Altern

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DKWE
Diözesankommission für Weltkirche
und Entwicklungszusammenarbeit
Info
2012/1
ALTER/N
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Altern in Europa aus pastoraler Sicht
•
Alternde Gesellschaften
•
Alter und Altwerden in Schwarzafrika
•
Der Umgang mit älteren Menschen in Indien
Alter/n
Seite 2
Liebe Leserinnen und Leser!
„Das Alter ist deshalb schön,
weil es einen neuen Blick gewährt, einen Blick auf Entwicklungen, auf Zusammenhänge,
die man so vorher nicht gesehen hat. Man sieht Dinge neu.
Ich rege mich über vieles bei
weitem nicht mehr so auf wie
früher. Natürlich rege ich mich
auf, wenn es von der Sache her
geboten ist, schon deshalb,
weil es mir den Impuls zur Aktion liefert.“, so formuliert es die
in Pakistan lebende Ärztin und
Ordensfrau Ruth Pfau (geb.
1929). Alter - Altern - der Umgang der Generationen miteinander ist das Thema dieser
DKWE-Info. Anlass dazu gab
dem Redaktionsteam das von
der Europäischen Union ausgerufene europäische Jahr 2012
des aktiven Alterns und der Solidarität zwischen den Generationen.
Die Referentin für Altenpastoral
MMag. Eva-Maria Wallisch wirft
einen grundsätzlichen pastoralen Blick auf diese Diskussion
(S. 2/3). Die Weltbevölkerung
wächst, u.a. auch deshalb, weil
die Lebenserwartung der Menschen steigt. Von diesem Faktum geht Mag. Christa Wieland
in ihrem Beitrag aus, in dem sie
Prognosen zu dieser weltweiten
Entwicklung des Älter-werdens
skizziert (S. 4). Die Postmoderne stellt die traditionellen Lebensweisen auch in Afrika und
Asien vor ganz neuen Herausforderungen. Über das Alter in
Schwarzafrika und die Beziehung zu den Ahnen schreibt
Prof. DDr. Claude Ozankom (S.
5). Dr. Sumeeta Wadhera-Hasenbichler rundet mit ihrem Bericht über den Umgang mit älteren Menschen in Indien diese
DKWE-Info inhaltlich ab (S. 6).
In wünsche Ihnen/Euch eine
anregende Lektüre, aus der
heraus das Miteinander und die
Solidarität der Menschen unterschiedlichen Alters gestärkt und
gefördert wird.
Markus Roßkopf,
DKWE- Geschäftsführer
Altern in Europa
aus pastoraler Sicht
„Selbst die Senioren sind nicht
mehr die alten…“,1 so lautet ein
Buchtitel der letzten Jahre. In
ihren praktisch-theologischen
Beiträgen zu einer Kultur des
Alterns kommen die Autoren zu
dem Ergebnis, dass sich Altern
heute grundsätzlich geändert
hat. Sogar der Zusammenhang
„Alter und Frömmigkeit“ – wir
kennen das Sprichwort „mit dem
Alter kommt der Psalter“ –
scheint nicht mehr gegeben zu
sein. Auch die ältere Generation
ist nicht unberührt geblieben von
den Umbrüchen unserer postmodernen Zeit. Sogar die religiösen Einstellungen und Verhaltensweisen der Älteren zeigen
sich so individualistisch und pluralistisch wie unsere ganze Gesellschaft, so ein Resümee ihres
pastoraltheologischen Forschungsprojektes.
Auch ein Blick auf unsere Bevölkerungspyramide und die Prognosen einer demographischen
Entwicklung in Mitteleuropa, lassen für Österreich ganz Neues
erwarten.
Wegen des Rückgangs der
Säuglings- und Kindersterblichkeit und der Fortschritte in Medizin und Geriatrie haben die
Menschen in den industrialisierten Ländern im letzten Jahrhundert im Durchschnitt 25 Lebensjahre hinzugewonnen. Neu entstanden ist die Lebensphase
des sog. „3. Alters“, eine oft lange Phase nach der Pensionierung in relativer Gesundheit und
Aktivität. Da diese Lebenszeit
zwischen beruflicher Verpflichtung und Hochaltrigkeit neu ist,
fehlen ihr noch Vorbilder gelingenden und sinnerfüllten Älter1
werdens. Tatsache ist, dass die
Wirtschaft dieses Lebensalter
als konsumkräftige Gruppe bereits entdeckt hat und dass dem
Thema Altern gesellschaftlich v.
a. mit unterschiedlichsten „AntiAging-Programmen“ begegnet
wird. Nicht, wie kann ich mein
Älterwerden annehmen und
gestalten, sondern wie kann ich
das Altern möglichst lange hinauszögern, ist allzu oft die Frage.
Es ist schwierig, heute alt zu
werden, wenn unsere Gesellschaft in ihrem Jugendlichkeitsund Perfektionswahn kaum heilsame und sinnstiftende Bilder
gelungenen Alterns anbieten
kann. Alte Menschen sprechen
oft davon, nicht mehr wahr- oder
ernst genommen zu werden:
„Mich braucht ohnehin keiner
mehr!“ oder „Ich habe im Alter
schon meine ganze Würde verloren!“
Der Theologe Fulbert Steffensky
stellt sich dagegen und versucht
in seinem Buch „SchwarzbrotSpiritualität“ eine Antwort auf die
Frage nach einem sinnerfüllten
Altwerden zu geben.
Er erzählt von seinen Erfahrungen, von den Idealen eines langen Lebens, für die er gearbeitet
und gekämpft hat. Vieles davon
ist gelungen, manche Ziele wurden nicht oder nur halb erreicht.
Aber, davon ist er überzeugt, es
gilt auch diese Hälfe zu schätzen, die möglich geworden ist.
Er stellt sich damit gegen den
„Vollkommenheits-Terrorismus“
unserer Gesellschaft, die das
Halbe und Nicht-zu-Endegemachte abwertet oder übersieht.
Walter Fürst, Andreas Wittrahm, Ulrich Feeser-Lichterfeld, Tobias Kläden (Hg.)
Selbst die Senioren sind nicht mehr die alten…“ Praktisch-tehologische Beiträge zu
einer Kultur des Alterns, 2003
Alter/n
Seite 3
Steffensky spricht davon, dass
alte Menschen den Jüngeren etwas voraus haben, nämlich die
größere Erfahrung mit den Niederlagen eines Lebens. Von diesen Geschichten der persönlichen und politischen Niederlagen und wie sie bewältigt wurden, gilt es den Jüngeren zu erzählen. Wie haben sich Ideale im
Laufe eines Lebens verändert,
wie ist es gelungen, sich von falschen Hoffnungen zu befreien,
wie hat die Erfahrung von
Schwäche Menschen manchmal
menschlicher gemacht?
schen, die nicht mithalten können, weil sie mit physischen oder
psychischen Einschränkungen
leben, stören hier. Das Alter und
besonders die letzte Lebensphase gehören zu diesen Störfaktoren.
Dennoch erleben wir – und das
nicht erst im höheren Alter –
dass wir immer wieder mit Themen konfrontiert werden, die uns
die Grenzen unseres Lebens
aufzeigen. Erfahrungen wie
Hilfsbedürftigkeit, Gebrechlichkeit, Endlichkeit, Einsamkeit oder
zum Menschsein Geburt und
Tod, anfangen und beenden,
Gesundheit und Krankheit, Flexibilität und Verwiesen-Sein auf
Andere gehört. Auch wenn diese
Botschaft, wie die Botschaft der
Prophet/innen, eine unangenehme ist, bedeutet sie zugleich
Entlastung: Die Würde des Menschen hängt nicht von seiner
Leistungsfähigkeit ab, sondern
gehört unabhängig davon zu jedem menschlichen Leben. Wir
müssen uns nicht aufreiben in
einem Kampf, den wir nur verlieren können, um Werten wie Per-
Foto: Hermann Meidl
Gedenkmesse im Seniorenheim Taxham / Salzburg
Steffenski spricht von der Kunst,
die „halben Erfolge“ und die
„geglückten Niederlagen“ zu
schätzen, und von der Erkenntnis, dass uns am Ende eines Lebens Gott selbst die Last der
Welt von den Schultern nimmt.
Diese Erkenntnisse und Erfahrungen sind für uns Jüngere
„Altersweisheit“ und Bilder eines
sinnerfüllten Älterwerdens
Sterblichkeit gehören genauso
zu einem menschlichen Leben
wie die Idealvorstellungen unserer Leistungsgesellschaft. Wenn
wir Themen wie Alter, Krankheit
oder Sterblichkeit ausklammern,
wenn wir alte Menschen übersehen, wenn wir kranke, behinderte oder sterbende Menschen
aus unserem Alltag verdrängen,
schneiden wir einen wichtigen
Teil des Lebens einfach ab.
Die Ideale „ewige Jugend“, Gesundheit, Attraktivität, Fitness
und Leistung besitzen heute
höchsten Stellenwert. Men-
Alte Menschen haben – wie die
Propheten und Prophetinnen der
Bibel – eine Botschaft für uns
alle. Sie erzählen davon, dass
fektionismus, endloser Jugendlichkeit und andauernder Leistungsfähigkeit zu entsprechen.
Ich wünsche mir, dass das Europäische Jahr des aktiven Alterns und der Solidarität zwischen den Generationen 2012
dazu beitragen kann, die negativ
besetzten Begriffe wie „Alter“
und „Altern“ aufzubrechen und
neu zu füllen.
MMag. Eva-Maria Wallisch
Referentin für Altenpastoral
Alter/n
Seite 4
Alternde Gesellschaften –
Viele offene Fragen und wenig Antworten
Während dieser Beitrag entsteht,
läuft im Hintergrund auf meinem
PC die Weltbevölkerungsuhr, die
mir mitteilt, dass augenblicklich
7.017.276.938 Menschen auf unserem Planeten leben. Davon ist
heute ca. 1 Mrd. älter als 60 Jahre. Vertraut man den Ergebnissen der UNO-Bevölkerungsentwicklungsstudien, so werden
es in 40 Jahren bereits doppelt
so viele Menschen sein, das sind
rund 22 % der Weltbevölkerung.
Diese Entwicklung ist erfreulich,
da wir alle damit rechnen
dürfen, länger als bisherige
Generationen zu leben und
dies auch bei besserer Gesundheit und sozialer Absicherung. Zumindest trifft
das auf weite Teile der industrialisierten Staaten zu.
Eine erhöhte Lebenserwartung zeichnet sich aber
auch für die Entwicklungsländer ab, wenngleich die
demographischen Veränderungen dort andere sind.
Denn während in Europa
die Bevölkerung nicht nur
älter wird, sondern aufgrund niedriger Geburtenraten auch schrumpft, verzeichnen
nahezu alle afrikanischen, lateinamerikanischen und asiatischen
Staaten ein enormes Bevölkerungswachstum, was 2050 dazu
führen wird, dass vier Fünftel aller älteren Menschen in Entwicklungsländern leben werden.
Ältere Menschen stellen weltweit
die am schnellsten wachsende
Bevölkerungsgruppe dar, auch
wenn die Wachstumszahlen unterschiedlich verlaufen. In Asien
prognostiziert man in den kommenden 20 Jahren das stärkste
Wachstum am Anteil älterer
Menschen auf rund 60 % der
Gesamtbevölkerung. Afrika wird
aufgrund der weltweit geringsten
Lebenserwartung mit unter 10 %
zwar einen sehr viel geringeren
Anteil älterer Menschen aufweisen, der afrikanische Kontinent
ist aber auch auf diese demographische Veränderung am wenigsten vorbereitet, da staatlich
ausgebaute Gesundheits-, Sozial- oder Rentensysteme nahezu
gänzlich fehlen.
Südlich der Sahara beispielsweise beziehen weniger als 5 % der
Bevölkerung eine Altersversorgung oder sind in der Situation,
im Alter auf eine existenzsichernde Perspektive zu hoffen. Daher
bedeutet Reichtum für viele afrikanische Familien immer noch
Foto: Michaela Rupprecht/pixelio.de
Kinderreichtum und die damit
verbundene Erwartung, im Alter
zumindest über eine minimale
Versorgung zu verfügen. Doch
diese Hoffnung gilt heute nicht
mehr als berechtigt. Viele afrikanische Staaten kämpfen nach
wie vor mit dem Ausfall einer
ganzen Generation, bedingt vor
allem durch epidemische Erkrankungen wie AIDS, aber auch die
stetig zunehmende Urbanisierung stellt viele Entwicklungsstaaten vor völlig neue Herausforderungen. Bereits 2030 werden 5 Mrd. Menschen in Städten
leben. Für Asien, Afrika und Lateinamerika bedeutet dies eine
Verdoppelung im Vergleich zu
heute, verbunden mit der Sorge,
dass dies auch zu einer Verdoppelung der Probleme führen
wird, die durch eine zunehmende
Bevölkerungskonzentration in
Städten hervorgerufen wird (v.a.
Slumbildung rund um Megacitys). Die Land-Flucht betrifft vorwiegend junge Bevölkerungsgruppen, wodurch sich die Situation der älteren Menschen die in
den ländlichen Regionen verbleiben dramatisch verschlechtern
dürfte, da eine Altersversorgung
außerhalb des Familienverbands
weitgehend unbekannt ist.
Während sich alle europäischen
Staaten um eine zukunftsorientierte Lösung ihrer Rentenbezugssysteme ringen und bemüht sind, die Lücken in der
Alten- und Pflegebetreuung
durch neue Konzepte zu
schließen, hat sich in vielen
Entwicklungsländern im Umgang mit einer alternden Gesellschaft noch nicht einmal
ein Problembewusstsein entfalten können, da diese Staaten mit zahlreichen anderen
ungelösten Aufgaben zu
kämpfen haben. Ob und wie
es Entwicklungsländern gelingen wird, diese Herausforderungen zu bewältigen, erlaubt Perspektiven in alle
Richtungen. Einigkeit herrscht
nur darüber, dass die Frage des
Umgangs mit älteren Menschen
und einem damit verbundenen
erhöhten Betreuungs- und Pflegebedarf auch auf Entwicklungsländer zukommen wird und Antworten darauf wohl nur mithilfe
der Internationalen Gemeinschaft gefunden werden können.
Europäische Modelle die auf einem staatlichen oder teilstaatlichen Versorgungskonzept aufgebaut sind, werden allerdings in
Entwicklungsländern kaum anwendbar sein, auch scheinen
Konzepte dafür heute auf der Agenda eines entwicklungspolitischen Maßnahmenkatalogs
praktisch nicht auf.
Mag. Christa Wieland
Afro-Asiatisches Institut Salzburg
Alter/n
Seite 5
Foto: DKA
Alter und Altwerden in Schwarzafrika
Männer aus dem Sudan
Wegweisend für das traditionelle
Verständnis des Alters in Afrika
ist die Vorstellung, dass das Leben nur in der Gemeinschaft im
Sinne von Großfamilie sinnvoll
zur Entfaltung kommen kann.
Damit ist eine soziale Entität gemeint, die in der Regel eine beachtliche Anzahl von Menschen
umfasst, die auf verschiedene
Ebenen, gleichsam in konzentrischen Kreisen, durch einen gemeinsamen (durchaus mythischen) Vorfahren verbunden
sind. … Im traditionellen Afrika
werden in der Regel alte Menschen zu den Weisen gezählt.
Denn um sich all das anzueignen, was den Weisen auszeichnet und sich so dann im konkreten Leben als solcher zu bewähren, bedarf es langer Jahre der
Initiation und Erfahrung.
Über all dem steht die Vorstellung, dass die Alten und Ältesten
eine Brückenfunktion zwischen
der Welt der auf Erden Weilenden und der Welt der Ahnen zu
übernehmen haben. Dies ist insofern von Bedeutung, als die
Vorstellung herrschend ist, dass
das Leben der Menschen am ehesten gelingen kann, wenn sie
sich am Willen ihrer Ahnen, d.h.
jener Vorfahren, die auf Erden
rechtschaffen waren und ein vorbildliches Leben geführt haben,
orientieren, ihr Gedächtnis begehen und ihre Erfahrungen ins
Heute zu übersetzen versuchen.
Infolgedessen versuchen die Lebenden, das Wohlwollen der Ahnen durch verschiedene Riten
und Praktiken auf sich zu lenken.
„Der Ahnenkult ist der feierlichste Moment und der privilegierte
Ort, an dem der Afrikaner versucht, die Lebenskraft des,
`mystischen Ahnenleibes´ zu intensivieren.“ (Bujo) … Die Opfergaben sind ein Symbol für die
Teilhabe der Ahnen am Leben
der Gemeinschaft. Das Gebet ist
hier soviel wie ein Gespräch mit
den Ahnen. Damit wird man erneut auf das Moment der Kommunikation zwischen Toten und
Lebenden verwiesen, die oben
erwähnt worden ist. Man kann in
diesem Zusammenhang von einem `Aufeinander-angewiesenSein´ beider Lebenswelten sprechen. Denn während die Lebenden nur dann das Leben in Fülle
haben können, wenn sie den Ahnen die Ehre erweisen und ihre
Weisungen beherzigen, besteht
das Glück der Toten darin, im
Gedächtnis der Lebenden weiterzuleben.
Im Zuge der Begegnung mit der
Modernität, wie sei durch die Begegnung mit Europa zustande
kam, wurde die traditionelle
Wertschätzung für die alten
Menschen - verbunden mit der
ihnen zustehenden Versorgung in Frage gestellt. Die Gründe
hierfür sind vielfältig und überaus
komplex. Als Haupttriebkraft wird
immer wieder die Schulbildung
ins Feld gebracht. Dahinter steht
die Erkenntnis, dass die Wissensvermittlung europäischen
Zuschnitts und das damit verbunden Weltverständnis letzten
Endes dazu führten, dass die
durch die Alten repräsentierte
Sicht der Dinge nicht mehr die
alles bestimmende Richtschnur
ist. Konkret: Die an der europäischen `Rationalität´ geschulten
Afrikaner befreiten sich nach und
nach von der „Diktatur der Greisen“ (J.-M. Ela). In engem Zusammenhang mit diesem Emanzipationsprozess steht das neue
sozial-ökonomische System:
Durch die Einführung von Gehältern als Entlohnung für die Arbeit, die Gründung von urbanen
Zentren usw. wurde es für viele
Menschen möglich weitgehend
unabhängig von den herkömmlichen Familienverhältnissen zu
leben. Ebenso führten die kriegerischen Auseinandersetzungen sowie die Ausbreitung der
Pandemie AIDS dazu, dass in
vielen Gegenden kaum mehr
Menschen im arbeitsfähigen Alter zu finden sind. Als Konsequenz sind die ganz Alten und
die ganz Kleinen in der Gemeinschaft sich selbst überlassen
und müssen füreinander sorgen
- ein wahrlich unzumutbarer Zustand, zu dessen Überwindung
angemessene Lösungsvorschläge noch nicht in Sicht sind.
Prof. DDr. Claude Ozankom
aus seinem Buch: Begegnungen mit
Jesus in Afrika. Afrikanische Glaubenswirklichkeit in theologischer
Perspektive, 2011, S.198-203
Alter/n
Seite 6
Der Umgang mit älteren Menschen in Indien
Foto: Günther Jäger, Verein Cope
der ihn für ein Tier hält.
Frau in Südindien, Tamil Nadu
Das Alter wird in Indien traditionell mit Lebensweisheit und mit
Lebenserfahrung assoziert.
Dementsprechend werden ältere
Menschen mit Respekt und Ehre
behandelt. Das Familienoberhaupt ist in Großfamilien stets
das älteste Familienmitglied. Bei
allen Festen und Feierlichkeiten
sind ältere Menschen sogenannte Ehrengäste, deren Segenswünsche als erstes gesucht werden. Von Kindern wird erwartet
auf die Wünsche und Entscheidung der älteren Personen zu
hören. Älteren Menschen darf
nicht widersprochen werden. Oft
treffen sie die wichtigsten Entscheidungen der Familie. Selbst
Frauen gewinnen mit dem Alter
an Status und Ansehen. Es gehört zu den wichtigsten Pflichten
der Kinder, die Eltern im Alter zu
pflegen und ihre Wünsche zu erfüllen. In Ramayana geht Rama
14 Jahre ins Exil, weil sein Vater
ihn darum gebeten hat. Eine weitere Geschichte ist die des
Schrawan Kumars, der seinen
blinden alten Eltern ihren Lebenswunsch erfüllt, in dem er sie
auf einer Trage auf den Schultern auf Wallfahrt an die wichtigsten Orte nimmt. Beim Versuch ihnen Wasser zu bringen,
wird er von einem König getötet,
Auch die Dorfpolitik funktioniert(e) nach diesem Prinzip. In
jedem Dorf gibt es einen Panchayat, einen Rat vom älteren,
weisen Menschen, meistens
Männern. Der Panchayat war oft
die erste Instanz für Streitschlichtungen, aber auch für alle
wichtigen Entscheidungen der
Dorfgemeinschaft.
Im Hinduismus wird das Leben
in vier Stadien oder Ashrams geteilt. Die ersten 25 Jahre soll
man Brahmachari oder Schüler
sein und sich dem Studium der
heiligen Schriften widmen, oder
gemäß der Kaste den Familienberuf erlernen. In der Grihasthaphase soll man eine Familie gründen. Darauf folgt das
Vanaprastha. In dieser Phase
soll man die Geschäfte den Kindern übergeben und sich im
Wald züruck ziehen und sich auf
die letzte Phase also Sanyasa
vorbereiten. In dieser letzten
Phase geht es um das Streben
nach Moksha oder Erleuchtung
und Befreiung vom Kreislauf von
Geburt und Tod. Es bedeutet
komplette Entsagung und Loslösung von allen weltlichen Beziehungen.
Diese Lebensstadien waren ursprünglich nicht nach dem Alter
eingeteilt, man konnte auch als
junger Mensch „Sanyasi“ werden, aber spätestens ab dem Epos Mahabharata wurden sie so
empfohlen. Diese Lebenseinteilung galt überwiegend für Männer aus den obersten drei Kasten. Für Frauen hingegen war
sie nicht vorgesehen. Der Lebensabend war und ist eine Lebensphase, in der man sich seinem eigenen Seelenheil widmet.
Man bekommt quasi die Lizenz
sich offiziell von gesellschaftlichen und familiären Verpflichtungen zu lösen und von Außen
nach Innen zu kehren. Schon ab
dem 50. Lebensjahr konzentriert
man sich immer mehr auf das
Studium der heiligen Schriften
und sucht spätestens dann einen
Guru, einen Wegweiser für die
Erlösung.
In der gehobenen Mittelschicht
des heutigen Indien verdrängt
die Kleinfamilie aufgrund zunehmenden Konsums und Nachahmung des westlichen Lebensstils
die Großfamilie. Viele junge gebildete Leute wandern aus und
schicken ihren Eltern Geld nach
Indien. Zurück bleiben die alten
Eltern alleine in ihren großen
Häusern mit Bediensteten. Immer wieder kommt es vor, dass
sie Opfer von kriminellen Verbrechen werden. Zudem vereinsamen sie immer mehr. Immer weniger junge Leute wollen sich um
die eigenen Eltern kümmern.
Vielmehr gibt es Streit um Erbschaft und Eigentum. Viele wollen die teuren Häuser ihrer Eltern gleich verkaufen, weil die
Grundstückpreise um ein Vielfaches in den letzten Jahren gestiegen sind. Überall sprießen
Seniorenheime aus dem Boden
Viele alte Leute sind enttäuscht
über den Werteverfall und sorgen auch immer mehr für ihr Alter vor. Noch vor dreißig Jahren
haben Inder ihr Leben lang für
die Kinder gespart und auf den
männlichen Nachwuchs gesetzt
in der Hoffnung, diese würden
sie in ihrem Lebensabend pflegen. Doch viele wurden enttäuscht und von ihren Kindern in
Stich gelassen.
Trotz dieses negativen Trends in
den Großstädten kann zusammenfassend festgehalten werden, dass das Alter für den
Großteil der indischen Bevölkerung einen hohen Stellenwert hat
und die meisten Menschen sich
freuen, alt zu werden, weil sie
respektiert und angesehen werden.
Dr. Sumeeta Wadhera-Hasenbichler,
Kuratoriumsvorsitzende des AAI
Aktuelles
Seite 7
Leben für die Armen
Margaretha Moises in Kolumbien
Maria Herlinde, die ebenfalls
bis zu ihrem Tod 2006 als Missionarin und Entwicklungshelferin in Kolumbien tätig war,
vom Militär gefoltert und mit
einem Einreiseverbot belegt
wurde. All das hat sie nicht von
ihrem Entschluss und Weg abbringen können. Bis heute
setzt sie sich für Vertriebene
und ein. Besonders die Kinder
Foto: privat
Margaretha Moises feiert im
März ihren 80. Geburtstag. Die
gebürtige Bad Hofgasteinerin
lebt seit beinahe 60 Jahren in
Kolumbien. Mit offenem Herzen ist sie im Einsatz für die
Ärmsten. In dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land
kämpft sie um Gerechtigkeit,
Befreiung und Frieden. Für ihr
Engagement wurde sie u.a. mit
Foto: SEI SO FREI
VORGESTELLT
Margaretha Moises und Wolfgang Heindl im Rahmen der Buchvorstellung
„Die Missionarin – Maria Herlinde Moises, Hoffnung der Schutzlosen“
dem Romero-Preis ausgezeichnet.
Das Abenteuer Kolumbien begann für sie am 23. Jänner
1953: „Land in Sicht“, hieß es
als das Frachtschiff nach drei
langen Wochen auf See seinen Zielhafen erreichte: Cartagena de Indias an der Karibikküste. Mit an Bord in der dritten Klasse, die junge Franziskaner-Missionsschwester Margaretha Moises. An diesem
tropischen Jännertag, war für
die 20 jährige BergbauernTochter bereits klar, dass sie
ihr Leben in den Dienst der
Ärmsten stellen wollte. Die Dimensionen dieses Entschlusses wurden ihr jedoch erst
später in voller Konsequenz
vor Augen geführt: Als sie für
ihren Einsatz für Landlose vom
Militär verhaftet und verhört
wurde oder als ihre Schwester
und Jugendlichen sind ihr ein
Herzensanliegen: Für sie baut
Margaretha Moises gemeinsam mit SEI SO FREI einen
Kindergarten im nach ihrer
Schwester benannten Armenviertel. Knapp 50 Kindern wird
so am Rande von Cartagena
der erste Schritt in eine Zukunft mit Bildung ermöglicht.
Auf Einladung von SEI SO
FREI wird Margaretha Moises
Ihren Geburtstag in Salzburg
feiern. In der zweiten Märzhälfte steht sie auch für Gesprächsabende und Pfarrbesuche zur Verfügung.
Anfragen und
Terminkoordination unter:
0662 / 8047-7557 bzw.
[email protected]
Mag. Wolfgang K. Heindl
SEI SO FREI
Ich wurde am 19. April 1939 in
München geboren und trat nach
dem Abschluss der Bäckerlehre
in Innsbruck in den Franziskanerorden ein. Zuerst kam ich
nach Schwaz, wo ich auch das
Noviziat erleben durfte. Zugleich
wurde ich in die Küche eingeteilt,
wofür ich heute noch dankbar
bin, da ich an der Seite von Br.
Isidor Haslinger, in meinen Augen ein vorbildlicher Mitbruder
und Lehrmeister war.
Durch die Kontakte mit unseren
Missionaren von Bolivien erwachte in mir bald der Wunsch,
auch in die Mission gehen zu
dürfen, aber es wurde mir kundgetan, dass ich zuerst einige
Jahre in der Provinz arbeiten
sollte.
Im Jahre 1980 wurde ich mit den
Aufgaben des Provinzmissionsprokurators betraut. In dieser
Funktion wurde ich auch in die
DKWE Salzburg berufen um im
Besonderen die Anliegen der
Partnerdiözese San Ignacio de
Velasco in Bolivien zu vertreten.
2011 wurde ich als Vertreter der
Ordensleute und der bolivianischen Partnerdiözese in den
DKWE-Vorstand gewählt.
Es ist mir eine große Freude für
die missionarischen Aufgaben
unserer Ordensprovinz tätig sein
zu dürfen.
Fr. Florenz Graf OFM
Provinzmissionsprokurator
DKWE
Mitgliedsorganisationen
Termine/Aktuelles
So, 18. März 2012
Pfarrgemeinderatswahlen und Weltkirche
Der Pfarrgemeinderat ist ein wichtiges Gremium in der Pfarre. Daher ist es sehr
wichtig, dass mind. eine Person für den Aufgabenbereich „Weltkirche“ verantwortlich ist. Dazu möchte ich ermutigen! Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur
Verfügung. Kontakt: Tel.: 0662 / 8087-7605
Mail: [email protected]
Di, 6. März 2012, 19:30 Uhr
Vortragsabend zu Bolivien
Referent: Dominik Elmer
Ort: KHG, Philharmonikergasse 2, Salzburg
Mo, 19. März 2012, 19:00 Uhr
Bondeko Gesprächsabend
Auf der „anderen“ Seite der Welt Ein Einsatz in der Partnerdiözese San Ignacio de Velasco, Bolivien
Referentin: Mag.a Johanna Seidl, Diözesansekretärin der Kath. Jungschar Sbg.
Ort: Bondeko, Schönleitenstr. 1, Salzburg
Mo, 26. März 2012, 19:00 Uhr
Bondeko Gesprächsabend
„Mein Leben für die Armen“ 60 Jahre im Einsatz für Mission, Frieden & Entwicklung in Kolumbien
Referentin: Margaretha Moises
Ort: Bondeko, Schönleitenstr. 1, Salzburg
Mo, 3. Mai 2012, 19:00 Uhr
Bondeko Gesprächsabend
Ifakara – Freundschaft zwischen Tirol und Tansania
Referent: Johannes Lanser, Referent bei young Caritas Salzburg
Ort: Bondeko, Schönleitenstr. 1, Salzburg
Neue Geschäftsführerin für das Afro-Asiatische Institut Salzburg
Frau Dott.sa Elke Giacomozzi übernimmt ab Februar 2012 die Geschäftsführung von Florian Jurik am AAI. Die gebürtige Bozenerin kann ihre vielfältigen
Kompetenzen und Fähigkeiten im AAI voll einbringen und Akzente für ein breit
gefächertes interkulturelles und interreligiöses Angebot setzen. Wir wünschen
ihr einen guten Start am AAI.
Impressum: DKWE-Info
Informationsunterlage für die Bildungsarbeit im Bereich Weltkirche und Entwicklungszusammenarbeit der ED Salzburg.
Spendenkonto: Sbg. Sparkasse Kto: 810 BLZ: 20404
Redaktionsteam: Friederike Flesch, Geli Hechl, Wolfgang
Heindl, Markus Roßkopf, Sabine Schimpfößl, Margareta Walder-Grabner.
Layout: Petra Gasser; Cover-Design: selah design
Medieninhaber: Diözesankommission für Weltkirche und Entwicklungszusammenarbeit; Kapitelplatz 6, 5020 Salzburg;
Tel.: 0662/8047-7610; E-Mail: [email protected]
Internet: http://dkwe.kirchen.net Druck: Druckerei der ED Sbg.
Titelfoto: Welthaus Graz
Österreichische Post AG/Sponsoring.Post . GZ 02Z030268 S . VPA 5010 Salzburg
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