Zur Fortbildung Aktuelle Medizin DEFINITION Radionuklidgenerator Die in der Nuklearmedizin benötigten Radionukl ide werden aus stabilen Nukliden über Kernumwandlungen entweqer durch Bestrahlung mit Neutronen im Kernreaktor, durch Bestrahlung mit geladenen Teilchen im Zyklotron oder durch Abtrennung aus Radionuklidgemischen gewonnen. Nach der eigentlichen Aktivierung im Kernreaktor oder Zyklotron müssen die entstandenen Rad ionuklide in den meisten Fällen noch rad iochemisch aufbereitet und für den speziellen Einsatzzweck präpariert, z. B. abgetrennt, gereinigt und in Radiopharmaka eingebaut werden . Die dafür und für den Transport vom radiochemischen Labor als Herstellungsort in die Klinik oder Arztpraxis als Einsatzort erforderliche Zeit schließt bei dieser Herstellungsart die Verwendung von Radionukliden mit sehr kurzen Halbwertzeiten aus. Radionuklide mit kürzeren Halbwertzeiten als etwa 12 Stunden können wegen des Zeitbedarfs für Präparation , Transport und Einsatzvorbereitung im allgemeinen nicht außerhalb der Klinik hergestellt und von dort bezogen werden. Andererseits sind wegen der mit der Appl ikation von Radioaktivität immer verbundenen und von der Halbwertzeit des Isotops abhängi gen Strahlenbelastung des Patienten gerade Radionuklide mit kurzen Halbwertzeiten - und reiner Gammastrahlung geeigneter Energie- wünschenswert. Kurzlebige Radionuklide können eingesetzt werden, wenn entweder Aktivierung und Herstellung am Ort des Einsatzes, also in der Klinik, geschehen , dann muß die Klin ik aber über einen Reaktor oder ein Zyklotron verfügen , oder wenn sie in einem Radionuklidgenerator erzeugt werden können . Mutteraktivität AM(O) ist und noch keine Tochtersubstanz vorhanden ist (Darstellung 1a). A.M und A.r sind die Zerfallskonstanten von Mutterbzw. Tochternuklid . ..,.. Radionuklidgeneratoren bestehen aus einer radioaktiven Muttersubstanz mit verhältn ismäßig langer Halbwertzeit, die in eine auch wieder radioaktive Tochtersubstanz mit kürzerer Halbwertzeit zerfällt. Die Aktivität des Iängerfebigen Mutternuklids zerfällt nach die Aktivität des Tochternuklids läßt sich beschreiben durch AT(t) A AT- AM = __ T- AM(O) e-<M '- e-<r ' Dabei ist angenommen , daß zum Zeitpunkt t=O, also zu Beginn, die Die Muttersubstanz befindet sich an eine geeignete Trägersubstanz absorbiert in einer Glassäule. Die beim Zerfall der Muttersubstanz entstehende Tochtersubstanz hat andere chemische Eigenschaften als die Muttersubstanz ; z. B. wird sie nicht mehr von der Trägersubstanz absorbiert und kann deshalb mit einem gee igneten Eluens ausgewaschen werden , während die A 100 AM(t) Ar(t) 50 Bere ich des Gleichgewichtes von Mutteri:iiidTOChtersubstanz t 10;-----,+----r----.-----.-----r----.-----~----~~ h 0 tmax = 23,0 h 40 80 120 160 A 100 1. Elution 2. Elution 3. El ution 50 4. Elution 5. Elution 10;-----~----~~----~----~-----L~--~~----~· ~ 0 40 80 120 160 Darstellung 1: Akt ivitätsverlauf in einem Mo-Tc-Generator : a) ohn e Elution des Toch ternuklids ; b} bei Elution im Maximum der Tochtersubstanz (tmax = 23,0 h} Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 24 vom 17. Juni 1983 55 Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Radionuklidgenerator Muttersubstanz an der Trägersubstanz absorbiert bleibt. Nach Elution der Tochtersubstanz steigt die durch den Zerfall des Mutternuklides sich fortlaufend neu bil- dende Tochteraktivität wieder an und kann nach angemessener Zeit wieder entnommen, „gemolken", werden. Das Maximum der gebildeten Tochtersubstanz wird bei evakuiertes Fläschchen für Eluat Generatorsäule mit Muttersubstanz 1 t max In , M ,T ,M erreicht und nimmt danach wegen des dann überwiegenden Zerfalls der Tochtersubstanz wieder ab. Wird jeweils eluiert, wenn die Tochtersubstanz ihr Maximum erreicht hat, wird zu diesem Zeitpunkt die Aktivität AT im System also wieder auf 0 gebracht, erhält man die in Darstellung 1b wiedergegebenen Aktivitätsverläufe in dem Radionuklidgenerator für Mutter- und Tochtersubstanz. Man erkennt, daß die Aktivität im Eluat vom Zeitpunkt der Elution abhängig ist; sie ist zunächst niedrig, steigt dann stark an und nimmt später wieder mit der Halbwertzeit des Mutternuklids ab. In diesem Gleichgewicht zwischen Mutter- und Tochtersubstanz ist die Tochteraktivität mal so groß Vorratsbeutel mit Elutionsmittel Darstellung 2: Schematischer Schnitt durch einen Radionuklidgenerator Mutternuklid HWZ*) Der für die Nuklearmedizin wichtigste und in der Klinik in großem Eluens Tochternuklid Absorbersubstanz wie die Mutteraktivität. Etwa 5 Halbwertzeiten der Tochtersubstanz nach einer Elution ist das Gleichgewicht zwischen Mutterund Tochternuklid wieder erreicht. HWZ Energie der wichtigsten Gammastrahlung in MeV Anwendungsgebiet vielseitig; Szintigraphie Uhilo 2,76 d Aluminiumoxid Tc-99m 6,02 h 0,141 H20 1 235n 115 d Zirkoniumoxid Silikagel In-113m 99,6 min 0,392 0,1 M HCI Radiokardiographie; Bluträume, -zellen 1 2re 3,25 d Aluminiumoxid J-132 2,38 h 0,668 0,773 0,001 bis 0,1 M NH3 Schilddrüse eGe 287 d Aluminiumoxid Zirkoniumoxid Ga-68 67,8 min 0,511 0,005 M EDTA 0,1 M HCI *) = Halbwertzeit Tabelle 1: Rad ionuklidgeneratoren 56 Heft 24 vom 17. Juni 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A ECT Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Radionuklidgenerator Umfang eingesetzte Radionuklidgenerator enthält als Muttersubstanz Molybdän-99, das nach der Zerfallsgleichung ""Mo _Ii ~ 99mTc 42 66 h 43 Technetium-99m als Tochtersubstanz bildet ("Technetium-Kuh"). Das zum Beispiel aus Spaltmaterial eines Reaktors gewonnene Molybdän-99 ist in der Trennsäule fest an Aluminiumoxid fixiert. Das bei dem Zerfall entstehende trägerfreie Technetium-99m-Pertechnetat kann mit Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung aus der Säule ausgewaschen werden und steht unmittelbar danach für die Applikation, für die Injektion oder für eine Markierung, zur Verfügung. Das Eluat muß steril und pyrogenfrei gewonnen werden. Aus dem Molybdän-TechnetiumGenerator kann entsprechend der Halbwertzeit des Molybdäns von 2,8 Tagen etwa eine Woche lang Technetiumlösung eluiert werden . Bei den älteren Radionuklidgeneratoren wurde das Elutionsmittel aus einer Injektionsspritze durch die Säule gedrückt, bei den neueren Systemen wird das Eluens aus einem Beutel durch die Generatorsäule in ein evakuiertes Auffanggefäß gesaugt, aus dem es entnommen werden kann (Darstellung 2). Das metastabile Technetium-99m zerfällt mit der günstigen kurzen Halbwertzeit von 6 Stunden unter Aussendung einer Gammastrahlung mit der ebenfalls für nuklearmedizinische Zwecke geeigneten Energie von 141 keV in das Technetium-99, das selbst wieder in das stabile Ruthenium zerfällt. nen der Kern eine wesentlich längere Lebensdauer als in anderen angeregten Kernzuständen hat, wo sie in der Größenordnung von nur 10- 10 Sekunden liegt. Die Übergänge werden auch als isomere Obergänge bezeichnet, da sich wegen der Emission von reiner Gammastrahlung Ordnungszahl und Atomgewicht des Kerns nicht ändern. Auch diese Eigenschaft metastabiler Tochternuklide, keine ß-Strahlung zu emittieren, macht sie für nuklearmedizinische Zwecke besonders geeignet, da sie eine geringere Strahlenbelastung verursacht. Neben dem Technetium-99m haben eine gewisse Bedeutung für die klinische Nuklearmedizin ...,. das aus Sn-113 gewinnbare ln113m mit einer Gammaenergie von 392 keV, das zur Radiokardiagraphie verwandt wird, ...,. das für Schilddrüsenuntersuchungen einsetzbare J-132, das aus der Muttersubstanz Te-132 entsteht, und ...,. der Positronenstrahler Ga-68, der aus Ge~68 eluiert werden kann. Er zerfällt mit einer Halbwertzeit von 68 Minuten unter Aussendung von Positronen, die durch ihre Vernichtungsstrahlung nachgewiesen werden können. Dabei werden zwei Gammaquanten in entgegengesetzter Richtung emittiert, was das Isotop für die Em iss io ns-Computertomog raph ie geeignet macht (Tabelle 1). A. Habermehl Literatur Als metastabil werden angeregte Kernzustände bezeichnet, in deAusgabe A Deckart. H.: Nuklearmedizin in Theorie und Praxis , Gustav Fischer Verlag Jena (1979) L1eser. K. H.: Einführung in die Kernchemie , Verlag Chemie Weinheim (1980) FÜR SIE GELESEN Vagotomie oder Cimetidin bei rezidivierendem Ulcus duodeni? Seit Einführung des H2-Biockers Cimetidin(Tagamet®) in die Ulkustherapie ist die Zahl der operativen Eingriffe wegen eines chronischen Ulkusleidens um bis zu 50 Prozent zurückgegangen , insbesondere, nachdem gezeigt werden konnte, daß durch eine Langzeitmedikation eine wirksame Rezidivprophylaxe betrieben werden kann. ln einer ersten prospektiven randomisierten Studie wurde in Großbritannien die Effizienz einer Langzeittherapie mit Cimetidin mit den Ergebnissen einer proximal selektiven Vagotomie verglichen. Die Nachbeobachtungszeit betrug ein bis vier Jahre. Von den 24 Patienten unter einer Erhaltungstherapie mit 400 mg Cimetidin nocte entwickelten 54 Prozent ein Ulkusrezidiv, 29 Prozent während der Behandlung und 26 Prozent nach Absetzen der Medikation. Von den 20 operierten Patienten wiesen 2 (1 0 Prozent) während einer zweijährigen Nachbeobachtung ein Rezidiv auf, eine entsprechende Visick-Beurteilung der postoperativen Beschwerden ergab bei 18 Grad I oder II. Als medikamentöse Nebenwirkung wurde eine schwere allergische Hepatitis beobachtet, bei zwei weiteren Patienten mußte die Behandlung wegen möglicher Arzneimittelreaktionen abgebrochen werden . Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß allen Patienten, bei denen es unter einer H2-Biocker-Dauermedikation zu einem Ulkusrezidiv kommt, die Möglichkeit einer Operation offeriert werden sollte. W Gear, M. W. L.: Proximal gastric vagotomy versus long-term maintenance treatment with cimetidine for chronic duodenal ulcer: a prospective randomized trial, Br. med . J. 286 (1983) 98-99 , Departments of Surgery and Endoscopy , Gloucestershire Royal Hospital, Gloucester GL 1 3NN , England DEUTSCHES ARZTEBLAffT 80. Jahrgang Heft 24 vom 17. Juni 1983 59