Zustandsgrößen der Sterne - Physik

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Universität Regensburg
Naturwissenschaftliche Fakultät II – Physik
Sommersemester 2007
Ausbildungsseminar:
Kerne und Sterne
Prof. Dr. Wolfgang Gebhardt
PD Dr. Alexander Lenz
Zustandsgrößen der Sterne
Oliver Viehmann
17. April 2007
Inhaltsverzeichnis
1. Sterne als astronomische Objekte....................................................................................... 2
2. Wichtige astronomische Messgrößen................................................................................. 2
2.1 Entfernungen der Sterne............................................................................................... 2
2.2 Geschwindigkeiten der Sterne...................................................................................... 4
2.3 Helligkeiten und Farben der Sterne.............................................................................. 4
3. Zustandsgrößen der Sterne ................................................................................................. 5
3.1 Leuchtkraft ................................................................................................................... 5
3.2 Effektivtemperatur........................................................................................................ 6
3.3 Radius........................................................................................................................... 8
3.3.1 Interferometrische Winkelradienmessung............................................................. 9
3.3.2 Bedeckungsveränderliche.................................................................................... 10
3.4 Masse.......................................................................................................................... 12
3.5 Chemische Zusammensetzung ................................................................................... 13
4. Korrelation der Zustandsgrößen ....................................................................................... 14
4.1 Das Masse-Leuchtkraft-Gesetz .................................................................................. 14
4.2 Das Hertzsprung-Russell-Diagramm ......................................................................... 15
Literaturverzeichnis.............................................................................................................. 17
1. Sterne als astronomische Objekte
Leuchtende Himmelskörper, die durch Kernprozesse in ihrem Inneren die Emission von
elektromagnetischer Strahlung aufrechterhalten, werden als Sterne bezeichnet. Bevor mit
dem Erschöpfen der nuklearen Reserven ihre Lebenszeit endet und sie erlöschen, durchlaufen die Sterne verschiedene Stadien stellarer Entwicklung. Um die Genese eines Sterns
wissenschaftlich verstehen zu können, wird sein Zustand anhand von verschiedenen spezifischen physikalischen Größen charakterisiert – seinen Zustandsgrößen. Stellt die Messung
dieser Zustandsgrößen in den meisten Fällen zwar ein äußerst schwieriges Unterfangen dar,
fungieren sie doch als Wegweiser und Prüfstein für theoretische astrophysikalische Modelle
und werden deshalb mit großem Aufwand empirisch bestimmt. Wegen der Dimension des
Forschungsgegenstandes bleibt dem Astronomen kaum eine andere Beobachtungsquelle als
das Sternenlicht, das heute in allen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums analysiert wird. Da zudem in die Bestimmungsgleichungen stellarer Zustandsgrößen häufig mehrere Messgrößen eingehen, etwa weil die relative Lage des Betrachters berücksichtigt werden muss, gelingt es nur für sehr wenige Sterne, vollständige Wertesätze zu eruieren.
2. Wichtige astronomische Messgrößen
2.1 Entfernungen der Sterne
Obwohl die Entfernung eines Sterns zur Erde sicherlich nicht zu seinen charakteristischen
Zustandsgrößen zählt, ist sie doch zum einen für unser Bild des Kosmos von Interesse und
muss zum anderen bei der Bestimmung von Zustandsgrößen wie der Masse, des Radius und
der Leuchtkraft des Sterns berücksichtigt werden. Hier soll die Entfernungsmessung mithilfe der so genannten trigonometrischen Parallaxe knapp skizziert werden, die im Falle von
relativ nah gelegenen Himmelskörpern meistens benutzt wird.
Prinzipiell wird bei Parallaxenmessungen der Winkel ermittelt, unter dem eine Strecke bekannter Länge von dem Punkt aus erscheint, dessen Entfernung bestimmt werden
soll. Abbildung 1 illustriert diesen Grundgedanken. Mit elementarer Trigonometrie erhält
man
d=
B
B
≈ ,
tan p p
(1)
2
Abbildung 1: Trigonometrische Parallaxe ([1], S.64)
wobei die Zulässigkeit der Kleinwinkelnäherung tan p ≈ p vorausgesetzt wurde, für die
die Parallaxe p im Bogenmaß zu nehmen ist. Allerdings genügen selbst für die uns am
nächsten liegenden Sterne außer der Sonne irdische Distanzen nicht als Referenzlänge B
zur Auflösung der Parallaxen. Um die Entfernung der Erde zu nahen Sternen zu gewinnen,
bedient man sich deshalb des bekannten mittleren Radius der Erdumlaufbahn, der astronomischen Einheit 1AE = 146,9 ⋅ 10 6 km, und bestimmt damit die heliozentrische oder jährliche Parallaxe des Sterns. Hier wird ausgenutzt, dass nahe liegende Sterne, wie aus Abbildung 2 erhellt, infolge der Erdbewegung relativ zu sehr weit entfernten Sternen an der
Himmelskugel eine ellipsenförmige Bewegung zu vollführen scheinen. Als astronomisches
Entfernungsmaß ist in diesem Zusammenhang das Parsec [pc] üblich: die Entfernung, von
der aus gesehen der mittlere Abstand Erde-Sonne unter einem Winkel von einer Bogensekunde erscheint, also
d=
1
[pc] .
p [' ' ]
Nach Gleichung (1) ist
1pc =
1AE
= 3,086 ⋅ 1016 m
2Π (360 ⋅ 60 ⋅ 60 )
oder 1pc = 3,262 Lichtjahre. Allein der europäische Satellit Hipparcos vermaß seit seinem Start
im Jahre 1989 mit diesem Verfahren die Entfernungen zu über 100 000 Sternen. Dabei wurden
Auflösungen von etwa einer Millibogensekunde
erzielt.
Abbildung 2:
Heliozentrische Parallaxe ([2], S.173)
3
2.2 Geschwindigkeiten der Sterne
Die Kenntnis der Bewegungsgeschwindigkeit eines Sterns ist unter anderem für die Bestimmung seines Radius und seiner Masse relevant. Wichtigstes Instrument ist dabei die
Doppler-Verschiebung der Spektrallinien im Sternenlicht. Sie ermöglicht die Berechnung
der Radialgeschwindigkeit Vr des Sterns gemäß der Formel
Vr = c
∆λ
λ0
.
(2)
Für gewöhnlich wird die Radialgeschwindigkeit auf die Sonne bezogen und so der wechselnde Anteil, der aus der Bahnbewegung und der Drehung der Erde stammt, eliminiert.
Zur Messung der Tangentialgeschwindigkeit Vt muss über einen großen Zeitraum
die sog. Eigenbewegung µ eines Sterns in Bogensekunden pro Jahr gemessen werden. Mit
der heliozentrischen Parallaxe p in Bogensekunden erhält man
Vt =
µ
p
[AE/a] = 4,74 ⋅
µ
p
[km/s] .
2.3 Helligkeiten und Farben der Sterne
Die Energie pro Zeit und Fläche, die von einem Stern in Form von Strahlung emittiert und
auf der Erde registriert wird, kurz, sein Strahlungsstrom, wird neben den intrinsischen Eigenschaften des Stern auch stets von zwei weiteren Faktoren abhängen: Dem Abstand des
Sterns von der Erde und der spektralen Empfindlichkeit des Detektors. Indem man den mit
einer vorgegebenen Apparatur gemessenen Strahlungsstrom als scheinbare Helligkeit des
Sterns bezeichnet, wird ersterem Rechnung getragen. Die Einheit der scheinbaren Helligkeit ist die der Größenklassen oder auch Magnitudines (abgekürzt mag). Wenn s1 und s 2
die gemessenen Strahlungsströme zweier Sterne bezeichnen, werden ihre scheinbaren Helligkeiten m1 und m2 durch folgende Gleichung definiert:
m1 − m2 = −2,5 ⋅ log(s1 s 2 ) [mag]
(3)
Je heller also ein Stern zu sein scheint, desto kleinere Magnitudines werden ihm zugeschrieben. Zum Zwecke dieser Klassifikation werden die scheinbaren Helligkeiten gewisser
Eichsterne stipulativ festgesetzt.
Wie bereits angedeutet, geht die spektrale Sensitivität des Empfängergerätes substanziell in die Helligkeitsmessungen ein. Sei diese nun durch die Empfängerfunktion P(λ )
4
gegeben. Dann kann die Bestimmungsgleichung der scheinbaren Helligkeit spezifiziert
werden zu
∞

m = −2,5 ⋅ log  ∫ S (λ ) ⋅ P (λ ) dλ  + const ,
0

wobei S (λ ) die spektrale Verteilung des Strahlungsstromes angibt. Werden durch die Verwendung entsprechender Filter die Funktionen P(λ ) bewusst modifiziert, können die „Farben“ der Sterne vermessen werden. Üblicherweise unterscheidet man die Farben ultraviolett
mu , blau mb und visuell m v , manchmal auch einfach als U , B und V abgekürzt. Die zugehörigen, auf denselben Maximalwert normierten Empfängerfunktionen, können Abbildung
3 entnommen werden.
Die absolute Helligkeit M eines Sterns in einem beliebigen Messsystem ist definiert als diejenige Helligkeit, die man bei einer gedanklichen Verschiebung des Sterns in
die Standardentfernung von 10pc unter Ausnutzung seines tatsächlichen Abstandes und des
1 r 2 -Abfalls des Strahlungsstromes berechnet. Für die Sonne misst man beispielsweise
V= – 26,70 und MV,= + 4,87. Wird schließlich, was technisch sehr schwierig zu realisie-
ren ist, P(λ ) =konstant gewählt, erhält man die bolometrischen Helligkeiten m bol und M bol .
Abbildung 3: Empfängerfunktionen ([3], S.63)
3. Zustandsgrößen der Sterne
3.1 Leuchtkraft
Der gesamte Energieverlust eines Sterns durch die Emission von elektromagnetischer
Strahlung wird als seine Leuchtkraft L bezeichnet. Da diese Definition die in Kernprozessen erzeugte Energie mit einer makroskopischen Messgröße in Zusammenhang bringt, ist
die Leuchtkraft von unmittelbarem Interesse für die Erforschung des inneren Aufbaus von
Sternen und dient daher der modernen Astrophysik als wichtige stellare Zustandsgröße.
5
Meist erfolgt die Angabe der Leuchtkraft eines Sterns in Einheiten der Sonnenleuchtkraft L. Für ihre Messung bestimmt man photometrisch den auf der Erde ankommenden, über alle Frequenzen integrierten Strahlungsfluss s . Störfaktoren, etwa der Einfluss der Erdatmosphäre oder interstellare Extinktion, müssen zur Gewinnung genauer Absolutwerte, wie bei allen astrophysikalischen Messungen, durch Korrekturrechnung berücksichtigt werden. So kann zum Beispiel der gesamte Strahlungsfluss der Sonne mit einer
Genauigkeit von weniger als 1% zu
s= 1,367 kW m–2
bestimmt werden. Dieser Energiefluss s, den die Erde von der Sonne empfängt, wird als
Solarkonstante bezeichnet. Er wird jedem Flächenelement mit einer astronomischen Einheit
Abstand von der Sonne zuteil. Allgemein berechnet sich deshalb die Leuchtkraft eines beliebigen Sterns mit Entfernung r von der Erde nach der Formel
L = 4Π r 2 ⋅ s .
(4)
Im Falle der Sonne erhält man L= 3,86 ⋅ 10 23 kW. Die vorkommenden Leuchtkräfte variieren deutlich. So liegt der Quotient L/L für die meisten Sterne im Bereich von 10–3 bis einige 104.
Der Zusammenhang zwischen Leuchtkraft und der etwas anachronistischen Größe
der bolometrischen Helligkeit eines Sterns lautet
Mbol = 4,72 − 2,5 ⋅ log L/L [mag].
Er kann mit der absoluten bolometrischen Helligkeit der Sonne Mbol,= 4,72 [mag] unter
Berücksichtigung der 1 r 2 -Proportionalität des Strahlungsstromes s (r1 ) s (r2 ) = r2
2
2
r1 aus
Gleichung (3) hergeleitet werden.
3.2 Effektivtemperatur
Die Effektivtemperatur eines Sterns ist im Grunde eine theoretische Zustandsgröße, die
über die Zustandsgrößen Leuchtkraft und Radius vermöge des bekannten Stefan-Boltzmannschen Strahlungsgesetzes definiert wird. Letzteres bringt den Gesamtstrahlungsstrom
F , der von einer schwarzen Einheitsfläche ausgeht, mit der Temperatur T des Schwarz-
körpers in Verbindung und lautet
F = σT 4 ,
mit der Strahlungskonstante
6
4
σ=
2Π 5 k B
= 5,67 ⋅ 10 −8 Wm -2 K -4 .
2 3
15c h
Nach Gleichung (4) kann der Gesamtstrahlungsstrom durch die Oberfläche eines Sterns
mithilfe seiner Leuchtkraft L und seines Radius R ausgedrückt werden:
s (R ) =
L
4Π R 2
Da nun Sterne näherungsweise als schwarze Strahler aufgefasst werden dürfen, definiert
man die Effektivtemperatur Teff eines Sterns als diejenige Temperatur, die ein gleichgroßer
idealer Schwarzkörper haben müsste, um dieselbe Strahlungsleistung aufzubringen wie besagter Stern. Es gilt also
L = 4Π R 2 ⋅ σTeff4 .
(5)
Die Effektivtemperatur der Sonne hat den Wert Teff,= 5780 K. Typische Werte liegen zwischen 3000 K und 50 000 K.
Es sei darauf hingewiesen, dass die Effektivtemperatur nicht die tatsächlichen Temperaturverhältnisse eines Sterns beschreibt. Einerseits ist nämlich die Beschreibung eines
Sterns als Schwarzkörper nur eine grobe Näherung. So stellt man etwa bei der Beobachtung
der Sonnenscheibe eine Mitte-Rand-Verdunkelung fest und findet Fraunhoferlinien im Emissionsspektrum – zwei Umstände, die mit dem Bild eines idealen Schwarzkörpers unvereinbar sind. Andererseits gibt die Effektivtemperatur ohnehin nur ein Maß für die Temperatur in denjenigen Schichten der Sternatmosphäre, aus denen Strahlung zur Erde gelangt. Für
diese so genannte Photosphäre erhält man aber immerhin einigermaßen zutreffende Werte.
Abbildung 4 zeigt die absolute Energieverteilung im Sonnenspektrum. Die oberen beiden
Kurven wurden in der Mitte der Sonnenscheibe gemessen, die unteren beiden stellen das
über die gesamte Scheibe gemittelte Spektrum dar. Dabei wurden einmal für Intervalle von
je ∆λ = 10 nm Durchschnittswerte gemessen, also über Absorptionslinien und Kontinuum
gemittelt, was die beiden Treppenkurven ergab, und einmal wurden die Absorptionslinien
ausgespart, woraus die glatten Kurven resultierten.
Gemessen werden kann die Effektivtemperatur auf verschiedene Weise. Ist die
spektrale Energieverteilung des Sternenlichtes bekannt und lässt sich seine PeakWellenlänge extrahieren, so kann die Effektivtemperatur vermöge des Wienschen Verschiebungsgesetzes
λ max
2,90 ⋅ 10 8 K ⋅ nm
=
Teff
7
Abbildung 4: Sonnenspektren ([2], S.172)
berechnet werden. Sollte die Energieverteilung der Strahlung nicht vermessen sein oder
Absorptionskanten die Bestimmung der Peak-Wellenlänge unmöglich machen, gestattet die
Bestimmung des Strahlungsflusses s über die Gleichung (4) die Ableitung der Effektivtemperatur bei bekannter Entfernung r und Radius R des Sterns. Der Strahlungsfluss s ist
mit der über alle Frequenzen integrierten spektralen Intensitätsverteilung, die man auf der
Erde misst, identisch.
∞
s = ∫ I ν dν =
0
2
L
R
=   ⋅ σTeff4
2
4Π r
r
Ein weiteres Verfahren zur Ermittlung von Teff beruht auf dem Umstand, dass sich mit der
Effektivtemperatur die Stärke der Absorptionslinien im Sternenspektrum auf charakteristische Weise ändern. Umgekehrt erlaubt diese Korrelation unter Zuhilfenahme gut vermessener Eichsterne Rückschlüsse vom Aussehen des Spektrums eines Sterns auf seine Effektivtemperatur, ohne dass die exakte Energieverteilung seiner Strahlung aufgenommen werden
muss.
3.3 Radius
Die direkte Messung des Winkels, unter dem uns der Radius eines Sterns erscheint, ist außer im Falle der Sonne nur bei äußerst wenigen, ausreichend großen und genügend nahen
Sternen möglich. Sei etwa R der Radius eines Sterns und r sein Abstand von der Erde.
Dann wird man auf der Erde einen Winkelradius oder scheinbaren Radius von α = R r im
Bogenmaß messen. Ausgedrückt in Bogensekunden:
α [' ' ] = 206265 ⋅
R
r
(5)
8
Für die Sonne etwa misst man einen scheinbaren Radius von 959,63 [' ' ] und bestimmt damit für r = 1AE ihren Radius zu R= 696 000 km. Neben der Abschätzung von Radien
mithilfe von Leuchtkraft und Effektivtemperatur gemäß Gleichung (5) oder dem Rückschluss von Beugungserscheinungen des Sternenlichts am Mond auf den Winkelradius der
Lichtquelle, haben vor allem zwei Messverfahren Bedeutung erlangt: interferometrische
Winkelradienmessungen und die Analyse von Bedeckungsveränderlichen, einer bestimmten Klasse von Doppelsternsystemen. Sie sollen im Folgenden vorgestellt werden.
3.3.1 Interferometrische Winkelradienmessung
Unter dem Schlagwort der interferometrischen Winkelradienmessung werden verschiedene
Techniken subsumiert, die die rechnerisch belegbare Näherung ausnutzen, dass sich ein
Stern mit dem scheinbaren Durchmesser y ' wie zwei Punktlichtquellen im Abstand
y = 0,41 y ' verhält. Beim Michelson-Sterninterferometer fällt das Licht durch zwei Spalte
mit variablen Abstand D ins Fernrohr, wie Abbildung 5 verdeutlicht. Die beiden fiktiven
Quellen erzeugen so je ein Interferenzmuster am Doppelspalt. Intensitätsmaxima sind jeweils unter den Winkelabständen
Φ = nλ D
(n = 0,1,2,3,...)
zu finden. Dabei sind die Muster um den Winkel y gegeneinander verschoben. Infolgedessen
liegen die Maxima der Interferenzbilder für
D = nλ y aufeinander; der Helligkeitskontrast
verschwindet für D = (2n + 1)λ 2 y . So gilt
zum Beispiel bei der kontinuierlichen Vergrößerung von D für das erste Sichtbarkeitsminimum
0,41 y ' =
1
λ D0 .
2
Abbildung 6:
Michelson-Sterninterferometer ([3], S.130)
Moderne Messungen bringen das von verschiedenen optischen Teleskopen eingefangene
Licht zur Interferenz, basieren aber auf vergleichbaren Prinzipien. Die Europäische Südsternwarte ESO auf dem Cerro Paranal in Chile operiert beispielsweise mit vier Großteleskopen und vier Hilfsteleskopen, die in einem unterirdischen Tunnelsystem ihr Licht über
9
maximale Basislängen von 130m
bzw.
200m
zur
Interferenz
bringen können. Abbildung 6a
zeigt in der ersten Spalte zwei
unterschiedlich
große
stellare
Objekte, in der zweiten Spalte
ihre Bilder, die mit nur einem
Teleskop aufgenommen wurden,
und in der rechten Spalte ihre
Interferenzbilder. Aus der Schärfe
des Interferenzmusters kann auf
die
Größe
des
Objektes
geschlossen werden. Wie sich das
Interferenzbild mit dem Abstand
Abbildung 6: ESO Pressefotos. Oben (6a): Vergleich der
der Basislänge ändert, ist in
einfachen und der Interferenzbilder verschieden großer
Abbildung 6b aufgetragen. Der
Sterne. Unten (6b): Variation des Interferenzbildes mit zu-
Abstand, bei dem die Minima
nehmender Basislänge ([6])
verschwinden,
ist
für
den
Winkelradius des Sterns charakteristisch.
3.3.2 Bedeckungsveränderliche
Bei diesem Verfahren wird von Schwankungen des Strahlungsstromes auf die Radien bzw.
Durchmesser von Bedeckungsveränderlichen geschlossen. Hier umläuft im einfachsten Fall
ein Stern 1 des Durchmessers d mit Geschwindigkeit v einen sehr viel massereicheren Stern
2 mit dem Durchmesser D auf einer Kreisbahn, deren Ebene parallel zur Sehlinie liegen
soll. Das Gesamtsystem entferne sich mit einer Radialgeschwindigkeit V von der Erde. In
dieser Situation wird Stern 1 je Umlauf einmal vor und einmal hinter Stern 2 treten. Diese
Bedeckung schlägt sich in einer periodischen Variation des Gesamtstrahlungsstromes s des
Doppelsternsystems nieder, wie Abbildung 7 verdeutlicht. Die für die mathematische Auswertung relevanten Zeitpunkte t1 … t4 wurden in Abbildung 7 bereits berücksichtigt. Die
Geschwindigkeiten V und v werden mithilfe der Dopplerverschiebung gemessen. Für die
Bestimmung von v nutzt man aus, dass die Radialgeschwindigkeit von Stern 1 zwischen
den Extremwerten V + v und V – v schwankt. Dem entsprechend wird eine Linie der
10
Abbildung 7: Strahlungsstrom eines
Bedeckungsveränderlichen ([3], S.83)
Wellenlänge λ0 eine Verschiebung erfahren, die zwischen den Extremwerten ∆λ1 und ∆λ 2
liegt. Nach Gleichung (2) gilt
∆λ1
=
λ0
V +v
c
und
∆λ 2
λ0
=
V −v
.
c
Und deshalb
v=
c ∆λ 1 − ∆λ 2
.
⋅
2
λ0
Nach Abbildung 5 erhält man nun
D + d = v (t 4 − t1 ) ,
D − d = v (t 3 − t 2 ) .
Auflösen nach d und D liefert
d = v 2[(t 4 − t1 ) − (t 3 − t 2 )]
und
D = v 2[(t 4 − t1 ) + (t 3 − t 2 )].
In praxi müssen eine ganze Reihe von Korrekturen zu diesem vereinfachten Modell berücksichtigt werden, dennoch lassen sich mit dieser Methode recht genaue Ergebnisse erzielen.
Geeignete Doppelsternsysteme finden sich allerdings nur relativ selten.
Die gesamte Spanne der vermessenen Sternenradien ist sehr weit. So erreichen einige Überriesen Radien, die den der Sonne um ein Tausendfaches übertreffen, wohingegen
erloschene Sterne etwa zu Neutronensternen mit nur einigen 10 km Radius schrumpfen
können. Die Radien der weitaus meisten Sterne liegen aber im Bereich von 0,5 R bis 10
R.
11
3.4 Masse
Den Ansatzpunkt für Sternmassenbestimmungen bildet wiederum die Analyse von Doppelsternsystemen, da hier die Gravitationswechselwirkung qualitativ auswertbar zutage tritt.
Im Rahmen der klassischen Mechanik kann der Zusammenhang der charakteristischen
Größen dieses Zweikörperproblems berechnet werden. Demnach bewegen sich die beiden
Sterne mit den Massen M1 und M2 auf Ellipsenbahnen, deren große Halbachsen hier mit a1
und a2 bezeichnet werden, in der Zeit t um den gemeinsamen Schwerpunkt und ihre Bewegung genügt den Formeln
3
M1 + M 2 =
4Π 2 (a1 + a 2 )
⋅
G
t2
(drittes Keplersches Gesetz)
(6)
und
M 1 a2
=
.
M 2 a1
(7)
Dabei steht G für die Gravitationskonstante. Im Folgenden sei nun ein visueller Doppelstern angenommen – ein Doppelstern, dessen beide Sterne getrennt beobachtbar sind und
der seine Doppelsternnatur nicht etwa nur durch periodische Schwankungen seiner Spektrallinien offenbart. Können die scheinbaren Halbachsen der Ellipsen gemessen und mithilfe
der Entfernung des Doppelsternsystems auf die Absolutwerte von a1 und a2 geschlossen
werden, so ergeben sich aus obigen Gleichungen Massensumme und Massenverhältnis und
unmittelbar folgend M1 und M2. Falls der Abstand zum Doppelsternsystem unbekannt ist,
kann man die großen Halbachsen der Bahnen auch über die Umlaufzeit, die Geschwindigkeiten und die Exzentrizitäten der Ellipsen, die in Doppelsternensystemen für gewöhnlich
vernachlässigt werden dürfen, berechnen.
Die Schwierigkeit der Massenbestimmung liegt unter anderem darin, dass die Flächennormale der Bahnebene eines Sterns im Allgemeinen nicht parallel zur Sichtlinie liegt.
Abbildung 8 zeigt den vereinfachten Fall, bei dem die Bahn nur um die kleine Halbachse
gedreht wurde und ihre Normale mit der Sichtlinie den Inklinationswinkel i einschließt. Für
i ≠ 0 kann lediglich die Projektion der Bahn auf die zur Sichtlinie senkrechten Himmelsebene beobachtet werden. Gemessene Werte der großen Halbachsen können also nicht ohne
die Kenntnis des Winkels i in die tatsächlichen umgerechnet werden. Da sich auf der rechten Seite von Gleichung (7) die Umrechnungsterme kürzen, kann zwar das Massenverhältnis für i ≠ 0 berechnet werden, nicht aber die Massensumme aus Gleichung (6). Wie in Abbildung 8 zu erkennen ist, weisen aber die tatsächliche und die projizierte Sternenbahn verschiedene Exzentrizitäten auf. Das beobachtete Massenzentrum liegt infolgedessen nicht im
12
Brennpunkt der beobachteten Ellipse. Von diesem Verstoß gegen das erste Keplersche Gesetz ausgehend, sind prinzipiell Rückschlüsse auf die tatsächliche Gestalt der Sternenbahn
möglich.
Die Sonnenmasse wurde aus den Gravitationseffekten im Sonnensystem zu M=
1,989 ⋅ 10 30 kg bestimmt. Sie rangiert damit im Bereich der weitaus meisten Sterne, für die
Werte zwischen einer halben und zehn Sonnenmassen gemessen werden. Extremwerte liegen bei etwa 1/10 M und 100 M.
Abbildung 8: tatsächliche und projizierte Bahn ([1], S.207)
3.5 Chemische Zusammensetzung
Quantitatives Wissen um die chemische Zusammensetzung eines Sterns ist für die Belange
der Astrophysik unentbehrlich. Etwa können Vorgeschichte und zukünftige Entwicklung
eines Sterns nur abgeschätzt werden, sofern die Anteile der im Stern vorkommenden Elemente an seiner Gesamtmasse mit hinreichender Genauigkeit bekannt sind. Die quantitative
Bestimmung der chemischen Zusammensetzung eines Sterns, seiner letzten Zustandsgröße,
die hier Erwähnung finden soll, muss durch Abgleich der gemessenen Strahlungsspektren
mit theoretischen Modellen erfolgen. Letztere simulieren den Strahlungstransport durch die
äußeren Schichten der Sternenatmosphäre, der für das gemessene Spektrum verantwortlich
ist, und beinhalten als Parameter unter anderem die chemische Zusammensetzung. Stimmen
Simulationsdaten und Messwerte in zufrieden stellendem Maße überein, dürfen die Parameterwerte als physikalische Zustandsgrößen der entsprechenden Schichten des Sterns interpretiert werden.
Da alle Sterne zum größten Teil aus Wasserstoff und Helium bestehen, haben sich
für ihre Anteile an der Gesamtmasse eines Sterns und für den Massenanteil der übrigen E13
lemente die Abkürzungen X, Y und Z etabliert, welche durch folgende Gleichungen definiert sind:
X =
m(H )
∑ m(i )
i
Y=
m(He )
∑ m(i )
i
Z=
m( A > 4 )
∑ m(i )
i
Es gilt X + Y + Z = 1 . Weil für alle Sterne gleichsam auf 1000 Wasserstoffatome etwa 80
Heliumatome und nur ein Atom eines schwereren Elements kommen, nehmen X und Y circa die Werte ¾ und ¼ an, Z fällt sehr klein aus.
4. Korrelation der Zustandsgrößen
Neben der bereits bekannten, definitionsbedingten Korrelation von Leuchtkraft, Radius und
Effektivtemperatur gemäß
L = 4Π R 2 ⋅ σTeff4
(5)
werden im Folgenden zwei empirisch gefundene Abhängigkeiten der Zustandsgrößen deskriptiv besprochen. Theoretische Modelle des Sternaufbaus müssen im Stande sein, diese
Zusammenhänge auf der Grundlage physikalischer Prinzipen zu reproduzieren.
4.1 Das Masse-Leuchtkraft-Gesetz
Trägt man die Leuchtkraft von Hauptreihensternen (siehe Kap. 3.2) als Funktion ihrer Masse auf, ergibt sich ein exponentieller Zusammenhang dieser Größen. Abbildung 9 zeigt gut
vermessene Sterne, die in ein solches Diagramm eingeordnet wurden. Das empirische Masse-Leuchtkraft-Gesetz
L / L = (M / M)3,5
(8)
nähert die in Abbildung 9 erkennbare
Beziehung an. Es sei allerdings betont,
dass dieses nur für Hauptreihensterne
Gültigkeit besitzt.
Abbildung 9: Empirische Masse-LeuchtkraftBeziehung für Hauptreihensterne ([1], S.212)
14
4.2 Das Hertzsprung-Russell-Diagramm
In modernen Formen des Hertzsprung-Russell-Diagramms (kurz: HRDs) werden die Zustandsgrößen Effektivtemperatur und Leuchtkraft miteinander verknüpft. Jeder Stern wird
durch einen Punkt im HRD repräsentiert. Aus historischen Gründen nimmt dabei die Effektivtemperatur auf der Abszisse ab. Abbildung 10 zeigt ein solches HRD für Fixsterne der
Sonnenumgebung. Das auf diese Weise gewonnene Ordnungsschema bringt verschiedene
Phasen stellarer Entwicklung zum Ausdruck und ließ das HRD zu einer der Wurzeln der
Astrophysik avancieren.
Man erkennt deutlich, dass die Majorität der Sterne ein sich von rechts unten nach
links oben erstreckendes Band besiedelt, die so genannte Hauptreihe. Diese relative Häufigkeit wird als eine allen Hauptreihensterne gemeinsame Entwicklungsphase interpretiert,
die den größten Teil der Lebenszeit eines Sterns ausmacht. Unsere Sonne wird im HRD
ebenfalls in die Hauptreihe eingeordnet. Da innerhalb der Hauptreihe die Leuchtkraft von
rechts nach links anwächst, nehmen nach Gleichung (8) die Massen der Hauptreihensterne
ebenfalls in dieser Richtung zu.
Beiderseits der Hauptreihe existieren weitere bevölkerte Bereiche. Sterne, die bei
gleicher Effektivtemperatur eine größere Leuchtkraft als Hauptreihensterne aufweisen,
müssen nach Gleichung (5) auch einen entsprechend größeren Radius besitzen. Sie heißen
deshalb Riesensterne. Umgekehrt nennt man die Sterne links der Hauptreihe, die bei gleicher Temperatur nur wegen ihres geringen Radius die Leuchtkraft der Hauptreihensterne
unterschreiten können, Zwergsterne. Sowohl für Riesen- als auch für Zwergsterne existieren weitere Spezifizierungen, die allerdings hier nicht besprochen werden sollen. Den ver-
Abbildung 10: HRD für Fixsterne der Sonnenumgebung
([4], S.12)
15
schiedenen Sternengruppen werden unterschiedliche stellare Entwicklungsstadien zugeschrieben. Ändern sich die Brennvorgänge im Inneren eines Sterns, findet ein Übergang
zwischen den Sterngruppen statt; die makroskopischen Zustandsgrößen eines Sterns sind
also untrennbar mit den Kernprozessen in seinem Inneren verknüpft. Zwerge beispielsweise
sind Sternleichen – in ihnen laufen keine Kernprozesse mehr ab, so dass sie allmählich auskühlen. Abbildung 11 zeigt stark vereinfacht den Entwicklungsweg der Sonne im HRD.
Gerade in Darstellungen des HRD, die sich an den beobachtenden Astronomen wenden, werden statt der Effektivtemperatur und der Leuchtkraft äquivalente oder leichter
messbare Beobachtungsgrößen aufgetragen. Wie bereits angedeutet, ändern sich mit der
Effektivtemperatur kontinuierlich die beobachteten Sternenspektren. Dieser Effekt hat
nichts mit einer veränderten chemischen Zusammensetzung der Sternatmosphäre zu tun.
Vielmehr variiert die Ausprägung einer Spektrallinie mit der Temperatur wegen der temperaturabhängigen Besetzungswahrscheinlichkeiten der beteiligten Energieniveaus. So können Sternenspektren durch schlichten visuellen Vergleich in so genannte Spektralklassen
eingeordnet werden, wobei gewisse Standardspektren als Orientierungshilfe dienen. Sie
werden mit den Buchstaben der folgenden Reihe bezeichnet: O-B-A-F-G-K-M. Durch Anfügen einer der Ziffern von 0 bis 9 können Abstufungen innerhalb einer Spektralklasse vorgenommen werden. Der Sonne wird beispielsweise der Spektraltyp G2 zugeordnet. In vielen Darstellungen des HRD, etwa auch bei den ersten Auftragungen Russells von 1914,
wird auf der Abszisse die Spektralklasse aufgetragen. Die absolute visuelle Helligkeit Mv
ist eine als Alternative zur Leuchtkraft häufig benutzte Ordinatengröße. Abbildung 12 illustriert die Äquivalenz der
verschiedenen Formen des
HRDs.
Abbildung 11: Entwicklungsweg
der Sonne im HRD ([5], S.35)
16
Je heißer ein Stern ist, desto kurzwelliger wird der Schwerpunkt der von ihm emittierten
Strahlung sein. Um sich diesen Zusammenhang verständlich zu machen, denke man nur an
die oben erwähnte Schwarzkörpernäherung. Deshalb werden zum Beispiel Sterne mit kühlem Spektraltyp gerne mit dem Prädikat „rot“ versehen. Orientierende Aussagen über die
Sternenspektren gewinnt man deshalb schon, indem man photometrisch die Farben der
Sterne bestimmt und so genannte Farbindizes als Differenzen zweier Helligkeiten, z.B.
B − V , bildet. So können mithilfe der Farbindizes weitere Abkömmlinge des HRDs gebil-
det werden.
Abbildung 12: Hertzsprung-Russell-Diagramm ([1], S.243)
Literaturverzeichnis
[1] Bradley W. Carroll, Dale A. Ostlie: „An Introduction to Modern Astrophysics”,
Reading: Addison Wesley Company 1996.
[2] S. Baschek, A. Unsöld: „Der neue Kosmos”, Berlin: Springer Verlag 2002.
[3] A. Weigert, H.J. Wendker: „Astronomie und Astrophysik – Ein Grundkurs“, Weinheim:
VCH 1996.
[4] W. Gebhardt: „Sternaufbau und Entwicklung. Skript der Vorlesung WS01/02“
[5] W. Pfau: „Streifzüge durch das Hertzsprung-Russell-Diagramm. Teil 1: Von der Beobachtung zur Theorie der Sterne“, in: „Sterne und Weltraum 6/2006“, Heidelberg: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH 2006.
[6] www.eso.org
17
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