1 Spricht Gott zu uns durch die Sterne? Aus Jupiter Nr. 1/Januar 90 S.16ff Astrologie und Bibel Die Bibel beschreibt Lebenserfahrungen und Gotteserfahrungen. Deshalb erzählt sie von Suchern und Zweiflern, von Glaubenden und Ungläubigen, von Mord und Rettung, von Führung und Verzweiflung, von Mächtigen und Ohnmächtigen. Die Bibel ist immer an den Menschen interessiert, die etwas denken, fühlen und erleben, nie an abstrakten Lehrsätzen oder Dogmen. Darin ist sie einer seriösen Astrologie verwandt, der es auch nicht um Theorien, sondern ums Praktische geht. Ein Beispiel für gelehrte Gottsucher sind die Weisen aus dem Morgenland, manchmal fälschlicherweise als „heilige drei Könige" bezeichnet. Sie suchten den neuen Herrn der Welt, den sie für einen König hielten; deshalb brachten sie ihm die kostbaren Gaben Gold, Weihrauch und Myrrhe mit: so etwas schenkte man nur Königen. Die drei stellen die damals drei bekannten Erdteile dar. Wovon redet die Bibel? Die Bibel berichtet von Dingen, welche die Leute ihrer Zeit für wichtig hielten. So stößt man auf den Widerspruch gegen den Sternenkult, gegen die religiöse Verehrung und Anbetung von Sonne, Mond und bestimmten Sternen, wie es in den Astralkulten Brauch war. Auch heute betet niemand Sterne an. Aber an manchen anderen Stellen fanden auch astrologische Erkenntnisse Eingang in die Bibel. Die Bibel ist gewiß ein weises Buch, weil sich in ihr überirdische Erfahrungen mit Alltäglichkeiten verbinden: Gott begegnet den Menschen bei der Arbeit (den Hirten auf dem Felde); Gott spricht in Träumen (Jakobs Traum von der 2 Himmelsleiter); Gott erteilt Aufträge am Morgen oder beim versonnenen Blick aus dem Fenster (der Prophet Jeremia sieht den Wasserkessel überkochen und staunt über einen blühenden Mandelzweig mitten im Winter) u.a. Vielleicht heißt sie deshalb „das Buch der Bücher" weil das Heilige in den weltlichen Dingen aufgespürt wird. Auch die Technik der Astrologie ist eine durchaus weltliche Sache. Aber es steckt mehr hinter der Astrologie als nur In der Astrologie verbergen sich Gottes Pläne mit den Menschen ein paar Rechenkünste oder lediglich Psychologie. Denn in ihr verbergen sich Gottes Pläne mit den Menschen. Dein Wille geschehe Astrologie spielt daher in der Bibel eine ähnliche Rolle wie heute. Manche stimmen zu, weil sich darin eine Erfahrung ausdrückt; manche widersprechen der astrologischen Weisheit, weil sie nicht zustimmen können, was sie nicht einsehen wollen. Und dabei gibt es einen einleuchtenden Zusammenhang zwischen Astrologie und dem Glauben der Bibel: Gott führt die Menschen nach seinem Willen, man könnte auch sagen nach seinem göttlichen Plan. Deshalb lehrt Jesus seine Jünger beten: „Dein Wille geschehe - wie im Himmel so auf Erden". Das klingt ganz astrologisch. Wie oben - so unten, eine alte astrologische Voraussetzung. Aber was ist der Wille Gottes? Da läßt sich manches mit den Sternen-Konstellationen ausmachen. Immer aber ist auch gemeint, daß die Menschen ihr Leben als Die Sterne sind eine Art Handschrift Gottes am Himmel Gabe und Aufgabe begreifen und daß sie vertrauen lernen, zwar nicht auf 3 die Sterne, denn auch sie sind wie die Erde nur Materie, aber auf das, was die Sterne anzeigen. Die Sterne sind keine Götter, aber sie sind eine Art Handschrift Gottes amdem Himmel, die wir lesen dürfen. Die Weisen aus Morgenland Ein Paradebeispiel für biblische Weisheit, die sich mit Astrologie verbindet und zugleich so weltlich klingt, ist die Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland (Matthäus-Evangelium, Kap. 2). Wie alle Geschichten hat auch sie eine historische und eine persönliche Seite. Es gibt also ein äußeres, historisch und astronomisch nachprüfbares, und daneben ein inneres, religiöses Geschehen. „Wir haben seinen Stern gesehen" Dreimal erwähnt Matthäus, daß sie den Stern sahen „im Morgenlande". Das ist gewiß nicht zufällig, denn dreimal gab es in einem Jahr eine ganz besondere Konstellation. Zur Zeit Jesu gab es im babylonischen Sippar am Euphrat eine Sternwarte. Dort hat man den Lauf der Sterne sehr genau beobachtet. Es wurden sogar Sternen-Bahnen vorausberechnet, so auch die seltene Konstellation für das Jahr 7 v. Chr. nach späterer Zeitrechnung. Es geht dabei um zwei Sterne: Der Planet Jupiter, der dem höchsten Gott der Babylonier Marduk, dem Lichtgott und Weltenschöpfer, zugeordnet wurde, galt als Schicksalslenker der Könige, ja als Königsstern der Endzeit. In babylonischen Quellen wird er als „Hirt der Sterne" bezeichnet, der dem irdischen König und damit auch den Untertanen Glück und Heil bringt. Dann der Saturn: Nach babylonischer Meinung bestimmte er das Schicksal des jüdischen Volkes. Bis heute findet übrigens diese Zuordnung des Saturn ihren sprachlichen Ausdruck im englischen Saturday für den Feiertag in der jüdischen Woche: der heilige Sabbath = Samstag ist der Tag des Saturn. 4 Auch Saturn enthält einen königlichen Aspekt, denn er wurde als „Stern der Sonne", als ihr Stellvertreter gedeutet. Ob von hier der stellvertretende Tod Jesu hergeleitet werden kann? Als Jesus geboren wurde: Jupiter und Saturn leuchteten als ein Stern Das liegt im Bereich des Möglichen, denn der Saturn gilt als Stern der Gerechtigkeit und Inbegriff einer gerechten göttlichen Weltordnung. Vom Standpunkt der Erde aus betrachtet, erschienen Jupiter und Saturn, die königlichen Zwillinge des Himmels, als ein Stern. Ihre Einheit mußte daher einen Höhepunkt des Königtums im Himmel und auf Erden nahelegen. „Wo ist der neugeborene König der Juden?" fragen daher die von weit her angereisten Männer. Die große Konjunktion Am 29. Mai des Jahres 7 v. Chr. schiebt sich Jupiter genau vor den Saturn, 5 sie bilden eine Konjunktion; man nennt sie Conjunctio aurea (golden) oder Conjunctio maxima (die größte). Diese Himmelserscheinung ereignete sich dreimal in jenem Jahr: am 27. Mai, 6. Oktober und 1. Dezember, und zwar im Sternbild Fische. Im Durchschnitt gibt es in einem Jahrhundert vier bis fünf Jupiter-SaturnKonjunktionen, aber nicht in den Fischen. Die im Sternbild Fische war die einzige zwischen den Jahren 861 vor Christus und 2615 nach Christus. Nun kommt eine weitere Besonderheit für das Jahr 7 v. Chr. hinzu: Nach babylonischer Astronomie trat der sogenannte Frühlingspunkt (Schnittpunkt von Himmelsäquator mit der Ekliptik, also dem Schnittkreis der Erdbahn-Ebene mit der Himmelskugel) ins Sternbild der Fische ein. Das geschieht nur einmal in 52.000 Jahren. Den Eintritt des Frühlingspunktes ins Sternbild Fische bei dreimaliger Konjunktion von Jupiter und Saturn in den Fischen - das geschieht nur einmal innerhalb von 5 Millionen Jahren. Sollte das nicht ein Hinweis auf ein ganz großes Ereignis sein? Nun versteht man auch den Satz des Apostels Paulus: „Als aber die Erfüllung der Es geschieht nur einmal innerhalb von 5 Millionen Jahren Zeit (d.h. der festgesetzte Zeitpunkt) gekommen war, sandte Gott seinen Sohn, von einer Frau geboren und unter das Gesetz getan, auf daß er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste. Sie sollten wie er zu Kindern Gottes werden" (Galaterbrief Kap. 4,4). König der Juden — König der Welt Wenn es richtig ist, daß zur Geburtszeit Jesu Herodes der Große in Juda regierte, dann muß Jesus tatsächlich vor dem Jahre 4 v. Chr., dem Todesjahr des Herodes, geboren worden sein. Den Titel, „König der Juden" bekam Herodes vom römischen Kaiser Antonius verliehen. Deshalb galt er bei seinen 6 Volksgenossen als Günstling der römischen Besatzungsmacht; man liebte ihn also nicht gerade. Er selbst hatte sein Lebtag Angst um seinen Thron. Sogar seine eigene Familie wurde von ihm des Verrates verdächtigt, drei seiner „Mein Reich ist nicht von dieser Welt" Söhne ließ er deshalb hinrichten. Seine Grausamkeit und Hinterlist war den Juden bekannt. Und nun soll da ein neuer König geboren sein, der diesen Thron besteigen will? So hat es Herodes mißgedeutet. Aber es wird ein anderer Thron sein, den Jesus innehaben wird: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt." Weil er auf Macht und Ansehen sieht, kann Herodes nicht in sein Inneres schauen. Es geht also um eine geistige Herrschaft, die ein Kind in den herzen von Menschen aufrichten wird: "Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott." Von der Krippe zum Kreuz Der Stern von Bethlehen wurde bereits im Alten Testament erwartet: In der Form eines prophetischen Orakels wird das junge Königtum in Israel gefeiert und soll damit gestärkt werden (4. Mose 24, 15ff). Das Orakel hat den gegenwärtigen König vor Augen, anders als spätere messianische Weissagungen. Die Bezeichnung des Königs als eines Sterns findet sich außerdem noch beim Propheten Jesaja ( 14, 12 ). Aber Israel wollte der Verheißung nicht glauben. So müssen andere kommen. Matthäus schreibt für Judenchristen: Seht mal, Gott erfüllt seine Ankündigungen aus dem Alten Bund, aber - wie so oft - die Angesprochenen lehnen ab, ja sie bringen ihn ans Kreuz. Israel lehnt ab, dafür suchen und finden Andersgläubige den Weg zum neuen König der Welt. Der Titel „König der Juden" , den die Weisen suchen, steht wieder als Inschrift am Kreuz, dort, wo Matthäus berichtet, daß sie ihre Knie vor ihm beugen, um ihn zu verhöhnen: "Sei gegrüßt, König der Juden!" 7 Zwischen diesen beiden Stellen liegt das ganze Evangelium! Am Anfang leuchtet der Stern und zeigt den Weg; am Ende verfinstert sich die Sonne, und die Erde bebt. Am Ende verfinstert sich die Sonne Astrologie - ein Kompaß zum Glauben Astrologie gehörte in Babylon zum Priesterdienst, der zugleich Königsdienst war. Wissenschaft war Gottesdienst. Die Weisen haben ihren neuen Herrn gesucht. Der „Stern" hat ihnen dabei lediglich den Weg gewiesen - einen Weg, der vom Jerusalem des Herodes wegführt nach Bethlehem zum Messias. Der Stern war wie auch astrologische Wissenschaft ein wichtiges Hilfsmittel, eine Art Kompaß, nichts mehr, nicht weniger und nichts anderes. Es heißt: „... wir sind gekommen, um ihn (!) anzubeten." Ihre Astrologie stand im Dienst ihrer Suche nach dem neuen König ihres Lebens. Wäre hier nur wissenschaftliches Interesse am Werk, dann bliebe ihre Freude unverständlich: Weder in der Bibel noch in der Astrologie geht es um Gefühl und Rührseligkeit, sondern um die Freude über den Neubeginn Gottes mit der Welt. Astrologie schenkt keinen Glauben, aber sie kann dahin führen, wo Gott sich den Menschen als Liebender zeigt. Das Ziel der biblischen Astrologen Als sie den Stern über dem Geburtshaus sahen, „wurden sie hoch erfreut, und gingen in das Haus und fanden das Kind mit Maria und fielen nieder und beteten es an." Die folgende Geschenkszene ist voller Symbolik. „Sie taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe." Zuerst die Freude über das Finden, dann Anbetung, dann schenken sie das Kostbarste, was sie haben. So geschieht es bis heute bei guten Astrologen: 8 Zuerst die Freude über die Entdeckung von Lebensgesetzen, dann das Staunen über die unendlichen Gesetze des Kosmos, dann die Hinwendung zum Menschen, dem man das Beste gibt: Solidarität, Mitgefühl, Mitdenken. Das Staunen über die unendlichen Gesetze des Kosmos Der neue Glaube Der Stern von Bethlehem, was hatte er zu bedeuten? Das Evangelium des Matthäus erzählt von Menschen, die sich aus dem Morgenland auf einen langen Weg gemacht haben, um den Herrn und König der Welt zu suchen. Die Sterne Jupiter und Saturn fielen gewissermaßen zusammen und haben ihnen die Richtung gezeigt: Jupiter, ein Symbol des Glücks und des Friedens; Saturn, ein Symbol der Trennung und Hemmung. Es ist immer beides beieinander, wenn er in einer großen Konjunktion des Himmels Menschen den neuen Herrn, einen neuen Sinn ihres kurzen Lebens finden: Aus den Sternen einen neuen Sinn des Lebens finden Sie finden das Glück der Geborgenheit in Gottes Plänen. Und sie müssen sich zugleich von der Selbstsicherheit trennen und von selbst gemachten Lebensgesetzen. Gottes Kommen erscheint so täglich und menschlich. Das Wunder lag nicht in einer ungewöhnlichen Sternen-Konstellation, sondern in der glaubenden Deutung, die Menschen dieser Himmelserscheinung gaben: Daß in solcher Entscheidung Einfachheit Gottes Liebe kommt. Wer zum Astrologen geht, soll nicht die Sterne anbeten In manchen Gegenden schreiben Kinder über die Haustüren C M B 1990. Im 9 Volksmund werden damit die Namen Caspar, Melchior und Balthasar gemeint. Der wahre Sinn dieser Abkürzung lautet indessen: Christus mansionem benedicat, Christus segne dieses Haus. Wer heute zum Astrologen geht, um sich Rat zu holen, darf nicht erwarten, daß er die Sterne anbeten soll. Die zeigen nur etwas an. Und was zeigen sie uns an? Lebensaufgaben, die Gott in die Menschen gelegt hat. Und die wichtigste Aufgabe ist es, das Staunen über Gottes Pläne zu lernen und darin Gott zu suchen, den Segen, den er über jedes Haus ausgießt. * Veröffentlicht unter dem Pseudonym Jakob Stern