DKWE Diözesankommission für Weltkirche und Entwicklungszusammenarbeit Info 2012/1 ALTER/N • Altern in Europa aus pastoraler Sicht • Alternde Gesellschaften • Alter und Altwerden in Schwarzafrika • Der Umgang mit älteren Menschen in Indien Alter/n Seite 2 Liebe Leserinnen und Leser! „Das Alter ist deshalb schön, weil es einen neuen Blick gewährt, einen Blick auf Entwicklungen, auf Zusammenhänge, die man so vorher nicht gesehen hat. Man sieht Dinge neu. Ich rege mich über vieles bei weitem nicht mehr so auf wie früher. Natürlich rege ich mich auf, wenn es von der Sache her geboten ist, schon deshalb, weil es mir den Impuls zur Aktion liefert.“, so formuliert es die in Pakistan lebende Ärztin und Ordensfrau Ruth Pfau (geb. 1929). Alter - Altern - der Umgang der Generationen miteinander ist das Thema dieser DKWE-Info. Anlass dazu gab dem Redaktionsteam das von der Europäischen Union ausgerufene europäische Jahr 2012 des aktiven Alterns und der Solidarität zwischen den Generationen. Die Referentin für Altenpastoral MMag. Eva-Maria Wallisch wirft einen grundsätzlichen pastoralen Blick auf diese Diskussion (S. 2/3). Die Weltbevölkerung wächst, u.a. auch deshalb, weil die Lebenserwartung der Menschen steigt. Von diesem Faktum geht Mag. Christa Wieland in ihrem Beitrag aus, in dem sie Prognosen zu dieser weltweiten Entwicklung des Älter-werdens skizziert (S. 4). Die Postmoderne stellt die traditionellen Lebensweisen auch in Afrika und Asien vor ganz neuen Herausforderungen. Über das Alter in Schwarzafrika und die Beziehung zu den Ahnen schreibt Prof. DDr. Claude Ozankom (S. 5). Dr. Sumeeta Wadhera-Hasenbichler rundet mit ihrem Bericht über den Umgang mit älteren Menschen in Indien diese DKWE-Info inhaltlich ab (S. 6). In wünsche Ihnen/Euch eine anregende Lektüre, aus der heraus das Miteinander und die Solidarität der Menschen unterschiedlichen Alters gestärkt und gefördert wird. Markus Roßkopf, DKWE- Geschäftsführer Altern in Europa aus pastoraler Sicht „Selbst die Senioren sind nicht mehr die alten…“,1 so lautet ein Buchtitel der letzten Jahre. In ihren praktisch-theologischen Beiträgen zu einer Kultur des Alterns kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass sich Altern heute grundsätzlich geändert hat. Sogar der Zusammenhang „Alter und Frömmigkeit“ – wir kennen das Sprichwort „mit dem Alter kommt der Psalter“ – scheint nicht mehr gegeben zu sein. Auch die ältere Generation ist nicht unberührt geblieben von den Umbrüchen unserer postmodernen Zeit. Sogar die religiösen Einstellungen und Verhaltensweisen der Älteren zeigen sich so individualistisch und pluralistisch wie unsere ganze Gesellschaft, so ein Resümee ihres pastoraltheologischen Forschungsprojektes. Auch ein Blick auf unsere Bevölkerungspyramide und die Prognosen einer demographischen Entwicklung in Mitteleuropa, lassen für Österreich ganz Neues erwarten. Wegen des Rückgangs der Säuglings- und Kindersterblichkeit und der Fortschritte in Medizin und Geriatrie haben die Menschen in den industrialisierten Ländern im letzten Jahrhundert im Durchschnitt 25 Lebensjahre hinzugewonnen. Neu entstanden ist die Lebensphase des sog. „3. Alters“, eine oft lange Phase nach der Pensionierung in relativer Gesundheit und Aktivität. Da diese Lebenszeit zwischen beruflicher Verpflichtung und Hochaltrigkeit neu ist, fehlen ihr noch Vorbilder gelingenden und sinnerfüllten Älter1 werdens. Tatsache ist, dass die Wirtschaft dieses Lebensalter als konsumkräftige Gruppe bereits entdeckt hat und dass dem Thema Altern gesellschaftlich v. a. mit unterschiedlichsten „AntiAging-Programmen“ begegnet wird. Nicht, wie kann ich mein Älterwerden annehmen und gestalten, sondern wie kann ich das Altern möglichst lange hinauszögern, ist allzu oft die Frage. Es ist schwierig, heute alt zu werden, wenn unsere Gesellschaft in ihrem Jugendlichkeitsund Perfektionswahn kaum heilsame und sinnstiftende Bilder gelungenen Alterns anbieten kann. Alte Menschen sprechen oft davon, nicht mehr wahr- oder ernst genommen zu werden: „Mich braucht ohnehin keiner mehr!“ oder „Ich habe im Alter schon meine ganze Würde verloren!“ Der Theologe Fulbert Steffensky stellt sich dagegen und versucht in seinem Buch „SchwarzbrotSpiritualität“ eine Antwort auf die Frage nach einem sinnerfüllten Altwerden zu geben. Er erzählt von seinen Erfahrungen, von den Idealen eines langen Lebens, für die er gearbeitet und gekämpft hat. Vieles davon ist gelungen, manche Ziele wurden nicht oder nur halb erreicht. Aber, davon ist er überzeugt, es gilt auch diese Hälfe zu schätzen, die möglich geworden ist. Er stellt sich damit gegen den „Vollkommenheits-Terrorismus“ unserer Gesellschaft, die das Halbe und Nicht-zu-Endegemachte abwertet oder übersieht. Walter Fürst, Andreas Wittrahm, Ulrich Feeser-Lichterfeld, Tobias Kläden (Hg.) Selbst die Senioren sind nicht mehr die alten…“ Praktisch-tehologische Beiträge zu einer Kultur des Alterns, 2003 Alter/n Seite 3 Steffensky spricht davon, dass alte Menschen den Jüngeren etwas voraus haben, nämlich die größere Erfahrung mit den Niederlagen eines Lebens. Von diesen Geschichten der persönlichen und politischen Niederlagen und wie sie bewältigt wurden, gilt es den Jüngeren zu erzählen. Wie haben sich Ideale im Laufe eines Lebens verändert, wie ist es gelungen, sich von falschen Hoffnungen zu befreien, wie hat die Erfahrung von Schwäche Menschen manchmal menschlicher gemacht? schen, die nicht mithalten können, weil sie mit physischen oder psychischen Einschränkungen leben, stören hier. Das Alter und besonders die letzte Lebensphase gehören zu diesen Störfaktoren. Dennoch erleben wir – und das nicht erst im höheren Alter – dass wir immer wieder mit Themen konfrontiert werden, die uns die Grenzen unseres Lebens aufzeigen. Erfahrungen wie Hilfsbedürftigkeit, Gebrechlichkeit, Endlichkeit, Einsamkeit oder zum Menschsein Geburt und Tod, anfangen und beenden, Gesundheit und Krankheit, Flexibilität und Verwiesen-Sein auf Andere gehört. Auch wenn diese Botschaft, wie die Botschaft der Prophet/innen, eine unangenehme ist, bedeutet sie zugleich Entlastung: Die Würde des Menschen hängt nicht von seiner Leistungsfähigkeit ab, sondern gehört unabhängig davon zu jedem menschlichen Leben. Wir müssen uns nicht aufreiben in einem Kampf, den wir nur verlieren können, um Werten wie Per- Foto: Hermann Meidl Gedenkmesse im Seniorenheim Taxham / Salzburg Steffenski spricht von der Kunst, die „halben Erfolge“ und die „geglückten Niederlagen“ zu schätzen, und von der Erkenntnis, dass uns am Ende eines Lebens Gott selbst die Last der Welt von den Schultern nimmt. Diese Erkenntnisse und Erfahrungen sind für uns Jüngere „Altersweisheit“ und Bilder eines sinnerfüllten Älterwerdens Sterblichkeit gehören genauso zu einem menschlichen Leben wie die Idealvorstellungen unserer Leistungsgesellschaft. Wenn wir Themen wie Alter, Krankheit oder Sterblichkeit ausklammern, wenn wir alte Menschen übersehen, wenn wir kranke, behinderte oder sterbende Menschen aus unserem Alltag verdrängen, schneiden wir einen wichtigen Teil des Lebens einfach ab. Die Ideale „ewige Jugend“, Gesundheit, Attraktivität, Fitness und Leistung besitzen heute höchsten Stellenwert. Men- Alte Menschen haben – wie die Propheten und Prophetinnen der Bibel – eine Botschaft für uns alle. Sie erzählen davon, dass fektionismus, endloser Jugendlichkeit und andauernder Leistungsfähigkeit zu entsprechen. Ich wünsche mir, dass das Europäische Jahr des aktiven Alterns und der Solidarität zwischen den Generationen 2012 dazu beitragen kann, die negativ besetzten Begriffe wie „Alter“ und „Altern“ aufzubrechen und neu zu füllen. MMag. Eva-Maria Wallisch Referentin für Altenpastoral Alter/n Seite 4 Alternde Gesellschaften – Viele offene Fragen und wenig Antworten Während dieser Beitrag entsteht, läuft im Hintergrund auf meinem PC die Weltbevölkerungsuhr, die mir mitteilt, dass augenblicklich 7.017.276.938 Menschen auf unserem Planeten leben. Davon ist heute ca. 1 Mrd. älter als 60 Jahre. Vertraut man den Ergebnissen der UNO-Bevölkerungsentwicklungsstudien, so werden es in 40 Jahren bereits doppelt so viele Menschen sein, das sind rund 22 % der Weltbevölkerung. Diese Entwicklung ist erfreulich, da wir alle damit rechnen dürfen, länger als bisherige Generationen zu leben und dies auch bei besserer Gesundheit und sozialer Absicherung. Zumindest trifft das auf weite Teile der industrialisierten Staaten zu. Eine erhöhte Lebenserwartung zeichnet sich aber auch für die Entwicklungsländer ab, wenngleich die demographischen Veränderungen dort andere sind. Denn während in Europa die Bevölkerung nicht nur älter wird, sondern aufgrund niedriger Geburtenraten auch schrumpft, verzeichnen nahezu alle afrikanischen, lateinamerikanischen und asiatischen Staaten ein enormes Bevölkerungswachstum, was 2050 dazu führen wird, dass vier Fünftel aller älteren Menschen in Entwicklungsländern leben werden. Ältere Menschen stellen weltweit die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe dar, auch wenn die Wachstumszahlen unterschiedlich verlaufen. In Asien prognostiziert man in den kommenden 20 Jahren das stärkste Wachstum am Anteil älterer Menschen auf rund 60 % der Gesamtbevölkerung. Afrika wird aufgrund der weltweit geringsten Lebenserwartung mit unter 10 % zwar einen sehr viel geringeren Anteil älterer Menschen aufweisen, der afrikanische Kontinent ist aber auch auf diese demographische Veränderung am wenigsten vorbereitet, da staatlich ausgebaute Gesundheits-, Sozial- oder Rentensysteme nahezu gänzlich fehlen. Südlich der Sahara beispielsweise beziehen weniger als 5 % der Bevölkerung eine Altersversorgung oder sind in der Situation, im Alter auf eine existenzsichernde Perspektive zu hoffen. Daher bedeutet Reichtum für viele afrikanische Familien immer noch Foto: Michaela Rupprecht/pixelio.de Kinderreichtum und die damit verbundene Erwartung, im Alter zumindest über eine minimale Versorgung zu verfügen. Doch diese Hoffnung gilt heute nicht mehr als berechtigt. Viele afrikanische Staaten kämpfen nach wie vor mit dem Ausfall einer ganzen Generation, bedingt vor allem durch epidemische Erkrankungen wie AIDS, aber auch die stetig zunehmende Urbanisierung stellt viele Entwicklungsstaaten vor völlig neue Herausforderungen. Bereits 2030 werden 5 Mrd. Menschen in Städten leben. Für Asien, Afrika und Lateinamerika bedeutet dies eine Verdoppelung im Vergleich zu heute, verbunden mit der Sorge, dass dies auch zu einer Verdoppelung der Probleme führen wird, die durch eine zunehmende Bevölkerungskonzentration in Städten hervorgerufen wird (v.a. Slumbildung rund um Megacitys). Die Land-Flucht betrifft vorwiegend junge Bevölkerungsgruppen, wodurch sich die Situation der älteren Menschen die in den ländlichen Regionen verbleiben dramatisch verschlechtern dürfte, da eine Altersversorgung außerhalb des Familienverbands weitgehend unbekannt ist. Während sich alle europäischen Staaten um eine zukunftsorientierte Lösung ihrer Rentenbezugssysteme ringen und bemüht sind, die Lücken in der Alten- und Pflegebetreuung durch neue Konzepte zu schließen, hat sich in vielen Entwicklungsländern im Umgang mit einer alternden Gesellschaft noch nicht einmal ein Problembewusstsein entfalten können, da diese Staaten mit zahlreichen anderen ungelösten Aufgaben zu kämpfen haben. Ob und wie es Entwicklungsländern gelingen wird, diese Herausforderungen zu bewältigen, erlaubt Perspektiven in alle Richtungen. Einigkeit herrscht nur darüber, dass die Frage des Umgangs mit älteren Menschen und einem damit verbundenen erhöhten Betreuungs- und Pflegebedarf auch auf Entwicklungsländer zukommen wird und Antworten darauf wohl nur mithilfe der Internationalen Gemeinschaft gefunden werden können. Europäische Modelle die auf einem staatlichen oder teilstaatlichen Versorgungskonzept aufgebaut sind, werden allerdings in Entwicklungsländern kaum anwendbar sein, auch scheinen Konzepte dafür heute auf der Agenda eines entwicklungspolitischen Maßnahmenkatalogs praktisch nicht auf. Mag. Christa Wieland Afro-Asiatisches Institut Salzburg Alter/n Seite 5 Foto: DKA Alter und Altwerden in Schwarzafrika Männer aus dem Sudan Wegweisend für das traditionelle Verständnis des Alters in Afrika ist die Vorstellung, dass das Leben nur in der Gemeinschaft im Sinne von Großfamilie sinnvoll zur Entfaltung kommen kann. Damit ist eine soziale Entität gemeint, die in der Regel eine beachtliche Anzahl von Menschen umfasst, die auf verschiedene Ebenen, gleichsam in konzentrischen Kreisen, durch einen gemeinsamen (durchaus mythischen) Vorfahren verbunden sind. … Im traditionellen Afrika werden in der Regel alte Menschen zu den Weisen gezählt. Denn um sich all das anzueignen, was den Weisen auszeichnet und sich so dann im konkreten Leben als solcher zu bewähren, bedarf es langer Jahre der Initiation und Erfahrung. Über all dem steht die Vorstellung, dass die Alten und Ältesten eine Brückenfunktion zwischen der Welt der auf Erden Weilenden und der Welt der Ahnen zu übernehmen haben. Dies ist insofern von Bedeutung, als die Vorstellung herrschend ist, dass das Leben der Menschen am ehesten gelingen kann, wenn sie sich am Willen ihrer Ahnen, d.h. jener Vorfahren, die auf Erden rechtschaffen waren und ein vorbildliches Leben geführt haben, orientieren, ihr Gedächtnis begehen und ihre Erfahrungen ins Heute zu übersetzen versuchen. Infolgedessen versuchen die Lebenden, das Wohlwollen der Ahnen durch verschiedene Riten und Praktiken auf sich zu lenken. „Der Ahnenkult ist der feierlichste Moment und der privilegierte Ort, an dem der Afrikaner versucht, die Lebenskraft des, `mystischen Ahnenleibes´ zu intensivieren.“ (Bujo) … Die Opfergaben sind ein Symbol für die Teilhabe der Ahnen am Leben der Gemeinschaft. Das Gebet ist hier soviel wie ein Gespräch mit den Ahnen. Damit wird man erneut auf das Moment der Kommunikation zwischen Toten und Lebenden verwiesen, die oben erwähnt worden ist. Man kann in diesem Zusammenhang von einem `Aufeinander-angewiesenSein´ beider Lebenswelten sprechen. Denn während die Lebenden nur dann das Leben in Fülle haben können, wenn sie den Ahnen die Ehre erweisen und ihre Weisungen beherzigen, besteht das Glück der Toten darin, im Gedächtnis der Lebenden weiterzuleben. Im Zuge der Begegnung mit der Modernität, wie sei durch die Begegnung mit Europa zustande kam, wurde die traditionelle Wertschätzung für die alten Menschen - verbunden mit der ihnen zustehenden Versorgung in Frage gestellt. Die Gründe hierfür sind vielfältig und überaus komplex. Als Haupttriebkraft wird immer wieder die Schulbildung ins Feld gebracht. Dahinter steht die Erkenntnis, dass die Wissensvermittlung europäischen Zuschnitts und das damit verbunden Weltverständnis letzten Endes dazu führten, dass die durch die Alten repräsentierte Sicht der Dinge nicht mehr die alles bestimmende Richtschnur ist. Konkret: Die an der europäischen `Rationalität´ geschulten Afrikaner befreiten sich nach und nach von der „Diktatur der Greisen“ (J.-M. Ela). In engem Zusammenhang mit diesem Emanzipationsprozess steht das neue sozial-ökonomische System: Durch die Einführung von Gehältern als Entlohnung für die Arbeit, die Gründung von urbanen Zentren usw. wurde es für viele Menschen möglich weitgehend unabhängig von den herkömmlichen Familienverhältnissen zu leben. Ebenso führten die kriegerischen Auseinandersetzungen sowie die Ausbreitung der Pandemie AIDS dazu, dass in vielen Gegenden kaum mehr Menschen im arbeitsfähigen Alter zu finden sind. Als Konsequenz sind die ganz Alten und die ganz Kleinen in der Gemeinschaft sich selbst überlassen und müssen füreinander sorgen - ein wahrlich unzumutbarer Zustand, zu dessen Überwindung angemessene Lösungsvorschläge noch nicht in Sicht sind. Prof. DDr. Claude Ozankom aus seinem Buch: Begegnungen mit Jesus in Afrika. Afrikanische Glaubenswirklichkeit in theologischer Perspektive, 2011, S.198-203 Alter/n Seite 6 Der Umgang mit älteren Menschen in Indien Foto: Günther Jäger, Verein Cope der ihn für ein Tier hält. Frau in Südindien, Tamil Nadu Das Alter wird in Indien traditionell mit Lebensweisheit und mit Lebenserfahrung assoziert. Dementsprechend werden ältere Menschen mit Respekt und Ehre behandelt. Das Familienoberhaupt ist in Großfamilien stets das älteste Familienmitglied. Bei allen Festen und Feierlichkeiten sind ältere Menschen sogenannte Ehrengäste, deren Segenswünsche als erstes gesucht werden. Von Kindern wird erwartet auf die Wünsche und Entscheidung der älteren Personen zu hören. Älteren Menschen darf nicht widersprochen werden. Oft treffen sie die wichtigsten Entscheidungen der Familie. Selbst Frauen gewinnen mit dem Alter an Status und Ansehen. Es gehört zu den wichtigsten Pflichten der Kinder, die Eltern im Alter zu pflegen und ihre Wünsche zu erfüllen. In Ramayana geht Rama 14 Jahre ins Exil, weil sein Vater ihn darum gebeten hat. Eine weitere Geschichte ist die des Schrawan Kumars, der seinen blinden alten Eltern ihren Lebenswunsch erfüllt, in dem er sie auf einer Trage auf den Schultern auf Wallfahrt an die wichtigsten Orte nimmt. Beim Versuch ihnen Wasser zu bringen, wird er von einem König getötet, Auch die Dorfpolitik funktioniert(e) nach diesem Prinzip. In jedem Dorf gibt es einen Panchayat, einen Rat vom älteren, weisen Menschen, meistens Männern. Der Panchayat war oft die erste Instanz für Streitschlichtungen, aber auch für alle wichtigen Entscheidungen der Dorfgemeinschaft. Im Hinduismus wird das Leben in vier Stadien oder Ashrams geteilt. Die ersten 25 Jahre soll man Brahmachari oder Schüler sein und sich dem Studium der heiligen Schriften widmen, oder gemäß der Kaste den Familienberuf erlernen. In der Grihasthaphase soll man eine Familie gründen. Darauf folgt das Vanaprastha. In dieser Phase soll man die Geschäfte den Kindern übergeben und sich im Wald züruck ziehen und sich auf die letzte Phase also Sanyasa vorbereiten. In dieser letzten Phase geht es um das Streben nach Moksha oder Erleuchtung und Befreiung vom Kreislauf von Geburt und Tod. Es bedeutet komplette Entsagung und Loslösung von allen weltlichen Beziehungen. Diese Lebensstadien waren ursprünglich nicht nach dem Alter eingeteilt, man konnte auch als junger Mensch „Sanyasi“ werden, aber spätestens ab dem Epos Mahabharata wurden sie so empfohlen. Diese Lebenseinteilung galt überwiegend für Männer aus den obersten drei Kasten. Für Frauen hingegen war sie nicht vorgesehen. Der Lebensabend war und ist eine Lebensphase, in der man sich seinem eigenen Seelenheil widmet. Man bekommt quasi die Lizenz sich offiziell von gesellschaftlichen und familiären Verpflichtungen zu lösen und von Außen nach Innen zu kehren. Schon ab dem 50. Lebensjahr konzentriert man sich immer mehr auf das Studium der heiligen Schriften und sucht spätestens dann einen Guru, einen Wegweiser für die Erlösung. In der gehobenen Mittelschicht des heutigen Indien verdrängt die Kleinfamilie aufgrund zunehmenden Konsums und Nachahmung des westlichen Lebensstils die Großfamilie. Viele junge gebildete Leute wandern aus und schicken ihren Eltern Geld nach Indien. Zurück bleiben die alten Eltern alleine in ihren großen Häusern mit Bediensteten. Immer wieder kommt es vor, dass sie Opfer von kriminellen Verbrechen werden. Zudem vereinsamen sie immer mehr. Immer weniger junge Leute wollen sich um die eigenen Eltern kümmern. Vielmehr gibt es Streit um Erbschaft und Eigentum. Viele wollen die teuren Häuser ihrer Eltern gleich verkaufen, weil die Grundstückpreise um ein Vielfaches in den letzten Jahren gestiegen sind. Überall sprießen Seniorenheime aus dem Boden Viele alte Leute sind enttäuscht über den Werteverfall und sorgen auch immer mehr für ihr Alter vor. Noch vor dreißig Jahren haben Inder ihr Leben lang für die Kinder gespart und auf den männlichen Nachwuchs gesetzt in der Hoffnung, diese würden sie in ihrem Lebensabend pflegen. Doch viele wurden enttäuscht und von ihren Kindern in Stich gelassen. Trotz dieses negativen Trends in den Großstädten kann zusammenfassend festgehalten werden, dass das Alter für den Großteil der indischen Bevölkerung einen hohen Stellenwert hat und die meisten Menschen sich freuen, alt zu werden, weil sie respektiert und angesehen werden. Dr. Sumeeta Wadhera-Hasenbichler, Kuratoriumsvorsitzende des AAI Aktuelles Seite 7 Leben für die Armen Margaretha Moises in Kolumbien Maria Herlinde, die ebenfalls bis zu ihrem Tod 2006 als Missionarin und Entwicklungshelferin in Kolumbien tätig war, vom Militär gefoltert und mit einem Einreiseverbot belegt wurde. All das hat sie nicht von ihrem Entschluss und Weg abbringen können. Bis heute setzt sie sich für Vertriebene und ein. Besonders die Kinder Foto: privat Margaretha Moises feiert im März ihren 80. Geburtstag. Die gebürtige Bad Hofgasteinerin lebt seit beinahe 60 Jahren in Kolumbien. Mit offenem Herzen ist sie im Einsatz für die Ärmsten. In dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land kämpft sie um Gerechtigkeit, Befreiung und Frieden. Für ihr Engagement wurde sie u.a. mit Foto: SEI SO FREI VORGESTELLT Margaretha Moises und Wolfgang Heindl im Rahmen der Buchvorstellung „Die Missionarin – Maria Herlinde Moises, Hoffnung der Schutzlosen“ dem Romero-Preis ausgezeichnet. Das Abenteuer Kolumbien begann für sie am 23. Jänner 1953: „Land in Sicht“, hieß es als das Frachtschiff nach drei langen Wochen auf See seinen Zielhafen erreichte: Cartagena de Indias an der Karibikküste. Mit an Bord in der dritten Klasse, die junge Franziskaner-Missionsschwester Margaretha Moises. An diesem tropischen Jännertag, war für die 20 jährige BergbauernTochter bereits klar, dass sie ihr Leben in den Dienst der Ärmsten stellen wollte. Die Dimensionen dieses Entschlusses wurden ihr jedoch erst später in voller Konsequenz vor Augen geführt: Als sie für ihren Einsatz für Landlose vom Militär verhaftet und verhört wurde oder als ihre Schwester und Jugendlichen sind ihr ein Herzensanliegen: Für sie baut Margaretha Moises gemeinsam mit SEI SO FREI einen Kindergarten im nach ihrer Schwester benannten Armenviertel. Knapp 50 Kindern wird so am Rande von Cartagena der erste Schritt in eine Zukunft mit Bildung ermöglicht. Auf Einladung von SEI SO FREI wird Margaretha Moises Ihren Geburtstag in Salzburg feiern. In der zweiten Märzhälfte steht sie auch für Gesprächsabende und Pfarrbesuche zur Verfügung. Anfragen und Terminkoordination unter: 0662 / 8047-7557 bzw. [email protected] Mag. Wolfgang K. Heindl SEI SO FREI Ich wurde am 19. April 1939 in München geboren und trat nach dem Abschluss der Bäckerlehre in Innsbruck in den Franziskanerorden ein. Zuerst kam ich nach Schwaz, wo ich auch das Noviziat erleben durfte. Zugleich wurde ich in die Küche eingeteilt, wofür ich heute noch dankbar bin, da ich an der Seite von Br. Isidor Haslinger, in meinen Augen ein vorbildlicher Mitbruder und Lehrmeister war. Durch die Kontakte mit unseren Missionaren von Bolivien erwachte in mir bald der Wunsch, auch in die Mission gehen zu dürfen, aber es wurde mir kundgetan, dass ich zuerst einige Jahre in der Provinz arbeiten sollte. Im Jahre 1980 wurde ich mit den Aufgaben des Provinzmissionsprokurators betraut. In dieser Funktion wurde ich auch in die DKWE Salzburg berufen um im Besonderen die Anliegen der Partnerdiözese San Ignacio de Velasco in Bolivien zu vertreten. 2011 wurde ich als Vertreter der Ordensleute und der bolivianischen Partnerdiözese in den DKWE-Vorstand gewählt. Es ist mir eine große Freude für die missionarischen Aufgaben unserer Ordensprovinz tätig sein zu dürfen. Fr. Florenz Graf OFM Provinzmissionsprokurator DKWE Mitgliedsorganisationen Termine/Aktuelles So, 18. März 2012 Pfarrgemeinderatswahlen und Weltkirche Der Pfarrgemeinderat ist ein wichtiges Gremium in der Pfarre. Daher ist es sehr wichtig, dass mind. eine Person für den Aufgabenbereich „Weltkirche“ verantwortlich ist. Dazu möchte ich ermutigen! Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Kontakt: Tel.: 0662 / 8087-7605 Mail: [email protected] Di, 6. März 2012, 19:30 Uhr Vortragsabend zu Bolivien Referent: Dominik Elmer Ort: KHG, Philharmonikergasse 2, Salzburg Mo, 19. März 2012, 19:00 Uhr Bondeko Gesprächsabend Auf der „anderen“ Seite der Welt Ein Einsatz in der Partnerdiözese San Ignacio de Velasco, Bolivien Referentin: Mag.a Johanna Seidl, Diözesansekretärin der Kath. Jungschar Sbg. Ort: Bondeko, Schönleitenstr. 1, Salzburg Mo, 26. März 2012, 19:00 Uhr Bondeko Gesprächsabend „Mein Leben für die Armen“ 60 Jahre im Einsatz für Mission, Frieden & Entwicklung in Kolumbien Referentin: Margaretha Moises Ort: Bondeko, Schönleitenstr. 1, Salzburg Mo, 3. Mai 2012, 19:00 Uhr Bondeko Gesprächsabend Ifakara – Freundschaft zwischen Tirol und Tansania Referent: Johannes Lanser, Referent bei young Caritas Salzburg Ort: Bondeko, Schönleitenstr. 1, Salzburg Neue Geschäftsführerin für das Afro-Asiatische Institut Salzburg Frau Dott.sa Elke Giacomozzi übernimmt ab Februar 2012 die Geschäftsführung von Florian Jurik am AAI. Die gebürtige Bozenerin kann ihre vielfältigen Kompetenzen und Fähigkeiten im AAI voll einbringen und Akzente für ein breit gefächertes interkulturelles und interreligiöses Angebot setzen. Wir wünschen ihr einen guten Start am AAI. Impressum: DKWE-Info Informationsunterlage für die Bildungsarbeit im Bereich Weltkirche und Entwicklungszusammenarbeit der ED Salzburg. Spendenkonto: Sbg. Sparkasse Kto: 810 BLZ: 20404 Redaktionsteam: Friederike Flesch, Geli Hechl, Wolfgang Heindl, Markus Roßkopf, Sabine Schimpfößl, Margareta Walder-Grabner. Layout: Petra Gasser; Cover-Design: selah design Medieninhaber: Diözesankommission für Weltkirche und Entwicklungszusammenarbeit; Kapitelplatz 6, 5020 Salzburg; Tel.: 0662/8047-7610; E-Mail: [email protected] Internet: http://dkwe.kirchen.net Druck: Druckerei der ED Sbg. Titelfoto: Welthaus Graz Österreichische Post AG/Sponsoring.Post . GZ 02Z030268 S . VPA 5010 Salzburg