Die Einstellung von Jugendlichen zur Polizei im Kanton Zürich

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Die Einstellung von Jugendlichen zur
Polizei im Kanton Zürich
Untersuchung und Bericht im Auftrag der
Kantonspolizei Zürich
Verfasser: Lorenz Biberstein
Projektleiter: Prof. Dr. Martin Killias
Kriminologisches Institut
März 2010
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung.............................................................................................................1
1.1
Bisherige Erkenntnisse.................................................................................1
1.2
Forschungsfrage ..........................................................................................3
2 Methodisches Vorgehen ......................................................................................4
2.1
Zur Befragung ..............................................................................................4
2.2
Angetroffene Probleme ................................................................................5
2.3
Grundgesamtheit ..........................................................................................6
2.3.1
5. Klasse (Volksschule) ......................................................................... 6
2.3.2
10. Klasse (Mittelschule) ....................................................................... 7
2.3.3
1. Lehrjahr (Berufsschule) ..................................................................... 8
2.4
Stichprobe ....................................................................................................9
2.4.1
5. Klasse (Volksschule) ....................................................................... 11
2.4.2
10. Klasse (Mittelschule) ..................................................................... 12
2.4.3
1. Lehrjahr (Berufsschule) ................................................................... 13
2.5
Fragebogen auf Papier...............................................................................15
2.6
Vorbemerkung zur Datenauswertung .........................................................16
2.6.1
Signifikanzen ....................................................................................... 16
2.6.2
Gamma ............................................................................................... 16
2.6.3
Odds Ratio .......................................................................................... 17
3 Einstellung zur Polizei .......................................................................................19
4 Zusammenhänge ..............................................................................................22
4.1
Wahrnehmung der Polizei auf der Strasse .................................................22
4.2
Erwartungen an die Polizei in der Schule und auf der Strasse ...................24
4.3
Demographische Variablen ........................................................................27
4.3.1
Alter..................................................................................................... 27
4.3.2
Geschlecht .......................................................................................... 28
4.3.3
Wohnort/Wohngebiet .......................................................................... 28
4.3.4
Migrationshintergrund ......................................................................... 28
4.4
Freizeitverhalten .........................................................................................30
4.5
Gruppenzugehörigkeit und Kollegen ..........................................................36
4.6
Illegales Verhalten ......................................................................................38
4.7
Eigene Erfahrungen ...................................................................................40
4.7.1
Viktimisierungserfahrung ..................................................................... 40
4.7.2
Wahrnehmung der Kriminalitätsprävention der Polizei........................ 42
4.8
Zufriedenheit mit dem Auftreten der Polizei ...............................................43
4.8.1
Eigener Kontakt zur Polizei ................................................................. 45
4.8.2
Wahrnehmung des Polizeikontaktes ................................................... 50
4.8.3
Gründe für Polizeikontakt als Täter ..................................................... 54
4.8.4
Konsequenzen von Polizeikontakt als Täter ....................................... 55
4.9
Fehlverhalten der Polizei (gesehen oder gehört) .......................................57
4.10 Unsicherheitsgefühl ....................................................................................59
4.11 Hypothetisches Anzeigeverhalten ..............................................................63
5 Multivariate Analysen ........................................................................................66
5.1
5. Schuljahr, Mädchen................................................................................67
5.2
5. Schuljahr, Knaben ..................................................................................68
5.3
10. Schuljahr, Mädchen..............................................................................70
5.4
10. Schuljahr, Knaben ................................................................................72
6 Fazit...................................................................................................................74
Literaturverzeichnis ..................................................................................................76
Zusammenfassung
Im Frühjahr 2009 wurden im Auftrag der Kantonspolizei Zürich knapp 4'000 Schülerinnen und Schüler der 5. und 10. darüber befragt, ob sie schon einmal Kontakt zur
Polizei gehabt haben, wie sie diesen Kontakt empfunden haben und wie sie die Polizei und ihre Arbeit im Allgemeinen einschätzen. Die Befragung fand unter Mithilfe
der Lehrpersonen an den Schulen mittels eines Online-Fragebogens statt.
Die Resultate zeigen, dass neben dem eigenen delinquenten Verhalten weitere Faktoren in Zusammenhang stehen mit der Einstellung zur Polizei: So üben speziell die
Wahrnehmung der Kriminalitätsprävention und die Einschätzung des Auftretens der
Polizei an der Schule und auf der Strasse einen positiven Einfluss auf die Einstellung
zur Polizei aus. Wer diese beiden Punkte positiv bewertet, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine positive Einstellung zur Polizei haben.
Wer hingegen findet, die Polizei solle die Schüler an der Schule mehr in Ruhe lassen
oder wer schon einmal ein Fehlverhalten eines Polizisten selber beobachtet oder
davon im Bekanntenkreis gehört hat, hat höchstwahrscheinliche eine negative Einstellung zur Polizei.
Weiter zeigen die Ergebnisse einen negativen Zusammenhang zwischen der Einstellung zur Polizei und dem Alter und dem Geschlecht. Jugendliche im 10. Schuljahr
und männliche Jugendliche haben eine schlechtere Einstellung zur Polizei als weibliche Jugendliche und solche im 5. Schuljahr. Dies dürfte darauf zurück zu führen
sein, dass ältere und männliche Jugendliche schon häufiger selber Delikte begangen haben und deshalb mit der Polizei in Kontakt standen als jüngere oder weibliche
Jugendliche.
Zusätzlich ist für die Einstellung zur Polizei zentral, aus welchem Grund der Polizeikontakt stattgefunden hat. War dies, weil die Jugendlichen selbst etwas Illegales getan hatten oder von der Polizei auf der Strasse angehalten wurden, wurde der Kontakt als negativ empfunden. Fand der Kontakt hingegen statt, weil die Polizei in die
Schule kam oder die Schüler den Polizisten etwas fragen wollten, wurde der Kontakt
positiv wahrgenommen.
III
1 Einleitung
Dieser Bericht präsentiert die Resultate der Befragung zum Thema „Einstellung der
Jugendliche zur Polizei im Kanton Zürich“, welche im Auftrag der Kantonspolizei Zürich vom Februar bis Juni 2009 durchgeführt wurde.
Ziel der Untersuchung war, die Einstellung der Jugendlichen1 im Kanton zur Polizei,
ihre bisherigen Erfahrungen mit der Polizei, wie sie diese empfunden haben und ihre
Erwartungen an die Polizei zu erforschen. Dazu wurden im ganzen Kanton Zürich,
inklusive den Städten Zürich und Winterthur, knapp 4'000 Schülerinnen und Schüler
des 5. und 10. Schuljahres befragt.
Da ein Grossteil der Delikte von Jugendlichen und jungen Erwachsenen begangen
wird, bilden Jugendliche einen substantiellen Anteil der Bevölkerung, welcher mit der
Polizei in Kontakt kommen kann. Es ist deshalb wichtig, genau zu wissen, wie sich
dieser Kontakt ergeben hat und wie ihn die Jugendlichen erlebt haben.
Die Polizei ist zudem auf die Öffentlichkeit angewiesen um effizient und effektiv zu
funktionieren. Da die Arbeit der Polizei primär reaktiver Natur ist, kann die Bevölkerung substantiell zur erfolgreichen Arbeit der Polizei beitragen. Hier ist deshalb die
Einstellung der Polizei gegenüber speziell wichtig. Weiter können nicht nur die Kriminalitätsraten als Massstab für den Erfolg der Polizei verwendet werden, sondern
auch die Zufriedenheit der Bevölkerung mit derselben. Gerade wenn man also von
der Polizei als Dienstleistungsbetrieb ausgeht, erhält die Zufriedenheit mit der Polizei
eine erhöhte Bedeutung (Killias 2002, 430).
1.1 Bisherige Erkenntnisse
Intuitiv würde man annehmen, dass Jugendliche eine eher negative Einstellung zur
Polizei haben. Diesen Befund stützen Taylor et al. (2001, 302) nicht: Sie kommen in
ihrer Untersuchung zum Schluss, dass die befragten Jugendlichen der Polizei eher
gleichgültig gegenüber stehen. Gleichzeitig weisen sie darauf hin, dass die Einstellung zur Polizei vor allem durch den bisherigen Kontakt zur Polizei beeinflusst wird.
1
Die männliche Form beinhaltet (wo nicht explizit anders erwähnt) immer auch die weibliche; der
Einfachheit halber wird in diesem Bericht jeweils nur die männliche Form verwendet.
1
Hurst und Frank (2000) hingegen finden in ihrer Untersuchung starke Hinweise darauf, dass sich die Einstellung gegenüber der Polizei bei den Jugendlichen substantiell von der Einstellung der Erwachsenen unterscheidet: Die Unterstützung ist von
Seiten der Jugendlichen klar kleiner als von den Erwachsenen. Insbesondere sinkt
die Zufriedenheit mit der Polizei, wenn nach der Rolle der Polizei beim Verhindern
von Verkauf und Konsum von Drogen, Verhindern von Kriminalität im Allgemeinen
und dem Herumlungern auf der Strasse gefragt wird. Demgegenüber steigt die Unterstützung der Jugendlichen für die Polizei bei Fragen nach Hilfe seitens der Polizei
oder so genannten „Dienstleistungsfunktionen“ (Nachtruhe im Quartier sicherstellen,
Personen mit technischen Problemen am Auto, oder kranken Personen helfen) (ebd.
199).
In einem kurzen Überblick unterscheiden Hurst und Frank zwischen drei groben
Gruppen von Einflussfaktoren auf die Einstellung zur Polizei, welche in der Vergangenheit untersucht worden waren (Hurst und Frank, 2000):
1. Eine Bindung an kriminelle und antisoziale Normen, welche in Zusammenhang mit verstärkten negativen Einstellungen zu juristischen und polizeilichen
Institutionen gebracht werden konnten.
2. Der Einfluss von sozialen und demographischen Faktoren sowie die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Hier konnte jedoch kein Zusammenhang zwischen demographischen Variablen (z.B. ökonomischer Status der Familie oder das Geschlecht der befragten Jugendlichen) hergestellt
werden. Auch zur Rasse (in Amerika eine wichtige soziale Variable) finden
sich nur widersprüchliche Ergebnisse. Einerseits finden sich Studien, welche
nur einen schwachen Einfluss von Rasse belegen (wobei schwarze Jugendliche negativere Einschätzungen der Polizei lieferten als weisse Jugendliche),
andererseits findet eine Studie von Leiber, Nalla und Farnsworth (1998) die
Rasse als stärksten Prädiktor für die Einschätzung von polizeilicher Fairness
und Diskriminierung.
3. Als letzte Gruppe untersuchten diverse Studien den Einfluss von bisher gemachten Erfahrungen mit der Polizei. Allgemein geht ein häufiger Kontakt mit
der Polizei mit negativeren Einstellungen zur Polizei einher, jedoch ist die Art
des Kontakts wichtig. Während bei schwarzen Jugendlichen das Mitnehmen
2
auf die Wache einen negativen Einfluss auf den Respekt vor der Polizei hat,
reicht bei weissen Jugendlichen bereits das verwarnt (aber wieder laufen gelassen werden) für einen negativen Einfluss.
1.2 Forschungsfrage
In diesem Bericht sollen die folgenden Fragestellungen behandelt werden:
Wie sind die Einstellung der Jugendlichen im Kanton Zürich zur Polizei
und ihre Erfahrung mit der Polizei im Allgemeinen?
Welche Faktoren haben einen Einfluss auf die Einstellung der Jugendlichen zur Polizei?
Als mögliche Zusammenhänge mit der Einstellung zur Polizei seitens von Jugendlichen sollen die folgenden Einflussfaktoren untersucht werden:
•
Individueller Faktoren wie Geschlecht und Ethnizität
•
Die eigenen Erfahrungen mit der Polizei (als Täter oder Opfer)
•
Die Wahrnehmung der Polizei auf der Strasse und in der Schule
•
Das Wohnquartier der Schüler und die Wohnumgebung
•
Das Ausgangs- und Freizeitverhalten und der Freundeskreis
•
Das wahrgenommene Unsicherheitsgefühl
•
Der Migrationshintergrund
•
Die eigene Delinquenz
Abbildung 1 zeigt einen Überblick über die postulierten und untersuchtenZusammenhänge.
3
Abbildung 1: Übersicht über die untersuchten Einflüsse
Delinquenz (erfahren
& ausgeübt)
(Un-)Sicherheitsgefühl
Kontakt zur Polizei
Eigene Erfahrung
Freizeitverhalten
Wahrnehmung &
Einschätzung
der Polizei
Erwartungen an die
Polizei
Quartier / Umgebung
Anzeigeverhalten
Familie / Umfeld
Gang-Zugehörigkeit
Migrationshintergrund
2 Methodisches Vorgehen
Um Einstellungen und Erfahrungen im grossen Umfang, wie dies hier geplant war,
zu untersuchen, kommen verschiedene Umfragemethoden in Frage, aus praktischen
Gründen erscheint jedoch die Online-Befragung am passendsten. Diese Erhebungsmethode verringert den organisatorischen Aufwand der Befragung erheblich
und reduziert dazu das Fehlerrisiko, da eine Transkribierung der Daten überflüssig
wird.
2.1 Zur Befragung
Als Basis der Stichprobenziehung wird eine Liste aller Schulklassen im 5. und 10.
Schuljahr verwendet, welche wir von der Bildungsdirektion des Kantons Zürichs erhalten haben. Da zum Zeitpunkt der Stichprobenziehung noch keine Zahlen zum
Schuljahr 2008/2009 erhältlich waren, mussten wir uns auf die Zahlen des Schuljahres 2007/2008 stützen. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die Verteilung und Zusammensetzung der Klassen im Kanton innerhalb eines Jahres keine
signifikanten Veränderungen durchgemacht hat, so dass auch eine Stichprobenziehung basierend auf Daten aus dem Vorjahr repräsentativ sein sollte. Aus Gründen
des Datenschutzes waren auf diesen Listen die Lehrpersonen nicht aufgeführt, was
4
es für uns nötig machte, die jeweiligen Kontaktinformationen bei den Schulleitungen
einzuholen. Dazu wurde wie folgt vorgegangen:
1. Grobe Stichprobenziehung auf Basis Klassen- und Schülerzahlen 2007/2008
2. Ausgewählte Schulen anschreiben mit Bitte um genaue Zahlen und E-MailAdressen der Lehrpersonen
3. Wenn sich aktuelle Zahlen mit grober Stichprobe decken: Vorgängige Information an die Lehrpersonen über anstehende Befragung
4. Anschreiben der Klassenlehrpersonen per E-Mail mit relevanten Informationen über weiteres Vorgehen und dem Link zur Online-Umfrage
Es wurde ein Begleitschreiben für die Eltern verfasst, welches über den Zweck der
Befragung informiert und die Anonymität und die Verwendung der erhobenen Daten
zu rein wissenschaftlichen Zwecken garantiert. Weiter wurden sowohl Eltern als
auch Schüler informiert, dass die Teilnahme an der Befragung freiwillig sei (passive
Einwilligung).
2.2 Angetroffene Probleme
Wie bei den meisten Umfragen stellte auch hier die Teilnahmebereitschaft der Schulen das grösste Problem dar. In Anbetracht der immer gedrängteren Lehrpläne wurde der Grossteil der Ablehnungen mit Zeitmangel begründet. Zudem werden die
Schulen, egal welcher Stufe, offenbar vermehrt mit einer gestiegenen Anzahl Anfragen für Informationsveranstaltungen, Anlässe und Befragungen konfrontiert. So planen einige Schulen z.B. Zeit für zwei Befragungen pro Schuljahr ein und weisen später eingehende Anfragen dann ab. Bedenken bezüglich des Datenschutzes oder der
inhaltlichen Natur der Befragung wurden nur sehr vereinzelt vorgebracht. Nichtsdestotrotz reagierten nur gerade knappe 50% aller angeschriebenen Schulleitungen auf
die erste Anfrage Ende November 2008. Eine Erinnerung Anfang Januar bewirkte
nochmals einige Antworten, dieses Mal auch mehrere Ablehnungen (siehe Tabelle
1). Um die Resonanz bei den Schulen zu verbessern, wäre eine stärkere Kooperation oder zumindest Koordination mit den kantonalen und kommunalen Schulbehörden rückblickend sicher von Vorteil gewesen. Weiter erschwert wurde die Umfrage
dadurch, dass das stadtzürcherische Schul- und Sportdepartement eine Teilnahme
5
der Zürcher Schulen zuerst kollektiv ablehnte. Es konnte nach entsprechendem Kontakt dann aber erreicht werden, dass den kooperierenden Schulen die Teilnahme
freigestellt wurde.
Tabelle 1: Rücklaufquote 1. Anfrage Schulen Kanton Zürich
Angeschriebene
Klassen
Positive Antworten
Klassen 1. Anfrage
Total Antworten
in %
Volksschule Stadt Zürich
64
27
42.19
Volksschule Stadt Winterthur
26
13
50.00
Volksschule restlicher Kanton
60
31
51.67
Berufsschulen
36
17
47.22
Mittelschulen
24
8
33.33
Total
210
96
45.71
Quelle: Bildungsstatistik Kanton Zürich
Wie aus Tabelle 1 ersichtlich ist, weisen die Mittelschulen die tiefste Rücklaufquote
auf. Dies konnte auch durch die Erinnerung von Anfang Januar 2009 nicht verbessert werden. Möglicherweise ist die tiefe Bereitschaft der Kantonsschulen, an Befragungen teilzunehmen, darauf zurück zu führen, dass diese mehr als andere Schule
von Anfragen dieser Art betroffen sind. Da das Ziel dieser Untersuchung jedoch primär qualitativer Natur ist und vor allem auch das Ziel hatte, Unterschiede zwischen
den beiden Alterskategorien festzustellen, ist die tiefere Quote bei den Mittelschülern
weniger problematisch als bei einer Befragung, bei der es präziser um die Repräsentativität geht.
2.3 Grundgesamtheit
Die Grundgesamtheit besteht aus den 5. und 10. Schulklassen im Kanton Zürich,
wobei sich die 5. Klassen an den Volksschulen (also der obligatorischen Schulzeit)
und die 10. Klassen an den Berufs- und Mittelschulen finden. Nicht in der Grundgesamtheit berücksichtigt werden Klassen an privaten Schulen.
2.3.1 5. Klasse (Volksschule)
Um für Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Gebieten kontrollieren zu
können, wurde sowohl die Grundgesamtheit als auch die Stichprobe für die 5. Klasse in drei Gruppen aufgeteilt:
6
1. Stadt Zürich
2. Stadt Winterthur
3. Restliches Kantonsgebiet
Für die befragten Jugendlichen im 10. Schuljahr wurde dies nicht mehr gemacht, da
sowohl die Mittel- als auch Berufsschüler nicht notwendigerweise in ihrem Wohnort
zur Schule gehen (so finden sich gerade Mittelschulen neben den grossen Städten
Zürich und Winterthur nur gerade in fünf anderen Städten im Kanton, nämlich Bülach, Dübendorf, Küsnacht, Urdorf und Wetzikon). Tabelle 2 zeigt einen Überblick
über die Schülerzahlen des 5. Schuljahres im Kanton Zürich für 2007/2008.
Tabelle 2: Schülerzahlen 5. Schuljahr Kanton Zürich 2007/2008
Profil
Stadt Zürich
Stadt Winterthur
Restlicher Kanton
Anzahl Schüler
2'459
930
9'167
Total
12'556
Quelle: Bildungsstatistik Kanton Zürich
2.3.2 10. Klasse (Mittelschule)
Da im 10. Schuljahr die Schüler nicht mehr notwendigerweise an ihrem Wohnort zur
Schule gehen, findet für die Untersuchung bei den Mittel- und Berufsschulen keine
Unterscheidung nach Stadt/Land statt. Bei den Mittelschulen kann man stattdessen
nach Profil der Klassen unterscheiden. Tabelle 3 bietet einen Überblick über die Verteilung der besuchten Profile, sowohl an den öffentlichen als auch den privaten Mittelschulen;2 auch hier wieder auf Basis der Zahlen des Schuljahres 2007/2008. Eine
Aufteilung der Stichprobe nach Profil ist jedoch nicht vorgesehen, da es keine Anzeichen dafür gibt, dass das gewählte Profil einen Zusammenhang zu Delinquenz, Viktimisierung oder Einstellung zur Polizei hat.
2
Ausgenommen von der Betrachtung wurde die KME (Kantonale Maturitätsschule für Erwachsene)
und die Klubschule der Migros, da diese beiden ausschlieslich von Personen besucht wird, welche
das entsprechende Alter der 10. Klasse bereits hinter sich haben, sowie die beiden Steiner-Schulen
im Kanton Zürich, welche zusammen über 35 Schüler im 10. Schuljahr verfügen.
7
Tabelle 3: Schülerzahlen nach Profil im 10. Schuljahr 2007/2008
Neusprachliches Profil (N)
Wirtschaftlich-rechtliches Profil (WR)
Altsprachliches Profil (A)
Mathematisch-naturwissenschaftliches Profil (MN)
Musisches Profil (M)
Fachmittelschule Basisjahr (ehemals DMS)
Handelsmittelschule (HMS)
Informatikmittelschule (IMS)
Musisches Profil + Bildnerisches Gestalten (M+)
Gymnasium ohne Profil
Sozialwissenschaftliches Profil (S)
Anzahl Schüler
903
514
413
412
349
239
125
58
44
25
4
Anteil in %
29.26
16.66
13.38
13.35
11.30
7.74
4.05
1.88
1.43
0.81
0.13
Total
3'086
100
Quelle: Bildungsstatistik Kanton Zürich
Bei einer durchschnittlichen Klassengrösse von 16.4 sollten, um die angestrebte
Stichprobe von 1'000 Schülern zu erreichen, also etwa 60 Klassen befragt werden.3
Diese Klassen werden, analog zum Vorgehen beim 5. Schuljahr, per Zufallsstichprobe ausgewählt.
2.3.3 1. Lehrjahr (Berufsschule)
Während dem Schuljahr 2007/2008 fanden sich im Kanton Zürich über 18'000 Schüler im zehnten Schuljahr, respektive ersten Lehrjahr. Tabelle 4 gibt Aufschluss über
die Verteilung nach Berufsgattung und Art der Schule. Nicht berücksichtigt sind in
dieser Aufstellung Schüler in Kleinklasen und in Klassen, welche keiner Berufsgattung zugeordnet werden können (total 387 Schüler). Bei diesen Klassen handelt es
sich um Stiftungen, Heilpädagogsiche Schulen und Schulen für Behinderte. An diesen Schulen wurde auf eine Befragung verzichtet. Weiter muss auch speziell darauf
geachtet werden, dass an keiner Schule eine Befragung durchgeführt wurde, an der
sich Erwachsene in den Schulklassen finden.4 Ebenfalls von der Grundgesamtheit
ausgenommen wurden Schulen mit weniger als zehn Schülern in einer Klasse.
3
Wahrscheinlich wird bei 60 Klassen die Zahl von 1'000 Befragten sogar noch übertroffen, da der
Median (und auch der Mittelwert) dadurch negativ verzerrt werden, dass in der Klassenliste der Bildungsstatistik Klassen mit mehreren Profilen einzeln aufgeführt sind mit der entsprechend reduzierten
Anzahl an Schülern. Mittelwert und Median liegen tatsächlich eher im Bereich von 20-21.
4
Beispielsweise finden sich in den Angaben der Bildungsstatistik zum 10. Schuljahr auch die jeweiligen Polizeischulen der Städte Zürich und Winterthur und des Kantons Zürich. Bei diesen kann davon
ausgegangen werden, dass die Absolventen der Schule das 16. Altersjahr hinter sich haben.
8
Tabelle 4: Schülerzahlen nach Berufsgattung oder Art der Schule im 10. Schuljahr an den Berufsschulen im Kanton Zürich 2007/2008
Industrie und Handwerk
Handel und Verwaltung
Zwischenlösungen
Vollzeitberufsschulen
Heilbehandlung
Übrige Berufe
Gastgewerbe/Hauswirtschaft
Technische Berufe
Land- und Forstwirtschaft
Reinigung und Körperpflege
Vorkurse
Anlehre/Attest
Anzahl Schüler
4'365
3'822
2'505
1'506
1'342
1'286
746
708
577
444
293
263
Anteil in %
24.44
21.40
14.03
8.43
7.52
7.20
4.19
3.96
3.23
2.49
1.64
1.47
Total
17'857
100.00
Quelle: Bildungsstatistik Kanton Zürich
Im Gegensatz zu den Profilen in den Mittelschulen kann bei den Berufsgattungen in
den Berufsschulen nicht ausgeschlossen werden, dass sich je nach Gattung Unterschiede bei Delinquenz, Viktimisierung und Einstellung zur Polizei finden. Aus diesem Grund wir bei den Berufsschulen die Stichprobe repräsentativ für die Grundgesamtheit unter Berücksichtigung der Anzahl Schüler je Berufsgattung gezogen. Ziel
war, für jede Gruppierung ca. 10% an Befragten zu erreichen, es konnte also ca. mit
1'800 Befragten gerechnet werden.
2.4 Stichprobe
Tabelle 5 zeigt einen Überblick über angestrebten und erreichten Stichproben und
befragten Gruppen, Tabelle 6 über die teilnehmenden Schüler nach Geschlecht und
Wohnort. Dabei ist ersichtlich, dass die Verteilung nach Geschlecht der teilnehmende Schüler bei allen drei Gruppen sehr ausgeglichen ist. Der Anteil weiblicher Schüler ist in den Mittelschulen am höchsten, was sich auch mit dem realen Frauenanteil
deckt, wobei dieser noch ein wenig höher ausfällt.5
5
Für das Schuljahr 2009/2010 beträgt der Frauenanteil an den Kantonsschulen im Kanton Zürich in
den 10. Klassen 56.8% (Quelle: http://www.bista.zh.ch/ms/MS_Schuljahr.aspx, 29.09.09).
9
Tabelle 5: Angestrebte und erreichte Stichprobengrösse aller Gruppen
Angestrebte Stichprobengrösse
ca. 2'500
ca. 1'000
Schüler 5. Klasse VS
Schüler 10. Klasse MS
Schüler 10. Klasse BS
ca. 1'800
VS: Volksschule, MS: Mittelschule, BS: Berufsschule
Realisierte Stichprobengrösse
1'814
455
1'713
Bei den Volksschülern stammt rund die Hälfte aus dem übrigen Kantonsgebiet (Kanton Zürich ohne die Städte Zürich und Winterthur), etwas weniger als ein Drittel
(29.6%) aus der Stadt Zürich und ca. 15% aus Winterthur. Bei den Mittelschulen fallen zwei Zahlen auf: Erstens ist der Anteil der Schüler aus der Stadt Winterthur verschwindend klein. Dies liegt daran, dass sich keine der Mittelschulen in der Stadt
Winterthur an der Umfrage beteiligten. Zweitens ist der Anteil der Schüler, welche
als Wohnort „restlicher Kanton Zürich“ angaben, relativ hoch. Dies ist darauf zurück
zu führen, dass sich im Ganzen nur ca. 460 Schüler (siehe Tabelle 5) aus einigen
wenigen Mittelschulen in der Stadt Zürich und aus dem restlichen Kantonsgebiet an
der Umfrage beteiligten. Bei den Berufsschulen fällt als erstes auf, das doch 15.6%
der Berufsschüler im Kanton Zürich ihren Wohnsitz ausserhalb des Kantons haben.
Ob diese Schüler ihre Freizeit ebenfalls im Kanton Zürich, oder aber ausserhalb,
verbringen, kann nicht geklärt werden. Da Zürich aber für Jugendliche über die Kantonsgrenze hinaus als Ausgangsziel am Wochenende beliebt ist, kann man aber davon ausgehen. Die Mehrheit der befragten Berufsschüler kommt auch hier aus dem
restlichen Kantonsgebiet.
Tabelle 6: Teilnehmende Schüler nach Geschlecht und Wohnort
weiblich
männlich
k.A.
Total
Stadt Zürich
Stadt Winterthur
Restlicher Kanton Zürich
Ausserhalb Kanton Zürich
Möchte nicht antworten
k.A.
Total
Volksschüler
Anzahl Prozent
895
49.3
905
49.9
14
0.8
1'814
100
536
284
891
34
63
6
1'814
29.5
15.7
49.1
1.9
3.5
0.3
100
Mittelschüler
Anzahl Prozent
236
51.9
219
48.1
455
100
142
8
280
14
11
31.2
1.8
61.5
3.1
2.4
455
100
Berufsschüler
Anzahl Prozent
836
48.8
874
51
3
0.2
1'713
100
450
139
811
266
44
3
1'713
26.3
8.1
47.3
15.5
2.6
0.2
100
VS: Volksschule, MS: Mittelschule, BS: Berufsschule
10
2.4.1 5. Klasse (Volksschule)
Als Zielgrösse für die Stichprobe der Schüler im 5. Schuljahr wurde die Zahl von
2'500 befragten Jugendlichen definiert.6 Diese wurde aufgeteilt in ca. 1'000 Befragte
in der Stadt Zürich, 500 in der Stadt Winterthur und 1'000 im restlichen Kantonsgebiet. Da man davon ausgehen kann, dass Schüler im 5. Schuljahr noch weniger
Kontakt zur Polizei und delinquentem Verhalten aufweisen, muss die Stichprobe für
die 5. Klassen in einem grösseren Verhältnis gezogen werden als für die 10. Klassen. Nur so kann in der gezogenen Stichprobe eine genügend grosse Varianz der
Antworten erreicht werden.
Zur Ziehung der Stichprobe wurde die Grundgesamtheit (wie in Kapitel 2.3.1 erläutert) in die drei Gebiete Stadt Winterthur, Stadt Zürich und restliches Kantonsgebiet
aufgeteilt. Abbildung 2 bietet einen Überblick über die Altersverteilung der teilnehmenden Schüler der 5. Klassen. Das Alter bewegt sich dabei von zehn bis 15 Jahren, wobei die Mehrzahl der Schüler 11 Jahre alt sind.
Abbildung 2: Altersverteilung Volksschulen
1'400
1'198
1'200
Anzahl Personen
1'000
800
600
497
400
200
66
41
0
10 Jahre
11 Jahre
12 Jahre
13 Jahre
1
14 Jahre
Alter in Jahren
6
Siehe dazu auch das vorgehen von Eisner, Manzoni und Ribeaud, 2000, 14.
11
2.4.2 10. Klasse (Mittelschule)
Im Schuljahr 2007/2008 fanden sich über 3'000 Schüler im Kanton Zürich an einer
Mittelschule im 10. Schuljahr (siehe Tabelle 3 auf Seite 8). Mit der angestrebten
Stichprobe von ca. 1'000 Schülern an Mittelschulen sollte also ca. jede(r) dritte
Schüler(in) befragt werden. Abbildung 3 bietet einen Überblick über die Altersverteilung der teilnehmenden Schüler der Mittelschulen. Das Alter bewegt sich dabei von
15 bis 19 Jahren, wobei die Mehrheit der Teilnehmer 16 Jahre alt ist. Tabelle 7 zeigt
die Verteilung der Schulprofile der teilnehmenden Mittelschüler.
Abbildung 3: Altersverteilung Mittelschulen
250
198
200
Anzahl Personen
162
150
100
51
50
37
4
0
15 Jahre
16 Jahre
17 Jahre
18 Jahre
19 Jahre
Alter in Jahren
12
Tabelle 7: Schulprofil teilnehmende Mittelschüler
Wirtschaftlich-rechtliches Profil (WR)
Neusprachliches Profil (N)
Mathematisch-naturwissenschaftliches Profil (MN)
Altsprachliches Profil (A)
Musisches Profil + Bildnerisches Gestalten (M+)
Musisches Profil (M)
Handelsmittelschule (HMS)
Informatikmittelschule (IMS)
Neusprachlich + Bildnerisches Gestalten (N+)
Anderes Profil
International Baccalaureate
Fachmittelschule Basisjahr (ehemals DMS)
Möchte nicht antworten
Anzahl Schüler
134
88
59
55
36
26
21
15
5
4
3
1
8
Total
455
2.4.3 1. Lehrjahr (Berufsschule)
Tabelle 8 bietet einen Überblick über die Verteilung der Berufsgattungen bei den
teilgnehmenden Lehrlingen im 1. Lehrjahr. Im Vergleich zur Grundgesamtheit
(Tabelle 4 auf Seite 9) sind einige wesentliche Unterschiede erkennbar. Die Gruppe
„Industrie und Handwerk“, welche bei der Grundgesamheit mit 24.4% die grösste
Gruppe darstellt, ist hier nur gerade mit 5.18% vertreten. Übervertreten sind insbesondere die beiden Gruppen „Handel und Verwaltung“ mit 36.41% (in der Grundgesamtheit nur 21.4% und „Technische Berufe“ mit 17.87% (in der Grundgesamtheit
nur mit 3.96%). Neben diesen beiden Gruppen sind zudem die Gruppen „Zwischenlösungen“ und „Vollzeitberufsschulen“ im der Stichprobe markant untervertreten.
Diese Verzerrungen gegenüber der Grundgesamtheit haben folgende Gründe:
•
Die Teilnahme der Schüler wird kontrolliert durch die Teilnahmebereitschaft der Berufsschulen. Da diese „thematisch“ organisiert sind, also
häufig Schüler ähnlicher Berufsgruppen gemeinsam die gleiche Berufsschule besuchen, kann eine Nicht-Teilnahme einer einzelnen Berufsschule einen stark verzerrenden Effekt haben. Umgekehrt hat die
Teilnahme einer Schule mit vielen Klassen zur Folge, dass die Anzahl
Teilnehmende in dieser Berufsgruppe stark ansteigt.
•
Die Unterscheidung der Berufsgattung wird primär durch das Bildungsstatistische Amt des Kantons Zürich vorgenommen. Deshalb war es für
die Lehrlinge nicht immer einfach, sich selbst einer Berufsgattung zu13
zuteilen. So mussten die individuell eingegebenen Berufsgattungen
nachträglich noch den korrekten Gruppen zugeordnet werden.
•
Die Unterscheidung ist nicht immer klar: Bei den Gattungen „Technische Berufe“ und „Industrie und Handwerk“ dürfte es einige Überschneidungen geben. Dies würde erklären, weshalb die „Technischen
Berufe“ in der Stichprobe so stark übervertreten sind. Gut möglich,
dass es sich dabei um Schüler handelt, welche z.T. von der Bildungsstatistik in der Gruppe „Industrie und Handwerk“ eingeteilt worden wären.
Tabelle 8: Verteilung Berufsgattungen teilnehmende Lehrlinge im 1. Lehrjahr
Handel und Verwaltung
Technische Berufe
Heilbehandlung
Industrie und Handwerk
Gastgewerbe/Hauswirtschaft
Anlehre/Attest
Übrige Berufe
Reinigung und Körperpflege
Land- und Forstwirschaft
Zwischenlösung
Vollzeitberufsschulen
Möchte nicht antworten
k.A.
Total
Häufigkeit
632
310
174
90
88
75
71
58
26
12
5
112
60
Prozent
36.9
18.1
10.2
5.3
5.1
4.4
4.1
3.4
1.5
.7
.3
6.5
3.5
1’713
100.0
Die Verzerrung der Stichprobe gegenüber der Grundgesamtheit ist sicherlich nicht
optimal. Allerdings war die angestrebte Kongruenz zwischen Stichprobe und Grundgesamtheit aus den oben genannten Gründen beinahe unmöglich zu kontrollieren.
Aus statistischer Sicht dürfte zudem diese Ungleichheit zu verkraften sein, da es auf
Grund der genügend hohen Antworten auch so möglich sein sollte, durch Kontrolle
der in Frage kommenden Variablen ein aussagekräftiges Bild der Einstellung zur
Polizei zu ziehen.
14
Abbildung 4: Altersverteilung Berufsschüler
800
714
700
Anzahl Personen
600
545
500
400
300
245
200
77
100
3
2
23
42
23
10
6
6
1
4
1
1
1
1
13
Ja
14 hre
Ja
h
15 re
Ja
16 hre
Ja
h
17 re
Ja
18 hre
Ja
19 hre
Ja
h
20 re
Ja
21 hre
Ja
h
22 re
Ja
23 hre
Ja
h
24 re
Ja
26 hre
Ja
h
28 re
Ja
34 hre
Ja
35 hre
Ja
h
37 re
Ja
56 hre
Ja
hr
e
0
Alter in Jahren
Abbildung 4 bietet einen Überblick über die Altersverteilung der teilnehmenden Personen der Gruppe der Berufsschüler. Die Altersspanne reicht von 13 Jahren bis 56
Jahren7, die Teilnehmenden sind im Schnitt 17 Jahre alt.
2.5 Fragebogen auf Papier
In Schulen, in denen die Anzahl der verfügbaren Computer für eine Teilnahme der
Klassen nicht ausreichte, wurden statt des online-Fragebogens solche auf Papier
verwendet. Dies ermöglichte es den Lehrpersonen, die Fragebögen von allen Schülern gleichzeitig ausfüllen zu lassen. Da sich die Lehrkräfte für Papier-Fragebögen
speziell melden mussten, ist hier die Rücklaufquote viel höher. Insgesamt wurden
nur aus zwei Klassen gar keine Fragebogen retourniert. Praktisch immer war jedoch
die Anzahl zurück erhaltenen Fragebogen kleiner als die versandte. Von den Lehrpersonen wurde dies nur selten begründet. Die häufigsten erwähnten Gründe waren
Abwesenheit von Schülern zum Zeitpunkt der Befragung (andere Aufgaben, Krankheit etc.) oder Teilnahmeverweigerung von Schülern. Tabelle 9 gibt einen Überblick
7
Wobei bei dieser Person nichts darauf hin deutet, dass es sich um einen Schüler handelt, der absichtlich ein falsches Alter eingegeben hat.
15
über die Anzahl versandter und zurück erhaltener Fragebogen auf Papier nach
Schulstufe.
Tabelle 9: Rücklaufquote Papier-Fragebogen
Schultyp
Volksschule (5. Klasse)
Mittelschule (10. Klasse)
Berufsschule (10.Klasse)
Total
Fragebogen
verschickt
Fragebogen Rücklaufquote
zurück
in %
869
86
144
1'099
749
76
126
951
86.2
88.4
87.5
86.5
2.6 Vorbemerkung zur Datenauswertung
2.6.1 Signifikanzen
Die entscheidende Frage, wenn man z.B. die Einstellung zur Polizei bei Jungen und
Mädchen untersucht und dabei einen Unterschied feststellt, ist, ob diese Differenz
auch durch Zufall entstanden sein könnte oder ob es sich dabei um einen „wirklichen“ (statistisch signifikanten) Unterschied handelt – weibliche Jugendliche als z.B.
wirklich eine positivere Einstellung zur Polizei haben als männliche. Es hat sich in
den Sozialwissenschaften etabliert, dass von einem signifikanten Zusammenhang
gesprochen wird, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass dieser zufällig entstanden ist
höchstens 5% beträgt (andernfalls spricht man von einem nichtsignifikanten (n.s.)
Zusammenhang). Als übliche Signifikanzniveaus gelten p ≤ 0.05 (signifikant oder *),
p ≤ 0.01 (sehr signifikant oder **) und p ≤ 0.001 (hoch signifikant oder ***). Findet
sich als z.B. ein hoch signifikanter Zusammenhang zwischen Geschlecht und Einstellung zur Polizei, würde dieser mit (***) bezeichnet werden und mit einer Wahrscheinlichkeit von höchstens 0.1% zufällig entstanden sein.
2.6.2 Gamma
Im Folgenden werden diverse mögliche Einflussfaktoren auf die Einstellung zur Polizei untersucht. Diese werden zuerst rein deskriptiv beschrieben (wie ist die Verteilung je nach Schultyp und Geschlecht) und anschliessend in einen Zusammenhang
zur Einstellung zur Polizei gestellt. Dazu wird das statistische Mass gamma verwendet. Gamma bietet einige Vorteile:
16
•
Es ermöglicht Paarvergleiche: Es wird jeweils von zwei Variablen (der Einstellung zur Polizei und einer weiteren) die Richtung und die stärke des Zusammenhangs berechnet.
•
Es ist einfach zu interpretieren:
o Der Wertebereich bewegt sich von -1 bis +1. Gamma = 1 bedeutet,
dass die eine Variable vollkommen von der anderen determiniert wird.
o Ein positiver Wert bedeutet einen positiven Zusammenhang, ein negativer Wert einen negativen Zusammenhang.
2.6.3 Odds Ratio
Eine weitere Möglichkeit, um den Zusammenhang zwischen zwei Variablen zu untersuchen, sind die so genannten Odds Ratio (OR). Mit diesen wird nicht nur, wie bei
gamma, die Stärke des Zusammenhangs berechnet, sondern ebenfalls noch die
Richtung. Zusätzlich können bei dieser Berechnung mehrere Faktoren miteinander
kombiniert werden um zu sehen, welcher Faktor wie viel Einfluss auf den interessierenden Sachverhalt (hier also die Einstellung zur Polizei) ausübt und ob er vielleicht
von einem anderen Faktor überlagert wird. Diese Berechnung wird als multivariate
Analyse in Form einer logistischen Regression durchgeführt.
•
Untersucht wird das Verhältnis zwischen zwei Variablen (Einstellung zur Polizei und weiterer Einflussfaktor) unter Berücksichtigung des Einflusses der anderen miteinbezogenen Faktoren.
•
Die resultierenden Odds Ratios (OR) können als Wahrscheinlichkeiten oder
Faktoren interpretiert werden und ermöglichen eine Aussage über die Stärke
des Zusammenhangs.
•
Odds Ratios sind einfach zu interpretieren:
o Sie haben einen Wertebereich von 0 bis unendlich
o Ein Wert von grösser als 1 ist ein positiver Zusammenhang, von kleiner
als 1 ist ein negativer Zusammenhang
Die Odds Ratio berechnen sich in der Proportion der Odds einer Gruppe im Vergleich mit den Odds einer anderen Gruppe. Berechnen wir zum Beispiel für die
Wahrscheinlichkeit einer positiven Einstellung zur Polizei die Odds für weibliche und
männliche Jugendliche und erhalten eine Odds Ratio von 2, so bedeutet dies, dass
17
die Tatsache, männlich zu sein, mit einer zweimal höheren Wahrscheinlichkeit, eine
positive Einstellung zur Polizei zu haben, einhergeht. Ist die Odds Ratio 1, so ist die
Wahrscheinlichkeit für beide Gruppen (männliche und weibliche Jugendliche) gleich
gross. Je grösser der Wert, desto grösser ist der Unterschied in den Auftretenswahrscheinlichkeiten des Ereignisses in den beiden Gruppen.
Das Ganze lässt sich auch an einem Beispiel illustrieren (Tabelle 10): Von 10'000
Personen hatten 2'000 schon einmal Kontakt zur Polizei als Täter. Von diesen 2'000
haben 130 Personen eine negative Einstellung zur Polizei (Feld a), 1'870 eine positive (Feld c). Von den 8'000 Personen, welche noch nie Kontakt zur Polizei als Täter
hatten, haben 70 eine negative Einstellung zur Polizei (Feld b) und 7'930 eine positive (Feld d).
Tabelle 10: Beispiel Berechnung Odds Ratio (OR)
Negative Einstellung
zur Polizei
Positive Einstellung
zur Polizei
Total
Schon einmal Kontakt
zur Polizei als Täter
130
(a)
1’870
(c)
2’000
Noch nie Kontakt
zur Polizei als Täter
70
(b)
7’930
(d)
8’000
Total
200
9’800
10’000
Formel 1: Odds Ratio
a
a×d
OR = c =
b b×c
d
Setzt man die Werte aus Tabelle 10 nun in Formel 1 ein, so erhält man einen Wert
von ca. 7.88. Das heisst, dass die Wahrscheinlichkeit für Personen, welche schon
einmal Kontakt zur Polizei als Täter hatten, etwa 7.88-mal so hoch ist, eine negative
Einstellung zur Polizei zu haben als für solche, welche noch nie Kontakt zur Polizei
als Täter hatten.
Die Odds Ratios mit einem Wert von unter 1 (also mit einer kleineren Wahrscheinlichkeit) sind umständlicher zu interpretieren, da z.B. ein OR von 0.3 eine 0.3-mal
höhere, aber in Tatsache ja eine kleinere Wahrscheinlichkeit bedeutet. Der Wert
kann jedoch einfach umgerechnet werden, indem man 1 durch den OR dividiert. Ein
18
OR von 0.3 für männliche Jugendliche und Einstellung zur Polizei bedeutet also
nichts anderes als eine 3.33-mal höhere (1 dividiert durch 0.3) Wahrscheinlichkeit
einer schlechteren Einstellung für männliche Jugendliche im Vergleich zu weiblichen.
3 Einstellung zur Polizei
Im Fragebogen wurden den Schülern Aussagen vorgelegt, zu denen sie angeben
mussten, ob sie mit ihnen einverstanden seien oder nicht. Diese „Stereotypen“ zur
Polizei umfassten eine ganze Reihe von Aussagen, wobei die Aussage jeweils einmal positiv und einmal negativ gestellt wurde. So konnte die Konsistenz der Antworten der Schüler kontrolliert werden. Die Aussagen wurden dabei in einer zufälligen
Reihenfolge wiedergegeben.8
Abbildung 5, Abbildung 6 und Abbildung 7 zeigen die Einstellung zur Polizei nach
den „Stereotypen“, also Aussagen, zu welchen die befragten Schüler ihre Zustimmung oder Ablehnung angeben mussten, getrennt nach Schultyp.
Abbildung 5: "Stereotypen" der Polizei: Volksschüler
100
90
80
Anteil in %
70
60
Ablehnung
Weder noch
Zustimmung
50
40
30
20
10
Polizisten haben für
junge Leute viel
Verständnis
Ich vertraue der Polizei
Polizisten sind
freundlich
Polizisten sind höflich
Polizisten helfen uns
häufig
Polizisten drücken
manchmal ein Auge zu
Polizisten sind ehrlich
Polizisten respektieren
Leute wie mich
Polizisten sind
unvoreingenommen
gegenüber Minderheiten
Die Polizei geht bei ihrer
Arbeit rücksichtsvoll vor
Die Polizei leistet gute
Arbeit
Ich mag die Polizei
Polizisten arbeiten hart
0
"Stereotypen"
8
Siehe dazu auch Gehring und Weins (2002, 41) zum Problem der Zustimmungstendenzen.
19
Polizisten haben für
junge Leute viel
Verständnis
Polizisten drücken
manchmal ein Auge zu
Polizisten sind
unvoreingenommen
gegenüber Minderheiten
Die Polizei geht bei ihrer
Arbeit rücksichtsvoll vor
Polizisten helfen uns
häufig
Ich mag die Polizei
Polizisten sind höflich
Polizisten sind
freundlich
Polizisten arbeiten hart
Ich vertraue der Polizei
Polizisten respektieren
Leute wie mich
Polizisten sind ehrlich
Die Polizei leistet gute
Arbeit
Anteil in %
Polizisten sind höflich
Polizisten haben für
junge Leute viel
Verständnis
Ich vertraue der Polizei
Polizisten sind
freundlich
Polizisten drücken
manchmal ein Auge zu
Polizisten respektieren
Leute wie mich
Polizisten sind
unvoreingenommen
gegenüber Minderheiten
Polizisten sind ehrlich
Die Polizei geht bei ihrer
Arbeit rücksichtsvoll vor
Die Polizei leistet gute
Arbeit
Polizisten helfen uns
häufig
Ich mag die Polizei
Polizisten arbeiten hart
Anteil in %
Abbildung 6: "Stereotypen" der Polizei: Mittelschüler
100
90
80
70
60
50
Ablehnung
Weder noch
Zustimmung
40
30
20
10
0
"Stereoypen"
Abbildung 7: "Stereotypen" der Polizei: Berufsschule
100
90
80
70
60
50
Ablehnung
Weder noch
Zustimmung
40
30
20
10
0
"Stereotypen"
Dabei wird ebenfalls ein klarer Unterschied zwischen den beiden Generationen er-
sichtlich. Bei den Volksschülern überwiegt bei allen Aussagen die Zustimmung. Die
höchsten Werte erreichen dabei beinahe 90%. Die Mittel- und Berufsschüler unter-
scheiden sich zwar in der Reihenfolge der zugestimmten Aussagen (die Aussage:
20
„Polizisten arbeiten hart“ figuriert bei den Mittelschülern auf Platz 1, bei den Berufsschülern dagegen nur auf Platz 5), nicht so sehr jedoch in der Höhe der Zustimmung. Die Mittelschüler bewegen sich zum grossen Teil zwischen 70% und 50%
Zustimmung, bei den Berufsschülern ist der Grossteil zwischen 60% und 40%. Tendenziell stimmen also die Berufsschüler positiv formulierten Aussagen zur Polizei
etwas weniger zu als die Mittelschüler. Bei beiden Gruppen sehr weit hinten ist die
Zustimmung zur Aussage „Polizisten haben für junge Leute Verständnis“.
Anhand der Zustimmung oder Ablehnung zu diesen Aussagen konnte für jeden
Schüler ein individueller Wert für seine Einstellung zur Polizei berechnet werden.
Dieser bewegt sich in einem Wertebereich von 1 bis 4, wobei 1 für eine sehr
schlechte und 4 für eine sehr gute Einstellung zur Polizei steht.
Tabelle 11: Mittelwerte Einstellung zur Polizei; nach Schultyp und Geschlecht
Volksschule
weiblich männlich
3.30
3.19
Mittelschule
weiblich männlich
2.79
2.52
Berufsschule
weiblich männlich
2.78
2.45
Aus Tabelle 11 wird ersichtlich, dass einerseits die Mittel- und Berufsschüler einen
tieferen Durchschnittswert zur Einstellung zur Polizei aufweisen als die Volksschüler,
also eine negativere Einstellung haben als die Volksschüler, und dass andererseits
bei jedem Schultyp der männliche Mittelwert unter demjenigen der Schülerinnen
liegt, männliche Jugendliche also ebenfalls kritischer sind als weibliche. Zudem wird
ersichtlich, dass die Werte der Mittel- und Berufsschüler relativ nahe beisammen
liegen, sich also kein Unterschied zwischen den beiden Schultypen feststellen lässt.
21
4 Zusammenhänge
4.1 Wahrnehmung der Polizei auf der Strasse
Abbildung 8 bietet einen Überblick darüber, was die befragten Schüler empfinden,
wenn sie per Zufall auf der Strasse einen Polizisten sehen.
Abbildung 8: Gefühle, wenn Schüler per Zufall auf der Strasse einen Polizisten sehen
60
Anteil Antworten "Ja" in %
50
40
Volksschüler
Mittelschüler
Berufsschüler
30
20
10
Ich habe Angst
Ich habe ein schlechtes
Gewissen
Ich möchte vor dem
Polizisten fliehen
Ich freue mich
Ich werde aggressiv
Weiss nicht
Ich erinnere mich an
schlechte Erlebnisse
Ich frage mich, ob ich
mich korrekt verhalte /
verhalten habe
Ich möchte wissen,
was die Polizisten
machen
Ich fühle nichts
spezielles
0
Allgemein gaben die Schüler aller drei Schultypen in etwa die gleichen Gefühle an,
wenn sie auf der Strasse einen Polizisten sehen. Im Gegensatz zu den Mittel- und
Berufsschülern, welche als häufigste Antwort „Ich fühle nichts Spezielles“ wählten,
wählten die Volksschüler aber „Ich möchte wissen, was die Polizisten machen“ als
häufigste Antwort. Grössere Unterschiede finden sich zudem noch bei „Ich freue
mich“, welche von den Volksschülern viel häufiger angegeben wurde als von den
Mittel- und Berufsschülern, und „Ich werde aggressiv“, welches die Volksschüler viel
seltener angaben als die älteren Schüler.
22
Tabelle 12: Zusammenhänge zwischen Gefühlen, wenn Polizisten auf der Strasse gesehen
werden und Einstellungen zur Polizei; nach Schultyp und Geschlecht
Schlechtes Gewissen
Angst
Frage mich, ob ich mich
korrekt verhalten habe
Werde aggressiv
Erinnere mich an
schlechte Erlebnisse
Möchte vor Polizei fliehen
Fühle nichts Spezielles
Möchte wissen, was
Polizisten machen
Freue mich
Volksschule
weiblich
männlich
-0.176 (n.s.)
-0.443 (**)
-0.404 (n.s.) -0.389 (n.s.)
0.137 (n.s.)
0.171 (n.s.)
Mittelschule
weiblich
männlich
-0.309 (n.s.)
-0.787 (*)
-0.207 (n.s.)
-0.090 (n.s.) -0.011 (n.s.)
-0.814 (n.s.)
-0.064 (n.s.)
-0.899 (***)
-0.248 (n.s.)
-0.620 (**)
-0.786 (*)
-0.619 (*)
-0.584 (n.s.)
0.200 (n.s.)
0.176 (n.s.)
0.418 (***)
0.299 (**)
0.259 (n.s.)
0.041 (n.s.)
-0.057 (n.s.)
0.528 (***)
-0.947 (***)
-0.771 (***)
Berufsschule
weiblich
männlich
-0.295 (n.s.)
-0.301 (*)
-0.211 (n.s.)
-0.482 (*)
0.077 (n.s.)
0.370 (***)
-0.976 (***)
-0.628 (***)
-0.843 (***)
-0.585 (***)
-0.812 (***)
-0.568 (***)
0.583 (***)
0.237 (n.s.)
0.401 (***)
0.247 (**)
0.378 (***)
0.305 (***)
0.200 (n.s.)
0.445 (**)
0.388 (**)
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Tabelle 12 zeigt die Zusammenhänge zwischen den Gefühlen, die die Schüler angeben zu verspüren, wenn sie die Polizei auf der Strasse sehen und ihrer Einstellung zur Polizei. Die leeren Felder sind darauf zurück zu führen, dass bei diesen
Kombinationen nicht genügend Fälle vorhanden waren, um eine statistische Untersuchung auf Zusammenhang durchzuführen. So finden sich z.B. bei den weiblichen
Mittelschülerinnen keine Personen, welche angeben, aggressiv zu werden, wenn sie
die Polizei auf der Strasse sehen. Dadurch können keine Werte berechnet werden.
Allgemein entsprechen die gefundenen Zusammenhänge in etwa den Erwartungen:
•
Wer ein schlechtes Gewissen hat, wenn er die Polizei auf der Strasse sieht,
hat eine schlechtere Einstellung zur Polizei. Hier finden sich mittel-starke negative Zusammenhänge, am stärksten ist der Zusammenhang bei den männlichen Volksschülern.
•
Nur die männlichen Berufsschüler weisen einen signifikanten Zusammenhang
zwischen „Ich frage mich, ob ich mich korrekt verhalten habe“ und der Einstellung zur Polizei auf. Dieser ist jedoch positiv; ein Resultat, welches eher überrascht.
•
Wer aggressiv wird, wenn er die Polizei auf der Strasse sieht, hat den stärksten negativen Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei. Die männlichen
Volks- und Mittelschüler und die Berufsschüler beider Geschlechter weisen
hier einen sehr starken negativen Zusammenhang auf.
23
•
Ähnliches gilt für die Kombination „Ich erinnere mich an schlechte Erlebnisse“
und die Einstellung zur Polizei und „Ich möchte vor der Polizei fliehen“. Wer
eine solche Reaktion zeigt, hat auch eine negativere Einstellung zur Polizei
(s. dazu auch das Kapitel 4.9 auf S. 57 zu den selbst erfahrenen oder gehörten negativen Erfahrungen mit der Polizei).
•
Wer nichts Spezielles fühlt, wenn er die Polizei sieht, weist einen positiven
Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei auf. Gleiches gilt auch für die Reaktionen „Ich möchte wissen, was die Polizisten machen“ und „Ich freue
mich“. Wer also eine positive Einstellung zur Polizei hat, steht ihr allgemein
offener und neugieriger gegenüber.
4.2 Erwartungen an die Polizei in der Schule und auf der Strasse
Die Schüler wurden ausserdem zu ihren Erwartungen an die Polizei in der Schule
und auf der Strasse befragt. Tabelle 13 und Abbildung 9 zeigen die Erwartungen der
Jugendlichen (Anteil „Ja“ in Prozent):
•
Der Wunsch nach mehr Personenkontrolle in der Schule ist bei den Volksschülern am höchsten und nimmt mit zunehmendem Alter ab. Dabei ist die
Abnahme bei den Mittelschülern jedoch sehr stark; bei den Berufsschülern
sinkt der Wunsch nach Kontrolle zwar ebenfalls, bleibt aber bei 19%, resp.
17.6% Zustimmung. Eventuell ist dies darauf zurück zu führen, dass Volksschüler selber noch seltener kontrolliert wurden und dieser Form des Kontaktes zur Polizei deshalb weniger kritisch gegenüber stehen.
•
Der Wunsch, von der Polizei in der Schule in Ruhe gelassen zu werden, steigt
ebenfalls mit höherem Alter. Hier äussern sich die männlichen Jugendlichen
stärker als die weiblichen mit dem Wunsch nach weniger Kontrolle, egal ob
diese in der Schule oder auf der Strasse stattfindet.
•
Dass die Polizei mehr mit den Leuten sprechen sollte, wünschen zwischen
12.80% (männliche Mittelschüler) und 23.10% (weibliche Berufsschüler) der
befragten Schüler. Im Gegensatz zu den anderen Fragen findet sich hier kein
klares Muster bezüglich Alter oder Schultyp.
•
Der Wunsch nach mehr Präsenz in der Schule nimmt ebenfalls mit steigendem Alter leicht zu und ist bei den Berufsschülern etwas ausgeprägter als bei
den Mittelschülern. Dies ist insofern interessant, als mit höherem Alter auch
24
die Einstellung zur Polizei allgemein eher kritischer wird. Nichtsdestotrotz geht
dies auch mit dem Wunsch nach mehr Präsenz der Polizei in der Schule und
auf der Strasse einher.
•
Die Muster der Erwartungen an die Polizei auf der Strasse ähneln denjenigen
der Erwartungen in der Schule relativ stark. Allerdings äussern die Schüler für
den Einsatz der Polizei auf der Strasse stärker den Wunsch nach mehr Kontrolle, dass die Polizei mehr mit den Leuten sprechen solle und nach mehr
Präsenz als in der Schule.
Auf der Strasse
sollte die Polizei…
In der Schule
sollte die Polizei…
Tabelle 13: Erwartungen der Jugendlichen an die Polizei (Anteil „Ja“ in %)
mehr Personen
kontrollieren
uns mehr in Ruhe
lassen
mehr mit den
Leuten sprechen
mehr Präsenz
zeigen
mehr Personen
kontrollieren
uns mehr in Ruhe
lassen
mehr mit den
Leuten sprechen
mehr Präsenz
zeigen
Volksschüler
weiblich männlich
24.40
27.60
Mittelschüler
weiblich männlich
2.60
6.00
Berufsschüler
weiblich männlich
19.00
17.60
6.80
13.50
23.70
35.30
19.00
42.20
21.80
20.60
18.50
12.80
23.10
22.70
13.30
18.20
12.10
20.60
21.00
24.50
42.10
40.60
18.10
20.20
36.20
26.30
4.60
11.10
15.50
26.60
17.70
40.80
24.20
26.10
28.00
29.40
31.10
29.00
15.90
18.80
31.50
38.10
36.70
32.10
25
Abbildung 9: Erwartungen der Jugendlichen an die Polizei
45.00
40.00
35.00
Anteil "Ja" in %
30.00
25.00
20.00
15.00
10.00
5.00
0.00
mehr Personen
kontrollieren
uns mehr in
Ruhe lassen
mehr mit den
Leuten sprechen
mehr Präsenz
zeigen
mehr Personen
kontrollieren
In der Schule sollte die Polizei…
Volksschüler weiblich
Volksschüler männlich
Mittelschüler weiblich
uns mehr in
Ruhe lassen
mehr mit den
Leuten sprechen
mehr Präsenz
zeigen
Auf der Strasse sollte die Polizei…
Mittelschüler männlich
Berufsschüler weiblich
Berufsschüler männlich
Tabelle 14: Zusammenhänge zwischen Erwartung an die Polizei in der Schule und auf der
Strasse und der Einstellung zur Polizei; nach Schultyp und Geschlecht
In der Schule sollte die Polizei
mehr Personen kontrollieren
In der Schule sollte die Polizei
uns mehr in Ruhe lassen
In der Schule sollte die Polizei
mehr mit den Leuten sprechen
In der Schule sollte die Polizei
mehr Präsenz zeigen
Auf der Strasse sollte die Polizei mehr Personen kontrollieren
Auf der Strasse sollte die Polizei uns mehr in Ruhe lassen
Auf der Strasse sollte die Polizei mehr mit den Leuten sprechen
Auf der Strasse sollte die Polizei mehr Präsenz zeigen
Volksschule
weiblich
männlich
-0.270 (n.s.) -0.009 (n.s.)
Mittelschule
weiblich
männlich
-0.072 (n.s.)
Berufsschule
weiblich
männlich
0.111 (n.s.)
0.387 (***)
-0.749 (***)
-0.774 (***)
-0.533 (**)
-0.705 (***)
-0.748 (***)
-0.645 (***)
-0.276 (n.s.)
-0.004 (n.s.)
-0.076 (n.s.)
0.092 (n.s.)
-0.052 (n.s.)
0.311 (***)
-0.300 (n.s.)
-0.184 (n.s.)
0.117 (n.s.)
0.366 (*)
0.032 (n.s.)
0.525 (***)
0.025 (n.s.)
0.356 (***)
0.736 (***)
0.346 (*)
0.229 (**)
0.592 (***)
-0.800 (***)
-0.833 (***)
-0.756 (***)
-0.852 (***)
-0.714 (***)
-0.735 (***)
-0.044 (n.s.)
0.197 (n.s.)
0.047 (n.s.)
0.057 (n.s.)
-0.043 (n.s.)
0.374 (***)
0.344 (*)
0.440 (***)
0.257 (**)
0.567 (***)
-0.141 (n.s.)
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Tabelle 14 vermittelt einen Eindruck über die Zusammenhänge zwischen den Erwartungen der Schüler an die Polizei in der Schule und auf der Strasse. Signifikante po26
sitive Zusammenhänge zur Einstellung zur Polizei finden sich bei den folgenden Erwartungen:
•
In der Schule sollte die Polizei mehr Personen kontrollieren (BS, männlich)
•
In der Schule sollte die Polizei mehr mit den Leuten sprechen (BS, männlich)
•
In der Schule sollte die Polizei mehr Präsenz zeigen (BS und MS, männlich)
Diese Zusammenhänge widerspiegeln eine positive Einstellung zur Polizei und lassen auf einen Wunsch nach verstärkter proaktiver Arbeit der Polizei an der Schule
schliessen. Umgekehrt verhält es sich mit dem Wunsch, von der Polizei an der
Schule mehr in Ruhe gelassen zu werden. Hier finden sich – unabhängig von Schultyp oder Geschlecht – statistisch signifikante negative Zusammenhänge.
Gleich verhält es sich mit den Erwartungen auf der Strasse: Wer eine positive Einstellung zur Polizei hat, findet auch, die Polizei müsse auf der Strasse mehr Personen kontrollieren, mehr mit den Leuten sprechen und mehr Präsenz zeigen. Wer
hingegen eher wünscht, von der Polizei auf der Strasse in Ruhe gelassen zu werden, hat auch eine negative Einstellung zur Polizei.
4.3 Demographische Variablen
4.3.1 Alter
Während es bereits nur wenige Studien gibt, welche die Einstellung der Jugendlichen zur Polizei untersuchen (im Gegensatz zur Einstellung der Erwachsenen), gibt
es noch weniger Studien, die dazu noch das Alter der befragten Jugendlichen speziell berücksichtigen. So befragen zum Beispiel Hurst und Frank (2000) Schüler aus
der neunten bis zur zwölften Klasse. Dieses breite Spektrum erschwert einerseits
Schlüsse über sich verändernde Einstellungen (dazu ist der Altersunterschied zu
klein), aber auch Schlüsse über Einstellungen zu einem spezifischen Alter (dazu ist
der Altersunterschied zu gross).
Die Altersverteilung der befragten Schüler wurde bereits in Abbildung 2, Abbildung 3
und Abbildung 4 gezeigt, der Zusammenhang zwischen Alter und Einstellung zur
Polizei in Tabelle 17. Hier kann natürlich nicht gut nach Schultyp unterschieden werden, da alle Schüler im gleichen Schultyp in etwa das gleiche Alter haben.
27
4.3.2 Geschlecht
Über den Einfluss des Geschlechts auf die Einstellung zur Polizei finden sich ebenfalls keine klaren Angaben. So finden sich Studien, welche keinen signifikanten Zusammenhang herstellen können zwischen Geschlecht und Einstellung zur Polizei,
aber auch solche mit gegenteiligem Befund.
Hier verweisen Taylor et al. (2001, 297-298) darauf, dass es einerseits zu weniger
Kontakt zwischen Polizei und weiblichen Jugendlichen kommt, und sich bei diesem
Kontakt die Polizei dann eher darauf beschränkt, die weiblichen Jugendlichen zu
verwarnen und laufen zu lassen oder gleich nach Hause zu bringen. Die Verteilung
der befragten Jugendlichen nach Geschlecht ist in Tabelle 6 auf Seite 10 ersichtlich,
die statistischen Zusammenhänge zur Einstellung zur Polizei in Tabelle 17 auf Seite
29.
4.3.3 Wohnort/Wohngebiet
In dieser Untersuchung wurde aus Gründen des Datenschutzes darauf verzichtet,
den genauen Wohnort der befragten Schüler zu erheben. Stattdessen wurden die
Schüler gefragt, ihren Wohnort anhand der Kategorien „Stadt Zürich“, „Stadt Winterthur“, „Restlicher Kanton Zürich“ und „Ausserhalb des Kantons Zürich“ anzugeben.
Tabelle 6 auf Seite 10 bietet einen Überblick über den Wohnort der befragten Schüler. Der statistische Zusammenhang ist in Tabelle 17 ersichtlich.
4.3.4 Migrationshintergrund
Der Migrationshintergrund wurde – weil in einem Fragebogen schwierig zu formulieren, so dass die Frage von allen Befragten gleich verstanden wird – im Fragebogen
nicht direkt erfragt. Wohl aber wurde nach dem eigenen Geburtsland und demjenigen der Eltern gefragt. Tabelle 15 bietet einen Überblick darüber, nach welchem
Schema die Einteilung des Migrationshintergrundes erfolgte, Tabelle 16 über die
Verteilung der befragten Jugendlichen je nach Migrationshintergrund und Tabelle 17
über den Zusammenhang zwischen dem Migrationshintergrund und der Einstellung
zur Polizei.
28
Tabelle 15: Einteilung Migrationshintergrund
Jugendlicher Geburtsort
Schweiz
Jugendlicher Geburtsort
Ausland
Beide Elternteile
Geburtsort Schweiz
Ein Elternteil Geburtsort
Schweiz
Ein Elternteil Geburtsort
Ausland
Beide Elternteile Geburtsort Ausland
Non-Migrant
Non-Migrant
Migrant 2. Generation
Non-Migrant
Migrant 1. Generation
Migrant 1. Generation
Tabelle 16: Übersicht Verteilung Migrationshintergrund
Non-Migrant
Migrant 1. Generation
Migrant 2. Generation
k.A.
Total
Häufigkeit
2’387
574
801
220
3’982
Prozent
59.9
14.4
20.1
5.5
100
Tabelle 17: Zusammenhänge zwischen demographischen Einflussfaktoren und Einstellung zur
Polizei; nach Schultyp und Geschlecht
Volksschule
weiblich
männlich
Alter
Geschlecht
Migrationshintergrund
Wohnort Stadt Zürich
Wohnort Stadt Winterthur
Wohnort restliches Kantonsgebiet
Wohnort ausserhalb Kt. Zürich
Mittelschule
weiblich
männlich
Berufsschule
weiblich
männlich
weiblich: -.480 (***)
männlich: -.580 (***)
-0.273 (***)
-0.585 (***)
-0.465 (***)
-0.253 (n.s.) -0.082 (n.s.) -0.105 (n.s.) -0.096 (n.s.) 0.062 (n.s.) -0.075 (n.s.)
-0.252 (n.s.) 0.075 (n.s.) -0.064 (n.s.) -0.257 (n.s.) -0.036 (n.s.) -0.005 (n.s.)
-0.231 (n.s.) -0.102 (n.s.) -0.309 (n.s.) 0.014 (n.s.)
0.161 (n.s.)
0.076 (n.s.)
0.403 (***)
0.091 (n.s.)
0.220 (n.s.)
0.101 (n.s.)
0.038 (n.s.)
0.357 (**)
0.009 (n.s.) -0.366 (n.s.) -0.314 (n.s.) -0.600 (n.s.) -0.133 (n.s.) -0.027 (n.s.)
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
In Tabelle 17 zeigt sich, dass das Alter in einem klaren, statistisch signifikanten Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei steht. Mit steigendem Alter wird die Einstellung schlechter. Weiter ist zu sehen, dass zwischen der Einstellung zur Polizei und
dem Geschlecht ebenfalls ein klarer Zusammenhang besteht. Männliche Befragte
haben im Gegensatz zu weiblichen Befragten eine eindeutig negativere Einstellung,
wobei dieser Effekt bei den Mittel- und Berufsschülern noch stärker ist als bei den
Volksschülern. Der Migrationshintergrund (siehe Tabelle 15) hat keinen signifikanten
Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei. Von den Wohngebieten findet sich lediglich bei Schülern mit Wohnort im restlichen Kanton Zürich (ausserhalb Stadt Zürich
und Winterthur) ein statistisch signifikanter Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei: Wer im Kanton Zürich aber ausserhalb der beiden grössten Städte wohnt (also
tendenziell eher auf dem Land) hat demzufolge eher eine positive Einstellung zur
29
Polizei als wer ein einem der anderen Gebiete wohnt. Statistisch signifikante Zusammenhänge finden sich aber nur bei den weiblichen Volksschülerinnen und den
männlichen Mittelschülern. Bei den anderen Gruppen gehen zwar die Zusammenhänge in die gleiche Richtung, sind aber nicht signifikant.
4.4 Freizeitverhalten
Abbildung 10: Häufigkeit Ausgang
100%
4.6
8.0
3.5
5.4
12.4
7.5
9.3
16.7
14.7
21.7
80%
26.5
29.2
29.2
31.5
Anteil in %
60%
72.5
64.2
40%
49.2
61.4
49.3
51.2
20%
10.6
7.4
9.2
männlich
weiblich
4.7
0%
weiblich
männlich
Volksschule
weiblich
Mittelschule
männlich
Berufsschule
Schultyp und Geschlecht
Nie im Ausgang
Ein- bis zweimal pro Woche im Ausgang
Drei- bis viermal pro Woche im Ausgang
Fünfmal oder mehr pro Woche im Ausgang
Aus der in Abbildung 10 dargestellten Häufigkeiten des Ausgangs wurde eine weitere Kategorie gebildet: Diejenigen, welche häufig in den Ausgang gehen. Die Grenze
dafür wurde bei vier Mal in der Woche im Ausgang oder häufiger gelegt. Abbildung
11 zeigt die Verteilung darüber. In allen Schultypen geben mehr männliche als weibliche Befragte an, vier Mal oder häufiger pro Woche in den Ausgang zu gehen. Zwei
Tatsachen fallen auf, welche ansatzweise auch schon in Abbildung 10 zu sehen waren: Erstens sind die Raten bei den Berufsschülern markant höher als bei den Mittelschülern, während sich zwischen den Mittel- und Volksschülern nur kleine Unterschiede finden. Und zweitens geben sogar mehr männliche Volksschüler als männliche Mittelschüler an, vier Mal oder häufiger in den Ausgang zu gehen.
30
Abbildung 11: Anteil Befragter, welche 4x oder häufiger pro Woche in den Ausgang gehen
30.00
24.14
25.00
19.86
Anteil in %
20.00
15.00
9.72
10.00
9.13
7.63
6.37
5.00
0.00
weiblich
männlich
weiblich
Volksschule
männlich
weiblich
Mittelschule
männlich
Berufsschule
Schultyp und Geschlecht
Häufig (4x oder mehr pro Woche) im Ausgang
Tabelle 18: Ausgang und elterliche Kontrolle
Eltern wissen selten/nie, mit wem
ich in Ausgang bin
Eltern wissen manchmal, mit wem
ich in Ausgang bin
Eltern wissen immer/oft, mit wem
ich in Ausgang bin
Eltern wissen selten/nie, wo ich in
Ausgang bin
Eltern wissen manchmal, wo ich in
Ausgang bin
Eltern wissen immer/oft, wo ich in
Ausgang bin
Eltern sagen mir selten/nie, wann
ich wieder zu Hause sein muss
Eltern sagen mit manchmal, wann
ich wieder zu Hause sein muss
Eltern sagen mir immer/oft, wann
ich wieder zu Hause sein muss
Befolge Rückkehrzeit der Eltern
selten/nie
Befolge Rückkehrzeit der Eltern
manchmal
Befolge Rückkehrzeit der Eltern
immer/oft
Volksschule
weiblich männlich
2.3
5.1
Mittelschule
weiblich männlich
2.4
4.4
Berufsschule
weiblich männlich
3.2
8.6
15.0
18.1
16.6
31.9
22.5
35.5
82.8
76.9
81.0
63.7
74.3
55.9
1.7
6.0
1.0
5.0
4.6
9.4
14.1
23.8
29.2
49.8
28.4
45.0
84.2
70.2
69.9
45.3
66.9
45.6
2.3
4.9
22.0
31.0
4.6
40.4
19.9
24.3
34.9
36.0
28.4
35.6
77.8
70.8
43.1
33.0
66.9
24.0
0.6
4.0
1.5
8.6
8.7
14.8
20.7
27.3
29.8
38.4
30.5
39.2
78.8
68.7
68.8
53.0
60.8
46.0
31
Tabelle 18 bietet einen Überblick über die elterliche Kontrolle des Ausgehverhaltens
der befragten Schüler. Der Anteil der Eltern, die immer oder oft wissen, mit wem und
wo sich die Schüler im Ausgang befinden, nimmt mit steigendem Alter ab. Gleiches
gilt auch für den Anteil der Schüler die angeben, dass ihnen ihre Eltern sagen, wann
sie zu Hause sein müssen und die sich an die elterliche Rückkehrzeit halten. Die
elterliche Kontrolle nimmt also von der 5. zur 10. Klasse ab und ist tendenziell bei
den Berufsschülern noch etwas kleiner als bei den Mittelschülern.
Abbildung 12: Von Eltern vorgegebne Rückkehrzeiten
100%
3.2
0.3
1.0
2.3
3.3
0.8
0.3
1.3
2.6
12.9
14.1
19.8
14.4
31.2
35.8
80%
22.6
Anteil in %
21.4
60%
19.4
18.1
20.1
40%
80.0
17.6
16.3
77.4
28.6
24.7
17.2
14.1
14.4
20%
7.0
11.5
6.0
1.5
0%
weiblich
männlich
Volksschule
weiblich
9.1
3.8
1.1
6.3
3.6
männlich
weiblich
Mittelschule
8.0
4.1
2.4
männlich
Berufsschule
Schultyp und Geschlecht
Rückkehrzeit aus Ausgang vor 22.00 Uhr
Rückkehrzeit aus Ausgang zwischen 23.00 und 23.59 Uhr
Rückkehrzeit aus Ausgang zwischen 01.00 und 01.59 Uhr
Rückkehrzeit aus Ausgang nach 03.00 Uhr
Rückkehrzeit aus Ausgang zwischen 22.00 und 22.59 Uhr
Rückkehrzeit aus Ausgang zwischen 00.00 und 00.59 Uhr
Rückkehrzeit aus Ausgang zwischen 02.00 und 02.59 Uhr
Abbildung 12 zeigt die Rückkehrzeiten der befragten Schüler auf. Nicht überraschend muss der Grossteil der Schüler der 5. Klassen bereits vor 22.00 Uhr zu Hause sein, jeweils über 90% müssen vor 23.00 Uhr zu Hause sein. Bei den Schülern in
den 10. Klassen ist dieser Anteil auf unter 10% gesunken. Männliche Berufsschüler
dürfen am längsten im Ausgang bleiben, hier dürfen noch 35.8% nach 03.00 Uhr
nach Hause kommen. Auch hier wieder dürfen Berufsschüler eher etwas länger im
Ausgang bleiben als Mittelschüler und männliche Schüler eher etwas länger als
weibliche.
32
Tabelle 19: Ausgangs- und Freizeitverhalten, in %
Oft in Discos, an Parties, Konzerte
Oft in den Jugendtreff
Oft bei Sportveranstaltungen live zuschauen
Oft an öffentlichen Plätzen rumhängen
Oft shoppen/"lädelen" gehen
Oft in Restaurants, Bars oder Beizen Zeit
verbringen
Oft bei Freunden zuhause Zeit verbringen
Oft Kulturveranstaltungen besuchen
Oft Sport machen
Volksschule
weiblich männlich
0.7
1.1
1.8
4.5
1.5
9.2
24.3
29.4
18.4
11.9
3.3
4.0
36.3
1.1
69.7
38.1
1.3
84.6
Mittelschule
weiblich männlich
3.0
2.3
1.8
2.4
1.7
5.7
26.8
28.6
14.4
8.1
14.2
14.8
22.7
0.4
68.4
27.6
1.4
78.9
Berufsschule
weiblich männlich
6.8
10.8
2.6
3.7
4.4
10.5
37.1
42.8
23.2
10.7
15.0
16.5
34.7
1.1
47.8
33.2
1.3
66.1
„Oft“=Mehrmals pro Woche oder täglich
Tabelle 19 zeigt das Ausgangs- und Freizeitverhalten der befragten Schüler. „Oft“
bezieht sich hier auf „Mehrmals pro Woche oder täglich“. An Discos, Parties oder
Konzerte gehen die Schüler im 10. Schuljahr logischerweise häufiger als diejenigen
im 5. Schuljahr. Allerdings ist der Anteil der Berufsschüler, die oft an Discos oder
Parties gehen, nochmals klar höher als derjenige der Mittelschüler. Beim Jugendtreff
finden sich keine grösseren Unterschiede, ebenso wenig beim live an Sportveranstaltungen zuschauen.
Interessant ist, dass die männlichen Volksschüler sogar häufiger als die männlichen
Mittelschüler angeben, an öffentlichen Plätzen rumzuhängen oder shoppen zu gehen. Beim shoppen übertrifft ihr Wert sogar auch denjenigen der Berufsschüler.
Gleiches gilt auch für „bei Freunden zuhause Zeit verbringen“, ein Indiz dafür, dass
die älteren Jugendlichen die Zeit mit den Kollegen eher ausser Haus verbringen.
Auch beim Sport ist der Anteil derjenigen, die Angaben, dies mehrmals oder täglich
zu machen, bei den Volksschülern am höchsten, während er bei den Mittelschülern
leicht, bei den Berufsschülern klar tiefer ist.
33
Tabelle 20: Zusammenhänge zwischen Freizeit- und Ausgehverhalten/elterlicher Kontrolle und
Einstellung zur Polizei; nach Schultyp und Geschlecht
Volksschule
weiblich
männlich
-0.468 (n.s.)
-0.463 (**)
-0.038 (n.s.) 0.129 (n.s.)
Mittelschule
weiblich
männlich
-0.695 (**)
-0.526 (*)
0.249 (n.s.)
0.109 (n.s.)
Berufsschule
weiblich
männlich
-0.457 (***)
-0.581 (***)
0.370 (***)
0.302 (***)
-0.021 (n.s.)
0.240 (n.s.)
0.154 (n.s.)
0.227 (n.s.)
0.377 (***)
0.283 (***)
0.016 (n.s.)
-0.202 (*)
0.058 (n.s.)
-0.257 (n.s.)
0.206 (**)
-0.006 (n.s.)
0.027 (n.s.)
-0.041 (n.s.)
0.247 (n.s.)
0.260 (*)
0.401 (***)
0.261 (***)
Eltern wissen selten/nie mit wem
im Ausgang
Eltern wissen selten/nie wo im
Ausgang
Eltern geben selten/nie Rückkehrzeit vor
Schüler befolgen selten/nie elterliche Rückkehrzeit
-0.257 (n.s.)
-0.696 (**)
-0.333 (n.s.)
-0.631 (**)
-0.142 (n.s.)
-0.716 (n.s.)
-0.747 (**)
-0.609 (n.s.)
-0.424 (*)
-0.386 (***)
Oft in Discos, an Parties, Konzerte
Oft in den Jugendtreff
Oft bei Sportveranstaltungen live
zuschauen
Oft an öffentlichen Plätzen rumhängen
Häufig (> 4x/Woche) Ausgang
Eltern wissen immer/oft mit wem
im Ausgang
Eltern wissen immer/oft wo im
Ausgang
Eltern geben immer/oft Rückkehrzeit vor
Schüler befolgen immer/oft elterliche Rückkehrzeit
Oft shoppen/"lädelen" gehen
Oft in Restaurants, Bars oder
Beizen Zeit verbringen
Oft bei Freunden zuhause Zeit
verbringen
Oft Kulturveranstaltungen besuchen
Oft Sport machen
-0.446 (n.s.)
-0.304 (n.s.)
-0.003 (n.s.)
-0.275 (***)
-0.144 (*)
-0.845 (n.s.)
-0.702 (*)
-0.305 (n.s.)
-0.428 (n.s.)
-0.572 (***)
-0.494 (***)
-0.408 (n.s.)
-0.750 (n.s.)
-0.203 (n.s.)
-0.600 (n.s.)
-0.330 (*)
-0.425 (***)
0.087 (n.s.)
0.009 (n.s.)
-0.011 (n.s.)
-0.323 (n.s.)
-0.109 (n.s.)
-0.191 (n.s.)
-0.338 (n.s.)
-0.451 (n.s.)
-0.398 (*)
-0.194 (n.s.)
-0.111 (n.s.)
-0.210 (n.s.)
-0.158 (n.s.)
-0.426 (*)
-0.400 (**)
-0.165 (*)
-0.337 (***)
-0.288 (n.s.)
-0.338 (n.s.)
-0.279 (n.s.)
0.056 (n.s.)
0.249 (n.s.)
-0.425 (n.s.)
-0.428 (n.s.)
-0.598 (***)
-0.120 (n.s.)
-0.301 (**)
-0.079 (n.s.)
-0.320 (***)
0.089 (n.s.)
-0.039 (n.s.)
-0.309 (n.s.)
-0.234 (n.s.)
-0.171 (*)
-0.281 (***)
-0.194 (n.s.)
-0.202 (n.s.)
0.350 (n.s.)
-0.454 (n.s.)
-0.556 (n.s.)
-0.127 (n.s.)
-0.263 (*)
-0.043 (n.s.)
0.255 (***)
0.155 (*)
0.052 (n.s.)
„Oft“=Mehrmals pro Woche oder täglich
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Wer häufig, also vier Mal oder mehr pro Woche in den Ausgang geht, hat eher eine
negative Einstellung zur Polizei. Dass die weiblichen Volksschülerinnen (als einzige)
keinen statistisch signifikanten Zusammenhang aufweisen, dürfte an der geringen
Anzahl Personen aus dieser Kategorie liegen, die angegeben haben, vier Mal oder
häufiger pro Woche in den Ausgang zu gehen. Allerdings deutet auch ihr (nicht signifikanter) Koeffizient in die gleiche Richtung.
Die elterliche Kontrolle hat folgenden Zusammenhang: Schüler, deren Eltern immer
oder oft wissen, wo und mit wem sich ihre Kinder im Ausgang befinden, haben eher
34
eine positive Einstellung zur Polizei. Statistisch signifikant ist das allerdings nur bei
den Berufsschülern (beide Geschlechter). Gleiches gilt auch für die Schüler, welche
sich an die vorgegebenen Rückkehrzeiten der Eltern halten. Unklar ist der Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei bei den Jugendlichen, deren Eltern immer/oft
eine Rückkehrzeit vorgeben: Männliche Volksschüler haben hier einen negativen
Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei, Berufsschülerinnen einen positiven, die
restlichen Gruppen keinen statistisch signifikanten. Allerdings sind beide signifikanten Zusammenhänge eher schwach.
Bei fehlender elterlicher Kontrolle ist der Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei
der Jugendliche klarer: Schüler, deren Eltern nicht oder selten wissen wo oder mit
wem sie im Ausgang sind und deren Eltern selten oder nie eine Rückkehrzeit vorgeben oder welche die vorgegebene Rückkehrzeit selten oder nie befolgen, weisen
immer einen negativen Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei auf. Interessant
ist hier, dass die männlichen Volksschüler zum Teil stärkere negative Zusammenhänge zur Einstellung zur Polizei aufweisen als die älteren Schüler (-0.747 bei „Eltern wissen selten/nie wo im Ausgang“ und -0.702 bei „Schüler befolgen selten/nie
elterliche Rückkehrzeit“).
Kein statistischer Zusammenhang findet sich bei allen Gruppen zwischen der Einstellung zur Polizei und den folgenden Freizeitverhalten:
•
Oft in den Jugendtreff
•
Oft live an Sportveranstaltungen zuschauen
•
Oft shoppen (einkaufen) gehen
•
Oft an Kulturveranstaltungen gehen
Wer hingegen mehrmals pro Woche oder täglich an öffentlichen Plätzen Zeit verbringt („rumhängt“), in Restaurants, Bars oder Beizen Zeit verbringt oder oft bei
Freunden zu Hause Zeit verbringt, weist ebenfalls einen negativen Zusammenhang
zur Einstellung zur Polizei auf. Auch hier findet sich aber kein statistischer Zusammenhang bei den Volks-, sonder nur bei den Mittel- und Berufsschülern.
Interessant ist der Zusammenhang zwischen „Oft Sport machen“ und der Einstellung
zur Polizei: Bei männlichen Volksschülern zeigt sich ein signifikant negativer Zusammenhang, während er bei den weiblichen Volksschülern und Mittelschülern nicht
35
signifikant und bei den Berufsschülern beider Geschlechter aber positiv ist. Allerdings ist auch hier der Zusammenhang eher schwach.
4.5 Gruppenzugehörigkeit und Kollegen
Abbildung 13: Art von grösserer Kollegengruppe
100%
80%
57.6
64.1
66.3
75.3
Anteil in %
60%
0.8
40%
4.2
4.5
20%
69.7
78.8
2.9
33.1
14.4
4.8
23.4
14.8
8.5
8.6
männlich
weiblich
11.9
8.4
6.3
männlich
weiblich
0%
weiblich
Volksschule
3
22.5
11.3
Mittelschule
4.9
männlich
Berufsschule
Schultyp und Geschlecht
Jugendgurppe (Pfadi, Cevi etc.)
Sportgruppe (FC, Unihockeyclub etc.)
Kulturelle Gruppe (Musik, Theater etc.)
Lose Gruppe von Kollegen
Abbildung 13 zeigt die Art von Kollegengruppe, mit der die Schüler angeben, ihre
Zeit zu verbringen. Bei allen Gruppen dominiert die Kategorie „Lose Gruppe von Killegen“. Diese ist bei den männlichen Befragten jeweils etwas kleiner als bei den
weiblichen des gleichen Schultyps, dafür sind diese häufiger in Sportgruppen. Jugendgruppen wie Pfadi oder Cevi finden sich am häufigsten bei den Volksschülern,
die Berufsschüler geben dies seltener an als die Mittelschüler.
Tabelle 21: Einstellung gegenüber illegalen Tätigkeiten in Kollegengruppe
Illegale Sachen in der Gruppe ok
Gruppe macht illegale Sachen
Illegale Sachen auch mit Gewalt
Würde Gruppe als "Gang" bezeichnen
Volksschule
weiblich männlich
6.6
16.7
9.6
19.3
8.7
41.9
19.2
28.7
Mittelschule
weiblich männlich
33.7
74.4
34.2
63.1
13.2
29.4
3.0
12.4
Berufsschule
weiblich männlich
41.6
62.9
45.6
60.3
24.7
44.8
6.7
13.3
36
Tabelle 21 zeigt die Einstellung gegenüber illegalen Tätigkeiten in der Kollegengruppe und ob die Schüler die Gruppe als Gang bezeichnen würde. Illegale Tätigkeiten
sind bei den älteren Schultypen klar mehr akzeptiert als bei den Volksschülern. Unterschiede gibt es beim Geschlecht: Bei den Mittelschülern ist der Anteil der männlichen Befragten, in deren Gruppe illegale Sachen akzeptiert sind, höher als bei den
Mittelschülern. Bei den weiblichen Befragten ist es umgekehrt; hier ist der Anteil bei
den Berufsschülern höher. Die gleiche Regel gilt auch bei der Frage, ob in der Gruppe illegale Sachen begangen werden. Allerdings ist der Anteil der männlichen Mittelschüler, welche dabei auch Gewalt anwenden markant tiefer als derjenige bei den
Berufsschülern. Bei den Volksschülern ist der Anteil beinahe gleich hoch. Als Gang
würden vor allem die Volksschüler (männlich und weiblich) ihre Kollegengruppe bezeichnen. Die Mittelschüler und Berufsschüler würden dies weniger tun. Auch hier ist
der Anteil der männlichen Befragten höher als derjenige der weiblichen.
Für die Untersuchung des Einflusses einer Gang-Mitgliedschaft auf die Einstellung
zur Polizei wurden verschiedene Variablen zu einer „Gang“-Variable zusammengefasst. Es sind dies:
•
Mitgliedschaft in einer losen Gruppe von Kollegen (gegenüber Jugend- oder
Sportgruppen und kulturellen Gruppen)
•
ob illegale Tätigkeiten in der Gruppe akzeptiert sind
•
ob in der Gruppe illegale Tätigkeiten verübt werden
•
ob dabei auch Gewalt angewendet wird
•
ob die Gruppe als „Gang“ bezeichnet wird
Sowohl männliche Befragte in der Volks- als auch in der Berufsschule zeigen einen
klar negativen Zusammenhang zwischen Mitgliedschaft in einer Gang und der Einstellung zur Polizei. Die weiblichen Befragten weisen entweder gar keine Personen
auf, welche nach der obigen Definition einer Gang angehören (Volks- und Mittelschule) oder weisen keinen signifikanten negativen Zusammenhang zur Einstellung
zur Polizei auf (Berufsschule).
37
Tabelle 22: Zusammenhänge zwischen Gruppen-/Gangmitgliedschaft und Einstellung zur Polizei; nach Schultyp und Geschlecht
Mitglied Gang
Volksschule
weiblich
männlich
-0.828 (*)
Mittelschule
weiblich
männlich
Berufsschule
weiblich
männlich
-0.561 (n.s.) -0.844 (***)
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Tabelle 22 zeigt die Zusammenhänge zwischen dem Gruppenverhalten und der Einstellung zur Polizei:
•
Mitglied in einer Gruppe zu sein, bei der die Nationalität wichtig ist, um dazu
zu gehören, hat nur bei den weiblichen Berufsschülerinnen einen statistisch
signifikanten Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei. Dort ist er von mittlerer Stärke und negativ.
•
Wer hingegen Mitglied einer Gang ist (s. Definition oben) hat eher eine negative Einstellung zur Polizei. Speziell männliche Volks- und Berufsschüler zeigen hier einen starken negativen Zusammenhang.
4.6 Illegales Verhalten
Fragen zu Alkohol- und Drogenkonsum sowie selbst berichteter Delinquenz wurden
nur den Schülern im 10. Schuljahr gestellt. Bei Schülern im 5. Schuljahr ist abweichendes Verhalten zu erwarten, was eine statistisch relevante Untersuchung verunmöglicht. Tabelle 23 zeigt die Häufigkeit, mit welcher die befragten Schüler angaben,
ein gewisses Delikt schon mindestens einmal begangen zu haben.
Wenig überraschend haben fast alle befragen Schüler in ihrem Leben schon mindestens einmal Alkohol konsumiert. Beachtenswert ist, dass der Anteil derjenigen, welche in ihrem Leben schon einmal Alkohol konsumiert haben, sowohl in der Mittel- als
auch in der Berufsschule bei den weiblichen Befragten höher ist als bei den männlichen. Unter denjenigen Jugendlichen, welche schon einmal Alkohol konsumiert haben, haben über 90% schon einmal Bier, Wein oder Alkopops konsumiert und jeweils um die 85% schon einmal starken Alkohol.
38
Tabelle 23: Alkohol-, Drogenkonsum und selbst berichtete Delinquenz im 10. Schuljahr nach
Geschlecht, in %
Alkoholkonsum allgemein
Bier, Wein, Alkopops
Starker Alkohol
Konsum Cannabis
Schwarzfahren
Ladendiebstahl
Sonstiger Diebstahl
Sachbeschädigung
Körperverletzung
Fahrraddiebstahl
Verbotene Waffe tragen
Drogen verkaufen
Raub
Einbruch
Sexuelle Gewalt
Mittelschule
weiblich männlich
93.5
88.8
96.3
96.9
85.0
88.3
30.5
45.2
65.9
66.2
32.9
40.5
28.6
37.6
8.9
29.0
3.6
18.6
5.8
12.9
3.1
13.8
4.9
16.2
0.0
5.7
0.4
3.3
0.0
1.4
Berufsschule
weiblich männlich
90.0
85.1
93.2
91.8
84.7
86.9
40.1
48.7
66.4
67.7
34.1
41.8
29.3
43.1
12.3
30.2
10.6
35.0
9.5
25.2
6.0
25.0
6.0
19.7
1.5
11.6
2.7
10.4
0.5
3.6
Zwischen 30% und knapp 50% der Jugendlichen hat schon einmal Cannabis konsumiert. Der Anteil ist bei den Berufsschülern jeweils leicht höher als bei den Mittelschülern und bei den jungen Männern höher als bei den jungen Frauen. Bei der
selbst berichteten Delinquenz ist – ebenfalls wenig überraschend – das Schwarzfahren das häufigste Delikt. Hier finden sich fast keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern oder den Schultypen. Ladendiebstahl und sonstiger Diebstahl (anderer
Ort als Laden, Kiosk oder Stand) sind weitere häufige Delikte. Diese Delikte wurden
von den männlichen Befragten jeweils etwas häufiger begangen als von den weiblichen; zwischen den Schultypen finden sich keine grösseren Unterschiede. Die restlichen Delikte zeichnen sich ebenso dadurch aus, dass sie einerseits häufiger von
Männern als von Frauen und häufiger von Berufs- als Mittelschülern begangen werden.
Erwartungsgemäss findet sich bei eigenem delinquenten Verhalten wo signifikant ein
negativer Zusammenhang (Tabelle 24). Die positiven Zusammenhänge bei „Konsum
Alkohol allgemein“ bei den Berufsschülern sind mit Vorsicht zu geniessen, da bei
den Berufsschülern 90.0%, resp. 85.1% der Schülerinnen, resp. Schüler angegeben
haben, schon einmal Alkohol konsumiert zu haben: Bei einer solchen Häufigkeit ist
es wiederum statistisch schwierig, korrekte Zusammenhänge zu berechen, zudem
erscheint die damit verbundene Aussage, dass wer noch nie Alkohol konsumiert hat,
eine schlechte Einstellung zur Polizei hat, theoretisch sehr dürftig.
39
Tabelle 24: Zusammenhänge zwischen Alkhol- und Drogenkonsum, illegalem Verhalten und
Einstellung zur Polizei; nach Schultyp und Geschlecht
Mittelschule
weiblich
männlich
Konsum Alkohol allgemein
Konsum Bier, Wein, Alkopops
Konsum starker Alkohol
Cannabiskonsum
Schwarzfahren
Verbotene Waffe tragen
Drogenverkauf
Sachbeschädigung
Velodiebstahl
Ladendiebstahl
Sonstiger Diebstahl
Einbruch
Raub
Körperverletzung
Sexualdelikt
-0.040 (n.s.)
0.103 (n.s.)
-0.779 (***)
-0.579 (***)
-0.242 (n.s.)
-0.530 (n.s.)
-0.483 (***)
-0.501 (***)
-0.731 (***)
-0.692 (***)
-0.638 (***)
-0.834 (***)
-0.610 (***)
-0.441 (***)
-0.753 (*)
-0.858 (**)
-0.609 (*)
-0.453 (n.s.)
-0.329 (n.s.)
-0.229 (n.s.)
-0.434 (n.s.)
-0.748 (***)
Berufsschule
weiblich
männlich
0.539 (***)
-0.009 (n.s.)
-0.569 (***)
-0.544 (***)
-0.438 (***)
-0.692 (***)
-0.815 (***)
-0.662 (***)
-0.573 (***)
-0.462 (***)
-0.479 (***)
-0.516 (*)
-0.867 (**)
-0.472 (***)
0.343 (***)
0.068 (n.s.)
-0.543 (***)
-0.540 (***)
-0.226 (**)
-0.663 (***)
-0.699 (***)
-0.658 (***)
-0.591 (***)
-0.389 (***)
-0.269 (***)
-0.593 (***)
-0.686 (***)
-0.525 (***)
-0.574 (**)
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Ähnliches gilt auch für den Konsum von Bier, Wein oder Alkopops, v.a. da diese
Frage auf der ersten Frage nach allgemeinem Konsum basiert. Interessanter sind
deshalb die darauf folgenden Delikte, welche alle in einem negativen Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei stehen. Einen speziell starken negativen Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei besteht u.a. bei „verbotene Waffe tragen“, „Drogenverkauf“, „Velodiebstahl“, „Einbruch“ und „Raub“ und „Körperverletzung“. Beim
Sexualdelikt finden sich nur bei den männlichen Berufsschülern überhaupt genug
Fälle für eine statistische Untersuchung (vgl. Tabelle 23).
4.7 Eigene Erfahrungen
4.7.1 Viktimisierungserfahrung
Tabelle 25 bietet einen Überblick über die Viktimierungserfahrung der befragten Jugendlichen. Gefragt wurde nach drei Delikten: Raub, Körperverletzung und Sexualdelikt. Es finden sich einige Unterschiede je nach Geschlecht oder Schultyp: Bei den
weiblichen und männlichen Volksschülern ist die Körperverletzung das häufigste Delikt, gefolgt von Raub und Sexualdelikt. Bei den Mittelschülerinnen ist das Sexualdelikt die häufigste Viktimisierungsart. Die Berufsschülerinnen geben zwar im Vergleich
noch häufiger Opfererfahrung eines Sexualdeliktes an, wurden aber noch häufiger
40
Opfer von Körperverletzung und Raub. Bei den männlichen Mittelschülern ist Raub
das häufigste erfahrene Delikt, während bei den männlichen Berufsschülern Körperverletzung knapp noch etwas häufiger genannt wird als Raub.
Tabelle 25: Viktimisierungserfahrung der befragten Jugendlichen
Opfer Raub
Opfer Körperverletzung
Opfer Sexualdelikt
Volksschule
weiblich männlich
8.8
13.5
9.5
21.8
2.3
1.8
Mittelschule
weiblich männlich
7.2
30.6
5.9
21.0
8.9
2.3
Berufsschule
weiblich männlich
15.4
25.5
14.2
26.5
11.5
2.2
Tabelle 26: Zusammenhänge Opfererfahrungen und Einstellung zur Polizei; nach Schultyp und
Geschlecht
Opfer Raub
Opfer Körperverletzung
Opfer Sexualdelikt
Volksschule
weiblich
männlich
-0.266 (n.s.) -0.033 (n.s.)
-0.392 (n.s.) -0.175 (n.s.)
-0.352 (n.s.) -0.643 (n.s.)
Mittelschule
weiblich
männlich
0.091 (n.s.)
-0.346 (*)
0.222 (n.s.) -0.304 (n.s.)
0.242 (n.s.) -0.612 (n.s.)
Berufsschule
weiblich
männlich
-0.102 (n.s.) -0.323 (***)
-0.424 (***)
-0.292 (***)
-0.386 (***) -0.174 (n.s.)
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Statistisch signifikante Zusammenhänge zur Einstellung zur Polizei finden sich bei
den einzelnen Delikten mit einer Ausnahme (männliche Mittelschüler, „Opfer Raub“)
nur bei den Berufsschülern. Die Zusammenhänge sind auch hier durchwegs negativ,
man muss aber auch hier in Erinnerung behalten, dass damit noch nichts über die
kausale Richtung des Zusammenhangs ausgesagt ist. Ob Schüler mit Opfererfahrungen tatsächlich deshalb eine schlechtere Einstellung zur Polizei haben oder aus
anderen Gründen, kann erste eine multivariate Analyse zeigen.
41
4.7.2 Wahrnehmung der Kriminalitätsprävention der Polizei
Abbildung 14: Wahrnehmung der Kriminalitätsprävention der Polizei
100
88.0
86.5
83.2
79.1
80
82.0
75.0
74.2
70.8
Anteil in %
68.9
65.3
63.6
60
57.2
54.8
20.9
20
12.0
13.5
25.0
34.7
44.3
42.8
31.1
29.2
25.8
58.6
55.7
50.7
49.3
45.2
36.4
40
66.5
64.6
35.4
41.4
33.5
18.0
16.8
weiblich
männlich
Volksschule
weiblich
männlich
weiblich
Mittelschule
Nachtruhe einhalten
Verhindern
Drogenhandel
Allgemeine
Kriminalitätsprävention
Nachtruhe einhalten
Verhindern
Drogenhandel
Allgemeine
Kriminalitätsprävention
Nachtruhe einhalten
Verhindern
Drogenhandel
Allgemeine
Kriminalitätsprävention
Nachtruhe einhalten
Verhindern
Drogenhandel
Allgemeine
Kriminalitätsprävention
Nachtruhe einhalten
Verhindern
Drogenhandel
Allgemeine
Kriminalitätsprävention
Nachtruhe einhalten
Verhindern
Drogenhandel
Allgemeine
Kriminalitätsprävention
0
männlich
Berufsschule
Schultyp und Geschlecht
Schlecht
Gut
Abbildung 14 zeigt die Einschätzung der Kriminalitätsprävention der Polizei durch die
befragten Jugendlichen auf. Während die Volksschüler der Polizei noch in allen bereichen eine gute Note ausstellen, sind die Mittelschüler und vor allem den Berufsschüler kritischer. So geben sogar 50.7% der männlichen Berufsschüler an, die Polizei leiste eine schlechte Arbeit beim verhindern des Drogenhandels. Auch bei den
männlichen Mittelschülern ist dies die Kategorie, die am kritischsten bewertet wird.
Tabelle 27: Zusammenhänge Einschätzung der Kriminalitätsprävention der Polizei und der
Einstellung zur Polizei; nach Schultyp und Geschlecht
Kriminalitätsprävention
allgemein
Prävention Drogenverkauf
Gewährleistung Nachtruhe
Volksschule
weiblich
männlich
0.669 (***) 0.767 (***)
Mittelschule
weiblich
männlich
0.648 (***) 0.543 (***)
Berufsschule
weiblich
männlich
0.715 (***) 0.597 (***)
0.568 (***)
0.418 (**)
0.515 (***)
0.486 (**)
0.653 (***)
0.536 (***)
0.708 (***)
0.694 (***)
0.351 (**)
0.505 (***)
0.516 (***)
0.512 (***)
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Wie in Tabelle 27 ersichtlich, steht eine positive Einschätzung der Kriminalitätsprävention in einem positiven Zusammenhang mit der Einstellung zur Polizei. Wer mit
42
der Kriminalitätsprävention zufrieden ist, hat auch eine positive Einstellung zur Polizei. Dies gilt für alle Geschlechter und Schultypen.
4.8 Zufriedenheit mit dem Auftreten der Polizei
Abbildung 15: Zufriedenheit mit Auftreten der Polizei an der Schule
100%
3.0
4.8
18.7
17.6
80%
3.9
4.1
34.1
33.0
2.7
3.8
23.3
29.5
10.0
36.7
Anteil in %
60%
29.6
13.0
12.4
13.4
30.4
40%
25.7
33.1
37.8
34.5
28.6
13.6
20%
11.0
7.2
7.8
0%
7.7
5.2
männlich
weiblich
5.2
weiblich
Volksschule
10.2
9.1
18.8
13.8
6.8
männlich
weiblich
Mittelschule
männlich
Berufsschule
Schultyp und Geschlecht
Gar nicht zufrieden
Eher nicht zufrieden
Eher zufrieden
Sehr zufrieden
Weiss nicht
Möchte nicht antworten
43
Abbildung 16: Zufriedenheit mit Auftreten der Polizei draussen, auf der Strasse
100%
2.7
4.5
13.4
10.0
2.6
15.5
3.7
2.6
2.4
8.7
8.7
7.8
7.3
80%
11.1
13.2
10.3
33.1
34.9
33.1
39.0
Anteil in %
60%
47.4
54.3
40%
23.2
37.1
36.3
24.8
20%
20.2
8.1
12.5
7.2
4.7
männlich
weiblich
8.9
0%
3.8
weiblich
Volksschule
22.4
16.5
8.0
männlich
weiblich
Mittelschule
männlich
Berufsschule
Schultyp und Geschlecht
Gar nicht zufrieden
Eher nicht zufrieden
Eher zufrieden
Sehr zufrieden
Weiss nicht
Möchte nicht antworten
Abbildung 15 und Abbildung 16 zeigen die Zufriedenheit der Schüler mit dem Auftreten der Polizei in den beiden Bereichen Schule und auf der Strasse. Da bei dieser
Frage ein hoher Anteil „Weiss nicht“ und „Möchte nicht antworten“ geantwortet wurde, wurden diese Kategorien in der Auswertung berücksichtigt. Gerade beim Auftreten an der Schule haben bis zu einem Drittel der Schüler keine Meinung angegeben
(34.1% „weiss nicht“ bei den weiblichen Mittelschülern). Dies deutet darauf hin, dass
sie diesen Kontakt noch nicht oft oder gar nicht erlebt haben. Grundsätzlich wurde
der Kontakt aber meistens als positiv empfunden, was sich auch in Tabelle 28 zeigt.
Den höchsten Anteil an „unzufrieden“ haben beim Auftreten der Polizei an der Schule die männlichen Berufsschüler mit totalen 32.4 %. Beim Auftreten an der Schule ist
dieser Anteil höher (auch wieder bei den männlichen Berufsschülern) mit 45.6%.
Auch beim Auftreten der Polizei bei sich zu Hause geben viele Schüler keine Meinung an, am kritischsten sind auch hier wieder die männlichen Berufsschüler mit
totalen 31.8% „unzufrieden“. Der grösste Anteil mit „zufriedenen“ Schülern findet sich
im Gegensatz dazu bei den weiblichen Berufsschülerinnen mit totalen 50.5%.
44
Tabelle 28: Zusammenhänge zwischen Zufriedenheit mit Auftreten der Polizei und Einstellung
zur Polizei; nach Schultyp und Geschlecht
Auftreten in der Schule
Auftreten auf der Strasse
Auftreten zu Hause
Volksschule
weiblich
männlich
0.376 (**)
0.554 (***)
0.565 (***) 0.757 (***)
0.194 (n.s.) 0.436 (***)
Mittelschule
weiblich
männlich
0.427 (**)
0.377 (**)
0.691 (***) 0.601 (***)
0.474 (**)
0.297 (*)
Berufsschule
weiblich
männlich
0.365 (***) 0.537 (***)
0.733 (***) 0.741 (***)
0.436 (***) 0.516 (***)
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Ähnlich wie beim Zusammenhang zwischen Einstellung zur Polizei und Einschätzung der Kriminalitätsprävention der Polizei (Kapitel 4.7.2 und Tabelle 27) finden
sich auch beim Zusammenhang zwischen Einstellung der Polizei und Zufriedenheit
mit dem Auftreten der Polizei (egal ob in der Schule, auf der Strasse oder zu Hause)
ein positiver Zusammenhang. Wer eine gute Einstellung zur Polizei hat, ist auch mit
dem Auftreten der Polizei zufrieden und umgekehrt.
4.8.1 Eigener Kontakt zur Polizei
Es ist zu erwarten, dass Schüler, welche den bisherigen eigenen Kontakt zur Polizei
als eher negativ empfunden haben, auch bei ihrer Einschätzung der Polizei (Stereotypen) negativer urteilen werden.
Abbildung 17, Abbildung 18 und Abbildung 19 zeigen die bisherigen Erfahrungen der
befragten Schüler im Überblick, inklusive der Kategorien „Noch nie passiert“ und
„Möchte nicht antworten“. Dabei stechen einige Dinge ins Auge:
•
Mit zwei Ausnahmen (Volks- und Berufsschüler: Polizist kam zur Schule) gaben alle Gruppen an, aus den angegebenen Gründen noch gar nie in Kontakt
zur Polizei gestanden zu haben.
•
Mittelschüler scheinen am wenigsten Kontakt zur Polizei in der Schule zu haben (fast 40% geben an, noch nie einen Polizisten in der Schule zu Besuch
gehabt zu haben). Volksschüler haben am meisten Kontakt zur Polizei in der
Schule, werden aber selten von einem Polizisten auf der Strasse angehalten,
haben dafür aber am meisten Kontakt zur Polizei in der Schule.
45
Abbildung 17: Bisheriger Kontakt zur Polizei allgemein; Volksschüler
100
90
80
72
Anteil in %
70
69
66
Noch nie passiert
Sehr schlecht
Schlecht
Gut
Sehr gut
Möchte nicht antworten
60
52
50
43
40
30
30
21
18
20
14
10
4 3 5 4
5 4
3 2
Wurde Opfer eines
Verbrechens
Selber etwas
Verbotenes
gemacht
12
11
3
1 2
6
10
8
12
4
11
1
3
0
Wollte Polizisten
etwas fragen
Wurde von einem
Polizisten auf der
Strasse angehalten
Polizist kam zur
Schule
Grund für Kontakt zur Polizei
Abbildung 18: Bisheriger Kontakt zur Polizei allgemein; Mittelschüler
100
90
80
Anteil in %
70
71
70
Noch nie passiert
Sehr schlecht
Schlecht
Gut
Sehr gut
Möchte nicht antworten
60
53
51
50
38
40
33
30
27
20
16
10
10
6
3
10
4
6
6
6
8
6
1
18
11 11
6 6
2
7
5
1
2
4
0
Wurde Opfer eines
Verbrechens
Selber etwas
Verbotenes
gemacht
Wollte Polizisten
etwas fragen
Wurde von einem
Polizisten auf der
Strasse angehalten
Polizist kam zur
Schule
Grund für Kontakt zur Polizei
46
Abbildung 19: Bisheriger Kontakt zur Polizei; Berufsschüler
100
90
80
70
Anteil in %
60
60
50
44
44
40
37
30
27
22
20
10
Noch nie passiert
Sehr schlecht
Schlecht
Gut
Sehr gut
Möchte nicht antworten
54
23
20
15
10
10 10
5
10
10
9
3
2
9
8 9
9
4
12 11
8
7
4
3
0
Wurde Opfer eines
Verbrechens
Selber etwas
Verbotenes
gemacht
Wollte Polizisten
etwas fragen
Wurde von einem
Polizisten auf der
Strasse angehalten
Polizist kam zur
Schule
Grund für Kontakt zur Polizei
Abbildung 20, Abbildung 21 und Abbildung 22 zeigen die Verteilung der Antworten
nach Gruppe für die Schüler, welche sich überhaupt zum Kontakt zur Polizei äusserten (also ohne diejenigen, welche angaben, noch nie Kontakt zur Polizei gehabt zu
haben und ohne diejenigen, welche die Frage nicht beantworten wollten). Dabei ist
Folgendes bemerkenswert:
•
Der Kontakt zur Polizei wurde von allen drei Gruppen am häufigsten als „gut“
bezeichnet, wenn er erfolgte, weil die Schüler den Polizisten etwas fragen
wollten oder weil dieser in die Schule kam.
•
Nur die Volksschüler beurteilten den Kontakt zur Polizei in diesen beiden Situationen in ähnlichem Masse als „sehr gut“. Bei den Mittelschülern wurde nur
der Kontakt zur Polizei in der Schule zu über 20% als „sehr gut“ beurteilt, bei
den Berufsschülern wurde dieser Wert nie erreicht.
•
Die Volksschüler sind aber auch die einzige Gruppe, welche den Kontakt zur
Polizei in einer bestimmten Situation überwiegend als „sehr schlecht“ beurteilen: Wenn sie selber etwas Verbotenes gemacht hatten. Dies kann ev. bedeuten, dass von ihnen der Kontakt als am unangenehmsten empfunden wurde
47
(im Vergleich zu den beiden älteren Gruppen). Wieso der Kontakt als so negativ empfunden wurde, wird weiter unten untersucht.
Ebenso empfanden die Volksschüler den Kontakt zur Polizei als Opfer eines
•
Verbrechens durchwegs als negativer als die Mittel- und Berufsschüler.
Abbildung 20: Bisheriger Kontakt zur Polizei nach Grund des Zusammentreffens; Volksschüler
(nur Schüler mit Kontakt zur Polizei)
100
90
80
Anteil in %
70
60
57
56
50
39
40
35
34
31
30
27
23
20
39
Sehr schlecht
Schlecht
Gut
Sehr gut
29
27
24
19
17
14
14
10
4
6
1
4
0
Wurde Opfer eines
Verbrechens
Selber etwas
Verbotenes gemacht
Wollte Polizisten
etwas fragen
Wurde von einem
Polizisten auf der
Strasse angehalten
Polizist kam zur
Schule
Grund für Kontakt zur Polizei
48
Abbildung 21: Bisheriger Kontakt zur Polizei nach Grund des Zusammentreffens; Mittelschüler
(nur Schüler mit Kontakt zur Polizei)
100
90
80
70
65
Anteil in %
62
60
50
44
44
41
40
40
30
27
Sehr schlecht
Schlecht
Gut
Sehr gut
28
26
22
20
18
16
13
15
10
6
13
8
5
3
5
0
Wurde Opfer eines
Verbrechens
Selber etwas
Verbotenes gemacht
Wollte Polizisten
etwas fragen
Wurde von einem
Polizisten auf der
Strasse angehalten
Polizist kam zur
Schule
Grund für Kontakt zur Polizei
Abbildung 22: Bisheriger Kontakt zur Polizei nach Grund des Zusammentreffens; Berufsschüler (nur Schüler mit Kontakt zur Polizei)
100
90
80
Anteil in %
70
67
60
56
Sehr schlecht
Schlecht
Gut
Sehr gut
50
42
40
36
28
30
20
41
35 36
25
19
18
11
10
5
18
18
16
11
8
7
5
0
Wurde Opfer eines
Verbrechens
Selber etwas
Verbotenes gemacht
Wollte Polizisten
etwas fragen
Wurde von einem
Polizisten auf der
Strasse angehalten
Polizist kam zur
Schule
Grund für Kontakt zur Polizei
49
Tabelle 29: Gründe für Kontakt zur Polizei; nach Schultyp und Geschlecht
Kontakt als Opfer
Kontakt als Täter
Kontakt als Polizisten etwas
fragen wollte
Kontakt als auf Strasse angehalten
Kontakt als Polizist in Schule
kam
Volksschule
weiblich männlich
13.1
18.0
9.4
18.0
33.9
39.7
Mittelschule
weiblich männlich
17.8
29.7
15.7
30.1
39
47.9
Berufsschule
weiblich männlich
22.6
31.2
20.8
45.5
42.7
45.2
15.1
24.6
32.2
48.4
40.6
61.6
75.3
86.5
47.9
53.0
61.1
60.3
Tabelle 30: Zusammenhänge zwischen Kontaktart mit Polizei und Einstellung zur Polizei; nach
Schultyp und Geschlecht
Volksschule
Kontakt als Opfer
Kontakt als Täter
Kontakt als Polizisten
etwas fragen wollte
Kontakt als auf Strasse angehalten
Kontakt als Polizist in
Schule kam
Mittelschule
Berufsschule
weiblich
-0.359 (n.s.)
-0.444 (*)
0.470 (n.s.)
männlich
-0.338 (*)
-0.514 (***)
-0.094 (n.s.)
weiblich
0.014 (n.s.)
-0.503 (*)
0.166 (n.s.)
männlich
-0.309 (*)
-0.661 (***)
0.058 (n.s.)
weiblich
-0.443 (***)
-0.633 (***)
0.030 (n.s.)
männlich
-0.266 (***)
-0.539 (***)
-0.023 (n.s.)
-0.457 (*)
-0.410 (***)
-0.409 (*)
-0.393 (**)
-0.329 (***)
-0.422 (***)
0.218 (n.s.)
0.081 (n.s.)
0.008 (n.s.)
0.147 (n.s.)
0.140 (n.s.)
0.112 (n.s.)
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Wer mit der Polizei als Opfer oder Täter Kontakt hatte oder weil er von der Polizei
auf der Strasse angehalten wurde (egal aus welchem Grund), hat eher eine negative
Einstellung zur Polizei als Schüler, welche aus diesen Gründen noch keinen Kontakt
zur Polizei hatten. Bei den Gründen „Kontakt als ich Polizisten etwas fragen wollte“
und „Kontakt als Polizist in Schule kam“ finden sich keine statistisch signifikanten
Zusammenhänge zur Einstellung zur Polizei.
4.8.2 Wahrnehmung des Polizeikontaktes
Abbildung 23, Abbildung 24, Abbildung 25, Abbildung 26 und Abbildung 27 zeigen
die Einschätzung des Polizeikontaktes nach Grund des Kontaktes. Erfolgte der Kontakt als Täter oder Opfer, wurde der Kontakt eher negativ empfunden. Dies ist vor
allem beim Kontakt als Täter der Fall, wo bei allen Gruppen die negativen Bewertungen überwiegen. Der Kontakt als Opfer zeigt sich aber differenzierter: Gerade die
weiblichen Befragten geben jeweils als häufigste Kategorie „gut“ und kommen zusammen mit der Kategorie „sehr gut“ auf jeweils über 50%. Auch die männlichen
50
Jugendlichen urteilen hier positiv; einzig die männlichen Berufsschüler kommen mit
den beiden kombinierten negativen Urteilen auf total 57.9%.
Abbildung 23: Kontakt zu Polizei als Opfer; wie wurde Kontakt empfunden?
50.0
47.6
45.0
41.5
40.2
40.0
36.3
35.9
35.0
Anteil in Prozent
30.0
28.2
26.5
25.0
32.6
32.3
30.8
23.9
Sehr schlecht
Schlecht
Gut
Sehr gut
25.8
23.8
23.322.7
21.4
21.2
20.0
16.9
15.3
15.0
13.7
12.2
10.8
10.0
9.9
7.1
5.0
0.0
weiblich
männlich
weiblich
Volksschule
männlich
weiblich
Mittelschule
männlich
Berufsschule
Schultyp und Geschlecht
Abbildung 24: Kontakt zu Polizei als Täter; wie wurde Kontakt empfunden?
50.0
43.9
45.0
43.7
41.5
40.0
38.0
37.8
Anteil in Prozent
35.0
30.0
25.0
32.4
28.8
28.6
29.9
28.8
26.2
25.0
24.2
20.2
21.5
28.9
24.1
Sehr schlecht
Schlecht
Gut
Sehr gut
23.1
21.6
20.0
15.0
11.7
10.0
8.1
6.5
5.0
3.0
2.3
0.0
weiblich
männlich
Volksschule
weiblich
männlich
Mittelschule
weiblich
männlich
Berufsschule
Schultyp und Geschlecht
51
Abbildung 25: Wollte Polizisten etwas fragen; wie wurde Kontakt empfunden?
80.0
71.7
70.0
63.3
59.7
60.0
Anteil in Prozent
54.9
53.3
49.4
50.0
40.0
Sehr schlecht
Schlecht
Gut
Sehr gut
35.9
31.0
30.0
21.9
20.0
21.8
17.1
14.1
10.0
5.9
12.0
10.6
7.6
5.3
3.9
3.3
18.2
16.8
14.3
5.6
2.2
0.0
weiblich
männlich
weiblich
Volksschule
männlich
weiblich
Mittelschule
männlich
Berufsschule
Schultyp und Geschlecht
Abbildung 26: Wurde von Polizei auf Strasse angehalten; wie wurde Kontakt empfunden?
60.0
48.7
50.0
45.1
41.5
Anteil in %
40.0
40.640.6
39.5
38.1
37.7
35.7
36.6
Sehr schlecht
Schlecht
Gut
Sehr gut
31.4
30.0
25.9
20.0
20.0
19.0
14.8
16.0
15.7
12.6
12.1
10.0
7.9
7.6
6.2
3.9
2.8
0.0
weiblich
männlich
Volksschule
weiblich
männlich
Mittelschule
weiblich
männlich
Berufsschule
Schultyp und Geschlecht
52
Abbildung 27: Kontakt als Polizei in Schule kam; wie wurde Kontakt empfunden?
80.0
72.6
71.4
70.0
62.0
59.3
60.0
57.8
Anteil in Prozent
52.4
50.0
Sehr schlecht
Schlecht
Gut
Sehr gut
41.1
40.0
36.4
30.0
26.7
19.4
20.0
16.8
14.2
8.0
10.0
1.0
3.3
4.7
1.8
6.9
8.6
2.7
6.8
15.9
7.8
2.3
0.0
weiblich
männlich
weiblich
Volksschule
männlich
Mittelschule
weiblich
männlich
Berufsschule
Schultyp und Geschlecht
Bei den beiden Kontaktarten „Wollte Polizisten etwas fragen“ und „Kontakt als Polizei in Schule kam“ dominieren jeweils ganz klar die positiven Beurteilungen. Erfolgte
der Kontakt, weil der Schüler auf der Strasse angehalten wurde, zeigt sich wiederum
ein anderes Bild. Während bei den Volksschülern immer noch die positiven Bewertungen überwiegen, sind die älteren Schüler kritischer. So urteilen ca. 56% - 57%
der männlichen Mittelschüler und alle Berufsschüler negativ über den Kontakt auf
der Strasse. Der Grund hierfür dürfte aber im Anlass für den Kontakt selbst liegen:
Wurde der Schüler auf der Strasse von der Polizei angehalten, dürfte es sich höchst
wahrscheinlich um eine Kontrolle gehandelt haben, oder aber der Schüler hatte ein
(Strassenverkehrs-)Delikt begangen.
53
4.8.3 Gründe für Polizeikontakt als Täter
Tabelle 31: Gründe für Polizeikontakt als Täter (in %, Mehrfachnennungen möglich)
Schwarzfahren
Ladendiebstahl
Körperverletzung
Sachbeschädigung
Verkehrsdelikt
(weiche oder harte) Drogen verkauft
Diebstahl von Velo, Mofa oder Roller
Einbruch
Diverses (Restkategorie)
Konsum von Marihuana
Nichts, unschuldig
Raub
Verbotene Waffe getragen
Sexualdelikt
Alkoholkonsum als Minderjährige(r)
Ruhestörung
"Rumhängen"
Gefälschter Ausweis verwendet oder
Ausweis jemand anderem gegeben
Demonstration
Anbau von Marihuana
Volksschule
weiblich männlich
4.8
13.5
8.3
17.2
2.4
16.6
7.1
18.4
7.1
9.8
2.4
4.9
2.4
8.0
6.1
1.2
4.9
21.4
2.4
2.4
1.2
8.0
4.3
9.2
4.3
1.2
1.8
Mittelschule
weiblich männlich
30.6
17.9
13.9
14.9
4.5
2.8
10.4
11.1
9.0
8.3
17.5
2.8
6.0
5.6
5.6
2.8
13.9
8.3
3.0
7.5
3.0
1.5
3.0
3.0
1.5
1.5
1.5
1.5
Berufsschule
weiblich männlich
26.0
23.2
23.1
17.4
12.7
25.7
11.6
27.0
12.1
12.1
11.1
16.4
6.9
14.1
4.0
7.3
9.8
6.8
3.5
5.0
2.3
1.8
4.0
9.3
3.5
13.1
0.6
2.0
2.3
0.5
3.5
1.5
2.9
0.8
0.6
1.0
0.6
0.5
0.3
In Tabelle 31 sind die angegebenen Gründe für einen Polizeikontakt als Täter angegeben ersichtlich. Zu beachten ist, dass hierzu nur Schüler gefragt wurden, welche
angaben, Kontakt zur Polizei als Täter gehabt zu haben. Zudem sollten diese Häufigkeiten auf Grund der geringen Fallzahl nicht überinterpretiert werden, sondern
eher zur Illustration der potentiellen Unterschiede zwischen den verschiedenen
Gruppen dienen. Je nach Schultyp und Geschlecht finden sich denn auch grosse
Unterschiede bei den angegebenen Gründen. Bei den weiblichen Volksschülerinnen
dominiert die Kategorie „nichts, unschuldig“ mit 21.4%. Ladendiebstahl, Sachbeschädigung und Verkehrsdelikt sind weitere häufige Delikte. Bei den männlichen
Volksschülern geben nur noch 8% an, sie seien unschuldig gewesen. Die häufigsten
Delikte sind hier Sachbeschädigung (18.4%), Ladendiebstahl (17.2%) und Körperverletzung (16.6%).
Bei den weiblichen Mittelschülerinnen ist Schwarzfahren (30.9%), zusammen mit
Ladendiebstahl und Alkoholkonsum als Minderjährige (jeweils 13.9%) der häufigste
Grund für den Polizeikontakt. Bei den männlichen Mittelschülern dominiert ebenfalls
das Schwarzfahren (17.9%), wenn auch nicht im gleichen Ausmass wie bei den
54
weiblichen Altersgenossen. Weitere Gründe sind Drogenverkauf (17.5%) und ebenfalls Ladendiebstahl (14.9%). Bei den Berufsschülerinnen sind Schwarzfahren (26%)
und Ladendiebstahl (23.1%) die häufigsten Gründe für einen Polizeikontakt. Im Gegensatz zu den Mittelschülerinnen folgt auf dem dritten Platz hier aber die Körperverletzung mit 12.7% (noch häufiger als Schwarzfahren mit 12.1%). Bei den männlichen
Berufsschülern ist die Sachbeschädigung (27%) der häufigste Grund, gefolgt von
Körperverletzung (25.7%) und Schwarzfahren (23.2%).
4.8.4 Konsequenzen von Polizeikontakt als Täter
Tabelle 32: Konsequenzen von Polizeikontakt als Täter (in %; Mehrfachnennungen möglich)
Keine Folgen
Musste auf den Polizeiposten
mitkommen
Wurde verhaftet
Musste vor den Jugendanwalt
Musste vor das Jugendgericht
Volksschule
weiblich männlich
45.3
45.4
7.0
11.7
1.2
1.2
3.5
3.7
3.7
6.1
Mittelschule
weiblich männlich
51.4
52.9
24.3
22.1
5.4
5.4
5.4
11.8
7.4
4.4
Berufsschule
weiblich männlich
47.7
36.0
33.9
39.5
4.0
10.9
4.0
18.1
26.2
12.1
Tabelle 32 und Tabelle 33 zeigen die Konsequenzen des Polizeikontaktes als Täter.
In Tabelle 32 sind ebenfalls wieder Mehrfachnennungen möglich. Bei den Volksschülern beider Geschlechter dominiert die Kategorie „keine Folgen“. Am häufigsten
mussten die Schüler noch auf den Polizeiposten mitgehen, eine Verhaftung oder ein
Verfahren blieben die Ausnahme. Bei den Mittelschülern gaben ebenfalls jeweils
über 50% an, der Polizeikontakt sei ohne Folgen geblieben. Allerdings musste hier
bereits jede vierte bis fünfte Person auf den Polizeiposten mitkommen. Bei den Berufsschülerinnen blieben immer noch knapp 50% der Polizeikontakte ohne Folgen,
ein Drittel der Fälle führte dazu, dass die Schülerinnen auf den Polizeiposten mitkommen mussten. Bei den männlichen Berufsschülern mussten bereits knapp 40%
einmal mit auf den Polizeiposten kommen und über ein Viertel musste schon einmal
vor den Jugendanwalt. Auch hier blieb aber noch über ein Drittel aller Polizeikontakte ohne Folgen. Allgemein erhält man den Eindruck, dass männliche Jugendlich eher
härtere Folgen angegeben haben, dies dürfte jedoch auch daran liegen, dass diese
Gruppe eher schwerwiegendere Delikte begeht (siehe auch Tabelle 23 und Tabelle
31).
55
Tabelle 33: Urteil, falls Schüler vor Jugendanwalt/Jugendgericht kam (in %)
Ich erhielt keine Strafe
Ich erhielt nur eine bedingte Strafe
Ich wurde bei einer Familie untergebracht
Ich wurde in einem Heim untergebracht
Ich erhielt einen Verweis
Ich musste eine persönliche, unbezahlte
(Arbeits-)Leistung erbringen
Ich musste eine Busse bezahlen
Ich erhielt eine unbedingte Freiheitsstrafe
Weiss nicht
Möchte nicht antworten
Volksschule
weiblich männlich
23.3
16.2
2.3
4.1
1.4
1.4
Mittelschule
weiblich männlich
10.0
5.3
5.3
1.4
2.3
2.3
44.2
25.6
8.1
5.4
28.4
33.8
40.0
20.0
30.0
15.8
5.3
31.6
36.8
Berufsschule
weiblich männlich
16.0
13.1
6.0
7.7
2.0
1.6
4.0
2.2
3.3
8.0
23.0
32.0
2.0
24.0
6.0
26.2
2.7
6.0
14.2
Tabelle 33 zeigt, dass von den Schülerinnen der 5. Schulstufe, welche vor einen Jugendanwalt oder vor ein Jugendgericht kamen, immer noch beinahe ein Drittel straffrei ausging. Als Strafe wurden nur die bedingte Strafe, die Busse und die unbedingte Freiheitsstrafe angegeben. Bei den männlichen Volksschülern finden sich auch
einige wenige Fälle, in denen andere Strafen ausgesprochen wurden. Busse, unbedingte Freiheitsstrafe und bedingte Strafe sind aber auch hier am häufigsten genannt. Bei den Mittelschülerinnen gaben 40% an, eine Busse bezahlt haben zu müssen, zehn Prozent erhielten keine Strafe, der Rest machte keine Angaben. Auch bei
den Mittelschülern ist die Busse die häufigste Strafe. Dies gilt auch für die Berufsschüler (weiblich und männlich), wobei doch fast ein Drittel der Berufsschülerinnen
einmal eine Busse bezahlen mussten. Bei den Berufsschülern geben dies noch
26.2% an, gefolgt von 23%, welche eine persönliche (Arbeits-)Leistung erbringen
mussten.
56
4.9 Fehlverhalten der Polizei (gesehen oder gehört)
Die befragten Jugendlichen wurden gefragt, ob sie schon einmal einen Polizisten bei
einem Fehlverhalten beobachtet oder in ihrem Bekanntenkreis schon einmal von
einem solchen Vorfall gehört haben. Tabelle 34 zeigt die Häufigkeiten davon.
Im Bekanntenkreis von einem Polizisten gehört, der…
Selber einen Polizisten gesehen, der…
Tabelle 34: Fehlverhalten eines Polizisten (gesehen oder davon gehört), in %
jemanden unhöflich/unanständig behandelt
seine nötigen Pflichten nicht
wahrnimmt
jemanden während Verhaftung
ungerecht behandelt
in einem Streit zwischen zwei
Bürgern Partei ergreift
ein Fehlverhalten eines anderen Polizisten deckt
jemanden während Verhaftung
körperlich misshandelt
jemanden unhöflich/unanständig behandelt
seine nötigen Pflichten nicht
wahrnimmt
in einem Streit zwischen zwei
Bürgern Partei ergreift
jemanden während Verhaftung
ungerecht behandelt
ein Fehlverhalten eines anderen Polizisten deckt
jemanden während Verhaftung
körperlich misshandelt
Volksschule
weiblich männlich
12.5
22.3
Mittelschule
weiblich männlich
53.2
59.7
Berufsschule
weiblich männlich
47.1
64.9
8.9
12.7
26.2
41.0
25.0
36.9
7.3
13.4
18.2
37.0
22.8
38.3
12.3
22.3
20.9
26.7
20.7
33.0
7.5
12.0
10.5
29.2
15.8
34.2
3.7
7.4
6.1
21.4
9.8
21.8
11.3
17.1
57.0
60.8
49.4
59.8
9.0
11.8
39.0
47.9
31.8
40.5
10.6
18.7
28.3
34.3
25.2
35.2
6.1
9.7
25.2
43.3
27.4
40.4
7.4
11.3
22.7
30.0
17.7
35.8
3.2
6.8
11.7
30.4
16.4
25.9
Wenig überraschend sind die Anteile derjenigen Schüler, welche schon einmal ein
Fehlverhalten eines Polizisten gesehen oder davon gehört haben, bei den Mittelund Berufsschülern höher. Wegen ihrem höheren Alter haben diese sicher auch
schon mehr Möglichkeiten gehabt, überhaupt mit der Polizei in Kontakt zu kommen
oder von einem solchen Vorfall aus dem Bekanntenkreis zu erfahren. Weiter fällt auf,
dass bei jeder Art von Fehlverhalten die männlichen Befragten häufiger angeben,
dies schon einmal selbst gesehen oder davon gehört zu haben.
Sowohl bei den selbst erlebten als auch bei den „gehörten“ Fällen von Fehlverhalten
ist der Polizist, der jemanden unhöflich oder unanständig behandelt, der häufigste
Fall, gefolgt von einem Polizisten, der seine nötigen Pflichten nicht wahrnimmt. Dass
der Fall, in dem man selbst gesehen hat, ein Polizist jemand anderen während einer
57
Verhaftung ungerecht behandelt hat, häufiger bei den Schülern im 10. Schuljahr als
denjenigen im 5. Schuljahr vorkommt, dürfte wohl daran liegen, dass die Jugendlichen im 5. Schuljahr selber noch selten Zeuge einer Verhaftung wurden. Gleiches
gilt für „jemanden während einer Verhaftung körperlich misshandelt“. Der Polizist,
der einen Kollegen deckt, ist zwar der zweit-seltenste Fall, aber trotzdem geben
noch rund ein Drittel der männlichen Jugendlichen im 10. Schuljahr an, dies schon
einmal selber gesehen oder davon gehört zu haben.
Im Bekanntenkreis von einem Polizisten
gehört, der…
Selber einen Polizisten gesehen, der…
Tabelle 35: Zusammenhänge zwischen selbst erlebtem und gehörtem Fehlverhalten eines Polizisten und der Einstellung zur Polizei; nach Schultyp und Geschlecht
jemanden unhöflich/unanständig behandelt
jemanden während Verhaftung ungerecht behandelt
jemanden während Verhaftung körperlich misshandelt
ein Fehlverhalten eines
anderen Polizisten deckt
in einem Streit zwischen
zwei Bürgern Partei
ergreift
seine nötigen Pflichten
nicht wahrnimmt
jemanden unhöflich/unanständig behandelt
jemanden während Verhaftung ungerecht behandelt
jemanden während Verhaftung körperlich misshandelt
ein Fehlverhalten eines
anderen Polizisten deckt
in einem Streit zwischen
zwei Bürgern Partei
ergreift
seine nötigen Pflichten
nicht wahrnimmt
Volksschule
weiblich
männlich
-0.801 (***) -0.671 (***)
Mittelschule
weiblich
männlich
-0.595 (***) -0.822 (***)
Berufsschule
weiblich
männlich
-0.666 (***) -0.773 (***)
-0.635 (**)
-0.586 (***)
-0.488 (*)
-0.840 (***)
-0.717 (***)
-0.698 (***)
-0.753 (**)
-0.634 (***)
-0.367 (n.s.)
-0.775 (***)
-0.788 (***)
-0.617 (***)
-0.809 (***)
-0.532 (***)
-0.517 (*)
-0.804 (***)
-0.749 (***)
-0.607 (***)
-0.421 (*)
-0.348 (**)
-0.267 (n.s.)
-0.557 (***)
-0.426 (***)
-0.333 (***)
-0.656 (***)
-0.530 (***)
-0.624 (***)
-0.666 (***)
-0.567 (***)
-0.672 (***)
-0.704 (***)
-0.560 (***)
-0.629 (***)
-0.652 (***)
-0.535 (***)
-0.572 (***)
-0.548 (*)
-0.664 (***)
-0.712 (***)
-0.716 (***)
-0.613 (***)
-0.643 (***)
-0.876 (***)
-0.673 (***)
-0.498 (*)
-0.741 (***)
-0.737 (***)
-0.551 (***)
-0.769 (***)
-0.409 (*)
-0.477 (**)
-0.761 (***)
-0.710 (***)
-0.550 (***)
-0.475 (*)
-0.120 (n.s.)
-0.247 (n.s.)
-0.611 (***)
-0.480 (***)
-0.329 (***)
-0.659 (***)
-0.562 (***)
-0.602 (***)
-0.493 (***)
-0.522 (***)
-0.580 (***)
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Das selbst erfahrene oder gehörte Fehlverhalten eines Polizisten hat einen durchwegs stark negativen und bei fast allen Gruppen statistisch signifikanten Zusam58
menhang mit der Einstellung zur Polizei. Wer selbst einmal ein Fehlverhalten der
Polizei gesehen hat oder im Bekanntenkreis davon gehört hat, hat unweigerlich eine
schlechtere Einstellung zur Polizei als wer noch nie etwas von einem solchen Vorfall
gesehen oder gehört hat. Solches Fehlverhalten steht häufig sogar in einem stärkeren negativen Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei als eigene Täter- oder Opfererfahrungen.
4.10 Unsicherheitsgefühl
Tabelle 36 zeigt auf, in welchen Situationen sich die befragten Schüler wie unsicher
fühlen. Es wurde gefragt, wie häufig sich die Schüler in den Situationen unwohl oder
bedroht fühlen, wenn sie ohne Begleitung unterwegs sind.
•
In der Schule ist bei allen Gruppen das Unsicherheitsgefühl gering. Männliche
Volksschüler fühlen sich in der Umgebung der Schule (auf dem Pausenplatz)
am unsichersten, jedoch geben gerade einmal 15.4% an, sich dort manchmal
unsicher zu fühlen. Vermutlich handelt es sich dabei um Schüler, die gelegentlich von anderen schikaniert oder misshandelt werden. Da das Schulhaus
kein Ort ist, an dem man sich freiwillig aufhält oder den man auch meiden
könnte, ist ein Anteil von 15%, die sich dort unsicher fühlen, alles andere als
eine Bagatelle.
•
Auch zu Hause in der Wohnung fühlen sich die befragten Jugendlichen sicher.
•
Allgemein gilt: Männliche Jugendliche fühlen sich häufiger sicher als weibliche, unabhängig vom Geschlecht fühlen sich die Schüler am Abend unsicherer als tagsüber.
•
Tagsüber im Quartier geben maximal 11.3% der Schüler (männliche Volksschüler) an, sich manchmal, oft oder immer unsicher zu fühlen. Spätabends/nachts sieht es anders aus: Über die Hälfte (53.4%) der Berufsschülerinnen geben an, sich dann im Quartier manchmal, immer oder gar oft unsicher zu fühlen. Tagsüber sind es gerade mal 5.1%. Auch bei den Mittelschülerinnen liegt der Wert beinahe bei 50%.
•
Während weibliche Schülerinnen mit steigendem Alter im eigenen Quartier
am Abend ein erhöhtes Unsicherheitsgefühl entwickeln, nimmt dieses Gefühl
bei männlichen Schülern mit zunehmendem Alter ab.
59
Tabelle 36: Unsicherheitsgefühle, in %
Auf meinem Schulweg
Während des Unterrichts im Schulzimmer
In den Pausen auf
dem Pausenplatz
Auf der Schultoilette
Zu Hause in meiner
Wohnung
Tagsüber in meinem
Quartier
Spätabends/nachts in
meinem Quartier
Tagsüber an Tramoder Bushaltestelle
Spätabends/nachts an
Tram- oder Bushaltestellen
Tagsüber an Bahnhöfen
Spätabends/nachts an
Bahnhöfen
Tagsüber im Tram
oder Bus
Spätabends/nachts im
Tram oder Bus
Tagsüber im Zug
Spätabends/nachts im
Zug
Spätabends/nachts in
Wäldern oder Parks
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
manchmal
immer/oft
selten/nie
Volksschüler
Mittelschüler
Berufsschüler
weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich
85.3
87.3
91.5
92.1
90.5
92.6
12.6
11.6
8.5
7.0
8.6
5.6
2.1
1.1
0.9
0.9
1.8
92.5
91.4
98.7
95.4
96.3
94.4
6.0
5.8
1.3
2.8
2.6
3.1
1.5
2.7
1.9
1.1
2.5
86.9
81.6
98.3
95.8
96.3
91.3
11.2
15.4
0.9
3.7
3.2
6.7
2.0
3.0
0.9
0.5
5.0
2.0
89.4
91.3
97.9
97.2
96.9
95.0
9.1
7.2
1.3
0.9
2.3
3.1
1.5
1.5
0.9
1.9
0.9
1.9
85.1
88.7
93.2
95.8
89.6
95.6
11.9
8.1
6.0
3.2
9.2
2.5
3.0
3.2
0.9
0.9
1.2
1.9
90.6
88.6
97.0
95.3
95.0
93.8
8.5
9.5
3.0
4.7
4.2
4.4
0.8
1.8
0.7
1.8
57.0
66.9
50.8
75.3
46.6
78.7
34.3
28.3
41.1
19.1
38.9
15.8
8.7
4.8
8.1
5.6
14.5
5.5
77.7
84.9
89.3
92.1
83.2
89.5
20.3
13.5
10.3
6.9
15.0
8.4
2.0
1.6
0.4
0.9
1.8
2.2
47.2
63.2
17.4
46.0
18.7
58.5
38.4
30.9
67.2
45.1
59.0
36.2
14.3
5.9
15.3
8.8
22.3
5.4
81.0
89.3
91.5
92.6
86.4
89.7
17.7
9.4
7.7
7.4
12.4
8.1
1.4
1.3
0.9
1.2
2.1
42.9
55.8
13.2
34.4
13.8
45.2
35.0
33.3
61.7
51.6
52.7
44.8
22.1
10.9
25.1
14.0
33.5
10.0
83.8
90.1
95.7
94.9
89.5
92.7
15.2
8.5
3.4
4.7
9.3
5.0
0.9
1.4
0.9
0.5
1.1
2.3
51.5
67.5
26.0
55.6
27.7
67.0
34.2
28.6
63.4
38.4
55.5
28.6
14.4
3.9
10.6
6.0
16.8
4.4
83.3
91.9
94.8
97.2
90.5
93.8
16.1
6.9
4.7
2.3
8.3
4.5
0.6
1.2
0.4
0.5
1.3
1.7
49.6
62.2
19.2
54.9
19.2
59.3
36.8
32.3
65.0
39.4
60.2
34.4
13.6
5.5
15.8
5.6
20.6
6.3
38.1
47.4
12.8
43.0
12.3
46.1
manchmal
34.8
36.2
43.8
43.5
34.1
41.1
immer/oft
27.1
16.4
43.4
13.6
53.5
12.8
60
•
Abends an Tram- oder Bushaltestellen sieht es anders aus: Hier steigt auch
bei männlichen Jugendlichen das Unsicherheitsgefühl mit höherem Alter. Allerdings entwickeln auch hier die weiblichen Befragten ein stärkeres Unsicherheitsgefühl als die männlichen.
•
Interessanterweise fühlen sich die Jugendlichen an Bahnhöfen spätabends
unsicherer als an den Tram- oder Bushaltestellen, obwohl sich an Bahnhöfen
wohl eher mehr Personen aufhalten als an Tram- oder Bushaltestellen.
•
Zwischen dem Aufenthalt im Tram oder Bus und dem Aufenthalt im Zug finden sich – egal ob tagsüber oder abends/nachts – keine grösseren Unterschiede.
•
Auch nicht unbedingt überraschend geben die Schüler an, sich spätabends/nachts in Wäldern oder Parks am unsichersten zu fühlen. Ebenfalls
interessant ist, dass die Volksschülerinnen dabei seltener angeben, sich in
dieser Situation manchmal, immer oder oft unsicher zu fühlen als die älteren
Mittel- und Berufsschülerinnen. Hier nimmt die Unsicherheit also mit steigendem Alter zu.
Von den untersuchten Unsicherheitsgefühlen in Tabelle 37 stehen nur sehr wenige
in einem statistisch signifikanten Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei. Es fällt
zudem weiter auf, dass alle Unsicherheitssituationen mit statistischem Zusammenhang sich nicht etwa nachts abspielen, sondern durchwegs tagsüber und in Situationen, in welchem man keine hohe Unsicherheit erwarten würde. Tagsüber im Tram
oder Bus, auf der Schultoilette, in der eigenen Wohnung, während dem Unterricht im
Schulzimmer und tagsüber im Quartier – das scheinen keine objektiv unsichere Situationen zu sein – ausser bei Schüler(inne)n, die häufig von anderen „geplagt“ werden. Dieser Befund lässt sich wie folgt erklären: Nur bei denjenigen Personen, welche sich in objektiv sicheren Situationen trotzdem unsicher fühlen, ist dieses Gefühl
stark genug, um einen Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei zu entstehen zu
lassen. Nur bei sehr unsicheren Personen ist also die Einstellung zur Polizei auch
eher negativ. Wer sich z.B. spätabends an Tram- oder Bushaltestellen oder in Wäldern oder Parks unsicher fühlt, hat deswegen noch lange keine negative Einstellung
zur Polizei.
61
Tabelle 37: Zusammenhänge zwischen Unsicherheitsgefühlen und Einstellung zur Polizei;
nach Schultyp und Geschlecht
Volksschule
Unsicher auf Schulweg
Unsicher spätabends/nachts im Zug
Unsicher tagsüber an
Tram-/Bushaltestelle
Unsicher spätabends/nachts im
Quartier
Unsicher tagsüber im
Tram oder Bus
Unsicher auf der Schultoilette
Unsicher spätabends/nachts an
Bahnhöfen
Unsicher zu Hause in
meiner Wohnung
Unsicher spätabends/nachts im Tram
oder Bus
Unsicher tagsüber an
Bahnhöfen
Unsicher während Unterricht im Schulzimmer
Unsicher tagsüber in
meinem Quartier
Unsicher in Pausen auf
Pausenplatz
Unsicher spätabends/nachts an
Tram- oder Bushaltestellen
Unsicher tagsüber im
Zug
Unsicher spätabends/nachts in Wäldern/Parks
Mittelschule
weiblich
0.184 (n.s.)
0.151 (n.s.)
männlich
-0.644 (n.s.)
-0.170 (n.s.)
weiblich
-0.443 (n.s.)
-0.589 (n.s.)
-0.013 (n.s.)
0.049 (n.s.)
0.192 (n.s.)
-0.751 (*)
-0.581 (n.s.)
-0.570 (n.s.)
-0.716 (*)
-0.581 (n.s.)
-0.017 (n.s.)
-0.138 (n.s.)
0.252 (n.s.)
-0.219 (n.s.)
-0.543 (*)
-0.581 (n.s.)
0.186 (n.s.)
-0.078 (n.s.)
0.040 (n.s.)
-0.707 (n.s.)
-0.581 (n.s.)
0.189 (n.s.)
-0.370 (n.s.)
-0.676 (*)
-0.657 (n.s.)
-0.392 (n.s.)
-0.443 (n.s.)
-0.441 (n.s.)
-0.581 (n.s.)
0.036 (n.s.)
-0.120 (n.s.)
-0.128 (n.s.)
männlich
0.014 (n.s.)
-0.162 (n.s.)
weiblich
-0.479 (n.s.)
0.013 (n.s.)
männlich
-0.216 (n.s.)
-0.002 (n.s.)
0.014 (n.s.)
-0.483 (n.s.)
-0.216 (n.s.)
-0.511 (n.s.)
-0.082 (n.s.)
-0.047 (n.s.)
-0.258 (n.s.)
-0.255 (n.s.)
0.014 (n.s.)
-0.685 (n.s.)
-0.261 (n.s.)
-0.061 (n.s.)
0.109 (n.s.)
0.170 (n.s.)
-0.525 (n.s.)
-0.261 (n.s.)
0.029 (n.s.)
-0.122 (n.s.)
-0.231 (n.s.)
-0.465 (n.s.)
-0.497 (n.s.)
0.133 (n.s.)
0.320 (n.s.)
-0.766 (*)
-0.217 (n.s.)
-0.829 (*)
-0.216 (n.s.)
-0.435 (n.s.)
-0.386 (n.s.)
-0.750 (n.s.)
0.044 (n.s.)
Berufsschule
0.055 (n.s.)
0.110 (n.s.)
-0.075 (n.s.)
-0.361 (n.s.)
-0.320 (n.s.)
0.124 (n.s.)
0.231 (*)
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Im Gegenteil: Wer sich spätabends oder nachts in Wäldern oder Parks unsicher
fühlt, scheint sogar eher eine leicht positivere Einstellung zur Polizei zu haben als
wer sich dort nicht unsicher fühlt. Statistisch signifikant ist dieser Zusammenhang
allerdings nur bei den männlichen Berufsschülern.
62
4.11 Hypothetisches Anzeigeverhalten
Beim Anzeigeverhalten (Tabelle 38) zeigt sich, das alle befragten Schüler, egal welchen Geschlechts oder welcher Schulstufe, sowohl einen hypothetischen Raub als
auch eine Sexualstraftat zur Mehrheit anzeigen würden. Allgemein weisen die männlichen Schüler eine etwas tiefere Quote auf als die weiblichen, die älteren Schüler
eine etwas tiefere als die jüngeren und die Berufsschüler eine tiefere als die Mittelschüler. Zudem würde eine Sexualstraftat seltener angezeigt als ein Raub (eventuell
hängt dies damit zusammen, dass Straftaten, bei denen ein materieller Schaden
entstanden ist, häufiger angezeigt werden als solche ohne, und dass bei einem Sexualdelikt die Rolle des Opfers – zumindest in der Wahrnehmung der Befragten –
stärker hinterfragt wird als bei einem Raub (dazu Killias, 2002, 80 ff.). Interessant ist
auch, dass die männlichen Jugendlichen mit einer Ausnahme (Volksschüler, Sexualstraftat) eine höhere Rate bei „Möchte nicht antworten“ aufweisen. Im Übrigen liegen
die hypothetischen Anzeigeraten weit höher als die realen, wie sie für Jugendliche in
anderen Studien erhoben wurden (Killias et al. 2009).
Tabelle 38: Hypothetisches Anzeigeverhalten, in %
Raub
Würde nicht anzeigen
Würde anzeigen
Möchte nicht antworten
Sexualdelikt Würde nicht anzeigen
Volksschüler
Mittelschüler
Berufsschüler
weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich
7.9
9.8
9.7
13.4
12.8
23.9
86.0
82.1
86.9
78.7
83.9
69.5
6.2
8.0
3.4
7.9
3.4
6.6
6.4
9.5
9.0
12.1
12.7
23.9
Würde anzeigen
84.0
81.4
80.8
75.3
78.2
64.8
Möchte nicht antworten
9.6
9.2
10.3
12.6
9.1
11.3
Tabelle 39 zeigt die angegeben Gründe, weshalb die befragten Jugendlichen einen
hypothetischen Raub oder ein Sexualdelikt anzeigen würden oder wieso nicht. Folgende Punkte fallen auf:
•
Mittel- und Berufsschüler zeigen einen Raub häufiger an, damit die Täter bestraft werden als die Volksschüler. Bei den Volksschülern überwiegt dafür
„Damit die Täter mich nachher nicht erneut „dran nehmen“.
•
Der Grund „Damit das nicht jemand anderem passieren kann“ für eine Anzeige eines Raubes wurde von Schülerinnen häufiger gewählt als von Schülern.
•
„Weil man das so macht“ oder „Die Tat war schlimm für mich“ sind die am seltensten gewählten Kategorien.
63
•
Als Grund, auf eine Anzeige bei einem Raub zu verzichten, wird von Schüler
auffallend häufiger „Ich würde die Angelegenheit lieber selber regeln“ gewählt
als von Schülerinnen. Diese wiederum geben häufiger an, sie würden den
Fehler auch bei sich suchen oder dass sie Angst hätten, die Täter würden sie
dann erst recht „dran nehmen“.
•
Bei der Kategorie „Die Polizei könnte sowieso nichts tun“ finden sich für Raub
massive Unterschiede je nach Alter. 7% bei den Volksschülerinnen stehen
71.4% bei den Mittelschülerinnen gegenüber. Interessant auch, dass dieser
Grund bei den älteren Schülergruppen häufiger von Frauen als von Männern
angegeben wurden.
•
Bei einem Sexualdelikt wird als Grund für eine Anzeige von allen Gruppen
angegeben „Damit die Täter bestraft werden“.
•
„Damit das nicht jemand anderem passieren kann“ wird auch hier häufiger
von Schülerinnen als von Schülern als Grund angegeben.
•
„Die Tat war schlimm für mich“ wird bei einem Sexualdelikt häufiger angegeben als bei einem Raub. Dies gilt für alle Gruppen.
•
Die Gründe, ein Sexualdelikt nicht anzuzeigen, variieren je nach Geschlecht.
Alle männlichen Jugendlichen geben an, die Angelegenheit lieber selber zu
regeln. Bei den Volks- und den Berufsschülerinnen dominiert die Angst,
nochmals Opfer eines Sexualdeliktes zu werden, während die Mittelschülerinnen das Gefühl haben, die Polizei könne sowieso nichts tun.
•
Auch bei den Sexualdelikten ist der Anteil männlicher Jugendlicher, welche
aus Angst vor einem erneuten Delikt keine Anzeige erstatten würden, viel
kleiner als bei den weiblichen.
•
Positiv ist, dass die Antwort „Ich würde nicht mit der Polizei zu tun haben wollen“ nur relativ selten angegeben wird. Dies ist häufiger bei männlichen Jugendlichen und häufiger beim Raub der Fall als bei einem Sexualdelikt.
64
Tabelle 39: Gründe für (Nicht-) Anzeige bei Polizei, in %
Würde
Raub anzeigen
Würde
Raub nicht
anzeigen
Würde Sexualdelikt
anzeigen
Würde Sexualdelikt
nicht anzeigen
Damit ich meine Sachen
wiederbekomme
Damit die Täter bestraft werden
Damit die Täter mich nachher nicht erneut "dran nehmen"
Damit das nicht jemand anderem passieren kann
Weil man das so macht
Die Tat war schlimm für mich
Das wäre für mich nicht so
schlimm
Ich würde die Angelegenheit
lieber selber regeln
Die Polizei könnte sowieso
nichts tun
Ich würde nichts mit der Polizei zu tun haben wollen
Ich würde den Fehler auch
bei mir suchen
Ich hätte Angst, dass mich
die Täter dann erst recht
"dran nehmen"
Damit die Täter bestraft werden
Damit mir das die Täter
nachher nicht erneut antun
können
Damit das nicht jemand anderem passieren kann
Weil man das so macht
Die Tat war schlimm für mich
Das wäre für mich nicht so
schlimm
Ich würde die Angelegenheit
lieber selber regeln
Die Polizei könnte sowieso
nichts tun
Ich würde nichts mit der Polizei zu tun haben wollen
Ich würde den Fehler auch
bei mir suchen
Ich hätte Angst, dass mir das
die Täter erneut antun können
Volksschüler
weiblich männlich
72.8
82.1
Mittelschüler
Berufsschüler
weiblich männlich weiblich männlich
83.4
83.5
84.7
86.3
61.4
66.8
71.7
72.9
76.7
74.8
54.6
52.7
23.4
22.9
26.9
23.6
65.6
50.8
61.5
31.8
57.4
38.9
20.1
29.0
12.7
30.2
32.6
22.5
38.0
16.6
14.3
37.6
10.0
17.9
28.7
20.7
12.1
30.4
12.8
8.1
19.7
37.1
28.6
60.7
45.5
73.7
7.0
15.7
71.4
60.7
60.6
44.4
9.9
18.0
14.3
25.0
14.1
35.4
12.7
10.1
9.5
-
7.1
3.5
35.2
14.6
23.8
10.7
33.3
8.1
75.4
79.2
87.3
91.4
89.7
88.3
72.9
68.5
69.8
56.8
67.7
56.1
73.7
61.9
86.2
64.2
80.8
65.4
24.3
52.3
12.3
34.0
49.2
11.6
25.4
50.3
-
34.6
35.8
19.2
28.8
57.8
7.1
34.3
32.0
19.7
19.3
27.9
33.3
69.2
31.6
64.1
5.3
12.8
66.7
38.5
37.8
19.7
5.3
16.3
-
15.4
13.3
18.7
7.0
7.0
14.3
7.7
20.4
4.0
42.1
19.8
28.6
-
41.8
2.0
65
Tabelle 40: Zusammenhänge Anzeigeverhalten und Einstellung zur Polizei; nach Schultyp und
Geschlecht
Würde Raub anzeigen
Würde Körperverletzung anzeigen
Volksschule
weiblich
männlich
0.455 (n.s.) 0.629 (***)
0.274 (n.s.) 0.605 (***)
Mittelschule
weiblich
männlich
0.053 (n.s.) 0.735 (***)
0.092 (n.s.) 0.628 (***)
Berufsschule
weiblich
männlich
0.320 (**) 0.579 (***)
0.319 (**) 0.518 (***)
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Das Anzeigeverhalten (Tabelle 40) steht erwartungsgemäss bei allen Schultypen
und unabhängig vom Geschlecht in einem positiven Zusammenhang zur Einstellung
zur Polizei: Wer einen Raub oder eine Körperverletzung anzeigen würde, hat auch
eine positive Einstellung zur Polizei und umgekehrt. Dies überrascht insofern nicht,
als dass sich jemand mit einer negativen Einstellung zur Polizei wohl von einer Anzeige auch nicht sehr viel erhofft und deshalb eher darauf verzichtet.
5 Multivariate Analysen
In diesem Kapitel soll nun der Einfluss der vorher dargelegten Faktoren genauer untersucht werden. Mit Hilfe von multivariaten Analysen kann festgestellt werden, welcher Einfluss mit welchem anderen in Zusammenhang steht. Das heisst, so können
nicht nur zwei verschieden Variablen (Einstellung zur Polizei und z.B. Kontakt zur
Polizei als Täter), sondern mehrere Einflussfaktoren miteinander untersucht werden.
So wird ersichtlich, ob sich die Einflüsse mehrerer Variablen überlagern und welche
Variablen tatsächlich einen Einfluss ausüben. Die Auswahl der Variablen, welche in
diese Untersuchung einfliessen, basiert auf den untersuchten Einflussfaktoren in
Kapitel 4. Da multivariate Analysen empfindlich auf eine tiefe Fallzahl reagieren,
werden für die folgenden Analysen die Mittel- und Berufsschüler zu einer einzelnen
Kategorie (10. Schuljahr) kombiniert.
Der Einfachheit und der besseren Übersicht zuliebe werden im Folgenden nur diejenigen Faktoren in den Tabellen angegeben, welche bivariat einen statistisch signifikanten Einfluss auf die Einstellung zur Polizei aufweisen.
66
5.1 5. Schuljahr, Mädchen
Tabelle 41: Multivariate Analyse: Einflussfaktoren auf Einstellung zur Polizei bei Schülerinnen
im 5. Schuljahr
OR
Zufrieden mit Kriminalitätsprävention allgemein (Nein/Ja)
Zufrieden mit Auftreten der Polizei auf Strasse (Nein/Ja)
Die Polizei sollte uns an der Schule mehr in Ruhe lassen (Nein/Ja)
Schon einmal im Bekanntenkreis von einem Polizisten gehört, der ein Fehlverhalten
eines anderen Polizisten deckt (Nein/Ja)
Schon einmal einen Polizisten gesehen, der jemanden unhöflich oder unanständig
behandelt (Nein/Ja)
Konstante
2.924 (**)
2.503 (**)
.303 (**)
.288 (***)
.190 (***)
6.666 (***)
N = 895
Bei den Schülern im 5. Schuljahr wurden keine Fragen zu selbst berichteter Delinquenz, sowie Alkohol- und Drogenkonsum gestellt.
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Tabelle 41 zeigt die Einflussfaktoren, welche einen signifikanten Einfluss auf die Einstellung zur Polizei bei den Schülerinnen im 5. Schuljahr ausüben. Wie bei den anderen Gruppen nimmt auch hier die Einschätzung der allgemeinen Kriminalitätsprävention den Spitzenplatz ein: Schülerinnen, welche die allgemeine Kriminalitätsprävention als positiv einschätzen, haben eine um 2.9-mal höhere Wahrscheinlichkeit,
eine positive Einstellung zur Polizei zu haben als Schülerinnen, welche die allgemeine Kriminalitätsprävention negativ beurteilen. Schülerinnen, welche mit dem Auftreten der Polizei auf der Strasse zufrieden sind, haben eine um den Faktor 2.5 mal
höhere Chance, eine positive Einstellung zur Polizei zu haben.
Schülerinnen, welche hingegen finden, die Polizei solle sie an der Schule mehr in
Ruhe lassen, haben eine um den Faktor 0.3-mal „höhere“ (also eine tiefere) Chance,
eine positive Einstellung zur Polizei zu haben als solche, welche dies nicht finden.
Umgekehrt bedeutet dies, dass Schülerinnen, welche nicht finden, die Polizei solle
sie an der Schule mehr in Ruhe lassen eine 3.3-mal höhere Chance haben, eine
positive Einstellung zur Polizei zu haben. Noch stärker sind die Einflüsse bei Schülerinnen, welche schon einmal in ihrem Bekanntenkreis von einem Polizisten gehört
haben, welcher das Fehlverhalten eines Kollegen gedeckt hat und bei solchen, welche selber schon einmal einen Polizisten gesehen haben, der jemanden unhöflich
oder unanständig behandelt hat. Bei letzterer Gruppe ist die Chance, eine positive
Einstellung zur Polizei zu haben nur 0.19 mal so hoch wie bei den Schülerinnen, die
noch nie eine Situation erlebt haben. Das heisst, ihre Wahrscheinlichkeit, eine
67
schlechte Einstellung zu haben, ist um 5.2-mal höher als bei solchen ohne eine solche Erfahrung.
Alle anderen in Kapitel 4 angeschauten Einflussfaktoren haben keinen statistisch
signifikanten Einfluss auf die Einstellung zur Polizei. Das bedeutet, dass z.B. die Reaktion der Schülerinnen, wenn sie einen Polizisten auf der Strasse sehen, alle demographischen Variablen, das Ausgeh- und Freizeitverhalten, die Kollegen, die Opfererfahrungen, der frühere Kontakt zur Polizei, die individuellen Unsicherheitsgefühle und das Anzeigeverhalten zwar einen Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei
aufweisen, aber keinen Einfluss darauf. Für die Schülerinnen in der 5. Klasse lassen
sich die relevanten Einflüsse auf ihre Einstellung zur Polizei unter Wahrnehmung
und Image der Polizei zusammenfassen. Die eigenen Erfahrungen (ob als Täter
oder Opfer) mit der Polizei spielen hier keine Rolle, sondern vielmehr was man über
die Polizei gehört und gesehen hat und wie man ihr Auftreten empfindet.
5.2 5. Schuljahr, Knaben
Tabelle 42: Multivariate Analyse: Einflussfaktoren auf Einstellung zur Polizei bei Schülern im 5.
Schuljahr
Zufrieden mit Kriminalitätsprävention allgemein (Nein/Ja)
Eltern wissen immer/oft mit wem im Ausgang (Nein/Ja)
Im Bekanntenkreis schon einmal von einem Polizisten gehört, der in einem
Streit zwischen zwei Bürgern Partei ergriff (Nein/Ja)
Würde Sexualstraftat anzeigen (Nein/Ja)
Zufrieden mit Auftreten der Polizei auf Strasse (Nein/Ja)
Schon einmal einen Polizisten gesehen, der jemanden unhöflich oder unanständig behandelt (Nein/Ja)
Eltern geben immer/oft Rückkehrzeit vor (Nein/Ja)
Im Bekanntenkreis schon einmal von einem Polizisten gehört, der während
einer Verhaftung jemanden ungerecht behandelt (Nein/Ja)
Finde, die Polizei sollte uns auf der Strasse mehr in Ruhe lassen (Nein/Ja)
Ich werde aggressiv, wenn ich auf der Strasse einen Polizisten sehe (Nein/Ja)
Konstante
OR
4.665 (***)
2.909 (*)
2.824 (*)
2.715 (*)
2.591 (**)
.498 (*)
.374 (*)
.331 (*)
.221 (***)
.092 (***)
1.436 (n.s.)
N = 905
Bei den Schülern im 5. Schuljahr wurden keine Fragen zu selbst berichteter Delinquenz, sowie Alkohol- und Drogenkonsum gestellt.
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Bei den Knaben im 5. Schuljahr (Tabelle 42) finden sich mehr signifikante Einflüsse
als bei den gleichaltrigen Mädchen. Gleich wie bei den Mädchen in dieser Schulstufe
übt die Wahrnehmung der allgemeinen Kriminalitätsprävention den stärksten positi68
ven Einfluss aus auf die Einstellung zur Polizei. Wer die allgemeine Kriminalitätsprävention als positiv empfindet, hat eine 4.6-mal höhere Wahrscheinlichkeit, eine positive Einstellung zur Polizei zu haben, als wer sie als negativ empfindet. Weitere positive Effekte finden sich bei Schülern, deren Eltern immer oder oft wissen, mit wem
sie im Ausgang sind, die im Bekanntenkreis schon einmal von einem Polizisten gehört haben, welcher in einem Streit zwischen zwei Bürgern Partei ergriff9, wer eine
Sexualstraftat anzeigen würde und wer zufrieden ist mit dem Auftreten der Polizei
auf der Strasse. Schüler, auf die diese Faktoren zutreffen, haben eine mindestens
2.5-mal so hohe Chance auf eine positive Einstellung zur Polizei als solche, auf die
dies nicht zutrifft.
Eine kleinere Wahrscheinlichkeit auf eine positive Einstellung zur Polizei haben
Schüler, die selber schon einmal einen Polizisten gesehen haben, der jemanden
unhöflich oder unanständig behandelte, deren Eltern immer oder oft eine Rückkehrzeit vorgeben, die in ihrem Bekanntenkreis schon einmal von einem Polizisten gehört haben, der jemanden während einer Verhaftung ungerecht behandelte, die finden, die Polizei solle sie auf der Strasse mehr in Ruhe lassen und die angeben, aggressiv zu werden, wenn sie einen Polizisten auf der Strasse sehen. Gerade der
letzte Faktor wirkt sehr stark negativ: Wer dies angibt, hat eine 10-mal so hohe
Wahrscheinlichkeit, eine negative Einstellung zur Polizei zu haben als wer dies nicht
angibt. Dies dürfte darauf zurückzuführen zu sein, dass, wer bei der Ansicht eines
Polizisten auf der Strasse aggressiv wird, mit extrem negativen Gefühlen gegenüber
der Polizei „belastet“ sein dürfte.
Im Gegensatz zu den Mädchen im 5. Schuljahr finden sich hier zwei Variablen aus
der Gruppe „Freizeitverhalten“. Wer seine Eltern darüber informiert, mit wem er in
den Ausgang geht, hat mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eine positive Einstellung zur Polizei, wer sich nicht and die von den Eltern vorgegebenen Rückkehrzeiten
hält, hat mit höherer Wahrscheinlichkeit eine negative Einstellung. Dieser Zusammenhang ist nicht einfach zu erklären. Eventuell hat er damit zu tun, dass wer Autoritäten eher nicht gehorcht (elterliche Rückkehrzeit), auch eher eine negative Einstel-
9
Hier besteht ev. die Möglichkeit, dass diese Frage im Fragebogen von den Volksschülern nicht korrekt verstanden wurde. Ihr ursprünglicher Sinn bezog sich auf Polizisten, welche in einem Streit (im
Sinne einer Parteilichkeit) Partei ergriffen und nicht neutral blieben. Vielleicht verstanden die Volksschüler dies hier allgemein als „Streit schlichten“.
69
lung zur Polizei hat. Ebenfalls keinen Einfluss auf die Einstellung der männlichen
Volksschüler zur Polizei haben ihre Reaktion auf die Polizei auf der Strasse, demographische Variablen, Gangmitgliedschaft, Opfererfahrungen, der eigene Kontakt zur
Polizei und die eigenen Unsicherheitsgefühle. Interessant ist der Einfluss des Anzeigeverhaltens bei einer Sexualstraftat. Eventuell versprechen sich die männlichen
Volksschüler mehr von einer solchen Anzeige als die weiblichen, so dass bei ihnen
ein positiver Einfluss davon ausgeht.
5.3 10. Schuljahr, Mädchen
Tabelle 43: Multivariate Analyse: Einflussfaktoren auf Einstellung zur Polizei bei Schülerinnen
im 10. Schuljahr
OR
Zufrieden mit Kriminalitätsprävention allgemein (Nein/Ja)
Zufrieden mit Auftreten Polizei auf Strasse (Nein/Ja)
Opfer Raub (Nein/Ja)
Kontakt zu Polizei weil ich Polizisten etwas fragen wollte (Nein/Ja)
Täter Cannabiskonsum (Nein/Ja)
Die Polizei sollte uns auf der Strasse mehr in Ruhe lassen (Nein/Ja)
Kontakt zu Polizei weil selber Täter (Nein/Ja)
Schon mal einen Polizisten gesehen, der jemanden unhöflich oder unanständig behandelt (Nein/Ja)
Schon mal einen Polizisten gesehen, der ein Fehlverhalten eines anderen Polizisten deckt (Nein/Ja)
Täter Sachbeschädigung (Nein/Ja)
Die Polizei sollte uns an der Schule mehr in Ruhe lassen (Nein/Ja)
Im Bekanntenkreis schon einmal von einem Polizisten gehört, der jemanden während einer Verhaftung körperlich misshandelt (Nein/Ja)
Ich werde aggressiv, wenn ich auf der Strasse einen Polizisten sehe (Nein/Ja)
Konstante
2.955 (***)
2.579 (***)
2.427(**)
1.639 (*)
.635 (*)
.487 (*)
.480 (**)
.469 (**)
.419 (**)
.361 (**)
.313 (***)
.276 (***)
.108 (*)
4.976 (***)
N = 1’072
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Die statistisch signifikanten Einflussfaktoren der Mädchen im 10. Schuljahr (Tabelle
43) sind relativ ähnlich wie bei den beiden vorhergehenden Gruppen. Allerdings
kommen hier noch eigene Täter- und Opfererfahrungen hinzu. Auch hier üben die
Wahrnehmung der allgemeinen Kriminalitätsprävention und die Zufriedenheit mit
dem Auftreten der Polizei auf der Strasse den stärksten Einfluss auf die Einstellung
zur Polizei aus. Junge Frauen im 10. Schuljahr, welche mit der Kriminalitätsprävention, resp. mit dem Auftreten der Polizei auf der Strasse zufrieden sind, haben eine
2.9-mal, resp. 2.-5-mal so hohe Wahrscheinlichkeit, eine positive Einstellung zur Polizei zu haben als diejenigen, die das nicht sind. Interessant und positiv für die Polizei ist, dass auch die jungen Frauen, welche schon einmal Opfer eines Raubes wur70
den oder einen Polizisten etwas fragen wollten, eine positivere Einstellung zur Polizei haben. Der Kontakt mit der Polizei scheint in diesen beiden Fällen in positiver
Erinnerung geblieben zu sein, oder die Einstellung zur Polizei verbessert zu haben.
Auf der anderen Seite hat, wer schon mal Cannabis konsumiert hat (egal ob dadurch
ein Kontakt zur Polizei hervorgegangen ist oder nicht) oder selber bereits einmal
Kontakt zur Polizei hatte, weil sie etwas Illegales begangen hat, eine höhere Wahrscheinlichkeit, eine negative Einstellung zur Polizei zu haben. Auch wer schon einmal ein Fehlverhalten eines Polizisten beobachtet hat, selber eine Sachbeschädigung begangen hat, findet, die Polizei solle sie an der Schule mehr in Ruhe lassen,
im Bekanntenkreis schon einmal von einem Fehlverhalten eines Polizisten gehört
hat oder aggressiv wird, wenn sie auf der Strasse einen Polizisten sieht, hat eine
höhere Wahrscheinlichkeit auf eine negative Einstellung zur Polizei als wer dies
nicht angibt. Auch hier wieder hat eine aggressive Reaktion auf einen Polizisten auf
der Strasse den stärksten negativen Einfluss auf die Einstellung zur Polizei: Wer
dies angibt, hat eine 9.25-mal höhere Wahrscheinlichkeit, eine schlechte Einstellung
zur Polizei zu haben als wer keine solche Reaktion verspürt.
Im Gegensatz zu den 5. Klässlern spielt hier also auch der eigene Kontakt zur Polizei eine Rolle bei der Bildung der Einstellung zu ihr. Dies macht auch Sinn, hatten
die Schüler der 10. Klasse doch schon mehr direkten Kontakt zur Polizei. Positiv ist,
dass der Kontakt als Opfer eine positive Auswirkung auf die Einstellung zur Polizei
hat. Dass der Kontakt als Täter eine negative Auswirkung hat, dürfte in der Natur der
Sache liegen.
Bei den Schülerinnen der 10. Klasse lassen sich zwar mehr positive Einflussfaktoren
identifizieren als bei denjenigen in der 5. Klasse, nichtsdestotrotz haben auch hier
einige der in Kapitel 4 identifizierten Faktoren mit einem feststellbaren Zusammenhang keinen Einfluss: Auch hier findet sich kein Zusammenhang zwischen Einstellung zur Polizei und demographischen Variablen, Freizeitverhalten, Gangmitgliedschaft, Unsicherheitsgefühlen und Anzeigeverhalten. Im Gegensatz zu den identifizierten Variablen mit Einfluss bei den Schülerinnen der 5. Klasse finden sich hier
aber auch eigene persönliche Erfahrungen, während bei den 5. Klässlern die Einstellung zur Polizei eher durch indirekt wahrgenommene Handlungen der Polizei oder
71
Erwartungen bestimmt wurde, weniger durch eigene direkte Erfahrungen mit der Polizei.
5.4 10. Schuljahr, Knaben
Tabelle 44: Multivariate Analyse: Einflussfaktoren auf Einstellung zur Polizei bei Schülern im
10. Schuljahr
Zufrieden mit Kriminalitätsprävention allgemein (Nein/Ja)
Zufrieden mit Auftreten Polizei auf Strasse (Nein/Ja)
Würde Sexualstraftat anzeigen (Nein/Ja)
Ich fühle nichts Spezielles, wenn ich auf der Strasse einen Polizisten sehe (Nein/Ja)
Zufrieden mit Auftreten Polizei an der Schule (Nein/Ja)
Die Polizei sollte auf der Strasse mehr mit den Leuten sprechen (Nein/Ja)
Ich frage mich, ob ich mich korrekt verhalten habe, wenn ich auf der Strasse einen Polizisten sehe
(Nein/Ja)
Ich möchte wissen, was die Polizisten machen, wenn ich auf der Strasse Polizisten sehe (Nein/Ja)
Täter Cannabis (Nein/Ja)
Eltern geben selten/nie Rückkehrzeit vor (Nein/Ja)
Täter Sachbeschädigung (Nein/Ja)
Täter Velodiebstahl (Nein/Ja)
Ich erinnere mich an schlechte Erlebnisse, wenn ich auf der Strasse einen Polizisten sehe
(Nein/Ja)
Ich werde aggressiv, wenn ich auf der Strasse einen Polizisten sehe (Nein/Ja)
Die Polizei sollte uns auf der Strasse mehr in Ruhe lassen (Nein/Ja)
Konstante
OR
2.688 (***)
2.320 (***)
2.318 (***)
1.928 (**)
1.882 (***)
1.607 (*)
1.601 (*)
1.587 (*)
.616 (*)
.601 (*)
.587 (*)
.567 (*)
.544 (*)
.374 (*)
.271 (***)
.229 (***)
N = 1’093
*** Hoch signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.001)
** Sehr signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.01)
* Signifikanter Zusammenhang (p ≤ 0.05)
(n.s.) Kein signifikanter Zusammenhang
Auch bei den männlichen Schülern der 10. Klasse (Tabelle 44) üben die positive
Einschätzung der Kriminalitätsprävention allgemein und die Zufriedenheit mit dem
Auftreten der Polizei auf der Strasse eine positive Wirkung auf die Einstellung zur
Polizei aus. Auch hier (analog zu den Schülern der 5. Klasse) haben Schüler, welche
eine Sexualstraftat bei der Polizei anzeigen würden, eine höhere Wahrscheinlichkeit,
eine positive Einstellung zur Polizei zu haben als solche, welche dieses Delikt nicht
anzeigen würden. Interessanterweise hat auch wer angibt, nichts Spezielles zu fühlen beim Anblick der Polizei auf der Strasse, eine höhere Wahrscheinlichkeit, eine
positive Einstellung zur Polizei zu haben. Dies, obwohl es sich dabei eher um eine
neutrale Reaktion handelt (im Gegensatz denjenigen, welche wissen möchten, was
die Polizisten machen, wenn sie sie auf der Strasse sehen, was eher auf eine positive, neugierige Einstellung schliessen lassen würde). Schüler, die finden, die Polizei
solle mehr mit den Leuten auf der Strasse reden, haben ebenfalls eine positivere
72
Einstellung zur Polizei. Dies wohl mit dem Hintergrund „Die Polizei sollte offener auf
die Leute zugehen und mehr mit ihnen reden, denn sie macht eine gute Sache“.
Auch wer sich fragt, ob er sich korrekt verhalten habe, wenn er auf der Strasse einen
Polizisten sieht, hat eine höhere Wahrscheinlichkeit, eine positive Einstellung zur
Polizei zu haben, als wer sich das nicht fragt (siehe auch Tabelle 12).
Auch hier hat, auf der anderen Seite, wer schon einmal Cannabis konsumiert, eine
Sachbeschädigung oder einen Velodiebstahl begangen hat, eine höhere Wahrscheinlichkeit, eine schlechte Einstellung zur Polizei zu haben, als wer noch nie solche Delikte begangen hat. Interessant ist, dass wem die Eltern selten oder nie eine
Rückkehrzeit aus dem Ausgang vorgeben, eine schlechtere Einstellung zur Polizei
hat, als wem die Eltern dies vorgeben. Dies steht im Gegensatz zu den Schülern der
5. Klasse, wo Schüler, deren Eltern immer oder oft eine Rückkehrzeit vorgaben, ein
höheres Risiko für schlechte Einstellung zur Polizei hatten. Spekulativ könnte man
vermuten, dass diejenigen Jungen, welche eine schlechte Einstellung zur Polizei
haben, in der 5. Klasse immer oder oft Rückkehrzeiten von den Eltern vorgegeben
bekommen, in der 10. Klasse aber dann eben genau nicht mehr. Bei den Mädchen
beider Altersstufen spielt im Gegensatz dazu die vorgegebene Rückkehrzeit nie eine
Rolle. Wer sich an schlechte Erlebnisse erinnert, wenn er auf der Strasse Polizisten
sieht, hat ebenfalls ein höheres Risiko auf eine negative Einstellung zur Polizei. Dies
ist ein klarer Hinweis auf vergangene negative persönliche Erfahrungen mit der Polizei. Auch hier finden sich die beiden gleichen Risikofaktoren auf den beiden untersten Rängen wie bei den Schülern der 5. Klasse: Wer aggressiv wird, wenn er auf der
Strasse einen Polizisten sieht oder wer findet, die Polizei solle ihn auf der Strasse
mehr in Ruhe lassen, hat ein um 2.7-, bzw. 3.7-mal höheres Risiko für eine negative
Einstellung zur Polizei als wer dies nicht so empfindet.
Bei den jungen Männern im 10. Schuljahr finden sich sowohl am meisten Faktoren
mit positivem Einfluss als auch solche mit negativem Einfluss. Dass sich hier viele
Faktoren mit negativem Einfluss finden würden war insofern zu erwarten, als dass
sich ältere oder männliche Schüler eher kritisch gegenüber der Polizei äusserten als
jüngere oder weibliche (Kapitel 4). Dass sich aber auch mehr positive Einflussfaktoren finden als bei den anderen Gruppen überrascht. Junge Männer, die der Polizei
73
offen gegenüberstehen und mit dem Auftreten der Polizei und ihrer Arbeit zufrieden
sind, haben demzufolge auch eine klar bessere Einstellung gegenüber der Polizei.
6 Fazit
Es hat sich klar gezeigt, dass sowohl das Alter als auch das Geschlecht in einem
negativen Zusammenhang zur Einstellung zur Polizei stehen. Dies liegt aber nicht im
Alter oder Geschlecht begründet sondern darin, dass die befragten Schüler mit steigendem Alter und die männlichen Schüler im Gegensatz zu den weiblichen schon
häufiger in Situationen waren, welche einen negativen Einfluss auf die Einstellung
zur Polizei ausüben. Dazu gehören primär eigene Tätererfahrungen, welche zu einem Kontakt mit der Polizei führten. Dass dieser Kontakt von den Schülern als negativ empfunden wurde und deshalb die Einstellung zur Polizei negativ beeinflusst,
dürfte selbstredend sein.
Neben dem direkten persönlichen Kontakt zur Polizei haben sich jedoch zwei weitere Arten von Einflüssen gezeigt, welche einen grossen Einfluss auf die Einstellung
zur Polizei ausüben. Diesen ist insofern noch mehr Bedeutung zukommen zu lassen
als dem Kontakt als Täter, weil sie bei allen drei Schultypen und beiden Geschlechtern gleichermassen einen Einfluss haben. Es sind dies (mit positivem Einfluss) die
Einschätzung der allgemeinen Kriminalitätsprävention und (mit negativem Einfluss)
das selbst gesehene oder indirekt erfahrene Fehlverhalten eines Polizisten. Wer mit
der Kriminalitätsprävention der Polizei im allgemeine zufrieden ist, hat auch eine positivere Einstellung zur Polizei. Wer schon einmal selbst ein Fehlverhalten eines Polizisten beobachtet hat oder im Bekanntenkreis schon einmal davon gehört hat, hat
mit grosser Wahrscheinlichkeit eine negative Einstellung zur Polizei. Diese Wahrnehmung der Polizei kommt vor allem dort zum Zug, wo noch kein eigener persönlicher Kontakt zur Polizei bestanden hat, also primär bei den Schülern des 5. Schuljahres.
Dem gegenüber haben Faktoren wie der Schultyp, das eigene Unsicherheitsgefühl,
der Wohnort, Migrationshintergrund und das Ausgangs- oder Freizeitverhalten keinen direkten Einfluss auf die Einstellung zur Polizei. Zwar lassen sich dazu positive
oder negative Zusammenhänge finden; einen Einfluss auf die Einstellung zur Polizei
74
üben diese Faktoren aber nicht aus. Dies lässt sich am Beispiel der Opfererfahrungen illustrieren: Zwar finden sich bei den Zusammenhängen zwischen Opfererfahrungen und Einstellung zur Polizei negative Zusammenhänge (Tabelle 26) einen
negativen Einfluss üben diese Erfahrungen aber nicht aus. Im Gegenteil: Bei den
weiblichen Befragten im 10. Schuljahr zeigte sich sogar ein positiver Einfluss der
Opfererfahrung eines Raubes auf die Einstellung zur Polizei (Tabelle 43). Dass
Männer beider Altersstufen ein Sexualdelikt anzeigen würden, könnte darauf hindeuten, dass sie a) das Delikt als sehr gravierend empfinden und b) sich von einer Anzeige bei der Polizei auch einiges erhoffen.
Allgemein lässt sich der Kontakt zur Polizei wie folgt formulieren: Erfolgt der Kontakt
zur Polizei ohne „kriminellen Hintergrund“, d.h. in der Schule oder weil man den Polizisten etwas fragen wollte, wird Kontakt positiv empfunden. Das Anzeigeverhalten
korreliert zwar relativ stark positiv mit der Einstellung zur Polizei (Tabelle 40 auf Seite 66), beeinflusst aber die Einstellung zur Polizei nicht. Wahrscheinlicher dürfte ein
umgekehrter Effekt sein: Das Anzeigeverhalten wird beeinflusst durch die Einstellung zur Polizei.
Hat die eigene delinquente Erfahrung einen Einfluss, so spielen nicht die schweren
Delikte wie Sexualdelikt, Körperverletzung oder Raub eine Rolle, sondern Cannabiskonsum, Velodiebstahl oder Sachbeschädigung, also Delikte, welche zwar weniger
schwer sind, dafür häufiger vorkommen. Dass Schwarzfahren keinen negativen Einfluss auf die Einstellung zur Polizei ausübt, dürfte daran liegen, dass es so häufig
vorkommt und die damit verbundene Strafe akzeptiert ist, dass daraus keine negative Einstellung zur Polizei hervorgeht. Zudem wird Schwarzfahren nur selten von der
Polizei geahndet wird, sondern vom Bahnpersonal.
75
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