Völkerrecht - mpg

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Referat: Völkerrecht
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Völkerrecht
Referat von Gunnar Federspiel
1 Was ist Völkerrecht
1.1 Definition:
Das Völkerrecht ist die Summe der Normen, die die Verhaltensweisen festlegen, die zu einem geordneten Zusammenleben der Menschen dieser Erde notwendig und nicht im innerstaatlichen Recht der
einzelnen souveränen Staaten geregelt sind. Als „souverän“ bezeichnet man solche Staaten, die in
ihren Beziehungen zu anderen Staaten keinem fremden Willen und keiner anderen Rechtsordnung als
dem Völkerrecht unterworfen sind [...].
Das Völkerrecht regelt auch heute noch vorwiegend das Verhalten der einzelnen souveränen Staaten
untereinander und mit der von ihnen geschaffenen Internationalen und Supranationalen Organisationen sowie zwischen solchen Organisationen. Die Aufzählung derjenigen, die unmittelbar Träger völkerrechtlicher Pflichten und Rechte und somit Völkerrechtssubjekte sein können ist damit aber noch
nicht erschöpft (Internationales Komitee vom Roten Kreuz, Hl. Stuhl, u.U. auch Einzelmenschen.[...]).1
Fragen:
(1) Was ist Völkerrecht?
(2) Was ist Völkerrecht folglich nicht?
1.2 Wie entsteht Völkerrecht
Gegenüber dem innerstaatlichen Recht fehlt dem Völkerrecht eine internationale Legislative. Statt
dessen entsteht Völkerrecht durch das Handeln der Rechtsgenossen selbst, weswegen es auch als „genossenschaftliches Recht“ bezeichnet wird. Es hat drei Rechtsquellen:
-Verträge Vertragsrecht
-Gewohnheitsrecht
Bsp. Menschenrechte
-allgemeine Rechtsgrundsätze
Bsp. „pacta sunt servanda”
1.3 Regelungen im Grundgesetz zum Völkerrecht
Art. 25 GG [Vorrang des Völkerrecht]
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.
Art. 59, Abs. 2 GG [Völkerrechtliche Vertretung des Bundes]
Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes. Für Verwaltungsabkommen gelten die Vorschriften über die Bundesverwaltung entsprechend.
2 Die historische Entwicklung des Völkerrechts
Hugo Grotius(„De iure belli ac pacis libri tres“): „Wir wollen mit dem menschlichen Recht als dem
bekannteren beginnen. Es ist entweder innerstaatliches Recht, oder es hat eine weitere oder engere
Geltung. Das innerstaatliche Recht kommt von der staatlichen Obrigkeit, d.h. von der, welcher dem
Staat vorsteht: der Staat aber ist eine vollkommene Verbindung freier Menschen, die sich des Rechts1
Seidl-Hohenveldern, Ignaz; Völkerrecht; Augsburg 1969; S.1
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schutzes und des Nutzens wegen zusammen getan haben. Das Recht mit engerer Geltung, das von der
bürgerlichen Obrigkeit nicht ausgeht, obgleich es von ihr abhängig ist, ist verschieden und umfaßt die
Gebote des Vaters, des Sklavenhalters und ähnliches. Das Recht mit weiterer Geltung ist das Völkerrecht, welches durch den Willen aller oder vieler Völker seine verbindliche Kraft erhalten hat. Ich
habe gesagt „vieler“, weil außer dem Naturrecht ein Recht, und selbst ein sogenanntes Völkerrecht,
kaum zu finden ist, das bei allen Völkern gilt. Vielmehr ist oft in einem Teil der Erde etwas völkerrechtsgemäß, in einem anderen aber nicht, wie sich bei der Lehre von der Gefangenschaft ergeben
wird [...].“2
Frage:
Woher leitet sich nach Grotius das Völkerrecht ab?
Als Vater des klassischen Völkerrechtes wird der Holländer Hugo Grotius (1583-1645) gesehen. In
seinem Werk „De iure belli ac pacis libri tres“ (Drei Bücher vom Recht des Krieges und des Friedens)
vertrat er die Theorie, dass sich das Völkerrecht aus zwei Quellen ableite:
1. aus dem Naturrecht, das sich aus der Natur des Menschen ergibt und das alle Menschen besitzen
2. aus dem Willen der Staaten, der sich in den Verträgen ausdrückt
(Willenstheorie)
Von Anfang an umstritten war dabei seine Unterscheidung zwischen gerechtem und ungerechten
Krieg. So vertrat Grotius den Standpunkt, dass ein Krieg u.a. unter folgenden Bedingungen ein „bellum iustum“ (gerechter Krieg) sei:
- der Krieg ist von einer dazu berechtigten staatlichen Auto- rität erklärt worden und wird von ihr
geführt
- die eingesetzten Mittel sind dem Zweck angemessen
- es gibt keine friedlichen Mittel zur Konfliktlösung mehr
- er ist Abwehr eines unberechtigten Angriffes oder er ist
Präventivmaßnahme gegen zu erwartendes Unrecht
- es muss Aussicht auf Erfolg geben
- die negativen Folgen sind kleiner als die positiven
- die nicht-kämpfende Zivilbevölkerung wird geschützt
- Städte, Felder etc. dürfen nicht sinnlos zerstört werden
Auch wenn die Lehre vom gerechten Krieg prinzipiell zu begrüßen ist, da sie den Krieg einschränkt
und in eine bestimmte Richtung lenkt, hat sie doch sehr viele Schwachstellen. So treten u.a. folgende
Probleme auf: Welche staatliche Autorität ist berechtigt einen Krieg zu erklären? Wann gibt es keine
friedlichen Mittel zur Konfliktlösung mehr? Wer kontrolliert ob diese Bedingungen erfüllt sind? Was
ist wenn beide Seiten die Berechtigung zum Krieg für sich in Anspruch nehmen („bellum iustum ex
utraque parte“)? Erschwerend wirkt sich dabei aus, dass es meist keine eindeutigen Tatumstände gibt
und dass ein zum Krieg entschlossener Staat immer einen Grund finden wird diesen zu erklären.
Die tragende Säule dieses klassischen Völkerrechtes bildete die Souveränität, die im Westfälischen
Frieden (1648) erstmals in einem Vertrag ausdrücklich bestätigt wurde. Aus ihr leiteten sich verschiedene Regeln des Völkerrechts ab, u.a. der Grundsatz der Staatengleichheit, die Einstimmigkeit bei
internationalen Beschlüssen, das Interventionsverbot und vor allem das „ius ad bellum“ (Recht zum
Krieg), in dessen Verständnis sich die neuzeitlichen Völkerrechtler von den Lehren Grotius und seiner
Vorgänger unterschieden. Aus diesem geänderten Verständnis ergab sich, dass jeder Krieg, den ein
Souverän begann, auch ein „bellum iustum“ (gerechter Krieg) war. „Der Krieg war somit die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.“(v.Clausewitz) Entsprechend dieser Logik teilte man auch das
Völkerrecht in zwei Kategorien: Friedens- und Kriegsvölkerrecht.
Das Völkerrecht wurde durch die demokratischen Revolutionen im 18. Und 19.Jhd. kaum beeinflusst,
die Souveränität ging in diesem Fall von dem Machthaber auf das Volk, vertreten durch die Regierung, über.
3 Völkerrecht im Umbruch
2
Schätzel, Walter; Die Klassiker des Völkerrecht; Band I; Tübingen 1950; S.53
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Nach Ende des 1.WK wandelte sich das Völkerrecht bedingt durch eine veränderte Einstellung zum
Krieg. Das erste Dokument, in dem dieser Wandel zum Ausdruck kommt ist die Satzung des Völkerbundes.
3.1 Die Satzung des Völkerbundes (29.4.1919)
Art. 11
Ausdrücklich wird hiermit festgestellt, daß jeder Krieg und jede Bedrohung mit Krieg [...] eine Angelegenheit des ganzen Bundes ist [...] und daß dieser zum wirksamen Schutz des Völkerfriedens geeignete Maßnahmen zu ergreifen hat.
Art. 12
Alle Bundesmitglieder kommen überein, eine etwa zwischen ihnen entstehende Streitfragen [...] der
Schiedsgerichtsbarkeit oder der Prüfung durch den Rat [des Völkerbundes] zu unterbreiten[...].
Art. 16
Schreitet ein Bundesmitglied entgegen der [...] übernommenen Verpflichtung zum Kriege, so wird es
[...] so angesehen, als hätte es eine Kriegshandlung gegen alle anderen Bundesmitglieder begangen.
Diese verpflichten sich, unverzüglich alle Handels- und Finanzbeziehungen zu ihm abzubrechen [...].
Frage:
Wie steht dieser Vertrag zum „ius ad bellum“?
3.2 Der Briand-Kellogg-Pakt (27.8.1928)
Art. 1
Die Hohen Vertragschließenden Parteien erklären feierlich im Namen ihrer Völker, daß sie den Krieg
als Mittel für die Lösung internationaler Streitfälle verurteilen und auf ihn als Werkzeug nationaler
Politik in ihren gegenseitigen Beziehungen verzichten.
Art. 2
Die Hohen Vertragschließenden Parteien vereinbaren, dass die Regelung und Entscheidung aller Streitigkeiten oder Konflikte, die zwischen ihnen entstehen könnten, welcher Art oder welchen Ursprungs
sie auch sein mögen, niemals anders als durch friedliche Mittel angestrebt werden soll.
3.3 Die Satzung der Vereinten Nationen (VN)(1945)
Art. 1
Die VN setzen sich folgende Ziele:
1. den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der
Gerechtigkeit und des Völkerrecht zu bereinigen oder beizulegen;[...].
Art. 2
4. Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der VN
unvereinbaren Androhung oder Anwendung von Gewalt.
Art. 51
Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs auf ein Mitglied der VN keineswegs
das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat
die zur Wahrung des Weltfriedens und der Internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat[...].
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Frage:
Inwiefern sind diese Artikel der SVN eine Weiterentwicklung des Briand-Kellogg-Paktes?
4 Ist Krieg das Ende des (Völker-) Rechts
Bis Anfang des 20.Jhd. bestand das Völkerrecht aus zwei gleich großen Teilen: dem Friedensrecht
und dem Kriegsrecht. Das Kriegsrecht („ius in bello“) war ein Versuch die Art der Kriegsführung zu
regeln.
Dabei unterwarf das klassische Völkerrecht nicht den Krieg als solchen, sondern die einzelnen Kriegshandlungen einer rechtlichen Beschränkung. Auf diese Weise wurden die Grundlagen für das heutige
humanere Völkerrecht gelegt.
Heute leitet sich das Kriegsrecht teilweise aus der 1. und 2.Haager Friedenskonferenz (1899 und 1907)
ab, deren Inhalte heute als Völkergewohnheitsrecht betrachtet werden und daher auch Gültigkeit haben, wenn ein kriegführender Staat dies Verträge nicht unterzeichnet hat. Des weiteren basiert das „ius
in bello“ auf den vier Rotkreuzabkommen von 1949:
(I) Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Heere im Felde
(II) Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der Streitkräfte zur
See
(III) Abkommen über die Behandlung von Kriegsgefangenen
(IV) Abkommen zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten
Während der Dauer eines bewaffneten Konflikts ist es weder den geschützten Personen noch deren
Heimatstaaten erlaubt auf diese Rechte des Rotkreuzabkommens zu verzichten. Für die Anwendung
dieser Abkommen ist es nicht notwendig, dass zwischen den Staaten ein förmlich erklärter Kriegszustand besteht, da sie im Falle jedes bewaffneten Konfliktes gelten sollen. Diese Abkommen gelten mit
Einschränkungen sogar im Bürgerkrieg ohne Beteiligung eines anderen Staates, erkennt ein Bürgerkriegspartei die andere als kriegführend an, so ist sie verpflichtet das Abkommen komplett einzuhalten.
5 Durchsetzung/Bruch von Völkerrecht
Da Völkerrecht nicht gesetzt sondern zwischen den Staaten vereinbart wird, geht man davon aus, dass
die Staaten es in der Regel auch freiwillig einhalten. Sollte ein Staat aber beispielsweise auf Druck der
öffentlichen Meinung Verpflichtungen eingehen, diese dann aber nicht einhalten, stellt sich die Frage
der Durchsetzung.
Das Völkerrecht steht hier vor dem Problem, dass ihm eine generelle obligatorische Gerichtsbarkeit
fehlt. Es gibt zwar völkerrechtliche Gerichte und Schiedsinstanzen, ein Bsp. ist der Internationale Gerichtshof (IGH), deren Anrufung aber von der Zustimmung des Staates abhängig ist, der nach Meinung eines anderen Staates das Völkerrecht gebrochen haben soll. Da diese Instanzen auch nicht von
sich aus tätig werden können, ist der Rechtsschutz, den sie gewähren, höchst zweifelhaft, da zu erwarten ist, dass, gerade wenn ein Verstoß gegen das Völkerrecht vorliegt, der betroffene Staat seine Zustimmung verweigert. Des weiteren gibt es praktisch keine Möglichkeit, das Urteil gegen den Willen
eines Staates zu vollstrecken.
Das größere Problem des Völkerrechts ist aber, dass es keine ernsthafte Zwangsgewalt zu seiner
Durchsetzung gibt. Der Sicherheitsrat der VN verfügt zwar über eine Vielzahl von politischen und
wirtschaftlichen Sanktionsmitteln sowie die Möglichkeit zu militärischen Eingriffen, wenn Sicherheit
und Frieden in einer bestimmten Weltregion gefährdet sind, die realen Machtverhältnisse haben deren
Einsatz aber meist verhindert. So wurden seit Ende des Ost-West-Konflikts bereits zwölfmal Wirtschaftssanktionen verhängt, zwischen 1945 und 1990 lediglich zweimal. Der bislang einzige Beschluss zur Entsendung von UN-Kampftruppen erfolgte im Koreakrieg 1950 ohne Zustimmung Nordkoreas und in Abwesenheit des ständigen Sicherheitsratsmitglied Sowjetunion.
Diese Uneinigkeit im Sicherheitsrat hat bis heute auch verhindert, dass die VN über ein eigenes Militär und eine eigene Polizei verfügen, so üben im Falle des Den Haager Tribunals für Kriegsverbrechen
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in Ex-Jugoslawien die in Bosnien stationierten NATO-Truppen diese Rolle aus, womit das Tribunal
von den Interessen der USA und anderer westlicher Regierungen abhängig ist.
De facto ist Völkerrecht heute schwerer erzwingbar als vor Gründung der VN, da das Gewaltanwendungsverbot (Art. 2 Z. 4 SVN) auch Staaten, die machtmäßig in der Lage wären, ihre Rechte militärisch durchzusetzen, hindert den Weg der Selbsthilfe zu beschreiten. Andererseits wurde so aber auch
die souveräne Gleichheit der (kleinen) Staaten gefördert.
Qellen: Kimminich, Otto; Einführung in das Völkerrecht; Pullach 1975
Mickel, Wolfgang W.(Hrsg.); Handlexikon zur Politikwissenschaft; Ehrenwirth 1983
Seidl-Hohenveldern, Ignaz; Völkerrecht; Augsburg 1969
Sozibuch
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