei klein gegen die Abmessung des umströmten Körpers
δ ≪ RKrümmung → ebenes Problem
Da sich zudem die Geschwindigkeit nur in Wandnähe ändert, kann sie in
dem an die Randschicht anschließendem Gebiet als konstant angenommen
werden.
6.5. GRENZSCHICHTTHEORIE, PRANDTL
111
Als Randschicht bezeichnet man die kleine Übergangsschicht für die endliche Geschwindigkeit auf Null.
Unter diesen beiden Annahmen erfolgt die Behandlung der laminaren Grenzschicht nach Prandtl (1904).
Wichtiger Hinweis:
Die Näherung Navier-Stokes-Gleichung geht über in Euler-Gleichung ist für
große Raynold-Zahlen nicht erlaubt.
⇒ Randbedingungen:
Ohne η∆~v ist die Bewegungsgleichung von 1. Ordnung und die 2. Randbedingung, ~vtan = 0, die zusammen mit ~vn = 0 das Fließen des Fluids
an der Körperoberfläche beschreibt, ist nicht mehr zulässig. Das Problem
der Lösung der Euler-Gleichung wäre dann überbestimmt. Die Nichtberücksichtigung dieser 2. Randbedingung lässt letztendlich die Beschreibung der
Entstehung von Wirbeln nicht zu.
Prandtlsche Grenzschichttheorie für inkopressible homogene Fluide
Als Ausgangspunkt nehmen wir die Kontigleichung und die Navier-StokesGleichung.
~ · (ρ~v ) = 0 → ∇
~ · ~v = 0
∂t ρ + ∇
(6.13):
~ v ) = −∇p
~ + η∆~v
ρ(∂t~v + (~v · ∇)~
Wir möchten wieder die Größenordnungen der einzelnen Terme abschätzen.
Mit der Transformation:
t = T t∗
~v = V ~v ∗
~ = 1∇
~∗
∇
L
p = V 2 ρp∗
T = VL : typische dynamische Zeitskala
L: Länge, so dass Re = ρLV
η ≫ 1, typische Ausdehnung des Fluids
V : typische (∼ mittlere) Geschwindigkeit
erhält man eine dimensionslose Schreibweise
∂~v ∗
~ ∗ )~v ∗ = −∇
~ ∗ p∗ + 1 ∆∗~v ∗
+ (~v ∗ · ∇
∂t∗
Re
∂t~v ∼
η
∆~v
ρ
→
ηV ∗ ∗
V
∂t∗ ~v ∗ ∼
∆ ~v
T
ρL2
→
∂t∗ ~v ∗ ∼
(6.52)
η
∆∗~v ∗
ρV L
Im Abstand > δ ist ~v ∗ ≃ 1, an den Wänden geht ~v ∗ von ≪ 1 bis 0.
Da Re ≫ 1 ist der Reibungsterm i.A. vernachlässigbar, das gilt aber nicht
am Rand, dort wird ∆∗~v ∗ groß !
Wir lassen nun die Sterne weg.
112
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
∂~v
~ v = −∇p
~ + 1 ∆~v
+ (~v · ∇)~
∂t
Re
(6.53)
~ · ~v = ∂vx + ∂vy + ∂vz = 0
∇
∂x
∂y
∂z
(6.54)
Konti-Gleichung:
Wir betrachten eine 2-dim. Strömung mit vz = 0.
Randbedingungen:
y=0:
vx = vy = vz = 0
y=δ:
vx = 1 vz = 0
(6.55)
vx = 1 an y = δ so schnell wie die Strömung
vz verschwindet auf beiden Seiten, überall 0!
(6.53) und (6.54) werden zu einem 2-dimensionalen Problem:
∂vx
∂vx
∂vx
+ vx
+ vy
∂t
∂x
∂y
∂p
1
= −
+
∂x Re
∂ 2 vx ∂ 2 v x
+
∂x2
∂y 2
!
(6.56)
∂vy
∂vy
∂vy
+ vx
+ vy
∂t
∂x
∂y
∂p
1
= −
+
∂y Re
∂ 2 vy
∂ 2 vy
+
∂x2
∂y 2
!
(6.57)
∂vx ∂vy
+
=0
∂x
∂y
(6.58)
Nun schätzen wir die Größenordnung der verschiedenen Terme ab.
In der Schicht wächst vx von 0 bis 1 (maximal), dasselbe gilt für
∂vx ∂ 2 vx ∂p
∂x , ∂x2 , ∂x .
∂v
Aus (6.58) folgt ∂yy ∼ 1 und vy ∼ δ (vy ∼ ∂x vx dy, für sehr dünne Schicht
steht “=”), ergo:
∂vy
∂ 2 vy
∼δ
∼δ
∂x
∂x2
In der Schicht fällt vx von 1 auf 0:
1
∂vx
∼
∂y
δ
1
∂ 2 vx
∼ 2
2
∂y
δ
6.5. GRENZSCHICHTTHEORIE, PRANDTL
113
Einsetzten der 1. Ordnungen in (6.56) liefert:
1
1
∼ 1 oder δ ∼ √
2
Reδ
Re
Dicke der Grenzschicht
(6.59)
Bei großen Reynold-Zahlen ist das Fluid praktisch reibungsfrei.
(6.48) liefert mit Re ∼ δ12 :
1
∂p
∼
∼δ
∂y
Reδ
Innerhalb der Grenzschicht ist der Druckunterschied also sehr gering.
p(δ) = p(0) + ∂y pδ
| {z }
=δ 2
Innerhalb der Schicht ist der Druckunterschied ∆p ∼ δ 2 ≪ 1.
Quer zur Schicht ist der Druck quasi konstant!
Einschub
Prandtlsche Grenzschichtgleichung
vy ≪ vx :
vy ∼ δ
∂p
dp
∂p
≪
=
∂y
∂x
dx
η ∂ 2 vx
1 dp
∂vx
∂vx
+ vy
−
=−
∂x
∂y
ρ ∂y 2
ρ dx
∂vx
∂vy
+
=0
∂x
∂y
Für eine Potentialströmung ausserhalb der Grenzschicht mit U (x) gilt:
vx
p+ρ
v2
= const
2
(Bernoulli)
−
1 dp
dv
=U
ρ dx
dx
Wirbelablösung für stationäre Strömung:
∂ t v x = ∂ t vy = 0
In unmittelbarer Umgebung der Wand (y ≪ δ) gilt:
vx |W and = vy |W and = 0
∂x2 vx ≪ ∂y2 vx
Für das Geschwindigkeitsprofil erhält man so aus (6.56) die Bestimmungsgleichung:
∂ 2 vx
∂p
= Re
= const
∂y 2
∂x
| {z } | {z }
f (y)
f (x)
(6.60)
114
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
Grenzschichtablösung an einem Zylinder
Vor dem Zylinder herrscht Potentialströmung. An der Zylinderoberfläche
bildet sich eine Grenzschicht aus. Der Druck nimmt von A nach B auf der
Vorderseite ab und steigt an der Rückseite wieder an. Die Grenzschicht reisst
in C ab und bildet ein sogenanntes Totwassergebiet mit Wirbeln, welches
von der Hauptströmung entkoppelt ist. Am Ende desselben werden die Wirbel in einer Karmanschen Wirbelstraße mit der Strömung transportiert.
Auflösung des d’Alembertschen Paradoxons:
Das Abreissen der Grenzschicht und die Ausbildung der Wirbelstraße führen
zu einer Druckasymmetrie von Vorder- und Rückseite, und somit zu einer
effektiven Druckkraft.
Grenzschichtablösung
Interessante neue Physik: Grenzschicht kann sich ablösen und das Eindringen von Wirbeln über den Rand ermöglichen.
Wie ist das möglich?
Idealisiertes Modell der Grenzschicht nahe der Wand (y ≪ δ):
~ · ~v |/|ν∆~v | = Re !) und es gilt
Der Trägheitsterm ist unwichtig (|~v ∇
dp∗
∂ 2 vx∗
=
∗
dx
∂y ∗2
(Von idealer Strömung aufgeprägter Druckgradient von Reibung bilanziert)
dp∗
⇒ Das Vorzeichen von dx
∗ bestimmt die Krümmung des Geschwindigkeitspro∗
fils vx (y)|z=const.
6.5. GRENZSCHICHTTHEORIE, PRANDTL
115
Schematisch: vx muß bei y = δ zu u werden (also vx∗ bei y ∗ = 1 zu u∗ )
dp∗
<0
dx∗
dp∗
>0
dx∗
Aber auch:
dp∗
>0
dx∗
Wenn
dp∗
dx∗
groß genug ist, kann nahe der Wand Rückströmung (vx∗ ) einsetzen!
116
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
Erinnerung:
Bei einem umströmten Zylinder (ideal) nimmt p längs des Objektes ab, anschliessend wieder zu. ⇒ Hinter p = pmin ist Gegenströmung möglich (aber
nicht notwendigerweise)
Näherungslösung unter Vernachlässigung des Trägheitsterms (gute Näherung für y ∗ → 0, schlecht für y ∗ → 1 (y → δ)):
Randbedingung bei y ∗ = 0
:
bei y ∗ = 1 :
u2 p
v2
Bernoulli:
+ = 0
⇒
2
ρ
2
vx∗ = 0 ,
vy∗ = 0
vx∗ = u∗ (x)
u∗2 2 p∗ 2 v02
v + ρv0 =
2 0
ρ
2
⇒
u∗2 = 1 − 2p∗
Zur leichteren Schreibweise werden nun die “∗” weggelassen.
∂ 2 vx
dp
=
= p′
∂y 2
dx
1
∂vx
= p′ · y + c1 (x) ⇒ vx = p′ y 2 + c1 (x) · y + c2 (x)
⇒
∂y
2
vx (y = 0) = 0 ⇒ c2 (x) = 0
p
p
1
1 − 2p = p′ + c1 (x)
vx (y = 1) = u = 1 − 2p ⇒
2
p
1 ′
⇒ c1 (x) = 1 − 2p − p
2
⇒
p
1 ′ 2
1 ′
vx = p y +
1 − 2p − p y
2
2
vy bestimmt man aus der Kontinuitätsgleichung (diese gilt auch in normierten Koordinaten):
∂vy
δ 1
∂vx v0
+
v0
· =0
∂x L0
∂y L0 δ
6.5. GRENZSCHICHTTHEORIE, PRANDTL
117
∂vx
1
1 2p′
1
= − p′′ y 2 − − √
− p′′ y
∂x
2
2 1 − 2p 2
2p′
1 ′′ 3 1
′′
√
⇒ vy = − p y +
+ p y 2 + c3 (x)
6
4
1 − 2p
vy (y = 0) = 0 ⇒ c3 (x) = 0
∂vy
∂y
= −
⇒
1
1
vy = − p′′ y 3 +
6
4
√
2p′
+ p′′ y 2
1 − 2p
⇒ Vollständiges Strömungsmuster
Explizites Beispiel: einfacher Ansatz mit Minimum
p(x) = p0 x2
⇒
u =
q
p0 = 1
1 − 2p0 x2
⇒
1
Staupunkte bei ± √ ∼ 0.7
2
plot von -0.7 bis 0.7, y = 1
plot von -0.7 bis -0.6 → Einströmen
plot von 0.6 bis 0.7 → Umkehr
Visualisierung mit Grenzschicht.mws, wobei im Zoom die Vektorpfeile zur
besseren Sichtbarkeit skaliert sind.
118
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
dp
dp
⇒ Ablösung im Gebiet mit dx
> 0 (aber nicht bei dx
= 0 !)
Kriterium:
dv 1 ′ p
=0 ⇒
p = 1 − 2p
dy y=0
2
1
xU mkehr = √ ≈ 0.577 in unserem Zahlenbeispiel
3
Konsequenz: Separation der idealen Strömung vom Gebiet hinter dem Körper,
diese führt ein Eigenleben (“Totwasser”)
⇒ Ausbildung von Wirbeln hinter dem umströmten Körper
Beispiel: Karmann’sche Wirbelstrasse
Video: karmann.mpg
Anderes Beispiel: Fluß mit Wandstelle
Strömung um einen Zylinder:
Mit Reibung: vx hat einen Umkehrpunkt (Ablösung).
Anschaulich:
dp
dp
Strömung wird im Gebiet dx
< 0 beschleunigt und bremst im Gebiet dx
>0
wieder ab. Im symmetrischen Fall gibt es zwei Staupunkte, mit Reibung
wandert der hintere Staupunkt nach vorne und es kommt zur Ablösung.
Druck bilanziert sich nicht mehr ⇒ Auflösung des d’Alembert’schen Paradoxons!
6.5. GRENZSCHICHTTHEORIE, PRANDTL
119
Video: prandtl.mpg
Siehe auch: Turbulence Scott.mpg: Turbulenz in einem magnetisierten Plasma; gezeigt ist die fluktuierende Teilchendichte (Quelle: B. Scott, MPI für
Plasmaphysik).
Das Totwassergebiet ist i.A. verwirbelt, es gibt aber auch laminares Totwasser.
Bemerkung:
Zur Ablösung ist die turbulente Grenzschicht nicht notwendig (aber sie
begünstigt die turbulente Ablösung).
In laminaren Strömungen kann auch Ablösung vorkommen.
Naives Argument:
Nach dem Satz von Thomson ist die Zirkulation in einem Flüssigkeitselement
~ × ~v = 0, dann gilt dies in stationären
erhalten. ⇒ Wenn im Unendlichen ∇
Strömungen für die ganze Stromlinie (einmal Potentialströmung, immer Potentialströmung). Dies beruht aber darauf, dass Rotation um eine Stromlinie
herum gebildet wird. Stromlinien auf der Oberfläche lassen keine Kurve um
sich herum zu, können also ein anderes Verhalten zeigen.
120
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
In der idealen Hydrodynamik möglich:
“Tangentiale Unstetigkeitsfläche”: Hier springt vk auf 0! ⇒ Sprung von vk
~ ×B
~ = µ · ~j)
bedeutet Flächenrotation (analog zu Sprung von Bk ⇒ ∇
Tangentiale Unstetigkeitsflächen sind instabil und brechen in Wirbel auf
(Kelvin-Helmholtz-Instabilität, siehe später).
Mit Viskosität:
Es enden beliebig viele Stromlinien auf der Oberfläche des Körpers ⇒ Wirbel können “einwandern”.
Konsequenz der Wirbelbildung:
Turbulente Strömung hat andere v-Abhängigkeit des Strömungswiderstandes:
~ ∼v
Erinnerung: laminar (Hagen-Poiseuille): ∇p
2
~
turbulent: ∇p ∼ v !
Hängt von der Form des Körpers ab:
Kraft K = cw · ρv 2 A
A: Stirnfläche
cw : “Widerstandsbeiwert”, dimensionslose Kennzahl, welche die
Formabhängigkeit
beschreibt
R
d R
Kds ∼ Kdv ∼ v 3 !
Konsequenz: Leistung dt
√
Beispiel Kfz: 50 PS → 150 km/h, 150 PS → 3 3·150 km/h = 216 km/h
6.6. EIN EINFACHES MODELL ZUR VISKOSITÄT IN GASEN
121
Beeinflussung der Ablösung:
Quelle: Aerodynamik (30. März 06)
dp
<0
Vor dem Umschlagspunkt: dx
dp
Nach dem Umschlagspunkt: dx > 0
dp
dp
Stromlinienform (kleine dx
im Bereich dx
> 0)
Absaugen der Grenzschicht (Phantom-Triebwerk)
6.6
Ein einfaches Modell zur Viskosität in Gasen
Die Viskosität als Transportkoeffizient ist nicht selbstkonsistent im Rahmen
der Fluidtheorie beschreibbar. Die genaue mikroskopische Berechnung erfolgt durch Auswertung des Boltzmannschen Stoßintegrals, also der rechten
Seite der Boltzmanngleichung.
Hier betrachten wir eine einfache Abschätzung der Viskosität, genauer des
Scherungskoeffizienten der Viskosität η, für verdünnte Gase mit
L≪l≪d
L: Lineardimension des betrachteten Systems
l: Freie Weglänge der Gasmoleküle
d: Moleküldurchmesser
Wir betrachten eine Strömung.
122
KAPITEL 6. VISKOSE FLUIDE
Es seien n Gasteilchen pro Fluidvolumeneinheit gegeben. 31 n besitzt dann eine gemittelte thermische Geschwindigkeit ū in z-Richtung. 61 ū, die Hälfte also, hat eine mittlere Geschwindigkeit in positiver bzw. negativer z-Richtung.
Gasteilchen, die die Ebene y = 0 von unten (oben) passieren, haben im Mittel ihren letzten Stoß an y − l (y + l) erfahren, sie haben also im Mittel
die makroskopische Schwerpunktgeschwindigkeit vx (y − l) (vx (y + l)). Die
Gasteilchen transportieren also einen mittleren Impuls in x-Richtung von
1
6 mnūvx (y ± l) pro Zeit und Fluideinheit. Der resultierende Impulsfluss pro
Fluideinheit ist somit:
1
J = mnū[vx (y − l) − vx (y + l)]
6
Taylor-Entwicklung:
1
Kx
Kraft
J = mnū(−2∂y vx l) =
=
= −η∂y vx
6
F
Flächeneinheit
1
η = mnūl
3
Da l ∼
1
n
1
ν = ūl
3
ist η interessanterweise dichteunabhängig.
Kapitel 7
Hydrodynamische
Instabilitäten
7.1
Die Rayleigh-Taylor- und die Kelvin-HelmholtzInstabilität
Dynamische Prozesse:
a) Strömungen
b) Wellen
c) Instabilitäten
Instabilitäten:
Ausgangspunkt ist immer ein stationäres System, sei es ein hydrostatisches
v0 = 0, oder ein hydrodynamisches v0 6= 0 (Strömungen, Wellen).
Die Frage, die sich stellt, lautet:
Ist das betrachtete System stabil, d.h. wird das System in dem vorliegenden
Zustand verharren?
Genauer:
Ist das System stabil gegen kleine Störungen, d.h. werden lineare Strömungen gedämpft oder wachsen sie (exponentiell) mit der Zeit?
Ein mechanisches Analogon stellt eine Kugel auf einem Berg bzw. in einem
Tal dar.
123
124
KAPITEL 7. HYDRODYNAMISCHE INSTABILITÄTEN
Wie bei der Beschreibung von Wellenphänomenen gilt es auch hier die Dispersionsrelation ω(k) aufzustellen.
Bei Strömungen ∼ e−iωt bedeutet
ω ∈ R:
Imω 6= 0:
Imω > 0:
Imω < 0 :
rein oszillierende Lösung
→ ungedämpfte stabile Welle
exponentiell anwachsende Mode
→ Instabilität
exponentiell gedämpfte Mode
→ Stabilität
Für Imω > 0, Reω 6= 0 spricht man von einer “überstabilen Mode”, diese
ist also instabil. Dabei handelt es sich um Oszillatoren, deren Amplitude
mit der Zeit exponentiell anwächst.
Wir fragen nun nach der Stabilität einer Grenzschicht zwischen zwei Flüssigkeiten, z.B. zwischen zwei unterschiedlichen Luftströmungen in der Amosphäre (allgemein: Wasser-Luft).
Methode: Normalmodenanalyse, das ist eine lineare Stabilitätsanalyse →
nichtlineare Terme in den als klein angenommenen Störgrößen werden vernachlässigt.
Jede beliebige periodische Strömung, die durch linearisierte Gleichungen
beschrieben wird, lässt sich als Superposition ihrer Fourier-Komponenten
~
(∼ ei(k·~r−ωt) ) darstellen. → Gestörte Größen werden als monochromatische
Moden angesetzt (siehe IV Wellen).
7.1. DIE RAYLEIGH-TAYLOR- UND DIE KELVIN-HELMHOLTZ-INSTABILITÄT125
Wir betrachten nun folgendes System:
Die Fluide strömen mit der konstanten Geschwindigkeit u bzw u′ in positiver x-Richtung. Wir nehmen an, dass die Fluide inkompressibel sind. Die
Konfiguration erfüllt damit die die stationäre (∂t = 0) Kontinuitäts- und
~ 0
~
~ v0 = − ∇p
g )).
Euler-Gleichung (~v0 · ∇)~
ρ0 − ∇ψ (+~
Die Frage ist nun, ob die Auslenkungen der Grenzschicht |ζ1 (x, t)| aus dem
stationären Ausgangszustand ζ0 (x) = 0 mit der Zeit anwachsen, gedämpft
werden oder oszillieren.
~ × ~v0 = ∇
~ × ~v0′ = 0
∇
Helmholtz
~ × ~v1 = ∇
~ × ~v1′ = 0
∇
→
Formulierung mit Hilfe des Geschwindigkeitspotentials:
Φ = ux + Φ1
′
Φ
′
= ux+
Φ′1
(7.1)
(7.2)
Vertikale Geschwindigkeit eines FEes: vz1 = dt ζ1
∂Φ1
∂z
=
∂ζ1
+
∂t
∂ζ1
∂x}
| {z
u
(7.3)
Linearisierung
∂Φ′1
∂z
=
∂ζ1
∂ζ1
+ u′
∂t
∂x
(7.4)
Die konvektiven Terme bei Wellen werden nicht betrachtet, da die Wellen
in ruhendem Fluid betrachtet wurden.
Fourier-Komponenten-Ansatz für Störgrößen:
ζ1 = ζ̂e−iωt+ikx
ebene Oberflächenwelle (vgl. (4.48))
Analog geht man für Φ1 , Φ′1 (in Abhängigkeit von x und t) vor.
Φ1 , Φ′1 müssen der Laplace-Gleichung genügen (Inkompressibilität).
(7.5)
126
KAPITEL 7. HYDRODYNAMISCHE INSTABILITÄTEN
→
Φ′1 ∼ f ′ (z)
Φ1 ∼ f (z)
z-Abhängigkeit
Bestimmungsgleichung für f (z), f ′ (z):
d2 f
− k2 f = 0
dz 2
vgl. (4.10)
Und damit:
Φ1 = Φ̂e−iωt+ikx+kz
(7.6)
Φ′1
(7.7)
′ −iωt+ikx−kz
= Φ̂ e
Das Vorzeichen in kz ist so, dass die Strömung im jeweiligen Fluid mit
zunehmendem Abstand von der Grenzschicht abklingt.
Zur Erinnerung: f ∼ ekz + e−kz , vgl. Diskussion der Schwerewellen für tiefes
Wasser.
Die Wellenlänge sei hinreichend klein gegenüber der vertikalen Ausdehnung
der Fluide.
(7.5)-(7.7) in (7.3) und (7.4) ergibt:
k Φ̂ekz = i(−ω + ku)ζ̂
′ −kz
−k Φ̂ e
(7.8)
′
= i(−ω + ku )ζ̂
(7.9)
Das sind zwei Gleichungen, die die unbekannten Amplituden Φ̂, Φ̂′ und ζ̂
miteinander verbinden. Wir benötigen nun eine 3. Gleichung.
Randbedingung aus Bernoulli für nichtstationäre Strömung:
ρ
∂Φ 1 ~ 2
+ ρ(∇Φ) + p + ρgz = F (t)
∂t
2
vgl. (3.3)
Der Druck sei über der Grenzfläche stetig. Mit dem Übergang
Φ
→
Φ+
Z
F (t)dt
ist das Geschwindigkeitspotential bis auf eine Zeitfunktion bestimmt.
Randbedingung (ρ1 = 0 wegen Inkompressibilität):
ρ
Druck
∂Φ 1 ~ 2
stetig
+ (∇Φ) + gζ1 = −p = −p′
∂t
2
z=ζ1
= ρ′
∂Φ′ 1 ~ ′ 2
+ (∇Φ ) + gζ1 ∂t
2
z=ζ1
(7.10)
7.1. DIE RAYLEIGH-TAYLOR- UND DIE KELVIN-HELMHOLTZ-INSTABILITÄT127
Linearisiert:
′
~ 2 = 2u ∂Φ1
∇Φ
∂x
~ ′2 = 2u′ ∂Φ1
∇Φ
∂x
Somit erhalten wir:
ρ0
∂Φ1
∂Φ1
+u
+ gζ1 = −p1 |z=0 = −p′1 |z=0
∂t
∂x
z=ζ
= ρ′0
∂Φ′
∂Φ′1
+ u′ 1 + gζ1 ∂t
∂x
z=ζ
(7.11)
Bzw. mit den Störansätzen (7.5)-(7.7):
ρ0 (i(−ω + ku)Φ̂ekz + g ζ̂) = ρ′0 (i(−ω + ku′ )Φ̂′ e−kz + g ζ̂)
(7.12)
Das ist also die 3. Bestimmungsgleichung für Φ̂, Φ̂′ und ζ̂.
(7.8) und (7.9) in (7.12):
ρ0 (i(−ω + ku)i(−ω + ku) + gk)
− ρ′0 (−i(−ω + ku′ )i(−ω + ku′ ) + gk) = 0
(7.13)
⇒ Dispersionsrelation ω(k) für Strömungen der Grenzschicht zwischen zwei
Fluiden:
a) Sei u = u′ = 0:
7.13
→
−ρ0 ω 2 + ρ0 gk − ρ′0 ω 2 − ρ′0 gk = 0
(7.14)
s
(7.15)
ω
=±
k
oder
g ρ0 − ρ′0
k ρ0 + ρ′0
Sei ρ′0 ≪ ρ0 (z.B. Luft auf Wasser):
→
p
ω = ± gk
(7.16)
Das ist die Dispersionsrelation für eine Schwerewelle in der Tiefwassernäherung (vgl. (4.13)).
ω ∈ R rein oszillierende Mode
Imω = 0 keine Dämpfung / keine Instabilität
b) Sei wieder u = u′ = 0.
Nun aber ρ′0 > ρ0 , d.h. ein schwereres Fluid ruht auf einem leichten. Wie
auch intuitiv einleuchtend ist, ist eine solche Konfiguration instabil; das
schwerere Fluid hat die Tendenz unter das leichtere zu sinken.
128
KAPITEL 7. HYDRODYNAMISCHE INSTABILITÄTEN
Mathematischer Ausdruck dieser Instabilität des hydrostatischen Gleichgewichtes:
Die Wurzel in (7.15) wird imaginär für ρ′0 > ρ0 , die positive imaginäre Wurzel beschreibt die instabile Mode mit der Anwachsrate:
s
q
kg
′
Im
|Imω| = ρ
−
ρ
0
0 ρ0 + ρ′0
(7.17)
Rayleigh-Taylor-Instabilität
Die negative Wurzel beschreibt die gedämpfte Mode, das ist hier nicht von
Interesse.
c) u 6= 0, u′ 6= 0
ρ > ρ′ : Rayleigh-Taylor stabil
Löse (7.13) in quadratische Gleichung in ω auf:
ω2 − 2
ρ0 − ρ′0
ρ0 k 2 u2 + ρ′0 k 2 u′2
ρ0 ku + ρ′0 ku′
ω
−
gk
+
=0
ρ0 + ρ′0
ρ0 + ρ′0
ρ0 + ρ′0
Mit der Lösung:
ω=
Bzw.:
ρ0 ku + ρ′0 ku′
ρ0 + ρ′0
v
u
u ρ0 ku + ρ′ ku′ 2
ρ0 − ρ′0
ρ0 k 2 u2 + ρ′0 k 2 u′2
0
±t
+
gk −
ρ0 + ρ′0
ρ0 u + ρ′0 u′
ω
±
=
k
ρ0 + ρ′0
ρ0 + ρ′0
s
(7.18)
ρ0 + ρ′0
g ρ0 − ρ′0 ρ0 ρ′0 (u − u′ )2
−
k ρ0 + ρ′0
(ρ0 + ρ′0 )2
(7.19)
(7.20)
(ρ0 u + ρ′0 u′ )2
ρ0 u2 + ρ′0 u′2
−
(ρ0 + ρ′0 ) =
′ 2
(ρ0 + ρ0 )
(ρ0 + ρ′0 )2
ρ0 ρ′0 (u − u′ )2
1
′
′
′ 2
′ ′2
′ 2 (2ρ0 ρ0 uu − ρ0 ρ0 u − ρ0 ρ0 u ) = −
(ρ0 + ρ0 )
(ρ0 + ρ′0 )2
Dispersionsrelation (7.20) beschreibt Instabilität für
ρ0 ρ′0 (u − u′ )2 >
g 2
(ρ − ρ′2
0)
k 0
(7.21)
Kelvin (1871) - Helmholtz (1868) - Instabilität
Mit der Anwachsrate:
s
g ρ0 − ρ′0 ρ0 ρ′0 (u − u′ )2 |Imω| = kIm
−
k ρ0 + ρ′0
(ρ0 + ρ′0 )2 (7.22)
7.1. DIE RAYLEIGH-TAYLOR- UND DIE KELVIN-HELMHOLTZ-INSTABILITÄT129
Es ist Reω 6= 0. Jede instabile Mode ist eine überstabile Mode → Anregung
von Wellen mit exponentiell anwachsender Amplitude.
Beispiel: Wind bläst über ein Gewässer → sich aufsteilende Wellen
Für g → 0 ist (7.21) immer erfüllt → intergalaktische Jets
Instabilitätsbedingung
∼
k >∼
1
(u − u′ )2
Für kleine Relativgeschwindigkeiten sind Strömungen mit kleiner Wellenlänge
instabil, aber λ ≫ λStoß (vgl. Modifikation bei Berücksichtigung der Oberflächenspannung).
Berücksichtigung der Oberflächenspannung
Was ist Oberflächenspannung?
Flüssiger Aggregatszustand ist gekennzeichnet durch kurzreichweitige Wechselwirkung (Van-der-Waals-Kräfte zwischen Molekülen)
Effektives Potential zwischen Molekülen:
1 Abstoßend für kleine r ⇒ Minimalabstand 6= 0
2 Verschwindet für r → ∞ ⇒
frei beweglich auf großen Skalen
Im Innern: Alle Moleküle haben nächste Nachbarn, Kräfte heben sich auf.
Oberfläche: Nächste Nachbarn nur zur Flüssigkeit hin → Kraftwirkung
Beschreibung im Flüssigkeitsbild:
Gekrümmte Oberfläche zwischen 1 und 2
Gerade =
ˆ minimale Fläche, jede
Krümmung vergrößert die Oberfläche
Bei Verschiebung (Ausdehnung) von 1 in Richtung 2 muß Arbeit geleistet
werden.
Bei Verschiebung um δs ist
Kraft =
Z
(p2 − p1 )dF
Arbeit =
Z
(p2 − p1 )dF · δs = δWDruck
130
KAPITEL 7. HYDRODYNAMISCHE INSTABILITÄTEN
Beitrag der Oberflächenspannung: Änderung der Oberfläche
Eindimensional: Lokale Näherung durch Schmiegekreis
Oberfläche ∼ Länge des Kreisbogens Rdθ
δWOberf l. = α · δF
= α·
= α·
⇒ gesamte Arbeit:
Z
Z
Z
(α: Oberflächenspannung )
((R + δs)dθ − Rdθ) = α ·
δs
Rdθ = α ·
R
dF
δs
R
(p2 − p1 )dF · δs + α
Im Gleichgewicht ist gerade δW = 0:
Z
Z
δsdF p2 − p1 + α
1
R
Z
Z
δsdθ
δs
dF = δW
R
!
= 0 für beliebige δs
⇒ Gleichgewichtsbedingung an der Oberfläche:
1
p2 − p1 + α = 0
R
⇒ Effekt der Oberflächenspannung:
Bei gekrümmter Oberfläche gibt es einen Druckunterschied
1
p1 > p2 da p1 = p2 + α
R
Für R → ∞: Drücke gleich, Oberfläche ändert sich nicht
Für R → 0: Sehr großer Druck p1 notwendig, um Oberfläche auszudehnen
⇒ Aufblasen eines Luftballons geht am Anfang am schwersten!
Beispiel Gleichgewicht zwischen zwei Luftballons:
Stabiler Zustand ist nicht R1 = R2 , sondern ein Radius minimal, der andere
maximal.
Erweiterung auf zweidimensionale Fläche: “Hauptachsen”-Krümmung
7.1. DIE RAYLEIGH-TAYLOR- UND DIE KELVIN-HELMHOLTZ-INSTABILITÄT131
Zurück zum Eindimensionalen:
Für ζ ≪ λ gilt
1
∂2ζ
≈
R
∂x2
Die Oberflächenspannung α hat die Tendenz die Grenzfläche zu minimieren,
sie unterdrückt kleinste Wellenlängen.
In der Randbedingung für den Druck (7.11) gilt nun:
ρ0 (∂t Φ1 + u∂x Φ1 + gζ1 )|z=0 = (−p1 + α∂x2 ζ1 )|z=0
= −p′1 |z=0 = ρ′0 (∂t Φ′1 + u′ ∂x Φ′1 + gζ1 )|z=0
(7.23)
Bzw. mit den Störansätzen (7.5)-(7.7), (7.8) und (7.9):
ρ0 (i(−ω + ku)i(−ω + ku) + gk)
= ρ′0 (−i(−ω + ku′ )i(−ω + ku′ ) + gk) − αk 3
(7.24)
Auflösen in quadratische Gleichung in ω:
ω2 − 2
ρ0 k 2 u2 + ρ′0 k 2 u′2
ρ0 ku + ρ′0 ku′
ω
+
ρ0 + ρ′0
ρ0 + ρ′0
−
Mit der Lösung:
±
ρ0 − ρ′0
αk 3
gk
−
=0
ρ0 + ρ′0
ρ0 + ρ′0
(7.25)
ρ0 u + ρ′0 u′
ω
=
k
ρ0 + ρ′0
s
g ρ0 − ρ′0
αk
ρ0 ρ′0 (u − u′ )2
+
−
′
′
k ρ0 + ρ0 ρ0 + ρ0
(ρ0 + ρ′0 )2
(7.26)
132
KAPITEL 7. HYDRODYNAMISCHE INSTABILITÄTEN
Die Oberflächenspannung α modifiziert das Stabilitätsverhalten, es hilft
nicht mehr, k beliebig groß zu machen.
Instabilität für:
′
!
|u − u | =
s
ρ0 + ρ′0
ρ0 ρ′0
g
(ρ0 − ρ′0 ) + αk
k
(7.27)
Es ist eine endliche Relativgeschwindigkeit notwendig.
ρ0 ≫ ρ′0 :
′
|u − u | >
s
ρ0 g αk
+ ′
ρ′0 k
ρ0
(7.28)
Rayleigh-Taylor:
u = u′ = 0, ρ′0 > ρ0 genügt nicht.
Instabilitätsbedingung:
g
(ρ0 − ρ′0 ) + αk < 0
k
ρ′0 − ρ0 >
α 2
k
g
Es existiert eine kritische Wellenlänge, kleinste Wellenlängen werden unterdrückt.
7.2
Die Gravitations-Instabilität
Ein Fluid im stabilen Gleichgewicht unter dem Einfluss von Selbstgravitation kann instabil sein.
Linearisierte Euler- und Konti-Gleichung (~v0 = 0):
~ · ~v1 = 0
~ 0 + ρ0 ∇
∂t ρ1 + ~v1 · ∇ρ
~ ρ1 − ∇ψ
~ 1
∂t~v1 = −c2s ∇
ρ0
(7.29)
(7.30)
p1 = c2s ρ1
Poisson-Gleichung:
∆ψ1 = 4πGρ1
(7.31)
Jeans (1961): ρ0 und cs (→ isotherm) sind konstant.
~
∇·(7.30):
2
∆ρ1
∆ρ1
∂ ρ1
7.31
~ · ~v1 7.29
= −c2s
− ∆ψ1 = −c2s
− 4πGρ1
∂t ∇
= − t
ρ0
ρ0
ρ0
(7.32)
~
Mit ρ1 = ρ̂ei(k·~r−ωt) folgt:
ω 2 = c2s (k 2 − kc2 )
(7.33)
7.2. DIE GRAVITATIONS-INSTABILITÄT
133
mit der kritischen Wellenlänge:
kc2 =
4πGρ0
c2s
(7.34)
k < kc → Imω > 0 → Instabilität
Soweit, so schön, aber:
ρ0 und cs konstant bedeutet für das Gleichgewicht:
~ 0 = ∇(c
~ 2s ρ0 ) = −ρ0 ∇ψ
~ 0
∇p
→
| {z }
ψ0 = const
=0
Die Poisson-Gleichung im Gleichgewicht lautet aber ∆ψ0 = 4πGρ0
→ ρ0 = 0!
⇒ Die Analyse ist für eine endliche Massendichte nicht gültig!
→ ”Jeans-Swindle”
Betrachte eine 1-dim. selbstgravitierende Schicht im Gleichgewicht.
ρ0 (z)
bzw.
ψ0 (z)
cs = const
∂z p0 = c2s ∂z ρ0 = −ρ0 ∂z ψ0
4πG
1
= − 2 ρ0
d z ρ0
dz
ρ0
cs
(7.35)
(7.36)
Die Lösung ist:
ρ0 = ρ0 (0) cosh−2
mit H =
z
H
kT
2πGmρ0 (0)
= ρ0 (0)(1 − ω 2 )
1
2
(7.37)
z
und ω = tanh
H
kT
im isothermen Fall
m
Nun betrachte die marginale Mode ω = 0, also Imω > 0 Instabil und km
die Wellenzahl der marginalen Mode.
Divergenz der Euler-Gleichung (7.32) mit ω = 0:
sowie
0 = −c2s
c2s =
∆ρ1
4πGρ0
2
− 4πGρ1 = (d2z − km
)θ +
θ
ρ0
c2s
mit θ =
ρ1
ρ0
Nun ist
dz θ = dω θdz ω = dω θ(1 − ω 2 )
d2z θ = (1 − ω 2 )2 d2ω θ − 2ω(1 − ω 2 )dω θ
(7.38)
134
KAPITEL 7. HYDRODYNAMISCHE INSTABILITÄTEN
⇒
H
2
d2ω θ
2ω
−
dω θ +
1 − ω2
mit
ν2
2
−
1 − ω 2 (1 − ω 2 )2
!
θ=0
(7.39)
ν = km H
Legendreartige Gleichung mit der Lösung:
θ(ω) = A1
1+ω
1−ω
ν
2
(ν − ω) + A2
1−ω
1+ω
ν
2
(ν + ω)
(7.40)
θ bleibt endlich für ω = 1 → ν = 1
→
2
km
=
1
2πGmρ0 (0)
=
2
H
kT
Instabilität für k < km = 12 kc,Jeans für homogene Dichte ρ0 (0).
(7.41)
Kapitel 8
Die Rayleight-BenardKonvektion
Unter Konvektion versteht man eine durch einen Temperaturgradienten verursachte Fluidbewegung. Der Wärmetransport wird mit einem Massentransport assoziiert.
Wir betrachten ein Fluid mit externer Wärmezufuhr Q.
~ | < ∇
~ crit , so wird die
Ist der Temperaturgradient hinreichend klein |∇T
Wärme durch Wärmeleitung im Fluid transportiert (ähnlich wie im Festkörper).
~ |>∇
~ crit , so setzt die konvektive Bewegung von Fluidelementen ein,
Ist |∇T
die die Wärme transportieren.
→ Überkritisches Phänomen / Instabilität
Zur Beschreibung der Benard-Konvektion:
a) Auffinden eines stationären Zustandes / Anfangskonfiguration, gekennzeichnet durch Wärmeleitung
b) Linearmodenanalyse einer Störung dieses Zustandes
Maßgebliche Bilanzgleichungen:
~ · (ρ~v ) = 0
∂t ρ + ∇
~ v ) = −∇p
~ + ρ~g + ν∆~v
ρ(∂t~v + (~v · ∇)~
135
(8.1)
(8.2)
136
KAPITEL 8. DIE RAYLEIGHT-BENARD-KONVEKTION
Sowie die Bilanz der inneren Energiedichte unter Berücksichtigung der Wärmeleitung:
~ −∇
~ · (K ∇T
~ ) + p∇
~ · ~v = 0
ρ(∂t ǫ + ~v · ∇ǫ)
(8.3)
K: Wärmeleitfähigkeit
Verzicht auf Herleitung der Wärmeleitung, die als höheres Moment bei Herleitung der Bilanzgleichungen aus der statistischen Beschreibung (Verteilungsfunktion, Boltzmann-Gleichung und Momentenbildung), in (8.3) auftritt.
(→ Kreuzer: Non-Equilibrium Thermodynamics)
Wir nehmen an, das Fluid sei “annähernd inkompressibel”, d.h. eigentlich
~ · ~v = 0), aber man erlaubt, dass die Dichist das Fluid inkompressibel (∇
te sich lokal mit ansteigender Temperatur vermindert. Dieser Effekt führt
genau zur Konvektionsbewegung, zum Aufsteigen wärmerer, leichterer Fluidelemente (s. später).
Zunächst nehmen wir aber an:
~ · ~v = 0
∇
Im inkompressiblen Fall gilt zudem die thermodynamische Beziehung:
dǫ = cp dT
cp = spezifische Wärme
Damit geht (8.3) über in:
~ = χ∆T
∂t T + ~v ∇T
χ=
K
ρcp :
(8.4)
thermometrische Leitfähigkeit unter der Annahme
konstanter Wärmeleitfähigkeit
Statisches Gleichgewicht: ~v0 = 0
Randbedingungen: T0 (0) = Ta , T0 (d) = Tb
Stationäre Lösung von (8.4):
T0 (z) = Ta − βz
β=
Ta − Tb
d
(8.5)
137
Die thermische Ausdehnung des Fluids ist linear anzunehmen.
ρ(T ) = ρa (1 − α(T − Ta ))
(8.6)
α: Expansionskoeffizient, i.A. ≪ 1
Also (8.5) in (8.6):
ρ0 (z) = ρa (1 + αβz)
ρ0 (0) = ρa
(8.7)
Statische, stationäre Lösung von (8.2):
dp0
= −ρ0 g
dz
→
1
p0 (z) = pa − gρa (z + αβz 2 )
2
(8.8)
Es ist experimentell bekannt, dass eine solche Lösung, (8.5), (8.7). und (8.8),
nur für relativ kleine Temperaturgradienten stabil ist. Der kritische Parameter ist dabei β (Maß für den Temperaturgradienten).
Exkurs
Dieses stationäre System wird beschrieben durch (8.5), (8.7) und (8.8).
T0 (z) = Ta − βz
ρ0 (z) = ρa (1 + αβz)
1
p0 (z) = pa − gpa (z + αβz 2 )
2
Ist es Rayleigh-Taylor-instabil?
Wir betrachten Strömung um z ′ . In einer Umgebung ǫ um z ′ gilt:
ρ0 (z ′ + ǫ) > ρ0 (z ′ − ǫ)
−ǫ
Stabilitätsanalyse wie in Kapitel 6 mit den Störgrößen Φ+ǫ
1 , Φ1 , ζ1 , die als
Fourier-Moden anzusetzen sind.
~v0+ǫ = ~v0−ǫ = 0
(1)
Φ1 ∼ eikx−iωt±kz
∂z Φ1 = ∂t ζ1
138
KAPITEL 8. DIE RAYLEIGHT-BENARD-KONVEKTION
Wie in (7.8) und (7.9) erhalten wir:
+ǫ
−k Φ̂+ǫ e−kz = i(−ω + ku
| {z })ζ̂1
(a)
→0
−ǫ
−ǫ kz
= i(−ω + ku
| {z })ζ̂1
k Φ̂ e
(b)
→0
Die 3. Bestimmungsgleichung erhält man aus Bernoulli + der Stetigkeit des
Druckes:
1 ~ −ǫ 2
1 ~ +ǫ 2
) + gζ1 = ρ−ǫ ∂t Φ−ǫ + (∇Φ
) + gζ1 ρ+ǫ ∂t Φ+ǫ + (∇Φ
2
2
z=ζ1
z=ζ1
ζ1 ≪ 1
auch Randbedingung an
z=0
Linearisierung, d.h. Kleinheitsparameter werden nur bis zur linearen Ordnung berücksichtigt
ρ±ǫ
0 = ρa (1 + αβ(z ± ǫ)) = ρ0 (z) ±
α≪1
ǫ≪1
ρa αβǫ
| {z }
Kleinheitsparameter
homogenes Medium:
β≤0
und dann noch mit den Störgrößen multipliziert.
Φ = Φ0 + Φ1
~ 0 ∇Φ
~ 1=0
∇Φ
Gleichung (c) linearisiert:
−ǫ
ρ0 (∂t Φ+ǫ
1 + gζ1 )|z=0 = ρ0 (∂t Φ1 + gζ1 )|z=0
(d)
−iωt
Fourier-Ansätze: Φ̂±ǫ
1 ∼e
ρ0 (−iω Φ̂+ǫ e−kz + g ζ̂) = ρ0 (−iω Φ̂−ǫ ekz + g ζ̂)
Mit (a) und (b) folgt:
Φ̂+ǫ e−kz = iω
ζ̂
k
Φ̂−ǫ ekz = −iω
ζ̂
k
ρ0 (ω 2 + gk) = ρ0 (−ω 2 + gk)
⇒
ω=0
Lineare Stabilitätsanalyse
Boussinesq-Approximation:
In einem “annähernd inkompressiblen” Fluid, d.h. ρ = const räumlich und
(c)
139
zeitlich, ist ρ1 = 0 (ρ0 = ρa ) in allen Gleichungen, außer im Gravitationsterm der Bewegungsgleichung. In der Tat ist die thermische Expansion (vgl.
(8.6)) in den meisten Fluiden sehr klein, aber im gravitativen Term führt
dieser Effekt genau zum Einsatz der Konvektion (Auftriebskraft).
Streng mathematisch ist diese Vorgehensweise fragwürdig, da keine strenge
Einhaltung der Abschätzung nach Größenordnungen besteht, aber sie ist
erfolgreich, d.h. Experiment wird hinreichend gut beschrieben.
Also in Konti- (8.1), Bewegungs- (8.2) und Wärmetransportgleichung (8.4):
T = T0 + T 1
ρ = ρ0 +ρ1 (T1 ) d.h. mit (8.6):
|{z}
=ρa
ρ = ρa − ρa αT1
Dichtestörung entsteht nur durch Störung in thermischer Expansion.
~v = ~v0 + ~v1
Da ρ1 nur im gravitativen Term berücksichtigt werden soll, ergeben sich die
linearisierten Gleichungen zu:
8.1
→
~ · [(ρ0 + ρ1 )(~v0 + ~v1 )]
∂t (ρ0 + ρ1 ) = −∇
~ · ~v1 = 0
∇
→
8.2
→
(8.9)
~ · (~v0 + ~v1 ))
(ρ0 + ρ1 )(∂t (~v0 + ~v1 ) + (~v0 + ~v1 )∇
~ 0 + p1 ) + (ρ0 + ρ1 )~g + η∆(~v0 + ~v1 )
= −∇(p
(8.10)
Hier gäbe es ohnehin keinen anderen ρ1 -Term.
~ 1 + ρ1~g + η∆~v1
ρ0 ∂t~v1 = −∇p
→
~ p1
∂t~v1 = −∇
ρa
− αT1~g + ν∆~v1
ν=
η
ρa
(8.11)
Hier ist wiederrum ρ0 = ρa .
8.4
→
~ 0 = chi∆T1
∂t T1 + ~v1 ∇T
bzw. mit (8.5) (T0 = Ta − βz):
∂t T1 − v1z β = χ∆T1
(8.12)
140
KAPITEL 8. DIE RAYLEIGHT-BENARD-KONVEKTION
Zweifache Anwendung der Rotation auf (8.11) (erste eliminiert Abhängigkeit
von p1 , zweite führt zur 2. Ableitung von T1 wie in (8.12)) ergibt für die zKomponente:
~ 2 v1z = αg(∂x2 T1 + ∂y2 T1 ) + ν ∇
~ 4 v1z
∂t ∇
~ ×∇
~ × ~v1 = −∇
~ 2~v1
∇
mit ν =
~ × (T1~g ) = ∇T
~ 1 ×~g
∇
für
(8.13)
~ · ~v1 = 0
∇
η
= kinematische Viskosität
ρa
~ ·~g −~g ∇
~ · (∇T
~ 1 ) + (~g · ∇)
~ ∇T
~ 1 − (∇T
~ 1 · ∇)~
~ g
~ × (∇T
~ 1 ×~g ) = ∇T
~ 1∇
∇
(8.12) und (8.13) sind lineare Differentialgleichungen für T1 und v1z (∂z2 T1
hebt sich raus).
⇒ Eine beliebige Störung ist als Superposition von Fourier-Komponenten
darstellbar (Normal-Moden):
v1z = w(z)eωt+ikx x+iky y
(8.14)
ωt+ikx x+iky y
T1 = θ(z)e
(8.15)
periodische x,y-Abhängigkeit
Mit den Ansätzen (8.14) und (8.15) folgt:
8.12
→ ωθ − βw = χ(d2z − kx2 − ky2 )θ
(8.16)
8.13
→ ω(d2z − kx2 − ky2 )w = −αg(kx2 + ky2 )θ + ν(d2z − kx2 − ky2 )2 w(8.17)
(Kein algebraisches Gleichungssystem für Störamplituden → gewöhnliche
DGLs für w, θ.)
Der Stabilitätsübergang liegt bei ω = 0 (ω > 0: Instabilität, ω < 0: Stabilität).
Einschub
Man kann allgemein zeigen, dass für Gleichgewichtssysteme (8.16), (8.17):
ω ∈ R.
(8.17)·(d2z − k 2 − ω):
ω(d2z − k 2 )(d2z − k 2 − ω)w = −αgk 2 (d2z − k 2 − ω)θ + ν(d2z − k 2 )2 (d2z − k 2 − ω)w
8.16 αgβk 2
ω(d2z − k 2 )(d2z − k 2 − ω)w =
w + ν(d2z − k 2 )2 (d2z − k 2 − ω)w
χ
(d2z − k 2 )(d2z − k 2 − ω)(d2z − k 2 −
αgβk 2
ω
)w = −
w
ν
νχ
(a)
141
Mit den Hilfsfunktionen G(z) = (d2z − k 2 )w und F (z) = (d2z − k 2 − ων )G(z)
wird (a) zu:
αgβk 2
(d2z − k 2 − ω)F (z) = −
w(z) (b)
νχ
| {z }
=γ
Z
Z
F ∗ (b)dz
Schicht
F ∗ d2z F = F ∗ dz F −
Z
|dz F |2 dz
(c)
R
F ∗ d2 F ergibt sich aus dem 1. Term der linken Seite von (b).
2
F ∗ dz F → 0, denn (8.17) mit F ergibt F (z) = αgk
ν θ und die Randbedingungen lauten θ(0) =Rθ(d) = 0.
Rechte Seite von F ∗ (b)dz:
Z
wF ∗ dz =
Z
w(d2z − k 2 −
ω∗ ∗
)G dz =
ν
Z
G∗ (d2z − k 2 −
Letzteres durch zweifache partielle Integration von
finition von G ergibt sich:
Z
R
G∗ d2z wdz. Mit der De-
ω∗
G∗ wdz
ν
Z
Z
ω∗
=
G∗ Gdz −
w(d2z − k 2 )w∗ dz
ν
Z
Z
ω∗
∗
=
G Gdz +
[|dz w|2 + k 2 |w|2 ]dz
ν
wF ∗ dz =
Z
ω∗
)wdz
ν
Z
G∗ Gdz −
(d)
(Letzteres wieder durch partielle Integration.)
R
Somit ergibt sich insgesamt für
(b)F ∗ dz:
Schicht
−
Z
2
2
2
dz(|dz F | + (k + ω)|F | ) = −γ
Z
dz(|G|2 +
ω∗
(|dz w|2 + k 2 |w|2 ))
ν
(e)
Der Imaginiärteil von (e) ist:
Imω
⇒ Imω = 0
Z
dz (|F |2 +
|
γ
(|dz w|2 + k 2 |w|2 ) = 0 (f )
ν {z
}
positiv definit
Setze ω = 0 und eliminiere θ:
8.16,8.17
→
νχ(d2z − kx2 − ky2 )3 w = −αβgk 2 w
(8.18)
142
KAPITEL 8. DIE RAYLEIGHT-BENARD-KONVEKTION
Bzw. mit der normierten Wellenlänge k̃x,y = kx,y d und der normierten zRichtung z̃ = dz (d: Schichtdicke):
(d2z̃ − k̃x2 − k̃y2 )3 w = −Ra k̃ 2 w
Mit der Rayleigh-Zahl:
Ra =
(8.19)
αβgd4
χν
(Erinnerung: β misst den Temperaturgradienten.)
(8.19) ist eine Differentialgleichung 6. Ordnung, zu ihrer Lösung sind somit
6 Randbedingungen vonnöten (Details: Chandrasekhar, Hydrodynamic and
Hydromagnetic Stability, Oxford University Press, 1961).
Die Temperatur am oberen / unteren Rand sei konstant und das Fluid
verbleibe in der Schicht zwischen z = 0 und z = d.
θ(0) = θ(d)
|
= w(0) = w(d) = 0
| {z }
{z
}
ist in der TatRRB
R für w
→s.8.16
w=θ
| {z }
v1z (0)
v1z (d)
|
{z
2 −k̃2 )w(0)=
(d2 −k̃x
y
z̃
2 −k̃2 )w(d)=0
(d2 −k̃x
y
z̃
4RB
}
Die Lösung ist hier besonders einfach.
Für freie Oberfläche gilt:
′ , vgl. (6.17)) verschwinden, an der Oberfläche
Viskose Schubspannungen (σik
wird keine Arbeit verrichtet.
~ · ~v1 = 0 → ∂v1z = 0.)
(Für feste Oberfläche / Rand ist v1x = v1y = 0, ∇
∂z
Vergleiche Kapitel 5.
′
′
σxz
= η(∂z v1x + ∂x v1z ) = 0 = σyz
= η(∂z v1y + ∂y v1z )
v1z = 0 auf den Oberflächen z = 0 und z = d
(Fourier: kx,y w(0) = kx,y w(d) = 0).
→
∂x v1z = ∂y v1z = 0
→
∂z v1x = ∂z v1y = 0|z=0,d
~ · ~v1 = ∂x ∂z v1x + ∂y ∂z v1y + ∂z2 v1z = ∂z2 v1z = 0 bei z = 0, d
∂z ∇
2RB
Das ist freilich nicht sehr realistisch (zwei freie Oberflächen), führt aber auf
die einfache Lösung des Eigenwertproblems:
w(z) = ŵ sin(nπz̃)
n = 1, 2, 3, . . .
(8.20)
Lösung (8.20) in (8.19):
Die Rayleigh-Zahl kann nur die Eigenwerte
Ra =
(n2 π 2 + k̃ 2 )3
k̃ 2
(8.21)
143
annehmen, d.h.
(n2 + k̃ 2 )3
Ra =
k̃ 2
αβgd4
Ra =
χν
!
ist niedrigster Eigenwert.
Minimalisierung nach k̃ 2 liefert kritische Rayleigh-Zahl
Rc =
27 4
π ∼ 657
4
an kritischer Wellenzahl:
2
k̃crit
=
π2
2
~ )
Ra ∼ β(∼ ∇T
Für kleine Ra sind die Eigenwerte nicht für reelle k̃ erfüllbar → keine Instabilität.
Ra < Rc : System findet stationäre Lösung (8.5), (8.7), (8.8).
Wird Ra erhöht (durch Erhöhung der Wärmezufuhr), so wird bei Rc zunächst
die Fourier-Komponente mit k̃crit instabil, bei weiterer Erhöhung von Ra
wird ein ganzer Bereich der Wellenzahlen instabil (vollständige Lösung von
(8.16), (8.17)).
Kritische Rayleigh-Zahlen für
eine feste und eine freie Oberfläche:
zwei feste Oberflächen:
1100
1700
→ Randstabilisierung
Wir haben also nicht die Dispersionsrelation explizit aufgestellt, sondern
”nur” eine marginale lineare Stabilitätsanalyse durchgeführt.
Eine vollständige Lösung (ω 6= 0) von (8.16) und (8.17) ist möglich und führt
144
KAPITEL 8. DIE RAYLEIGHT-BENARD-KONVEKTION
ebenso auf ω > 0 für Ra > Rc (zuvor war nur durch Zusatzinformation klar,
dass der Übergang von ω = 0 (marginale Mode) zu ω > 0 für Ra > Rc und
nicht für Ra < Rc stattfindet).
Konvektionszellen sind ihrerseits stabil, d.h. die Störamplituden wachsen
nur in einem kurzen linearen Stadium (im Sinne der Störungsrechnung) exponentiell an.
Muster der Konvektionszellen
w(z) ist bekannt als:
w(z) = v0 sin(nπz)
Doch was ist mit vx , vy ?
Sei vz = w(z) cos( 2π
L x).
Das einfachste Konvektionsmuster zeigt Rollen parallel zu einer, sagen wir
der y-Achse, in Abhängigkeit nur von der x-Achse.
vy = 0
→
vx = −
Z
dz w(z) cos(
~ · ~v = 0
∇
L
2π
2π
x)dx = − dz w sin( x)
L
2π
L
Kapitel 9
Turbulenz
Die lineare Strömung von Fluiden ist die Ausnahme, i. A. ist die Dynamik
von Fluiden turbulent.
Z.B. Jet-Strömung in der oberen Troposphäre, Wasserströmungen unterhalb
der Ozeanoberfläche, Golf-Strom, Fluss- / Kanalströmungen, KummulusWolken.
Hauptcharakteristik turbulenter Strömungen:
-Irregularität: Es ist keine streng deterministische Beschreibung möglich,
sondern nur eine statistische Beschreibung von Turbulenz (s. später).
-Stark fluktuierende Vortizität / Wirbelstärke
-Große Reynoldszahlen Re = ρvl
η
′ in (6.17) und
-Dissipation durch kleinskalige viskose Scherspannungen (σik
(6.22)). Die benötigte Energiequelle für Turbulenz sind oftmals Scherströmungen vi (rj ).
-Turbulenz entsteht aus laminarer Strömung durch Instabilitäten für hohe
Reynoldszahlen.
Wir betrachten zwei unterschiedliche Fragestellungen:
1) Bei welchem Re wird eine Strömung instabil?
2) Wie kann man den vollentwickelten turbulenten Zustand sinnvoll charakterisieren?
Mathematisch exakt sieht das folgendermaßen aus:
Navier-Stokes linearisieren → Störungsansatz → ω(k) → Stabilitätskriterium
Achtung: Das ist eine lineare Theorie, sie liefert keine Aussage bzgl. Frage 2
Ausgangspunkt: Navier-Stokes-Gleichung für Wirbel
145
146
KAPITEL 9. TURBULENZ
Es ist:
~ ×
∇
~ × ~v Wirbelstärke
ω
~ =∇
∂~v
~ − ν∆~v = 0
~ v + 1 ∇p
+ (~v · ∇)~
∂t
ρ
~ v
(~v · ∇)~
⇒
~ × (~v · ∇)~
~ v
∇
=
~ 1 ∇v
~ 2 =0
∇×
2
∆~v
=
1~ 2
~ × ~v )
∇v − ~v × (∇
2
h
~ × (~v × ω
~ v − (~v · ∇)~
~ ω
−∇
~ ) = − (~
ω · ∇)~
~ ∇
~ · ~v )
∇(
=
|
{z
i
~ × (∇
~ × ~v ) = −∇
~ ×ω
−∇
~
}
=0 da kompressibel
⇒
~ × ∆~v
∇
=
~ ×∇
~ ×ω
−∇
~ =−
~ ∇
~ ·ω
∇(
~)
|
{z
+∆~
ω
}
=0 (Rotationsfeld)
∂~
ω
~ v + (~v · ∇)~
~ ω − ν∆~
− (~
ω · ∇)~
ω = 0
∂t
∂~
ω
~ ω = (~
~ v + ν∆~
+ (~v · ∇)~
ω · ∇)~
ω
⇒
∂t
d~
ω
~ v + ν∆~
⇒
= (~
ω · ∇)~
ω
dt
(ν = 0 ⇒ Helmholtz’sche Wirbelgleichung)
Nebenbemerkung: Nach wie vor entstehen für ω
~ = 0 keine Wirbel (aber man
denke an das Einwandern...)
Jetzt betrachten wir eine vereinfachte Geometrie, ebene (2dim) Strömung,
z.B.
vz = 0
∂
=0
∂z
~v0 = v0 (y)~ex
Für diese Strömung gilt:
i
j
~ × ~v = ∂x ∂y
ω
~ =∇
vx vy
k
∂z
vz


=
∂vy
∂x
0
0
−
∂vx
∂y
⇒ Man hat nur die Gleichung für ωz zu betrachten:
∂ωz
~ z = ν∆ωz
+ (v · ∇)ω
∂t



0
 

=
  0 
ωz
147
~ v = 0, da vz = 0)
(in der z-Komponente ist (~
ω · ∇)~
Störungsansatz in ~v (in x-y-Ebene):
~v = ~v0 + ~v1 = v0 (y)~ex + ~v1 (x, y)
⇒
ωz = −
dv0
+ ω1z
dy
~ z:
Linearisieren von (~v · ∇)ω
∂ω1z
d 2 v0
− v1y 2
∂x
dy
(v0 hängt nur von y ab)
~ (ω1z −
(v0~ex + ~v1 ) · ∇
∂
∂
∂
dv0
) = v0
+ v1x
+ v1y
dy
∂x
∂x
∂y
ω1z −
dv0
dy
1. Ordnung:
⇒
v0
⇒
∂ω1z
∂ω1z
d 2 v0
+ v0
− v1y 2 = ν∆ω1z
∂t
∂x
dy
Wie bereits bekannt lassen sich inkompressible zweidimensionale Wirbelfelder bequem mit einer Stromfunktion ψ darstellen:
v1x =
∂ψ1
∂y
v1y = −
∂ψ1
∂x
~ · ~v = 0 und ∇
~ × ~v1 = ω1z = ∂v1y − ∂v1x = −∆ψ1
∇
∂x
∂y
⇒
⇒
−
∂
∂ψ1 d2 v0
∂
∆ψ1 − v0 ∆ψ1 +
= −ν∆∆ψ1
∂t
∂x
∂x dy 2
Jetzt folgt Fouriertransformation in x und t (Problem hängt explizit von y
ab!)
ψ1 = ψ̂(y) · ei(kx−ωt)
ACHTUNG: ω = Frequenz, ω1z = Wirbelstärke
⇒
d2
(iω − ikv0 ) −k 2 + 2
dy
ω
v0 −
k
!
d 2 v0
d2
2
ψ̂ +
ik
ψ̂
=
−ν
−k
+
dy 2
dy 2
!
d2 ψ̂
d 2 v0
iν
2
−
k
ψ̂
−
ψ̂ = −
2
2
dy
dy
k
Orr-Sommerfeld-Gleichung
!2
ψ̂
|·
i
k
2
d4 ψ̂
2 d ψ̂
−
2k
+ k 4 ψ̂
dy 4
dy 2
!
148
KAPITEL 9. TURBULENZ
d
Lineare gewöhnliche DGL 4. Ordnung in dy
→ 4 Randbedingungen
An den Rändern: v1x = 0, v1y = 0
⇒ Die Lösung gibt Auskunft über die Stabilität von Strömungsprofilen
v0 (y). Jedoch ist die Lösung der Orr-Gleichung selbst für einfache Geometrien nicht analytisch möglich.
Transzendente Funktionen → numerische Lösung ω = ω(k) (komplex)
Bemerkung:
Instabilitätskriterien sind zwar notwendig, aber nicht hinreichend. Es werden auch stabile Strömungen mit Re > 5300 realisiert, die aber jederzeit
“umschlagen” können.
Analogie:
Phasenübergang und “Unterkühlen”
Übergang zur Turbulenz:
Für Re ↑ wird zunächst ein k instabil und es ist nicht klar, wie aus dieser
9.1. WIRBELABLÖSUNG HINTER EINEM UMSTRÖMTEN ZYLINDER149
sinusförmigen Instabilität eine turbulente Strömung entsteht (die aus vielen
k’s besteht). Im weiteren wird das Landau-Modell für den Übergang zur
Turbulenz herangezogen.
9.1
Wirbelablösung hinter einem umströmten Zylinder
Landau-Modell
Ein Fluid umströmt einen Zylinder.
Es existiert ein Übergang von stationärer laminarer Strömung zu nichtstationärer und schließlich turbulenter Strömung. Landaus Modell behandelt
den Übergang Re ≥ Recrit , also den Einsatz der Instabilität, die von laminar zu turbulent führt, und den asymptotischen Grenzwert, den die Geschwindigkeitsamplitude annehmen wird. Die Strömung ist nichtstationär,
die Wirbelablösung ist periodisch in der Zeit mit Frequenz ∼ u.
Bei sehr großen Re überlagern inkohärente turbulente Bewegungen auf sehr
kleinen räumlichen Skalen l ∼ √1Re die ausgedehnten kohärenten Fluidstrukturen.
Das Verhalten eines physikalischen Systems in der Umgebung eines Übergangs, wie hier von laminar zu turbulent, lässt sich mit Hilfe eines Ordnungsparameters in Abhängigkeit von einem Kontroll- / kritischen Parameter beschreiben.
Erinnerung an die Benard-Konvektion:
v1 : Ordnungsparameter (Einsatz der Konvektionsbewegung)
Ra : kritischer Parameter
Hier:
ǫ=
Re − Re|crit
Re|crit
(9.1)
kritischer Parameter
Er misst den relativen Abstand zum Übergang von stationärer, laminarer
Strömung zur periodischen Wirbelablösung.
Ay = 0,
ǫ<0
|A|2 ∼ ǫ,
ǫ>0
(9.2)
Ordnungsparameter
Ay ist die Amplitude der versalen Oszillation der Geschwindigkeitsamplitude.
Bifurkationsdiagramm:
150
KAPITEL 9. TURBULENZ
Beschreibung des Landau-Modells
Man denke sich die (laminare) Strömung, die für Re < Re|crit stabil ist, überlagert durch kleine nichtstationäre Abweichungen mehrerer Instabilitätsmoden, die durch den Index j durchnummeriert werden.
~vj =
X
Aj (t)f~j (~r)
(9.3)
j
Für ihre Amplituden Aj (t) nehmen wir an, dass sie für eine gegebene Mode
von der Form eσj t sind, wobei
σj = σjr + iσji
die komplexen Anwachsraten der Instabilität sind.
Der Imaginärteil entspricht der Oszillation oberhalb Re|crit , der Realteil der
Verstärkung (σjr > 0) oder Dämpfung (σjr < 0).
Re < Re|crit
Re = Re|crit
Re > Re|crit
Alle Störungen werden exponentiell gedämpft,
also σjr < 0 für alle j
σjr < 0 für alle Moden bis auf eine Mode k,
die marginal stabil ist und σkr = 0
σjr < 0 für die Mehrzahl der Moden, aber es
existiert mindestens eine mit σkr > 0
Wir interessieren uns für die dominante Mode mit dem größten Wert von
σjr , eine diskrete Sprechweise wie in (9.3) ist also nicht unbedingt nötig, wir
betrachten im Weiteren nur die k-Mode.
Für Re > Re|crit entwickelt sich Instabilität zur Wirbelablösung. Für eine kurze Zeit (in der linearen Phase der Instabilität) wächst die Amplitude
der Geschwindigkeit exponentiell (sobald Re > Re|crit ). Der Index bei Ai
ist immer k.
r
i
A(t) = ceσk t eiσk t
(9.4)
9.1. WIRBELABLÖSUNG HINTER EINEM UMSTRÖMTEN ZYLINDER151
Die Amplitude muss aber schließlich einen endlichen Grenzwert annehmen
(das ist bei bloßer Linearmodenanalyse ohne Interesse und außer Reichweite). Diesen wollen wir im Folgenden bestimmen. Zunächst bilden wir die
zeitliche Ableitung des Betragsquadrates der Amplitude.
|A|2
=
(ReA)2 + (ImA)2
=
c2 (e2σr t cos2 (σi t) + e2σr t sin2 (σi t))
=
c2 e2σr t
d
|A(t)|2 = 2σkr |A(t)|2
dt
(9.5)
Dies ist gültig im Rahmen der Stabilitätsbetrachtung.
Wenn A(t) so groß ist, dass nichtlineare Terme in den Bilanzgleichungen
wichtig werden, kann die rechte Seite von (9.5) als erster Term einer Reid
henentwicklung von dt
|A|2 nach Potenzen von A und A∗ aufgefasst werden.
Wir verlassen nun den Bereich des unmittelbaren Übergangs von laminar
zu turbulent.
Mit wachsender Amplitude werden weitere Terme der Potenzreihenentwicklung bedeutsam. dt |A|2 ist eine gerade Funktion in |A|2 , weswegen nur gerade
Potenzen in der Reihenentwicklung auftauchen.
dt |A|2 = |A|2
∞
X
m=0
am |A|2m
(9.6)
a0 = 2σkr . Wir berücksichtigen den 2. Term mit a1 = −α (α kann negativ,
positiv als auch Null sein, wir wählen α > 0 um die exponentielle Divergenz
von |A| auszugleichen):
dt |A|2 = 2σkr |A|2 − α|A|4
Nichtlineare Gleichung der Riccati-Form
y ′ = f (x)y 2 + g(x)y + h(x)
geht mit
y=−
ȳ ′
f (x)ȳ
in eine lineare DGL über:
ȳ ′′ f − (f ′ + f g)ȳ ′ + f 2 hȳ = 0
Hier also:
d2t |Ā|2 − 2σkr dt |Ā|2 = 0
(9.7)
152
KAPITEL 9. TURBULENZ
Mit der Lösung:
r
|Ā|2 = c1 + c2 e2σk t
r
|A|2 = 2
σkr c2 e2σk t
r
(c1 + c2 e2σk t )α
Oder:
α
1
r
= r + const. · e−2σk t
|A|2
2σr
(9.8)
Asymptotisch strebt |A|2 gegen den endlichen Grenzwert:
|A|2max =
2σkr
α
(9.9)
Dieser ist auch direkt als stationäre Amplitude aus (9.7) erhältlich.
σkr ist als eine Funktion der Raynoldszahl auffassbar. In der Nähe von Re|crit
kann sie in eine Potenzreihe nach (Re − Re|crit ) entwickelt werden. Nach der
Definition von σkr ist:
σkr (Re|crit ) = 0
(9.10)
In erster Näherung folgt aus Taylor (σ = σ(Re|crit )+(Re−Re|crit )∂Re σ|Re|crit
P
s
+ . . ., bzw. σ = ∞
s=0 as (Re − Re|crit ) ):
σkr ∼ const. · (Re − Re|crit )
(9.11)
Und damit mit (9.9):
q
Re − Re|crit
−β|A|6
(β > 0)
|A|max ∼
(9.12)
Es lässt sich freilich nicht ausschließen, dass α ≤ 0 ist. In dem Fall muss
d
|A|2
ein negativer Term höherer Ordnung in der Reihenentwicklung für dt
berücksichtigt werden (vgl. (9.6)).
Die Lösung |A|2max der quadratischen Gleichung die stationär aus (9.7) mit
−β|A|6 -Term folgt, lautet:
|A|2max
|α|
±
=
2β
s
α2
2
+ σkr
2
4β
β
(9.13)
Die für die Dynamik der Instabilität charakteristische Zeitkonstante aus
(9.5)
2|A|dt |A| = 2σkr |A|2
→
|A|
1
1
= r ∼
dt |A|
σk
Re − Re|crit
(9.14)
9.2. DIE VOLLSTÄNDIG ENTWICKELTE TURBULENZ
153
stimmt mit den experimentellen Beobachtungen überein, sowohl oberhalb
(σkr > 0) als auch unterhalb der Instabilitätsschwelle (→ gedämpfte Mode).
Die Zeitkonstante divergiert für:
Re → Re|crit
Experimentelle Analyse zeigt, dass die Proportionalitätskonstante in (9.14)
2
gleich 5dν ist (d: Durchmesser des Hindernisses).
9.2
Die vollständig entwickelte Turbulenz
Einige qualitative Aussagen
Bei hohen Re ist die turbulente Strömung durch starke unregelmäßige (örtliche wie zeitliche) Geschwindigkeitsänderungen gekennzeichnet. Die wahre
Fluidgeschwindigkeit lässt sich in der Reynolds-Dekomposition darstellen
als:
~v = ~v¯ + ~v ′
(9.15)
~v¯: zeitlich gemittelte Geschwindigkeit
~v ′ : Geschwindigkeitsschwankungen
Mit wachsender Re treten zuerst Turbulenzelemente (TE) mit großen Abmessungen l ∼ L (L: charakteristische Ausdehnung der Strömung) auf. Diese
TE haben die größten Geschwindigkeitsamplituden:
vT′ E ∼ ∆v
∆v: Änderung der mittleren Geschwindigkeit auf der Längenskala l
Frequenz der Geschwindigkeitsschwankungen:
ω∼
∆v
l
Kleinere TE mit höheren Frequenzen und kleineren Amplituden lassen sich
als Detailstrukturen ansehen, die den großen TE überlagert sind. Über kleine räumliche Skalen δ ≪ l werden die Geschwindigkeitsschwankungen durch
kleinen TE mit v ′ ≪ ∆l v aber v ′ ≫ ∆δ v bestimmt.
Wir betrachten nun den Übergang von globalen Re für die Strömung im
Ganzen zu Re der TE mit der Skala λ und vλ′ :
Reλ =
vλ′ λ
ν
(9.16)
Für große TE, Reλ ≫ 1, ist die Viskosität und damit die Energiedissipation
unbedeutend.
154
KAPITEL 9. TURBULENZ
Andererseits sind diese großen TE mit großen Reλ instabil und zerfallen in
immer kleinere TE, bis die Viskosität bedeutsam wird bei λ0 mit Reλ0 ∼ 1.
Auf dieser Skala, durch die TE mit λ0 , welche für die globale Strömung eigentlich unbedeutend sind, findet die turbulente Energiedissipation statt.
Also:
Energie, die von außen permanent zugeführt wird, wird quasi dissipationsfrei
von großen zu kleinen TE, l → λ > λ0 , transportiert um schließlich durch
die kleinsten TE auf λ0 dissipiert zu werden.
Nun schätzen wir die pro Zeit- und Masseneinheit dissipierte Energie, die ja
zunächst in den großen TE auf l getragen wird / enthalten ist, aus typischen
Größen (ρ, v, l) ab.
J
m2
[ǫ] =
= 3
kgs
s
⇒
ǫ∼
(∆v)3
l
(9.17)
→ Selbstähnlichkeit: Unterschiede entstehen nur durch Längen- und Geschwindigkeits/Zeitskalen.
Eine turbulente Strömung ist eine Strömung mit turbulenter Viskosität.
η
kg m3
m2
[ν] = [ ] =
=
ρ
ms kg
s
⇒
νturb ∼ ∆vl
(9.18)
Es ist also:
νturb
∼ Re ≫ 1
ν
(9.19)
Und damit aus (9.17) und (9.18):
ǫ ∼ νturb
∆v
l
2
(9.20)
In dem Bereich l ∼ L, dem Energie- oder Quellenbereich, ist der wesentliche
Teil der kinetischen Energie deponiert.
Der Bereich λ ≤ λ0 bildet den Dissipationsbereich.
Wir betrachten nun den Bereich λ0 ≪ λ ≪ L, den sogenannten Inertialbereich.
Aus (9.17) und Dimensionsanalyse für ǫ, ρ und λ folgt:
1
vλ ∼ (ǫλ) 3
Gesetz von Kolmogoroff und Oburlow
(9.21)
9.2. DIE VOLLSTÄNDIG ENTWICKELTE TURBULENZ
155
Die Geschwindigkeitsänderung der turbulenten Bewegung auf der Strecke λ
(und nicht wie in (9.17) auf der Strecke l) ist direkt proportional der Geschwindigkeit der turbulenten Bewegung/TE der Abmessung λ (die Änderung von ∆v auf λ-Skala ist vernachlässigbar).
Das Gesetz von Kolmogoroff lässt sich auch spektral als E(k) mit der Wellenzahl der Geschwindigkeitsschwankung k ∼ λ1 darstellen, wobei E(k)dk
die kinetische Energiedichte pro Masseneinheit der Flüssigkeit in einer Geschwindigkeitsschwankung mit dk um k ist.
[E(k)] =
m3
s2
Wenn man E(k) aus ǫ und k bis zur Dissipationslänge bildet, so erhält man
für den Inertialbereich, innerhalb dessen ǫ von größeren zu kleineren Wirbeln
transportiert wird:
2
5
E(k) ∼ ǫ 3 k − 3
→
Z∞
k
(9.22)
2
E(k)dk ∼
ǫ3
k
2
3
2
∼ (ǫλ) 3
9.21
→
E ∼ vλ2
Typisches Spektrum für vollentwickelte, homogene, isotrope Turbulenz nach
Kolmogoroff (die Strömungseigenschaften sind auf den Skalen l ≪ L in allen
Richtungen gleich):
Gemessenes Spektrum der turbulenten Fluktuationen in einer Strömung. Es
sind Quellgebiet, Inertialgebiet mit -5/3 Abfall und Dissipationsgebiet klar
zu unterscheiden.
156
KAPITEL 9. TURBULENZ
Schließlich wollen wir noch die Frage nach der räumlichen Skala λ0 (sie heißt
auch innere Turbulenzskala im Gegensatz zur äußeren l) der Energiedissipation beantworten.
Zusammenhang zwischen der lokalen Reλ und der globalen Re:
1
Reλ ∼
4
da Reλ0 ∼ 1 folgt: λ0 ∼
9.3
4
4
λ
vλ λ 9.21 ǫ 3 λ 3 9.17 ∆vλ 3
∼ Re
∼
∼
1
ν
ν
l
νl 3
l
3
Re 4
3
(9.23)
(9.24)
Geschwindigkeitskorrelationen
Die statistische Turbulenzbeschreibung
Eine turbulente Strömung ist eine irreguläre Strömung mit inkohärenten
Bewegungen der FE.
Eine deterministische Beschreibung der nichtlinearen Dynamik ist nicht möglich
→ statistische Theorie der mittleren physikalischen Parameter der Turbulenz.
Anders gesagt:
9.3. GESCHWINDIGKEITSKORRELATIONEN
157
Das zeitliche Anwachsen instabiler Strömungsmoden führt zu einer nichtlinearen Entwicklung zum stochastischen Geschwindigkeitsfeld und somit
zum Verlust der lokalen Vorhersagbarkeit.
Stochastische Beschreibung (Aufteilen der Geschwindigkeit):
~v = ~v¯ + ~v ′
(9.25)
~v¯: mittlere Geschwindigkeit
~v ′ : Fluktuation der Geschwindigkeit um ~v¯ (turbulenter Anteil)
1
~v¯ =
∆T
t0 + ∆T
2
Z
~v dt
mit
∂t~v¯ = 0
(9.26)
t0 − ∆T
2
ist die stationäre mittlere Strömung (Mittelung soll unabhängig von t0 sein,
die Zeitabhängigkeit wurde rausintegriert).
Die Mittelung über den fluktuierenden Geschwindigkeitsanteil verschwindet
definitionsgemäß:
1
~v¯′ = ~v − ~v¯ =
∆T
t0 + ∆T
2
Z
t0 − ∆T
2
(~v − ~v¯)dt = 0
(9.27)
Mithin ist die einfache Mittelung für Aussagen über fluktuierende Geschwindigkeit nicht hilfreich.
⇒ Beschreibung von ~v ′ über höhere Momente → ~v ′2
Allgemeinste Form von ~v ′2 : Tensor (dyadisches Produkt)
vi′ vk′ =
1
T
ZT
0


vx′ vx′ vx′ vy′ vx′ vz′

 ′ ′
 vy vx vy′ vy′ vy′ vz′ 
vz′ vx′ vz′ vy′ vz′ vz′
“Reynold’scher Spannungstensor”, analog zum Impulsfluß im laminaren Fall:
↔
∂
~ Π
(ρ~v ) = −∇·
∂t
Erinnerung:
ideal:
mit Viskosität:
jetzt:
Πik = pδik + ρvi vk
Πik = pik + ρvi vk − σik (zäher Spannungstensor)
Πik = pik + ρvi vk − σik + ρvi′ vk′
I.A. dominant: ρvi′ vk′ ≫ |σik | im turbulenten Fall (Re ≫ 1)
Turbulenz führt zu Kräften auf benachbarte Flüssigkeitselemente.
158
KAPITEL 9. TURBULENZ
Bemerkung:
Auch Nebendiagonalen besetzt: Schub- und Scherkräfte!
Über diese Kräfte “versorgt” ein Wirbel die Nachbargebiete mit Impuls und
Energie.
Der Spannungstensor ist i.A. sehr schwer zu berechnen!
Heuristischer Ansatz: Prandtl’sche Mischungslänge
~v ∼ ~v¯
′
mit Länge
1
l ∼ “ ~
∇
”
⇒ l ist aus Experiment zu bestimmen, sie entspricht einer Korrelationslänge,
Länge, welche Turbulenzelemente quer zur Hauptströmung zurücklegen, bevor sie wieder zerfallen.
⇒ Geschwindigkeitskorrelationen, d.h. der Zusammenhang zwischen den Geschwindigkeiten an zwei nahe beieinander liegenden Orten der Strömung.
1
Gleichung (9.21), vλ ∼ (ǫλ) 3 , gibt qualitativ eine solche Korrelation an.
Einschub: Korrelationsfunktionen
Charakterisierung der Abhängigkeit zweier Signale f (x), g(x)
Definitionen:
Mittelwert:
Streuungsquadrat:
Kovarianz:
Das muß noch normiert werden:
Korrelation:
1
f¯ =
x0
xZ0 /2
f (x)dx
−x0 /2
2
(∆f )2 = (f − f¯)
cov(f, g) = (f − f¯)(g − ḡ)
cor(f, g) =
cov(f, g)
=r
∆f · ∆g
−1 ≤ r ≤ 1 Zahl, die die Abhängigkeit mißt (Korrelationskoeffizient)
Aber: Wenn die Signale identisch aber verschoben sind, wird das in r nicht
ausgedrückt.
Verallgemeinerung: r als Funktion der Verschiebung:
1
x0
Korrelationsfunktion: cor(x) =
xR
0 /2
−x0 /2
f (x′ )g(x′ − x)dx′
∆f ∆g
9.3. GESCHWINDIGKEITSKORRELATIONEN
Mißt Korrelation zwischen verschiedenen Orten.
Dies kann auch für eine Funktion angewendet werden:
1
x0
Autokorrelation:
−x0 /2
Beispiel: korrelationsfunktion.mws
f = Amp f ·
sin(x − x f )
(x − x f )
g = Amp f g ·
sin(x − x g)
(x − x g)
identisches Signal
Amp f = Amp g = 1 x f = x g = 0
⇒
cor(f, g) = r = 1
Amp f = 5
⇒ Kovarianz ändert sich (mal 5)
Korrelationskoeffizient bleibt gleich
(r=1)
xR
0 /2
f (x′ )f (x′ − x)dx′
(∆f )2
159
160
KAPITEL 9. TURBULENZ
Amp f = −1
⇒ perfekte Antikorrelation
x f = −2 ,
xg=2
⇒ weniger Überlapp
Korrelation kleiner, aber Korrelationsfunktion hat Maximum bei x = 4
⇒ Verschiebung um 4 Einheiten reproduziert das Signal!
Autokorrelation
Nun wollen wir qualitativer den prinzipiellen Zusammenhang zwischen Geschwindigkeitsfluktuationen und makroskopischer dissipativer Dynamik betrachten.
Bilde Korrelationstensor:
~v ′ (~x, t) ⊗ ~v ′ (~x + ~r, t) = R(~x, ~r)
(9.28)
Korrelationstensor
=
ˆ Allgemeine Form der Charakterisierung von Turbulenz
Er ist 6= 0 innerhalb der Korrelationslänge ∆r.
Außerhalb von ∆r ist der Mittelwert des Produktes zweier stochastisch unabhängiger Größen gleich dem Produkt ihrer Mittelwerte. → R = 0 außerhalb von ∆r.
Nebenbemerkung: Dyadisches Produkt
→ Tensor Rij = vi′ vj′ (neun Komponenten)
9.3. GESCHWINDIGKEITSKORRELATIONEN
161
Die Bestimmung des Korrelationtensors ist das Problem der Turbulenztheorie. Seine Bedeutung für die makroskopische Dynamik resultiert aus der
Tatsache, dass sich turbulente Transportkoeffizienten, wie turbulente Viskosität und Wärmeleitung, aus R (und ggf. Tensoren höherer Stufe) bestimmen
lassen.
Im Weiteren betrachten wir homogene, isotrope Turbulenz inkompressibler
Fluide, also:
~v¯ = 0
keine Vorzugsrichtung
Im weiteren gilt für die fluktuierende Geschwindigkeit:
~ · ~v = 0
∇
Einfachste Aussagen:
Homogene Turbulenz (sieht an jedem Ort gleich aus):
vi (~x)vj (~x + ~r) 6= f (~x)
Isotrope Turbulenz (sieht in jede Richtung gleich aus):
vi (~x)vj (~x + ~r) 6= f (
~r
, ~x)
|~r|
Ist nur abhängig vom Betrag von ~r und nicht von seiner Richtung.
→ Korrelationstensor:
Rij (r) = vi (~x)vj (~x + ~r)
r: Betrag von ~r
Es lässt sich zeigen, dass der Korrelationstensor Rij mit der Dissipation kinetischer Energie in zähen Flüssigkeiten zusammenhängt, z.B. kann ǫλ = vλ3
exakt hergeleitet werden (→ Landau/Lifschitz: Hydrodynamik).
Die Fouriertransformierte von R ist direkt mit dem Energiespektrum E(k)
verknüpft.
162
KAPITEL 9. TURBULENZ
Aufgrund der Isotropie ist Rij symmetrisch.
Allgemeine Form eines symmetrischen Tensors 2. Stufe lautet
Rij (r) = A(r)δij + B(r)ni nj
(9.29)
wobei ~n der Einheitsvektor in Richtung ~r ist.
Wir betrachten nun die Geschwindigkeit zweier Fluidpunkte im Abstand r.
Rll : Mittelwert des Quadrates
der Relativgeschwindigkeit
der benachbarten Fluidpunkte
gegeneinander
Rnn : Mittelwert des Quadrates
der Geschwindigkeit der
Rotationsbewegung der
Fluidpunkte umeinander
Wegen der Wahl des Koordinatensystems, ~r k ~ne , folgt aus (9.29):
Rll = A + B
Rnn = A
Rln = 0
(9.30)
9.3. GESCHWINDIGKEITSKORRELATIONEN
163
Also kann man schreiben:
Rij = Rll (r)ni nj + Rnn (r)(δij − ni nj )
(9.31)
Rll , Rnn : longitudinale und transversale Geschwindigkeitskorrelationsfunktionen
Rnn ist aus Rll bestimmbar.
→ Ist die longitudinale Korrelationsfunktion bekannt, so ist der Korrelationstensor bestimmt.
In der Tat gilt jedoch für homogene isotrope Turbulenz:
Rll = ar2
a: Konstante, die mit der mittleren Energiedissipation ǫD und der kinematischen Viskosität über
ǫ
a=
15ν
verknüpft ist.
Andererseits gilt (gemäß der mittleren Energiedissipation in viskosen Fluiden):
1
a = (∂xj vi )2
15
(vi ist hier wahre Geschwindigkeit.)
→ Zusammenhang zwischen Mikro- und Makroskopik
Abschließend die Spektraldarstellung des Korrelationstensors:
Fourier-Transformation:
1
(2π)3
Φij (~k) =
Z
~
Rij eik·~r d~r
(9.32)
Isotrope Turbulenz:
Rij (~r) = Rij (−~r)
→
Φij (~k) = Φij (−~k) = Φ∗ij (~k)
(9.33)
Also ist der spektrale Korrelationstensor reel.
Inverse Fourier-Transformation:
Rij (~r) =
Z
~
Φij (~k)e−ik·~r d~k
(9.34)
∂rj Rij entspricht ikj · Φij (Achtung: Summenkonvention!).
~ · ~v =0 folgt
Wegen ∇
kj Φij = 0
(9.35)
164
KAPITEL 9. TURBULENZ
mit der allgemeinen Form:
1
Φij = c(k)ki kj + D(k)δij
2
→
(9.36)
−c(k)k 2 = D(k)
ki kj
Φij (k) = D(k) δij − 2
k
(9.37)
→ Symmetrie, nur Abhängigkeit vom Betrag von k.
Mit einer neuen skalaren Funktion E(k) erhält man:
Φij (k) =
E(k) 2
(k δij − ki kj )
4πk 4
(9.38)
E(k) hat eine physikalische Bedeutung:
9.28
→
Rij = vi (~x, t)vj (~x + ~r, t)
Z
1 2 1
9.34 1
v̄ = Rii (~r = 0) =
Φii (k)d~k
2
2
2
→
Achtung: Summenkonvention!
=
9.38
=
=
1
2
Z
1
2
Z
Z
(Φxx + Φyy + Φzz )
2
|4πk{z dk}
sphärisch symmetrischer
Integrand
E(k)
(3k 2 − kx2 − ky2 − kz2 )dk
k2
E(k)dk
(9.39)
E(k) ist also das Energiespektrum der Turbulenz, nun also quantifiziert über
die Geschwindigkeitskorrelationen (vgl. (9.21), Kolmogoroff Turbulenz).
Kapitel 10
Die Korteweg-de
Vries-Gleichung /
Solitonenlösungen
Differentialgleichungen, die die Wellenausbreitung beschreiben, sind in der
~ v -Term in der Eulergleichung.
Regel nichtlinear → (~v · ∇)~
In Kapitel 4 wurden Wellen in der linearen Näherung behandelt, nun wollen
wir nichtlineare lange Oberflächen-Schwerewellen in seichtem Wasser betrachten.
x-y-Ebene am Grund des Fluids
ρ = const
zudem sei:
~
~v = ∇Φ
~ · ~v = 0
∇
~ × ~v = 0
∇
∆Φ = 0
~ v = −∇
~ p − g~ez
∂t~v + (~v · ∇)~
ρ
~ v = −~v × ∇
~ × ~v +
(~v · ∇)~
2
~ ∂t Φ + v + gz + p
oder ∇
2
ρ
∂t Φ +
1~ 2
∇v
2
!
= 0 bzw.
p
v2
+ gz + = F (t)
2
ρ
165
(10.1)
(10.2)
166KAPITEL 10. DIE KORTEWEG-DE VRIES-GLEICHUNG / SOLITONENLÖSUNGEN
Die Fluidoberfläche wird durch z = ζ(x, t) parametrisiert.
Ebene Welle: ζ(x, t) 6= f (y)
Wir betrachten lange Wellen, d.h. die Feldgrößen variieren schwach in xRichtung, insbesondere gilt |∂x ζ| ≪ 1.
Der Druck an der Oberfläche ist der Atmosphärendruck pa , bzw. unter
Berücksichtigung der Oberflächenspannung α:
pa − α∂x2 ζ
(10.2) gilt auch an der Oberfläche. Durch räumliche Differentiation wird F
eliminiert.
∂x (10.2) an der Oberfläche ergibt:
0 = ∂x
v2
α
pa
2
= −∂tx
Φo − ∂x o − g∂x ζ + ∂x3 ζ
ρ
2
ρ
(10.3)
Index o kennzeichnet Oberfläche
Randbedingungen an Φ:
∂z Φ|z=0 = 0
∂z Φo = ∂t ζ + ∂x Φo ∂x ζ
(vgl. 7.3)
(10.4)
Für gegebene Anfangsbedingungen ist das Problem der Fluidoberflächenbewegung somit vollständig beschrieben.
Entwicklung von Φ(x, z, t) in einer Potenzreihe um z ergibt:
Φ=
∞
X
z n Fn (x, t)
n=0
∆Φ = 0 =
∞
X
n=0
=
∞
X
n=2
{n(n − 1)z n−2 Fn + z n ∂x2 Fn }
{n(n − 1)Fn + ∂x2 Fn−2 }z n−2
(10.5)
Und aus der Randbedingung am Boden erhält man:
∂z Φ|z=0 = 0 =
∞
X
n=0
nz n−1 Fn |z=0 = F1 (x, t)
(10.6)
(Anmerkung: 00 ist eigentlich nicht definiert, es existiert nur der Grenzwert
limx→+0 0x , dies ist für n ≥ 1 gegeben.)
{. . .} in (10.5) muss für jedes n verschwinden.
Mit F1 sind aber alle Funktionen F mit ungeradem Index Null.
6F3 + ∂x2 F1 = 0
20F5 + ∂x2 F3 = 0
etc.
167
F2n+1 (x, t) = 0
Für jedes n müssen sich die Fn - und Fn−2 -Terme in (10.5) aufheben. Für
gerade Terme gilt:
1
∂ 2 F0
2(2 − 1) x
1
1
= − ∂x2 F2 = ∂x4 F0
12
24
1 2
1
= − ∂x F4 = −
∂ 6 F0
30
30 · 24 x
etc.
F2 = −
F4
F6
Es schreibt sich also für gerade Indizes:
1
∂ 2n F0
(2n)! x
F2n = (−1)n
(10.7)
Mithin ergibt sich für Φ gemäss der Potenzreihenentwicklung:
z2 2
z4
∂x F0 (x, t) + ∂x4 F0 (x, t) ± . . .
2
24
Φ = F0 (x, t) −
(10.8)
Somit ist in (10.3):
∂x ∂t Φo = ∂x
∞
X
(−1)n
n=0
∞
X
= ∂x ζ
(−1)n
n=1
+
∞
X
ζ 2n 2n
∂ ∂t F0
(2n)! x
(−1)n
n=0
ζ 2n−1 2n
∂ ∂t F0
(2n − 1)! x
ζ 2n 2n+1
∂
∂t F0
(2n)! x
(10.9)
Das ist der erste Term in (10.3).
Für die Randbedingungen an der Oberfläche ∂z Φo , ∂x Φo gilt:
∂z Φo =
∞
X
n=1
∂x Φo = ∂x ζ
∞
X
n=1
(−1)n
(−1)n
ζ 2n−1 2n
∂ F0
(2n − 1)! x
(10.10)
∞
X
ζ 2n 2n+1
ζ 2n−1 2n
(−1)n
∂x F0 +
∂
F0 (10.11)
(2n − 1)!
(2n)! x
n=0
(10.3) und Randbedingungen (10.4) an der Oberfläche geben so ein Gleichungssystem für F0 und ζ, welches aber nicht geschlossen gelöst werden
kann.
168KAPITEL 10. DIE KORTEWEG-DE VRIES-GLEICHUNG / SOLITONENLÖSUNGEN
Für lange Wellen führt jede Differentiation nach x zu einer Größe, die kleiner ist als die nächst niedrigere Ableitung.
⇒ Lösung durch sukzessive Approximation
Also zu RB (10.4) → mit (10.10) folgt für n = 1:
∂z Φo ≈ −ζ∂x2 F0
(10.12)
∂x Φo ∂x ζ ≈ −∂x2 ζζ∂x2 F0 + ∂x F0 ∂x ζ ≈ ∂x F0 ∂x ζ
(10.13)
Und mit (10.11):
Setzte ζ = ς + ξ und ∂x F0 = V + W mit der konstanten mittleren Höhe
der Fluidoberfläche ς und der mittleren Ausbreitungsgeschwindigkeit der
Oberflächenwellen V , sowie |ξ| ≪ ς und |W | ≪ V .
Damit folgt aus (10.4) mit (10.12) und (10.13) in niedrigster Ordnung:
0 = ∂t ξ + V ∂x ξ + ς∂x W
(10.14)
Entsprechend folgt aus (10.3) in niedrigster Ordnung:
0 = ∂t W +V ∂x W + g∂x ξ
(10.15)
| {z }
=∂x ∂t F0
V ∂x W →
1
∂x (vo )2
2
=
=
1
∂x [∂x Φ2o + ∂z Φ2o ]
2
2
1
∂x [∂x F02 + ζ 2 (∂x F0 )2 ]
2
| {z }
→0
=
V ∂x W
(10.14) und (10.15) lassen sich mit dem Ansatz ξ = G(W ) überführen in
(” ′ ”ist die Ableitung nach dem Argument):
0 = G′ ∂t W + (V G′ + ς)∂x W
′
0 = ∂t W + (V + gG )∂x W
Nichtlineare Lösung für G′2 =
Approximation:
ς
g
q
(wähle G′ = −
(10.16)
(10.17)
ς
g
= −G0 ) in niedrigster
ξ = −G0 W
(10.18)
In der nächsten Approximationsstufe mag ξ von diesem einfachen Zusammenhang abweichen:
ζ = −G0 (W + ψ)
mit |ψ| ≪ |W |
(10.19)
169
⇒ (10.4) und (10.3) bis zu 2. niedrigster Ordnung:
0 = G0 ∂t W + V G0 (∂x W + ∂x ψ) − ς∂x W
ς3
+2G0 W ∂x W + ∂x3 W
3
0 = ∂t W − gG0 (∂x W + ∂x ψ) + V ∂x W
+W ∂x W +
ς2
α
G0 − V
ρ
2
!
∂x3 W
(10.20)
(10.21)
Eliminieren von ∂x ψ aus (10.20) und (10.21) liefert eine Gleichung für W :
0 = (V + gG0 )∂t W + (V 2 − gς)∂x W + (2gG0 + V )W ∂x W
α
ς3 ς2
+ g − V 2 + G0 V
6
2
ρ
!
∂x3 W
(10.22)
V ist noch nicht mit den anderen Konstanten verknüpft. Mit
V =
√
gς
(vgl. (4.24): Phasengeschwindigkeit für linearisierte Wellen in Seichtwasser)
folgt Aus (10.22) (Elimination von ∼ ∂x W ):
V
3
∂t W + W ∂ x W −
2
2
ς3
α
−
3
ρg
!
∂x3 W = 0
(10.23)
Korteweg - de Vries - Gleichung
(10.23) kann durch geeignete Skalierung in der Form
∂t W + W ∂x W + δ 2 ∂x3 W = 0
(10.24)
geschrieben werden, mit
W (x, t) = W (χ)
→
∂x = d χ
χ = x − ut
∂t = −udχ
→ gewöhnliche, nichtlineare Differentialgleichung:
W ′ (W − u) + δ 2 W ′′′ = 0
→ numerische Lösung!
Lösung W (ξ)
(10.25)
170KAPITEL 10. DIE KORTEWEG-DE VRIES-GLEICHUNG / SOLITONENLÖSUNGEN
Unbeschränkte periodische Wellenberge. Der Abstand d varriiert. Es existieren auch Lösungen mit d → ∞, das sind dann solitäre Wellen.
Solitäre Wellen sind fortschreitende Wellen, bei denen der Übergang von
einem konstanten Wert bei −∞ zu dem (möglicherweise unendlichen) Wert
bei +∞ auf einen kleinen ξ-Bereich beschränkt ist → “wandernde Stufe”.
Details: Whitham, Gerald Beresford - Linear and Nonlinear Waves, Wiley
Series, N.Y.
Es existieren solitäre Wellen, die nach einer Kollision wieder die gleiche Gestalt und Geschwindigkeit wie zuvor aufweisen, die Solitonen (stabile nichtlineare Wellenphänomene).
Wesentlich ist dabei der dispersive und nichtlineare Effekt.
Eine Soliton-Lösung zu (10.24) und (10.25):
W (x, t) ∼ cosh−2 (x − ut)
Wir suchen nun eine Solitonlösung, die im Unendlichen verschwindet für die
KdV-Gleichung in der Form:
∂t W + αW ∂x W + ∂x3 W = 0
Transformation:
ξ = x − ut also
∂x = ∂ξ
∂t = −u∂ξ
∂ξ W (αW − u) + ∂ξ3 W = 0
171
Direkte Integration:
α 2
W + c1
2
Mit W verschwinden auch die Ableitungen bei ±∞, also c1 = 0.
Die Lösung multipliziert mit ∂ξ W lässt sich integrieren zu:
∂ξ2 W = uW −
u
α
1
(∂ξ W )2 = W 2 − W 3 + c2
2
2
6
c2 = 0
1
α 3
(∂ξ W )2 = W 2 −
W
u
3u
Substituiere (nach Multiplikation mit ψ 6 ) W (ξ) = ψ −2 (ξ):
4
α
(∂ξ ψ)2 = ψ 2 −
u
3u
Separation der Variablen:
√
u
ξ=
2
Also:
Z
dψ
q
ψ2 −
cosh
√
α
3u
u
ξ
2
= arc cosh ψ
!
=ψ
Bzw.:
3u
cosh−2
W (x, t) =
α
r
√
r
3u
α
3u
α
!
u
(x − ut)
2
!
172KAPITEL 10. DIE KORTEWEG-DE VRIES-GLEICHUNG / SOLITONENLÖSUNGEN
Anhang A
Maple-Files
Einige einfache Programme, die in der Vorlesung behandelte Probleme visualisieren. Vorsicht: Die Programme sind NICHT optimal programmiert,
jeder Verbesserungsvorschlag wird gerne angenommen.
Strömung über ein Hindernis
Maple-file Froude.mws zur Strömung über ein Hindernis. Es existieren zwei
unterschiedliche Lösungszweige:
Froude-Zahl < 1: Gravitation überwiegt, Flüssigkeit beschleunigt beim Überfliessen des Hindernisses;
Froude-Zahl > 1: Trägheit überwiegt, Flüssigkeit verlangsamt beim Überfliessen des Hindernisses
Dazu: Animation einiger typischer Lösungen:
Gravitationsbestimmte Lösung
Trägheitssbestimmte Lösung
Übergang von einem zum anderen Regime am Maximum des Hindernisses.
Potentialströmungen
Maple-file Flow Around Circle.mws zur Strömung um einen Kreiszylinder.
Es sind beliebige Werte der Zirkulation möglich; für Γ < 4πv0 R liegen die
Staupunkte auf dem Zylinder, für Γ > 4πv0 R wandern sie auf die imaginäre
Achse.
Maple-file eckstroemung.mws: Visualisierung einer Eckströmung durch konforme Abbildung der reellen Achse auf einen beliebigen Winkelausschnitt.
Durch z α wird die positive reelle Achse auf sich selbst abgebildet, die negative reele Achse ergibt sich aus einer Geraden mit Winkel γ = 180/α zur
positiven reellen Achse.
173
174
ANHANG A. MAPLE-FILES
Maple-file konform.mws zur Visualiserung konformer Abbildungen. Durch
z(u) wird der Kreis mit Radius R in der u-Ebene auf beliebige andere
Konturen abgebildet. Die in der Vorlesung verwendete Abbildung lautet
z = 1/(u + u0 ) + u + u0
Maple-file Flow Around Any Object.mws zur Strömung um einen Zylinder
beliebigen Querschnitts. Der Querschnitt muss zunächst durch u(z) (Umkehrfunktion von z = 1/(u+u0 )+u+u0 ) auf einen Kreis abgebildet werden.
Schwerewellen
Animationen von Schwerewellen durch Verfolgen von Flüssigkeitselementen
auf ihren Kreisbahnen an der Oberfläche:
wave single.mpg Kreisbewegung einiger weniger Elemente. Obwohl die Phase bereits der Wellenlösung entspricht, ist die Wellendynamik noch nicht zu
erkennen.
wave.mpg wie vorher, aber mit genügend vielen Elementen, um die Wellenbewegung zu erkennen.
wave long.mpg wie vorher, aber über drei räumliche Perioden dargestellt.
wave packet.mpg während in den vorherigen Beispiele nur monochromatische Wellen dargestellt wurden, wird hier ein Wellenpaket gezeigt (dreieckige
k-Verteilung um k = 0.5 (d.h. λ = 10) herum mit δk = 0.1). Gemäss der
nichtlinearen Dispersionrelation bewegt sich die Einhüllende mit einer anderen Geschwindigkeit als die einzelnen Trägerwellen; das Maximum wird
zu verschiedenen Zeitpinkten von verschiedenen Trägerwellen aufgebaut.
wave packet linear.mpg Ein Wellenpaket analog zum vorherigen Beispiel,
aber mit linearer Dispersionrelation (also analog Schall- oder elektromagnetischen Wellen).
Mit diesen Maple-Programmen wurden die Einzelbilder für die Videos erzeugt:
wave.mws
wave packet.mws
Schallausbreitung in bewegten Medien
Animationen zur Ausbreitung von Schallwellen: Ein Punktstrahler sitzt im
Koordinatenursprung und sendet Kugelwellen aus (symbolisiert durch Wellenfronten, die alle 10 Zeitschritte loslaufen). Das Medium in dem sich der
175
Schall aubreitet bewegt sich relativ dazu mit der Machzahl M a. Dieser Fall
ist äquivalent zu einer Schallquelle, die sich mit Machzahl M a durch das
ruhende Medium bewegt.
Mach0.0.mpg keine Bewegung, die Wellenfronten bilden konzentrische Kreise.
Mach0.3.mpg Bewegung mit M a = 0.3 (100 m/s, d.h. ca. 300 km/h, also
Schumi’s Ferrari): die Zentren der Kreise sind bereits deutlich gegeneinander verschoben. Ein Beobachter, der sich mit dem Medium von rechts nach
links bewegt, registriert zunächst eine kürzere Wellenlänge, dann eine längere (Doppler-Effekt).
Mach0.9.mpg Bewegung mit M a = 0.9 (300 m/s, d.h. ca. 1000 km/h, also
eine Boeing 747 mit voller Geschwindigkeit): die Zentren der Kreise sind
stark gegeneinander verschoben.
Mach1.0.mpg Bewegung mit M a = 1.0 (330 m/s, d.h. ca. 1200 km/h, also
die Concorde beim Durch brechen der Schallmauer): die Zentren der Kreise sind so stark gegeneinander verschoben, dass sich die Welle nicht mehr
in positive x-Richtung ausbreitet. Alle Wellenfronten addieren sich an der
Spitze des Objekts in Phase (“Überschallknall”).
Mach1.3.mpg Bewegung mit M a = 1.3 (430 m/s, d.h. ca. 1500 km/h, ein
Bundeswehr-Jet?): die Kreise lösen sich von der Quelle ab. Es bildet sich ein
Bereich aus, auf den der Schall beschränkt ist (Machscher Kegel).
Mach2.0.mpg Bewegung mit M a = 2.(660 m/s, d.h. ca. 2400 km/h, eine
Rakete?): Der Öffnungswinkel des Machschen Kegels wird kleiner...
Gasdynamik
Als Gasdynamik bezeichnet man i.A. die Strömumgslehre mit beliebiger
Machzahl, d.h. die Einschränkung der Inkompressibilität (die ja v ≪ c bedingte) wird aufgegeben.
Gasdynamik.mws plottet den Verlauf der thermodynamischen Grössen in
einer Rohrströmung als Funktion der Machzahl. Als Anwendung ist der Verlauf der Geschwindigkeit in einer Laval-Düse gezeigt.
stoss adiabate.mws zeigt den Verlauf der “normalen” Adiabate und der Stossadiabate für ein ideales Gas. Durch Variation der Ausgangsparameter kann
man sich davon überzeugen, dass man zwei adiabatische Verdichtungen im
Unterschallbereich durch eine einzige ersetzen kann; im Fall des Stosses ist
176
ANHANG A. MAPLE-FILES
das nicht möglich.
Viskose Strömungen
Animationen zur Visualisierung von viskosen Strömungen:
Stokes.mws Stokes’sches Problem: Die Umströmung einer Kugel in einer
viskosen Flüssigkeit (d.h. der Trägheitsterm wurde gegen den Reibungsterm
vernachlässigt).
Grenzschicht.mws Prandtl’sche Grenzschichtablösung: Grenzschicht einer viskosen Strömung in vereinfachter Geometrie (ebene Abrollung). Die Staupunkte befinden sich bei ± 0.714. Es findet eine Ablösung der Grenzschicht
im Bereich zunehmenden Drucks statt.
Turbulenz
Animationen zur Visualisierung von turbulenten Strömungen:
prandtl.mpg Umströmung eines Zylinders, die Stromlinien wurden durch
Metallspäne in der Strömung sichtbar gemacht. Man erkennt zunächst die
Ablösung zweier Wirbel und dann den Zerfall dieser in eine turbulente
Strömung.
karmann.mpg Simulation der Ausbildung einer Karmannschen Wirbelstrasse in einer Strömung mit mittlerer Reynoldszahl.
Turbulence Scott.mpg Turbulenz in einem magnetisierten Plasma; gezeigt
ist die fluktuierende Teilchendichte (Quelle: B. Scott, MPI für Plasmaphysik).
korrelationsfunktion.mws Berechnung der Korrelationsfunktion von zwei Funktionen der Art sin(x)/x. Bei Verschiebung gegeneinander sinkt der Korrelationskoeffizient; durch Einführung der Korrelationsfunktion kann diesem
Umstand Rechnung getragen werden und man erhält wieder 100berücksichtigt.
Correlation.ppt Gemessene und gerechnete Korrelationsfunktion in einer
turbulenten Strömung. Die Korrelation fällt mit zunehmender Separation
der beiden Messpositionen ab, was einer endlichen Ausdehnung der Wirbel
entspricht.
Anhang B
Thermodynamik
Grundannahme: Systeme sind eindeutig definiert, so dass bei “Bewegung
im Phasenraum” (Zustandsänderungen) am Ende des Kreisprozesses wieder
der selbe Punkt erreicht wird.
⇒ totale Differentiale, Potentiale
Es gibt 3 Energieformen, deren Summe (d.h. die innere Energie U des Systems) erhalten ist:
Wärme
Arbeit
chemische Energie
: δQ = T dS
: δW = −pdV
µ
: δWc = dN
T
dU = T dS − pdV +
µ
dN
|T {z }
bei uns Null
Dieses Potential kann beliebig (sinnvoll) umgeformt werden, um einer gegebenen physikalischen Situation Rechnung zu tragen.
dU ist sinnvoll, wenn z.B. dS = 0 (adiabatische Zustandsänderung)
⇒
dU = −pdV
Wird V konstant gehalten, benutzt man mit Vorteil die Enthalpie
W = U + pV
⇒
dW = T dS + V dp
D.h. bei adiabatischer Zustandsänderung ist dW = V dp.
Falls dT = 0 ist es sinnvoller mit der freien Energie F = U −T S zu arbeiten.
⇒
dF = dU − T dS − SdT = −SdT = −SdT − pdV
177
dT =0
⇒
dF = −pdV
178
ANHANG B. THERMODYNAMIK
Darüber hinaus gibt es auch die freie Enthalpie (geeignet für kontrolliertes
Volumen und isotherme Systeme).
Φ = U − T S + pV
⇒
dΦ = −SdT + V dp
Anhang C
Vektoranalysis
C.1
Identitäten
Quelle: NRL Plasma Formulary (24. März 06)
~ B
~ sind Vektoren, T ist ein Tensor und
Notation: f , g, sind Skalare, A,
I ist die Einheits-Dyade.
~·B
~ ×C
~ =A
~×B
~ ·C
~ =B
~ ·C
~ ×A
~=B
~ ×C
~ ·A
~
A
~ ·A
~×B
~ =C
~ ×A
~·B
~
=C
~ × (B
~ × C)
~ = (C
~ × B)
~ ×A
~ = (A
~ · C)
~ B
~ − (A
~ · B)
~ C
~
A
~ × (B
~ × C)
~ +B
~ × (C
~ × A)
~ +C
~ × (A
~ × B)
~ =0
A
~ × B)
~ · (C
~ × D)
~ = (A
~ · C)(
~ B
~ · D)
~ − (A
~ · D)(
~ B
~ · C)
~
(A
~ × B)
~ × (C
~ × D)
~ = (A
~×B
~ · D)
~ C
~ − (A
~×B
~ · C)
~ D
~
(A
~ g) = ∇(gf
~
~ + g ∇f
~
∇(f
) = f ∇g
~ · (f A)
~ = f∇
~ ·A
~+A
~ · ∇f
~
∇
~ × (f A)
~ = f∇
~ ×A
~ + ∇f
~ ×A
~
∇
~ · (A
~ × B)
~ =B
~ ·∇
~ ×A
~−A
~·∇
~ ×B
~
∇
~ × (A
~ × B)
~ = A(
~ ∇
~ · B)
~ − B(
~ ∇
~ · A)
~
∇
~ · ∇)
~ A
~ − (A
~ · ∇)
~ B
~
+(B
(C.1)
(C.2)
(C.3)
(C.4)
(C.5)
(C.6)
(C.7)
(C.8)
(C.9)
(C.10)
~ × (∇
~ × B)
~ = (∇
~ B)
~ ·A
~ − (A
~ · ∇)
~ B
~
A
~ A
~ · B)
~ =A
~ × (∇
~ × B)
~ +B
~ × (∇
~ × A)
~
∇(
(C.11)
~ f =∇
~ · ∇f
~
∇
2
~ A
~ = ∇(
~ ∇
~ · A)
~ −∇
~ ×∇
~ ×A
~
∇
(C.13)
2
~ · ∇)
~ B
~ + (B
~ · ∇)
~ A
~
+(A
~ × ∇f
~ =0
∇
~ ·∇
~ ×A
~=0
∇
(C.12)
(C.14)
(C.15)
(C.16)
179
180
ANHANG C. VEKTORANALYSIS
Mit Einheitsvektoren ~e1 , ~e2 , ~e3 kann ein Tensor zweiter Ordnung geschrieben
werden als
T =
X
Tij ~ei~ej
(C.17)
i,j
In kartesischen Koordinaten ist die Divergenz eines Tensors ein Vektor mit
den Komponenten
X
~ · T )i =
(∇
(∂Tij /∂xj )
(C.18)
j
Im Allgemeinen gilt:
~ · (A
~ B)
~ = (∇
~ · A)
~ B
~ + (A
~ · ∇)
~ B
~
∇
~ · (f T ) = ∇f
~ · T + f∇
~ ·T
∇

(C.19)
(C.20)

x


Sei ~r =  y  der Radiusvektor mit Betrag r, dann gilt:
z
~ · ~r = 3
∇
~ × ~r = 0
∇
~ = ~r/r
∇r
~
∇(1/r)
= −~r/r3
~ · (~r/r3 ) = 4πδ(~r)
∇
~r=I
∇~
(C.21)
(C.22)
(C.23)
(C.24)
(C.25)
(C.26)
Sei V ein Volumen mit Oberfläche S, ~n der Normalenvektor auf V und
~ = ~ndS. Dann gilt:
dS
Z
Z
~
dSf
V
~ =
dV ∇f
V
~ ·A
~=
dV ∇
V
~ ·T =
dV ∇
V
~ ×A
~=
dV ∇
V
~ 2 g − g∇
~ 2f ) =
dV (f ∇
V
~·∇
~ ×∇
~ ×B
~ −B
~ ·∇
~ ×∇
~ × A)
~
dV (A
Z
Z
Z
Z
Z
(C.27)
S
Z
~ ·A
~
dS
(C.28)
S
~ ·T
dS
(C.29)
S
Z
Z
S
~ ×A
~
dS
=
Z
S
(C.30)
Z
S
~ ∇g
~ − g ∇f
~ )
dS(f
(C.31)
~ · (B
~ ×∇
~ ×A
~−A
~×∇
~ × B)
~ (C.32)
dS
C.2. KUGELKOORDINATEN
181
Sei S eine offene Oberfläche und C ihr Rand mit Linienelement d~l, dann
gilt:
Z
S
Z
ZS
ZS
S
C.2
~ × ∇f
~ =
dS
I
d~lf
(C.33)
C
~ ·∇
~ ×A
~=
dS
I
C
~ × ∇)
~ ×A
~=
(dS
~
d~l · A
I
(C.34)
~
d~l × A
CI
~ · (∇f
~ × ∇g)
~ =
dS
C
(C.35)
f dg = −
I
gdf
(C.36)
C
Kugelkoordinaten
Quelle: Mathematik-Online-Lexikon (19. März 06)
Der Winkel ϕ ist nur bis auf ein Vielfaches von 2π bestimmt. Als Standardbereich wird meist (−π, π] vereinbart.
Es gilt
x = r cos ϕ sin θ ,
r=
q
x2 + y 2 + z 2 ,
y = r sin ϕ sin θ ,
ϕ = arctan(y/x) ,
z = r cos θ
θ = arccos(z/ x2 + y 2 + z 2 )
Orthonormale Basis:


cos ϕ sin θ


~er =  sin ϕ sin θ  ,
cos θ
Vektorfeld:


cos ϕ cos θ


~eθ =  sin ϕ cos θ  ,
− sin θ
F~ (x, y, z) = Fx~ex + Fy ~ey + Fz ~ez
→
(C.37)
q


− sin ϕ


~eϕ =  cos ϕ 
0
F~ (r, θ, ϕ) = Fr~er + Fθ~eθ + Fϕ~eϕ
182
mit
ANHANG C. VEKTORANALYSIS
Fr = F~ · ~er ,
Fθ = F~ · ~eθ ,
Fϕ = F~ · ~eϕ
Skalarfeld:
U (x, y, z)
→
Φ(r, θ, ϕ)
Flächenelement für eine durch
θ
ϕ
!


R sin θ cos ϕ


→  R sin θ sin ϕ 
R cos θ
parametrisierte Sphäre mit Radius R ist
dS = R2 sin θdθdϕ
(C.38)
Damit gilt für das Integral einer Funktion f in Kugelkoordinaten:
Z
f dS =
Z2πZπ
f (R, θ, ϕ)R2 sin θdθdϕ
(C.39)
0 0
S
Das Volumenelement ist:
dxdydz = r2 sin θdrdθdϕ
(C.40)
Damit gilt für das Integral einer Funktion f auf einer Kugel K : 0 ≤ r ≤ R
Z
f=
K
Z2πZπ ZR
f (r, θ, ϕ)r2 sin θdrdθdϕ
(C.41)
0 0 0
Differentialoperatoren:
~
Gradient ∇U
Laplace ∆U
~ · F~
Divergenz ∇
~ × F~
Rotation ∇
1
1
= ∂r Φ~er + ∂θ Φ~eθ +
∂ϕΦ~eϕ
r
r sin θ
1
1
∂r (r2 ∂r Φ) + 2 2 ∂ϕ2 Φ
=
r2
r sin θ
1
+ 2
∂θ (sin θ∂θ Φ)
r sin θ
1
1
=
∂r (r2 Fr ) +
∂ϕ Fϕ
r2
r sin θ
1
∂θ (sin θFθ )
+
r sin θ
1
=
(∂θ(sin θFϕ ) − ∂ϕ Fϕ )~er
r sin θ
1
+
(∂ϕ Fr − sin θ∂r (rFϕ ))~eθ
r sin θ
1
+ (∂r (rFθ ) − ∂θ Fr )~eϕ
r
(C.42)
(C.43)
(C.44)
(C.45)
C.3. ZYLINDERKOORDINATEN
183
Laplace eines Vektors
2 ∂Aθ
2 cot θAθ
2 ∂Aϕ
2Ar
− 2
−
− 2
(C.46)
r2
r ∂θ
r2
r sin θ ∂ϕ
2 ∂Ar
Aθ
2 cos θ ∂Aϕ
= ∆Aθ + 2
− 2 2 − 2 2
(C.47)
r ∂θ
r sin θ r sin θ ∂ϕ
Aϕ
2 cos θ ∂Aθ
2 ∂Ar
= ∆Aϕ − 2 2 + 2
+ 2 2
(C.48)
r sin θ r sin θ ∂ϕ
r sin θ ∂ϕ
~ r = ∆Ar −
(∆A)
~ θ
(∆A)
~ ϕ
(∆A)
Damit gilt bei der Transformation einer skalaren Funktion auf Kugelkoordinaten f (x, y, z) → f (r, θ, ϕ) für den Gradienten mit gi (r, θ, ϕ) = ∂i f (r, θ, ϕ):
~ = gr~er + 1 gθ~eθ + 1 gϕ~eϕ
∇f
r
r sin θ
C.3
Zylinderkoordinaten
Quelle: Mathematik-Online-Lexikon (19. März 06)
Es gilt:
x = ρ cos ϕ ,
bzw.
ρ=
q
y = ρ sin ϕ ,
x2 + y 2 ,
z=z
ϕ = arctan(y/x) ,
(C.49)
z=z
Orthonormale Basis:


cos ϕ


~eρ =  sin ϕ  ,
0


− sin ϕ


~eϕ =  cos ϕ  ,
0


0


~ez =  0 
1
184
ANHANG C. VEKTORANALYSIS
Vektorfeld und Skalarfeld analog zu Kugelkoordinaten:
F~ (x, y, z) → F~ (ρ, ϕ, z)
U (x, y, z) → Φ(ρ, ϕ, z)
Das Flächenelement für einen durch
ϕ
z
!


ρ cos ϕ


→  ρ sin ϕ 
z
parametrisierten Mantel S eines Zylinders mit Radius ρ ist
dS = ρdϕdz
(C.50)
Damit gilt für das Integral einer Funktion f in Zylinderkoordinaten:
Z
f dS =
S
zZ
2π
maxZ
f (ρ, ϕ, z)ρdϕdz
(C.51)
zmin 0
Das Volumenelement lautet:
dxdydz = ρdρdϕdz
(C.52)
Damit gilt für das Integral einer Funktion f auf einem Zylinder Z : 0 ≤ ρ ≤
ρ0 , 0 ≤ z ≤ z0
Z
f=
Zz0 Z2πZρ0
f (ρ, ϕ, z)ρdρdϕdz
(C.53)
0 0 0
Z
Differentialoperatoren:
~
Gradient ∇U
Laplace ∆U
~ · F~
Divergenz ∇
~ × F~
Rotation ∇
1
= ∂ρ Φ~eρ + ∂ϕ Φ~eϕ + ∂z Φ~ez
ρ
1
1
=
∂ρ (ρ∂ρ Φ) + 2 ∂ϕ2 Φ∂z2 Φ
ρ
ρ
1
1
=
∂ρ (ρFρ ) + ∂ϕ Fϕ + ∂z Fz
ρ
ρ
1
=
∂ϕ Fz − ∂z Fϕ ~eρ + (∂z Fρ − ∂ρ Fz )~eϕ
ρ
1
+ (∂ρ (ρFϕ ) − ∂ϕ Fρ )~ez
ρ
(C.54)
(C.55)
(C.56)
(C.57)
Laplace eines Vektors
2 ∂Aϕ Aρ
− 2
ρ2 ∂ϕ
ρ
2 ∂Aρ Aϕ
= ∆Aϕ + 2
− 2
ρ ∂ϕ
ρ
~ ρ = ∆Aρ −
(∆A)
(C.58)
~ ϕ
(∆A)
(C.59)
~ z = ∆Az
(∆A)
(C.60)
C.3. ZYLINDERKOORDINATEN
185
Damit gilt bei der Transformation einer skalaren Funktion auf Zylinderkoordinaten f (x, y, z) → f (ρ, ϕ, z) für den Gradienten mit gi (ρ, ϕ, z) =
∂i f (ρ, ϕ, z):
~ = gρ~eρ + ρ−1 gϕ~eϕ + gz ~ez
∇f
(C.61)
186
ANHANG C. VEKTORANALYSIS
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