Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unentgeltlich abgegeben. Sie ist nicht zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlbewerbern oder Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen sowie für Wahlen zum Europäischen Parlament. Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen und an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Schrift dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Bundesregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. Rheuma Rheuma-Umschlag+Rücken 1 BMBF PUBLIK BMBF PUBLIK Rheuma Früher erkennen – besser behandeln: Das schmerzende Gelenk im Visier der Forschung 11.12.2001, 10:04 Uhr BMBF PUBLIK Rheuma Impressum Herausgeber Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Referat Öffentlichkeitsarbeit 53170 Bonn E-Mail: [email protected] Internet: http://www.bmbf.de Projektleitung Deutsches Forschungszentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Projektträger des BMBF Autoren Rolf Andreas Zell, Christine Unrath KLARTEXT – das Journalistenbüro in Sachen Wissenschaft, Stuttgart Gestaltung der springende punkt kommunikation gmbh, Köln Druckerei Ritterbach Medien GmbH, Frechen Stand September 2001 Gedruckt auf Recyclingpapier Diese Broschüre wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) erstellt. Die Autoren tragen die Verantwortung für den Inhalt. Rheuma-Impressum, Vorwort, Inh. 1 Bildnachweis Aigner, Thomas: A8 (1-3), A10 (a-f) Aventis Pharma Deutschland GmbH: A14, A16 (Mitte) BfA-Archiv: C3 (Rehabilitation, Patientenschulung, Ergo- und Beschäftigungstherapie) Burmester, Gerd-Rüdiger: A12 (unten), A16 (oben), B9 (oben), C13 (unten), C17, D3 Centers for Disease Control and Prevention, U.S. Department of Health and Human Services: A12 (oben) der springende punkt kommunikation gmbh: Alle Grafiken, C3 (Medikamente, Ernährung) Essex Pharma GmbH: Titelseite (1.v.l.), A3, C7 (alle 3 Fotos) Jela GmbH: D8 (1-4) Kuhn, Regina: Titelseite (1.v.r.), A5 (l.), A5 (r.), A18, B3 (l., r.), B6, B7 (1 und 2), B8 (3), B17, B18 (beide Fotos), B19 (alle 3 Fotos), B20, C6, C18, C19, C20, C21 (alle 3 Fotos), D5, D6 (l.), D13 Kuipers, Jens: B12 Kur- und Gästeinformation Bad Feilnbach: C3 (Kuraufenthalt) Mannherz, Hans Georg: B11 (a-d) MSD Sharp & Dohme GmbH: Titelseite (2.v.l.), A19, B15, D6 (r.), D10 Neumann, Wolfram: C15 (1-3) Novartis Pharma GmbH: A7 (l.), A11, B9 und B10 (alle unten), B13 (1-5), B14 (alle 4 Fotos); (alle Novartis-Fotos aus: Rheumatologie aus erster Hand; Burmester, Gerd-Rüdiger und Timo Ulrichs, Novartis Pharma GmbH 1999) Okapia: C3 (Psychotherapie) Radbruch, Andreas: C12 (unten) Rapp, Anne: Alle Collagen (A2 (unter Verwendung eines Fotos von Wagner, Boris), B2, C2, D2) Volk, Friedhelm: Titelseite (2. und 3.v.r.), A6, A20 (1 und 2), A21 (1-3), A22, C3 (Physikalische Therapie, Operative Therapie), C13 (oben), C14, C16 (beide Fotos), D7 (beide Fotos), D9 (beide Fotos), D11 (beide Fotos), D12, D14 Zavrakidis, Ildiko; der springende punkt kommunikation gmbh: Alle Illustrationen Früher erkennen – besser behandeln: Das schmerzende Gelenk im Visier der Forschung 11.12.2001, 10:03 Uhr BMBF PUBLIK Rheuma Impressum Herausgeber Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Referat Öffentlichkeitsarbeit 53170 Bonn E-Mail: [email protected] Internet: http://www.bmbf.de Projektleitung Deutsches Forschungszentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Projektträger des BMBF Autoren Rolf Andreas Zell, Christine Unrath KLARTEXT – das Journalistenbüro in Sachen Wissenschaft, Stuttgart Gestaltung der springende punkt kommunikation gmbh, Köln Druckerei Ritterbach Medien GmbH, Frechen Stand September 2001 Gedruckt auf Recyclingpapier Diese Broschüre wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) erstellt. Die Autoren tragen die Verantwortung für den Inhalt. Rheuma-Impressum, Vorwort, Inh. 1 Bildnachweis Aigner, Thomas: A8 (1-3), A10 (a-f) Aventis Pharma Deutschland GmbH: A14, A16 (Mitte) BfA-Archiv: C3 (Rehabilitation, Patientenschulung, Ergo- und Beschäftigungstherapie) Burmester, Gerd-Rüdiger: A12 (unten), A16 (oben), B9 (oben), C13 (unten), C17, D3 Centers for Disease Control and Prevention, U.S. Department of Health and Human Services: A12 (oben) der springende punkt kommunikation gmbh: Alle Grafiken, C3 (Medikamente, Ernährung) Essex Pharma GmbH: Titelseite (1.v.l.), A3, C7 (alle 3 Fotos) Jela GmbH: D8 (1-4) Kuhn, Regina: Titelseite (1.v.r.), A5 (l.), A5 (r.), A18, B3 (l., r.), B6, B7 (1 und 2), B8 (3), B17, B18 (beide Fotos), B19 (alle 3 Fotos), B20, C6, C18, C19, C20, C21 (alle 3 Fotos), D5, D6 (l.), D13 Kuipers, Jens: B12 Kur- und Gästeinformation Bad Feilnbach: C3 (Kuraufenthalt) Mannherz, Hans Georg: B11 (a-d) MSD Sharp & Dohme GmbH: Titelseite (2.v.l.), A19, B15, D6 (r.), D10 Neumann, Wolfram: C15 (1-3) Novartis Pharma GmbH: A7 (l.), A11, B9 und B10 (alle unten), B13 (1-5), B14 (alle 4 Fotos); (alle Novartis-Fotos aus: Rheumatologie aus erster Hand; Burmester, Gerd-Rüdiger und Timo Ulrichs, Novartis Pharma GmbH 1999) Okapia: C3 (Psychotherapie) Radbruch, Andreas: C12 (unten) Rapp, Anne: Alle Collagen (A2 (unter Verwendung eines Fotos von Wagner, Boris), B2, C2, D2) Volk, Friedhelm: Titelseite (2. und 3.v.r.), A6, A20 (1 und 2), A21 (1-3), A22, C3 (Physikalische Therapie, Operative Therapie), C13 (oben), C14, C16 (beide Fotos), D7 (beide Fotos), D9 (beide Fotos), D11 (beide Fotos), D12, D14 Zavrakidis, Ildiko; der springende punkt kommunikation gmbh: Alle Illustrationen Früher erkennen – besser behandeln: Das schmerzende Gelenk im Visier der Forschung 11.12.2001, 10:03 Uhr GELEITWORT In Deutschland leiden gegenwärtig über fünf Millionen Menschen unter Gelenkbeschwerden. Die Zahl der Menschen, die im Laufe eines Jahres zumindest zeitweise über Beschwerden klagen, wird auf mindestens 15 Millionen Menschen geschätzt. Krankheiten des rheumatischen Formenkreises sind damit hinsichtlich der Belastungen der Betroffenen, aber auch angesichts der Folgekosten eines der wichtigsten Krankheitsfelder in Deutschland. Als Ergebnis der Forschung sind in den letzten Jahren neue Therapieansätze entwickelt worden, die nicht nur unmittelbare Erleichterung bei akuten Beschwerden ermöglichen, sondern auch die Chance eröffnen, besser als bisher das Fortschreiten dieser chronisch verlaufenden Krankheiten zu verringern oder gar aufzuhalten. Mit dieser Broschüre soll den Betroffenen und ihren Angehörigen, aber auch allen anderen Interessierten der Stand der ForUnter dem Begriff „Rheuma“ verbirgt sich schung nahegebracht und somit ein tieferes ein breites Spektrum der unterschiedlichs- Verständnis für diese Gruppe chronischer ten Krankheiten, die teilweise erst in den Krankheiten vermittelt werden. letzten Jahren dank moderner Forschungsmethodik identifiziert und eindeutig charakterisiert werden konnten. Diese Arbeiten legen den Grundstock für eine detaillierte Aufklärung der Krankheitsprozesse, die wiederum die Voraussetzung für die EntwickEdelgard Bulmahn lung neuer Therapieverfahren darstellt. Ministerin für Bildung und Forschung IV Rheuma-Impressum, Vorwort, Inh. V 2 11.12.2001, 10:03 Uhr GELEITWORT In Deutschland leiden gegenwärtig über fünf Millionen Menschen unter Gelenkbeschwerden. Die Zahl der Menschen, die im Laufe eines Jahres zumindest zeitweise über Beschwerden klagen, wird auf mindestens 15 Millionen Menschen geschätzt. Krankheiten des rheumatischen Formenkreises sind damit hinsichtlich der Belastungen der Betroffenen, aber auch angesichts der Folgekosten eines der wichtigsten Krankheitsfelder in Deutschland. Als Ergebnis der Forschung sind in den letzten Jahren neue Therapieansätze entwickelt worden, die nicht nur unmittelbare Erleichterung bei akuten Beschwerden ermöglichen, sondern auch die Chance eröffnen, besser als bisher das Fortschreiten dieser chronisch verlaufenden Krankheiten zu verringern oder gar aufzuhalten. Mit dieser Broschüre soll den Betroffenen und ihren Angehörigen, aber auch allen anderen Interessierten der Stand der ForUnter dem Begriff „Rheuma“ verbirgt sich schung nahegebracht und somit ein tieferes ein breites Spektrum der unterschiedlichs- Verständnis für diese Gruppe chronischer ten Krankheiten, die teilweise erst in den Krankheiten vermittelt werden. letzten Jahren dank moderner Forschungsmethodik identifiziert und eindeutig charakterisiert werden konnten. Diese Arbeiten legen den Grundstock für eine detaillierte Aufklärung der Krankheitsprozesse, die wiederum die Voraussetzung für die EntwickEdelgard Bulmahn lung neuer Therapieverfahren darstellt. Ministerin für Bildung und Forschung IV Rheuma-Impressum, Vorwort, Inh. V 2 11.12.2001, 10:03 Uhr INHALTSVERZEICHNIS Ursachen und Ausprägung rheumatischer Erkrankungen „Wenn´s so mit meiner neuen Hüfte weitergeht, bin ich zufrieden” A1 Was ist Rheuma? – Neue Antworten auf eine alte Frage A3 Die ausgeklügelte Architektur der Gelenke Arthrosen – Von der Schulter bis zum Zeh Entzündliches Rheuma der Gelenke Auch die Wirbelsäule kann sich entzünden Entzündliche Bindegewebserkrankungen A4 A5 A5 A6 A7 • Verräterisches Immunsystem • Nicht nur das Blut liefert Informationen A • • • • • Behandlung Was passiert bei Rheuma im Körper? • • • • • • • • Rundgang durch die „Knorpelfabrik“ Die Vorgänge im Knorpel geraten aus dem Gleichgewicht Wie die Knorpelzellen reagieren Knorpelschädigung – auch im arthritischen Gelenk A8 A9 A9 A 10 Wie kann man Rheuma bekommen? A 11 Gelenke nutzen sich nicht erst im Alter ab Den „Tätern“ bei entzündlichen Prozessen auf der Spur Erbgut und Rheuma – die Zusammenhänge werden deutlicher Auch innere und äußere Faktoren spielen eine Rolle A 11 A 11 A 13 A 14 Welchen Verlauf nimmt Rheuma? A 15 Wie häufig ist Rheuma? A 17 Warum ist Rheuma so schmerzhaft? A 18 • Schmerzen in den Gelenken • Unterschiedliche Schmerztypen „Wir müssen die Forschung an den Patienten bringen” Diagnostik B C Warum ist es so schwierig, Rheuma festzustellen? B3 D B4 Welche Informationen helfen dem Arzt bei der Diagnose? B5 Welche körperlichen Anzeichen deuten auf Rheuma hin? B7 Was sagen Labortests aus? B9 B9 B 13 An welchen Arzt soll ich mich wenden? B 15 „Meine Arbeit gleicht der eines Kriminologen” B 17 Ohne Medikamente? – für Diana undenkbar C1 Ist Rheuma heilbar? C3 Welche Medikamente helfen bei Rheuma? C4 Wird es in absehbarer Zukunft neue Medikamente geben? Leben mit Rheuma Anhang E B 12 Kann man Rheuma sichtbar machen? • Den Schmerz lindern – Entzündungen stoppen • Krankheitsprozesse günstig beeinflussen A 20 B1 • Suche nach Entzündungen Rheuma-Impressum, Vorwort, Inh. A 18 A 19 „Gebt doch meiner Krankheit endlich einen Namen” • Erst viele Mosaiksteine ergeben ein Gesamtbild VI A8 B9 C4 C6 C9 Gibt es mehr als Pillen und Spritzen? C 13 Wann kommt eine Operation in Frage? C 15 Gibt es alternative Behandlungsmethoden? C 17 Mit Stoffschlinge, Gehroller und intensiven Gesprächen C 19 Sich mit dem Leben arrangieren lernen D1 Lässt sich meine Krankheit durch Ernährung positiv beeinflussen? D3 Warum ist Bewegung bei Rheuma wichtig? D5 Wie wichtig sind orthopädische Hilfsmittel? D7 Wie kann ich meinen Alltag „rheumagerecht” gestalten? D8 Wie gehe ich mit den Schmerzen um? D 10 „Vieles hängt am Engagement der Leute” D 11 Bücher und Broschüren E1 Internetadressen E3 Organisationen/Verbände/Selbsthilfegruppen E4 Stichworte E5 VII 3 11.12.2001, 10:03 Uhr INHALTSVERZEICHNIS Ursachen und Ausprägung rheumatischer Erkrankungen „Wenn´s so mit meiner neuen Hüfte weitergeht, bin ich zufrieden” A1 Was ist Rheuma? – Neue Antworten auf eine alte Frage A3 Die ausgeklügelte Architektur der Gelenke Arthrosen – Von der Schulter bis zum Zeh Entzündliches Rheuma der Gelenke Auch die Wirbelsäule kann sich entzünden Entzündliche Bindegewebserkrankungen A4 A5 A5 A6 A7 • Verräterisches Immunsystem • Nicht nur das Blut liefert Informationen A • • • • • Behandlung Was passiert bei Rheuma im Körper? • • • • • • • • Rundgang durch die „Knorpelfabrik“ Die Vorgänge im Knorpel geraten aus dem Gleichgewicht Wie die Knorpelzellen reagieren Knorpelschädigung – auch im arthritischen Gelenk A8 A9 A9 A 10 Wie kann man Rheuma bekommen? A 11 Gelenke nutzen sich nicht erst im Alter ab Den „Tätern“ bei entzündlichen Prozessen auf der Spur Erbgut und Rheuma – die Zusammenhänge werden deutlicher Auch innere und äußere Faktoren spielen eine Rolle A 11 A 11 A 13 A 14 Welchen Verlauf nimmt Rheuma? A 15 Wie häufig ist Rheuma? A 17 Warum ist Rheuma so schmerzhaft? A 18 • Schmerzen in den Gelenken • Unterschiedliche Schmerztypen „Wir müssen die Forschung an den Patienten bringen” Diagnostik B C Warum ist es so schwierig, Rheuma festzustellen? B3 D B4 Welche Informationen helfen dem Arzt bei der Diagnose? B5 Welche körperlichen Anzeichen deuten auf Rheuma hin? B7 Was sagen Labortests aus? B9 B9 B 13 An welchen Arzt soll ich mich wenden? B 15 „Meine Arbeit gleicht der eines Kriminologen” B 17 Ohne Medikamente? – für Diana undenkbar C1 Ist Rheuma heilbar? C3 Welche Medikamente helfen bei Rheuma? C4 Wird es in absehbarer Zukunft neue Medikamente geben? Leben mit Rheuma Anhang E B 12 Kann man Rheuma sichtbar machen? • Den Schmerz lindern – Entzündungen stoppen • Krankheitsprozesse günstig beeinflussen A 20 B1 • Suche nach Entzündungen Rheuma-Impressum, Vorwort, Inh. A 18 A 19 „Gebt doch meiner Krankheit endlich einen Namen” • Erst viele Mosaiksteine ergeben ein Gesamtbild VI A8 B9 C4 C6 C9 Gibt es mehr als Pillen und Spritzen? C 13 Wann kommt eine Operation in Frage? C 15 Gibt es alternative Behandlungsmethoden? C 17 Mit Stoffschlinge, Gehroller und intensiven Gesprächen C 19 Sich mit dem Leben arrangieren lernen D1 Lässt sich meine Krankheit durch Ernährung positiv beeinflussen? D3 Warum ist Bewegung bei Rheuma wichtig? D5 Wie wichtig sind orthopädische Hilfsmittel? D7 Wie kann ich meinen Alltag „rheumagerecht” gestalten? D8 Wie gehe ich mit den Schmerzen um? D 10 „Vieles hängt am Engagement der Leute” D 11 Bücher und Broschüren E1 Internetadressen E3 Organisationen/Verbände/Selbsthilfegruppen E4 Stichworte E5 VII 3 11.12.2001, 10:03 Uhr A URSACHEN UND AUSPRÄGUNG RHEUMATISCHER ERKRANKUNGEN „Wenn´s so mit meiner neuen Hüfte weitergeht, bin ich zufrieden“ Nicht erst im Alter leiden viele Menschen unter starken Schmerzen, weil sich ihre Gelenke abgenutzt haben. Bei Günther K. etwa „meldete” sich eine Hüftgelenksarthrose, als er 36 Jahre alt war. Nachdem Medikamente und auch Kuraufenthalte die Schmerzen nicht mehr linderten, sondern diese sogar zunahmen, entschloss er sich zur Operation. Seit fünf Jahren lebt er nun nahezu schmerzfrei mit einer Gelenkprothese. „Im Fernsehen haben sie kürzlich eine Hüftoperation gezeigt, da waren die Ärzte schon nach 40 Minuten fertig.” Der 54-jährige Günther K. sitzt am Tisch in der Essecke seines Wohnzimmers und deutet mit der Hand auf den großen Bildschirm, der nur wenige Meter entfernt steht. Wie lang die Ärzte bei seiner Hüftoperation gebraucht haben, kann er allerdings nicht genau sagen: „Zwischen einer und eineinhalb Stunden. Irgendwann bin ich halt nach der Vollnarkose aufgewacht, und alles war vorbei”, meint er und zuckt gleichmütig mit den Schultern. Für ihn ist nur wichtig, dass er durch die Hüftprothese wieder viel beweglicher geworden ist. Keinen Tag hat er seitdem die Entscheidung für den Eingriff bereut, der nun vier Jahre zurückliegt. ein spitz zulaufender, sich dunkel abzeichnender Stift, der in den lang gestreckten Röhrenknochen des Oberschenkels hineinragt. „Der Stift besteht aus Titan, weil das ein ganz leichtes Metall ist”, fügt Günther K. erklärend hinzu. Eine Titanprothese mit Keramikkopf und einem Gelenklager aus Kunststoff haben ihm die Ärzte damals eingesetzt. Über sein künstliches Gelenk weiß er gut Bescheid, schließlich musste er damals den erhofften Nutzen und die möglichen Nachteile einer Operation gut gegeneinander abwägen. Selbst die Handgriffe, die der Chirurg während der Operation auszuführen hat, kann er exakt beschreiben: „Zuerst musste der geschädigte Kopf des Oberschenkelknochens abgesägt werden, dann wurde der Titanstift, an dem der Ersatzkopf aus Keramik befestigt ist, mit einem einzigen Schlag reingeklopft.” Es war ein langer Leidensweg, den der heute 54-Jährige zurücklegen musste, bis er sich schließlich zur Operation entschloss. Mit 36 Jahren traten bei ihm die ersten Schmerzen in der rechten Hüfte auf – Beschwerden, unter denen übrigens auch schon sein Vater gelitten hatte. Er spürte seine Hüfte vor allem dann, wenn er sie stärker belastete, zum Beispiel während seiner Arbeit als Kfz-Mechaniker, bei der er oft stundenlang an der Werkbank stand, um Autoteile in Stand zu setzen und zu prüfen. Sein Hausarzt verschrieb ihm eine Kur im Niederbayerischen; es sollte die erste von vielen sein. In der Kurklinik nahm er regelmäßig Schwefelbäder und ließ sich massieren. Die Schmerzen verschwanden tatsächlich, und er konnte für etwa ein halbes Jahr beschwerdefrei seinem Beruf nachgehen. Doch in den folgenden Jahren kehrten die Hüftschmerzen zurück, und zwar immer schlimmer und immer länger anhaltend. Letztlich zeigten auch die mehrwöchigen Kuraufenthalte, die Günther K. verschrieben bekam, keine Wirkung mehr. Die Dosis eines antirheumatischen Medikaments – zwei Tabletten täglich nahm er seit einiger Zeit ein – wollte er ebenfalls nicht weiter erhöhen. Er hatte schon ein anderes Präparat absetzen müssen, weil ihm davon übel wurde. Ihm war klar: „So kann’s nicht weitergehen, jetzt muss ich etwas tun!” Er steht auf, geht kurz aus dem Zimmer und kehrt mit einer großen, schwarzen Folie in den Händen zurück – die Röntgenaufnahme seines neuen Hüftgelenks. Gegen das Licht gehalten zeichnen sich deutlich die einzelnen Bestandteile ab: die so genannte Hüftpfannenplastik, die den Kopf des Hausarzt – Orthopäde – Fachklinik – viele Oberschenkelknochens überdacht, sowie Stationen durchlief er, und stets aufs Neue A1 Rheuma-A wurden Röntgenaufnahmen gemacht. Die Diagnose seiner Arthrose erwies sich als schwierig, da die Röntgenbefunde kein klares Bild lieferten. An der rechten, schmerzenden Hüfte ergaben die Aufnahmen nur einen geringen Hinweis auf eine Arthrose. Bei seiner linken Hüfte hingegen, die ihm keinerlei Probleme bereitete, fehlte der Gelenkspalt – ein Zeichen dafür, dass der Hüftknorpel vollständig abgenutzt war. Die Ratschläge, welche die Ärzte Günther K. daraufhin gaben, waren widersprüchlich: Während sowohl Hausarzt als auch Orthopäde eine Hüftoperation befürworteten, rieten ihm die Experten der Fachklinik davon ab. Er sei noch zu jung für eine Prothese, lautete ihr Vorbehalt. Schließlich halten Hüftgelenksprothesen im Höchstfall 15 Jahre, dann muss man sie austauschen, weil sich die Prothese abgenützt hat oder nicht mehr fest im Knochen sitzt. Günther K. war zu diesem Zeitpunkt 49 Jahre alt und seine Schmerzen hatten sich ins Unerträgliche gesteigert. In dieser Situation erschien ihm der Gelenkersatz trotz des nicht ganz klaren Befunds und der nicht gerade ermutigenden Aussicht, später erneut unters Messer zu müssen, als das geringere Übel. „Mit fünfzig kann man sich doch nicht mehr so einfach umschulen lassen, und mit meinen Beschwerden hätte ich bald in Frührente gehen müssen”, begründet er seine Entscheidung. Im August 1996 erhielt er im Krankenhaus nahe seines Wohnorts einen OP-Termin für die rechte Hüfte. „Bei mir musste die Prothese langsam in das vorhandene Knochengewebe hineinwachsen”, erzählt Günther K. Anders als bei älteren Patienten, bei denen der Gelenkersatz gewöhnlich einzementiert wird und die Hüfte schon nach wenigen Tagen wieder belastbar ist, durfte er sie anfangs kaum belasten. Für drei Wochen blieb er im Krankenhaus, dann folgten vier Wochen Aufenthalt in einer Rehaklinik. In dieser Zeit musste er buchstäblich Schritt für Schritt lernen, mit seiner Gelenk- prothese möglichst schonend umzugehen. Und auch danach ging er jede Woche zur Krankengymnastik. Insgesamt hat es etwa sechs Monate gedauert, bis er wieder ganz normal seinem Beruf nachgehen konnte. Dass er letztlich die richtige Entscheidung getroffen hat, das haben ihm die Ärzte nach der Operation bestätigt. Der Knorpel seines alten Gelenks hatte sich stark abgenutzt, zudem zeigte das Gelenk eine klare Fehlstellung, die vermutlich die Arthrose ausgelöst hatte. Einschränkungen muss Günther K. heute nur wenige hinnehmen. Um das Gelenk nicht zu überlasten, darf er beispielsweise keine schweren Lasten mehr tragen. „Dafür kann ich wieder problemlos Fahrrad fahren und es mir so in meiner Freizeit schön machen”, sagt er lächelnd. „Wenn’s so mit meiner neuen Hüfte weitergeht, bin ich zufrieden.” A2 1 11.12.2001, 14:19 Uhr A URSACHEN UND AUSPRÄGUNG RHEUMATISCHER ERKRANKUNGEN „Wenn´s so mit meiner neuen Hüfte weitergeht, bin ich zufrieden“ Nicht erst im Alter leiden viele Menschen unter starken Schmerzen, weil sich ihre Gelenke abgenutzt haben. Bei Günther K. etwa „meldete” sich eine Hüftgelenksarthrose, als er 36 Jahre alt war. Nachdem Medikamente und auch Kuraufenthalte die Schmerzen nicht mehr linderten, sondern diese sogar zunahmen, entschloss er sich zur Operation. Seit fünf Jahren lebt er nun nahezu schmerzfrei mit einer Gelenkprothese. „Im Fernsehen haben sie kürzlich eine Hüftoperation gezeigt, da waren die Ärzte schon nach 40 Minuten fertig.” Der 54-jährige Günther K. sitzt am Tisch in der Essecke seines Wohnzimmers und deutet mit der Hand auf den großen Bildschirm, der nur wenige Meter entfernt steht. Wie lang die Ärzte bei seiner Hüftoperation gebraucht haben, kann er allerdings nicht genau sagen: „Zwischen einer und eineinhalb Stunden. Irgendwann bin ich halt nach der Vollnarkose aufgewacht, und alles war vorbei”, meint er und zuckt gleichmütig mit den Schultern. Für ihn ist nur wichtig, dass er durch die Hüftprothese wieder viel beweglicher geworden ist. Keinen Tag hat er seitdem die Entscheidung für den Eingriff bereut, der nun vier Jahre zurückliegt. ein spitz zulaufender, sich dunkel abzeichnender Stift, der in den lang gestreckten Röhrenknochen des Oberschenkels hineinragt. „Der Stift besteht aus Titan, weil das ein ganz leichtes Metall ist”, fügt Günther K. erklärend hinzu. Eine Titanprothese mit Keramikkopf und einem Gelenklager aus Kunststoff haben ihm die Ärzte damals eingesetzt. Über sein künstliches Gelenk weiß er gut Bescheid, schließlich musste er damals den erhofften Nutzen und die möglichen Nachteile einer Operation gut gegeneinander abwägen. Selbst die Handgriffe, die der Chirurg während der Operation auszuführen hat, kann er exakt beschreiben: „Zuerst musste der geschädigte Kopf des Oberschenkelknochens abgesägt werden, dann wurde der Titanstift, an dem der Ersatzkopf aus Keramik befestigt ist, mit einem einzigen Schlag reingeklopft.” Es war ein langer Leidensweg, den der heute 54-Jährige zurücklegen musste, bis er sich schließlich zur Operation entschloss. Mit 36 Jahren traten bei ihm die ersten Schmerzen in der rechten Hüfte auf – Beschwerden, unter denen übrigens auch schon sein Vater gelitten hatte. Er spürte seine Hüfte vor allem dann, wenn er sie stärker belastete, zum Beispiel während seiner Arbeit als Kfz-Mechaniker, bei der er oft stundenlang an der Werkbank stand, um Autoteile in Stand zu setzen und zu prüfen. Sein Hausarzt verschrieb ihm eine Kur im Niederbayerischen; es sollte die erste von vielen sein. In der Kurklinik nahm er regelmäßig Schwefelbäder und ließ sich massieren. Die Schmerzen verschwanden tatsächlich, und er konnte für etwa ein halbes Jahr beschwerdefrei seinem Beruf nachgehen. Doch in den folgenden Jahren kehrten die Hüftschmerzen zurück, und zwar immer schlimmer und immer länger anhaltend. Letztlich zeigten auch die mehrwöchigen Kuraufenthalte, die Günther K. verschrieben bekam, keine Wirkung mehr. Die Dosis eines antirheumatischen Medikaments – zwei Tabletten täglich nahm er seit einiger Zeit ein – wollte er ebenfalls nicht weiter erhöhen. Er hatte schon ein anderes Präparat absetzen müssen, weil ihm davon übel wurde. Ihm war klar: „So kann’s nicht weitergehen, jetzt muss ich etwas tun!” Er steht auf, geht kurz aus dem Zimmer und kehrt mit einer großen, schwarzen Folie in den Händen zurück – die Röntgenaufnahme seines neuen Hüftgelenks. Gegen das Licht gehalten zeichnen sich deutlich die einzelnen Bestandteile ab: die so genannte Hüftpfannenplastik, die den Kopf des Hausarzt – Orthopäde – Fachklinik – viele Oberschenkelknochens überdacht, sowie Stationen durchlief er, und stets aufs Neue A1 Rheuma-A wurden Röntgenaufnahmen gemacht. Die Diagnose seiner Arthrose erwies sich als schwierig, da die Röntgenbefunde kein klares Bild lieferten. An der rechten, schmerzenden Hüfte ergaben die Aufnahmen nur einen geringen Hinweis auf eine Arthrose. Bei seiner linken Hüfte hingegen, die ihm keinerlei Probleme bereitete, fehlte der Gelenkspalt – ein Zeichen dafür, dass der Hüftknorpel vollständig abgenutzt war. Die Ratschläge, welche die Ärzte Günther K. daraufhin gaben, waren widersprüchlich: Während sowohl Hausarzt als auch Orthopäde eine Hüftoperation befürworteten, rieten ihm die Experten der Fachklinik davon ab. Er sei noch zu jung für eine Prothese, lautete ihr Vorbehalt. Schließlich halten Hüftgelenksprothesen im Höchstfall 15 Jahre, dann muss man sie austauschen, weil sich die Prothese abgenützt hat oder nicht mehr fest im Knochen sitzt. Günther K. war zu diesem Zeitpunkt 49 Jahre alt und seine Schmerzen hatten sich ins Unerträgliche gesteigert. In dieser Situation erschien ihm der Gelenkersatz trotz des nicht ganz klaren Befunds und der nicht gerade ermutigenden Aussicht, später erneut unters Messer zu müssen, als das geringere Übel. „Mit fünfzig kann man sich doch nicht mehr so einfach umschulen lassen, und mit meinen Beschwerden hätte ich bald in Frührente gehen müssen”, begründet er seine Entscheidung. Im August 1996 erhielt er im Krankenhaus nahe seines Wohnorts einen OP-Termin für die rechte Hüfte. „Bei mir musste die Prothese langsam in das vorhandene Knochengewebe hineinwachsen”, erzählt Günther K. Anders als bei älteren Patienten, bei denen der Gelenkersatz gewöhnlich einzementiert wird und die Hüfte schon nach wenigen Tagen wieder belastbar ist, durfte er sie anfangs kaum belasten. Für drei Wochen blieb er im Krankenhaus, dann folgten vier Wochen Aufenthalt in einer Rehaklinik. In dieser Zeit musste er buchstäblich Schritt für Schritt lernen, mit seiner Gelenk- prothese möglichst schonend umzugehen. Und auch danach ging er jede Woche zur Krankengymnastik. Insgesamt hat es etwa sechs Monate gedauert, bis er wieder ganz normal seinem Beruf nachgehen konnte. Dass er letztlich die richtige Entscheidung getroffen hat, das haben ihm die Ärzte nach der Operation bestätigt. Der Knorpel seines alten Gelenks hatte sich stark abgenutzt, zudem zeigte das Gelenk eine klare Fehlstellung, die vermutlich die Arthrose ausgelöst hatte. Einschränkungen muss Günther K. heute nur wenige hinnehmen. Um das Gelenk nicht zu überlasten, darf er beispielsweise keine schweren Lasten mehr tragen. „Dafür kann ich wieder problemlos Fahrrad fahren und es mir so in meiner Freizeit schön machen”, sagt er lächelnd. „Wenn’s so mit meiner neuen Hüfte weitergeht, bin ich zufrieden.” A2 1 11.12.2001, 14:19 Uhr Was ist Rheuma? – Neue Antworten auf eine alte Frage Seit mindestens zweieinhalb Jahrtausenden beschäftigen sich Ärzte mit dieser Frage. Hippokrates, der berühmte Arzt der griechischen Antike, gibt die erste überlieferte Antwort: Im vierten vorchristlichen Jahrhundert beschreibt er nicht nur die Symptome, die er für typisch hält – nämlich Fieber und Gelenkschmerzen –, er versucht sich auch an einer Erklärung der Ursachen: Die Krankheit entstehe, „durch die Galle und den Schleim, wenn diese, in Bewegung geratend, sich in den Gelenken festsetzen”. Erst rund zwei Jahrtausende später prägt der französische Arzt Guillaume de Baillou im Jahr 1591 den Begriff vom Rheumatismus: Abgeleitet vom griechischen „rhein” für „fließen”, definiert er die Krankheit als „fließende Sucht”. Hinter dem Begriff Rheuma verbirgt sich also ein vielfältiger Strauß höchst unterschiedlicher Krankheiten. Daher sprechen Mediziner lieber vom rheumatischen Formenkreis. Allen diesen Krankheiten ist gemeinsam: Sie betreffen den Bewegungsapparat, also Muskeln, Sehnen, Knochen, Gelenke und Bänder; sie verursachen Schmerzen, schränken die Beweglichkeit der Betroffenen ein, und sie können darüber hinaus innere Organe schädigen. Drei Hauptgruppen lassen sich unterscheiden: • degenerative Erkrankungen der Gelenke wie die Arthrose, in der Fachsprache Osteoarthrose genannt; • entzündliche Krankheiten der Gelenke wie die chronische Polyarthritis, von Medizinern auch rheumatoide Arthritis genannt; und • das Rheuma der Weichteile wie die Fibromyalgie, bei der etwa die Muskeln betroffen sind. Obwohl die Unterscheidung in degeneratives und entzündliches Rheuma durchaus berechtigt ist, ist sie nicht unproblematisch. So spielen etwa auch bei der Arthrose Entzündungsprozesse eine Rolle. Umgekehrt treten bei den entzündlichen Arthritiden degenerative Vorgänge auf. Hinter dem Begriff Rheuma verbergen sich viele, sehr unterschiedliche Erkrankungen. Das Röntgenbild zeigt Hände, die durch eine rheumatoide Arthritis deformiert sind. Um die Schäden besser beurteilen zu können, wurde die Aufnahme durch Computertechnik künstlich eingefärbt. A3 Rheuma-A Bis heute ringt die Medizin mit dem Begriff, der vielschichtig geblieben ist. Unter dem Etikett „Rheuma” versammeln sich mehrere Hundert Krankheiten. Ein paar von ihnen treten häufig auf, viele hingegen sind selten; einige verursachen schwere, lang anhaltende Schäden, andere verlaufen eher glimpflich; bei manchen sind die Ursachen bekannt, bei den meisten konnte man die Auslöser noch nicht dingfest machen; viele dieser Krankheiten lassen sich heute gut behandeln, gegen manche scheint „kein Kraut gewachsen” zu sein. Nur wenige Formen der rheumatischen Erkrankungen wie etwa die Arthrose häufen sich übrigens im Alter. Rheuma ist also beileibe keine „Alterskrankheit”. Im Gegenteil: Manche Krankheiten betreffen vor allem Jugendliche oder junge Erwachsene. Selbst Säuglinge und Kleinkinder können rheumatisch erkranken. Diese Broschüre beschäftigt sich mit den rheumatischen Erkrankungen der ersten beiden Hauptgruppen. Die Krankheiten aus der Gruppe des Weichteilrheumatismus bleiben hier unberücksichtigt. Sie unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der betroffenen Körperstrukturen, sondern laufen auch anders ab und erfordern vom Arzt andere Diagnose- und Therapiemethoden. Aufgebaut ist der Knorpel aus einem binAuch auf den Knochenschwund, die Osteopo- degewebigen Material, das ihn reißfest rose, wird diese Broschüre nicht eingehen. und elastisch zugleich macht. Das Knorpelgerüst – die Knorpelmatrix – setzt sich aus faserförmigen Eiweißmolekülen zusammen, Die ausgeklügelte den Kollagenen. Sie verfestigen die Knorpelstruktur mechanisch und verhindern das Architektur der Gelenke Auseinanderreißen des Knorpels, wenn Da rheumatische Gelenkschäden im Mit- Zugspannungen im Gelenk auftreten. telpunkt dieser Broschüre stehen, lohnt es sich, diese ausgeklügelten natürlichen KonUnterstützt wird das dichte Kollagennetzstruktionen genauer zu betrachten. Abhän- werk von einer Vielzahl kleinerer Verbingig von seiner Funktion ist jedes Gelenk dungen und von großen, verzweigten Moleanders aufgebaut. So lässt zum Beispiel die külen, den Proteoglykanen. Aufgrund ihrer Hüfte als Kugelgelenk eine Drehung in drei chemischen Struktur können diese SubstanAchsenrichtungen zu. Das Knie als Dreh- zen sehr leicht Wasser binden; der Knorpel Scharniergelenk ist nur entlang zweier Ach- besteht denn auch zu etwa 75 Prozent aus senrichtungen beweglich. Trotz der bauli- Wasser. Im Kollagengeflecht tragen die Prochen Unterschiede weisen alle Gelenke teoglykane ganz wesentlich zur Stoßdämpgemeinsame Strukturen auf: ferfunktion des Knorpels bei: Das macht den Knorpel stabil und elastisch zugleich • den Knorpel; er sorgt zum Gelenkspalt und hält die Knochen, die sich im Gelenk hin für eine glatte und reibungsarme gegenüberstehen, auf Abstand. Wird das Gelenkoberfläche; Gelenk jedoch – etwa ein Kniegelenk beim Gehen – belastet, sorgt der nun auf dem • den daran angrenzenden Knochen Knorpel lastende Druck dafür, dass ein Teil und schließlich des von den Proteoglykanen gebundenen Wassers austritt. Zusammen mit der ohne• die Gelenkinnenhaut (Synovialmembhin vorhandenen Synovialflüssigkeit bildet ran); sie bildet die Gelenkflüssigkeit, dieses Knorpelwasser einen Gleitfilm zwimit der sie die Gelenke „schmiert” schen den druckbelasteten, sich gegeneinund die Knorpelzellen mit Nährstoffen ander bewegenden Gelenkflächen. versorgt sowie die Abfallprodukte entsorgt. Gelenkkapsel Wie eine Schutzkappe überzieht der Knorpel den Knochen im Gelenkbereich. Er dient als Stoßdämpfer und Gleitfläche zugleich, wenn sich die Knochen im Gelenk gegeneinander bewegen und dabei äußere Kräfte einwirken, vor allem die Schwerkraft, aber auch die Kraft der Muskeln. Die dabei auftretenden Spitzenbelastungen können enorm hoch sein – bis zu 200 Kilogramm pro Quadratzentimeter Knorpelfläche an Druckbelastung haben Biomechaniker bereits gemessen. Bei Spitzensportlern kann sogar noch ein höherer Druck auf den Gelenkknorpeln lasten. Gelenke sorgen für die Beweglichkeit des Knochenskeletts. Ihr komplexer Aufbau trägt den enormen Belastungen Rechnung, die auf ihnen lasten. Knorpel Muskel Bänder Knochen Knochen Gelenkinnenhaut (Synovialmembran) Gelenkkapsel mit Gelenkflüssigkeit gefüllter Gelenkspalt A4 2 11.12.2001, 14:19 Uhr Was ist Rheuma? – Neue Antworten auf eine alte Frage Seit mindestens zweieinhalb Jahrtausenden beschäftigen sich Ärzte mit dieser Frage. Hippokrates, der berühmte Arzt der griechischen Antike, gibt die erste überlieferte Antwort: Im vierten vorchristlichen Jahrhundert beschreibt er nicht nur die Symptome, die er für typisch hält – nämlich Fieber und Gelenkschmerzen –, er versucht sich auch an einer Erklärung der Ursachen: Die Krankheit entstehe, „durch die Galle und den Schleim, wenn diese, in Bewegung geratend, sich in den Gelenken festsetzen”. Erst rund zwei Jahrtausende später prägt der französische Arzt Guillaume de Baillou im Jahr 1591 den Begriff vom Rheumatismus: Abgeleitet vom griechischen „rhein” für „fließen”, definiert er die Krankheit als „fließende Sucht”. Hinter dem Begriff Rheuma verbirgt sich also ein vielfältiger Strauß höchst unterschiedlicher Krankheiten. Daher sprechen Mediziner lieber vom rheumatischen Formenkreis. Allen diesen Krankheiten ist gemeinsam: Sie betreffen den Bewegungsapparat, also Muskeln, Sehnen, Knochen, Gelenke und Bänder; sie verursachen Schmerzen, schränken die Beweglichkeit der Betroffenen ein, und sie können darüber hinaus innere Organe schädigen. Drei Hauptgruppen lassen sich unterscheiden: • degenerative Erkrankungen der Gelenke wie die Arthrose, in der Fachsprache Osteoarthrose genannt; • entzündliche Krankheiten der Gelenke wie die chronische Polyarthritis, von Medizinern auch rheumatoide Arthritis genannt; und • das Rheuma der Weichteile wie die Fibromyalgie, bei der etwa die Muskeln betroffen sind. Obwohl die Unterscheidung in degeneratives und entzündliches Rheuma durchaus berechtigt ist, ist sie nicht unproblematisch. So spielen etwa auch bei der Arthrose Entzündungsprozesse eine Rolle. Umgekehrt treten bei den entzündlichen Arthritiden degenerative Vorgänge auf. Hinter dem Begriff Rheuma verbergen sich viele, sehr unterschiedliche Erkrankungen. Das Röntgenbild zeigt Hände, die durch eine rheumatoide Arthritis deformiert sind. Um die Schäden besser beurteilen zu können, wurde die Aufnahme durch Computertechnik künstlich eingefärbt. A3 Rheuma-A Bis heute ringt die Medizin mit dem Begriff, der vielschichtig geblieben ist. Unter dem Etikett „Rheuma” versammeln sich mehrere Hundert Krankheiten. Ein paar von ihnen treten häufig auf, viele hingegen sind selten; einige verursachen schwere, lang anhaltende Schäden, andere verlaufen eher glimpflich; bei manchen sind die Ursachen bekannt, bei den meisten konnte man die Auslöser noch nicht dingfest machen; viele dieser Krankheiten lassen sich heute gut behandeln, gegen manche scheint „kein Kraut gewachsen” zu sein. Nur wenige Formen der rheumatischen Erkrankungen wie etwa die Arthrose häufen sich übrigens im Alter. Rheuma ist also beileibe keine „Alterskrankheit”. Im Gegenteil: Manche Krankheiten betreffen vor allem Jugendliche oder junge Erwachsene. Selbst Säuglinge und Kleinkinder können rheumatisch erkranken. Diese Broschüre beschäftigt sich mit den rheumatischen Erkrankungen der ersten beiden Hauptgruppen. Die Krankheiten aus der Gruppe des Weichteilrheumatismus bleiben hier unberücksichtigt. Sie unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der betroffenen Körperstrukturen, sondern laufen auch anders ab und erfordern vom Arzt andere Diagnose- und Therapiemethoden. Aufgebaut ist der Knorpel aus einem binAuch auf den Knochenschwund, die Osteopo- degewebigen Material, das ihn reißfest rose, wird diese Broschüre nicht eingehen. und elastisch zugleich macht. Das Knorpelgerüst – die Knorpelmatrix – setzt sich aus faserförmigen Eiweißmolekülen zusammen, Die ausgeklügelte den Kollagenen. Sie verfestigen die Knorpelstruktur mechanisch und verhindern das Architektur der Gelenke Auseinanderreißen des Knorpels, wenn Da rheumatische Gelenkschäden im Mit- Zugspannungen im Gelenk auftreten. telpunkt dieser Broschüre stehen, lohnt es sich, diese ausgeklügelten natürlichen KonUnterstützt wird das dichte Kollagennetzstruktionen genauer zu betrachten. Abhän- werk von einer Vielzahl kleinerer Verbingig von seiner Funktion ist jedes Gelenk dungen und von großen, verzweigten Moleanders aufgebaut. So lässt zum Beispiel die külen, den Proteoglykanen. Aufgrund ihrer Hüfte als Kugelgelenk eine Drehung in drei chemischen Struktur können diese SubstanAchsenrichtungen zu. Das Knie als Dreh- zen sehr leicht Wasser binden; der Knorpel Scharniergelenk ist nur entlang zweier Ach- besteht denn auch zu etwa 75 Prozent aus senrichtungen beweglich. Trotz der bauli- Wasser. Im Kollagengeflecht tragen die Prochen Unterschiede weisen alle Gelenke teoglykane ganz wesentlich zur Stoßdämpgemeinsame Strukturen auf: ferfunktion des Knorpels bei: Das macht den Knorpel stabil und elastisch zugleich • den Knorpel; er sorgt zum Gelenkspalt und hält die Knochen, die sich im Gelenk hin für eine glatte und reibungsarme gegenüberstehen, auf Abstand. Wird das Gelenkoberfläche; Gelenk jedoch – etwa ein Kniegelenk beim Gehen – belastet, sorgt der nun auf dem • den daran angrenzenden Knochen Knorpel lastende Druck dafür, dass ein Teil und schließlich des von den Proteoglykanen gebundenen Wassers austritt. Zusammen mit der ohne• die Gelenkinnenhaut (Synovialmembhin vorhandenen Synovialflüssigkeit bildet ran); sie bildet die Gelenkflüssigkeit, dieses Knorpelwasser einen Gleitfilm zwimit der sie die Gelenke „schmiert” schen den druckbelasteten, sich gegeneinund die Knorpelzellen mit Nährstoffen ander bewegenden Gelenkflächen. versorgt sowie die Abfallprodukte entsorgt. Gelenkkapsel Wie eine Schutzkappe überzieht der Knorpel den Knochen im Gelenkbereich. Er dient als Stoßdämpfer und Gleitfläche zugleich, wenn sich die Knochen im Gelenk gegeneinander bewegen und dabei äußere Kräfte einwirken, vor allem die Schwerkraft, aber auch die Kraft der Muskeln. Die dabei auftretenden Spitzenbelastungen können enorm hoch sein – bis zu 200 Kilogramm pro Quadratzentimeter Knorpelfläche an Druckbelastung haben Biomechaniker bereits gemessen. Bei Spitzensportlern kann sogar noch ein höherer Druck auf den Gelenkknorpeln lasten. Gelenke sorgen für die Beweglichkeit des Knochenskeletts. Ihr komplexer Aufbau trägt den enormen Belastungen Rechnung, die auf ihnen lasten. Knorpel Muskel Bänder Knochen Knochen Gelenkinnenhaut (Synovialmembran) Gelenkkapsel mit Gelenkflüssigkeit gefüllter Gelenkspalt A4 2 11.12.2001, 14:19 Uhr 2 entzündliche Erkrankung der Gelenkinnenhaut Was ist Rheuma? – Neue Antworten auf eine alte Frage Arthrosen – Von der Schulter bis zum Zeh Abbauprozesse im Gelenk, wie sie bei der Arthrose auftreten, beeinträchtigen dessen Funktion und verursachen mitunter heftige Schmerzen. Ist nämlich die reibungsarme Bewegung – etwa durch Überbelastung des Knorpels – nicht mehr möglich, beginnt sich dieser an seiner Oberfläche zu verändern. Er wird spröde, splittert auf und wird rau. Mit jeder Bewegung reibt sich der Knorpel ein wenig stärker ab – ein chronischer Prozess, der mit der Zeit immer schneller abläuft. Schließlich erstreckt sich der Gelenkschaden auch auf den darunter liegenden Knochen. Er verdickt sich und wird hart („sklerotisch”), an seinen Rändern treten Wülste auf, die im Röntgenbild sichtbar sind. 1 Ein sich verengender Gelenk- 1 spalt (rechts im Bild) weist in dieser Röntgenaufnahme auf eine Kniegelenksarthrose hin. Angeschwollene Gelenke 2 können ein schon äußerlich sichtbares Indiz für eine entzündliche rheumatische Erkrankung sein. Beim aufrecht gehenden Menschen lastet der Hauptteil des Körpergewichts auf den großen Gelenken wie Hüfte und Knie sowie auf der Wirbelsäule. Sie sind deshalb für arthrotische Veränderungen besonders anfällig. Aber auch die Schulter, ein weiteres großes Gelenk, ist vom Verschleiß häufig betroffen. Und selbst die kleinen Gelenke an Finger und Zehen sind nicht vor arthrotischen Veränderungen gefeit, etwa die Endgelenke bei der Fingerarthrose Bei einer Arthrose werden die Gelenkknorpel zerstört. degenerative Erkrankung des Knorpels bezeichnen die chronische Polyarthritis als systemische Erkrankung, weil Entzündungen auch in inneren Organen, etwa Herz, Blutgefäßen, Lungen, Lymphknoten und Augen, auftreten können. oder das Grundgelenk des großen Zehs bei der so genannten Hallux-valgus-Arthrose. Von Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule können neben den Zwischenwirbelscheiben und Wirbelkörpern auch die kleinen Wirbelkörpergelenke betroffen sein. Manchmal erstreckt sich der Abbau zudem auf die Wirbelkörperflächen. Darüber hinaus verlieren die Bandscheiben oft ihre Elastizität und werden brüchig. Entzündliches Rheuma der Gelenke Die entzündlichen Formen rheumatischer Erkrankungen beginnen anderswo im Gelenk, und zwar an der Gelenkinnenhaut. Oft sind es die Hand- und Fingergelenke, die sich zuerst entzünden, manchmal treten die Beschwerden aber auch zuerst an Hüfte oder Knie auf. Schon äußerlich lässt sich eine Entzündung erkennen: das betroffene Gelenk ist wärmer als normal; es wird rot und schwillt an. Von der Gelenkinnenhaut aus erfasst die Entzündung das Knorpelgewebe und den gelenknahen Knochen. Durch die fortschreitende Zerstörung stehen sich schließlich zwei Knochenwunden im Gelenk gegenüber, die im äußersten Fall – vergleichbar einem Knochenbruch – „zusammenheilen” können. Dadurch versteift sich das Gelenk, und zwar oft in einer ungünstigen Stellung. Starke Schmerzen und Gelenkschwellungen begleiten den Krankheitsprozess. Die chronische Polyarthritis gilt als die schmerzhafteste und unberechenbarste unter den entzündlichen Gelenkerkrankungen. Bei ihr sind nicht nur die Gelenke dauerhaft befallen; oft ist auch das gelenknahe Gewebe wie Bindegewebe, Sehnen und Muskeln, und manchmal sind sogar die Nerven entzündlich geschädigt. Mediziner A5 Rheuma-A Was genau diese Entzündung auslöst, ist zur Zeit eine der wichtigsten Fragen innerhalb der Rheumaforschung. Die meisten Forscher gehen heute davon aus, dass bei der chronischen Polyarthritis eine Fehlsteuerung des Immunsystems dafür sorgt, dass sich dessen Zellen und Abwehrstoffe gegen körpereigene Gelenkstrukturen richten und diese zerstören. Dieses Phänomen lässt sich bei einer Reihe entzündlicher Rheumaerkrankungen beobachten; man bezeichnet es als Autoimmunität oder Autoaggressivität – mithin eine aus dem Gleichgewicht geratene Steuerung des Immunsystems. Auch die Wirbelsäule kann sich entzünden Die Schmerzen sind Ausdruck der entzündlichen Vorgänge, die sich in den Zwischenwirbelgelenken, den Kreuz-Darmbeingelenken sowie an den Wirbeln und Bandscheiben abspielen. Auch die anliegenden Bänder und Sehnen können sich entzünden und verkalken, sodass starre Spangen zwischen den Wirbelkörpern entstehen. Außerdem bildet sich an der Wirbelsäule verstärkt Knochensubstanz; das Rückgrat verknöchert, verwächst und versteift immer mehr. Entzündungen der Gelenkinnenhaut markieren den Beginn einer Arthritis. Eine weitere Gruppe der entzündlichrheumatischen Erkrankungen bilden die Spondylarthritiden, bei denen die Wirbelsäule betroffen ist. Die dort ablaufenden Prozesse ähneln denen der chronischen Polyarthritis; auch hier ist das Immunsystem beteiligt. Eine weitere Krankheit, die mit einer Entzündung der Gelenke einhergehen kann, ist die Schuppenflechte (Psoriasis). Obwohl viele Patienten hauptsächlich unter Hautund Nagelproblemen leiden, werden manchmal im Verlauf der Erkrankung auch Gelenke und das Achsenskelett angegriffen. Man spricht dann von einer PsoriasisassoDer bekannteste Vertreter dieser Gruppe ziierten Arthritis. ist das Krankheitsbild „Morbus Bechterew”. Die Betroffenen haben typischerweise im Spätstadium einen starken Rundrücken. Er entsteht, wenn die gesamte Wirbelsäule verwächst und sich nach vorne wölbt. Der Kopf lässt sich dann kaum noch anheben. Meist macht sich die Krankheit zunächst durch Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereich bemerkbar, die während der Nacht auftreten und bis zum Morgen nahezu unerträglich werden. Der Morbus Bechterew zeigt sich im Röntgenbild als knöcherne Versteifung der Wirbelkörper (links) und Deformation der Wirbelsäule (rechts). A6 3 11.12.2001, 14:19 Uhr 2 entzündliche Erkrankung der Gelenkinnenhaut Was ist Rheuma? – Neue Antworten auf eine alte Frage Arthrosen – Von der Schulter bis zum Zeh Abbauprozesse im Gelenk, wie sie bei der Arthrose auftreten, beeinträchtigen dessen Funktion und verursachen mitunter heftige Schmerzen. Ist nämlich die reibungsarme Bewegung – etwa durch Überbelastung des Knorpels – nicht mehr möglich, beginnt sich dieser an seiner Oberfläche zu verändern. Er wird spröde, splittert auf und wird rau. Mit jeder Bewegung reibt sich der Knorpel ein wenig stärker ab – ein chronischer Prozess, der mit der Zeit immer schneller abläuft. Schließlich erstreckt sich der Gelenkschaden auch auf den darunter liegenden Knochen. Er verdickt sich und wird hart („sklerotisch”), an seinen Rändern treten Wülste auf, die im Röntgenbild sichtbar sind. 1 Ein sich verengender Gelenk- 1 spalt (rechts im Bild) weist in dieser Röntgenaufnahme auf eine Kniegelenksarthrose hin. Angeschwollene Gelenke 2 können ein schon äußerlich sichtbares Indiz für eine entzündliche rheumatische Erkrankung sein. Beim aufrecht gehenden Menschen lastet der Hauptteil des Körpergewichts auf den großen Gelenken wie Hüfte und Knie sowie auf der Wirbelsäule. Sie sind deshalb für arthrotische Veränderungen besonders anfällig. Aber auch die Schulter, ein weiteres großes Gelenk, ist vom Verschleiß häufig betroffen. Und selbst die kleinen Gelenke an Finger und Zehen sind nicht vor arthrotischen Veränderungen gefeit, etwa die Endgelenke bei der Fingerarthrose Bei einer Arthrose werden die Gelenkknorpel zerstört. degenerative Erkrankung des Knorpels bezeichnen die chronische Polyarthritis als systemische Erkrankung, weil Entzündungen auch in inneren Organen, etwa Herz, Blutgefäßen, Lungen, Lymphknoten und Augen, auftreten können. oder das Grundgelenk des großen Zehs bei der so genannten Hallux-valgus-Arthrose. Von Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule können neben den Zwischenwirbelscheiben und Wirbelkörpern auch die kleinen Wirbelkörpergelenke betroffen sein. Manchmal erstreckt sich der Abbau zudem auf die Wirbelkörperflächen. Darüber hinaus verlieren die Bandscheiben oft ihre Elastizität und werden brüchig. Entzündliches Rheuma der Gelenke Die entzündlichen Formen rheumatischer Erkrankungen beginnen anderswo im Gelenk, und zwar an der Gelenkinnenhaut. Oft sind es die Hand- und Fingergelenke, die sich zuerst entzünden, manchmal treten die Beschwerden aber auch zuerst an Hüfte oder Knie auf. Schon äußerlich lässt sich eine Entzündung erkennen: das betroffene Gelenk ist wärmer als normal; es wird rot und schwillt an. Von der Gelenkinnenhaut aus erfasst die Entzündung das Knorpelgewebe und den gelenknahen Knochen. Durch die fortschreitende Zerstörung stehen sich schließlich zwei Knochenwunden im Gelenk gegenüber, die im äußersten Fall – vergleichbar einem Knochenbruch – „zusammenheilen” können. Dadurch versteift sich das Gelenk, und zwar oft in einer ungünstigen Stellung. Starke Schmerzen und Gelenkschwellungen begleiten den Krankheitsprozess. Die chronische Polyarthritis gilt als die schmerzhafteste und unberechenbarste unter den entzündlichen Gelenkerkrankungen. Bei ihr sind nicht nur die Gelenke dauerhaft befallen; oft ist auch das gelenknahe Gewebe wie Bindegewebe, Sehnen und Muskeln, und manchmal sind sogar die Nerven entzündlich geschädigt. Mediziner A5 Rheuma-A Was genau diese Entzündung auslöst, ist zur Zeit eine der wichtigsten Fragen innerhalb der Rheumaforschung. Die meisten Forscher gehen heute davon aus, dass bei der chronischen Polyarthritis eine Fehlsteuerung des Immunsystems dafür sorgt, dass sich dessen Zellen und Abwehrstoffe gegen körpereigene Gelenkstrukturen richten und diese zerstören. Dieses Phänomen lässt sich bei einer Reihe entzündlicher Rheumaerkrankungen beobachten; man bezeichnet es als Autoimmunität oder Autoaggressivität – mithin eine aus dem Gleichgewicht geratene Steuerung des Immunsystems. Auch die Wirbelsäule kann sich entzünden Die Schmerzen sind Ausdruck der entzündlichen Vorgänge, die sich in den Zwischenwirbelgelenken, den Kreuz-Darmbeingelenken sowie an den Wirbeln und Bandscheiben abspielen. Auch die anliegenden Bänder und Sehnen können sich entzünden und verkalken, sodass starre Spangen zwischen den Wirbelkörpern entstehen. Außerdem bildet sich an der Wirbelsäule verstärkt Knochensubstanz; das Rückgrat verknöchert, verwächst und versteift immer mehr. Entzündungen der Gelenkinnenhaut markieren den Beginn einer Arthritis. Eine weitere Gruppe der entzündlichrheumatischen Erkrankungen bilden die Spondylarthritiden, bei denen die Wirbelsäule betroffen ist. Die dort ablaufenden Prozesse ähneln denen der chronischen Polyarthritis; auch hier ist das Immunsystem beteiligt. Eine weitere Krankheit, die mit einer Entzündung der Gelenke einhergehen kann, ist die Schuppenflechte (Psoriasis). Obwohl viele Patienten hauptsächlich unter Hautund Nagelproblemen leiden, werden manchmal im Verlauf der Erkrankung auch Gelenke und das Achsenskelett angegriffen. Man spricht dann von einer PsoriasisassoDer bekannteste Vertreter dieser Gruppe ziierten Arthritis. ist das Krankheitsbild „Morbus Bechterew”. Die Betroffenen haben typischerweise im Spätstadium einen starken Rundrücken. Er entsteht, wenn die gesamte Wirbelsäule verwächst und sich nach vorne wölbt. Der Kopf lässt sich dann kaum noch anheben. Meist macht sich die Krankheit zunächst durch Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereich bemerkbar, die während der Nacht auftreten und bis zum Morgen nahezu unerträglich werden. Der Morbus Bechterew zeigt sich im Röntgenbild als knöcherne Versteifung der Wirbelkörper (links) und Deformation der Wirbelsäule (rechts). A6 3 11.12.2001, 14:19 Uhr 1 Was ist Rheuma? – Neue Antworten auf eine alte Frage Entzündliche Bindegewebserkrankungen Entzündlich-rheumatische Krankheiten des Bindegewebes fassen Mediziner als rheumatische Systemerkrankungen zusammen, früher auch als Kollagenosen bezeichnet. Das Bindegewebe hat im Körper dieselbe Funktion wie der Mörtel in einer Mauer: Es verbindet und stützt die Zellen der verschiedenen Organe und Blutgefäße. Unter den Kollagenosen erweist sich der Systemische Lupus erythematodes, kurz SLE, als besonders variantenreich. Manchmal beschränkt sich die Erkrankung auf die Haut; häufiger befällt sie auch innere Körperstrukturen, etwa Gelenke, Nieren, Lungen, Herz, Muskulatur und Nervensystem. SLE ist daher ebenfalls eine systemische Erkrankung, die nicht selten sogar noch mit Begleitkrankheiten einhergeht, etwa dem Sjögren-Syndrom – einer Entzündung der Tränenund Speicheldrüsen sowie der Drüsen der Schleimhäute. Die Augen werden gereizt, röten sich und schmerzen. Systemische Rheumaerkrankungen, die sich auf den gesamten Körper erstrecken können, verursachen höchst unterschiedliche Symptome. Das Foto zeigt eine Entzündung der Tränendrüsen – das so genannte Sjögren-Syndrom – bei einer Patientin mit Systemischem Lupus erythematodes (SLE). Was passiert bei Rheuma im Körper? Zum Glück führen rheumatische Erkrankungen nur selten zum Tod. Doch sie sind meist sehr schmerzhaft, entwickeln sich häufig chronisch und schränken die Lebensqualität vieler Menschen stark ein. Aus diesem Grund unternehmen Mediziner sowie Wissenschaftler aus Industrie und Grundlagenforschung große Anstren- A7 Rheuma-A 2 3 Rundgang durch die „Knorpelfabrik” Wie bei der chronischen Polyarthritis richtet sich das Immunsystem bei SLE gegen den eigenen Organismus. Es handelt sich daher ebenfalls um eine Autoimmunerkrankung. So lassen sich bei SLE-Patienten typischerweise ganz bestimmte Immunstoffe nachweisen, die so genannten antinukleären Antikörper. Diese erkennen Bestandteile von Zellkernen und provozieren dadurch eine immunologische Attacke gegen körpereigenes Gewebe; „antinukleär” bedeutet dabei „gegen den Zellkern (Nukleus) gerichtet”. Die Antikörper erreichen über den Blutkreislauf praktisch alle Körperbereiche und können dann dort Entzündungen hervorrufen. Eine seltenere systemische Erkrankung aus der Gruppe der Kollagenosen ist die Sklerodermie, bei der sich das Bindegewebe vor allem der Haut entzündet. Im Verlauf der Sklerodermie verändert sich die Haut auf charakteristische Weise. Sie verdickt sich, wird straff und hart; schließlich verschwinden alle Falten. Die Gelenke, vor allem die der Finger, fangen an zu spannen; später schwellen sie an und versteifen. Eine inhomogene Gruppe bilden die Vaskulitiden, bei denen sich die Gefäße entzünden. Zu dieser Gruppe gehören die Wegener-Granulomatose und die Panarteriitis nodosa, auf die hier nicht näher eingegangen wird. gungen, um die zellulären und molekularen Vorgänge im rheumatischen Gelenk aufzudecken. Ziel dieser „molekularen Medizin” ist es, mit dem Wissen über Ursachen und Schadensabläufe neue Ansätze zu entwickeln, mit denen sich diese Krankheiten möglichst frühzeitig erkennen und besser behandeln lassen. Zwar spielen sich die Schadensprozesse der Arthrose an der Knorpeloberfläche ab, doch für deren Verständnis ist es wichtig, einen Blick in die zellulären Fabriken des Knorpels, nämlich die Knorpelzellen (Chondrozyten), zu werfen. Im gesunden Knorpel des Erwachsenen sorgen sie für ein stabiles Gleichgewicht zwischen knorpelabbauenden und -aufbauenden Prozessen, die allesamt extrem langsam und kaum messbar ablaufen. Diese Zellen bilden zum Beispiel mehrere Kollagentypen, von denen das faserförmige Typ-II-Kollagen etwa 85 bis 90 Prozent ausmacht. Dieser Grundbestandteil des Knorpels lagert sich mit weiteren Kollagentypen zu stabilen, zugfesten Fibrillen der Knorpelmatrix zusammen. 1-3 Genetische Analyseverfahren erlauben Viele solcher Signalstoffe, die auf die es, das bei einer Arthrose veränderte Knorpelzellen einwirken, hat man inzwiMuster der Kollagen-Produktion sichtbar schen identifiziert. Es handelt sich um so zu machen. Im gesunden Knorpel (1) ist genannte Zytokine und Wachstumsfaktodie Produktion des Typ-2-Kollagens ren. Jede dieser Substanzen greift spezi(weiße Punkte) gleichmäßig. Bei einer beginnenden Arthrose (2) verändert sich fisch in die genetische Steuerzentrale der das Muster merklich, ohne dass die KnorKnorpelzelle ein: Einige stimulieren etwa peloberfläche bereits geschädigt ist. Bei die Produktion knorpelabbauender Enzyme, fortgeschrittener Arthrose (3) erlischt die oder sie hemmen die Neubildung von KollaProduktion im oberflächennahen Bereich – der Knorpel ist extrem aufgeraut. Zudem setzen die Knorpelzellen Enzyme gen und Wasser bindenden Proteoglykanen. frei – Eiweiße, die ganz bestimmte knorpelabbauende und -aufbauende Reaktionen glatte, gesunde Knorpeloberfläche in und außerhalb der Zelle in Gang setzen raue, zerstörte Knorpeloberfläche Wasser und beschleunigt ablaufen lassen. Darüber hinaus bilden die Knorpelzellen SubKollagenfasern stanzen, die diese Enzyme wieder hemmen, Knorpelzellen sodass sich der Ab- und Aufbau der Knorpelmatrix fein reguliert die Waage halten. Proteoglykane Dabei beeinflussen nicht nur die Knorpelzellen die Stoffwechselvorgänge im Knorpel. Umgekehrt gelangen Signalstoffe aus der Knorpelmatrix an die Oberfläche der Knorpelzellen und docken dort an spezielle Empfangsmoleküle an. Dies setzt eine Signalkette im Innern der Knorpelzelle in Gang, die schließlich den Zellkern erreicht. Er ist gewissermaßen die Steuerzentrale der Knorpelfabriken. Die übertragene chemische Botschaft sorgt dort nun dafür, dass einige Gene im Erbgut abgeschaltet, andere hingegen angeschaltet werden. Dadurch stellen die Zellen ihre Produktion um. Die Gene im Zellkern enthalten nämlich die Bauanleitungen für alle Bestandteile der Knorpelmatrix. Knochen Kollagenfasern bilden die stützende Knorpelmatrix. Darin eingelagerte Proteoglykane sowie Wassermoleküle sorgen für die „Stoßdämpfung” im Gelenk. Bei einer Arthrose (rechts) wird die Matrix zerstört; Wasser und Proteoglykane entweichen. Durch mechanische Reibung wird die zuvor glatte Knorpeloberfläche zunehmend aufgeraut. A8 1 11.12.2001, 14:20 Uhr 1 Was ist Rheuma? – Neue Antworten auf eine alte Frage Entzündliche Bindegewebserkrankungen Entzündlich-rheumatische Krankheiten des Bindegewebes fassen Mediziner als rheumatische Systemerkrankungen zusammen, früher auch als Kollagenosen bezeichnet. Das Bindegewebe hat im Körper dieselbe Funktion wie der Mörtel in einer Mauer: Es verbindet und stützt die Zellen der verschiedenen Organe und Blutgefäße. Unter den Kollagenosen erweist sich der Systemische Lupus erythematodes, kurz SLE, als besonders variantenreich. Manchmal beschränkt sich die Erkrankung auf die Haut; häufiger befällt sie auch innere Körperstrukturen, etwa Gelenke, Nieren, Lungen, Herz, Muskulatur und Nervensystem. SLE ist daher ebenfalls eine systemische Erkrankung, die nicht selten sogar noch mit Begleitkrankheiten einhergeht, etwa dem Sjögren-Syndrom – einer Entzündung der Tränenund Speicheldrüsen sowie der Drüsen der Schleimhäute. Die Augen werden gereizt, röten sich und schmerzen. Systemische Rheumaerkrankungen, die sich auf den gesamten Körper erstrecken können, verursachen höchst unterschiedliche Symptome. Das Foto zeigt eine Entzündung der Tränendrüsen – das so genannte Sjögren-Syndrom – bei einer Patientin mit Systemischem Lupus erythematodes (SLE). Was passiert bei Rheuma im Körper? Zum Glück führen rheumatische Erkrankungen nur selten zum Tod. Doch sie sind meist sehr schmerzhaft, entwickeln sich häufig chronisch und schränken die Lebensqualität vieler Menschen stark ein. Aus diesem Grund unternehmen Mediziner sowie Wissenschaftler aus Industrie und Grundlagenforschung große Anstren- A7 Rheuma-A 2 3 Rundgang durch die „Knorpelfabrik” Wie bei der chronischen Polyarthritis richtet sich das Immunsystem bei SLE gegen den eigenen Organismus. Es handelt sich daher ebenfalls um eine Autoimmunerkrankung. So lassen sich bei SLE-Patienten typischerweise ganz bestimmte Immunstoffe nachweisen, die so genannten antinukleären Antikörper. Diese erkennen Bestandteile von Zellkernen und provozieren dadurch eine immunologische Attacke gegen körpereigenes Gewebe; „antinukleär” bedeutet dabei „gegen den Zellkern (Nukleus) gerichtet”. Die Antikörper erreichen über den Blutkreislauf praktisch alle Körperbereiche und können dann dort Entzündungen hervorrufen. Eine seltenere systemische Erkrankung aus der Gruppe der Kollagenosen ist die Sklerodermie, bei der sich das Bindegewebe vor allem der Haut entzündet. Im Verlauf der Sklerodermie verändert sich die Haut auf charakteristische Weise. Sie verdickt sich, wird straff und hart; schließlich verschwinden alle Falten. Die Gelenke, vor allem die der Finger, fangen an zu spannen; später schwellen sie an und versteifen. Eine inhomogene Gruppe bilden die Vaskulitiden, bei denen sich die Gefäße entzünden. Zu dieser Gruppe gehören die Wegener-Granulomatose und die Panarteriitis nodosa, auf die hier nicht näher eingegangen wird. gungen, um die zellulären und molekularen Vorgänge im rheumatischen Gelenk aufzudecken. Ziel dieser „molekularen Medizin” ist es, mit dem Wissen über Ursachen und Schadensabläufe neue Ansätze zu entwickeln, mit denen sich diese Krankheiten möglichst frühzeitig erkennen und besser behandeln lassen. Zwar spielen sich die Schadensprozesse der Arthrose an der Knorpeloberfläche ab, doch für deren Verständnis ist es wichtig, einen Blick in die zellulären Fabriken des Knorpels, nämlich die Knorpelzellen (Chondrozyten), zu werfen. Im gesunden Knorpel des Erwachsenen sorgen sie für ein stabiles Gleichgewicht zwischen knorpelabbauenden und -aufbauenden Prozessen, die allesamt extrem langsam und kaum messbar ablaufen. Diese Zellen bilden zum Beispiel mehrere Kollagentypen, von denen das faserförmige Typ-II-Kollagen etwa 85 bis 90 Prozent ausmacht. Dieser Grundbestandteil des Knorpels lagert sich mit weiteren Kollagentypen zu stabilen, zugfesten Fibrillen der Knorpelmatrix zusammen. 1-3 Genetische Analyseverfahren erlauben Viele solcher Signalstoffe, die auf die es, das bei einer Arthrose veränderte Knorpelzellen einwirken, hat man inzwiMuster der Kollagen-Produktion sichtbar schen identifiziert. Es handelt sich um so zu machen. Im gesunden Knorpel (1) ist genannte Zytokine und Wachstumsfaktodie Produktion des Typ-2-Kollagens ren. Jede dieser Substanzen greift spezi(weiße Punkte) gleichmäßig. Bei einer beginnenden Arthrose (2) verändert sich fisch in die genetische Steuerzentrale der das Muster merklich, ohne dass die KnorKnorpelzelle ein: Einige stimulieren etwa peloberfläche bereits geschädigt ist. Bei die Produktion knorpelabbauender Enzyme, fortgeschrittener Arthrose (3) erlischt die oder sie hemmen die Neubildung von KollaProduktion im oberflächennahen Bereich – der Knorpel ist extrem aufgeraut. Zudem setzen die Knorpelzellen Enzyme gen und Wasser bindenden Proteoglykanen. frei – Eiweiße, die ganz bestimmte knorpelabbauende und -aufbauende Reaktionen glatte, gesunde Knorpeloberfläche in und außerhalb der Zelle in Gang setzen raue, zerstörte Knorpeloberfläche Wasser und beschleunigt ablaufen lassen. Darüber hinaus bilden die Knorpelzellen SubKollagenfasern stanzen, die diese Enzyme wieder hemmen, Knorpelzellen sodass sich der Ab- und Aufbau der Knorpelmatrix fein reguliert die Waage halten. Proteoglykane Dabei beeinflussen nicht nur die Knorpelzellen die Stoffwechselvorgänge im Knorpel. Umgekehrt gelangen Signalstoffe aus der Knorpelmatrix an die Oberfläche der Knorpelzellen und docken dort an spezielle Empfangsmoleküle an. Dies setzt eine Signalkette im Innern der Knorpelzelle in Gang, die schließlich den Zellkern erreicht. Er ist gewissermaßen die Steuerzentrale der Knorpelfabriken. Die übertragene chemische Botschaft sorgt dort nun dafür, dass einige Gene im Erbgut abgeschaltet, andere hingegen angeschaltet werden. Dadurch stellen die Zellen ihre Produktion um. Die Gene im Zellkern enthalten nämlich die Bauanleitungen für alle Bestandteile der Knorpelmatrix. Knochen Kollagenfasern bilden die stützende Knorpelmatrix. Darin eingelagerte Proteoglykane sowie Wassermoleküle sorgen für die „Stoßdämpfung” im Gelenk. Bei einer Arthrose (rechts) wird die Matrix zerstört; Wasser und Proteoglykane entweichen. Durch mechanische Reibung wird die zuvor glatte Knorpeloberfläche zunehmend aufgeraut. A8 1 11.12.2001, 14:20 Uhr Was passiert bei Rheuma im Körper? Andere wiederum agieren als Gegenspieler: Sie fördern den Knorpelaufbau, indem sie die Gene für knorpelaufbauende Eiweiße anschalten oder die Gene für knorpelabbauende Enzyme abschalten. Erst dieses komplizierte Netzwerk aus chemischen Akteuren und deren Gegenspielern garantiert letztlich, dass sich Auf- und Abbau der Knorpelmatrix die Waage halten. Im arthrotischen Knorpel – so viel ist heute sicher – ist dieses Gleichgewicht gestört. Daher stehen gegenwärtig die Zytokine und Wachstumsfaktoren im Mittelpunkt des Interesses der Knorpelforscher. Arthrotische Prozesse im Gelenk erstrecken sich meist über viele Jahre. Dreh- und Angelpunkt dabei: Das Gleichgewicht von Knorpelaufund Knorpelabbau ist gestört. Die Vorgänge im Knorpel geraten aus dem Gleichgewicht Der Abbau beschleunigt sich noch, weil die aufgerauten Gelenkoberflächen stärker aneinander reiben. Im so geschädigten Kollagennetzwerk nehmen wiederum die noch intakten Proteoglykane mehr Wasser auf und quellen. Der Knorpel wird weicher und weniger elastisch, was den Abbau zusätzlich fördert – der Teufelskreis der arthrotischen Zerstörung ist in Gang gesetzt. Obwohl Knorpelzellen aus den tieferen Knorpelschichten im Verlauf des arthrotischen Prozesses mehr Proteoglykane bilden, gelingt es ihnen dadurch nicht, das gestörte Gleichgewicht wiederherzustellen. Der Knorpel bekommt immer tiefere Risse und Kerben, die Knorpelzellen verkümmern, und schließlich geht das Knorpelgewebe gänzlich verloren. Der Abbauprozess greift nun im Spätstadium der Arthrose unmittelbar auf den darunter liegenden Knochen über, der bereits seit den Anfangsphasen der Erkrankung verdickt und verhärtet ist. Blutgefäße und bindegewebiges Material aus dem Knochenmark wuchern in die Lücken des Knorpels ein; das neu entstehende Gewebe wandelt sich teilweise in knorpelartiges Narbengewebe um. Bis sich ein gesunder in einen arthrotisch zerstörten Knorpel umwandelt, vergehen meist Jahre bis Jahrzehnte. Die krankhafte Veränderung zeigt sich zuerst an der Knorpeloberfläche, die nicht länger spiegelglatt ist, sondern sich immer stärker aufraut. Dazu kommt es, weil die Knorpelzellen jetzt Knorpelabbau und Bildung krankhafter vermehrt knorpelabbauende Enzyme herStoffwechselprodukte stellen, die vor allem die Proteoglykane in kleinere Bruchstücke spalten. Dadurch verlieren die Kollagenfibrillen ihren natürli- Eine häufige Begleiterscheinung der fortchen Schutzmantel, sodass sie nun ihrer- geschrittenen Arthrose ist eine entzündete seits dem Angriff von knorpelabbauenden Gelenkinnenhaut. Gelangen etwa abgerieEnzymen ausgesetzt sind. bene Knorpelteilchen in den Gelenkspalt, werden sie dort als Fremdkörper erkannt und lösen daraufhin eine entzündliche Verengung des Gelenkspalts und erhöhter Abwehrreaktion des Immunsystems aus. mechanischer Abrieb Zudem veranlassen sie die Zellen der Gelenkinnenhaut dazu, mehr Gelenkflüssigkeit abzugeben; es bildet sich ein schmerzhafter Gelenkerguss. Und schließlich setzen die oberflächlichen Zellen der Membran Enzyme frei, die ihrerseits zum Knorpelabbau beitragen. gesundes Gelenk vollständiger Knorpelverlust, Knochen wachsen starr zusammen A9 Rheuma-A Wie die Knorpelzellen reagieren Knorpelforscher haben inzwischen herausgefunden, wie die zellulären Knorpelfabriken im Verlauf des arthrotischen Geschehens ihre Produktpalette verändern: Zum einen ändert sich die Syntheserate der normalerweise gebildeten Kollagentypen, zum anderen erzeugen die Knorpelzellen andere Kollagentypen, und zwar anstelle des zugund reißfesten Typ-II-Kollagens weniger belastbare Kollagentypen, die üblicherweise in Haut- und in Bindegewebszellen vorkommen. Die Knorpelfabriken im mittleren Bereich versuchen demgegenüber den an der Oberfläche herrschenden Verlust an Proteoglykanen und Kollagenen auszugleichen, indem sie beispielsweise verstärkt Proteoglykane erzeugen. Dennoch reichen diese Reparaturbemühungen nicht aus. Vielmehr lagert sich etwa in der tiefen Zone des Gelenkknorpels ein neuer Kollagentyp ab, das Typ-X-Kollagen. Produziert wird es normalerweise von schnell alternden Knorpelzellen in der Wachstumszone des Knochens. Nach Abschluss des Knochenwachstums verkalken sie und sterben ab. Dass das Typ-X-Kollagen nun im arthrotischen Knorpel auftritt, deutet darauf hin, dass die Knorpelzellen frühzeitig gealtert sind. Äußerlich ist die arthrotische Zerstörung Durch die Entzündung verdickt sich die Gedes Knorpels (a) erst sehr spät zu erkennen. lenkinnenhaut und stülpt sich fingerförmig Die Schäden sind das Ergebnis eines oft in den Gelenkspalt vor. Aus den Blutgejahrelangen Krankheitsprozesses. Mit Hilfe fäßen, die sie versorgen, strömen massiv verschiedener Laborverfahren (b bis f) und Entzündungszellen ein. Die Membran verFärbetechniken lassen sich bereits in der Frühphase der Erkrankung molekulare Umbaudickt sich zudem und bildet polypenartige und Reparaturprozesse sichtbar machen. Auswüchse, mit denen sie die Knorpeloberfläche regelrecht überzieht. Schließlich dringt sie als so genannter Pannus in den Knorpel ein und zerstört ihn dabei. In einem gesunden Gelenk wiegt die Gelenkinnenhaut etwa fünf Gramm, zum Pannusgewebe Immunreaktionen gegen körperausgewachsen kann sich ihr Gewicht auf eigene Strukturen im Gelenk spielen bei bis zu 100 Gramm verzwanzigfachen. Der entzündlichen Rheumaerkrankungen eine entscheidende Rolle. Die Grafik zeigt Pannus füllt im Extremfall den Gelenkspalt den Verlauf einer Arthritis. vollständig aus, sodass es dem Betroffenen nicht mehr möglich ist, das Gelenk zu bewegen. entzündete Synovialmembran verdickt sich Die gesunde Gelenkinnenhaut besteht vor allem aus Bindegewebszellen (Fibroblasten) und wenigen Makrophagen (Fresszellen). Im entzündeten Zustand jedoch tauchen vor allem verschiedene Abwehrzellen des Immunsystems auf, etwa B- und T-Lymphozyten faserreiches Gewebe (Pannus) dringt in den sowie die Makrophagen. Ihre Aufgabe ist Gelenkspalt vor es, die als körperfremd erkannten Substanzen und Krankheitserreger zu vernichten. Weshalb diese Immunzellen bei einer Arthritis fälschlicherweise über die Gelenkinnenhaut „herfallen” und diese angreifen und welche Faktoren diesen autoimmunen, Pannusgewebe füllt den Gelenkspalt und trägt also selbstzerstörerischen Prozess in Gang zum Knorpelabbau bei Knorpelschädigung setzen, das untersuchen Forscher gegenwärtig sehr intensiv. Sollte es ihnen gelin– auch im arthritischen Gelenk gen, die Ursache dafür zu finden, dann Während die krankhaften Veränderungen bestünde die Hoffnung auf neue Behandbei der Arthrose in erster Linie auf Ab- lungsansätze – etwa Medikamente, die und Umbauprozesse im Knorpel zurück- diese Vorgänge zielgerichtet unterbinden. Gelenkkapsel verdickt sich zuführen sind, wird die chronische Polyarthritis in der Gelenkinnenhaut „gezündet” Gelenk weist Fehlstellungen auf und – das heißt, das Gewebe entzündet sich. versteift sich Die Membran setzt an der Grenze zwischen Knochen und Knorpel an und umschließt die Gelenkhöhle. Sie besteht in gesunden Gelenken aus nur wenigen Zelllagen; ihre Oberfläche ist durch Ausstülpungen stark vergrößert. A 10 2 11.12.2001, 14:20 Uhr Was passiert bei Rheuma im Körper? Andere wiederum agieren als Gegenspieler: Sie fördern den Knorpelaufbau, indem sie die Gene für knorpelaufbauende Eiweiße anschalten oder die Gene für knorpelabbauende Enzyme abschalten. Erst dieses komplizierte Netzwerk aus chemischen Akteuren und deren Gegenspielern garantiert letztlich, dass sich Auf- und Abbau der Knorpelmatrix die Waage halten. Im arthrotischen Knorpel – so viel ist heute sicher – ist dieses Gleichgewicht gestört. Daher stehen gegenwärtig die Zytokine und Wachstumsfaktoren im Mittelpunkt des Interesses der Knorpelforscher. Arthrotische Prozesse im Gelenk erstrecken sich meist über viele Jahre. Dreh- und Angelpunkt dabei: Das Gleichgewicht von Knorpelaufund Knorpelabbau ist gestört. Die Vorgänge im Knorpel geraten aus dem Gleichgewicht Der Abbau beschleunigt sich noch, weil die aufgerauten Gelenkoberflächen stärker aneinander reiben. Im so geschädigten Kollagennetzwerk nehmen wiederum die noch intakten Proteoglykane mehr Wasser auf und quellen. Der Knorpel wird weicher und weniger elastisch, was den Abbau zusätzlich fördert – der Teufelskreis der arthrotischen Zerstörung ist in Gang gesetzt. Obwohl Knorpelzellen aus den tieferen Knorpelschichten im Verlauf des arthrotischen Prozesses mehr Proteoglykane bilden, gelingt es ihnen dadurch nicht, das gestörte Gleichgewicht wiederherzustellen. Der Knorpel bekommt immer tiefere Risse und Kerben, die Knorpelzellen verkümmern, und schließlich geht das Knorpelgewebe gänzlich verloren. Der Abbauprozess greift nun im Spätstadium der Arthrose unmittelbar auf den darunter liegenden Knochen über, der bereits seit den Anfangsphasen der Erkrankung verdickt und verhärtet ist. Blutgefäße und bindegewebiges Material aus dem Knochenmark wuchern in die Lücken des Knorpels ein; das neu entstehende Gewebe wandelt sich teilweise in knorpelartiges Narbengewebe um. Bis sich ein gesunder in einen arthrotisch zerstörten Knorpel umwandelt, vergehen meist Jahre bis Jahrzehnte. Die krankhafte Veränderung zeigt sich zuerst an der Knorpeloberfläche, die nicht länger spiegelglatt ist, sondern sich immer stärker aufraut. Dazu kommt es, weil die Knorpelzellen jetzt Knorpelabbau und Bildung krankhafter vermehrt knorpelabbauende Enzyme herStoffwechselprodukte stellen, die vor allem die Proteoglykane in kleinere Bruchstücke spalten. Dadurch verlieren die Kollagenfibrillen ihren natürli- Eine häufige Begleiterscheinung der fortchen Schutzmantel, sodass sie nun ihrer- geschrittenen Arthrose ist eine entzündete seits dem Angriff von knorpelabbauenden Gelenkinnenhaut. Gelangen etwa abgerieEnzymen ausgesetzt sind. bene Knorpelteilchen in den Gelenkspalt, werden sie dort als Fremdkörper erkannt und lösen daraufhin eine entzündliche Verengung des Gelenkspalts und erhöhter Abwehrreaktion des Immunsystems aus. mechanischer Abrieb Zudem veranlassen sie die Zellen der Gelenkinnenhaut dazu, mehr Gelenkflüssigkeit abzugeben; es bildet sich ein schmerzhafter Gelenkerguss. Und schließlich setzen die oberflächlichen Zellen der Membran Enzyme frei, die ihrerseits zum Knorpelabbau beitragen. gesundes Gelenk vollständiger Knorpelverlust, Knochen wachsen starr zusammen A9 Rheuma-A Wie die Knorpelzellen reagieren Knorpelforscher haben inzwischen herausgefunden, wie die zellulären Knorpelfabriken im Verlauf des arthrotischen Geschehens ihre Produktpalette verändern: Zum einen ändert sich die Syntheserate der normalerweise gebildeten Kollagentypen, zum anderen erzeugen die Knorpelzellen andere Kollagentypen, und zwar anstelle des zugund reißfesten Typ-II-Kollagens weniger belastbare Kollagentypen, die üblicherweise in Haut- und in Bindegewebszellen vorkommen. Die Knorpelfabriken im mittleren Bereich versuchen demgegenüber den an der Oberfläche herrschenden Verlust an Proteoglykanen und Kollagenen auszugleichen, indem sie beispielsweise verstärkt Proteoglykane erzeugen. Dennoch reichen diese Reparaturbemühungen nicht aus. Vielmehr lagert sich etwa in der tiefen Zone des Gelenkknorpels ein neuer Kollagentyp ab, das Typ-X-Kollagen. Produziert wird es normalerweise von schnell alternden Knorpelzellen in der Wachstumszone des Knochens. Nach Abschluss des Knochenwachstums verkalken sie und sterben ab. Dass das Typ-X-Kollagen nun im arthrotischen Knorpel auftritt, deutet darauf hin, dass die Knorpelzellen frühzeitig gealtert sind. Äußerlich ist die arthrotische Zerstörung Durch die Entzündung verdickt sich die Gedes Knorpels (a) erst sehr spät zu erkennen. lenkinnenhaut und stülpt sich fingerförmig Die Schäden sind das Ergebnis eines oft in den Gelenkspalt vor. Aus den Blutgejahrelangen Krankheitsprozesses. Mit Hilfe fäßen, die sie versorgen, strömen massiv verschiedener Laborverfahren (b bis f) und Entzündungszellen ein. Die Membran verFärbetechniken lassen sich bereits in der Frühphase der Erkrankung molekulare Umbaudickt sich zudem und bildet polypenartige und Reparaturprozesse sichtbar machen. Auswüchse, mit denen sie die Knorpeloberfläche regelrecht überzieht. Schließlich dringt sie als so genannter Pannus in den Knorpel ein und zerstört ihn dabei. In einem gesunden Gelenk wiegt die Gelenkinnenhaut etwa fünf Gramm, zum Pannusgewebe Immunreaktionen gegen körperausgewachsen kann sich ihr Gewicht auf eigene Strukturen im Gelenk spielen bei bis zu 100 Gramm verzwanzigfachen. Der entzündlichen Rheumaerkrankungen eine entscheidende Rolle. Die Grafik zeigt Pannus füllt im Extremfall den Gelenkspalt den Verlauf einer Arthritis. vollständig aus, sodass es dem Betroffenen nicht mehr möglich ist, das Gelenk zu bewegen. entzündete Synovialmembran verdickt sich Die gesunde Gelenkinnenhaut besteht vor allem aus Bindegewebszellen (Fibroblasten) und wenigen Makrophagen (Fresszellen). Im entzündeten Zustand jedoch tauchen vor allem verschiedene Abwehrzellen des Immunsystems auf, etwa B- und T-Lymphozyten faserreiches Gewebe (Pannus) dringt in den sowie die Makrophagen. Ihre Aufgabe ist Gelenkspalt vor es, die als körperfremd erkannten Substanzen und Krankheitserreger zu vernichten. Weshalb diese Immunzellen bei einer Arthritis fälschlicherweise über die Gelenkinnenhaut „herfallen” und diese angreifen und welche Faktoren diesen autoimmunen, Pannusgewebe füllt den Gelenkspalt und trägt also selbstzerstörerischen Prozess in Gang zum Knorpelabbau bei Knorpelschädigung setzen, das untersuchen Forscher gegenwärtig sehr intensiv. Sollte es ihnen gelin– auch im arthritischen Gelenk gen, die Ursache dafür zu finden, dann Während die krankhaften Veränderungen bestünde die Hoffnung auf neue Behandbei der Arthrose in erster Linie auf Ab- lungsansätze – etwa Medikamente, die und Umbauprozesse im Knorpel zurück- diese Vorgänge zielgerichtet unterbinden. Gelenkkapsel verdickt sich zuführen sind, wird die chronische Polyarthritis in der Gelenkinnenhaut „gezündet” Gelenk weist Fehlstellungen auf und – das heißt, das Gewebe entzündet sich. versteift sich Die Membran setzt an der Grenze zwischen Knochen und Knorpel an und umschließt die Gelenkhöhle. Sie besteht in gesunden Gelenken aus nur wenigen Zelllagen; ihre Oberfläche ist durch Ausstülpungen stark vergrößert. A 10 2 11.12.2001, 14:20 Uhr Wie kann man Rheuma bekommen? Ob Menschen arthrotische Beschwerden haben, unter chronischer Polyarthritis leiden, an Morbus Bechterew oder dem Systemischen Lupus erythematodes (SLE) erkranken – immer wieder richten die Betroffenen dieselben Fragen an ihren behandelnden Arzt: „Was habe ich falsch gemacht? Habe ich diese Krankheit von meinen Eltern geerbt?” Doch nur selten erhalten sie darauf eine eindeutige Antwort, denn die genauen Ursachen liegen bei den allermeisten Rheumakrankheiten nach wie vor im Dunkeln. Dennoch lässt sich festhalten: • Genetische Faktoren spielen bei vielen rheumatischen Erkrankungen eine wichtige Rolle, als alleinige Auslöser kommen sie indes nur selten in Betracht. Vielmehr müssen äußere und innere Faktoren hinzukommen, damit sich die Erkrankung ausprägen kann. • Zu den bekannten äußeren Faktoren gehören verschiedene Krankheitserreger. Diese können rheumatische Krankheiten auslösen, und zwar offenbar nicht nur direkt durch den Befall der Gelenke. Das Schmetterlingserythem, eine charakteristisch geformte Rötung der Wangen, ist eines der häufiger auftretenden Symptome des Systemischen Lupus erythematodes (SLE). Forscher versuchen herauszufinden, weshalb sich das Immunsystem bei dieser Autoimmunerkrankung gegen den eigenen Körper wendet. • Autoimmunprozesse, also Angriffe des Immunsystems auf körpereigene Strukturen, spielen bei vielen entzündlichen Rheumaformen eine entscheidende Rolle. • Stoffwechseldefekte sind dagegen eher selten die Ursache. Eine wichtige Ausnahme stellt die Gicht dar, bei der eine Störung des Harnsäurestoffwechsels zu Kristallablagerungen führt, welche die Gelenke mechanisch zerstören. Gelenke nutzen sich nicht erst im Alter ab bestimmter Gelenke. Wer etwa zu viel Pfunde auf die Waage bringt, beansprucht seine gewichttragenden Gelenke stärker als eine normalgewichtige Person. Fehlstellungen wie X- oder O-Beine belasten wiederum diese Gelenke einseitig, und damit unter Umständen zu stark. Ebenfalls zu einseitigen Be- oder gar Überlastungen kann es nach einem Unfall oder einer Sportverletzung kommen, etwa nach einer Meniskusverletzung oder wenn für längere Zeit einige Muskelgruppen ausfallen, die ein Gelenk stützen und führen. Auch innerhalb einiger handwerklicher Berufe, etwa bei Gärtnern oder Fliesenlegern, werden bestimmte Gelenke sehr stark beansprucht; wer solche Tätigkeiten über lange Jahre ausübt, trägt ein höheres Risiko, an Arthrose zu erkranken. Ist die Nährstoffversorgung des Knorpels gestört, wird er weniger belastbar und dies kann eine Arthrose begünstigen. Längere Bettlägerigkeit etwa, sei es bei älteren oder jüngeren Menschen, führt dazu, dass die Beweglichkeit mancher Gelenke eingeschränkt ist. Doch nur bei ausreichender Bewegung erhält der Gelenkknorpel genügend Nährstoffe. Weitere Gründe für eine Versorgungsstörung des Knorpels mit Nährstoffen sind Stoffwechselerkrankungen wie die Zuckerkrankheit, durch die sich die Zusammensetzung der Gelenkflüssigkeit verändert. Den „Tätern” bei entzündlichen Prozessen auf der Spur Entzündliche Gelenkerkrankungen haben verschiedene Ursachen. So können Mikroorganismen wie Viren oder Bakterien eine Entzündung auslösen, aber auch Störungen des Immunsystems kommen als Ursachen in Betracht. Im Unterschied zu den entzündlichen For- Wenn etwa Erreger über die Lymphe oder men des Rheumas beruht die Arthrose das Blut in ein Gelenk vordringen, können meist auf einem mechanischen Problem, sie dort eine eitrige Entzündung auslösen. und zwar vor allem auf einer Überlastung Dabei handelt es sich um Bakterien, die ganz A 11 Rheuma-A unterschiedlichen Gruppen angehören. Am häufigsten verursacht das kugelförmige Bakterium Staphylococcus aureus solch eine infektiöse oder septische Arthritis. Seltener sind Tuberkelbazillen oder Borrelien für die Gelenkentzündung verantwortlich. Letztere werden durch Zeckenbisse auf den Menschen übertragen. Gelingt es dem Arzt, eine infektiöse Arthritis früh zu erkennen, dann lässt sie sich mit Antibiotika gut behandeln. Sie heilt aus, und ein bleibender Gelenkschaden lässt sich verhindern. Anders liegt der Fall bei den so genannten reaktiven Arthritiden. Sie sind die Begleiterscheinung einer Infektion, die sich meist im Darm abspielt. Zu den Verursachern gehören Bakterien wie Yersinien, Camphylobacter, Shigellen oder Salmonellen. Häufig tritt die reaktive Arthritis erst auf, nachdem die Darminfektion überwunden zu sein scheint. In den betroffenen Gelenken lassen sich – anders als bei einer infektiösen Arthritis – die Erreger selbst gar nicht nachweisen, sondern höchstens deren Bestandteile. Forscher vermuten, dass letztlich nicht die Erreger die Gelenkentzündung hervorrufen, sondern dass dafür Abwehrstoffe und Zellen des Immunsystems verantwortlich sind, die zur Bekämpfung des Erregers im Darm gebildet wurden und die sich nun fälschlicherweise auf körpereigene Strukturen (Autoantigene) der Gelenkinnenhaut stürzen. Solche autoimmunen – also gegen den eigenen Körper gerichteten – Zellen und Antikörper treten bei verschiedenen entzündlichen Rheumaerkrankungen wie der chronischen Polyarthritis und SLE auf. Ein mögliches Ziel der autoimmunen Attacke ist beispielsweise ein Autoantigen des Typ-II-Kollagens, also dem wichtigsten Knorpelbestandteil. schwellen entzündlich an, die Entzündung „wandert” dabei oft von einem zum nächsten Gelenk. Viel gefährlicher ist jedoch, dass die Entzündung auch auf die Herzklappen übergreift und dort schlimmstenfalls einen bleibenden Herzfehler verursachen kann. Aufgrund verbesserter Hygiene- und Ernährungsbedingungen sowie einer wirksamen Antibiotika-Therapie tritt das Rheumatische Fieber hierzulande nur noch selten auf. Bei infektiösen Formen der Arthritis haben Bakterien wie Staphylococcus aureus ihre Hand im Spiel. Solche Rheumaerkrankungen lassen sich mit Antibiotika gut behandeln. Außer bakteriellen Erregern können auch verschiedene Viren eine Gelenkentzündung auslösen, etwa Hepatitis-, Herpes-, Enteround Parvoviren. Bei einer Infektion mit dem Rötelnvirus kann sich beispielsweise eine arthritische Gelenkentzündung nach den Hautveränderungen, die für diese Erkrankung typisch sind, ausbilden und einige Tage bis wenige Wochen andauern. Eine wichtige Funktion bei allen entzündlichen Rheumaerkrankungen haben die diversen Signalstoffe der Abwehrzellen. Es handelt sich um die bereits erwähnten Zytokine. Sie wirken nämlich nicht nur auf die genetische Steuerzentrale der Knorpelzellen, sondern dienen den Immunzellen auch untereinander als Signalgeber. Immunzellen geben zum Beispiel bestimmte Zytokine als chemisches Alarmsignal nach außen ab, sobald sie selbst durch den Kontakt mit einer infizierten Zelle oder einer körperfremden Substanz aktiviert wurden. Zytokine aktivieren nun ihrerseits weitere Abwehrzellen, indem sie diese zum Entzündungsherd anlocken oder dort zur Teilung anregen. Entzündungsfördernde Zytokine setzen damit wie in einem Schneeballsystem eine anschwellende Abwehrkaskade in Gang. Umgekehrt agieren andere Zytokine als Gegenspieler, sie bremsen also eine Entzündungsreaktion und sorgen so dafür, Ein weiteres Beispiel für eine reaktive dass das Immunsystem nach einer erfolgArthritis ist das Rheumatische Fieber, an reichen Attacke den Abwehrkampf nicht dem meist Kinder im Schulalter erkranken. unentwegt fortführt. Die Erkrankung beginnt mit einer bakteriellen Mandelentzündung, verursacht durch bestimmte Typen von Streptokokken. Nach einer bis drei Wochen bekommt der Patient hohes Fieber, ein oder mehrere Gelenke Streptokokken verursachen unter anderem Mandelentzündungen. Die Bakterien können auch Gelenke infizieren und dort rheumatische Entzündungen auslösen. Sehr bedrohlich wird die Infektion, wenn sie die Herzklappen erfasst. Dies geschieht beim Rheumatischen Fieber. A 12 3 11.12.2001, 14:20 Uhr Wie kann man Rheuma bekommen? Ob Menschen arthrotische Beschwerden haben, unter chronischer Polyarthritis leiden, an Morbus Bechterew oder dem Systemischen Lupus erythematodes (SLE) erkranken – immer wieder richten die Betroffenen dieselben Fragen an ihren behandelnden Arzt: „Was habe ich falsch gemacht? Habe ich diese Krankheit von meinen Eltern geerbt?” Doch nur selten erhalten sie darauf eine eindeutige Antwort, denn die genauen Ursachen liegen bei den allermeisten Rheumakrankheiten nach wie vor im Dunkeln. Dennoch lässt sich festhalten: • Genetische Faktoren spielen bei vielen rheumatischen Erkrankungen eine wichtige Rolle, als alleinige Auslöser kommen sie indes nur selten in Betracht. Vielmehr müssen äußere und innere Faktoren hinzukommen, damit sich die Erkrankung ausprägen kann. • Zu den bekannten äußeren Faktoren gehören verschiedene Krankheitserreger. Diese können rheumatische Krankheiten auslösen, und zwar offenbar nicht nur direkt durch den Befall der Gelenke. Das Schmetterlingserythem, eine charakteristisch geformte Rötung der Wangen, ist eines der häufiger auftretenden Symptome des Systemischen Lupus erythematodes (SLE). Forscher versuchen herauszufinden, weshalb sich das Immunsystem bei dieser Autoimmunerkrankung gegen den eigenen Körper wendet. • Autoimmunprozesse, also Angriffe des Immunsystems auf körpereigene Strukturen, spielen bei vielen entzündlichen Rheumaformen eine entscheidende Rolle. • Stoffwechseldefekte sind dagegen eher selten die Ursache. Eine wichtige Ausnahme stellt die Gicht dar, bei der eine Störung des Harnsäurestoffwechsels zu Kristallablagerungen führt, welche die Gelenke mechanisch zerstören. Gelenke nutzen sich nicht erst im Alter ab bestimmter Gelenke. Wer etwa zu viel Pfunde auf die Waage bringt, beansprucht seine gewichttragenden Gelenke stärker als eine normalgewichtige Person. Fehlstellungen wie X- oder O-Beine belasten wiederum diese Gelenke einseitig, und damit unter Umständen zu stark. Ebenfalls zu einseitigen Be- oder gar Überlastungen kann es nach einem Unfall oder einer Sportverletzung kommen, etwa nach einer Meniskusverletzung oder wenn für längere Zeit einige Muskelgruppen ausfallen, die ein Gelenk stützen und führen. Auch innerhalb einiger handwerklicher Berufe, etwa bei Gärtnern oder Fliesenlegern, werden bestimmte Gelenke sehr stark beansprucht; wer solche Tätigkeiten über lange Jahre ausübt, trägt ein höheres Risiko, an Arthrose zu erkranken. Ist die Nährstoffversorgung des Knorpels gestört, wird er weniger belastbar und dies kann eine Arthrose begünstigen. Längere Bettlägerigkeit etwa, sei es bei älteren oder jüngeren Menschen, führt dazu, dass die Beweglichkeit mancher Gelenke eingeschränkt ist. Doch nur bei ausreichender Bewegung erhält der Gelenkknorpel genügend Nährstoffe. Weitere Gründe für eine Versorgungsstörung des Knorpels mit Nährstoffen sind Stoffwechselerkrankungen wie die Zuckerkrankheit, durch die sich die Zusammensetzung der Gelenkflüssigkeit verändert. Den „Tätern” bei entzündlichen Prozessen auf der Spur Entzündliche Gelenkerkrankungen haben verschiedene Ursachen. So können Mikroorganismen wie Viren oder Bakterien eine Entzündung auslösen, aber auch Störungen des Immunsystems kommen als Ursachen in Betracht. Im Unterschied zu den entzündlichen For- Wenn etwa Erreger über die Lymphe oder men des Rheumas beruht die Arthrose das Blut in ein Gelenk vordringen, können meist auf einem mechanischen Problem, sie dort eine eitrige Entzündung auslösen. und zwar vor allem auf einer Überlastung Dabei handelt es sich um Bakterien, die ganz A 11 Rheuma-A unterschiedlichen Gruppen angehören. Am häufigsten verursacht das kugelförmige Bakterium Staphylococcus aureus solch eine infektiöse oder septische Arthritis. Seltener sind Tuberkelbazillen oder Borrelien für die Gelenkentzündung verantwortlich. Letztere werden durch Zeckenbisse auf den Menschen übertragen. Gelingt es dem Arzt, eine infektiöse Arthritis früh zu erkennen, dann lässt sie sich mit Antibiotika gut behandeln. Sie heilt aus, und ein bleibender Gelenkschaden lässt sich verhindern. Anders liegt der Fall bei den so genannten reaktiven Arthritiden. Sie sind die Begleiterscheinung einer Infektion, die sich meist im Darm abspielt. Zu den Verursachern gehören Bakterien wie Yersinien, Camphylobacter, Shigellen oder Salmonellen. Häufig tritt die reaktive Arthritis erst auf, nachdem die Darminfektion überwunden zu sein scheint. In den betroffenen Gelenken lassen sich – anders als bei einer infektiösen Arthritis – die Erreger selbst gar nicht nachweisen, sondern höchstens deren Bestandteile. Forscher vermuten, dass letztlich nicht die Erreger die Gelenkentzündung hervorrufen, sondern dass dafür Abwehrstoffe und Zellen des Immunsystems verantwortlich sind, die zur Bekämpfung des Erregers im Darm gebildet wurden und die sich nun fälschlicherweise auf körpereigene Strukturen (Autoantigene) der Gelenkinnenhaut stürzen. Solche autoimmunen – also gegen den eigenen Körper gerichteten – Zellen und Antikörper treten bei verschiedenen entzündlichen Rheumaerkrankungen wie der chronischen Polyarthritis und SLE auf. Ein mögliches Ziel der autoimmunen Attacke ist beispielsweise ein Autoantigen des Typ-II-Kollagens, also dem wichtigsten Knorpelbestandteil. schwellen entzündlich an, die Entzündung „wandert” dabei oft von einem zum nächsten Gelenk. Viel gefährlicher ist jedoch, dass die Entzündung auch auf die Herzklappen übergreift und dort schlimmstenfalls einen bleibenden Herzfehler verursachen kann. Aufgrund verbesserter Hygiene- und Ernährungsbedingungen sowie einer wirksamen Antibiotika-Therapie tritt das Rheumatische Fieber hierzulande nur noch selten auf. Bei infektiösen Formen der Arthritis haben Bakterien wie Staphylococcus aureus ihre Hand im Spiel. Solche Rheumaerkrankungen lassen sich mit Antibiotika gut behandeln. Außer bakteriellen Erregern können auch verschiedene Viren eine Gelenkentzündung auslösen, etwa Hepatitis-, Herpes-, Enteround Parvoviren. Bei einer Infektion mit dem Rötelnvirus kann sich beispielsweise eine arthritische Gelenkentzündung nach den Hautveränderungen, die für diese Erkrankung typisch sind, ausbilden und einige Tage bis wenige Wochen andauern. Eine wichtige Funktion bei allen entzündlichen Rheumaerkrankungen haben die diversen Signalstoffe der Abwehrzellen. Es handelt sich um die bereits erwähnten Zytokine. Sie wirken nämlich nicht nur auf die genetische Steuerzentrale der Knorpelzellen, sondern dienen den Immunzellen auch untereinander als Signalgeber. Immunzellen geben zum Beispiel bestimmte Zytokine als chemisches Alarmsignal nach außen ab, sobald sie selbst durch den Kontakt mit einer infizierten Zelle oder einer körperfremden Substanz aktiviert wurden. Zytokine aktivieren nun ihrerseits weitere Abwehrzellen, indem sie diese zum Entzündungsherd anlocken oder dort zur Teilung anregen. Entzündungsfördernde Zytokine setzen damit wie in einem Schneeballsystem eine anschwellende Abwehrkaskade in Gang. Umgekehrt agieren andere Zytokine als Gegenspieler, sie bremsen also eine Entzündungsreaktion und sorgen so dafür, Ein weiteres Beispiel für eine reaktive dass das Immunsystem nach einer erfolgArthritis ist das Rheumatische Fieber, an reichen Attacke den Abwehrkampf nicht dem meist Kinder im Schulalter erkranken. unentwegt fortführt. Die Erkrankung beginnt mit einer bakteriellen Mandelentzündung, verursacht durch bestimmte Typen von Streptokokken. Nach einer bis drei Wochen bekommt der Patient hohes Fieber, ein oder mehrere Gelenke Streptokokken verursachen unter anderem Mandelentzündungen. Die Bakterien können auch Gelenke infizieren und dort rheumatische Entzündungen auslösen. Sehr bedrohlich wird die Infektion, wenn sie die Herzklappen erfasst. Dies geschieht beim Rheumatischen Fieber. A 12 3 11.12.2001, 14:20 Uhr Wie kann man Rheuma bekommen? In den letzten Jahren sammelten Wissenschaftler Hinweise darauf, dass bei sehr vielen Rheumaerkrankungen ein Ungleichgewicht zwischen entzündungsfördernden und -hemmenden Zytokinen vorliegt. Diese Erkenntnis wiederum eröffnete neue Möglichkeiten, mit spezifischen Substanzen die Wirkung der entzündungsfördernden Zytokine zu blockieren. Häufigkeit des Merkmals bei Erkrankten Häufigkeit des Merkmals in der Gesamtbevölkerung Prozent 100 80 60 40 20 DR 4) es w(D Kr R3 an ) k h M e it ( ult B2 ipl eS 7) Zu Sc kle ck h r os up er e( pe kra DR nf nk l e 2) he ch it – Sc te (C hla Ty w6 pI fa ) nf ( D all R3 -K , D ra R4 nk ) he it ( DR 2) at em re Be ch te yth er us up sc Bei vielen Krankheiten, darunter auch rheumatischen Erkrankungen, lässt sich beobachten, dass die Betroffenen deutlich häufiger über ein bestimmtes genetisches Merkmal verfügen, als dies dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung entspricht. Das besagt indes nur, dass Träger dieser Merkmale einem erhöhten Krankheitsrisiko unterliegen. Nicht alle Merkmalsträger müssen tatsächlich erkranken. Umgekehrt können durchaus auch Menschen erkranken, die das entsprechende Merkmal nicht haben. Erbgut und Rheuma – die Zusammenhänge werden deutlicher Vor allem einige der entzündlichen Rheumaerkrankungen treten in bestimmten Familien gehäuft auf. Keineswegs handelt es sich um reine Erbkrankheiten; vielmehr spiegelt dieses Phänomen einen komplizierten Zusammenhang wider, der zwischen der Ausprägung eines bestimmten genetischen Merkmals und dem damit verbundenen Risiko besteht, an einer Form des Rheumas zu erkranken. Auch diese Spur weist erneut auf das immunologische Geschehen bei entzündlichen Rheumaerkrankungen hin. A 13 Rheuma-A od is ( rit th Ar ide to ma eu he rL rh mi Sy ste juv en ile Kr an ch ro kh ei nis t( ch ge eP oly ne tis ar ch th es rit M is ( er km DR w al ) 8) 0 Um das Immunsystem auf den Plan zu rufen, müssen nämlich Körperzellen Teile eines Erregers oder eines körperfremden Stoffes – so genannte Fremdantigene – an ihrer Oberfläche gewissermaßen zur Schau stellen. Dafür benutzen sie spezielle Eiweißmoleküle als „Präsentierteller”. In der Fachsprache heißen sie HLA-Gewebsantigene. Über entsprechende Empfangsmoleküle erkennen nun Immunzellen die auf den Präsentiertellern dargebotenen Fremdantigene und leiten daraufhin eine Abwehrreaktion ein. Auffällig ist nun, dass Patienten, die an einer bestimmten rheumatischen Erkrankung leiden, sehr häufig auch bestimmte Typen dieser Präsentierteller oder Gewebsantigene aufweisen. Einen dieser Typen bezeichnen Immunologen kurz als HLA-B-27. Wie für jedes andere Körpereiweiß auch, steckt die Bauanleitung für den HLA-B 27Präsentierteller in einem Gen im Zellkern. Untersuchungen des Erbguts von Patienten mit Morbus Bechterew zeigen, dass rund 90 Prozent von ihnen gerade dieses genetische Merkmal ausprägen. Demgegenüber tragen in Mitteleuropa nur etwa acht Prozent der gesunden Menschen dieses Gen. Das bedeutet dreierlei: • Das genetisch festgelegte HLA-B-27Merkmal tritt so häufig bei Patienten mit Morbus Bechterew auf, dass sich dieser Zusammenhang nicht mehr mit dem Zufall erklären lässt. Das Auftreten dieses Merkmals erhöht also das Risiko, an Morbus Bechterew zu erkranken; • aber nicht jede Person, die dieses Gen trägt, wird deshalb zwangsläufig an Morbus Bechterew erkranken; und • ein kleiner Teil der Patienten mit Morbus Bechterew prägt einen anderen Typ von Gewebsantigenen aus. Das Gen für HLA-B-27 ist daher weder die alleinige noch eine zwingende Ursache für diese rheumatische Erkrankung, sondern lediglich ein Risikofaktor. Ähnliche, wenn auch nicht ganz so stark ausgeprägte Zusammenhänge existieren zwischen anderen Typen von HLA-Gewebsantigenen und dem Auftreten von chronischer Polyarthritis und Systemischem Lupus (SLE). Damit die Krankheit tatsächlich ausbricht, müssen indes weitere Faktoren hinzukommen. Das belegt überzeugend eine genetische Studie über das gemeinsame Auftreten von SLE bei eineiigen, also genetisch identischen Zwillingen: Obwohl beide Zwillingsgeschwister denselben, mit der Krankheit häufig verbundenen Typ von Gewebsantigenen ausprägten, erkrankten nur in 40 Prozent der untersuchten Zwillingspaare beide Geschwister. Gegenwärtig untersuchen Wissenschaftler, weshalb nur bestimmte Typen von Präsentiertellern das Krankheitsrisiko erhöhen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass jeder Gewebsantigentyp nur ganz bestimmte Antigene zur Schau stellt. Es gibt nun Hinweise darauf, dass die krankheitsassoziierten Gewebsantigentypen vor allem körpereigene Molekülstrukturen, also Autoantigene vorzeigen. Auch dieser Befund erhärtet die Vorstellung der Rheumaforscher, dass bei diesen Erkrankungen Autoimmunprozesse eine wesentliche Rolle spielen. Auch innere und äußere Faktoren spielen eine Rolle Unter einigen rheumatischen Erkrankungen, hierzu zählen SLE, das Sjögren-Syndrom und die chronische Polyarthritis, leiden deutlich mehr Frauen als Männer. Da die Krankheiten zudem nach den Wechseljahren nur noch selten auftreten, gerieten die weiblichen Geschlechtshormone schon früh in den Verdacht, das Risiko einer Erkrankung zu erhöhen. Doch trotz intensiver Forschung gelang es bislang nicht, die genauen Zusammenhänge aufzuklären. In manchen Fällen, zum Beispiel bei SLE, begünstigen bestimmte Umwelteinflüsse wie starke Sonneneinstrahlung oder eine hohe psychische Belastung das Auftreten der Erkrankung oder provozieren einen neuerlichen Krankheitsschub. Auch bestimmte Medikamente – vor allem Mittel gegen Bluthochdruck, Epilepsie und Infektionen – können dafür verantwortlich sein, dass eine Person an SLE oder an der Wegener-Granulomatose erkrankt. Werden die Präparate abgesetzt, verschwinden für gewöhnlich alle Symptome nach spätestens einigen Monaten. Molekularbiologische Verfahren erlauben es, im Erbgut von Patienten Merkmale aufzuspüren, die häufig mit bestimmten rheumatischen Erkrankungen verknüpft sind. Dank solcher Untersuchungen lässt sich der Zusammenhang zwischen Erbgut und Erkrankung besser erforschen. Bei degenerativen Rheumaerkrankungen scheinen erbliche Faktoren ebenfalls eine Rolle zu spielen. So entdeckten Wissenschaftler, dass manche Krankheitsbilder, die der Arthrose stark ähneln und mit Veränderungen im bindegewebigen Material des Knorpels einhergehen, auf einer Erbgutveränderung (Mutation) im genetischen Bauplan für das Typ-II-Kollagen beruhen. Dadurch produzieren die Knorpelzellen ein fehlerhaftes Kollagenmolekül. Allerdings findet man entsprechende Bauplanveränderungen nur bei etwa zwei Prozent der Arthrosekranken. A 14 1 11.12.2001, 14:22 Uhr Wie kann man Rheuma bekommen? In den letzten Jahren sammelten Wissenschaftler Hinweise darauf, dass bei sehr vielen Rheumaerkrankungen ein Ungleichgewicht zwischen entzündungsfördernden und -hemmenden Zytokinen vorliegt. Diese Erkenntnis wiederum eröffnete neue Möglichkeiten, mit spezifischen Substanzen die Wirkung der entzündungsfördernden Zytokine zu blockieren. Häufigkeit des Merkmals bei Erkrankten Häufigkeit des Merkmals in der Gesamtbevölkerung Prozent 100 80 60 40 20 DR 4) es w(D Kr R3 an ) k h M e it ( ult B2 ipl eS 7) Zu Sc kle ck h r os up er e( pe kra DR nf nk l e 2) he ch it – Sc te (C hla Ty w6 pI fa ) nf ( D all R3 -K , D ra R4 nk ) he it ( DR 2) at em re Be ch te yth er us up sc Bei vielen Krankheiten, darunter auch rheumatischen Erkrankungen, lässt sich beobachten, dass die Betroffenen deutlich häufiger über ein bestimmtes genetisches Merkmal verfügen, als dies dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung entspricht. Das besagt indes nur, dass Träger dieser Merkmale einem erhöhten Krankheitsrisiko unterliegen. Nicht alle Merkmalsträger müssen tatsächlich erkranken. Umgekehrt können durchaus auch Menschen erkranken, die das entsprechende Merkmal nicht haben. Erbgut und Rheuma – die Zusammenhänge werden deutlicher Vor allem einige der entzündlichen Rheumaerkrankungen treten in bestimmten Familien gehäuft auf. Keineswegs handelt es sich um reine Erbkrankheiten; vielmehr spiegelt dieses Phänomen einen komplizierten Zusammenhang wider, der zwischen der Ausprägung eines bestimmten genetischen Merkmals und dem damit verbundenen Risiko besteht, an einer Form des Rheumas zu erkranken. Auch diese Spur weist erneut auf das immunologische Geschehen bei entzündlichen Rheumaerkrankungen hin. A 13 Rheuma-A od is ( rit th Ar ide to ma eu he rL rh mi Sy ste juv en ile Kr an ch ro kh ei nis t( ch ge eP oly ne tis ar ch th es rit M is ( er km DR w al ) 8) 0 Um das Immunsystem auf den Plan zu rufen, müssen nämlich Körperzellen Teile eines Erregers oder eines körperfremden Stoffes – so genannte Fremdantigene – an ihrer Oberfläche gewissermaßen zur Schau stellen. Dafür benutzen sie spezielle Eiweißmoleküle als „Präsentierteller”. In der Fachsprache heißen sie HLA-Gewebsantigene. Über entsprechende Empfangsmoleküle erkennen nun Immunzellen die auf den Präsentiertellern dargebotenen Fremdantigene und leiten daraufhin eine Abwehrreaktion ein. Auffällig ist nun, dass Patienten, die an einer bestimmten rheumatischen Erkrankung leiden, sehr häufig auch bestimmte Typen dieser Präsentierteller oder Gewebsantigene aufweisen. Einen dieser Typen bezeichnen Immunologen kurz als HLA-B-27. Wie für jedes andere Körpereiweiß auch, steckt die Bauanleitung für den HLA-B 27Präsentierteller in einem Gen im Zellkern. Untersuchungen des Erbguts von Patienten mit Morbus Bechterew zeigen, dass rund 90 Prozent von ihnen gerade dieses genetische Merkmal ausprägen. Demgegenüber tragen in Mitteleuropa nur etwa acht Prozent der gesunden Menschen dieses Gen. Das bedeutet dreierlei: • Das genetisch festgelegte HLA-B-27Merkmal tritt so häufig bei Patienten mit Morbus Bechterew auf, dass sich dieser Zusammenhang nicht mehr mit dem Zufall erklären lässt. Das Auftreten dieses Merkmals erhöht also das Risiko, an Morbus Bechterew zu erkranken; • aber nicht jede Person, die dieses Gen trägt, wird deshalb zwangsläufig an Morbus Bechterew erkranken; und • ein kleiner Teil der Patienten mit Morbus Bechterew prägt einen anderen Typ von Gewebsantigenen aus. Das Gen für HLA-B-27 ist daher weder die alleinige noch eine zwingende Ursache für diese rheumatische Erkrankung, sondern lediglich ein Risikofaktor. Ähnliche, wenn auch nicht ganz so stark ausgeprägte Zusammenhänge existieren zwischen anderen Typen von HLA-Gewebsantigenen und dem Auftreten von chronischer Polyarthritis und Systemischem Lupus (SLE). Damit die Krankheit tatsächlich ausbricht, müssen indes weitere Faktoren hinzukommen. Das belegt überzeugend eine genetische Studie über das gemeinsame Auftreten von SLE bei eineiigen, also genetisch identischen Zwillingen: Obwohl beide Zwillingsgeschwister denselben, mit der Krankheit häufig verbundenen Typ von Gewebsantigenen ausprägten, erkrankten nur in 40 Prozent der untersuchten Zwillingspaare beide Geschwister. Gegenwärtig untersuchen Wissenschaftler, weshalb nur bestimmte Typen von Präsentiertellern das Krankheitsrisiko erhöhen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass jeder Gewebsantigentyp nur ganz bestimmte Antigene zur Schau stellt. Es gibt nun Hinweise darauf, dass die krankheitsassoziierten Gewebsantigentypen vor allem körpereigene Molekülstrukturen, also Autoantigene vorzeigen. Auch dieser Befund erhärtet die Vorstellung der Rheumaforscher, dass bei diesen Erkrankungen Autoimmunprozesse eine wesentliche Rolle spielen. Auch innere und äußere Faktoren spielen eine Rolle Unter einigen rheumatischen Erkrankungen, hierzu zählen SLE, das Sjögren-Syndrom und die chronische Polyarthritis, leiden deutlich mehr Frauen als Männer. Da die Krankheiten zudem nach den Wechseljahren nur noch selten auftreten, gerieten die weiblichen Geschlechtshormone schon früh in den Verdacht, das Risiko einer Erkrankung zu erhöhen. Doch trotz intensiver Forschung gelang es bislang nicht, die genauen Zusammenhänge aufzuklären. In manchen Fällen, zum Beispiel bei SLE, begünstigen bestimmte Umwelteinflüsse wie starke Sonneneinstrahlung oder eine hohe psychische Belastung das Auftreten der Erkrankung oder provozieren einen neuerlichen Krankheitsschub. Auch bestimmte Medikamente – vor allem Mittel gegen Bluthochdruck, Epilepsie und Infektionen – können dafür verantwortlich sein, dass eine Person an SLE oder an der Wegener-Granulomatose erkrankt. Werden die Präparate abgesetzt, verschwinden für gewöhnlich alle Symptome nach spätestens einigen Monaten. Molekularbiologische Verfahren erlauben es, im Erbgut von Patienten Merkmale aufzuspüren, die häufig mit bestimmten rheumatischen Erkrankungen verknüpft sind. Dank solcher Untersuchungen lässt sich der Zusammenhang zwischen Erbgut und Erkrankung besser erforschen. Bei degenerativen Rheumaerkrankungen scheinen erbliche Faktoren ebenfalls eine Rolle zu spielen. So entdeckten Wissenschaftler, dass manche Krankheitsbilder, die der Arthrose stark ähneln und mit Veränderungen im bindegewebigen Material des Knorpels einhergehen, auf einer Erbgutveränderung (Mutation) im genetischen Bauplan für das Typ-II-Kollagen beruhen. Dadurch produzieren die Knorpelzellen ein fehlerhaftes Kollagenmolekül. Allerdings findet man entsprechende Bauplanveränderungen nur bei etwa zwei Prozent der Arthrosekranken. A 14 1 11.12.2001, 14:22 Uhr Welchen Verlauf nimmt Rheuma? Rheumatische Gelenkerkrankungen unter- An einer chronischen Polyarthritis können scheiden sich hinsichtlich sehr vieler As- Männer wie Frauen erkranken, allerdings pekte im Erscheinungsbild. Diese betreffen sind dreimal mehr Frauen als Männer vor allem betroffen. Die Krankheit tritt in praktisch jedem Alter auf, am häufigsten entwickeln • den Verlauf, sich die Beschwerden jedoch zwischen dem dritten und dem fünften Lebensjahr• das Lebensalter, zehnt. Aber auch Kinder oder Säuglinge in dem sie bevorzugt auftreten, erkranken daran. Die juvenile chronische Arthritis kann beispielsweise bereits bei • das überwiegend betroffene Geschlecht, Kleinkindern unter fünf Jahren einsetzen. • die Zahl der erkrankten Gelenke, • die Art der betroffenen Gelenke und • das symmetrische oder asymmetrische Auftreten der Beschwerden. Selbst ähnliche Krankheiten entwickeln sich mitunter sehr variabel. Sehr anschaulich zeigt sich dies etwa bei arthritischen Erkrankungen. Sie können schleichend, mit kaum beeinträchtigenden Symptomen beginnen oder von Beginn an mit heftigen Gelenkbeschwerden einsetzen. Manchmal verschwinden die Krankheitszeichen nach einem ersten Schub wieder. Häufig lassen die Beschwerden jedoch nur vorübergehend nach und setzen später umso heftiger wieder ein. Ein solcher Zyklus aus Krankheitsschub und symptomlosen Phasen kann sich über Monate oder Jahre erstrecken. Ebenso häufig verschlimmert sich die Erkrankung stetig. Rheumatische Erkrankungen verlaufen sehr unterschiedlich. Die Grafik zeigt dies am Beispiel von Rheumaformen bei Kindern: Am ungünstigsten ist der Verlauf von Polyarthritiden. Sehr oft erstreckt sich die Krankheit bis ins Erwachsenenalter. Günstiger verlaufen Kollagenosen, Vaskulitiden und Spondylarthritiden. Bei etwa der Hälfte der betroffenen Kinder verschwinden diese Krankheiten nach fünf bis sieben Jahren. Prozent 100 80 60 40 Kollagenosen/Vaskulitiden Spondylarthritiden Oligoarthritiden Polyarthritiden 20 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 Dauer der Erkrankung in Jahren A 15 Rheuma-A 9 10 11 12 Praktisch alle Gelenke können von einer chronischen Polyarthritis betroffen sein, meist zeigen sich die ersten Symptome in den Grund- und Mittelgelenken der Finger. Dabei sind typischerweise die Gelenke beider Körperhälften betroffen; Mediziner sprechen von einem symmetrischen Auftreten. Manchmal beschränken sich die arthritischen Beschwerden auf nur ein einziges Gelenk. Bei anderen Patienten sind zwei oder drei Gelenke betroffen. Und schließlich – der Name Polyarthritis (poly = viel) drückt dies aus – kann die Erkrankung sehr viele Gelenke erfassen. Degenerative rheumatische Erkrankungen wie die Arthrose entwickeln sich am häufigsten an den gewichttragenden Gelenken. Die Arthrose tritt dabei mit steigendem Lebensalter häufiger auf; bei mehr als 80 Prozent der über 60-Jährigen lässt sich eine Arthrose nachweisen, bei den 10- bis 20Jährigen sind es dagegen vier Prozent. Trotzdem ist die Arthrose weder eine „Alterskrankheit” noch eine simple „Abnutzungserscheinung”, da eben auch jüngere Menschen und solche ohne erhöhte Gelenkbelastung an Arthrose erkranken können. Sie entwickelt sich unterschiedlich schnell und mit variablem Schweregrad – meist aber verläuft sie langsam, über mehrere Jahre hinweg. Manchmal zerstört sie ein Gelenk bereits innerhalb weniger Monate, in wieder anderen Fällen haben die Betroffenen trotz arthrotisch veränderter Gelenke über viele Jahre hinweg kaum Beschwerden. Mediziner sprechen dann von einer „stummen” Arthrose. Aufgrund des variablen Verlaufs suchen Arthroseforscher derzeit nach möglichst einfach feststellbaren Krankheitsmerkmalen, mit denen sich die zu erwartende Schwere der Erkrankung bei einem Patienten voraussagen lässt. Mit Hilfe so genannter prognostischer Marker könnte man vor allem jenen Patienten frühzeitig – also vor der Zerstörung eines Gelenks – helfen, denen ein schwerer Verlauf droht. Bei Morbus Bechterew entzündet sich häufig die Wirbelsäule. Die Mehrzahl der Erkrankten ist zwischen 20 und 40 Jahre alt; bei über 45-Jährigen tritt die Erkrankung dagegen nicht mehr auf. 70 bis 80 Prozent der Betroffenen sind Männer, bei denen die Erkrankung zudem meist schwerer als bei Frauen verläuft. und zerstört. Dieser entzündlich rheumatische Angriff beschränkt sich nicht nur auf die Gelenke, sondern kann ebenso Haut, Herz, Lunge, Leber, Nieren und das Zentrale Nervensystem erfassen. Die Gicht wiederum, eine rheumatische Stoffwechselerkrankung, tritt bevorzugt bei Männern auf. Sie leiden bis zu zehnmal häufiger darunter als Frauen. Am häufigsten prägt sich die Erkrankung zwischen dem vierten und dem sechsten Lebensjahrzehnt aus. Der Verlauf der Erkrankung ist ausgesprochen variabel – manche Menschen verspüren keine Beschwerden, obwohl ihr Harnsäurestoffwechsel krankhaft gestört ist. In anderen Fällen treten – und zwar meist im Grundgelenk der großen Zehen – akute, äußerst schmerzhafte Gichtanfälle auf, die wenige Stunden, aber auch mehrere Wochen andauern können. Entwickelt sich die Gicht chronisch über viele Jahre hinweg, so treten die typischen Gichtknoten an Gelenken oder auch an Weichteilen – etwa der Ohrmuschel – auf. Im Röntgenbild ist die arthrotische Veränderung des linken Hüftgelenks (rechts im Bild) deutlich an der Verkleinerung des Gelenkspalts zu erkennen. Typischerweise entwickelt sich die Erkrankung schubweise in aufeinander folgenden, immer schwereren Stadien. Die Patienten klagen zunächst über Rückenschmerzen im unteren Wirbelsäulenbereich, später kann es zu Versteifungen und Verknöcherungen der gesamten Wirbelsäule kommen, die Schon dieser kleine Überblick zeigt: Die vom Lendenwirbelbereich ausgehen und bis Bandbreite im Erscheinungsbild rheumatiGelenkrheumatische Erkrankungen zur Halswirbelregion „aufwärts steigen”. scher Gelenkerkrankungen ist enorm. Zwar unterscheiden sich oft im Befallsmuster – ein wichtiger Umstand für die Diagnostik. unterscheiden sich Rheumaerkrankungen Dennoch muss sich die Krankheit nicht hinsichtlich ihrer juvenile rheumatoide Arthritis so weit verschlimmern, dass sich die Wir- „typischen” Aus- rheumatoide Arthritis viele Gelenke wenige Gelenke belsäule völlig versteift; sie kann in jedem prägung, aber die betroffen betroffen Stadium „stehen bleiben”. Das Ausmaß Symptome der verder Beschwerden spiegelt dabei nicht den schiedenen RheuSchweregrad der Erkrankung wider. So maformen überverspüren manche Betroffene trotz einer lappen sich sehr hochgradigen Versteifung der Wirbelsäule stark, und nicht kaum Schmerzen, während andere über immer machen sie starke Beschwerden klagen, deren Wirbel- sich so bemerkbar, säule etwa im Röntgenbild kaum sichtbare wie es die LehrbüSchäden zeigt. cher beschreiben. rheumatoide Arthritis Psoriasisassoziierte Spondylarthritiden im Alter Arthritis ohne nachweisbare Dieser Umstand erRheumafaktoren Während an Morbus Bechterew vor allem schwert die Rheu(z.B. Bechterew) Männer erkranken, ist beim Systemischen madiagnostik erLupus erythematodes (SLE) das Geschlech- heblich. terverhältnis zur anderen Seite hin verschoben: Bis zu zehnmal mehr Frauen als Männer leiden daran. SLE gilt als Modellfall einer Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem körpereigene Strukturen angreift A 16 2 11.12.2001, 14:22 Uhr Welchen Verlauf nimmt Rheuma? Rheumatische Gelenkerkrankungen unter- An einer chronischen Polyarthritis können scheiden sich hinsichtlich sehr vieler As- Männer wie Frauen erkranken, allerdings pekte im Erscheinungsbild. Diese betreffen sind dreimal mehr Frauen als Männer vor allem betroffen. Die Krankheit tritt in praktisch jedem Alter auf, am häufigsten entwickeln • den Verlauf, sich die Beschwerden jedoch zwischen dem dritten und dem fünften Lebensjahr• das Lebensalter, zehnt. Aber auch Kinder oder Säuglinge in dem sie bevorzugt auftreten, erkranken daran. Die juvenile chronische Arthritis kann beispielsweise bereits bei • das überwiegend betroffene Geschlecht, Kleinkindern unter fünf Jahren einsetzen. • die Zahl der erkrankten Gelenke, • die Art der betroffenen Gelenke und • das symmetrische oder asymmetrische Auftreten der Beschwerden. Selbst ähnliche Krankheiten entwickeln sich mitunter sehr variabel. Sehr anschaulich zeigt sich dies etwa bei arthritischen Erkrankungen. Sie können schleichend, mit kaum beeinträchtigenden Symptomen beginnen oder von Beginn an mit heftigen Gelenkbeschwerden einsetzen. Manchmal verschwinden die Krankheitszeichen nach einem ersten Schub wieder. Häufig lassen die Beschwerden jedoch nur vorübergehend nach und setzen später umso heftiger wieder ein. Ein solcher Zyklus aus Krankheitsschub und symptomlosen Phasen kann sich über Monate oder Jahre erstrecken. Ebenso häufig verschlimmert sich die Erkrankung stetig. Rheumatische Erkrankungen verlaufen sehr unterschiedlich. Die Grafik zeigt dies am Beispiel von Rheumaformen bei Kindern: Am ungünstigsten ist der Verlauf von Polyarthritiden. Sehr oft erstreckt sich die Krankheit bis ins Erwachsenenalter. Günstiger verlaufen Kollagenosen, Vaskulitiden und Spondylarthritiden. Bei etwa der Hälfte der betroffenen Kinder verschwinden diese Krankheiten nach fünf bis sieben Jahren. Prozent 100 80 60 40 Kollagenosen/Vaskulitiden Spondylarthritiden Oligoarthritiden Polyarthritiden 20 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 Dauer der Erkrankung in Jahren A 15 Rheuma-A 9 10 11 12 Praktisch alle Gelenke können von einer chronischen Polyarthritis betroffen sein, meist zeigen sich die ersten Symptome in den Grund- und Mittelgelenken der Finger. Dabei sind typischerweise die Gelenke beider Körperhälften betroffen; Mediziner sprechen von einem symmetrischen Auftreten. Manchmal beschränken sich die arthritischen Beschwerden auf nur ein einziges Gelenk. Bei anderen Patienten sind zwei oder drei Gelenke betroffen. Und schließlich – der Name Polyarthritis (poly = viel) drückt dies aus – kann die Erkrankung sehr viele Gelenke erfassen. Degenerative rheumatische Erkrankungen wie die Arthrose entwickeln sich am häufigsten an den gewichttragenden Gelenken. Die Arthrose tritt dabei mit steigendem Lebensalter häufiger auf; bei mehr als 80 Prozent der über 60-Jährigen lässt sich eine Arthrose nachweisen, bei den 10- bis 20Jährigen sind es dagegen vier Prozent. Trotzdem ist die Arthrose weder eine „Alterskrankheit” noch eine simple „Abnutzungserscheinung”, da eben auch jüngere Menschen und solche ohne erhöhte Gelenkbelastung an Arthrose erkranken können. Sie entwickelt sich unterschiedlich schnell und mit variablem Schweregrad – meist aber verläuft sie langsam, über mehrere Jahre hinweg. Manchmal zerstört sie ein Gelenk bereits innerhalb weniger Monate, in wieder anderen Fällen haben die Betroffenen trotz arthrotisch veränderter Gelenke über viele Jahre hinweg kaum Beschwerden. Mediziner sprechen dann von einer „stummen” Arthrose. Aufgrund des variablen Verlaufs suchen Arthroseforscher derzeit nach möglichst einfach feststellbaren Krankheitsmerkmalen, mit denen sich die zu erwartende Schwere der Erkrankung bei einem Patienten voraussagen lässt. Mit Hilfe so genannter prognostischer Marker könnte man vor allem jenen Patienten frühzeitig – also vor der Zerstörung eines Gelenks – helfen, denen ein schwerer Verlauf droht. Bei Morbus Bechterew entzündet sich häufig die Wirbelsäule. Die Mehrzahl der Erkrankten ist zwischen 20 und 40 Jahre alt; bei über 45-Jährigen tritt die Erkrankung dagegen nicht mehr auf. 70 bis 80 Prozent der Betroffenen sind Männer, bei denen die Erkrankung zudem meist schwerer als bei Frauen verläuft. und zerstört. Dieser entzündlich rheumatische Angriff beschränkt sich nicht nur auf die Gelenke, sondern kann ebenso Haut, Herz, Lunge, Leber, Nieren und das Zentrale Nervensystem erfassen. Die Gicht wiederum, eine rheumatische Stoffwechselerkrankung, tritt bevorzugt bei Männern auf. Sie leiden bis zu zehnmal häufiger darunter als Frauen. Am häufigsten prägt sich die Erkrankung zwischen dem vierten und dem sechsten Lebensjahrzehnt aus. Der Verlauf der Erkrankung ist ausgesprochen variabel – manche Menschen verspüren keine Beschwerden, obwohl ihr Harnsäurestoffwechsel krankhaft gestört ist. In anderen Fällen treten – und zwar meist im Grundgelenk der großen Zehen – akute, äußerst schmerzhafte Gichtanfälle auf, die wenige Stunden, aber auch mehrere Wochen andauern können. Entwickelt sich die Gicht chronisch über viele Jahre hinweg, so treten die typischen Gichtknoten an Gelenken oder auch an Weichteilen – etwa der Ohrmuschel – auf. Im Röntgenbild ist die arthrotische Veränderung des linken Hüftgelenks (rechts im Bild) deutlich an der Verkleinerung des Gelenkspalts zu erkennen. Typischerweise entwickelt sich die Erkrankung schubweise in aufeinander folgenden, immer schwereren Stadien. Die Patienten klagen zunächst über Rückenschmerzen im unteren Wirbelsäulenbereich, später kann es zu Versteifungen und Verknöcherungen der gesamten Wirbelsäule kommen, die Schon dieser kleine Überblick zeigt: Die vom Lendenwirbelbereich ausgehen und bis Bandbreite im Erscheinungsbild rheumatiGelenkrheumatische Erkrankungen zur Halswirbelregion „aufwärts steigen”. scher Gelenkerkrankungen ist enorm. Zwar unterscheiden sich oft im Befallsmuster – ein wichtiger Umstand für die Diagnostik. unterscheiden sich Rheumaerkrankungen Dennoch muss sich die Krankheit nicht hinsichtlich ihrer juvenile rheumatoide Arthritis so weit verschlimmern, dass sich die Wir- „typischen” Aus- rheumatoide Arthritis viele Gelenke wenige Gelenke belsäule völlig versteift; sie kann in jedem prägung, aber die betroffen betroffen Stadium „stehen bleiben”. Das Ausmaß Symptome der verder Beschwerden spiegelt dabei nicht den schiedenen RheuSchweregrad der Erkrankung wider. So maformen überverspüren manche Betroffene trotz einer lappen sich sehr hochgradigen Versteifung der Wirbelsäule stark, und nicht kaum Schmerzen, während andere über immer machen sie starke Beschwerden klagen, deren Wirbel- sich so bemerkbar, säule etwa im Röntgenbild kaum sichtbare wie es die LehrbüSchäden zeigt. cher beschreiben. rheumatoide Arthritis Psoriasisassoziierte Spondylarthritiden im Alter Arthritis ohne nachweisbare Dieser Umstand erRheumafaktoren Während an Morbus Bechterew vor allem schwert die Rheu(z.B. Bechterew) Männer erkranken, ist beim Systemischen madiagnostik erLupus erythematodes (SLE) das Geschlech- heblich. terverhältnis zur anderen Seite hin verschoben: Bis zu zehnmal mehr Frauen als Männer leiden daran. SLE gilt als Modellfall einer Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem körpereigene Strukturen angreift A 16 2 11.12.2001, 14:22 Uhr 13,4% sonstige Kollagenosen und Vaskulitiden 5,8% Systemischer Lupus erythematodes Wie häufig ist Rheuma? 30% rheumatoide Arthritis mit nachweisbaren Rheumafaktoren 9,7% sonstige Arthritiden 7,0% Psoriasisassoziierte Arthritis 9,4% andere Spondylarthritiden Die Grafik zeigt die relative Häufigkeit der entzündlichen Rheumaformen. Die häufigste rheumatische Gelenkerkrankung ist die Arthrose, wobei die Zahlenwerte erheblich schwanken, unter anderem, weil man den Untersuchungen zu dieser Frage jeweils andere Krankheitsdefinitionen zu Grunde legen kann. Zählt man etwa nur jene Fälle, in denen sich arthrotische Veränderungen im Röntgenbild niederschlagen, so liegt die Häufigkeit der Arthrose bei den über 55-Jährigen bei etwa zehn Prozent. Doch vor allem beginnende Arthrosen lassen sich im Röntgenbild noch gar nicht erkennen. Die tatsächliche Häufigkeit in dieser Altersgruppe liegt daher höher, wenn man bereits Patienten hinzuzählt, die über bestimmte Krankheitssymptome, etwa Gelenkschmerzen, klagen. 5% Rückenschmerzen 3% 3% 3% 1% Unter den entzündlichen Rheumaerkrankungen ist die chronische Polyarthritis die Arthrosen häufigste: Rund 0,8 bis 1,0 Prozent der BevölSchmerzen des Bewegungsapparates kerung – mithin bis zu 800 000 Menschen in Deutschland – sind davon betroffen. AuRheuma in Weichteilen ßerdem erkranken hierzulande pro Jahr 750 entzündliche Rheumaformen bis 1000 Kinder an entzündlichem Rheuma, Studien in Großbritannien ergaben ein genaues Bild über die Häufigkeit rheumatischer Erkrankungen in der Gesamtbevölkerung. A 17 Rheuma-A 18,5% rheumatoide Arthritis ohne nachweisbare Rheumafaktoren 6,2% Bechterew-Erkrankung und zwar an juveniler chronischer Arthritis. Ebenfalls zu den häufigen rheumatischen Erkrankungen zählen die Spondylarthritiden, deren häufigster Vertreter der Morbus Bechterew ist. Insgesamt treten diese Erkrankungen bei 0,1 bis 0,2 Prozent der Bevölkerung auf, eventuell sogar häufiger. Rheumatische Erkrankungen, bei denen sich das Bindegewebe entzündet (Kollagenosen), haben eine Häufigkeit von 0,2 Prozent in der Bevölkerung. Das wichtigste Krankheitsbild ist hier der Systemische Lupus erythematodes (SLE), der in den einzelnen Regionen der Welt unterschiedlich häufig vorkommt. In Deutschland rechnet man mit ungefähr 40 000 Betroffenen. Beim Blick auf die zahlenmäßige Entwicklung rheumatischer Erkrankungen lassen sich zwei Trends erkennen: Bei den degenerativen Gelenkerkrankungen, also den Arthrosen, steigt die Zahl der Betroffenen. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass der arthrotische Gelenkverschleiß mit dem Lebensalter zunimmt und die Lebenserwartung der Menschen weiterhin steigt. Unter den entzündlichen Rheumaerkrankungen ist erfreulicherweise kein Krankheitsbild häufiger geworden. So stagniert etwa die Häufigkeit der Polyarthritis, aggressive Verläufe sind sogar seltener geworden. Ob diese Entwicklung die verbesserte medizinische Versorgung widerspiegelt oder ob sie auf einer Verschiebung innerhalb des Krankheitsbilds selbst beruht, lässt sich indes nicht sagen. Für viele Rheumapatienten steht neben der eingeschränkten Beweglichkeit der Schmerz verständlicherweise im Mittelpunkt ihrer Krankheit. Schmerzmedikamente verschaffen in vielen Fällen Linderung, doch sie sind nicht die einzige Hilfe. Die Erfahrung vieler chronisch kranker Menschen zeigt, dass auch der richtige Umgang mit dem Schmerz ganz wesentlich dazu beitragen kann, diesen nicht übermächtig werden zu lassen. Das hängt damit zusammen, wie Schmerz im Körper überhaupt entsteht. registrieren, setzen nun den mechanischen Reiz in elektrische Impulse um und leiten diese über Nervenfasern ans Gehirn weiter. Dort rufen sie nach ihrer Verarbeitung eine Schmerzempfindung hervor. Schmerzen entstehen auch, wenn sich infolge einer Verletzung kleinste Risse im Knochen bilden. Schwillt das Gewebe dadurch an, reagieren Schmerzfasern in der Knochenhaut auf den Dehnungsreiz und leiten ihn an das Gehirn weiter. Eine weitere mögliche Schmerzquelle sind die SchleimSticht man sich etwa mit einer Nadel beutel, etwa im Kniegelenk. Sie können in den Finger, dann werden Sinneszellen sich – ebenso wie die Gelenkinnenhaut – – Schmerzrezeptoren – in der Haut gereizt. entzünden und schmerzhaft anschwellen. Sie leiten den Reiz über Nervenfasern als Abfolge elektrischer Impulse zunächst ins Rückenmark und weiter ins Gehirn. Dort, genauer in der Großhirnrinde, werden diese Impulse auf komplexe Art verarbeitet. Dabei entsteht die Schmerzempfindung. Der Schmerz – oder besser: das Bewusstsein von Schmerz – entsteht also im Kopf. Wie und wie stark eine Person einen Schmerz wahrnimmt, hängt daher nicht nur von der Reizstärke ab, sondern auch von der Art der Reizverarbeitung. Deshalb erleben Menschen Schmerzen jeweils individuell. Warum ist Rheuma so schmerzhaft? Laboranalysen und andere diagnostische Befunde spiegeln nicht unbedingt wider, wie stark ein Rheumapatient unter Schmerzen leidet. Schmerzen in den Gelenken Menschen, deren Gelenke verschlissen sind oder sich entzündet haben, leiden unter zum Teil heftigen Gelenkschmerzen. Von den zerstörerischen Prozessen ist vor allem der Knorpel betroffen. Dennoch geht der Schmerz nicht von dort aus. Der Knorpel ist nämlich schmerzunempfindlich; ihm fehlen sowohl Schmerzrezeptoren als auch Nervenfasern, die den Schmerzreiz weiterleiten könnten. Aber in den umliegenden Gelenkstrukturen können Schmerzen auftreten: Entzündet sich etwa die Gelenkinnenhaut und bildet daraufhin verstärkt Gelenkflüssigkeit, so gerät die Gelenkkapsel unter erhöhte Spannung – sie wird gedehnt. Sinneszellen in der Kapsel, die diese Dehnungsreize A 18 3 11.12.2001, 14:22 Uhr 13,4% sonstige Kollagenosen und Vaskulitiden 5,8% Systemischer Lupus erythematodes Wie häufig ist Rheuma? 30% rheumatoide Arthritis mit nachweisbaren Rheumafaktoren 9,7% sonstige Arthritiden 7,0% Psoriasisassoziierte Arthritis 9,4% andere Spondylarthritiden Die Grafik zeigt die relative Häufigkeit der entzündlichen Rheumaformen. Die häufigste rheumatische Gelenkerkrankung ist die Arthrose, wobei die Zahlenwerte erheblich schwanken, unter anderem, weil man den Untersuchungen zu dieser Frage jeweils andere Krankheitsdefinitionen zu Grunde legen kann. Zählt man etwa nur jene Fälle, in denen sich arthrotische Veränderungen im Röntgenbild niederschlagen, so liegt die Häufigkeit der Arthrose bei den über 55-Jährigen bei etwa zehn Prozent. Doch vor allem beginnende Arthrosen lassen sich im Röntgenbild noch gar nicht erkennen. Die tatsächliche Häufigkeit in dieser Altersgruppe liegt daher höher, wenn man bereits Patienten hinzuzählt, die über bestimmte Krankheitssymptome, etwa Gelenkschmerzen, klagen. 5% Rückenschmerzen 3% 3% 3% 1% Unter den entzündlichen Rheumaerkrankungen ist die chronische Polyarthritis die Arthrosen häufigste: Rund 0,8 bis 1,0 Prozent der BevölSchmerzen des Bewegungsapparates kerung – mithin bis zu 800 000 Menschen in Deutschland – sind davon betroffen. AuRheuma in Weichteilen ßerdem erkranken hierzulande pro Jahr 750 entzündliche Rheumaformen bis 1000 Kinder an entzündlichem Rheuma, Studien in Großbritannien ergaben ein genaues Bild über die Häufigkeit rheumatischer Erkrankungen in der Gesamtbevölkerung. A 17 Rheuma-A 18,5% rheumatoide Arthritis ohne nachweisbare Rheumafaktoren 6,2% Bechterew-Erkrankung und zwar an juveniler chronischer Arthritis. Ebenfalls zu den häufigen rheumatischen Erkrankungen zählen die Spondylarthritiden, deren häufigster Vertreter der Morbus Bechterew ist. Insgesamt treten diese Erkrankungen bei 0,1 bis 0,2 Prozent der Bevölkerung auf, eventuell sogar häufiger. Rheumatische Erkrankungen, bei denen sich das Bindegewebe entzündet (Kollagenosen), haben eine Häufigkeit von 0,2 Prozent in der Bevölkerung. Das wichtigste Krankheitsbild ist hier der Systemische Lupus erythematodes (SLE), der in den einzelnen Regionen der Welt unterschiedlich häufig vorkommt. In Deutschland rechnet man mit ungefähr 40 000 Betroffenen. Beim Blick auf die zahlenmäßige Entwicklung rheumatischer Erkrankungen lassen sich zwei Trends erkennen: Bei den degenerativen Gelenkerkrankungen, also den Arthrosen, steigt die Zahl der Betroffenen. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass der arthrotische Gelenkverschleiß mit dem Lebensalter zunimmt und die Lebenserwartung der Menschen weiterhin steigt. Unter den entzündlichen Rheumaerkrankungen ist erfreulicherweise kein Krankheitsbild häufiger geworden. So stagniert etwa die Häufigkeit der Polyarthritis, aggressive Verläufe sind sogar seltener geworden. Ob diese Entwicklung die verbesserte medizinische Versorgung widerspiegelt oder ob sie auf einer Verschiebung innerhalb des Krankheitsbilds selbst beruht, lässt sich indes nicht sagen. Für viele Rheumapatienten steht neben der eingeschränkten Beweglichkeit der Schmerz verständlicherweise im Mittelpunkt ihrer Krankheit. Schmerzmedikamente verschaffen in vielen Fällen Linderung, doch sie sind nicht die einzige Hilfe. Die Erfahrung vieler chronisch kranker Menschen zeigt, dass auch der richtige Umgang mit dem Schmerz ganz wesentlich dazu beitragen kann, diesen nicht übermächtig werden zu lassen. Das hängt damit zusammen, wie Schmerz im Körper überhaupt entsteht. registrieren, setzen nun den mechanischen Reiz in elektrische Impulse um und leiten diese über Nervenfasern ans Gehirn weiter. Dort rufen sie nach ihrer Verarbeitung eine Schmerzempfindung hervor. Schmerzen entstehen auch, wenn sich infolge einer Verletzung kleinste Risse im Knochen bilden. Schwillt das Gewebe dadurch an, reagieren Schmerzfasern in der Knochenhaut auf den Dehnungsreiz und leiten ihn an das Gehirn weiter. Eine weitere mögliche Schmerzquelle sind die SchleimSticht man sich etwa mit einer Nadel beutel, etwa im Kniegelenk. Sie können in den Finger, dann werden Sinneszellen sich – ebenso wie die Gelenkinnenhaut – – Schmerzrezeptoren – in der Haut gereizt. entzünden und schmerzhaft anschwellen. Sie leiten den Reiz über Nervenfasern als Abfolge elektrischer Impulse zunächst ins Rückenmark und weiter ins Gehirn. Dort, genauer in der Großhirnrinde, werden diese Impulse auf komplexe Art verarbeitet. Dabei entsteht die Schmerzempfindung. Der Schmerz – oder besser: das Bewusstsein von Schmerz – entsteht also im Kopf. Wie und wie stark eine Person einen Schmerz wahrnimmt, hängt daher nicht nur von der Reizstärke ab, sondern auch von der Art der Reizverarbeitung. Deshalb erleben Menschen Schmerzen jeweils individuell. Warum ist Rheuma so schmerzhaft? Laboranalysen und andere diagnostische Befunde spiegeln nicht unbedingt wider, wie stark ein Rheumapatient unter Schmerzen leidet. Schmerzen in den Gelenken Menschen, deren Gelenke verschlissen sind oder sich entzündet haben, leiden unter zum Teil heftigen Gelenkschmerzen. Von den zerstörerischen Prozessen ist vor allem der Knorpel betroffen. Dennoch geht der Schmerz nicht von dort aus. Der Knorpel ist nämlich schmerzunempfindlich; ihm fehlen sowohl Schmerzrezeptoren als auch Nervenfasern, die den Schmerzreiz weiterleiten könnten. Aber in den umliegenden Gelenkstrukturen können Schmerzen auftreten: Entzündet sich etwa die Gelenkinnenhaut und bildet daraufhin verstärkt Gelenkflüssigkeit, so gerät die Gelenkkapsel unter erhöhte Spannung – sie wird gedehnt. Sinneszellen in der Kapsel, die diese Dehnungsreize A 18 3 11.12.2001, 14:22 Uhr Warum ist Rheuma so schmerzhaft? Unterschiedliche Schmerztypen Schmerzen, die bei ganz bestimmten Körperhaltungen und Bewegungen auftreten, werden dem mechanischen Typ zugeordnet. Leidet etwa eine Person unter Kniearthrose, dann verspürt sie meist während der ersten Schritte nach dem Aufstehen „Anlaufschmerzen” im Kniegelenk, die nach kurzer Zeit abklingen. Sind die Fingergelenke abgenutzt, kann morgens das Ankleiden beschwerlich sein – Hemdknöpfe lassen sich dann etwa nur mit Mühe schließen. Darüber hinaus können Schmerzen bei Belastung auftreten, zum Beispiel beim Gehen oder Treppensteigen. Sie verschwinden aber wieder, wenn man sich anschließend ausruht. Häufig kann ein Patient sein betroffenes Gelenk mechanisch entlasten, indem er jene Muskelgruppen stärkt, die für die Gelenkführung zuständig sind. In solchen Fällen empfehlen sich spezielle krankengymnastische Übungen, die der Betroffene zunächst unter Anleitung erlernt und später allein ausführt. Auch orthopädische Einlagen oder Schienen helfen, die Gelenke zu entlasten und damit mechanisch bedingte Schmerzen zu lindern. Entzündungshemmende Medikamente lindern diesen Schmerztyp in der Regel recht zuverlässig. Hilfe bieten zudem Eispackungen, mit denen man die entzündeten Gelenke kühlt. Bei einer entzündeten Wirbelsäule ist es etwa wichtig, während der Nachtruhe entspannt und flach zu liegen. Eine erhöhte Position von Kopf oder Beinen würde den Druck auf die Wirbelsäule erhöhen und die Entzündung „anheizen”. Am schwersten greifbar – und beeinflussbar – sind psychosomatische Schmerzen, die eher bei weichteilrheumatischen Erkrankungen eine Rolle spielen. Typisch für diesen Schmerztyp ist, dass der Betroffene oft nur ungenaue Angaben über Ort und Stärke seiner Schmerzen machen kann. Meist plagen sie ihn Tag und Nacht, sie lassen sich weder durch bestimmte Körperstellungen noch durch Bewegung lindern. Auch Medikamente oder eine physikalische Behandlung verschaffen selten Linderung. Häufig leiden die Betroffenen unter Schlafstörungen und fühlen sich nach dem Aufwachen „wie gerädert”. Anders verhält es sich beim Entzündungsschmerz, der einen sowohl in Ruhe als auch bei Bewegung plagen kann. Er lässt sich für gewöhnlich genau lokalisieren. Häufig entsteht er während der Nacht und macht die entzündeten Gelenke morgens steif. In schweren Fällen können sich die Patienten erst gegen Mittag oder Abend wieder normal bewegen; oft fühlen sie sich dabei müde und haben keinen Appetit. Schmerzmedikamente verschaffen vielen Rheumapatienten Linderung. Doch ebenso wichtig ist der richtige Umgang mit dem Schmerz. A 19 Rheuma-A Arthrose ist die häufigste gelenkrheumatische Erkrankung. Etwa acht Millionen Menschen in Deutschland suchen jedes Jahr wegen Gelenkbeschwerden einen Arzt auf. Die verfügbaren Medikamente lindern vor allem die Symptome, zu den Wurzeln der Krankheit stoßen sie nicht vor. „Wir müssen die Forschung an den Patienten bringen“ Genau dieses Ziel verfolgt das Leitprojekt „Knorpelforschung – Osteoarthrose”: Mit ihm wollen Grundlagenforscher, Kliniker und Wissenschaftler aus der Pharmaindustrie gemeinsam die Ursachen der Arthrose aufdecken und mit diesem Wissen neue Behandlungswege erschließen. 1 Eine wertvolle Fracht überreicht der Kurier der Biochemikerin Louise McKenna und ihrer Assistentin Michaela Schäfer. Absender des Päckchens: die Orthopädische Klinik der Rummelsberger Anstalten, wenige Kilometer südlich von Nürnberg. Es enthält ein Laborgläschen mit einer frischen Gewebeprobe. Ein winziges Stück Knorpel aus dem Kniegelenk eines Arthrose-Patienten schwimmt in der durchsichtigen Nähr- Aventis fördern das 50 Millionen Mark teure flüssigkeit. Vorhaben für zunächst fünf Jahre. Die Koordination haben der Pathologe Thomas Aigner Um mehr über den möglichen weiteren vom Erlanger Institut und Eckart Bartnik von Verlauf der Erkrankung zu erfahren, hat Aventis übernommen. Assistenzarzt Wolfgang Eger bei diesem Patienten die Gewebeprobe während eines Thomas Aigner formuliert die Zielrichtung kleinen Eingriffs entnommen. Seine Kol- des Projekts so: „Wir müssen die Forschung legen vom Pathologisch-Anatomischen an den Patienten bringen.” Dies, so meint Institut der Universität Erlangen-Nürnberg der Knorpelspezialist desillusioniert, ist in werden diese Probe nun untersuchen und der Vergangenheit nicht gelungen: „In den Eger ihren Befund schnellstmöglich durch- vergangenen 30 Jahren ist für Arthrosepatelefonieren. tienten kein kausal wirksames Medikament in die Klinik gekommen. Die Präparate, die Doch damit nicht genug: Das winzige Ärzte bis heute verschreiben, lindern nur Knorpelstück enthält einige wenige Knorpel- die Symptome, die eigentliche Krankheitszellen, so genannte Chondrozyten. Michaela ursache bleibt unbehandelt.” Beim LeitproSchäfer wird sie an der sterilen Laborbank jekt hingegen – darin sind sich alle Beteiligisolieren, um die lebenden Zellen in einer ten einig – sollen die Patienten die GewinKulturlösung zu vermehren. Für Louise ner sein. McKennas Arbeit sind solche Zellkulturen unerlässlich, wenn es ihr und dem gesamGelingen soll dies, indem sich alle Grupten Team des Erlanger Instituts gelingen pen, die mit dem Krankheitsbild Arthrose soll, Licht in das Dunkel der arthrotischen befasst sind, in gemeinsamen Projekten Gelenkzerstörung zu bringen. zusammentun: Ärzte aus orthopädischen Kliniken, Aventis als große, forschende ArzDas Erlanger Team ist einer der Teilnehmer neimittelfirma, mehrere Biotechnologieuneines Leitprojekts, das im Juli 1999 bun- ternehmen, und schließlich Grundlagenwisdesweit begann und das den Ursachen der senschaftler aus Universitäten und anderen Arthrose auf die Spur kommen soll. Das Bun- Forschungseinrichtungen, die sich seit desministerium für Bildung und Forschung, Jahren mit Fragen der Knorpelentwicklung kurz BMBF, und das Pharmaunternehmen beschäftigt haben. 2 1 Die britische Biochemikerin Louise McKenna (links) und ihre Assistentin Michaela Schäfer begutachten am Erlanger Institut das Wachstum der von ihnen angelegten Knorpelzell-Kulturen. 2 Aus Gewebeproben von Arthrosepatienten gewonnen, werden im Labor die Knorpelzellen für spätere Analysen vermehrt und dauerhaft kultiviert. A 20 1 11.12.2001, 14:22 Uhr Warum ist Rheuma so schmerzhaft? Unterschiedliche Schmerztypen Schmerzen, die bei ganz bestimmten Körperhaltungen und Bewegungen auftreten, werden dem mechanischen Typ zugeordnet. Leidet etwa eine Person unter Kniearthrose, dann verspürt sie meist während der ersten Schritte nach dem Aufstehen „Anlaufschmerzen” im Kniegelenk, die nach kurzer Zeit abklingen. Sind die Fingergelenke abgenutzt, kann morgens das Ankleiden beschwerlich sein – Hemdknöpfe lassen sich dann etwa nur mit Mühe schließen. Darüber hinaus können Schmerzen bei Belastung auftreten, zum Beispiel beim Gehen oder Treppensteigen. Sie verschwinden aber wieder, wenn man sich anschließend ausruht. Häufig kann ein Patient sein betroffenes Gelenk mechanisch entlasten, indem er jene Muskelgruppen stärkt, die für die Gelenkführung zuständig sind. In solchen Fällen empfehlen sich spezielle krankengymnastische Übungen, die der Betroffene zunächst unter Anleitung erlernt und später allein ausführt. Auch orthopädische Einlagen oder Schienen helfen, die Gelenke zu entlasten und damit mechanisch bedingte Schmerzen zu lindern. Entzündungshemmende Medikamente lindern diesen Schmerztyp in der Regel recht zuverlässig. Hilfe bieten zudem Eispackungen, mit denen man die entzündeten Gelenke kühlt. Bei einer entzündeten Wirbelsäule ist es etwa wichtig, während der Nachtruhe entspannt und flach zu liegen. Eine erhöhte Position von Kopf oder Beinen würde den Druck auf die Wirbelsäule erhöhen und die Entzündung „anheizen”. Am schwersten greifbar – und beeinflussbar – sind psychosomatische Schmerzen, die eher bei weichteilrheumatischen Erkrankungen eine Rolle spielen. Typisch für diesen Schmerztyp ist, dass der Betroffene oft nur ungenaue Angaben über Ort und Stärke seiner Schmerzen machen kann. Meist plagen sie ihn Tag und Nacht, sie lassen sich weder durch bestimmte Körperstellungen noch durch Bewegung lindern. Auch Medikamente oder eine physikalische Behandlung verschaffen selten Linderung. Häufig leiden die Betroffenen unter Schlafstörungen und fühlen sich nach dem Aufwachen „wie gerädert”. Anders verhält es sich beim Entzündungsschmerz, der einen sowohl in Ruhe als auch bei Bewegung plagen kann. Er lässt sich für gewöhnlich genau lokalisieren. Häufig entsteht er während der Nacht und macht die entzündeten Gelenke morgens steif. In schweren Fällen können sich die Patienten erst gegen Mittag oder Abend wieder normal bewegen; oft fühlen sie sich dabei müde und haben keinen Appetit. Schmerzmedikamente verschaffen vielen Rheumapatienten Linderung. Doch ebenso wichtig ist der richtige Umgang mit dem Schmerz. A 19 Rheuma-A Arthrose ist die häufigste gelenkrheumatische Erkrankung. Etwa acht Millionen Menschen in Deutschland suchen jedes Jahr wegen Gelenkbeschwerden einen Arzt auf. Die verfügbaren Medikamente lindern vor allem die Symptome, zu den Wurzeln der Krankheit stoßen sie nicht vor. „Wir müssen die Forschung an den Patienten bringen“ Genau dieses Ziel verfolgt das Leitprojekt „Knorpelforschung – Osteoarthrose”: Mit ihm wollen Grundlagenforscher, Kliniker und Wissenschaftler aus der Pharmaindustrie gemeinsam die Ursachen der Arthrose aufdecken und mit diesem Wissen neue Behandlungswege erschließen. 1 Eine wertvolle Fracht überreicht der Kurier der Biochemikerin Louise McKenna und ihrer Assistentin Michaela Schäfer. Absender des Päckchens: die Orthopädische Klinik der Rummelsberger Anstalten, wenige Kilometer südlich von Nürnberg. Es enthält ein Laborgläschen mit einer frischen Gewebeprobe. Ein winziges Stück Knorpel aus dem Kniegelenk eines Arthrose-Patienten schwimmt in der durchsichtigen Nähr- Aventis fördern das 50 Millionen Mark teure flüssigkeit. Vorhaben für zunächst fünf Jahre. Die Koordination haben der Pathologe Thomas Aigner Um mehr über den möglichen weiteren vom Erlanger Institut und Eckart Bartnik von Verlauf der Erkrankung zu erfahren, hat Aventis übernommen. Assistenzarzt Wolfgang Eger bei diesem Patienten die Gewebeprobe während eines Thomas Aigner formuliert die Zielrichtung kleinen Eingriffs entnommen. Seine Kol- des Projekts so: „Wir müssen die Forschung legen vom Pathologisch-Anatomischen an den Patienten bringen.” Dies, so meint Institut der Universität Erlangen-Nürnberg der Knorpelspezialist desillusioniert, ist in werden diese Probe nun untersuchen und der Vergangenheit nicht gelungen: „In den Eger ihren Befund schnellstmöglich durch- vergangenen 30 Jahren ist für Arthrosepatelefonieren. tienten kein kausal wirksames Medikament in die Klinik gekommen. Die Präparate, die Doch damit nicht genug: Das winzige Ärzte bis heute verschreiben, lindern nur Knorpelstück enthält einige wenige Knorpel- die Symptome, die eigentliche Krankheitszellen, so genannte Chondrozyten. Michaela ursache bleibt unbehandelt.” Beim LeitproSchäfer wird sie an der sterilen Laborbank jekt hingegen – darin sind sich alle Beteiligisolieren, um die lebenden Zellen in einer ten einig – sollen die Patienten die GewinKulturlösung zu vermehren. Für Louise ner sein. McKennas Arbeit sind solche Zellkulturen unerlässlich, wenn es ihr und dem gesamGelingen soll dies, indem sich alle Grupten Team des Erlanger Instituts gelingen pen, die mit dem Krankheitsbild Arthrose soll, Licht in das Dunkel der arthrotischen befasst sind, in gemeinsamen Projekten Gelenkzerstörung zu bringen. zusammentun: Ärzte aus orthopädischen Kliniken, Aventis als große, forschende ArzDas Erlanger Team ist einer der Teilnehmer neimittelfirma, mehrere Biotechnologieuneines Leitprojekts, das im Juli 1999 bun- ternehmen, und schließlich Grundlagenwisdesweit begann und das den Ursachen der senschaftler aus Universitäten und anderen Arthrose auf die Spur kommen soll. Das Bun- Forschungseinrichtungen, die sich seit desministerium für Bildung und Forschung, Jahren mit Fragen der Knorpelentwicklung kurz BMBF, und das Pharmaunternehmen beschäftigt haben. 2 1 Die britische Biochemikerin Louise McKenna (links) und ihre Assistentin Michaela Schäfer begutachten am Erlanger Institut das Wachstum der von ihnen angelegten Knorpelzell-Kulturen. 2 Aus Gewebeproben von Arthrosepatienten gewonnen, werden im Labor die Knorpelzellen für spätere Analysen vermehrt und dauerhaft kultiviert. A 20 1 11.12.2001, 14:22 Uhr „Wir müssen die Forschung an den Patienten bringen“ Einer der Hauptgründe, weshalb die Arthroseforschung bislang nur schleppend voran kam, besteht für Aigner in der „großen Diskrepanz zwischen den objektiven Befunden und der subjektiven Befindlichkeit”. So können sich manche Patienten, deren Röntgenbild auf einen geschädigten Knorpel schließen lässt, durchaus gut bewegen. Umgekehrt klagen andere Patienten über Schmerzen, obwohl die Gelenke kaum geschädigt aussehen. Hinzu kommt ein weiteres Problem: Arthrose ist ein sehr langer Prozess, der in der Anfangsphase meist unbemerkt abläuft. Doch gerade die Vorgänge in dieser Phase gilt es aufzuklären, will man den Ursachen der Gelenkzerstörung auf den Grund gehen: Wann und wodurch kommt es zum Fortschreiten der Arthrose? Auf diese Frage eine Antwort zu finden, das erhoffen sich die Beteiligten des Leitprojekts. In flüssigem Stickstoff tiefgekühlt, lassen sich Gewebeproben für spätere Untersuchungen aufbewahren (1). Thomas Aigner und Louise McKenna (2) analysieren die Gewebeproben, die sie von ihren Ärztekollegen aus der Klinik erhalten. Die Biochemikerin (3) verfolgt dabei die arthrotischen Prozesse bis in den molekularen Bereich. Aigners Team versucht gewissermaßen ein „Fenster” zu öffnen, das den Blick in die Startphase der Erkrankung freigibt, in der sich der Patient noch gesund fühlt. Dazu „tauchen” die Forscher in das zelluläre Geschehen im Knorpel ein und untersuchen, welche Gene in den Zellen von gesundem und welche in denen von arthrotischem Knorpelgewebe aktiv sind. Die Gene dienen den Knorpelzellen als Bauanleitungen für alle knorpelaufbauenden und -abbauenden Substanzen. Während die Untersuchung eines arthrotischen Knorpels das Ergebnis eines schon jahrelangen Krankheitsprozesses widerspiegelt, zeigt die Arbeit auf der genetischen Ebene das aktuelle Krankheitsgeschehen. 1 2 Zehn Mitarbeiter gehören zum Team von Thomas Aigner: Neben fünf Technischen Assistenten, die für die Laborarbeiten zuständig sind, und einer Fachkraft, die sich um die Literaturrecherche kümmert, betreuen vier promovierte Wissenschaftler gemeinsam mit Aigner die verschiedenen Bereiche des Teilprojekts. Louise McKenna ist im September 1998 aus Großbritannien zu 3 A 21 Rheuma-A Aigners Team gestoßen. Die Biochemikerin hat sich zuvor sechs Jahre lang am Kennedy Institute of Rheumatology in London und für ein weiteres Jahr in der pharmazeutischen Industrie mit Knorpelforschung beschäftigt. Ausschlaggebend für ihre Entscheidung an dieses Institut zu wechseln, war der Umstand, „dass hier Forschung und Anwendung eng miteinander verzahnt sind”. Ihr zur Seite steht die Laborantin Michaela Schäfer. „Ich bin die ausführende Kraft von Frau McKenna”, meint sie, „ich setze ihre Anweisungen um und halte ihr den Rücken frei.” Eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist es, „die Zellkulturen am Laufen zu halten”. Lächelnd erklärt sie: „Die muss man behandeln wie die eigenen Babys, sagt Louise immer.” Doch bis sich die Zellkulturen für Experimente nutzen lassen, sind viel Zeit und Geduld erforderlich. Nachdem sie die Knorpelzellen auf der sterilen Laborbank isoliert hat, legt Michaela Schäfer eine Primärkultur an – ein Vorgang, bei dem sie sehr sorgfältig arbeiten muss. Mehrere Wochen dauert es dann, bis sich die Knorpelzellen ausreichend vermehrt haben. Der Grundgedanke von Aigners Gruppe, den Louise McKenna in ihrer Arbeit aufgreift, ist folgender: Knorpelzellen sind gleichsam die Knorpelfabriken. Sie stellen anhand ihrer genetischen Baupläne das Knorpelgerüst sowie alle auf- und abbauenden Enzyme her. Körpereigene Botenstoffe – die so genannten Zytokine – wirken auf die Knorpelzellen ein und steuern so, welche Substanzen die Knorpelfabriken in welcher Menge produzieren, indem sie bestimmte Gene an- und andere abschalten. Die Forscher vermuten nun, dass im arthrotischen Knorpel diese Produktionssteuerung durcheinander geraten ist, die Knorpelzellen also durch zu hohe Konzentrationen des einen Zytokins oder eine zu geringe Konzentration eines anderen Zytokins zum Beispiel veranlasst werden, ungeeignete Knorpelbausteine oder eine zu große Menge von knorpelabbauenden Enzymen herzustellen. So weit die Theorie. In der Praxis hat es Louise McKenna mit einem komplexen Netzwerk aus vielen Zytokinen und unterschiedlichen Knorpelsubstanzen zu tun. Ihre Aufgabe besteht darin, herauszufinden, welche Zytokine die Knorpelfabriken so durcheinander bringen, dass sie fortan nur ein unbrauchbares Knorpelgerüst liefern, der Knorpel sich also arthrotisch verändert. In ihren Experimenten prüft die Britin, wie ein bestimmtes Zytokin die Produktpalette der Knorpelfabriken beeinflusst, indem es die genetischen Bauanleitungen für einzelne Knorpelbausteine an- oder abschaltet. Um die auftretenden Veränderungen – sie summieren sich im Körper erst in vielen Jahren zu einer Knorpelschädigung – gleichsam im Zeitraffer beobachten zu können, stimuliert die Biochemikerin die Zellkulturen mit einer besonders hohen Konzentration an Zytokinen. dann einen auffälligen Befund liefern, wenn der Knorpel bereits stark geschädigt ist. Je später jedoch die Arthrosegefahr erkannt wird, desto schwieriger ist es, den Patienten vor einer weiteren Gelenkzerstörung zu Ein besonderer Vorteil des Leitprojekts schützen. ist, dass die Erlanger Forscher auf Knorpelmaterial von Patienten zugreifen können. Darüber hinaus gilt es, die Mechanismen Deshalb arbeiten sie eng mit der großen aufzuspüren, die den Krankheitsprozess orthopädischen Klinik der Rummelsberger vorantreiben. Dabei kommt es letztlich Anstalten zusammen. Wolfgang Eger konnte darauf an, die bislang noch viel zu lange bislang seinen Erlanger Kollegen schon 80 Liste der möglichen molekularen Täter im Knorpelproben liefern. Für ihn stellt das arthrotischen Knorpel so weit zusammenLeitprojekt eine große Chance dar, durch zustreichen, dass nur noch eine Hand voll klinische Forschung den Patienten zu hel- „dringend Tatverdächtigter” übrig bleibt. Erst fen. „An einem Wochenende habe ich den dann haben Pharmaforscher wie Aigners Antrag für das Vorhaben durchgelesen und Projektpartner Eckhart Bartnik bei Aventis wusste sofort, da will ich mitmachen.” Bei eine reelle Chance, zielgerichtet Substanseinen früheren Arbeitsstellen, so beklagt zen zu entwickeln, die den Umbau eines er, „war es nicht möglich, den Bogen zwi- gesunden in einen arthrotischen Knorpel schen Grundlagenforschung und Klinik zu stoppen oder diesen Prozess sogar wieder spannen”. rückgängig machen können. Wolfgang Eger arbeitet an der Orthopädischen Klinik der Rummelsberger Anstalten. Wie sein Kollege Thomas Aigner will er mit diesem Projekt den Bogen von der Grundlagenforschung zum Patienten spannen. Zwei gemeinsame Ziele verfolgen er und 30 weitere Jahre ohne durchschlagenden Thomas Aigner: eine bessere Diagnostik Erfolg – diese Zeitspanne will jedenfalls der Arthrose und das Aufzeigen Erfolg keiner der am Leitprojekt Beteiligten mehr versprechender Behandlungskonzepte. So verstreichen lassen. suchen beide Wissenschaftler nach klinisch messbaren Veränderungen, die eine Arthrose möglichst frühzeitig anzeigen. Das Problem der bisherigen Diagnose liegt nämlich darin, dass ein Röntgenbild oder eine arthroskopische Untersuchung meist erst A 22 2 11.12.2001, 14:23 Uhr „Wir müssen die Forschung an den Patienten bringen“ Einer der Hauptgründe, weshalb die Arthroseforschung bislang nur schleppend voran kam, besteht für Aigner in der „großen Diskrepanz zwischen den objektiven Befunden und der subjektiven Befindlichkeit”. So können sich manche Patienten, deren Röntgenbild auf einen geschädigten Knorpel schließen lässt, durchaus gut bewegen. Umgekehrt klagen andere Patienten über Schmerzen, obwohl die Gelenke kaum geschädigt aussehen. Hinzu kommt ein weiteres Problem: Arthrose ist ein sehr langer Prozess, der in der Anfangsphase meist unbemerkt abläuft. Doch gerade die Vorgänge in dieser Phase gilt es aufzuklären, will man den Ursachen der Gelenkzerstörung auf den Grund gehen: Wann und wodurch kommt es zum Fortschreiten der Arthrose? Auf diese Frage eine Antwort zu finden, das erhoffen sich die Beteiligten des Leitprojekts. In flüssigem Stickstoff tiefgekühlt, lassen sich Gewebeproben für spätere Untersuchungen aufbewahren (1). Thomas Aigner und Louise McKenna (2) analysieren die Gewebeproben, die sie von ihren Ärztekollegen aus der Klinik erhalten. Die Biochemikerin (3) verfolgt dabei die arthrotischen Prozesse bis in den molekularen Bereich. Aigners Team versucht gewissermaßen ein „Fenster” zu öffnen, das den Blick in die Startphase der Erkrankung freigibt, in der sich der Patient noch gesund fühlt. Dazu „tauchen” die Forscher in das zelluläre Geschehen im Knorpel ein und untersuchen, welche Gene in den Zellen von gesundem und welche in denen von arthrotischem Knorpelgewebe aktiv sind. Die Gene dienen den Knorpelzellen als Bauanleitungen für alle knorpelaufbauenden und -abbauenden Substanzen. Während die Untersuchung eines arthrotischen Knorpels das Ergebnis eines schon jahrelangen Krankheitsprozesses widerspiegelt, zeigt die Arbeit auf der genetischen Ebene das aktuelle Krankheitsgeschehen. 1 2 Zehn Mitarbeiter gehören zum Team von Thomas Aigner: Neben fünf Technischen Assistenten, die für die Laborarbeiten zuständig sind, und einer Fachkraft, die sich um die Literaturrecherche kümmert, betreuen vier promovierte Wissenschaftler gemeinsam mit Aigner die verschiedenen Bereiche des Teilprojekts. Louise McKenna ist im September 1998 aus Großbritannien zu 3 A 21 Rheuma-A Aigners Team gestoßen. Die Biochemikerin hat sich zuvor sechs Jahre lang am Kennedy Institute of Rheumatology in London und für ein weiteres Jahr in der pharmazeutischen Industrie mit Knorpelforschung beschäftigt. Ausschlaggebend für ihre Entscheidung an dieses Institut zu wechseln, war der Umstand, „dass hier Forschung und Anwendung eng miteinander verzahnt sind”. Ihr zur Seite steht die Laborantin Michaela Schäfer. „Ich bin die ausführende Kraft von Frau McKenna”, meint sie, „ich setze ihre Anweisungen um und halte ihr den Rücken frei.” Eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist es, „die Zellkulturen am Laufen zu halten”. Lächelnd erklärt sie: „Die muss man behandeln wie die eigenen Babys, sagt Louise immer.” Doch bis sich die Zellkulturen für Experimente nutzen lassen, sind viel Zeit und Geduld erforderlich. Nachdem sie die Knorpelzellen auf der sterilen Laborbank isoliert hat, legt Michaela Schäfer eine Primärkultur an – ein Vorgang, bei dem sie sehr sorgfältig arbeiten muss. Mehrere Wochen dauert es dann, bis sich die Knorpelzellen ausreichend vermehrt haben. Der Grundgedanke von Aigners Gruppe, den Louise McKenna in ihrer Arbeit aufgreift, ist folgender: Knorpelzellen sind gleichsam die Knorpelfabriken. Sie stellen anhand ihrer genetischen Baupläne das Knorpelgerüst sowie alle auf- und abbauenden Enzyme her. Körpereigene Botenstoffe – die so genannten Zytokine – wirken auf die Knorpelzellen ein und steuern so, welche Substanzen die Knorpelfabriken in welcher Menge produzieren, indem sie bestimmte Gene an- und andere abschalten. Die Forscher vermuten nun, dass im arthrotischen Knorpel diese Produktionssteuerung durcheinander geraten ist, die Knorpelzellen also durch zu hohe Konzentrationen des einen Zytokins oder eine zu geringe Konzentration eines anderen Zytokins zum Beispiel veranlasst werden, ungeeignete Knorpelbausteine oder eine zu große Menge von knorpelabbauenden Enzymen herzustellen. So weit die Theorie. In der Praxis hat es Louise McKenna mit einem komplexen Netzwerk aus vielen Zytokinen und unterschiedlichen Knorpelsubstanzen zu tun. Ihre Aufgabe besteht darin, herauszufinden, welche Zytokine die Knorpelfabriken so durcheinander bringen, dass sie fortan nur ein unbrauchbares Knorpelgerüst liefern, der Knorpel sich also arthrotisch verändert. In ihren Experimenten prüft die Britin, wie ein bestimmtes Zytokin die Produktpalette der Knorpelfabriken beeinflusst, indem es die genetischen Bauanleitungen für einzelne Knorpelbausteine an- oder abschaltet. Um die auftretenden Veränderungen – sie summieren sich im Körper erst in vielen Jahren zu einer Knorpelschädigung – gleichsam im Zeitraffer beobachten zu können, stimuliert die Biochemikerin die Zellkulturen mit einer besonders hohen Konzentration an Zytokinen. dann einen auffälligen Befund liefern, wenn der Knorpel bereits stark geschädigt ist. Je später jedoch die Arthrosegefahr erkannt wird, desto schwieriger ist es, den Patienten vor einer weiteren Gelenkzerstörung zu Ein besonderer Vorteil des Leitprojekts schützen. ist, dass die Erlanger Forscher auf Knorpelmaterial von Patienten zugreifen können. Darüber hinaus gilt es, die Mechanismen Deshalb arbeiten sie eng mit der großen aufzuspüren, die den Krankheitsprozess orthopädischen Klinik der Rummelsberger vorantreiben. Dabei kommt es letztlich Anstalten zusammen. Wolfgang Eger konnte darauf an, die bislang noch viel zu lange bislang seinen Erlanger Kollegen schon 80 Liste der möglichen molekularen Täter im Knorpelproben liefern. Für ihn stellt das arthrotischen Knorpel so weit zusammenLeitprojekt eine große Chance dar, durch zustreichen, dass nur noch eine Hand voll klinische Forschung den Patienten zu hel- „dringend Tatverdächtigter” übrig bleibt. Erst fen. „An einem Wochenende habe ich den dann haben Pharmaforscher wie Aigners Antrag für das Vorhaben durchgelesen und Projektpartner Eckhart Bartnik bei Aventis wusste sofort, da will ich mitmachen.” Bei eine reelle Chance, zielgerichtet Substanseinen früheren Arbeitsstellen, so beklagt zen zu entwickeln, die den Umbau eines er, „war es nicht möglich, den Bogen zwi- gesunden in einen arthrotischen Knorpel schen Grundlagenforschung und Klinik zu stoppen oder diesen Prozess sogar wieder spannen”. rückgängig machen können. Wolfgang Eger arbeitet an der Orthopädischen Klinik der Rummelsberger Anstalten. Wie sein Kollege Thomas Aigner will er mit diesem Projekt den Bogen von der Grundlagenforschung zum Patienten spannen. Zwei gemeinsame Ziele verfolgen er und 30 weitere Jahre ohne durchschlagenden Thomas Aigner: eine bessere Diagnostik Erfolg – diese Zeitspanne will jedenfalls der Arthrose und das Aufzeigen Erfolg keiner der am Leitprojekt Beteiligten mehr versprechender Behandlungskonzepte. So verstreichen lassen. suchen beide Wissenschaftler nach klinisch messbaren Veränderungen, die eine Arthrose möglichst frühzeitig anzeigen. Das Problem der bisherigen Diagnose liegt nämlich darin, dass ein Röntgenbild oder eine arthroskopische Untersuchung meist erst A 22 2 11.12.2001, 14:23 Uhr B DIAGNOSTIK „Gebt doch meiner Krankheit endlich einen Namen!“ Schon sprachlich entpuppt sich der Systemische Lupus erythematodes (SLE) als Zungenbrecher. Bei Medizinern gilt das Fahnden nach dieser rheumatischen Erkrankung als „harte Nuss”. Aufgrund der vielen verschie- „Schnell, ein Taschentuch!” Hilfe suchend wendet sich die 10-jährige Margarete G. an ihre Klassenkameradin. Blut strömt aus ihrer Nase und tropft auf die Schulbank. Die Freundin reagiert gelassen. Nicht zum ersten Mal sieht sie sich dieser Bitte gegenübergestellt. Seit einiger Zeit plagen ihre Nebensitzerin regelrechte Attacken von Nasenbluten. Immer wieder, ob in der Schule oder zu Hause, strömt es plötzlich rot aus Margaretes Nase. Bei anderer Gelegenheit tauchen an ihrem ganzen Körper plötzlich riesige blaue Flecken auf. Ein leichter Schlag gegen den Arm oder ins Gesicht, ein unbedeutender Stoß gegen die Tischkante – und schon stellen sich Blutergüsse ein, die in allen Farben durch ihre Haut schimmern. Ständig fühlt sich das Mädchen müde und abgeschlagen. Die Eltern sind ratlos. Während der mehrwöchigen Untersuchung in der Uniklinik ist Margarete G. jetzt zum ersten Mal für längere Zeit von ihren Eltern und den beiden älteren Geschwistern getrennt. Sie sehnt sich sehr nach ihrer Familie und will sofort wieder nach Hause. Stattdessen muss sie Furcht einflößende Untersuchungen erdulden, zum Beispiel als mit einem Bohrer ihr Brustbein punktiert wird, um an Probenmaterial heranzukommen – eine Szene, die sie noch 45 Jahre später vor Augen haben wird. Ihr Zimmer teilt sie mit älteren Patienten, sie fühlt sich ungeliebt, das Pflegepersonal empfindet sie als unfreundlich. Hohe Dosen an Kortison schwemmen ihren Körper auf und lassen sie unförmig erscheinen. Die Ankündigung, man müsse die Milz entfernen, macht ihr große Angst und verstärkt das Gefühl, allem hilflos ausgeliefert zu sein. Die Operation findet dann aber doch nicht Die Odyssee beginnt: Die Behandlung statt; der Vater verweigert die Zustimmung. beim Hausarzt bringt nur für kurze Zeit eine Linderung. Als es dem Mädchen wieder Wieder daheim geht es Margarete G. schlechter geht, überweist dieser sie an gesundheitlich besser; Wechsel auf die eine Universitätsklinik. Dort, in der Abtei- Realschule. Nach kurzer Zeit verschlechlung für Hämatologie, stellen die Blutspezia- tert sich ihr Zustand erneut – viele Fehllisten die völlig korrekte Diagnose Throm- zeiten, Leistungsdefizite – sie muss zurück bopenie – die Zahl ihrer Blutplättchen, die auf die Hauptschule. Vielleicht, so spukt es für die Blutgerinnung wichtig sind, ist dra- ihr schuldbewusst im Kopf herum, ist sie ja matisch verringert. Vom Werlhof-Syndrom wieder kränker, weil sie die Sonnenbrille sprechen sie bei Margaretes Blutkrankheit, ihres Vaters kaputt gemacht hat. „Fette doch dass sich bei dem jungen Mädchen Sau” rufen ihr Kinder auf der Straße hinmit diesem Mangel an Blutplättchen eine terher, aber ohne Kortison kann sie einganz andere Krankheit gemeldet hat, bleibt fach nicht mehr leben. Sie hasst ihre Krankihnen verborgen. heit und niemand ist da, mit dem sie reden kann. „Gebt meiner Krankheit doch endlich einen Namen”, wünscht sie sich aus tiefster Seele. B1 Rheuma-B denen Symptome, die das Krankheitsbild prägen, kann die Diagnose mehrere Jahre beanspruchen – bei der 55-jährigen Margarete G., die bereits mit zehn Jahren an SLE erkrankte, dauerte es sogar sieben Jahre. Mit 15 Jahren kommt sie in ein Internat. Eineinhalb Jahre später hat sie die mittlere Reife in der Tasche. Auf Wunsch ihrer Eltern, die mehrere Fleischereien führen, beginnt sie mit einer Ausbildung zur Metzgereiverkäuferin – nicht gerade ihr Wunschberuf. Die ersten Gelenkschmerzen setzen ein. Es folgt eine schlimme Halsentzündung. Immer wieder beuteln heftige Fieberschübe ihren Körper und lassen sämtliche Gelenke anschwellen. Der konsultierte Hausarzt weiß nicht weiter. Erneuter Aufenthalt in der Universitätsklinik: Wieder sorgen nur die hohen Kortisondosen für eine gewisse Linderung der Symptome. Doch die Ursache ihrer Erkrankung bleibt im Dunkeln. Margarete G. ist 17 Jahre alt, als sie zunächst eine Rippenfellentzündung bekommt. Kurz darauf entzündet sich auch noch der Herzbeutel. Ein weiteres Mal muss sie stationär behandelt werden. Im Krankenhaus ihres Wohnorts kommt den Ärzten aufgrund der Symptome ein erster Verdacht. Sie ziehen einen rheumatologisch versierten Internisten zu Rate, der das Puzzle aus den vielen unterschiedlichen Krankheitszeichen nach sieben Jahren zum diagnostisch richtigen Gesamtbild zusammenfügt. Margarete hört zum ersten Mal den Namen ihrer Erkrankung: Systemischer Lupus erythematodes, kurz SLE. Mit den Jahren leidet sie zunehmend auch unter den Begleitsyndromen ihrer Krankheit. Eine ganze Palette an Medikamenten, jahrzehntelang eingenommen und oft mit starken Nebenwirkungen verbunden, haben ihre Organe geschädigt – die Nieren, das Nervensystem, die Augen, Gefäße und Bandscheiben. Noch heute gehört SLE zu den Krankheiten, die sich besonders schwierig diagnostizieren lassen. Zwar gibt es inzwischen mehr und bessere Untersuchungsmethoden, aber im Durchschnitt dauert es immer noch etwa zweieinhalb Jahre, bis SLE erkannt wird. Das wichtigste, um mit einer solch schlimmen Krankheit fertig zu werden, sei ein starker Lebenswille, meint die jetzt 55-Jährige. „Früher zum Beispiel”, so erklärt sie, „habe ich mich immer vor allem geschützt. Heute setze ich mich der Sonne aus, auch wenn die starke Strahlung vielleicht meine Krankheit verschlimmert. Einfach die Wärme genießen und es mir gut gehen lassen, das ist für mich nun das Entscheidende.” B2 1 11.12.2001, 9:53 Uhr B DIAGNOSTIK „Gebt doch meiner Krankheit endlich einen Namen!“ Schon sprachlich entpuppt sich der Systemische Lupus erythematodes (SLE) als Zungenbrecher. Bei Medizinern gilt das Fahnden nach dieser rheumatischen Erkrankung als „harte Nuss”. Aufgrund der vielen verschie- „Schnell, ein Taschentuch!” Hilfe suchend wendet sich die 10-jährige Margarete G. an ihre Klassenkameradin. Blut strömt aus ihrer Nase und tropft auf die Schulbank. Die Freundin reagiert gelassen. Nicht zum ersten Mal sieht sie sich dieser Bitte gegenübergestellt. Seit einiger Zeit plagen ihre Nebensitzerin regelrechte Attacken von Nasenbluten. Immer wieder, ob in der Schule oder zu Hause, strömt es plötzlich rot aus Margaretes Nase. Bei anderer Gelegenheit tauchen an ihrem ganzen Körper plötzlich riesige blaue Flecken auf. Ein leichter Schlag gegen den Arm oder ins Gesicht, ein unbedeutender Stoß gegen die Tischkante – und schon stellen sich Blutergüsse ein, die in allen Farben durch ihre Haut schimmern. Ständig fühlt sich das Mädchen müde und abgeschlagen. Die Eltern sind ratlos. Während der mehrwöchigen Untersuchung in der Uniklinik ist Margarete G. jetzt zum ersten Mal für längere Zeit von ihren Eltern und den beiden älteren Geschwistern getrennt. Sie sehnt sich sehr nach ihrer Familie und will sofort wieder nach Hause. Stattdessen muss sie Furcht einflößende Untersuchungen erdulden, zum Beispiel als mit einem Bohrer ihr Brustbein punktiert wird, um an Probenmaterial heranzukommen – eine Szene, die sie noch 45 Jahre später vor Augen haben wird. Ihr Zimmer teilt sie mit älteren Patienten, sie fühlt sich ungeliebt, das Pflegepersonal empfindet sie als unfreundlich. Hohe Dosen an Kortison schwemmen ihren Körper auf und lassen sie unförmig erscheinen. Die Ankündigung, man müsse die Milz entfernen, macht ihr große Angst und verstärkt das Gefühl, allem hilflos ausgeliefert zu sein. Die Operation findet dann aber doch nicht Die Odyssee beginnt: Die Behandlung statt; der Vater verweigert die Zustimmung. beim Hausarzt bringt nur für kurze Zeit eine Linderung. Als es dem Mädchen wieder Wieder daheim geht es Margarete G. schlechter geht, überweist dieser sie an gesundheitlich besser; Wechsel auf die eine Universitätsklinik. Dort, in der Abtei- Realschule. Nach kurzer Zeit verschlechlung für Hämatologie, stellen die Blutspezia- tert sich ihr Zustand erneut – viele Fehllisten die völlig korrekte Diagnose Throm- zeiten, Leistungsdefizite – sie muss zurück bopenie – die Zahl ihrer Blutplättchen, die auf die Hauptschule. Vielleicht, so spukt es für die Blutgerinnung wichtig sind, ist dra- ihr schuldbewusst im Kopf herum, ist sie ja matisch verringert. Vom Werlhof-Syndrom wieder kränker, weil sie die Sonnenbrille sprechen sie bei Margaretes Blutkrankheit, ihres Vaters kaputt gemacht hat. „Fette doch dass sich bei dem jungen Mädchen Sau” rufen ihr Kinder auf der Straße hinmit diesem Mangel an Blutplättchen eine terher, aber ohne Kortison kann sie einganz andere Krankheit gemeldet hat, bleibt fach nicht mehr leben. Sie hasst ihre Krankihnen verborgen. heit und niemand ist da, mit dem sie reden kann. „Gebt meiner Krankheit doch endlich einen Namen”, wünscht sie sich aus tiefster Seele. B1 Rheuma-B denen Symptome, die das Krankheitsbild prägen, kann die Diagnose mehrere Jahre beanspruchen – bei der 55-jährigen Margarete G., die bereits mit zehn Jahren an SLE erkrankte, dauerte es sogar sieben Jahre. Mit 15 Jahren kommt sie in ein Internat. Eineinhalb Jahre später hat sie die mittlere Reife in der Tasche. Auf Wunsch ihrer Eltern, die mehrere Fleischereien führen, beginnt sie mit einer Ausbildung zur Metzgereiverkäuferin – nicht gerade ihr Wunschberuf. Die ersten Gelenkschmerzen setzen ein. Es folgt eine schlimme Halsentzündung. Immer wieder beuteln heftige Fieberschübe ihren Körper und lassen sämtliche Gelenke anschwellen. Der konsultierte Hausarzt weiß nicht weiter. Erneuter Aufenthalt in der Universitätsklinik: Wieder sorgen nur die hohen Kortisondosen für eine gewisse Linderung der Symptome. Doch die Ursache ihrer Erkrankung bleibt im Dunkeln. Margarete G. ist 17 Jahre alt, als sie zunächst eine Rippenfellentzündung bekommt. Kurz darauf entzündet sich auch noch der Herzbeutel. Ein weiteres Mal muss sie stationär behandelt werden. Im Krankenhaus ihres Wohnorts kommt den Ärzten aufgrund der Symptome ein erster Verdacht. Sie ziehen einen rheumatologisch versierten Internisten zu Rate, der das Puzzle aus den vielen unterschiedlichen Krankheitszeichen nach sieben Jahren zum diagnostisch richtigen Gesamtbild zusammenfügt. Margarete hört zum ersten Mal den Namen ihrer Erkrankung: Systemischer Lupus erythematodes, kurz SLE. Mit den Jahren leidet sie zunehmend auch unter den Begleitsyndromen ihrer Krankheit. Eine ganze Palette an Medikamenten, jahrzehntelang eingenommen und oft mit starken Nebenwirkungen verbunden, haben ihre Organe geschädigt – die Nieren, das Nervensystem, die Augen, Gefäße und Bandscheiben. Noch heute gehört SLE zu den Krankheiten, die sich besonders schwierig diagnostizieren lassen. Zwar gibt es inzwischen mehr und bessere Untersuchungsmethoden, aber im Durchschnitt dauert es immer noch etwa zweieinhalb Jahre, bis SLE erkannt wird. Das wichtigste, um mit einer solch schlimmen Krankheit fertig zu werden, sei ein starker Lebenswille, meint die jetzt 55-Jährige. „Früher zum Beispiel”, so erklärt sie, „habe ich mich immer vor allem geschützt. Heute setze ich mich der Sonne aus, auch wenn die starke Strahlung vielleicht meine Krankheit verschlimmert. Einfach die Wärme genießen und es mir gut gehen lassen, das ist für mich nun das Entscheidende.” B2 1 11.12.2001, 9:53 Uhr 58 40 Warum ist es so schwierig, Rheuma festzustellen? Der erste Teil dieser Broschüre handelte von der enormen Vielfalt rheumatischer Erkrankungen – mehr als 400 Krankheitsbilder haben Mediziner unter dem Begriff des rheumatischen Formenkreises zusammengefasst. Rheuma ist also nicht gleich Rheuma. Diese feinen Unterscheidungen, so mag mancher denken, sind vielleicht medizinischwissenschaftlich interessant, doch für den Betroffenen laufen die meisten dieser Erkrankungen mehr oder weniger auf das gleiche Bild hinaus: schmerzende Gelenke und eingeschränkte Beweglichkeit. Tatsächlich macht es gerade diese scheinbare Uniformität der rheumatischen Symptome so schwer, einzelne Krankheitsbilder im Frühstadium sicher voneinander zu unterscheiden. Dies ist jedoch unabdingbar, wenn es gelingen soll, dem Patienten optimal zu helfen. Rheumatische Gelenkerkrankungen betreffen je nach Typ andere Gelenkstrukturen, sie haben unterschiedliche Ursachen, verlaufen jeweils anders, und sie fallen unterschiedlich schwer aus. Deshalb erfordert jedes Krankheitsbild ein spezifisches Behandlungskonzept, das auf den einzelnen Patienten zugeschnitten sein muss. Die ärztliche Feststellung „Sie haben Rheuma” nutzt dem Patienten letztlich nur wenig mehr als die lapidare Aussage „Sie sind krank”. An den Zehen eines Patienten (links) sind arthritische Gelenkdeformationen schon äußerlich zu sehen. Das Röntgenbild (rechts) zeigt das Ausmaß der Zerstörung. Sinnvolle Hilfe kann erst einsetzen, wenn der im Einzelfall vorliegende Krankheitstyp möglichst sicher identifiziert ist. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Hat ein Patient aufgrund einer bakteriellen Infektion eine septische Arthritis, ist es entscheidend, dass der Arzt die Krankheitserreger als Verursacher B3 Rheuma-B entdeckt. Dann nämlich wird er diesem Patienten Antibiotika verschreiben, und „das Rheuma” wird – zusammen mit dem verursachenden Erreger – nach einigen Wochen restlos verschwunden sein. Bleibt hingegen der Erreger unentdeckt, so können sich die betroffenen Gelenke chronisch entzünden. Sie bleiben dann auf Dauer geschädigt. Umgekehrt würde eine Antibiotika-Kur einem Patienten, der an einer anderen Arthritisform erkrankt ist, keinerlei Nutzen bringen. Gerade die Ähnlichkeit der Symptome – beide Patienten des gewählten Beispiels könnten über identische Beschwerden klagen – erfordern höchste Aufmerksamkeit und Sorgfalt bei der Diagnose. Hinzu kommt, dass nicht nur rheumatische Erkrankungen „typische” Rheumabeschwerden hervorrufen, sondern auch andere, unter Umständen sogar noch bedrohlichere Krankheiten. Beispielsweise könnte eine wachsende Geschwulst im Gelenkbereich „Rheumaschmerzen” hervorrufen. Bei der Suche nach der Krankheitsursache bewegt sich der Arzt daher nicht nur innerhalb des rheumatischen Formenkreises, vielmehr muss er seine medizinische Detektivarbeit auf weitere infrage kommende Krankheiten ausdehnen. Und ein letzter Punkt erschwert die Rheumadiagnostik: Einige rheumatische Erkrankungen beschränken sich nicht nur auf Gelenke. Vielmehr erstrecken sie sich auf weitere Körpergewebe und innere Organe: Bei einem Patienten ist vielleicht die Haut geschädigt, bei einem andern haben sich die Augen entzündet, und beim dritten arbeiten eventuell die Nieren nicht mehr normal. Der Arzt muss deshalb die diagnostische Fahndungsarbeit – vor allem, wenn es sich um eine systemische Rheumaerkrankung handelt – auf den gesamten Körper ausdehnen. Daher kann es sinnvoll sein, dass ein Arzt zur Absicherung seiner Diagnose oder während der weiteren Betreuung eines Rheumapatienten zusätzliche Spezialisten hinzuzieht, um keine wichtigen Details zu übersehen. Erst viele Mosaiksteine ergeben ein Gesamtbild 27 Schmetterlingserythem Für den Patienten bedeutet dies: Eine schnelle Diagnose ist bei einer rheumatischen Erkrankung nur selten möglich. In der Regel wird sich die Suche über mehrere Wochen oder gar Monate hinziehen, und sie wird eine Reihe von Arztbesuchen erfordern – unter Umständen sogar in mehreren Fachpraxen. Patient und Arzt müssen dabei viel Zeit, Geduld und Aufmerksamkeit aufbringen. Doch diese Anstrengungen lohnen sich, denn dass man bei Rheuma „sowieso nichts machen kann”, widerlegen viele Tausende von Rheumapatienten, die dank der heute verfügbaren Therapieformen auch bei schweren und langen Krankheitsverläufen spürbare Linderung erfahren. 12 Nervenentzündungen 7 3 Lungenbeteiligung 45 29 52 36 39 Nierenentzündung 17 Fieber erhöhte Lichtempfindlichkeit 84 22 69 9 Blutplättchenmangel Die Vielfalt rheumatischer Erkrankungen bedingt, dass es „den Rheumatest“ gar nicht geben kann. Vielmehr beruht die Rheumadiagnostik auf dem akribischen Sammeln sehr unterschiedlicher Indizien: • Der Arzt trägt alle krankheitsrelevanten Informationen über den Patienten und dessen Lebensumstände zusammen, und er erkundigt sich, ob innerhalb der Familie bestimmte Krankheiten aufgetreten sind. Mediziner bezeichnen diese Arbeit als Anamnese. • Er betrachtet und betastet den Körper des Patienten, beobachtet dessen Bewegungen, misst verschiedene Körper- und Gelenkstellungen und prüft bestimmte Gelenkfunktionen wie die Beweglichkeit. Dies fasst man als klinische Untersuchungen zusammen. Arthritis 4 9 Muskelentzündung Häufigkeit klinischer Symptome bei SLE-Patienten (in Prozent) zu Beginn (dunkle Balken) und im Verlauf (helle Balken) der SLE-Erkrankung liegt. Vielmehr muss der Arzt die Einzelergebnisse gewissermaßen wie Mosaik• Er nimmt Labortests vor, etwa versteine zu einem stimmigen Gesamtbild schiedene Blutuntersuchungen. zusammensetzen. Ein zu hoher Blutwert hier oder eine kleine Auffälligkeit im Rönt• Er setzt bildgebende Verfahren wie die genbild dort sagen für sich genommen Röntgenuntersuchung ein. wenig aus. Erst in der Kombination gewinnen die Einzelergebnisse diagnostische Keine dieser vier Vorgehensweisen lie- Bedeutung, unterstützen oder entkräften fert für sich allein den Beweis, dass eine also den Verdacht, dass ein bestimmtes bestimmte rheumatische Erkrankung vor- Krankheitsbild vorliegt. Gerade die Vielfalt der Symptome erschwert die Diagnose von Krankheiten wie dem Systemischen Lupus erythematodes (SLE). Zudem ist jedes der Symptome für sich betrachtet unspezifisch, es tritt also auch bei vielen anderen Erkrankungen auf. B4 2 11.12.2001, 9:53 Uhr 58 40 Warum ist es so schwierig, Rheuma festzustellen? Der erste Teil dieser Broschüre handelte von der enormen Vielfalt rheumatischer Erkrankungen – mehr als 400 Krankheitsbilder haben Mediziner unter dem Begriff des rheumatischen Formenkreises zusammengefasst. Rheuma ist also nicht gleich Rheuma. Diese feinen Unterscheidungen, so mag mancher denken, sind vielleicht medizinischwissenschaftlich interessant, doch für den Betroffenen laufen die meisten dieser Erkrankungen mehr oder weniger auf das gleiche Bild hinaus: schmerzende Gelenke und eingeschränkte Beweglichkeit. Tatsächlich macht es gerade diese scheinbare Uniformität der rheumatischen Symptome so schwer, einzelne Krankheitsbilder im Frühstadium sicher voneinander zu unterscheiden. Dies ist jedoch unabdingbar, wenn es gelingen soll, dem Patienten optimal zu helfen. Rheumatische Gelenkerkrankungen betreffen je nach Typ andere Gelenkstrukturen, sie haben unterschiedliche Ursachen, verlaufen jeweils anders, und sie fallen unterschiedlich schwer aus. Deshalb erfordert jedes Krankheitsbild ein spezifisches Behandlungskonzept, das auf den einzelnen Patienten zugeschnitten sein muss. Die ärztliche Feststellung „Sie haben Rheuma” nutzt dem Patienten letztlich nur wenig mehr als die lapidare Aussage „Sie sind krank”. An den Zehen eines Patienten (links) sind arthritische Gelenkdeformationen schon äußerlich zu sehen. Das Röntgenbild (rechts) zeigt das Ausmaß der Zerstörung. Sinnvolle Hilfe kann erst einsetzen, wenn der im Einzelfall vorliegende Krankheitstyp möglichst sicher identifiziert ist. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Hat ein Patient aufgrund einer bakteriellen Infektion eine septische Arthritis, ist es entscheidend, dass der Arzt die Krankheitserreger als Verursacher B3 Rheuma-B entdeckt. Dann nämlich wird er diesem Patienten Antibiotika verschreiben, und „das Rheuma” wird – zusammen mit dem verursachenden Erreger – nach einigen Wochen restlos verschwunden sein. Bleibt hingegen der Erreger unentdeckt, so können sich die betroffenen Gelenke chronisch entzünden. Sie bleiben dann auf Dauer geschädigt. Umgekehrt würde eine Antibiotika-Kur einem Patienten, der an einer anderen Arthritisform erkrankt ist, keinerlei Nutzen bringen. Gerade die Ähnlichkeit der Symptome – beide Patienten des gewählten Beispiels könnten über identische Beschwerden klagen – erfordern höchste Aufmerksamkeit und Sorgfalt bei der Diagnose. Hinzu kommt, dass nicht nur rheumatische Erkrankungen „typische” Rheumabeschwerden hervorrufen, sondern auch andere, unter Umständen sogar noch bedrohlichere Krankheiten. Beispielsweise könnte eine wachsende Geschwulst im Gelenkbereich „Rheumaschmerzen” hervorrufen. Bei der Suche nach der Krankheitsursache bewegt sich der Arzt daher nicht nur innerhalb des rheumatischen Formenkreises, vielmehr muss er seine medizinische Detektivarbeit auf weitere infrage kommende Krankheiten ausdehnen. Und ein letzter Punkt erschwert die Rheumadiagnostik: Einige rheumatische Erkrankungen beschränken sich nicht nur auf Gelenke. Vielmehr erstrecken sie sich auf weitere Körpergewebe und innere Organe: Bei einem Patienten ist vielleicht die Haut geschädigt, bei einem andern haben sich die Augen entzündet, und beim dritten arbeiten eventuell die Nieren nicht mehr normal. Der Arzt muss deshalb die diagnostische Fahndungsarbeit – vor allem, wenn es sich um eine systemische Rheumaerkrankung handelt – auf den gesamten Körper ausdehnen. Daher kann es sinnvoll sein, dass ein Arzt zur Absicherung seiner Diagnose oder während der weiteren Betreuung eines Rheumapatienten zusätzliche Spezialisten hinzuzieht, um keine wichtigen Details zu übersehen. Erst viele Mosaiksteine ergeben ein Gesamtbild 27 Schmetterlingserythem Für den Patienten bedeutet dies: Eine schnelle Diagnose ist bei einer rheumatischen Erkrankung nur selten möglich. In der Regel wird sich die Suche über mehrere Wochen oder gar Monate hinziehen, und sie wird eine Reihe von Arztbesuchen erfordern – unter Umständen sogar in mehreren Fachpraxen. Patient und Arzt müssen dabei viel Zeit, Geduld und Aufmerksamkeit aufbringen. Doch diese Anstrengungen lohnen sich, denn dass man bei Rheuma „sowieso nichts machen kann”, widerlegen viele Tausende von Rheumapatienten, die dank der heute verfügbaren Therapieformen auch bei schweren und langen Krankheitsverläufen spürbare Linderung erfahren. 12 Nervenentzündungen 7 3 Lungenbeteiligung 45 29 52 36 39 Nierenentzündung 17 Fieber erhöhte Lichtempfindlichkeit 84 22 69 9 Blutplättchenmangel Die Vielfalt rheumatischer Erkrankungen bedingt, dass es „den Rheumatest“ gar nicht geben kann. Vielmehr beruht die Rheumadiagnostik auf dem akribischen Sammeln sehr unterschiedlicher Indizien: • Der Arzt trägt alle krankheitsrelevanten Informationen über den Patienten und dessen Lebensumstände zusammen, und er erkundigt sich, ob innerhalb der Familie bestimmte Krankheiten aufgetreten sind. Mediziner bezeichnen diese Arbeit als Anamnese. • Er betrachtet und betastet den Körper des Patienten, beobachtet dessen Bewegungen, misst verschiedene Körper- und Gelenkstellungen und prüft bestimmte Gelenkfunktionen wie die Beweglichkeit. Dies fasst man als klinische Untersuchungen zusammen. Arthritis 4 9 Muskelentzündung Häufigkeit klinischer Symptome bei SLE-Patienten (in Prozent) zu Beginn (dunkle Balken) und im Verlauf (helle Balken) der SLE-Erkrankung liegt. Vielmehr muss der Arzt die Einzelergebnisse gewissermaßen wie Mosaik• Er nimmt Labortests vor, etwa versteine zu einem stimmigen Gesamtbild schiedene Blutuntersuchungen. zusammensetzen. Ein zu hoher Blutwert hier oder eine kleine Auffälligkeit im Rönt• Er setzt bildgebende Verfahren wie die genbild dort sagen für sich genommen Röntgenuntersuchung ein. wenig aus. Erst in der Kombination gewinnen die Einzelergebnisse diagnostische Keine dieser vier Vorgehensweisen lie- Bedeutung, unterstützen oder entkräften fert für sich allein den Beweis, dass eine also den Verdacht, dass ein bestimmtes bestimmte rheumatische Erkrankung vor- Krankheitsbild vorliegt. Gerade die Vielfalt der Symptome erschwert die Diagnose von Krankheiten wie dem Systemischen Lupus erythematodes (SLE). Zudem ist jedes der Symptome für sich betrachtet unspezifisch, es tritt also auch bei vielen anderen Erkrankungen auf. B4 2 11.12.2001, 9:53 Uhr Welche Informationen helfen dem Arzt bei der Diagnose? Für eine erfolgreiche Diagnose gelenkrheumatischer Erkrankungen ist es unabdingbar, dass sich der Arzt zunächst während der Anamnese ein möglichst präzises Bild über die Beschwerden des Patienten macht. Dazu wird er eine Reihe von „W-Fragen” stellen: Wo Wie Wann Warum ? B5 Rheuma-B • im Gelenk • im Bereich eines Gelenks mit diffusen Schmerzen • im Bereich der Wirbelsäule • „Alles tut weh!” • akuter, heftiger Schmerz • chronischer, schleichender Schmerz • mit oder ohne Schwellung • spontan auftretend oder nach bestimmten Vorerkrankungen • vor allem bei Bewegung auftretender Schmerz • auch in Ruhe vorkommender Schmerz • warmer, fließender Schmerz • Beginn der Beschwerden • Dauerschmerz, auch in Ruhe • morgendlicher Schmerz • mechanischer Anlauf- und Belastungsschmerz • nächtlicher, tiefsitzender Rückenschmerz • belastungsabhängiger Rückenschmerz Hängt der Schmerz ab: • von Verletzungen • von der Körperhaltung • von bestimmten Tätigkeiten • vom Wetter Möglichst präzise Antworten auf Fragen wie diese können den Arzt auf die richtige Spur führen. Arthrose-Patienten klagen etwa meist über mechanische Schmerzen, die nach einer Belastung auftreten. Entzündliche Rheumaerkrankungen melden sich auch in der Nacht („Die Entzündung schläft nicht”). Über morgendliche Steifigkeit und Schmerzen klagen viele Patienten mit chronischer Polyarthritis. Eine vorangegangene Infektion lenkt dagegen den Verdacht auf eine septische oder eine reaktive Form der Arthritis. So wird jede Information zu einem Indiz, das den Verdacht in eine bestimmte Richtung lenkt. Die Anamnese ist für eine erste Verdachtsdiagnose von entscheidender Bedeutung. Erfahrene Rheumatologen schätzen ihren Beitrag für die Diagnosestellung auf 60 bis 70 Prozent. Demgegenüber messen sie den klinischen Untersuchungen mit 10 bis 20 Prozent und den Laboruntersuchungen mit 10 Prozent eine deutlich geringere Bedeutung bei. Die Patienten können den Arzt bei der Anamnese unterstützen, zum Beispiel indem sie sich Aufzeichnungen Bei komplizierten Rheumadiagnosen ist es oft hilfreich, wenn sich Mediziner verschiedener Fachrichtungen austauschen. Manchmal lässt sich der Rheumatyp erst durch gemeinsames Auswerten und Beurteilen der Befunde sicher ermitteln – oder es stellt sich sogar heraus, dass eine ganz andere, nicht rheumatische Erkrankung vorliegt. Doch nicht nur Fragen rund um das Beschwerdebild wird der Arzt stellen. Von Interesse sind auch Informationen über Erkrankungen, die in der Verwandtschaft des Patienten aufgetreten sind, denn einige rheumatische Erkrankungen treten familiär gehäuft auf. Fragen zur persönlichen Situation können wichtige Hinweise liefern. Bei manchen Rheumaformen entwickeln sich Krankheitsschübe während Phasen starker psychischer Belastung wie einer Abschlussprüfung. Das persönliche Gespräch für die Anamnese sollte ohne Zeitdruck stattfinden, und der Patient sollte sich nicht scheuen, über alle Aspekte seiner Beschwerden zu sprechen. Selbst für unerheblich erachtete Details liefern manchmal den entscheidenden Hinweis. Ergänzend zum Gespräch werden die Patienten oft auch gebeten, Fragebögen auszufüllen. Dafür sollte man sich Zeit nehmen. So ist es etwa bei einem schleichenden Krankheitsverlauf gar nicht so leicht, exakt anzugeben, wann die Beschwerden erstmals auftraten. über ihre Beschwerden machen, auf die sie dann im Sprechzimmer als Gedankenstütze zurückgreifen. Mitunter kann es im Verlauf der Diagnose sinnvoll sein, ein „Schmerztagebuch” zu führen. B6 3 11.12.2001, 9:53 Uhr Welche Informationen helfen dem Arzt bei der Diagnose? Für eine erfolgreiche Diagnose gelenkrheumatischer Erkrankungen ist es unabdingbar, dass sich der Arzt zunächst während der Anamnese ein möglichst präzises Bild über die Beschwerden des Patienten macht. Dazu wird er eine Reihe von „W-Fragen” stellen: Wo Wie Wann Warum ? B5 Rheuma-B • im Gelenk • im Bereich eines Gelenks mit diffusen Schmerzen • im Bereich der Wirbelsäule • „Alles tut weh!” • akuter, heftiger Schmerz • chronischer, schleichender Schmerz • mit oder ohne Schwellung • spontan auftretend oder nach bestimmten Vorerkrankungen • vor allem bei Bewegung auftretender Schmerz • auch in Ruhe vorkommender Schmerz • warmer, fließender Schmerz • Beginn der Beschwerden • Dauerschmerz, auch in Ruhe • morgendlicher Schmerz • mechanischer Anlauf- und Belastungsschmerz • nächtlicher, tiefsitzender Rückenschmerz • belastungsabhängiger Rückenschmerz Hängt der Schmerz ab: • von Verletzungen • von der Körperhaltung • von bestimmten Tätigkeiten • vom Wetter Möglichst präzise Antworten auf Fragen wie diese können den Arzt auf die richtige Spur führen. Arthrose-Patienten klagen etwa meist über mechanische Schmerzen, die nach einer Belastung auftreten. Entzündliche Rheumaerkrankungen melden sich auch in der Nacht („Die Entzündung schläft nicht”). Über morgendliche Steifigkeit und Schmerzen klagen viele Patienten mit chronischer Polyarthritis. Eine vorangegangene Infektion lenkt dagegen den Verdacht auf eine septische oder eine reaktive Form der Arthritis. So wird jede Information zu einem Indiz, das den Verdacht in eine bestimmte Richtung lenkt. Die Anamnese ist für eine erste Verdachtsdiagnose von entscheidender Bedeutung. Erfahrene Rheumatologen schätzen ihren Beitrag für die Diagnosestellung auf 60 bis 70 Prozent. Demgegenüber messen sie den klinischen Untersuchungen mit 10 bis 20 Prozent und den Laboruntersuchungen mit 10 Prozent eine deutlich geringere Bedeutung bei. Die Patienten können den Arzt bei der Anamnese unterstützen, zum Beispiel indem sie sich Aufzeichnungen Bei komplizierten Rheumadiagnosen ist es oft hilfreich, wenn sich Mediziner verschiedener Fachrichtungen austauschen. Manchmal lässt sich der Rheumatyp erst durch gemeinsames Auswerten und Beurteilen der Befunde sicher ermitteln – oder es stellt sich sogar heraus, dass eine ganz andere, nicht rheumatische Erkrankung vorliegt. Doch nicht nur Fragen rund um das Beschwerdebild wird der Arzt stellen. Von Interesse sind auch Informationen über Erkrankungen, die in der Verwandtschaft des Patienten aufgetreten sind, denn einige rheumatische Erkrankungen treten familiär gehäuft auf. Fragen zur persönlichen Situation können wichtige Hinweise liefern. Bei manchen Rheumaformen entwickeln sich Krankheitsschübe während Phasen starker psychischer Belastung wie einer Abschlussprüfung. Das persönliche Gespräch für die Anamnese sollte ohne Zeitdruck stattfinden, und der Patient sollte sich nicht scheuen, über alle Aspekte seiner Beschwerden zu sprechen. Selbst für unerheblich erachtete Details liefern manchmal den entscheidenden Hinweis. Ergänzend zum Gespräch werden die Patienten oft auch gebeten, Fragebögen auszufüllen. Dafür sollte man sich Zeit nehmen. So ist es etwa bei einem schleichenden Krankheitsverlauf gar nicht so leicht, exakt anzugeben, wann die Beschwerden erstmals auftraten. über ihre Beschwerden machen, auf die sie dann im Sprechzimmer als Gedankenstütze zurückgreifen. Mitunter kann es im Verlauf der Diagnose sinnvoll sein, ein „Schmerztagebuch” zu führen. B6 3 11.12.2001, 9:53 Uhr Welche körperlichen Anzeichen deuten auf Rheuma hin? Die klinischen Untersuchungen umfassen bei der Rheumadiagnostik all jene Verfahren, mit denen sich der Arzt ein Bild über den Zustand des Bewegungsapparats macht. Da sich rheumatische Erkrankungen jedoch auch systemisch entwickeln können, sich also nicht nur auf Gelenke und Wirbelsäule, sondern auf den ganzen Körper erstrecken, muss man die klinische Untersuchung unter Umständen auf diese Bereiche ausdehnen. oft Probleme beim Abrollen des Fußes. Hautveränderungen weisen ebenfalls auf bestimmte rheumatische Erkrankungen hin, beispielsweise eine schmetterlingsförmige Gesichtsrötung – das Schmetterlingserythem – beim Systemischen Lupus erythematodes (SLE). Rheumaknoten am Ellenbogen oder in den Fingern kommen oft bei der chronischen Polyarthritis vor. Der geschulte Blick des Arztes kann daher schon eine Reihe wertvoller Indizien liefern. 2 1 Umfangreiche Tests gibt es, um die Funktion – also die Beweglichkeit – schmerzender Gelenke zu untersuchen. Beispielsweise lässt sich das Winkelspektrum messen, innerhalb dessen ein Patient sein Gelenk anwinkeln oder strecken kann. Die Kraft der Handgelenke misst man mit einem kleinen Gerät, dem Dynamometer. Der Patient nimmt dazu das Messinstrument in die Hand und umschließt es, so fest er kann. Es zeigt dann an, welchen Pressdruck der Die Grafiken zeigen die Spielräume der Beweglichkeit von Schulterund Ellenbogengelenk, über die ein gesunder Patient verfügen sollte. Eine eingeschränkte Beweglichkeit deutet auf eine Schädigung des entsprechenden Gelenks hin. 180 ° 0° 20 °-40 ° Schultergelenk (von vorn) 150 °-170 ° 3 90 ° 40 ° 0° Schultergelenk (seitlich) 0° 40°-60 ° 95 ° Schultergelenk (von oben) Eine klinische Untersuchung umfasst da- Ebenso wichtig ist das Abtasten (Palpabei drei aufeinander folgende Schritte: tion) der betroffenen Gelenke: Dabei lassen sich Veränderungen erkennen, die • das Beobachten der Körperhaltung rein äußerlich verborgen geblieben sind, und des Gangs; etwa ein Erguss im Gelenkinnenraum. Mit bestimmten Handgriffen vermag der Arzt • das Betasten betroffener Körperstellen, solche „versteckten” Krankheitszeichen zu etwa der Gelenke; und ertasten; er kann prüfen, ob nur das Gelenk selbst oder auch die Umgebung – etwa • eine Untersuchung der Gelenkfunktion. Sehnen oder Muskelstränge – auf Druck empfindlich reagieren. Patienten im fortgeschrittenen Stadium eines Morbus Bechterew etwa weisen häufig eine gebeugte Haltung auf. Hinkt ein Patient beim Gehen, so deutet dies auf eine Versteifung der Knie- oder Hüftgelenke hin. Bei arthritischen Schäden in den Sprung- oder Zehengelenken haben die Betreffenden Klinische Untersuchungen liefern ein Bild über den Zustand und die Funktion des Bewegungsapparates. Dazu gehören das Ertasten von Schwellungen in Gelenken (1), das Prüfen ihrer Beweglichkeit (2) sowie Kraftmessungen (3). 90 ° Patient mit der Hand ausübt. Messungen bestimmter Abstände – etwa der Abstand vom Kinn bis zum Schlüsselbein oder der Abstand der Finger bis zum Boden bei maximal nach vorne gebeugtem Oberkörper – helfen, rheumatische Veränderungen an der Wirbelsäule aufzudecken. 30 ° 150 ° 0° Ellenbogengelenk 0° 80 °-90 ° 80 °-90 ° Unterarm B7 Rheuma-B B8 4 11.12.2001, 9:54 Uhr Welche körperlichen Anzeichen deuten auf Rheuma hin? Die klinischen Untersuchungen umfassen bei der Rheumadiagnostik all jene Verfahren, mit denen sich der Arzt ein Bild über den Zustand des Bewegungsapparats macht. Da sich rheumatische Erkrankungen jedoch auch systemisch entwickeln können, sich also nicht nur auf Gelenke und Wirbelsäule, sondern auf den ganzen Körper erstrecken, muss man die klinische Untersuchung unter Umständen auf diese Bereiche ausdehnen. oft Probleme beim Abrollen des Fußes. Hautveränderungen weisen ebenfalls auf bestimmte rheumatische Erkrankungen hin, beispielsweise eine schmetterlingsförmige Gesichtsrötung – das Schmetterlingserythem – beim Systemischen Lupus erythematodes (SLE). Rheumaknoten am Ellenbogen oder in den Fingern kommen oft bei der chronischen Polyarthritis vor. Der geschulte Blick des Arztes kann daher schon eine Reihe wertvoller Indizien liefern. 2 1 Umfangreiche Tests gibt es, um die Funktion – also die Beweglichkeit – schmerzender Gelenke zu untersuchen. Beispielsweise lässt sich das Winkelspektrum messen, innerhalb dessen ein Patient sein Gelenk anwinkeln oder strecken kann. Die Kraft der Handgelenke misst man mit einem kleinen Gerät, dem Dynamometer. Der Patient nimmt dazu das Messinstrument in die Hand und umschließt es, so fest er kann. Es zeigt dann an, welchen Pressdruck der Die Grafiken zeigen die Spielräume der Beweglichkeit von Schulterund Ellenbogengelenk, über die ein gesunder Patient verfügen sollte. Eine eingeschränkte Beweglichkeit deutet auf eine Schädigung des entsprechenden Gelenks hin. 180 ° 0° 20 °-40 ° Schultergelenk (von vorn) 150 °-170 ° 3 90 ° 40 ° 0° Schultergelenk (seitlich) 0° 40°-60 ° 95 ° Schultergelenk (von oben) Eine klinische Untersuchung umfasst da- Ebenso wichtig ist das Abtasten (Palpabei drei aufeinander folgende Schritte: tion) der betroffenen Gelenke: Dabei lassen sich Veränderungen erkennen, die • das Beobachten der Körperhaltung rein äußerlich verborgen geblieben sind, und des Gangs; etwa ein Erguss im Gelenkinnenraum. Mit bestimmten Handgriffen vermag der Arzt • das Betasten betroffener Körperstellen, solche „versteckten” Krankheitszeichen zu etwa der Gelenke; und ertasten; er kann prüfen, ob nur das Gelenk selbst oder auch die Umgebung – etwa • eine Untersuchung der Gelenkfunktion. Sehnen oder Muskelstränge – auf Druck empfindlich reagieren. Patienten im fortgeschrittenen Stadium eines Morbus Bechterew etwa weisen häufig eine gebeugte Haltung auf. Hinkt ein Patient beim Gehen, so deutet dies auf eine Versteifung der Knie- oder Hüftgelenke hin. Bei arthritischen Schäden in den Sprung- oder Zehengelenken haben die Betreffenden Klinische Untersuchungen liefern ein Bild über den Zustand und die Funktion des Bewegungsapparates. Dazu gehören das Ertasten von Schwellungen in Gelenken (1), das Prüfen ihrer Beweglichkeit (2) sowie Kraftmessungen (3). 90 ° Patient mit der Hand ausübt. Messungen bestimmter Abstände – etwa der Abstand vom Kinn bis zum Schlüsselbein oder der Abstand der Finger bis zum Boden bei maximal nach vorne gebeugtem Oberkörper – helfen, rheumatische Veränderungen an der Wirbelsäule aufzudecken. 30 ° 150 ° 0° Ellenbogengelenk 0° 80 °-90 ° 80 °-90 ° Unterarm B7 Rheuma-B B8 4 11.12.2001, 9:54 Uhr Prozent 100 80 Mit Hilfe von Fluoreszenzfarbstoffen lassen sich im Blut eines Patienten so genannte Autoantikörper (alle Fotos unten) nachweisen. Dabei handelt es sich um Immunstoffe, die sich gegen körpereigene Strukturen richten. Die genaue Analyse des jeweils vorliegenden Typs gibt einen Hinweis darauf, um welche rheumatische Autoimmunerkrankung es sich handeln könnte. Verräterisches Immunsystem Dennoch sind Labortests sehr nützlich. Zum einen liefern sie weitere Indizien bei der diagnostischen Spurensuche, zum andern machen sie es dem Arzt nach erfolgreicher Diagnose leichter, den Krankheitsverlauf und den Behandlungserfolg einer Therapie zu beurteilen. B9 Rheuma-B Das Immunsystem mit seinen vielen Typen von Abwehrzellen und -stoffen befindet sich bei gesunden Menschen in einem fein austarierten Gleichgewicht. Ist es hingegen in einen krankhaften Prozess im Körper verwickelt, so treten normalerweise • selbst gesunde Menschen bilden gelegentlich Rheumafaktoren. Autoantikörper, die sich gegen Bestandteile des Kerns von körpereigenen Zellen richten, bezeichnet man als antinukleäre Antikörper (ANA). Einige ANA-Typen treten zum Beispiel bei fast allen SLE-Patienten und bei sehr vielen Patienten mit Kollagenosen auf. Doch auch bei nicht rheumatischen Erkrankungen lassen sich manchmal diese Antikörper nachweisen. e nd su ge oi at h irr rz be Le kr er Zu ck os (V P Be as an e vö ku a lk lit rte Sy e i de ri ru st n- iti ng em Er s n is k o r ch a d er Sk nkunosa Lu l g pu (Ko ero ) s e lla de ry gen rm th os ie rh em e eu a ) m t ei kh an th Ar rte iie oz ss sa si Prozent 100 Der Nachweis von Rheumafaktoren im Blut eines Patienten sichert die Diagnose rheumatischer Erkrankungen weniger als ihr Name verspricht. Nur in der Zusammenschau mit anderen diagnostischen Befunden lassen sich Rheumafaktoren richtig interpretieren. Minimalwert Maximalwert 80 60 40 20 0 E) • sie lassen sich manchmal auch bei anderen Erkrankungen – etwa chronischen Lebererkrankungen – nachweisen; und rit re te ch Be • Sie treten zwar bei vielen, aber nicht bei allen Patienten mit chronischer Polyarthritis auf; ia So treten bei vielen autoimmunen Rheumaformen, bei denen sich das Immunsystem gegen körpereigene Gewebestrukturen richtet, so genannte Autoantikörper auf – das sind Abwehrstoffe, die körpereigene Eiweiße erkennen. Die bekanntesten Autoantikörper sind die so genannten Rheumafaktoren (RF). Doch deren Aussagekraft ist aus dreierlei Gründen eingeschränkt: is w 0 to d de (SLEes Ar ) th rit is im Alter 20 or Das Bestimmen der Blutsenkungsgeschwindigkeit (oben) ist ein einfacher Labortest, mit dem sich feststellen lässt, ob eine Entzündung im Körper vorliegt. 40 Va Po sk eu ly ul m m iti a yo de t oi si n de tis Ar /D th er rit m (S is (K at on o o de Sj llag myo rfo ög en s rm re os iti de (K n-S en) s M rr ol y ix he la n ed um F ge dr e co at lt nos om oi ynn de S e) ec n yn Ar d tiv th ro e rit m t is Sy is) s st (K ue em ol d la is is ch Cr genoeas er e se e Lu ( st pu Koll -Sy ) s e ag nd ry eno rom th em se) at o (S des L Einige Labortests zeigen zum Beispiel Entzündungen an. Da entzündliche Reaktionen bei sehr vielen Krankheitsprozessen auftreten, muss der Arzt allerdings sehr genau Bei der Anamnese befragt der Arzt den prüfen, wodurch eine festgestellte EntzünPatienten, um etwas über die Ursachen dung letztlich ausgelöst wurde. seiner Beschwerden zu erfahren; bei der klinischen Untersuchung „befragt” er den Ein einfaches Verfahren ist die BlutBewegungsapparat. Mit einer Vielzahl von senkung. Man nimmt dazu dem Patienten Labortests stellt er gewissermaßen Fragen etwas Blut ab, füllt es in ein durchsichtiges an das Immunsystem des Patienten. Vor Röhrchen und lässt dieses stehen. Nach allem entzündliche Formen des Rheumas einiger Zeit sinken die relativ schweren gehen mit bestimmten Abwehrreaktionen des roten Blutzellen zu Boden. Ist dieser BodenImmunsystems einher, die sich durch entspre- satz nach ein bis zwei Stunden schneller chende Untersuchungen des Blutes nach- angewachsen als es der Norm entspricht, weisen lassen. Im Blut befinden sich näm- dann zeigt dies eine Entzündung an, die irlich alle Bestandteile des Immunsystems, gendwo im Körper des Patienten stattfindet. und zwar die weißen Blutzellen oder Abwehr- Häufig sind die Blutsenkungsgeschwindigzellen, die Antikörper oder Immunglobuline keiten bei akut verlaufenden Kollagenosen, sowie das so genannte Komplementsystem. einer sich verschlimmernden chronischen Polyarthritis und beim Rheumatischen FieDer springende Punkt all dieser Untersu- ber stark erhöht. chungen ist: Für sich genommen beweisen sie nichts. Ihre Bedeutung für das Krank- Weitere Hinweise auf eine Entzündung lieheitsgeschehen und vor allem für die Rheu- fern das so genannte Blutbild, bei dem die madiagnostik ergibt sich erst aus der Zahl und die Mengenverhältnisse der unterZusammenschau von Anamnese, klinischer schiedlichen Blutzelltypen ermittelt werUntersuchung und Labordiagnostik. Obwohl den, und die Untersuchung auf bestimmte der Name es nahe legt, beweist selbst der Eiweiße, die der Körper unmittelbar nach Nachweis so genannter Rheumafaktoren einer Entzündung bildet. Das häufigste hierim Blut weder, dass der Patient tatsächlich bei untersuchte Eiweiß ist das C-reaktive an Rheuma leidet, noch klärt er die Frage, um Protein (CRP). welchen Typ einer rheumatischen Erkrankung es sich handelt. 60 nicht nachweisbare Komponenten auf, oder die Konzentrationen einzelner Komponenten weichen deutlich von den Normalwerten ab. Inzwischen haben Mediziner und Immunologen eine Reihe solcher Veränderungen aufgespürt, die mit bestimmten – allerdings nicht nur rheumatischen – Erkrankungen einhergehen. rh Suche nach Entzündungen Ps Was sagen Labortests aus? So genannte Antinukleäre Antikörper (ANA) treten oft – allerdings nicht immer – bei rheumatischen Autoimmunkrankheiten auf. die der Arzt knüpfen muss, um eine rheumaIhre Bedeutung haben Rheumafaktoren tische Erkrankung zu diagnostizieren. Mit und andere Autoantikörper nicht nur als ihnen lässt sich auch der Verlauf einer einzelne „Steinchen” in der Indizienkette, bereits erkannten Erkrankung verfolgen. B 10 5 11.12.2001, 9:54 Uhr Prozent 100 80 Mit Hilfe von Fluoreszenzfarbstoffen lassen sich im Blut eines Patienten so genannte Autoantikörper (alle Fotos unten) nachweisen. Dabei handelt es sich um Immunstoffe, die sich gegen körpereigene Strukturen richten. Die genaue Analyse des jeweils vorliegenden Typs gibt einen Hinweis darauf, um welche rheumatische Autoimmunerkrankung es sich handeln könnte. Verräterisches Immunsystem Dennoch sind Labortests sehr nützlich. Zum einen liefern sie weitere Indizien bei der diagnostischen Spurensuche, zum andern machen sie es dem Arzt nach erfolgreicher Diagnose leichter, den Krankheitsverlauf und den Behandlungserfolg einer Therapie zu beurteilen. B9 Rheuma-B Das Immunsystem mit seinen vielen Typen von Abwehrzellen und -stoffen befindet sich bei gesunden Menschen in einem fein austarierten Gleichgewicht. Ist es hingegen in einen krankhaften Prozess im Körper verwickelt, so treten normalerweise • selbst gesunde Menschen bilden gelegentlich Rheumafaktoren. Autoantikörper, die sich gegen Bestandteile des Kerns von körpereigenen Zellen richten, bezeichnet man als antinukleäre Antikörper (ANA). Einige ANA-Typen treten zum Beispiel bei fast allen SLE-Patienten und bei sehr vielen Patienten mit Kollagenosen auf. Doch auch bei nicht rheumatischen Erkrankungen lassen sich manchmal diese Antikörper nachweisen. e nd su ge oi at h irr rz be Le kr er Zu ck os (V P Be as an e vö ku a lk lit rte Sy e i de ri ru st n- iti ng em Er s n is k o r ch a d er Sk nkunosa Lu l g pu (Ko ero ) s e lla de ry gen rm th os ie rh em e eu a ) m t ei kh an th Ar rte iie oz ss sa si Prozent 100 Der Nachweis von Rheumafaktoren im Blut eines Patienten sichert die Diagnose rheumatischer Erkrankungen weniger als ihr Name verspricht. Nur in der Zusammenschau mit anderen diagnostischen Befunden lassen sich Rheumafaktoren richtig interpretieren. Minimalwert Maximalwert 80 60 40 20 0 E) • sie lassen sich manchmal auch bei anderen Erkrankungen – etwa chronischen Lebererkrankungen – nachweisen; und rit re te ch Be • Sie treten zwar bei vielen, aber nicht bei allen Patienten mit chronischer Polyarthritis auf; ia So treten bei vielen autoimmunen Rheumaformen, bei denen sich das Immunsystem gegen körpereigene Gewebestrukturen richtet, so genannte Autoantikörper auf – das sind Abwehrstoffe, die körpereigene Eiweiße erkennen. Die bekanntesten Autoantikörper sind die so genannten Rheumafaktoren (RF). Doch deren Aussagekraft ist aus dreierlei Gründen eingeschränkt: is w 0 to d de (SLEes Ar ) th rit is im Alter 20 or Das Bestimmen der Blutsenkungsgeschwindigkeit (oben) ist ein einfacher Labortest, mit dem sich feststellen lässt, ob eine Entzündung im Körper vorliegt. 40 Va Po sk eu ly ul m m iti a yo de t oi si n de tis Ar /D th er rit m (S is (K at on o o de Sj llag myo rfo ög en s rm re os iti de (K n-S en) s M rr ol y ix he la n ed um F ge dr e co at lt nos om oi ynn de S e) ec n yn Ar d tiv th ro e rit m t is Sy is) s st (K ue em ol d la is is ch Cr genoeas er e se e Lu ( st pu Koll -Sy ) s e ag nd ry eno rom th em se) at o (S des L Einige Labortests zeigen zum Beispiel Entzündungen an. Da entzündliche Reaktionen bei sehr vielen Krankheitsprozessen auftreten, muss der Arzt allerdings sehr genau Bei der Anamnese befragt der Arzt den prüfen, wodurch eine festgestellte EntzünPatienten, um etwas über die Ursachen dung letztlich ausgelöst wurde. seiner Beschwerden zu erfahren; bei der klinischen Untersuchung „befragt” er den Ein einfaches Verfahren ist die BlutBewegungsapparat. Mit einer Vielzahl von senkung. Man nimmt dazu dem Patienten Labortests stellt er gewissermaßen Fragen etwas Blut ab, füllt es in ein durchsichtiges an das Immunsystem des Patienten. Vor Röhrchen und lässt dieses stehen. Nach allem entzündliche Formen des Rheumas einiger Zeit sinken die relativ schweren gehen mit bestimmten Abwehrreaktionen des roten Blutzellen zu Boden. Ist dieser BodenImmunsystems einher, die sich durch entspre- satz nach ein bis zwei Stunden schneller chende Untersuchungen des Blutes nach- angewachsen als es der Norm entspricht, weisen lassen. Im Blut befinden sich näm- dann zeigt dies eine Entzündung an, die irlich alle Bestandteile des Immunsystems, gendwo im Körper des Patienten stattfindet. und zwar die weißen Blutzellen oder Abwehr- Häufig sind die Blutsenkungsgeschwindigzellen, die Antikörper oder Immunglobuline keiten bei akut verlaufenden Kollagenosen, sowie das so genannte Komplementsystem. einer sich verschlimmernden chronischen Polyarthritis und beim Rheumatischen FieDer springende Punkt all dieser Untersu- ber stark erhöht. chungen ist: Für sich genommen beweisen sie nichts. Ihre Bedeutung für das Krank- Weitere Hinweise auf eine Entzündung lieheitsgeschehen und vor allem für die Rheu- fern das so genannte Blutbild, bei dem die madiagnostik ergibt sich erst aus der Zahl und die Mengenverhältnisse der unterZusammenschau von Anamnese, klinischer schiedlichen Blutzelltypen ermittelt werUntersuchung und Labordiagnostik. Obwohl den, und die Untersuchung auf bestimmte der Name es nahe legt, beweist selbst der Eiweiße, die der Körper unmittelbar nach Nachweis so genannter Rheumafaktoren einer Entzündung bildet. Das häufigste hierim Blut weder, dass der Patient tatsächlich bei untersuchte Eiweiß ist das C-reaktive an Rheuma leidet, noch klärt er die Frage, um Protein (CRP). welchen Typ einer rheumatischen Erkrankung es sich handelt. 60 nicht nachweisbare Komponenten auf, oder die Konzentrationen einzelner Komponenten weichen deutlich von den Normalwerten ab. Inzwischen haben Mediziner und Immunologen eine Reihe solcher Veränderungen aufgespürt, die mit bestimmten – allerdings nicht nur rheumatischen – Erkrankungen einhergehen. rh Suche nach Entzündungen Ps Was sagen Labortests aus? So genannte Antinukleäre Antikörper (ANA) treten oft – allerdings nicht immer – bei rheumatischen Autoimmunkrankheiten auf. die der Arzt knüpfen muss, um eine rheumaIhre Bedeutung haben Rheumafaktoren tische Erkrankung zu diagnostizieren. Mit und andere Autoantikörper nicht nur als ihnen lässt sich auch der Verlauf einer einzelne „Steinchen” in der Indizienkette, bereits erkannten Erkrankung verfolgen. B 10 5 11.12.2001, 9:54 Uhr Was sagen Labortests aus? Nicht nur das Blut liefert Informationen Blutuntersuchungen haben den Vorteil, dass sich das Probenmaterial durch eine Blutentnahme verhältnismäßig einfach und ohne größere Belastung für den Patienten gewinnen lässt. Doch als Quelle für auffällige Befunde hat Blut den Nachteil, dass es lokale Krankheitsprozesse in einem Gelenk nicht unbedingt widerspiegelt. Daher kann es im Verlauf der Diagnose notwendig sein, das Probenmaterial direkt am vermuteten Ort des Krankheitsgeschehens zu gewinnen, etwa mittels Gelenkpunktion. Dabei saugt der Arzt mit einer Hohlnadel etwas Gelenkflüssigkeit ab. Mediziner der Ruhr-Universität Bochum erforschen die Abläufe bei Autoimmunerkrankungen an gentechnisch veränderten Mäusen, die ein Krankheitsbild entwickeln, das dem Systemischen Lupus erythematodes (SLE) beim Menschen entspricht. Solche Tiermodelle erlauben es, den Abläufen dieser systemischen Erkrankung auf den Grund zu gehen. Die Fotos zeigen den Nierenkörper einer gesunden Maus (a) sowie die zunehmende Entzündung des Nierengewebes (b) durch weiße Blutzellen (im Präparat rot angefärbt) bis zur völligen Gewebezerstörung (c) und einer massiven Entzündung rund um eine Nierenarterie (d). Nimmt etwa ihre Konzentration während einer Behandlung ab, so zeigt dies an, dass die Therapie wirkt; Konzentrationszunahmen hingegen sprechen dafür, dass sich die Krankheit verschlimmert. Sowohl für die so genannte Verlaufskontrolle als auch für die Diagnose ist es sinnvoll, spezielle Abwehrstoffe des Immunsystems zu bestimmen, die man zusammenfassend als Komplement bezeichnet. So sind etwa bei Patienten, die unter SLE oder bestimmten Vaskulitiden leiden, häufig die Konzentrationen der Komplementfaktoren C3 und C4 erniedrigt. Durch Fortschritte in der Immunologie und der Gentechnik gelang es Wissenschaftlern in der letzten Zeit, weitere „verräterische” Immunstoffe aufzuspüren. Dabei handelt es sich entweder um Signalstoffe (Zytokine), mit denen Entzündungszellen des Immunsystems weitere Immunzellen alarmieren und aktivieren, oder um die B 11 Rheuma-B Andockstellen (Rezeptoren) dieser Zytokine. Einige dieser Substanzen, so hoffen die Forscher, könnten sich als so genannte Marker eignen, anhand derer der Arzt die Schwere des weiteren Krankheitsverlaufs abschätzen kann. Es gibt nämlich Hinweise darauf, dass einige dieser Substanzen bereits sehr früh im Krankheitsverlauf auftreten und dass ihre Konzentration im Blut abhängig von der Krankheitsaktivität schwankt. Aus diesem Grund beschäftigen sich derzeit viele Forschergruppen in Deutschland wie anderswo auf der Welt mit diesen immunologischen Signalstoffen. Für einen Routineeinsatz eignet sich bislang allerdings noch keine der momentan verfügbaren Methoden, mit denen sich Zytokine oder Rezeptoren bestimmen lassen. Besonders für die Diagnose einer Gicht liefert die Gelenkpunktion oft den entscheidenden Hinweis, denn die für diese Krankheit typischen Kristallablagerungen lassen sich sehr häufig in der Gelenkflüssigkeit nachweisen. Zeigt die Untersuchung der Gelenkflüssigkeit hingegen eine hohe Konzentration an bestimmten knorpelabbauenden Enzymen, so lenkt dieser Befund den Verdacht auf eine Arthrose. Bei entzündlichen rheumatischen Erkrankungen ist eine Gelenkpunktion nur in bestimmten Fällen sinnvoll, etwa wenn der Verdacht auf eine septische Arthritis besteht, sich aber im Blut kein Erreger feststellen ließ. In solchen Fällen gelingt es manchmal nur in der Gelenkflüssigkeit, den Erreger nachzuweisen. Erregererbgut: Enthalten das Blut oder die Gelenkflüssigkeit eines Patienten den gesuchten Erreger, dann werden Abschnitte des Erregererbguts in aufeinander folgenden Schritten immer wieder kopiert, bis genügend viel Erregererbgut für einen Nachweis vorhanden ist. Auf diese Weise gelingt es, einen Krankheitskeim selbst dann noch zu entdecken, wenn nur ein einziges Exemplar in der Probe vorhanden war. Rheumatologen und Molekularbiologen an der Medizinischen Hochschule Hannover gelang es kürzlich, solche PCR-Tests für eine Reihe von Bakterien zu entwickeln, die bei reaktiven Arthritiden eine wichtige Rolle spielen. Mit Hilfe der Tests entdeckten sie beispielsweise Erreger in der Gelenkflüssigkeit von Patienten, bei denen alle herkömmlichen Erregernachweise fehlgeschlagen waren. Gegenwärtig setzen mehrere Rheumazentren in Deutschland diese neu entwickelten Tests ein, um ihre Brauchbarkeit und Zuverlässigkeit weiter zu prüfen. Die so genannte PCR-Analyse erlaubt es, Erreger im Blut anhand ihrer spezifischen Erbgutabschnitte aufzuspüren. Das Verfahren ist sehr empfindlich; der Nachweis gelingt selbst dann, wenn konventionelle Tests auf Erreger nicht ansprechen. Das Foto weist zwei helle Banden auf: Sie zeigen zwei bestimmte Erbgutabschnitte von Clamydien bei Patienten mit einer reaktiven Arthritis an. Gerade bei den Nachweismethoden für Erreger haben Wissenschaftler in jüngster Zeit erhebliche Verbesserungen erreicht. Vor allem dank neuer molekularbiologischer Verfahren wie der so genannten PCR-Technik stehen inzwischen ausgesprochen empfindliche Tests zur Verfügung. PCR steht für Polymerasekettenreaktion. Im Prinzip handelt es sich dabei um ein Kopierverfahren für B 12 6 11.12.2001, 9:54 Uhr Was sagen Labortests aus? Nicht nur das Blut liefert Informationen Blutuntersuchungen haben den Vorteil, dass sich das Probenmaterial durch eine Blutentnahme verhältnismäßig einfach und ohne größere Belastung für den Patienten gewinnen lässt. Doch als Quelle für auffällige Befunde hat Blut den Nachteil, dass es lokale Krankheitsprozesse in einem Gelenk nicht unbedingt widerspiegelt. Daher kann es im Verlauf der Diagnose notwendig sein, das Probenmaterial direkt am vermuteten Ort des Krankheitsgeschehens zu gewinnen, etwa mittels Gelenkpunktion. Dabei saugt der Arzt mit einer Hohlnadel etwas Gelenkflüssigkeit ab. Mediziner der Ruhr-Universität Bochum erforschen die Abläufe bei Autoimmunerkrankungen an gentechnisch veränderten Mäusen, die ein Krankheitsbild entwickeln, das dem Systemischen Lupus erythematodes (SLE) beim Menschen entspricht. Solche Tiermodelle erlauben es, den Abläufen dieser systemischen Erkrankung auf den Grund zu gehen. Die Fotos zeigen den Nierenkörper einer gesunden Maus (a) sowie die zunehmende Entzündung des Nierengewebes (b) durch weiße Blutzellen (im Präparat rot angefärbt) bis zur völligen Gewebezerstörung (c) und einer massiven Entzündung rund um eine Nierenarterie (d). Nimmt etwa ihre Konzentration während einer Behandlung ab, so zeigt dies an, dass die Therapie wirkt; Konzentrationszunahmen hingegen sprechen dafür, dass sich die Krankheit verschlimmert. Sowohl für die so genannte Verlaufskontrolle als auch für die Diagnose ist es sinnvoll, spezielle Abwehrstoffe des Immunsystems zu bestimmen, die man zusammenfassend als Komplement bezeichnet. So sind etwa bei Patienten, die unter SLE oder bestimmten Vaskulitiden leiden, häufig die Konzentrationen der Komplementfaktoren C3 und C4 erniedrigt. Durch Fortschritte in der Immunologie und der Gentechnik gelang es Wissenschaftlern in der letzten Zeit, weitere „verräterische” Immunstoffe aufzuspüren. Dabei handelt es sich entweder um Signalstoffe (Zytokine), mit denen Entzündungszellen des Immunsystems weitere Immunzellen alarmieren und aktivieren, oder um die B 11 Rheuma-B Andockstellen (Rezeptoren) dieser Zytokine. Einige dieser Substanzen, so hoffen die Forscher, könnten sich als so genannte Marker eignen, anhand derer der Arzt die Schwere des weiteren Krankheitsverlaufs abschätzen kann. Es gibt nämlich Hinweise darauf, dass einige dieser Substanzen bereits sehr früh im Krankheitsverlauf auftreten und dass ihre Konzentration im Blut abhängig von der Krankheitsaktivität schwankt. Aus diesem Grund beschäftigen sich derzeit viele Forschergruppen in Deutschland wie anderswo auf der Welt mit diesen immunologischen Signalstoffen. Für einen Routineeinsatz eignet sich bislang allerdings noch keine der momentan verfügbaren Methoden, mit denen sich Zytokine oder Rezeptoren bestimmen lassen. Besonders für die Diagnose einer Gicht liefert die Gelenkpunktion oft den entscheidenden Hinweis, denn die für diese Krankheit typischen Kristallablagerungen lassen sich sehr häufig in der Gelenkflüssigkeit nachweisen. Zeigt die Untersuchung der Gelenkflüssigkeit hingegen eine hohe Konzentration an bestimmten knorpelabbauenden Enzymen, so lenkt dieser Befund den Verdacht auf eine Arthrose. Bei entzündlichen rheumatischen Erkrankungen ist eine Gelenkpunktion nur in bestimmten Fällen sinnvoll, etwa wenn der Verdacht auf eine septische Arthritis besteht, sich aber im Blut kein Erreger feststellen ließ. In solchen Fällen gelingt es manchmal nur in der Gelenkflüssigkeit, den Erreger nachzuweisen. Erregererbgut: Enthalten das Blut oder die Gelenkflüssigkeit eines Patienten den gesuchten Erreger, dann werden Abschnitte des Erregererbguts in aufeinander folgenden Schritten immer wieder kopiert, bis genügend viel Erregererbgut für einen Nachweis vorhanden ist. Auf diese Weise gelingt es, einen Krankheitskeim selbst dann noch zu entdecken, wenn nur ein einziges Exemplar in der Probe vorhanden war. Rheumatologen und Molekularbiologen an der Medizinischen Hochschule Hannover gelang es kürzlich, solche PCR-Tests für eine Reihe von Bakterien zu entwickeln, die bei reaktiven Arthritiden eine wichtige Rolle spielen. Mit Hilfe der Tests entdeckten sie beispielsweise Erreger in der Gelenkflüssigkeit von Patienten, bei denen alle herkömmlichen Erregernachweise fehlgeschlagen waren. Gegenwärtig setzen mehrere Rheumazentren in Deutschland diese neu entwickelten Tests ein, um ihre Brauchbarkeit und Zuverlässigkeit weiter zu prüfen. Die so genannte PCR-Analyse erlaubt es, Erreger im Blut anhand ihrer spezifischen Erbgutabschnitte aufzuspüren. Das Verfahren ist sehr empfindlich; der Nachweis gelingt selbst dann, wenn konventionelle Tests auf Erreger nicht ansprechen. Das Foto weist zwei helle Banden auf: Sie zeigen zwei bestimmte Erbgutabschnitte von Clamydien bei Patienten mit einer reaktiven Arthritis an. Gerade bei den Nachweismethoden für Erreger haben Wissenschaftler in jüngster Zeit erhebliche Verbesserungen erreicht. Vor allem dank neuer molekularbiologischer Verfahren wie der so genannten PCR-Technik stehen inzwischen ausgesprochen empfindliche Tests zur Verfügung. PCR steht für Polymerasekettenreaktion. Im Prinzip handelt es sich dabei um ein Kopierverfahren für B 12 6 11.12.2001, 9:54 Uhr 1 Kann man Rheuma sichtbar machen? Im Röntgenbild lassen sich nur knöcherne Strukturen gut sichtbar machen. Weichteile wie Sehnen, Muskeln oder Gelenkknorpel sind damit nicht darstellbar. Lediglich indirekt kann der Arzt einen Schaden an diesen Geweben erkennen, wenn beispielsweise das Bild einen verkleinerten oder gar fehlenden Gelenkspalt zeigt, sich also die beiden angrenzenden Knochen eines Gelenks direkt berühren. Dies passiert zum Beispiel in einem arthrotischen Gelenk, dessen Knorpelgewebe stark angegriffen oder sogar gänzlich abgerieben ist. Für entzündliche Rheumaformen hingegen sprechen andere Auffälligkeiten wie bestimmte Fehlstellungen von Gelenkknochen oder Schäden im Randbereich der Gelenke. 2-3 4-5 In Röntgenbildern lassen sich Schäden an knöchernen Strukturen gut sichtbar machen. Foto 1 zeigt eine spezielle Form der Arthrose. An den Röntgenaufnahmen 2 bis 5 ist eine rheumatoide Arthritis der Hand in immer schwereren Stadien zu sehen. Verschiedene Verfahren erlauben es dem Arzt, sich von einem rheumatisch erkrankten Gelenk direkt ein Bild zu machen; am häufigsten und am längsten eingesetzt werden Röntgenuntersuchungen. Obwohl es nahe liegt, das rheumatische Geschehen direkt in Augenschein zu nehmen, liefern bildgebende Verfahren bei rheumatischen Erkrankungen nur eines von vielen Teilen im diagnostischen Puzzle. So schlagen sich viele rheumatische Krankheitsprozesse zum Beispiel erst dann im Röntgenbild nieder, wenn die Zerstörung eines Gelenks relativ weit fortgeschritten ist. Demgegenüber setzen die Beschwerden oft viel früher ein. Zur Frühdiagnose sind diese Verfahren daher weniger gut geeignet. B 13 Rheuma-B Räumliche Bilder und die Darstellung von Weichteilen erlaubt die Computertomographie (CT). Vorteilhaft ist zudem, dass die Bilder schichtweise entstehen. Dadurch werden auch Auffälligkeiten in einer Ebene des Gelenks sichtbar, die in der Röntgenaufnahme nicht zu erkennen wären, weil davor- oder dahinterliegende Strukturen sich mit ihnen im Bild überlagern. Eine Reihe rheumatischer Schäden an Gelenken lässt sich daher mittels Computertomographie früher erkennen. Allerdings ist das Verfahren erheblich teurer als eine Röntgenuntersuchung, und nur wenige Arztpraxen verfügen über entsprechende Geräte. Noch aufwendiger und teurer ist die Magnetresonanztomographie (MRT). Mit ihr lassen sich vor allem Weichteile wie die Gelenkinnenhaut, Sehnen und Sehnenscheiden, Bänder und Gelenkknorpel sichtbar machen. Auch Pannusgewebe, dass sich häufig bei arthritischen Gelenkschäden bildet, lässt sich im MRT-Bild oft gut erkennen. Von Vorteil für den Patienten ist, dass ihn das Verfahren nicht durch Strahlen belastet. Die „Bilder” entstehen durch ein Magnetfeld, das auf die unterschiedlichen Gewebestrukturen im Körper verschieden stark einwirkt. Aufgrund dieses Aufnahmeprinzips darf das Verfahren unter keinen Umständen bei Patienten mit einem Herzschrittmacher oder anderen implantierten In der Computertomographie (CT) werden Details in einzelnen Ebenen eines Gelenks sichtbar, ohne dass sie von davor oder dahinter liegenden Strukturen verdeckt werden (oben, links: CT eines Sakroiliakalgelenks zwischen Kreuz- und Hüftbein). Mittels Magnetresonanztomographie (MRT) sind auch Weichteile zu erkennen (oben, rechts: MRT desselben Gelenks). Metallgegenständen angewendet werden. Nachteilig ist die sehr lange Aufnahmezeit, um ausreichend präzise Aufnahmen zu bekommen. Zudem sind die sehr teuren Geräte meist nur in großen Kliniken und radiologischen Großpraxen verfügbar. gut untersuchen; Schäden im Innenbereich von Gelenken sind sonographisch hingegen nur schlecht beurteilbar. Die Sonographie ist preiswert, sie belastet den Patienten nicht durch Strahlung, ist beliebig oft wiederholbar, und mit ihr lassen sich auch Gelenke in Bewegung untersuchen. AllerAuf dem Prinzip, dass sich kurzlebige dings setzt das Verfahren einen sehr erfahradioaktive Substanzen (Radionukleide) je renen Arzt voraus. nach Gewebetyp und Stoffwechselaktivität unterschiedlich stark in Körperzellen einlagern, beruht das Verfahren der Szintigraphie. Es wird etwa eingesetzt, um das Skelett zu untersuchen. Auch verborgene Entzündungsherde lassen sich mit ihm gut aufspüren. Die Szintigraphie gilt als sehr empfindlich, aber auch als unspezifisch. So können beispielsweise im Szintigramm erkennbare Auffälligkeiten für das Krankheitsgeschehen belanglos sein. Verschiedene Knochenerkrankungen – etwa Knochentumoren – lassen sich indes mit diesem Verfahren sehr gut aufspüren. Im Szintigramm (Fotos unten) lassen sich auch Entzündungsherde (Schwärzungen in Finger- und Handwurzelgelenken) nachweisen, die äußerlich nicht erkennbar sind. Der Nachteil: Ein positiver Befund ist unspezifisch. Es muss also geklärt werden, ob die Entzündung von einer rheumatischen Erkrankung herrührt oder ob sie eine andere Ursache hat. Entzündliche Prozesse lassen sich mit Wärme- oder Infrarotstrahlen sowie mit Ultraschall sichtbar machen. Mittels der erstgenannten Methode, der Thermographie, lassen sich beispielsweise entzündete und daher besonders stark erwärmte Körperstellen kontaktlos messen. Noch bedeutsamer ist die zweitgenannte Methode, die Sonographie, bei der Ultraschallwellen durch den Körper geleitet werden. Da die Wellen je nach Gewebetyp unterschiedlich gut den Köper durchdringen, kann man mit ihnen gleichsam ein akustisches Bild erzeugen. Vor allem entzündliche Weichteilveränderungen lassen sich sonographisch B 14 7 11.12.2001, 9:54 Uhr 1 Kann man Rheuma sichtbar machen? Im Röntgenbild lassen sich nur knöcherne Strukturen gut sichtbar machen. Weichteile wie Sehnen, Muskeln oder Gelenkknorpel sind damit nicht darstellbar. Lediglich indirekt kann der Arzt einen Schaden an diesen Geweben erkennen, wenn beispielsweise das Bild einen verkleinerten oder gar fehlenden Gelenkspalt zeigt, sich also die beiden angrenzenden Knochen eines Gelenks direkt berühren. Dies passiert zum Beispiel in einem arthrotischen Gelenk, dessen Knorpelgewebe stark angegriffen oder sogar gänzlich abgerieben ist. Für entzündliche Rheumaformen hingegen sprechen andere Auffälligkeiten wie bestimmte Fehlstellungen von Gelenkknochen oder Schäden im Randbereich der Gelenke. 2-3 4-5 In Röntgenbildern lassen sich Schäden an knöchernen Strukturen gut sichtbar machen. Foto 1 zeigt eine spezielle Form der Arthrose. An den Röntgenaufnahmen 2 bis 5 ist eine rheumatoide Arthritis der Hand in immer schwereren Stadien zu sehen. Verschiedene Verfahren erlauben es dem Arzt, sich von einem rheumatisch erkrankten Gelenk direkt ein Bild zu machen; am häufigsten und am längsten eingesetzt werden Röntgenuntersuchungen. Obwohl es nahe liegt, das rheumatische Geschehen direkt in Augenschein zu nehmen, liefern bildgebende Verfahren bei rheumatischen Erkrankungen nur eines von vielen Teilen im diagnostischen Puzzle. So schlagen sich viele rheumatische Krankheitsprozesse zum Beispiel erst dann im Röntgenbild nieder, wenn die Zerstörung eines Gelenks relativ weit fortgeschritten ist. Demgegenüber setzen die Beschwerden oft viel früher ein. Zur Frühdiagnose sind diese Verfahren daher weniger gut geeignet. B 13 Rheuma-B Räumliche Bilder und die Darstellung von Weichteilen erlaubt die Computertomographie (CT). Vorteilhaft ist zudem, dass die Bilder schichtweise entstehen. Dadurch werden auch Auffälligkeiten in einer Ebene des Gelenks sichtbar, die in der Röntgenaufnahme nicht zu erkennen wären, weil davor- oder dahinterliegende Strukturen sich mit ihnen im Bild überlagern. Eine Reihe rheumatischer Schäden an Gelenken lässt sich daher mittels Computertomographie früher erkennen. Allerdings ist das Verfahren erheblich teurer als eine Röntgenuntersuchung, und nur wenige Arztpraxen verfügen über entsprechende Geräte. Noch aufwendiger und teurer ist die Magnetresonanztomographie (MRT). Mit ihr lassen sich vor allem Weichteile wie die Gelenkinnenhaut, Sehnen und Sehnenscheiden, Bänder und Gelenkknorpel sichtbar machen. Auch Pannusgewebe, dass sich häufig bei arthritischen Gelenkschäden bildet, lässt sich im MRT-Bild oft gut erkennen. Von Vorteil für den Patienten ist, dass ihn das Verfahren nicht durch Strahlen belastet. Die „Bilder” entstehen durch ein Magnetfeld, das auf die unterschiedlichen Gewebestrukturen im Körper verschieden stark einwirkt. Aufgrund dieses Aufnahmeprinzips darf das Verfahren unter keinen Umständen bei Patienten mit einem Herzschrittmacher oder anderen implantierten In der Computertomographie (CT) werden Details in einzelnen Ebenen eines Gelenks sichtbar, ohne dass sie von davor oder dahinter liegenden Strukturen verdeckt werden (oben, links: CT eines Sakroiliakalgelenks zwischen Kreuz- und Hüftbein). Mittels Magnetresonanztomographie (MRT) sind auch Weichteile zu erkennen (oben, rechts: MRT desselben Gelenks). Metallgegenständen angewendet werden. Nachteilig ist die sehr lange Aufnahmezeit, um ausreichend präzise Aufnahmen zu bekommen. Zudem sind die sehr teuren Geräte meist nur in großen Kliniken und radiologischen Großpraxen verfügbar. gut untersuchen; Schäden im Innenbereich von Gelenken sind sonographisch hingegen nur schlecht beurteilbar. Die Sonographie ist preiswert, sie belastet den Patienten nicht durch Strahlung, ist beliebig oft wiederholbar, und mit ihr lassen sich auch Gelenke in Bewegung untersuchen. AllerAuf dem Prinzip, dass sich kurzlebige dings setzt das Verfahren einen sehr erfahradioaktive Substanzen (Radionukleide) je renen Arzt voraus. nach Gewebetyp und Stoffwechselaktivität unterschiedlich stark in Körperzellen einlagern, beruht das Verfahren der Szintigraphie. Es wird etwa eingesetzt, um das Skelett zu untersuchen. Auch verborgene Entzündungsherde lassen sich mit ihm gut aufspüren. Die Szintigraphie gilt als sehr empfindlich, aber auch als unspezifisch. So können beispielsweise im Szintigramm erkennbare Auffälligkeiten für das Krankheitsgeschehen belanglos sein. Verschiedene Knochenerkrankungen – etwa Knochentumoren – lassen sich indes mit diesem Verfahren sehr gut aufspüren. Im Szintigramm (Fotos unten) lassen sich auch Entzündungsherde (Schwärzungen in Finger- und Handwurzelgelenken) nachweisen, die äußerlich nicht erkennbar sind. Der Nachteil: Ein positiver Befund ist unspezifisch. Es muss also geklärt werden, ob die Entzündung von einer rheumatischen Erkrankung herrührt oder ob sie eine andere Ursache hat. Entzündliche Prozesse lassen sich mit Wärme- oder Infrarotstrahlen sowie mit Ultraschall sichtbar machen. Mittels der erstgenannten Methode, der Thermographie, lassen sich beispielsweise entzündete und daher besonders stark erwärmte Körperstellen kontaktlos messen. Noch bedeutsamer ist die zweitgenannte Methode, die Sonographie, bei der Ultraschallwellen durch den Körper geleitet werden. Da die Wellen je nach Gewebetyp unterschiedlich gut den Köper durchdringen, kann man mit ihnen gleichsam ein akustisches Bild erzeugen. Vor allem entzündliche Weichteilveränderungen lassen sich sonographisch B 14 7 11.12.2001, 9:54 Uhr 04 31/16 97-3 79 03 81/4 40-12 03 0 38 34/86 58 91 04 51/5 00-23 68 An welchen Arzt soll ich mich wenden? Der enorme Wissenszuwachs in der Medizin führte dazu, dass sich Ärzte immer stärker spezialisieren mussten, um zumindest ein Fachgebiet zu überblicken. So gibt es in Deutschland derzeit 41 verschiedene Typen von Fachärzten, darunter auch Fachärzte für Rheumatologie. Kiel weite Anfahrten in Kauf nehmen und unter Umständen länger auf einen Termin warten muss. Grundsätzlich ist für eine Rheumadiagnostik keine Spezialpraxis mit besonderem medizinischen Gerät erforderlich. Die in diesem Teil der Broschüre beschriebenen Untersuchungen können bis auf wenige Ausnahmen in jeder Praxis vorgenommen werden. Für Laboruntersuchungen oder spezielle bildgebende Verfahren, die in einer Arztpraxis nicht verfügbar sind, gibt es externe Labors oder radiologische Fachpraxen. Dennoch, so zeigen verschiedene Untersuchungen zur ärztlichen Versorgung von Rheumakranken in Deutschland, profitieren viele Rheumapatienten davon, wenn sie nicht nur hausärztlich oder orthopädisch, sondern auch von einem internistischen Rheumatologen mitbetreut werden. Rostock Die Frage, welchen Arzt man zuerst aufsuchen sollte, wenn man über „rheumatische” Beschwerden klagt, ist nicht allgemein gültig zu beantworten, denn sie hängt von vielen Faktoren ab. Die „Zuständigkeit” – also die fachspezifische Kompetenz – ist dabei nur ein Kriterium. Andere, für den Patienten wichtige Gesichtspunkte sind etwa der Zeitaufwand für einen Arztbesuch, also wie nah die Praxis zum Wohnort entfernt liegt, wie gut sie zu erreichen ist und wie lang die Wartezeiten dort sind. Entscheidend ist sicher auch, wie gut man einen Arzt bereits kennt und ob man zu ihm und seiner Arbeit Vertrauen hat. Die Wahl des Arztes hängt von vielen Faktoren ab. Neben der fachärztlichen Ausrichtung spielen dabei auch Wohnortnähe und die Länge der Wartezeiten eine Rolle. Wichtig ist vor allem das Vertrauen, das man in die ärztliche Arbeit setzt. Auch während der Behandlung einer bereits diagnostizierten rheumatischen Erkrankung kann es sinnvoll sein, einen Rheumatologen hinzuzuziehen. Viele chronisch kranke Rheumapatienten werden etwa von ihrem Hausarzt betreut und suchen nur gelegentlich den Rheumatologen auf, der dann in regelmäßigen Abständen Aufgrund dieser Überlegungen suchen den Behandlungserfolg überprüft oder im erfahrungsgemäß die meisten Menschen Fall einer Verschlechterung vorschlägt, den mit Gelenk- oder Wirbelsäulenschmerzen Therapieplan zu ändern. zunächst ihren Hausarzt oder eine örtliche Orthopädiepraxis auf; Eltern gehen bei ent- In manchen Fällen gestaltet sich die Rheusprechenden Beschwerden ihrer Kinder in madiagnostik so schwierig, dass es sinnder Regel zum Kinderarzt. Das Netz rheuma- voll sein kann, ein regionales Rheumazentologischer Fachpraxen ist demgegenüber trum aufzusuchen. 25 solcher Einrichtungen erheblich dünner, sodass man oft relativ gibt es in Deutschland. Sie sind in der Regel B 15 Rheuma-B 0 30/84 45-45 35 05 11/5 32-64 02 03 92 00/67-3 19 02 51/8 35-75 62 Berlin 05 21/8 01-43 50 Hannover 02 01/84 08-3 05 02 11/8 11-78 11 Magdeburg 03 41/97 24-9 30 Münster Bielefeld Essen 0 60 32/9 66-21 83 03 51/4 58-31 00 0 36 41/9 39-6 28 Düsseldorf Leipzig 02 41/60 96-42 01 Giessen Dresden Jena 0 69/67 05-3 90 Aachen 0 92 31/82 23 05 06 71/93 22 30 Diese Fachärzte verfügen aufgrund ihrer Spezialisierung und besonderen Erfahrung mit den vielfältigen Formen rheumatischer Erkrankungen über eine besonders hohe Kompetenz und können dort weiterhelfen, wo ein Allgemeinmediziner oder ein Kinderarzt vielleicht nicht zum Ziel kommt. In solchen Fällen sollte der betreffende Arzt schon von sich aus den Rat einer rheumatologischen Fachpraxis einholen oder eine Überweisung dorthin vorschlagen. Greifswald Lübeck Frankfurt Bad Kreuznach 0 68 41/16-30 02 Erlangen 0 62 21/56-80 05 09 41/9 44-71 33 Homburg Heidelberg Regensburg 0 75 82/8 00-16 14 07 61/2 70-36 95 0 89/51 60-35 78 Tübingen Freiburg München an Universitätskliniken angeschlossen. Der Vorteil dieser Zentren ist, dass in ihnen Fachärzte vieler Disziplinen, neben Rheumatologen etwa Spezialisten aus der Orthopädie, der Nieren-, Lungen- oder Kinderheilkunde, zusammenarbeiten. Vor allem bei systemischen Rheumaerkrankungen ist die dadurch gewährleistete Breite des Fachwissens sehr hilfreich. Rheumazentren und spezialisierte Rheumakliniken bieten zudem für Patienten, deren Diagnose feststeht, den Vorteil, dass dort alle Behandlungsangebote – sowohl ambulant als auch stationär – verfügbar sind. Aufgrund ihrer relativ geringen Zahl bedeuten sie allerdings für die meisten Patienten weite Anfahrtswege. Als erste Anlaufstellen kommen sie schon deshalb kaum in Betracht. 25 regionale Rheumazentren gibt es derzeit in Deutschland. Sie bieten den Vorteil, dass dort Rheumapatienten von Medizinern mehrerer Fachrichtungen betreut werden können. Die angegebenen Telefonnummern ermöglichen einen ersten Kontakt. B 16 8 11.12.2001, 9:54 Uhr 04 31/16 97-3 79 03 81/4 40-12 03 0 38 34/86 58 91 04 51/5 00-23 68 An welchen Arzt soll ich mich wenden? Der enorme Wissenszuwachs in der Medizin führte dazu, dass sich Ärzte immer stärker spezialisieren mussten, um zumindest ein Fachgebiet zu überblicken. So gibt es in Deutschland derzeit 41 verschiedene Typen von Fachärzten, darunter auch Fachärzte für Rheumatologie. Kiel weite Anfahrten in Kauf nehmen und unter Umständen länger auf einen Termin warten muss. Grundsätzlich ist für eine Rheumadiagnostik keine Spezialpraxis mit besonderem medizinischen Gerät erforderlich. Die in diesem Teil der Broschüre beschriebenen Untersuchungen können bis auf wenige Ausnahmen in jeder Praxis vorgenommen werden. Für Laboruntersuchungen oder spezielle bildgebende Verfahren, die in einer Arztpraxis nicht verfügbar sind, gibt es externe Labors oder radiologische Fachpraxen. Dennoch, so zeigen verschiedene Untersuchungen zur ärztlichen Versorgung von Rheumakranken in Deutschland, profitieren viele Rheumapatienten davon, wenn sie nicht nur hausärztlich oder orthopädisch, sondern auch von einem internistischen Rheumatologen mitbetreut werden. Rostock Die Frage, welchen Arzt man zuerst aufsuchen sollte, wenn man über „rheumatische” Beschwerden klagt, ist nicht allgemein gültig zu beantworten, denn sie hängt von vielen Faktoren ab. Die „Zuständigkeit” – also die fachspezifische Kompetenz – ist dabei nur ein Kriterium. Andere, für den Patienten wichtige Gesichtspunkte sind etwa der Zeitaufwand für einen Arztbesuch, also wie nah die Praxis zum Wohnort entfernt liegt, wie gut sie zu erreichen ist und wie lang die Wartezeiten dort sind. Entscheidend ist sicher auch, wie gut man einen Arzt bereits kennt und ob man zu ihm und seiner Arbeit Vertrauen hat. Die Wahl des Arztes hängt von vielen Faktoren ab. Neben der fachärztlichen Ausrichtung spielen dabei auch Wohnortnähe und die Länge der Wartezeiten eine Rolle. Wichtig ist vor allem das Vertrauen, das man in die ärztliche Arbeit setzt. Auch während der Behandlung einer bereits diagnostizierten rheumatischen Erkrankung kann es sinnvoll sein, einen Rheumatologen hinzuzuziehen. Viele chronisch kranke Rheumapatienten werden etwa von ihrem Hausarzt betreut und suchen nur gelegentlich den Rheumatologen auf, der dann in regelmäßigen Abständen Aufgrund dieser Überlegungen suchen den Behandlungserfolg überprüft oder im erfahrungsgemäß die meisten Menschen Fall einer Verschlechterung vorschlägt, den mit Gelenk- oder Wirbelsäulenschmerzen Therapieplan zu ändern. zunächst ihren Hausarzt oder eine örtliche Orthopädiepraxis auf; Eltern gehen bei ent- In manchen Fällen gestaltet sich die Rheusprechenden Beschwerden ihrer Kinder in madiagnostik so schwierig, dass es sinnder Regel zum Kinderarzt. Das Netz rheuma- voll sein kann, ein regionales Rheumazentologischer Fachpraxen ist demgegenüber trum aufzusuchen. 25 solcher Einrichtungen erheblich dünner, sodass man oft relativ gibt es in Deutschland. Sie sind in der Regel B 15 Rheuma-B 0 30/84 45-45 35 05 11/5 32-64 02 03 92 00/67-3 19 02 51/8 35-75 62 Berlin 05 21/8 01-43 50 Hannover 02 01/84 08-3 05 02 11/8 11-78 11 Magdeburg 03 41/97 24-9 30 Münster Bielefeld Essen 0 60 32/9 66-21 83 03 51/4 58-31 00 0 36 41/9 39-6 28 Düsseldorf Leipzig 02 41/60 96-42 01 Giessen Dresden Jena 0 69/67 05-3 90 Aachen 0 92 31/82 23 05 06 71/93 22 30 Diese Fachärzte verfügen aufgrund ihrer Spezialisierung und besonderen Erfahrung mit den vielfältigen Formen rheumatischer Erkrankungen über eine besonders hohe Kompetenz und können dort weiterhelfen, wo ein Allgemeinmediziner oder ein Kinderarzt vielleicht nicht zum Ziel kommt. In solchen Fällen sollte der betreffende Arzt schon von sich aus den Rat einer rheumatologischen Fachpraxis einholen oder eine Überweisung dorthin vorschlagen. Greifswald Lübeck Frankfurt Bad Kreuznach 0 68 41/16-30 02 Erlangen 0 62 21/56-80 05 09 41/9 44-71 33 Homburg Heidelberg Regensburg 0 75 82/8 00-16 14 07 61/2 70-36 95 0 89/51 60-35 78 Tübingen Freiburg München an Universitätskliniken angeschlossen. Der Vorteil dieser Zentren ist, dass in ihnen Fachärzte vieler Disziplinen, neben Rheumatologen etwa Spezialisten aus der Orthopädie, der Nieren-, Lungen- oder Kinderheilkunde, zusammenarbeiten. Vor allem bei systemischen Rheumaerkrankungen ist die dadurch gewährleistete Breite des Fachwissens sehr hilfreich. Rheumazentren und spezialisierte Rheumakliniken bieten zudem für Patienten, deren Diagnose feststeht, den Vorteil, dass dort alle Behandlungsangebote – sowohl ambulant als auch stationär – verfügbar sind. Aufgrund ihrer relativ geringen Zahl bedeuten sie allerdings für die meisten Patienten weite Anfahrtswege. Als erste Anlaufstellen kommen sie schon deshalb kaum in Betracht. 25 regionale Rheumazentren gibt es derzeit in Deutschland. Sie bieten den Vorteil, dass dort Rheumapatienten von Medizinern mehrerer Fachrichtungen betreut werden können. Die angegebenen Telefonnummern ermöglichen einen ersten Kontakt. B 16 8 11.12.2001, 9:54 Uhr „Meine Arbeit gleicht der eines Kriminologen“ Eine möglichst frühe und sichere Diagnose ist für Patienten mit entzündlichem Rheuma entscheidend, damit ihre Lebensqualität lange erhalten bleibt. Das erfordert oftmals sehr spezielle Fachkenntnisse, wie sie in diesem Bereich vor allem die internistischen Rheumatologen besitzen. Eine von ihnen, Constanze Richter, praktiziert seit neun Jahren als niedergelassene Ärztin. Sie kennt die Besonderheiten und Fallstricke der Rheumadiagnostik aus der alltäglichen Arbeit sehr genau. Müde, die schmerzenden Hände im Schoß, saß Gisela Funk* im Untersuchungszimmer. Seit etwa zwei Jahren litt die 46-Jährige unter Gelenkschwellungen an ihren Händen, die alle zwei Monate wiederkehrten und drei bis vier Tage lang anhielten. Doch nicht nur die Gelenkbeschwerden machten der Frau zu schaffen, auch ihre frühere Lebensenergie war nahezu erloschen. Jede Tätigkeit bereitete ihr Mühe, die Kräfte waren schnell erschöpft, und sie hatte leicht zugenommen. „Als ich Frau Funk untersuchte, waren ihre Fingergrundgelenke und ihre Handgelenke geschwollen”, erinnert sich die Internistin, „mit einer Morgensteifigkeit von etwa einer Stunde. Es handelte sich um eine typische Rheumasymptomatik.” Doch die rheumatologische Labordiagnostik ergab nichts Auffälliges. Parallel dazu ließ die Ärztin die Werte der Schilddrüsenfunktion überprüfen – und hier wurde sie fündig. Der Wert des Hormons TSH wich deutlich von der Norm ab. „Dies deutete auf eine Unterfunktion des Organs hin, und ich habe die Patientin daraufhin an den entsprechenden Facharzt weitergeleitet”, berichtet Constanze Richter. Der Hormonspezialist verschrieb Gisela Funk ein Medikament, das die fehlende Menge an Schilddrüsenhormonen ersetzte. Innerhalb von zwölf Wochen war sie beschwerdefrei. Constanze Richter (rechts) tastet die Hände einer Patientin nach Entzündungen und Deformationen in den Fingergelenken ab. Die Labor- und Röntgenuntersuchungen, die bei Gisela Funk durchgeführt worden waren, hatten keinen auffälligen Befund erbracht. Da aber die Vermutung bestand, dass es sich um entzündliches Rheuma handeln könnte, überwies man sie schließlich an die Praxis für Rheumatologie von Constanze Richter, die diese seit 1996 gemeinsam mit einem Kollegen führt. * B 17 Rheuma-B Name von der Redaktion geändert Einige Patienten von Constanze Richter kommen nur mit einer vagen Verdachtsdiagnose auf entzündliche, rheumatische Beschwerden zu ihr. Doch hinter den rheumatischen Symptomen verbergen sich möglicherweise andere Krankheitsbilder. Diesem Umstand muss die Ärztin bei ihrer Untersuchung stets Rechnung tragen. Nicht wenige Patienten haben schon eine relativ lange Leidenszeit hinter sich und mehrere Arztstationen durchlaufen – was die Ärztin unter anderem auf die oftmals schwierige Diagnose zurückführt. „Das Problem bei vielen entzündlich rheumatischen Erkrankungen ist, die Frühsymptome zu erkennen und die Laborbefunde richtig zu deuten”, erklärt die 46-Jährige. Als Beispiel nennt sie die Rheumafaktoren, die als Antikörper gegen eigene Immunstoffe gerichtet sind. Obwohl Rheumafaktoren für bestimmte Krankheiten wie die chronische Polyarthritis typisch seien, müssten sie nicht zwangsläufig bei allen Betroffenen vorkommen, so die Ärztin. Eine 37-jährige Frau beispielsweise berichtete ihr bei der Erstuntersuchung, dass sie seit einem halben Jahr Schmerzen in ihren Fingergelenken habe und diese immer wieder anschwellen würden. Den Verdacht auf eine Polyarthritis hatte der bislang behandelnde Orthopäde jedoch wieder verworfen, nachdem in ihrem Blut keine Rheumafaktoren festzustellen waren und auch die Röntgenaufnahmen keinen auffälligen Befund geliefert hatten. Sie wurde daraufhin mit schmerzlindernden Medikamenten behandelt.„Als ich nun ihre Fingergelenke röntgen ließ, konnte ich bereits stecknadelkopfgroße Erosionen an ihren Grundgelenken ausmachen”, erzählt Constanze Richter. Außerdem wiesen bestimmte Laborwerte auf entzündliche Prozesse bei der Patientin hin. In Bezug auf die Diagnose heißt das: Auch Patienten ohne Rheumafaktoren können unter chronischer Polyarthritis leiden. „Deshalb ist für uns Rheumatologen wichtig, erst alle Indizien zu sammeln und sie auf ihre Stimmigkeit hin zu überprüfen, bevor wir die Diagnose stellen. Darin gleicht unsere Arbeit der eines Kriminologen”, meint sie. Die meisten Patienten kommen in ihre Praxis, nachdem sie der Hausarzt oder Orthopäde dorthin überwiesen hat. Um die Hausärzte für die entzündlich rheumatischen Erkrankungen stärker zu sensibilisieren, hat sie in den ersten Jahren ihrer Tätigkeit als niedergelassene Ärztin immer wieder Vorträge gehalten. Seit 1992 praktiziert sie im Raum Stuttgart, zuvor arbeitete sie mehrere Jahre lang in der Rheumaklinik in Bad Wildbad. Dass sie sich für die Rheumatologie entschieden habe, sei allerdings purer Zufall. „Nach meinem Facharztabschluss als Internistin erfuhr ich von einem Bekannten, dass in Bad Wildbad gerade eine entsprechende Stelle frei wäre, und so nahm das Ganze seinen Lauf”, erzählt Constanze Richter. Aus einem Umkreis von bis zu 100 Kilometern suchen die Patienten ihre Praxis auf, denn das Netz von Rheumatologen in Deutschland ist sehr weitmaschig – ein Zustand, den die Ärztin gern geändert sehen möchte. Acht bis zehn Wochen Wartezeit für einen Untersuchungstermin sind bei ihr keine Seltenheit. Mit dem Ultraschallkopf (rechts) untersucht die Ärztin das schmerzende Kniegelenk eines Patienten (links). „Wenn ein Patient zum ersten Mal kommt, erkundige ich mich zunächst einmal genau nach seinen Beschwerden, zum Beispiel, ob und wo er geschwollene Gelenke hat und ob diese morgens steif sind. Dann lasse ich ihn einen Fragebogen ausfüllen, in dem er unter anderem die Medikamente einträgt, die er bislang eingenommen hat”, beschreibt Richter ihre Vorgehensweise. Danach folgen die körperlichen Untersuchungen: zuerst im Gehen und Stehen, um die Bewegungsabläufe des Patienten und seine Haltung beurteilen zu können, dann setzt oder legt sich der Betreffende hin und die Ärztin tastet den Körper nach Muskelverspannungen und schmerzhaften Zonen ab. Besonders wichtig ist für die Rheumatologin die Krankheitsgeschichte des Patienten. „Ein 19-jähriger Patient beispielsweise”, so berichtet sie, „kam zu mir, weil er ein dickes Knie hatte, ohne sich verletzt zu haben.” Er erzählte ihr, dass er schon drei Arthroskopien hinter sich habe, sein linkes Knie aber immer noch geschwollen sei und furchtbar schmerze. Bei diesen operativen Eingriffen war ihm stets ein Stück seiner Gelenkinnenhaut entfernt worden. Der Orthopäde, der die erste Arthroskopie durchgeführt hatte, machte kleine Risse im Meniskus – also ein mechanisches Problem – für die Entzündung verantwortlich. B 18 9 11.12.2001, 9:54 Uhr „Meine Arbeit gleicht der eines Kriminologen“ Eine möglichst frühe und sichere Diagnose ist für Patienten mit entzündlichem Rheuma entscheidend, damit ihre Lebensqualität lange erhalten bleibt. Das erfordert oftmals sehr spezielle Fachkenntnisse, wie sie in diesem Bereich vor allem die internistischen Rheumatologen besitzen. Eine von ihnen, Constanze Richter, praktiziert seit neun Jahren als niedergelassene Ärztin. Sie kennt die Besonderheiten und Fallstricke der Rheumadiagnostik aus der alltäglichen Arbeit sehr genau. Müde, die schmerzenden Hände im Schoß, saß Gisela Funk* im Untersuchungszimmer. Seit etwa zwei Jahren litt die 46-Jährige unter Gelenkschwellungen an ihren Händen, die alle zwei Monate wiederkehrten und drei bis vier Tage lang anhielten. Doch nicht nur die Gelenkbeschwerden machten der Frau zu schaffen, auch ihre frühere Lebensenergie war nahezu erloschen. Jede Tätigkeit bereitete ihr Mühe, die Kräfte waren schnell erschöpft, und sie hatte leicht zugenommen. „Als ich Frau Funk untersuchte, waren ihre Fingergrundgelenke und ihre Handgelenke geschwollen”, erinnert sich die Internistin, „mit einer Morgensteifigkeit von etwa einer Stunde. Es handelte sich um eine typische Rheumasymptomatik.” Doch die rheumatologische Labordiagnostik ergab nichts Auffälliges. Parallel dazu ließ die Ärztin die Werte der Schilddrüsenfunktion überprüfen – und hier wurde sie fündig. Der Wert des Hormons TSH wich deutlich von der Norm ab. „Dies deutete auf eine Unterfunktion des Organs hin, und ich habe die Patientin daraufhin an den entsprechenden Facharzt weitergeleitet”, berichtet Constanze Richter. Der Hormonspezialist verschrieb Gisela Funk ein Medikament, das die fehlende Menge an Schilddrüsenhormonen ersetzte. Innerhalb von zwölf Wochen war sie beschwerdefrei. Constanze Richter (rechts) tastet die Hände einer Patientin nach Entzündungen und Deformationen in den Fingergelenken ab. Die Labor- und Röntgenuntersuchungen, die bei Gisela Funk durchgeführt worden waren, hatten keinen auffälligen Befund erbracht. Da aber die Vermutung bestand, dass es sich um entzündliches Rheuma handeln könnte, überwies man sie schließlich an die Praxis für Rheumatologie von Constanze Richter, die diese seit 1996 gemeinsam mit einem Kollegen führt. * B 17 Rheuma-B Name von der Redaktion geändert Einige Patienten von Constanze Richter kommen nur mit einer vagen Verdachtsdiagnose auf entzündliche, rheumatische Beschwerden zu ihr. Doch hinter den rheumatischen Symptomen verbergen sich möglicherweise andere Krankheitsbilder. Diesem Umstand muss die Ärztin bei ihrer Untersuchung stets Rechnung tragen. Nicht wenige Patienten haben schon eine relativ lange Leidenszeit hinter sich und mehrere Arztstationen durchlaufen – was die Ärztin unter anderem auf die oftmals schwierige Diagnose zurückführt. „Das Problem bei vielen entzündlich rheumatischen Erkrankungen ist, die Frühsymptome zu erkennen und die Laborbefunde richtig zu deuten”, erklärt die 46-Jährige. Als Beispiel nennt sie die Rheumafaktoren, die als Antikörper gegen eigene Immunstoffe gerichtet sind. Obwohl Rheumafaktoren für bestimmte Krankheiten wie die chronische Polyarthritis typisch seien, müssten sie nicht zwangsläufig bei allen Betroffenen vorkommen, so die Ärztin. Eine 37-jährige Frau beispielsweise berichtete ihr bei der Erstuntersuchung, dass sie seit einem halben Jahr Schmerzen in ihren Fingergelenken habe und diese immer wieder anschwellen würden. Den Verdacht auf eine Polyarthritis hatte der bislang behandelnde Orthopäde jedoch wieder verworfen, nachdem in ihrem Blut keine Rheumafaktoren festzustellen waren und auch die Röntgenaufnahmen keinen auffälligen Befund geliefert hatten. Sie wurde daraufhin mit schmerzlindernden Medikamenten behandelt.„Als ich nun ihre Fingergelenke röntgen ließ, konnte ich bereits stecknadelkopfgroße Erosionen an ihren Grundgelenken ausmachen”, erzählt Constanze Richter. Außerdem wiesen bestimmte Laborwerte auf entzündliche Prozesse bei der Patientin hin. In Bezug auf die Diagnose heißt das: Auch Patienten ohne Rheumafaktoren können unter chronischer Polyarthritis leiden. „Deshalb ist für uns Rheumatologen wichtig, erst alle Indizien zu sammeln und sie auf ihre Stimmigkeit hin zu überprüfen, bevor wir die Diagnose stellen. Darin gleicht unsere Arbeit der eines Kriminologen”, meint sie. Die meisten Patienten kommen in ihre Praxis, nachdem sie der Hausarzt oder Orthopäde dorthin überwiesen hat. Um die Hausärzte für die entzündlich rheumatischen Erkrankungen stärker zu sensibilisieren, hat sie in den ersten Jahren ihrer Tätigkeit als niedergelassene Ärztin immer wieder Vorträge gehalten. Seit 1992 praktiziert sie im Raum Stuttgart, zuvor arbeitete sie mehrere Jahre lang in der Rheumaklinik in Bad Wildbad. Dass sie sich für die Rheumatologie entschieden habe, sei allerdings purer Zufall. „Nach meinem Facharztabschluss als Internistin erfuhr ich von einem Bekannten, dass in Bad Wildbad gerade eine entsprechende Stelle frei wäre, und so nahm das Ganze seinen Lauf”, erzählt Constanze Richter. Aus einem Umkreis von bis zu 100 Kilometern suchen die Patienten ihre Praxis auf, denn das Netz von Rheumatologen in Deutschland ist sehr weitmaschig – ein Zustand, den die Ärztin gern geändert sehen möchte. Acht bis zehn Wochen Wartezeit für einen Untersuchungstermin sind bei ihr keine Seltenheit. Mit dem Ultraschallkopf (rechts) untersucht die Ärztin das schmerzende Kniegelenk eines Patienten (links). „Wenn ein Patient zum ersten Mal kommt, erkundige ich mich zunächst einmal genau nach seinen Beschwerden, zum Beispiel, ob und wo er geschwollene Gelenke hat und ob diese morgens steif sind. Dann lasse ich ihn einen Fragebogen ausfüllen, in dem er unter anderem die Medikamente einträgt, die er bislang eingenommen hat”, beschreibt Richter ihre Vorgehensweise. Danach folgen die körperlichen Untersuchungen: zuerst im Gehen und Stehen, um die Bewegungsabläufe des Patienten und seine Haltung beurteilen zu können, dann setzt oder legt sich der Betreffende hin und die Ärztin tastet den Körper nach Muskelverspannungen und schmerzhaften Zonen ab. Besonders wichtig ist für die Rheumatologin die Krankheitsgeschichte des Patienten. „Ein 19-jähriger Patient beispielsweise”, so berichtet sie, „kam zu mir, weil er ein dickes Knie hatte, ohne sich verletzt zu haben.” Er erzählte ihr, dass er schon drei Arthroskopien hinter sich habe, sein linkes Knie aber immer noch geschwollen sei und furchtbar schmerze. Bei diesen operativen Eingriffen war ihm stets ein Stück seiner Gelenkinnenhaut entfernt worden. Der Orthopäde, der die erste Arthroskopie durchgeführt hatte, machte kleine Risse im Meniskus – also ein mechanisches Problem – für die Entzündung verantwortlich. B 18 9 11.12.2001, 9:54 Uhr „Meine Arbeit gleicht der eines Kriminologen“ „Ich habe den jungen Mann daraufhin gefragt, ob jemand in seiner Familie unter Rheuma leide, und zählte dabei verschiedene Krankheitsbilder auf”, erzählt Constanze Richter weiter. Unter anderem fragte sie auch nach der Schuppenflechte (Psoriasis). Dabei stellte sich heraus, dass der Vater des 19-Jährigen unter dieser Krankheit litt. „Das war für mich der entscheidende Hinweis”, stellt die Ärztin fest. Nach entsprechenden Tests sicherte sie schließlich bei dem jungen Mann die Diagnose – eine Psoriasisassoziierte Arthritis, und damit eine entzündliche Rheumaform. Deshalb verordnete sie ihm ein entzündungshemmendes Basistherapeutikum mit dem Wirkstoff Sulfasalazin. Die Schwellung am Knie ging daraufhin zurück und die Schmerzen ließen nach; nach etwa drei Monaten war der Patient trotz seiner chronischen Erkrankung beschwerdefrei. Für die verschiedenen Blutuntersuchungen, die neben der Krankheitsgeschichte und den körperlichen Untersuchungen das dritte Standbein ihrer Diagnose bilden, kann Constanze Richter auf ein qualifiziertes Labor zurückgreifen. Eine medizinischtechnische Assistentin wertet dort die Blutproben immunologisch aus. „Im Prinzip kommt ein Rheumatologe mit relativ wenig Technik aus”, meint die Ärztin. In ihrer Praxis stehen etwa ein Ultraschallgerät und ein Röntgenapparat, was bei der Mehrzahl ihrer Patienten für eine Diagnose ausreicht. Ultraschall- (rechts) und Röntgenuntersuchungen (zweite Spalte rechts) sind für Constanze Richter die beiden wichtigsten bildgebenden Verfahren in der rheumatologischen Praxis. Für Spezialuntersuchungen, etwa eine Computertomographie, schickt sie ihre Patienten in eine radiologische Praxis. B 19 Rheuma-B Erst wenn die Diagnose sicher ist, erarbeitet die Ärztin einen Therapieplan. Hier erhält ein Patient mit einer schweren Polyarthritis eine Infusion mit einem entzündungshemmenden Medikament. „Für Spezialuntersuchungen habe ich einen Radiologen zur Hand”, so Richter. Dort kann sie beispielsweise computertomographische oder kernspintomographische Aufnahmen anfertigen lassen. Mit beiden Techniken lassen sich Gelenkstrukturen sehr genau und darüber hinaus räumlich darstellen. inzwischen auch mit anderen Kollegen über den komplizierten Fall ausgetauscht – diagnostizierte sie bei dem Mann das so genannte Sneddon-Syndrom, eine sehr seltene Vaskulitisform. Immer wieder kommen zu Constanze Richter Patienten, die unter sehr seltenen rheumatischen Erkrankungen leiden. Dazu zählen besonders die Vaskulitiden, bei denen sich kennzeichnenderweise die Gefäße entzünden. So suchte beispielsweise ein 50-jähriger Mann ihre Praxis auf, nachdem sein Hausarzt ihn ein Jahr lang erfolglos behandelt hatte. Die Haut des Patienten hatte sich entzündet, und Blutpfropfen hatten wiederholt seine Gefäße verstopft. Außerdem klagte er über taube Stellen an Armen und Beinen und über Schmerzen in seinen Finger-, Zehen- und Ellbogengelenken. Den entscheidenden Hinweis erhielt die Ärztin in diesem Fall durch einen auffälligen Laborbefund bei den Bluttests: „Es ließ sich ein ganz bestimmter Typ von Antikörper nachweisen, der eine erhöhte Gerinnungsfähigkeit seines Bluts anzeigte”, erinnert sich die Rheumatologin. Nach acht Wochen – sie hatte sich Da entzündliches Rheuma ein großes Spektrum unterschiedlichster Krankheitsbilder umfasst und bei der Suche zudem noch andere innere Erkrankungen berücksichtigt werden müssen, verlangt die Diagnose viel Fachkenntnis, Sorgfalt und Zeit. Doch eine möglichst frühzeitige Diagnose ist oftmals entscheidend; nur sie kann verhindern, dass durch die Erkrankung Organe unwiderruflich geschädigt werden oder dass ein Patient im schlimmsten Fall lebensbedrohlich erkrankt. Darin sieht Constanze Richter eine große Herausforderung für die ärztliche Versorgung von Rheumapatienten in Deutschland. „Hierzulande”, urteilt die Ärztin, „ist die Rheumabehandlung noch stark orthopädisch ausgerichtet.” Doch gerade Patienten mit entzündlichen Rheumaformen, bei denen sich neben relativ harten Körperstrukturen wie Knorpel oder Knochen oft auch Weichteile – etwa Muskeln, Haut oder andere Organe – krankhaft verändern, seien stärker auf eine internistische Behandlung angewiesen. Um auf ihrem Gebiet stets auf dem Laufenden zu bleiben, nehmen sie oder ihr Kollege jedes Jahr an medizinischen Kongressen teil – zum Beispiel an dem jährlich stattfindenden Kongress der US-amerikanischen Rheumatologen, zu dem sich jedes Mal rund 6000 Wissenschaftler aus aller Welt einfinden. „Dort erfährt man dann beispielsweise etwas über neue Behandlungsmethoden, die in klinischen Studien bereits getestet wurden wie die Stammzelltherapie”, erzählt Constanze Richter. Mit dieser Methode konnten Ärzte schon das Leben von Patienten retten, deren Immunsystem infolge ihrer rheumatischen Erkrankung nicht mehr funktionsfähig war. Die Rheumatologin verfolgt solche Entwicklungen sehr aufmerksam, denn sie weiß, irgendwann könnte auch einer ihrer Patienten von solch neuen Entwicklungen profitieren. B 20 10 11.12.2001, 9:55 Uhr „Meine Arbeit gleicht der eines Kriminologen“ „Ich habe den jungen Mann daraufhin gefragt, ob jemand in seiner Familie unter Rheuma leide, und zählte dabei verschiedene Krankheitsbilder auf”, erzählt Constanze Richter weiter. Unter anderem fragte sie auch nach der Schuppenflechte (Psoriasis). Dabei stellte sich heraus, dass der Vater des 19-Jährigen unter dieser Krankheit litt. „Das war für mich der entscheidende Hinweis”, stellt die Ärztin fest. Nach entsprechenden Tests sicherte sie schließlich bei dem jungen Mann die Diagnose – eine Psoriasisassoziierte Arthritis, und damit eine entzündliche Rheumaform. Deshalb verordnete sie ihm ein entzündungshemmendes Basistherapeutikum mit dem Wirkstoff Sulfasalazin. Die Schwellung am Knie ging daraufhin zurück und die Schmerzen ließen nach; nach etwa drei Monaten war der Patient trotz seiner chronischen Erkrankung beschwerdefrei. Für die verschiedenen Blutuntersuchungen, die neben der Krankheitsgeschichte und den körperlichen Untersuchungen das dritte Standbein ihrer Diagnose bilden, kann Constanze Richter auf ein qualifiziertes Labor zurückgreifen. Eine medizinischtechnische Assistentin wertet dort die Blutproben immunologisch aus. „Im Prinzip kommt ein Rheumatologe mit relativ wenig Technik aus”, meint die Ärztin. In ihrer Praxis stehen etwa ein Ultraschallgerät und ein Röntgenapparat, was bei der Mehrzahl ihrer Patienten für eine Diagnose ausreicht. Ultraschall- (rechts) und Röntgenuntersuchungen (zweite Spalte rechts) sind für Constanze Richter die beiden wichtigsten bildgebenden Verfahren in der rheumatologischen Praxis. Für Spezialuntersuchungen, etwa eine Computertomographie, schickt sie ihre Patienten in eine radiologische Praxis. B 19 Rheuma-B Erst wenn die Diagnose sicher ist, erarbeitet die Ärztin einen Therapieplan. Hier erhält ein Patient mit einer schweren Polyarthritis eine Infusion mit einem entzündungshemmenden Medikament. „Für Spezialuntersuchungen habe ich einen Radiologen zur Hand”, so Richter. Dort kann sie beispielsweise computertomographische oder kernspintomographische Aufnahmen anfertigen lassen. Mit beiden Techniken lassen sich Gelenkstrukturen sehr genau und darüber hinaus räumlich darstellen. inzwischen auch mit anderen Kollegen über den komplizierten Fall ausgetauscht – diagnostizierte sie bei dem Mann das so genannte Sneddon-Syndrom, eine sehr seltene Vaskulitisform. Immer wieder kommen zu Constanze Richter Patienten, die unter sehr seltenen rheumatischen Erkrankungen leiden. Dazu zählen besonders die Vaskulitiden, bei denen sich kennzeichnenderweise die Gefäße entzünden. So suchte beispielsweise ein 50-jähriger Mann ihre Praxis auf, nachdem sein Hausarzt ihn ein Jahr lang erfolglos behandelt hatte. Die Haut des Patienten hatte sich entzündet, und Blutpfropfen hatten wiederholt seine Gefäße verstopft. Außerdem klagte er über taube Stellen an Armen und Beinen und über Schmerzen in seinen Finger-, Zehen- und Ellbogengelenken. Den entscheidenden Hinweis erhielt die Ärztin in diesem Fall durch einen auffälligen Laborbefund bei den Bluttests: „Es ließ sich ein ganz bestimmter Typ von Antikörper nachweisen, der eine erhöhte Gerinnungsfähigkeit seines Bluts anzeigte”, erinnert sich die Rheumatologin. Nach acht Wochen – sie hatte sich Da entzündliches Rheuma ein großes Spektrum unterschiedlichster Krankheitsbilder umfasst und bei der Suche zudem noch andere innere Erkrankungen berücksichtigt werden müssen, verlangt die Diagnose viel Fachkenntnis, Sorgfalt und Zeit. Doch eine möglichst frühzeitige Diagnose ist oftmals entscheidend; nur sie kann verhindern, dass durch die Erkrankung Organe unwiderruflich geschädigt werden oder dass ein Patient im schlimmsten Fall lebensbedrohlich erkrankt. Darin sieht Constanze Richter eine große Herausforderung für die ärztliche Versorgung von Rheumapatienten in Deutschland. „Hierzulande”, urteilt die Ärztin, „ist die Rheumabehandlung noch stark orthopädisch ausgerichtet.” Doch gerade Patienten mit entzündlichen Rheumaformen, bei denen sich neben relativ harten Körperstrukturen wie Knorpel oder Knochen oft auch Weichteile – etwa Muskeln, Haut oder andere Organe – krankhaft verändern, seien stärker auf eine internistische Behandlung angewiesen. Um auf ihrem Gebiet stets auf dem Laufenden zu bleiben, nehmen sie oder ihr Kollege jedes Jahr an medizinischen Kongressen teil – zum Beispiel an dem jährlich stattfindenden Kongress der US-amerikanischen Rheumatologen, zu dem sich jedes Mal rund 6000 Wissenschaftler aus aller Welt einfinden. „Dort erfährt man dann beispielsweise etwas über neue Behandlungsmethoden, die in klinischen Studien bereits getestet wurden wie die Stammzelltherapie”, erzählt Constanze Richter. Mit dieser Methode konnten Ärzte schon das Leben von Patienten retten, deren Immunsystem infolge ihrer rheumatischen Erkrankung nicht mehr funktionsfähig war. Die Rheumatologin verfolgt solche Entwicklungen sehr aufmerksam, denn sie weiß, irgendwann könnte auch einer ihrer Patienten von solch neuen Entwicklungen profitieren. B 20 10 11.12.2001, 9:55 Uhr C BEHANDLUNG Ohne Medikamente? – für Diana undenkbar Nicht nur Erwachsene leiden unter entzündlichem Rheuma, auch viele Kinder und Jugendliche sind davon betroffen. Liegt das Alter der Patienten unter 16 Jahren, spricht man von juvenilen chronischen Arthritiden. Die 11-jährige Diana E. erkrankte zum Beispiel bereits im Säuglingsalter. Trotz ständiger Behandlung hat sich ihr Krankheitsbild zu einer Polyarthritis verschlimmert. Ein neues Medikament, das sie seit kurzem erhält und gut zu wirken scheint, lässt sie und ihre Eltern jedoch wieder hoffen. Mühsam hebt Diana das linke Bein um wenige Zentimeter vom Boden und senkt es langsam wieder ab, danach wiederholt sie die Übung mit dem rechten Bein. Ihr Gesicht ist halb verdeckt. Sie liegt bäuchlings auf einer Wolldecke im Wohnzimmer, den Kopf polstert ein Kissen ab. „Diese Figur mach‘ ich gerne, denn die kann ich am besten,” sagt die 11-Jährige und grinst. Diana soll Hüfte und Wirbelsäule damit beweglich halten und die Muskeln im Oberschenkel dehnen, erklärt ihre Mutter, die auf einem Stuhl daneben sitzt. Diana richtet sich auf, greift nach einem Heftordner, der alle ihre krankengymnastischen Übungen enthält, und blättert darin. Zweimal in der Woche geht sie zur Behandlung, und jeden Tag soll sie etwa eine Viertelstunde selbst üben. „In letzter Zeit ist sie nur noch mit Mühe dazu zu bewegen”, meint die Mutter mit einem resignierenden Lächeln, „sie hat keine Lust mehr”. Man verschrieb Diana ein nicht kortisonhaltiges antirheumatisches Mittel, kurz NSAR genannt, das die Schmerzen lindern und die Entzündung in den Gelenken zum Abklingen bringen sollte. Obwohl sie es regelmäßig einnahm, verschlimmerte sich die Krankheit. Als sie zwei Jahre alt war, hatten sich auch ihre Sprunggelenke und die mittleren Fingergelenke entzündet. Ein Besuch beim Augenarzt ergab zudem, dass die Regenbogenhaut ihres linken Auges entzündet war – eine typische Begleiterscheinung der kindlichen Arthritisformen. Diana erhielt Augentropfen mit dem entzündungshemmenden Wirkstoff Kortison. Die Eltern waren inzwischen über den Krankheitsverlauf bei ihrer Tochter sehr beunruhigt und wandten sich deshalb an die Kinderrheumaklinik in Garmisch-Partenkirchen. Das kleine Mädchen blieb dort – wie schon in der Kinderklinik zuvor – für mehrere Wochen; die Ärzte untersuchten Diana leidet seit ihrer frühesten Kindheit es nochmals gründlich und stellten die bis unter Rheuma. Sie war etwas über ein Jahr dahin eingenommenen Medikamente neu alt und konnte schon laufen, als sie sich ein. plötzlich nicht mehr auf ihre Beinchen stellen wollte. Der Orthopäde, den die Eltern Sechs Jahre lang, jeweils im Frühjahr aufsuchten, führte die vorhandene Schwel- und Herbst, ging nun Diana zusammen mit lung in den Knien auf einen möglichen ihrer Mutter in die Klinik, damit die Ärzte Sturz zurück. Doch der Hausarzt miss- den Krankheitsverlauf kontrollieren und sie traute den Symptomen und überwies Diana möglichst gut behandeln konnten. Neben eineinhalb Monate später an die nahe dem NSAR-Präparat, das sie weiterhin gelegene Universitäts-Kinderklinik. Dort einnehmen musste, erhielt sie das Basiswurden unter anderem zahlreiche Blutun- therapeutikum Methotrexat (MTX), das die tersuchungen und Ultraschallaufnahmen Abwehrreaktionen des Immunsystems gemacht. Aufgrund des medizinischen dämpft und so ein weiteres Fortschreiten Befunds schlossen die Ärzte andere Krank- der Entzündungen verhindern soll. Hin und heitsbilder, die ebenfalls mit Gelenkschwel- wieder musste sie die Mittel wechseln, lungen einhergehen, weitgehend aus. Ihre weil ihr davon übel wurde, oder sie bekam erste Diagnose lautete: juvenile chronische MTX statt als Tabletten in besser verträgliArthritis. cher Form mit der Spritze verabreicht. C1 Rheuma-C Diana litt in dieser Zeit häufig unter Infektionen. So entzündeten sich oft ihre Mandeln, bis diese schließlich entfernt wurden. Außerdem erkrankte sie seit Babytagen immer wieder an Mittelohrentzündung – einige ihrer Ärzte vermuten sogar, dass eine solche frühe Infektion bei ihr das Rheuma ausgelöst hat. Seit einigen Wochen schöpfen die Eltern allerdings wieder Hoffnung, dass sich das Blatt vielleicht doch noch zum Guten wendet und die Krankheit nicht mehr weiter fortschreitet. Denn Diana bekommt jetzt ein neues Medikament als Basistherapeutikum, auf das sie sehr gut anspricht. Es enthält den seit einiger Zeit zugelassenen Wirkstoff Leflunomid. Innerhalb kurzer Zeit Mit neun Jahren verschlechterte sich hat das Mittel dafür gesorgt hat, dass Dianas Gesundheitszustand rapide. Immer die Entzündungswerte in ihrem Blut rapide mehr Gelenke sowie die Halswirbelsäule gesunken sind. entzündeten sich; häufig bildeten sich Ergüsse, etwa an den Hüften. Die oligoartiku- Nochmals einen Skiurlaub wie in diesem läre Arthritis (oligo = wenige, articulus = Ge- Winter machen zu können, das wünscht lenk) hatte sich allmählich zur Polyarthritis sich die ganze Familie. „Ich will auf jeden (poly = viel) verschlimmert. Die Ärzte der Fall wieder Snowboard fahren, das macht Kinder-Rheumaambulanz in der nahe gele- echt Spaß,” ruft Diana und lacht. genen Universitätsstadt reagierten darauf, indem sie Diana hohe Dosen an Kortison verabreichten. Bis vor kurzem musste sie das starke Medikament regelmäßig einnehmen, das als zusätzliche Nebenwirkung bei Kindern das Wachstum hemmt. Statt wie zu Beginn ihrer Schulzeit zu den Großen zu gehören, ist sie nun eine der Kleinsten in der Klasse. „Das belastet sie sehr”, erläutert Frau E. Schließlich sei es Diana sehr wichtig, dass sie unter den anderen Mitschülern möglichst wenig auffalle. Daher will sie seit diesem Schuljahr – Diana wechselte auf das Gymnasium – auch ihre Handgelenksschienen nicht mehr tragen, die Fehlstellungen vermeiden helfen. Nur ihre engsten Freunde dort wissen, dass sie Rheuma hat. C2 1 11.12.2001, 9:57 Uhr C BEHANDLUNG Ohne Medikamente? – für Diana undenkbar Nicht nur Erwachsene leiden unter entzündlichem Rheuma, auch viele Kinder und Jugendliche sind davon betroffen. Liegt das Alter der Patienten unter 16 Jahren, spricht man von juvenilen chronischen Arthritiden. Die 11-jährige Diana E. erkrankte zum Beispiel bereits im Säuglingsalter. Trotz ständiger Behandlung hat sich ihr Krankheitsbild zu einer Polyarthritis verschlimmert. Ein neues Medikament, das sie seit kurzem erhält und gut zu wirken scheint, lässt sie und ihre Eltern jedoch wieder hoffen. Mühsam hebt Diana das linke Bein um wenige Zentimeter vom Boden und senkt es langsam wieder ab, danach wiederholt sie die Übung mit dem rechten Bein. Ihr Gesicht ist halb verdeckt. Sie liegt bäuchlings auf einer Wolldecke im Wohnzimmer, den Kopf polstert ein Kissen ab. „Diese Figur mach‘ ich gerne, denn die kann ich am besten,” sagt die 11-Jährige und grinst. Diana soll Hüfte und Wirbelsäule damit beweglich halten und die Muskeln im Oberschenkel dehnen, erklärt ihre Mutter, die auf einem Stuhl daneben sitzt. Diana richtet sich auf, greift nach einem Heftordner, der alle ihre krankengymnastischen Übungen enthält, und blättert darin. Zweimal in der Woche geht sie zur Behandlung, und jeden Tag soll sie etwa eine Viertelstunde selbst üben. „In letzter Zeit ist sie nur noch mit Mühe dazu zu bewegen”, meint die Mutter mit einem resignierenden Lächeln, „sie hat keine Lust mehr”. Man verschrieb Diana ein nicht kortisonhaltiges antirheumatisches Mittel, kurz NSAR genannt, das die Schmerzen lindern und die Entzündung in den Gelenken zum Abklingen bringen sollte. Obwohl sie es regelmäßig einnahm, verschlimmerte sich die Krankheit. Als sie zwei Jahre alt war, hatten sich auch ihre Sprunggelenke und die mittleren Fingergelenke entzündet. Ein Besuch beim Augenarzt ergab zudem, dass die Regenbogenhaut ihres linken Auges entzündet war – eine typische Begleiterscheinung der kindlichen Arthritisformen. Diana erhielt Augentropfen mit dem entzündungshemmenden Wirkstoff Kortison. Die Eltern waren inzwischen über den Krankheitsverlauf bei ihrer Tochter sehr beunruhigt und wandten sich deshalb an die Kinderrheumaklinik in Garmisch-Partenkirchen. Das kleine Mädchen blieb dort – wie schon in der Kinderklinik zuvor – für mehrere Wochen; die Ärzte untersuchten Diana leidet seit ihrer frühesten Kindheit es nochmals gründlich und stellten die bis unter Rheuma. Sie war etwas über ein Jahr dahin eingenommenen Medikamente neu alt und konnte schon laufen, als sie sich ein. plötzlich nicht mehr auf ihre Beinchen stellen wollte. Der Orthopäde, den die Eltern Sechs Jahre lang, jeweils im Frühjahr aufsuchten, führte die vorhandene Schwel- und Herbst, ging nun Diana zusammen mit lung in den Knien auf einen möglichen ihrer Mutter in die Klinik, damit die Ärzte Sturz zurück. Doch der Hausarzt miss- den Krankheitsverlauf kontrollieren und sie traute den Symptomen und überwies Diana möglichst gut behandeln konnten. Neben eineinhalb Monate später an die nahe dem NSAR-Präparat, das sie weiterhin gelegene Universitäts-Kinderklinik. Dort einnehmen musste, erhielt sie das Basiswurden unter anderem zahlreiche Blutun- therapeutikum Methotrexat (MTX), das die tersuchungen und Ultraschallaufnahmen Abwehrreaktionen des Immunsystems gemacht. Aufgrund des medizinischen dämpft und so ein weiteres Fortschreiten Befunds schlossen die Ärzte andere Krank- der Entzündungen verhindern soll. Hin und heitsbilder, die ebenfalls mit Gelenkschwel- wieder musste sie die Mittel wechseln, lungen einhergehen, weitgehend aus. Ihre weil ihr davon übel wurde, oder sie bekam erste Diagnose lautete: juvenile chronische MTX statt als Tabletten in besser verträgliArthritis. cher Form mit der Spritze verabreicht. C1 Rheuma-C Diana litt in dieser Zeit häufig unter Infektionen. So entzündeten sich oft ihre Mandeln, bis diese schließlich entfernt wurden. Außerdem erkrankte sie seit Babytagen immer wieder an Mittelohrentzündung – einige ihrer Ärzte vermuten sogar, dass eine solche frühe Infektion bei ihr das Rheuma ausgelöst hat. Seit einigen Wochen schöpfen die Eltern allerdings wieder Hoffnung, dass sich das Blatt vielleicht doch noch zum Guten wendet und die Krankheit nicht mehr weiter fortschreitet. Denn Diana bekommt jetzt ein neues Medikament als Basistherapeutikum, auf das sie sehr gut anspricht. Es enthält den seit einiger Zeit zugelassenen Wirkstoff Leflunomid. Innerhalb kurzer Zeit Mit neun Jahren verschlechterte sich hat das Mittel dafür gesorgt hat, dass Dianas Gesundheitszustand rapide. Immer die Entzündungswerte in ihrem Blut rapide mehr Gelenke sowie die Halswirbelsäule gesunken sind. entzündeten sich; häufig bildeten sich Ergüsse, etwa an den Hüften. Die oligoartiku- Nochmals einen Skiurlaub wie in diesem läre Arthritis (oligo = wenige, articulus = Ge- Winter machen zu können, das wünscht lenk) hatte sich allmählich zur Polyarthritis sich die ganze Familie. „Ich will auf jeden (poly = viel) verschlimmert. Die Ärzte der Fall wieder Snowboard fahren, das macht Kinder-Rheumaambulanz in der nahe gele- echt Spaß,” ruft Diana und lacht. genen Universitätsstadt reagierten darauf, indem sie Diana hohe Dosen an Kortison verabreichten. Bis vor kurzem musste sie das starke Medikament regelmäßig einnehmen, das als zusätzliche Nebenwirkung bei Kindern das Wachstum hemmt. Statt wie zu Beginn ihrer Schulzeit zu den Großen zu gehören, ist sie nun eine der Kleinsten in der Klasse. „Das belastet sie sehr”, erläutert Frau E. Schließlich sei es Diana sehr wichtig, dass sie unter den anderen Mitschülern möglichst wenig auffalle. Daher will sie seit diesem Schuljahr – Diana wechselte auf das Gymnasium – auch ihre Handgelenksschienen nicht mehr tragen, die Fehlstellungen vermeiden helfen. Nur ihre engsten Freunde dort wissen, dass sie Rheuma hat. C2 1 11.12.2001, 9:57 Uhr Ist Rheuma heilbar? Diese Frage kann kein Mediziner allgemein gültig beantworten. Zu groß ist die Vielfalt der rheumatischen Erkrankungen, zu unterschiedlich sind die Ursachen, die Verlaufsformen und die Schadensvorgänge in den jeweils betroffenen Körpergeweben. auf die Krankheitsursache, sondern auf deren Begleiterscheinungen oder Symptome abzielt, sprechen Mediziner von symptomatischer Therapie. Ein Beispiel hierfür ist die Behandlung von Kopfschmerzen mit entsprechenden Präparaten: Diese lindern zwar den Schmerz und verbessern dadurch Außerdem knüpft die Medizin an den Be- das Befinden des Patienten, doch die griff der Heilung einen sehr hohen Anspruch. Schmerzursachen beseitigen sie nicht. Als heilbar gilt demnach eine Krankheit erst dann, wenn sich deren Ursache erfolg- Die Behandlungsmöglichkeiten für die reich behandeln lässt. Eine Lungenentzün- meisten rheumatischen Erkrankungen fallen dung beispielsweise ist heilbar; der Patient in diese zweite Kategorie der symptomanimmt ein Antibiotikum ein, das die bakteri- tischen Therapien. Sie zielen darauf ab, ellen Verursacher der Infektion abtötet. die Krankheitsfolgen zu verringern: Medikamente sollen etwa die Schmerzen lindern, Bis heute können Mediziner nur die Entzündungsprozesse stoppen oder immuwenigsten Krankheiten in diesem strengen nologische Fehlreaktionen beeinflussen; Sinn heilen. Dennoch lassen sich viele erfolg- Physiotherapien oder Operationen sollen reich behandeln – die Therapie bremst geschädigte Gelenke wieder beweglicher die Krankheitsprozesse oder mildert deren und belastbarer machen, eine Ergo- oder eine Psychotherapie soll dem Patienten den Umgang mit seiner Krankheit im Alltag erleichtern. Medikamente Heilbar – im strengen Wortsinn – sind lediglich die infektiösen Rheumaformen, und zwar mit Antibiotika, die den Gelenkschmerz auslösenden Erreger vernichten. Operative Therapie Da jedoch die Ursachen der meisten rheumatischen Erkrankungen noch unbekannt sind, gelingt es in der Regel nicht, sie gänzlich zum Verschwinden zu bringen – sie können sich daher chronisch über viele Psychotherapie Jahre hinweg ausprägen. Rehabilitation Rheuma Ernährung Patientenschulung Physikalische Therapie Ergo- und Beschäftigungstherapie So unterschiedlich wie die Formen des Rheumas sind die Behandlungsansätze. Die Therapie von Rheumakranken setzt sich daher je nach Einzelfall aus verschiedenen Maßnahmen zusammen. Diese stellt der Arzt im Behandlungsplan zusammen. Folgen und hilft den Patienten, „mit der Krankheit zu leben”; sie spüren von ihrer Krankheit möglichst wenig, und ihr Wohlbefinden ist gar nicht oder kaum beeinträchtigt. Da eine solche Behandlung nicht C3 Rheuma-C Kuraufenthalt Dank vieler Fortschritte in der Rheumatherapie gelang es jedoch in den vergangenen Jahren, den Patienten neue, in vielen Fällen spürbar wirkungsvollere Therapien anzubieten. Selbst sehr schwere, in Einzelfällen sonst sogar tödliche Krankheitsverläufe lassen sich heute gut behandeln. Und die Rheumaforschung schreitet voran: Wissenschaftler können inzwischen die Schadensabläufe bis auf die molekulare Ebene verfolgen. Damit besteht die Chance, deren Ursachen zu entschlüsseln. Mit diesem Wissen – so die berechtigte Hoffnung – könnte es eines Tages gelingen, auch diese Krankheiten zu heilen. Jede der mehr als 400 Rheumaformen erfordert eine spezifische Behandlung mit einem oder mehreren Arzneimitteln, die gegen diese Krankheitsgruppe entwickelt wurden. Aus diesem Grund ist bei jedem Rheumapatienten eine präzise Diagnose unverzichtbar, damit der Arzt mit einem individuell zugeschnittenen Behandlungsplan langfristig Linderung verschaffen kann. Bei letzteren Krankheiten kommen oft auch spannungslösende Muskelrelaxantien zum Einsatz. Welche Medikamente helfen bei Rheuma? Die „nur” symptomatische Wirkweise der Analgetika darf man nicht gering schätzen: Zum einen erleben viele Rheumakranke den Schmerz als die schlimmste Begleiterscheinung ihrer Krankheit, zum andern ist die Schmerzlinderung häufig eine Voraussetzung Die schier unüberschaubare Fülle der dafür, andere Therapien – etwa krankengymRheumamedikamente lässt sich zwei Grup- nastische Übungen – anwenden zu können. pen zuordnen: Analgetika unterscheiden sich in der Wirk• Symptomatisch wirkende Arzneimittel stärke wie in der Schwere ihrer Nebenwirlindern Schmerzen oder hemmen Entkungen. Aus diesem Grund ist es wichtig, zündungen. Hierzu zählen Schmerzmit- ein adäquates Schmerzmittel zu finden, das tel (Analgetika), Arzneimittel, die Musdann angemessen dosiert wird. Der Grundkelverspannungen lösen (Muskelrelasatz hierfür lautet: So viel wie nötig, aber so xantien), und entzündungshemmende wenig wie möglich. Um die Menge und EinSubstanzen (Antiphlogistika sowie Glu- nahmedauer von Analgetika zu minimieren, kokortikoide). Ihre Wirkung tritt relativ empfiehlt es sich, zusätzlich nicht medikaschnell ein. mentöse Strategien der Schmerzbewältigung anzuwenden. • Krankheitsbeeinflussende Medikamente – sie werden auch als Basistherapeutika Entzündungshemmende Medikamente linbezeichnet – sind langsam wirkende dern in den meisten Fällen ebenfalls SchmerSubstanzen, mit denen man versucht, zen, wirken jedoch anders als Analgetika. bestimmte, mit der Krankheit einherSie greifen nämlich in die biochemische gehende Schadensprozesse im Körper oder immunologische Kaskade der Entzünpositiv zu beeinflussen. Viele Basisthe- dungsvorgänge im Körper ein. In erster Linie rapeutika wirken beispielsweise auf sollen sie diese Prozesse stoppen; dadurch das Immunsystem ein. wirken sie auch schmerzlindernd. Den Schmerz lindern – Entzündungen stoppen Zu den schmerzlindernden Medikamenten oder Analgetika zählen Wirkstoffe wie Paracetamol oder die Gruppe der Pyrazolone. Sie dämpfen auf verschiedene Weise die Schmerzempfindung, indem sie etwa die Schmerzrezeptoren im Körper blockieren. Sie dienen in der Rheumatherapie in der Regel als Zusatzpräparate, die mit anderen Medikamenten kombiniert angewendet werden. Lediglich bei degenerativen Rheumaformen wie der Arthrose und bei weichteilrheumatischen Erkrankungen werden sie zur akuten Behandlung als Ersttherapeutika eingesetzt. Hinsichtlich der Wirkansätze lassen sich zwei Gruppen von entzündungshemmenden Medikamenten unterscheiden: die so genannten Glukokortikoide – chemisch synthetisierte Substanzen, die sich vom körpereigenen Steroidhormon Kortison ableiten lassen – und die Antiphlogistika oder nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), also Substanzen, die nicht mit Kortison verwandt sind. Der bekannteste Wirkstoff aus dieser Gruppe ist die Acetylsalicylsäure (ASS), der Inhaltsstoff, aus dem etwa auch das Produkt Aspirin besteht. In der Regel werden NSAR bei entzündlichen Rheumaformen zuerst eingesetzt, während der Arzt Kortisonpräparate meist erst dann verwendet, wenn erstere sich als nicht ausreichend wirksam erwiesen haben. C4 2 11.12.2001, 9:57 Uhr Ist Rheuma heilbar? Diese Frage kann kein Mediziner allgemein gültig beantworten. Zu groß ist die Vielfalt der rheumatischen Erkrankungen, zu unterschiedlich sind die Ursachen, die Verlaufsformen und die Schadensvorgänge in den jeweils betroffenen Körpergeweben. auf die Krankheitsursache, sondern auf deren Begleiterscheinungen oder Symptome abzielt, sprechen Mediziner von symptomatischer Therapie. Ein Beispiel hierfür ist die Behandlung von Kopfschmerzen mit entsprechenden Präparaten: Diese lindern zwar den Schmerz und verbessern dadurch Außerdem knüpft die Medizin an den Be- das Befinden des Patienten, doch die griff der Heilung einen sehr hohen Anspruch. Schmerzursachen beseitigen sie nicht. Als heilbar gilt demnach eine Krankheit erst dann, wenn sich deren Ursache erfolg- Die Behandlungsmöglichkeiten für die reich behandeln lässt. Eine Lungenentzün- meisten rheumatischen Erkrankungen fallen dung beispielsweise ist heilbar; der Patient in diese zweite Kategorie der symptomanimmt ein Antibiotikum ein, das die bakteri- tischen Therapien. Sie zielen darauf ab, ellen Verursacher der Infektion abtötet. die Krankheitsfolgen zu verringern: Medikamente sollen etwa die Schmerzen lindern, Bis heute können Mediziner nur die Entzündungsprozesse stoppen oder immuwenigsten Krankheiten in diesem strengen nologische Fehlreaktionen beeinflussen; Sinn heilen. Dennoch lassen sich viele erfolg- Physiotherapien oder Operationen sollen reich behandeln – die Therapie bremst geschädigte Gelenke wieder beweglicher die Krankheitsprozesse oder mildert deren und belastbarer machen, eine Ergo- oder eine Psychotherapie soll dem Patienten den Umgang mit seiner Krankheit im Alltag erleichtern. Medikamente Heilbar – im strengen Wortsinn – sind lediglich die infektiösen Rheumaformen, und zwar mit Antibiotika, die den Gelenkschmerz auslösenden Erreger vernichten. Operative Therapie Da jedoch die Ursachen der meisten rheumatischen Erkrankungen noch unbekannt sind, gelingt es in der Regel nicht, sie gänzlich zum Verschwinden zu bringen – sie können sich daher chronisch über viele Psychotherapie Jahre hinweg ausprägen. Rehabilitation Rheuma Ernährung Patientenschulung Physikalische Therapie Ergo- und Beschäftigungstherapie So unterschiedlich wie die Formen des Rheumas sind die Behandlungsansätze. Die Therapie von Rheumakranken setzt sich daher je nach Einzelfall aus verschiedenen Maßnahmen zusammen. Diese stellt der Arzt im Behandlungsplan zusammen. Folgen und hilft den Patienten, „mit der Krankheit zu leben”; sie spüren von ihrer Krankheit möglichst wenig, und ihr Wohlbefinden ist gar nicht oder kaum beeinträchtigt. Da eine solche Behandlung nicht C3 Rheuma-C Kuraufenthalt Dank vieler Fortschritte in der Rheumatherapie gelang es jedoch in den vergangenen Jahren, den Patienten neue, in vielen Fällen spürbar wirkungsvollere Therapien anzubieten. Selbst sehr schwere, in Einzelfällen sonst sogar tödliche Krankheitsverläufe lassen sich heute gut behandeln. Und die Rheumaforschung schreitet voran: Wissenschaftler können inzwischen die Schadensabläufe bis auf die molekulare Ebene verfolgen. Damit besteht die Chance, deren Ursachen zu entschlüsseln. Mit diesem Wissen – so die berechtigte Hoffnung – könnte es eines Tages gelingen, auch diese Krankheiten zu heilen. Jede der mehr als 400 Rheumaformen erfordert eine spezifische Behandlung mit einem oder mehreren Arzneimitteln, die gegen diese Krankheitsgruppe entwickelt wurden. Aus diesem Grund ist bei jedem Rheumapatienten eine präzise Diagnose unverzichtbar, damit der Arzt mit einem individuell zugeschnittenen Behandlungsplan langfristig Linderung verschaffen kann. Bei letzteren Krankheiten kommen oft auch spannungslösende Muskelrelaxantien zum Einsatz. Welche Medikamente helfen bei Rheuma? Die „nur” symptomatische Wirkweise der Analgetika darf man nicht gering schätzen: Zum einen erleben viele Rheumakranke den Schmerz als die schlimmste Begleiterscheinung ihrer Krankheit, zum andern ist die Schmerzlinderung häufig eine Voraussetzung Die schier unüberschaubare Fülle der dafür, andere Therapien – etwa krankengymRheumamedikamente lässt sich zwei Grup- nastische Übungen – anwenden zu können. pen zuordnen: Analgetika unterscheiden sich in der Wirk• Symptomatisch wirkende Arzneimittel stärke wie in der Schwere ihrer Nebenwirlindern Schmerzen oder hemmen Entkungen. Aus diesem Grund ist es wichtig, zündungen. Hierzu zählen Schmerzmit- ein adäquates Schmerzmittel zu finden, das tel (Analgetika), Arzneimittel, die Musdann angemessen dosiert wird. Der Grundkelverspannungen lösen (Muskelrelasatz hierfür lautet: So viel wie nötig, aber so xantien), und entzündungshemmende wenig wie möglich. Um die Menge und EinSubstanzen (Antiphlogistika sowie Glu- nahmedauer von Analgetika zu minimieren, kokortikoide). Ihre Wirkung tritt relativ empfiehlt es sich, zusätzlich nicht medikaschnell ein. mentöse Strategien der Schmerzbewältigung anzuwenden. • Krankheitsbeeinflussende Medikamente – sie werden auch als Basistherapeutika Entzündungshemmende Medikamente linbezeichnet – sind langsam wirkende dern in den meisten Fällen ebenfalls SchmerSubstanzen, mit denen man versucht, zen, wirken jedoch anders als Analgetika. bestimmte, mit der Krankheit einherSie greifen nämlich in die biochemische gehende Schadensprozesse im Körper oder immunologische Kaskade der Entzünpositiv zu beeinflussen. Viele Basisthe- dungsvorgänge im Körper ein. In erster Linie rapeutika wirken beispielsweise auf sollen sie diese Prozesse stoppen; dadurch das Immunsystem ein. wirken sie auch schmerzlindernd. Den Schmerz lindern – Entzündungen stoppen Zu den schmerzlindernden Medikamenten oder Analgetika zählen Wirkstoffe wie Paracetamol oder die Gruppe der Pyrazolone. Sie dämpfen auf verschiedene Weise die Schmerzempfindung, indem sie etwa die Schmerzrezeptoren im Körper blockieren. Sie dienen in der Rheumatherapie in der Regel als Zusatzpräparate, die mit anderen Medikamenten kombiniert angewendet werden. Lediglich bei degenerativen Rheumaformen wie der Arthrose und bei weichteilrheumatischen Erkrankungen werden sie zur akuten Behandlung als Ersttherapeutika eingesetzt. Hinsichtlich der Wirkansätze lassen sich zwei Gruppen von entzündungshemmenden Medikamenten unterscheiden: die so genannten Glukokortikoide – chemisch synthetisierte Substanzen, die sich vom körpereigenen Steroidhormon Kortison ableiten lassen – und die Antiphlogistika oder nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), also Substanzen, die nicht mit Kortison verwandt sind. Der bekannteste Wirkstoff aus dieser Gruppe ist die Acetylsalicylsäure (ASS), der Inhaltsstoff, aus dem etwa auch das Produkt Aspirin besteht. In der Regel werden NSAR bei entzündlichen Rheumaformen zuerst eingesetzt, während der Arzt Kortisonpräparate meist erst dann verwendet, wenn erstere sich als nicht ausreichend wirksam erwiesen haben. C4 2 11.12.2001, 9:57 Uhr Welche Medikamente helfen bei Rheuma? NSAR greifen in die biochemische Kaskade der Entzündung ein, indem sie ein bestimmtes Enzym – es heißt Cyclooxygenase (COX) – hemmen. Dadurch bremsen sie einen wichtigen Entzündungsvorgang, nämlich die Bildung von so genannten Prostaglandinen im Körper, die vor allem für den typischen Entzündungsschmerz verantwortlich sind. Kortison-Präparate beeinflussen demgegenüber die Prozesse der Körperabwehr bei einer Entzündung, indem sie zum Beispiel entzündungsfördernde weiße Blutzellen – bestimmte Leukozyten – und Makrophagen hemmen. Das Spektrum der Nebenwirkungen von Kortisonpräparaten reicht von Hautveränderungen über psychische Störungen, Augenprobleme bis zur Zuckerkrankheit und Immunschwäche. Da medikamentöse Kortisongaben die körpereigene Produktion dieses Hormons bremsen, ist es unbedingt erforderlich, ein ganz bestimmtes Einnahmeschema einzuhalten. So darf der Patient Kortison-Präparate beispielsweise nicht schlagartig absetzen. Vielmehr muss er ihre Dosis schrittweise immer weiter verringern, damit der Körper die Eigenproduktion dieses lebenswichtigen Hormons wieBeide Gruppen entzündungshemmender der ankurbeln kann. Man spricht hier von Medikamente haben jeweils unterschiedli- ausschleichender Dosierung. che Nebenwirkungen. NSAR beeinträchtigen die Schutzfunktion der Magenschleimhaut Beide Gruppen entzündungshemmender und begünstigen dadurch das Auftreten von Medikamente sorgen bei vielen RheumaBlutungen und die Bildung von Geschwü- patienten für eine spürbare Linderung. In ren. Außerdem beeinflussen sie das Blut- jedem Einzelfall müssen Arzt und Patient gerinnungssystem sowie die Blutbildung, dabei abwägen, welchen Nutzen der Einund sie belasten die Leber und vor allem satz eines Mittels bietet und welches Risiko die Nieren. Fachleute schätzen, dass bei mit seiner Einnahme verbunden ist. Der Arzt zehn bis 15 Prozent aller Nierenkranken, muss dazu die medikamentöse Therapie die sich einer Dialyse unterziehen müssen, sorgfältig überwachen, um etwa drohende, der Organschaden durch die missbräuch- schwere Nebenwirkungen frühzeitig zu erliche Einnahme solcher Schmerzmittel ent- kennen. Ebenso wichtig ist jedoch, dass der stand. Obwohl NSAR-Präparate nicht ver- Patient möglichst nicht vom ausgearbeiteschreibungspflichtig sind, sollte man sie ten Einnahmeschema abweicht und den daher keinesfalls über längere Zeit hinweg Arzt sofort über eine beobachtete Begleitohne ärztliche Kontrolle einnehmen. erscheinung der Therapie unterrichtet. Nur dann gelingt es, eine für den Patienten sichere und wirksame Behandlung zu finden. Die neue Medikamentengruppe der so genannten COX-2-Inhibitoren hemmt spezifisch das körpereigene Enzym Cyclooxygenase-2, das bei entzündlichen Vorgängen im Körper eine Schlüsselrolle spielt. Die Entschlüsselung der molekularen Vorgänge bei einer Entzündung erlaubt es, Medikamente zu entwickeln, die immer selektiver wirken und daher geringere Nebenwirkungen zeigen. gemeinsames Ausgangsprodukt: Arachidonsäure Glukokortikoide (z.B. Kortison) Stopp Stopp Stopp COX-1 Stopp COX-2 nicht-steroidale antirheumatische Medikamente (z.B. Acetylsalicylsäure) wichtige Funktionen im fördert Magen-Darm-Trakt, Entzündungen den Nieren und für Blutplättchen C5 Rheuma-C COX-2Hemmstoffe Die Gruppe der nichtsteroidalen Entzündungshemmstoffe ist in jüngster Zeit durch Substanzen erweitert worden, die aufgrund ihrer spezifischeren Wirkung geringere Nebenwirkungen aufzuweisen scheinen. Es handelt sich dabei um die so genannten COX-2-Hemmstoffe oder -Inhibitoren, die in den Medien auch als „Super-Aspirine” für Furore sorgten. Sie hemmen sehr selektiv eine Unterform des Enzyms Cyclooxygenase, das als COX-2 bezeichnet wird. Vor einigen Jahren stellte sich nämlich heraus, dass dieses Enzym in zwei Spielarten – COX-1 und COX-2 – vorliegt. Bisherige Entzündungshemmer wirken – wenn auch jeweils unterschiedlich stark – auf beide Enzymformen, was einen Teil der Nebenwirkungen bedingt. Während nämlich die COX-2-Hemmung für den erwünschten entzündungsbremsenden und schmerzlindernden Effekt sorgt, blockiert die COX-1Hemmung wichtige Stoffwechselvorgänge und Schutzmechanismen, etwa in der Magenschleimhaut. bekämpfen, sondern den Krankheitsverlauf als Ganzes mildern will – letztlich sogar zur Ursache der Erkrankung vorstoßen möchte. Dies, nämlich eine Heilung im strengen Sinn, ist das Fernziel. Der Wirkansatz der Basistherapeutika liegt damit zwischen dem eines rein symptomatisch wirkenden Arzneimittels und dem eines „echten” Heilmittels. Die Gruppe der Basistherapeutika umfasst mehr als ein Dutzend verschiedener Wirkstoffe, die sich hinsichtlich ihrer Wirkweise stark unterscheiden. Viele von ihnen wurden übrigens ursprünglich nicht als Durch die selektive Wirkung der COX-2- Rheumamedikamente entwickelt. Hemmer lassen sich nun die sonst in Kauf Das Basistherapeutikum Hydrochloroquin zu nehmenden Nebenwirkungen auf den Magen-Darm-Trakt reduzieren. Andere Ne- etwa ist ein Antimalariamittel; Substanzen benwirkungen, etwa auf Leber und Niere, wie Cyclophosphamid, Methotrexat (MTX) können indes auch bei COX-2-Hemmern auf- oder Cyclosporin wirken hemmend auf das treten. Dennoch zeigen die bisherigen Erfah- Immunsystem. Sie wurden zunächst für die rungen, dass vor allem jene Patienten von Behandlung verschiedener Krebstypen bezieCOX-2-Hemmern profitieren, bei denen die hungsweise für die Transplantationsmedizin Einnahme von unspezifischer wirkenden entwickelt. Sie erwiesen sich jedoch gerade COX-Hemmern zu schweren Nebenwirkun- bei entzündlichen Rheumaformen als sehr gen geführt hat. Allerdings sind COX-2-Hem- hilfreich. Mit MTX, dem zurzeit am häufigsmer auch um ein Mehrfaches teurer als die ten eingesetzten Basistherapeutikum, gelingt es zum Beispiel, die Bildung entzündungsbisherigen Medikamente dieser Gruppe. fördernder Botenstoffe wie Interleukin-1 zu bremsen. Immerhin 70 Prozent der mit MTX Krankheitsprozesse günstig behandelten Patienten mit chronischer Polyarthritis profitieren von diesem Medikament. beeinflussen Die so genannten Basistherapeutika bilden eine chemisch sehr heterogene Gruppe von Rheumamedikamenten, denen zwei Eigenschaften gemein sind: Sie entfalten ihre Wirkung erst nach mehreren Wochen oder gar Monaten, und sie zielen darauf ab, den Krankheitsprozess günstig zu beeinflussen. Der Name „Basistherapeutika” ist zwar sehr verbreitet, aber etwas irreführend, da diese Medikamente in der Regel nicht allein und selten bereits zu Beginn einer Erkrankung eingesetzt werden. Der englische Begriff „disease modifying drugs” (DMD) – zu Deutsch etwa: „krankheitsbeeinflussende Medikamente” – mag zwar etwas unscharf sein, trifft jedoch ihre Wirkweise besser. Er drückt aus, dass man mit diesen Substanzen nicht nur einzelne Symptome Mit entzündungshemmenden Medikamenten lassen sich Schmerzen oft akut lindern. Die Behandlung mit Basistherapeutika verschafft dem Patienten demgegenüber meist erst nach einiger Zeit Linderung. Sie sollen langfristig wirken, indem sie den Krankheitsprozess günstig beeinflussen. Eine Antwort auf die Frage, ob einem Rheumapatienten Basistherapeutika überhaupt helfen und, falls ja, auf welchen Wirkstoff er am besten anspricht, erhält man oft nur durch praktisches Ausprobieren. Die Wahl des richtigen Medikaments setzt dabei vom Arzt große Erfahrung und vor allem eine möglichst sichere Diagnose voraus. Bevor diese nicht vorliegt, ist es in der Regel kaum sinnvoll, ein Basistherapeutikum einzusetzen. Umgekehrt gilt: Je frühzeitiger im Krankheitsverlauf Basistherapeutika verwendet werden, desto größer sind die Chancen, ihn günstig zu beeinflussen. Erneut zeigt sich, wie wichtig eine möglichst schnelle und sichere Diagnose ist, auf die dann umgehend eine konsequente Behandlung folgt. C6 3 11.12.2001, 9:58 Uhr Welche Medikamente helfen bei Rheuma? NSAR greifen in die biochemische Kaskade der Entzündung ein, indem sie ein bestimmtes Enzym – es heißt Cyclooxygenase (COX) – hemmen. Dadurch bremsen sie einen wichtigen Entzündungsvorgang, nämlich die Bildung von so genannten Prostaglandinen im Körper, die vor allem für den typischen Entzündungsschmerz verantwortlich sind. Kortison-Präparate beeinflussen demgegenüber die Prozesse der Körperabwehr bei einer Entzündung, indem sie zum Beispiel entzündungsfördernde weiße Blutzellen – bestimmte Leukozyten – und Makrophagen hemmen. Das Spektrum der Nebenwirkungen von Kortisonpräparaten reicht von Hautveränderungen über psychische Störungen, Augenprobleme bis zur Zuckerkrankheit und Immunschwäche. Da medikamentöse Kortisongaben die körpereigene Produktion dieses Hormons bremsen, ist es unbedingt erforderlich, ein ganz bestimmtes Einnahmeschema einzuhalten. So darf der Patient Kortison-Präparate beispielsweise nicht schlagartig absetzen. Vielmehr muss er ihre Dosis schrittweise immer weiter verringern, damit der Körper die Eigenproduktion dieses lebenswichtigen Hormons wieBeide Gruppen entzündungshemmender der ankurbeln kann. Man spricht hier von Medikamente haben jeweils unterschiedli- ausschleichender Dosierung. che Nebenwirkungen. NSAR beeinträchtigen die Schutzfunktion der Magenschleimhaut Beide Gruppen entzündungshemmender und begünstigen dadurch das Auftreten von Medikamente sorgen bei vielen RheumaBlutungen und die Bildung von Geschwü- patienten für eine spürbare Linderung. In ren. Außerdem beeinflussen sie das Blut- jedem Einzelfall müssen Arzt und Patient gerinnungssystem sowie die Blutbildung, dabei abwägen, welchen Nutzen der Einund sie belasten die Leber und vor allem satz eines Mittels bietet und welches Risiko die Nieren. Fachleute schätzen, dass bei mit seiner Einnahme verbunden ist. Der Arzt zehn bis 15 Prozent aller Nierenkranken, muss dazu die medikamentöse Therapie die sich einer Dialyse unterziehen müssen, sorgfältig überwachen, um etwa drohende, der Organschaden durch die missbräuch- schwere Nebenwirkungen frühzeitig zu erliche Einnahme solcher Schmerzmittel ent- kennen. Ebenso wichtig ist jedoch, dass der stand. Obwohl NSAR-Präparate nicht ver- Patient möglichst nicht vom ausgearbeiteschreibungspflichtig sind, sollte man sie ten Einnahmeschema abweicht und den daher keinesfalls über längere Zeit hinweg Arzt sofort über eine beobachtete Begleitohne ärztliche Kontrolle einnehmen. erscheinung der Therapie unterrichtet. Nur dann gelingt es, eine für den Patienten sichere und wirksame Behandlung zu finden. Die neue Medikamentengruppe der so genannten COX-2-Inhibitoren hemmt spezifisch das körpereigene Enzym Cyclooxygenase-2, das bei entzündlichen Vorgängen im Körper eine Schlüsselrolle spielt. Die Entschlüsselung der molekularen Vorgänge bei einer Entzündung erlaubt es, Medikamente zu entwickeln, die immer selektiver wirken und daher geringere Nebenwirkungen zeigen. gemeinsames Ausgangsprodukt: Arachidonsäure Glukokortikoide (z.B. Kortison) Stopp Stopp Stopp COX-1 Stopp COX-2 nicht-steroidale antirheumatische Medikamente (z.B. Acetylsalicylsäure) wichtige Funktionen im fördert Magen-Darm-Trakt, Entzündungen den Nieren und für Blutplättchen C5 Rheuma-C COX-2Hemmstoffe Die Gruppe der nichtsteroidalen Entzündungshemmstoffe ist in jüngster Zeit durch Substanzen erweitert worden, die aufgrund ihrer spezifischeren Wirkung geringere Nebenwirkungen aufzuweisen scheinen. Es handelt sich dabei um die so genannten COX-2-Hemmstoffe oder -Inhibitoren, die in den Medien auch als „Super-Aspirine” für Furore sorgten. Sie hemmen sehr selektiv eine Unterform des Enzyms Cyclooxygenase, das als COX-2 bezeichnet wird. Vor einigen Jahren stellte sich nämlich heraus, dass dieses Enzym in zwei Spielarten – COX-1 und COX-2 – vorliegt. Bisherige Entzündungshemmer wirken – wenn auch jeweils unterschiedlich stark – auf beide Enzymformen, was einen Teil der Nebenwirkungen bedingt. Während nämlich die COX-2-Hemmung für den erwünschten entzündungsbremsenden und schmerzlindernden Effekt sorgt, blockiert die COX-1Hemmung wichtige Stoffwechselvorgänge und Schutzmechanismen, etwa in der Magenschleimhaut. bekämpfen, sondern den Krankheitsverlauf als Ganzes mildern will – letztlich sogar zur Ursache der Erkrankung vorstoßen möchte. Dies, nämlich eine Heilung im strengen Sinn, ist das Fernziel. Der Wirkansatz der Basistherapeutika liegt damit zwischen dem eines rein symptomatisch wirkenden Arzneimittels und dem eines „echten” Heilmittels. Die Gruppe der Basistherapeutika umfasst mehr als ein Dutzend verschiedener Wirkstoffe, die sich hinsichtlich ihrer Wirkweise stark unterscheiden. Viele von ihnen wurden übrigens ursprünglich nicht als Durch die selektive Wirkung der COX-2- Rheumamedikamente entwickelt. Hemmer lassen sich nun die sonst in Kauf Das Basistherapeutikum Hydrochloroquin zu nehmenden Nebenwirkungen auf den Magen-Darm-Trakt reduzieren. Andere Ne- etwa ist ein Antimalariamittel; Substanzen benwirkungen, etwa auf Leber und Niere, wie Cyclophosphamid, Methotrexat (MTX) können indes auch bei COX-2-Hemmern auf- oder Cyclosporin wirken hemmend auf das treten. Dennoch zeigen die bisherigen Erfah- Immunsystem. Sie wurden zunächst für die rungen, dass vor allem jene Patienten von Behandlung verschiedener Krebstypen bezieCOX-2-Hemmern profitieren, bei denen die hungsweise für die Transplantationsmedizin Einnahme von unspezifischer wirkenden entwickelt. Sie erwiesen sich jedoch gerade COX-Hemmern zu schweren Nebenwirkun- bei entzündlichen Rheumaformen als sehr gen geführt hat. Allerdings sind COX-2-Hem- hilfreich. Mit MTX, dem zurzeit am häufigsmer auch um ein Mehrfaches teurer als die ten eingesetzten Basistherapeutikum, gelingt es zum Beispiel, die Bildung entzündungsbisherigen Medikamente dieser Gruppe. fördernder Botenstoffe wie Interleukin-1 zu bremsen. Immerhin 70 Prozent der mit MTX Krankheitsprozesse günstig behandelten Patienten mit chronischer Polyarthritis profitieren von diesem Medikament. beeinflussen Die so genannten Basistherapeutika bilden eine chemisch sehr heterogene Gruppe von Rheumamedikamenten, denen zwei Eigenschaften gemein sind: Sie entfalten ihre Wirkung erst nach mehreren Wochen oder gar Monaten, und sie zielen darauf ab, den Krankheitsprozess günstig zu beeinflussen. Der Name „Basistherapeutika” ist zwar sehr verbreitet, aber etwas irreführend, da diese Medikamente in der Regel nicht allein und selten bereits zu Beginn einer Erkrankung eingesetzt werden. Der englische Begriff „disease modifying drugs” (DMD) – zu Deutsch etwa: „krankheitsbeeinflussende Medikamente” – mag zwar etwas unscharf sein, trifft jedoch ihre Wirkweise besser. Er drückt aus, dass man mit diesen Substanzen nicht nur einzelne Symptome Mit entzündungshemmenden Medikamenten lassen sich Schmerzen oft akut lindern. Die Behandlung mit Basistherapeutika verschafft dem Patienten demgegenüber meist erst nach einiger Zeit Linderung. Sie sollen langfristig wirken, indem sie den Krankheitsprozess günstig beeinflussen. Eine Antwort auf die Frage, ob einem Rheumapatienten Basistherapeutika überhaupt helfen und, falls ja, auf welchen Wirkstoff er am besten anspricht, erhält man oft nur durch praktisches Ausprobieren. Die Wahl des richtigen Medikaments setzt dabei vom Arzt große Erfahrung und vor allem eine möglichst sichere Diagnose voraus. Bevor diese nicht vorliegt, ist es in der Regel kaum sinnvoll, ein Basistherapeutikum einzusetzen. Umgekehrt gilt: Je frühzeitiger im Krankheitsverlauf Basistherapeutika verwendet werden, desto größer sind die Chancen, ihn günstig zu beeinflussen. Erneut zeigt sich, wie wichtig eine möglichst schnelle und sichere Diagnose ist, auf die dann umgehend eine konsequente Behandlung folgt. C6 3 11.12.2001, 9:58 Uhr Welche Medikamente helfen bei Rheuma? Die erst nach Wochen oder gar Monaten einsetzende Wirksamkeit, die den Basistherapeutika zu eigen ist, bedeutet, dass der Patient, der ein solches Mittel verschrieben bekommt, Geduld aufbringen muss. Schnelle Erfolge im Sinn einer sofort spürbaren Besserung seiner Krankheit darf er durch diese Medikamente nicht erwarten. Daher werden Basistherapeutika meist in Kombination mit akut wirkenden schmerzlindernden und entzündungshemmenden Arzneimitteln eingesetzt. Diese „überbrücken” die Zeit, bis das Basistherapeutikum seine Wirkung entfaltet. Verbessert sich indes der Gesundheitszustand auch nach Ablauf der Anlaufzeit nicht, die für jedes Basistherapeutikum typisch ist, wird der Arzt vorschlagen, dieses Basistherapeutikum abzusetzen und stattdessen einen anderen Wirkstoff aus dieser Gruppe auszuprobieren. Unter Umständen muss ein Patient daher mehrere vergebliche Anläufe mit verschiedenen Basistherapeutika machen, bevor bei ihm sich eines als wirksam herausstellen wird. Die mikroskopischen Aufnahmen eines Gelenks zeigen die Wirkung von monoklonalen Antikörpern gegen das Zytokin Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) bei rheumatoider Arthritis: Am linken oberen Bildrand (linkes Foto) ist eine schwere Entzündung der Gelenkinnenhaut zu sehen, die sich ohne medikamentöse Behandlung nach sechs Wochen (Mitte) über die gesamte Membran ausgeweitet hat (mittelblaue, gekörnte Flächen). Bei Behandlung mit Anti-TNF-Antikörpern (rechts) ist die Entzündung dagegen nach derselben Zeit abgeheilt. Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass es sinnvoll sein kann, mehrere Basistherapeutika miteinander zu kombinieren. Damit lassen sich die notwendigen Dosierungen für jedes einzelne Präparat reduzieren und sonst auftretende Nebenwirkungen vermeiden, oder die kombinierte Einnahme verstärkt die Wirksamkeit der Einzelsubstanzen – Mediziner sprechen dann von einem synergistischen Effekt. C7 Rheuma-C Neben dem Ausarbeiten wirkungsvollerer Wirkstoffkombinationen gelang es Medizinern und Pharmaunternehmen in den letzten Jahren, die medikamentöse Rheumatherapie durch neue Substanzen zu verbessern. Einer dieser neuen Wirkstoffe ist Leflunomid, das bei Patienten mit chronischer Polyarthritis erfolgreich angewendet wird. Leflunomid rechnet man den so genannten Immunmodulatoren zu – es beeinflusst („moduliert”) die Körperabwehr, indem es die Produktion entzündungsfördernder Botenstoffe des Immunsystems, der so genannten Zytokine, hemmt. Phase 1 Phase 2 Körperzelle präsentiert auf ihrem MHC-Komplex das unbekannte Antigen X aktivierte T-Zelle produziert Alarmstoffe (z.B. Interleukin-2 und Interferon-gamma) T-Zell-Rezeptor erkennt Antigen Botschaft an Zellkern: Aktivierung Zellkern T-Zelle Plasmazelle (B-Lymphozyt) Makrophage Diesen immunmodulatorischen Wirkansatz verfolgt auch eine völlig neue Gruppe von biotechnologisch erzeugten Medikamenten. Es handelt sich um Antikörper, die an das Zytokin mit dem Namen TumorNekrose-Faktor (TNF) andocken und dieses dadurch unschädlich machen. Sie werden daher als Anti-TNF-Antikörper bezeichnet. TNF gilt als einer der Botenstoffe, die bei entzündlichen Rheumaerkrankungen wie der chronischen Polyarthritis die fehlgeleitete Immunreaktion „anheizen”. Die Antikörper unterdrücken gleichsam den Entzündungsalarm, mit dem TNF weitere Immunzellen aktivieren würde. Seit zwei Jahren werden schwer kranke Rheumapatienten mit Anti-TNF-Antikörpern – zuerst vor allem in den USA, nun aber auch in Deutschland – mit gutem Erfolg behandelt. Ermutigend dabei ist, dass man mit Anti-TNF-Antikörpern und einem ähnlich wirkenden Medikament, dem löslichen TNF-Rezeptor, Patienten spürbar helfen konnte, bei denen andere Medikamente nicht oder nur wenig anschlugen. Allerdings fehlen noch Erfahrungen über die Langzeitwirkung der Präparate, und sie sind sehr teuer. Phase 3 durch Alarmstoff aktivierter Makrophage produziert Entzündungs-Botenstoffe (z.B. TNF und Interleukin-1) durch Alarmstoffe aktivierte B-Zelle produziert Auto-Antikörper (Rheumafaktoren) Bindegewebszelle (Fibroblast) Phase 4 Entzündungs-Botenstoffe des Makrophagen verstärken die Aktivierung der B-Zelle Die Grafik zeigt die wesentlichen zellulären und molekularen Abläufe bei einer rheumatischen Entzündungsreaktion im Gelenk. Rheumafaktoren lagern sich mit anderen Antikörpern zu Immunkomplexen zusammen Entzündungs-Botenstoffe aktivieren Fibroblasten–Bildung von Pannusgewebe und knorpelzerstörenden Enzymen (z.B. Kollagenasen) sowie Lockstoffen für noch mehr Immunzellen C8 4 11.12.2001, 9:58 Uhr Welche Medikamente helfen bei Rheuma? Die erst nach Wochen oder gar Monaten einsetzende Wirksamkeit, die den Basistherapeutika zu eigen ist, bedeutet, dass der Patient, der ein solches Mittel verschrieben bekommt, Geduld aufbringen muss. Schnelle Erfolge im Sinn einer sofort spürbaren Besserung seiner Krankheit darf er durch diese Medikamente nicht erwarten. Daher werden Basistherapeutika meist in Kombination mit akut wirkenden schmerzlindernden und entzündungshemmenden Arzneimitteln eingesetzt. Diese „überbrücken” die Zeit, bis das Basistherapeutikum seine Wirkung entfaltet. Verbessert sich indes der Gesundheitszustand auch nach Ablauf der Anlaufzeit nicht, die für jedes Basistherapeutikum typisch ist, wird der Arzt vorschlagen, dieses Basistherapeutikum abzusetzen und stattdessen einen anderen Wirkstoff aus dieser Gruppe auszuprobieren. Unter Umständen muss ein Patient daher mehrere vergebliche Anläufe mit verschiedenen Basistherapeutika machen, bevor bei ihm sich eines als wirksam herausstellen wird. Die mikroskopischen Aufnahmen eines Gelenks zeigen die Wirkung von monoklonalen Antikörpern gegen das Zytokin Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) bei rheumatoider Arthritis: Am linken oberen Bildrand (linkes Foto) ist eine schwere Entzündung der Gelenkinnenhaut zu sehen, die sich ohne medikamentöse Behandlung nach sechs Wochen (Mitte) über die gesamte Membran ausgeweitet hat (mittelblaue, gekörnte Flächen). Bei Behandlung mit Anti-TNF-Antikörpern (rechts) ist die Entzündung dagegen nach derselben Zeit abgeheilt. Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass es sinnvoll sein kann, mehrere Basistherapeutika miteinander zu kombinieren. Damit lassen sich die notwendigen Dosierungen für jedes einzelne Präparat reduzieren und sonst auftretende Nebenwirkungen vermeiden, oder die kombinierte Einnahme verstärkt die Wirksamkeit der Einzelsubstanzen – Mediziner sprechen dann von einem synergistischen Effekt. C7 Rheuma-C Neben dem Ausarbeiten wirkungsvollerer Wirkstoffkombinationen gelang es Medizinern und Pharmaunternehmen in den letzten Jahren, die medikamentöse Rheumatherapie durch neue Substanzen zu verbessern. Einer dieser neuen Wirkstoffe ist Leflunomid, das bei Patienten mit chronischer Polyarthritis erfolgreich angewendet wird. Leflunomid rechnet man den so genannten Immunmodulatoren zu – es beeinflusst („moduliert”) die Körperabwehr, indem es die Produktion entzündungsfördernder Botenstoffe des Immunsystems, der so genannten Zytokine, hemmt. Phase 1 Phase 2 Körperzelle präsentiert auf ihrem MHC-Komplex das unbekannte Antigen X aktivierte T-Zelle produziert Alarmstoffe (z.B. Interleukin-2 und Interferon-gamma) T-Zell-Rezeptor erkennt Antigen Botschaft an Zellkern: Aktivierung Zellkern T-Zelle Plasmazelle (B-Lymphozyt) Makrophage Diesen immunmodulatorischen Wirkansatz verfolgt auch eine völlig neue Gruppe von biotechnologisch erzeugten Medikamenten. Es handelt sich um Antikörper, die an das Zytokin mit dem Namen TumorNekrose-Faktor (TNF) andocken und dieses dadurch unschädlich machen. Sie werden daher als Anti-TNF-Antikörper bezeichnet. TNF gilt als einer der Botenstoffe, die bei entzündlichen Rheumaerkrankungen wie der chronischen Polyarthritis die fehlgeleitete Immunreaktion „anheizen”. Die Antikörper unterdrücken gleichsam den Entzündungsalarm, mit dem TNF weitere Immunzellen aktivieren würde. Seit zwei Jahren werden schwer kranke Rheumapatienten mit Anti-TNF-Antikörpern – zuerst vor allem in den USA, nun aber auch in Deutschland – mit gutem Erfolg behandelt. Ermutigend dabei ist, dass man mit Anti-TNF-Antikörpern und einem ähnlich wirkenden Medikament, dem löslichen TNF-Rezeptor, Patienten spürbar helfen konnte, bei denen andere Medikamente nicht oder nur wenig anschlugen. Allerdings fehlen noch Erfahrungen über die Langzeitwirkung der Präparate, und sie sind sehr teuer. Phase 3 durch Alarmstoff aktivierter Makrophage produziert Entzündungs-Botenstoffe (z.B. TNF und Interleukin-1) durch Alarmstoffe aktivierte B-Zelle produziert Auto-Antikörper (Rheumafaktoren) Bindegewebszelle (Fibroblast) Phase 4 Entzündungs-Botenstoffe des Makrophagen verstärken die Aktivierung der B-Zelle Die Grafik zeigt die wesentlichen zellulären und molekularen Abläufe bei einer rheumatischen Entzündungsreaktion im Gelenk. Rheumafaktoren lagern sich mit anderen Antikörpern zu Immunkomplexen zusammen Entzündungs-Botenstoffe aktivieren Fibroblasten–Bildung von Pannusgewebe und knorpelzerstörenden Enzymen (z.B. Kollagenasen) sowie Lockstoffen für noch mehr Immunzellen C8 4 11.12.2001, 9:58 Uhr Wird es in absehbarer Zukunft neue Medikamente geben? Die Chancen dafür stehen gut. Die Richtung, die Forscher gegenwärtig für besonders Erfolg versprechend halten, zeichnet die jüngste, bereits in der Praxis erprobte Arzneitherapie mit Anti-TNF-Antikörpern vor: Künftig werden die Mediziner versuchen, möglichst zielgerichtet in das immunologische Geschehen bei rheumatischen Erkrankungen einzugreifen. Diesen Weg beschreiten in Deutschland beispielsweise Mediziner des vom Bundesforschungsministerium geförderten Berliner Rheumaforschungsverbunds. Das Team um Prof. Jochen Sieper, Leiter des Bereichs Rheumatologie am Universitätsklinikum Benjamin-Franklin, belauscht gewissermaßen das Konzert der Immunzellen bei unterschiedlichen entzündlichen Rheumaformen. Dabei stellten die Forscher fest, dass die „Orchestermitglieder” der Körperabwehr – so könnte man die Immunzellen bezeichnen – je nach Rheumaform unterschiedliche „Misstöne” erzeugen. Dadurch bringen sie das Immunsystem auf unterschiedliche Art aus dem Gleichgewicht; sie zerstören gewissermaßen dessen konzertante Harmonie, die zwischen der Bekämpfung von Fremdstoffen und dem Schutz gegenüber körpereigenen Strukturen besteht. Alarmsignalen locken sie weitere Immunzellen an, die für die Vernichtung von Erregern und deren Bestandteile sorgen. Ihre Gegenspieler heißen Th2-Zellen. Diese produzieren sozusagen die „Gegentöne”, nämlich entzündungshemmende Zytokine wie bestimmte Interleukine. Beim gesunden Menschen spielen beide Orchestermitglieder „gleich laut”: Th1- und Th2-Zellen befinden sich im Gleichgewicht. Das lässt sich am Zytokinmuster ablesen, also am Mengenverhältnis der jeweils produzierten Botenstoffe. Doch bei Rheumapatienten ändern die beiden Zelltypen ihre Spielweise – sie produzieren mehr von dem einen oder weniger von dem anderen Botenstoff und bringen so das Immunsystem aus dem fein regulierten Gleichgewicht. Die Berliner Forscher verglichen nun das Zytokinmuster bei zwei rheumatischen Erkrankungen, die zwar beide entzündliche Formen darstellen, sich aber hinsichtlich der immunologischen Schadensabläufe deutlich voneinander unterscheiden. Es handelt sich dabei zum einen um die chronische Polyarthritis, bei der Forscher einen autoimmunen Ursprung annehmen, und zum andern um die reaktive Arthritis, die durch eine vorangegangene Infektion im Darm- oder Siepers Team konzentrierte seinen Blick Urogenitaltrakt angestoßen werden kann. auf bestimmte Immunzellen. Sie werden als T-Helferzellen (Th-Zellen) bezeichnet. Bei beiden Erkrankungen stellten die Von diesen Zellen gibt es zwei Typen, die Forscher abweichende Zytokinmuster fest; sich hinsichtlich der Signalstoffe unter- Th1- und Th2-Zellen befanden sich also nicht scheiden, die sie produzieren. Th1-Zellen mehr im Gleichgewicht. Das eine Orchessind im Immunorchester für die entzün- termitglied spielte gewissermaßen lauter dungsfördernden „Töne” verantwortlich. Sie als das andere. Doch interessanterweise produzieren Zytokine wie Interferon-gamma war die Balance zwischen beiden Th-Zelltyund TNF-alpha. Mit diesen molekularen pen bei den beiden Rheumaformen jeweils Forscher fanden heraus, dass die entzündlichen Prozesse bei verschiedenen Formen des Rheumas durch ein jeweils anderes Ungleichgewicht bestimmter Immunzellen – den T-Helferzellen Th1 und Th2 – hervorgerufen werden. Dieses Ergebnis ist für die Entwicklung neuer Behandlungskonzepte von entscheidender Bedeutung. Th2 Th1 Th1 gesunder Zustand C9 Rheuma-C Th2 rheumatoide Arthritis Lyme-Arthritis Th1 Th2 reaktive Arthritis Knorpelabbau durch Enzyme Knorpelabbau durch Enzyme Knorpelaufbau durch Wachstumsfaktoren Knorpelaufbau durch Wachstumsfaktoren Oberfläche Knorpelmatrix Knorpelzellen Knochen gesunder Knorpel arthrotisch veränderter Knorpel Auch bei der Arthrose geraten fein regulierte, gegenläufige Prozesse aus dem Gleichgewicht. Der Knorpelabbau überwiegt und führt so zur Zerstörung der Knorpelmatrix. zugunsten einer anderen Seite verschoben: Bei der chronischen Polyarthritis fanden die Forscher einen Überschuss an entzündungsfördernden Zytokinen; hier spielen also die Th1-Zellen „zu laut”. Dieser Befund erklärt auch, weshalb Anti-TNF-Antikörper, die dieses entzündungsfördernde Zytokin abfangen, bei Patienten mit chronischer Polyarthritis die Entzündungen so wirksam eindämmen. hoch spezialisierte Testverfahren voraus. Zum andern ergeben sich aus dem Belauschen des Immunorchesters bei unterschiedlichen Rheumaformen Ansatzpunkte für gezielte therapeutische Eingriffe. Durch medikamentöse Gabe von fehlenden Zytokinen oder durch das Hemmen überschüssig vorhandener Zytokine müsste sich – die Wirksamkeit der Anti-TNF-Antikörper spricht dafür – das Gleichgewicht wiederBei der reaktiven Arthritis zeigte sich hin- herstellen lassen. gegen ein deutlicher Mangel an entzündungsfördernden Zytokinen; die Th1-Zellen Während Jochen Siepers Interesse vor spielen also „zu leise”, während umgekehrt allem den reaktiven Arthritiden und den die Th2-Zellen tendenziell „zu laut” spielen. entzündlichen Wirbelsäulenerkrankungen Das Gleichgewicht ist in Richtung „Entzün- (Spondylarthritiden) gilt, beschäftigt sich dungshemmung” verschoben. Das könnte sein Berliner Kollege Prof. Gerd-Rüdiger erklären, weshalb das Immunsystem bei Burmester, Leitender Rheumatologe an einer reaktiven Arthritis die Erreger nicht der Charité, vor allem mit rheumatischen gänzlich eliminieren kann, welche die rheu- Erkrankungen, bei denen die Autoimmunität, matische Entzündung ursprünglich angesto- also die Attacke des Immunsystems gegen ßen haben. körpereigene Strukturen, im Mittelpunkt des Krankheitsgeschehens steht. Dieses Mit dieser Art von Forschung verbinden Phänomen sehen Immunologen aufgrund die Berliner Forscher verschiedene Ziele. ihrer Forschung in einem neuen Licht. Zum einen könnte die Analyse des Zytokinmusters zur Diagnose des Rheumatyps dieZunächst hielten sie Autoimmunität für nen. Dies ist gegenwärtig im Routineein- eine Art Betriebsunfall der körpereigenen satz noch nicht möglich, denn die Zyto- Abwehrmaschinerie. Doch seit einigen kinbestimmung setzt im Moment noch Jahren wird deutlich, dass autoimmune C 10 5 11.12.2001, 9:58 Uhr Wird es in absehbarer Zukunft neue Medikamente geben? Die Chancen dafür stehen gut. Die Richtung, die Forscher gegenwärtig für besonders Erfolg versprechend halten, zeichnet die jüngste, bereits in der Praxis erprobte Arzneitherapie mit Anti-TNF-Antikörpern vor: Künftig werden die Mediziner versuchen, möglichst zielgerichtet in das immunologische Geschehen bei rheumatischen Erkrankungen einzugreifen. Diesen Weg beschreiten in Deutschland beispielsweise Mediziner des vom Bundesforschungsministerium geförderten Berliner Rheumaforschungsverbunds. Das Team um Prof. Jochen Sieper, Leiter des Bereichs Rheumatologie am Universitätsklinikum Benjamin-Franklin, belauscht gewissermaßen das Konzert der Immunzellen bei unterschiedlichen entzündlichen Rheumaformen. Dabei stellten die Forscher fest, dass die „Orchestermitglieder” der Körperabwehr – so könnte man die Immunzellen bezeichnen – je nach Rheumaform unterschiedliche „Misstöne” erzeugen. Dadurch bringen sie das Immunsystem auf unterschiedliche Art aus dem Gleichgewicht; sie zerstören gewissermaßen dessen konzertante Harmonie, die zwischen der Bekämpfung von Fremdstoffen und dem Schutz gegenüber körpereigenen Strukturen besteht. Alarmsignalen locken sie weitere Immunzellen an, die für die Vernichtung von Erregern und deren Bestandteile sorgen. Ihre Gegenspieler heißen Th2-Zellen. Diese produzieren sozusagen die „Gegentöne”, nämlich entzündungshemmende Zytokine wie bestimmte Interleukine. Beim gesunden Menschen spielen beide Orchestermitglieder „gleich laut”: Th1- und Th2-Zellen befinden sich im Gleichgewicht. Das lässt sich am Zytokinmuster ablesen, also am Mengenverhältnis der jeweils produzierten Botenstoffe. Doch bei Rheumapatienten ändern die beiden Zelltypen ihre Spielweise – sie produzieren mehr von dem einen oder weniger von dem anderen Botenstoff und bringen so das Immunsystem aus dem fein regulierten Gleichgewicht. Die Berliner Forscher verglichen nun das Zytokinmuster bei zwei rheumatischen Erkrankungen, die zwar beide entzündliche Formen darstellen, sich aber hinsichtlich der immunologischen Schadensabläufe deutlich voneinander unterscheiden. Es handelt sich dabei zum einen um die chronische Polyarthritis, bei der Forscher einen autoimmunen Ursprung annehmen, und zum andern um die reaktive Arthritis, die durch eine vorangegangene Infektion im Darm- oder Siepers Team konzentrierte seinen Blick Urogenitaltrakt angestoßen werden kann. auf bestimmte Immunzellen. Sie werden als T-Helferzellen (Th-Zellen) bezeichnet. Bei beiden Erkrankungen stellten die Von diesen Zellen gibt es zwei Typen, die Forscher abweichende Zytokinmuster fest; sich hinsichtlich der Signalstoffe unter- Th1- und Th2-Zellen befanden sich also nicht scheiden, die sie produzieren. Th1-Zellen mehr im Gleichgewicht. Das eine Orchessind im Immunorchester für die entzün- termitglied spielte gewissermaßen lauter dungsfördernden „Töne” verantwortlich. Sie als das andere. Doch interessanterweise produzieren Zytokine wie Interferon-gamma war die Balance zwischen beiden Th-Zelltyund TNF-alpha. Mit diesen molekularen pen bei den beiden Rheumaformen jeweils Forscher fanden heraus, dass die entzündlichen Prozesse bei verschiedenen Formen des Rheumas durch ein jeweils anderes Ungleichgewicht bestimmter Immunzellen – den T-Helferzellen Th1 und Th2 – hervorgerufen werden. Dieses Ergebnis ist für die Entwicklung neuer Behandlungskonzepte von entscheidender Bedeutung. Th2 Th1 Th1 gesunder Zustand C9 Rheuma-C Th2 rheumatoide Arthritis Lyme-Arthritis Th1 Th2 reaktive Arthritis Knorpelabbau durch Enzyme Knorpelabbau durch Enzyme Knorpelaufbau durch Wachstumsfaktoren Knorpelaufbau durch Wachstumsfaktoren Oberfläche Knorpelmatrix Knorpelzellen Knochen gesunder Knorpel arthrotisch veränderter Knorpel Auch bei der Arthrose geraten fein regulierte, gegenläufige Prozesse aus dem Gleichgewicht. Der Knorpelabbau überwiegt und führt so zur Zerstörung der Knorpelmatrix. zugunsten einer anderen Seite verschoben: Bei der chronischen Polyarthritis fanden die Forscher einen Überschuss an entzündungsfördernden Zytokinen; hier spielen also die Th1-Zellen „zu laut”. Dieser Befund erklärt auch, weshalb Anti-TNF-Antikörper, die dieses entzündungsfördernde Zytokin abfangen, bei Patienten mit chronischer Polyarthritis die Entzündungen so wirksam eindämmen. hoch spezialisierte Testverfahren voraus. Zum andern ergeben sich aus dem Belauschen des Immunorchesters bei unterschiedlichen Rheumaformen Ansatzpunkte für gezielte therapeutische Eingriffe. Durch medikamentöse Gabe von fehlenden Zytokinen oder durch das Hemmen überschüssig vorhandener Zytokine müsste sich – die Wirksamkeit der Anti-TNF-Antikörper spricht dafür – das Gleichgewicht wiederBei der reaktiven Arthritis zeigte sich hin- herstellen lassen. gegen ein deutlicher Mangel an entzündungsfördernden Zytokinen; die Th1-Zellen Während Jochen Siepers Interesse vor spielen also „zu leise”, während umgekehrt allem den reaktiven Arthritiden und den die Th2-Zellen tendenziell „zu laut” spielen. entzündlichen Wirbelsäulenerkrankungen Das Gleichgewicht ist in Richtung „Entzün- (Spondylarthritiden) gilt, beschäftigt sich dungshemmung” verschoben. Das könnte sein Berliner Kollege Prof. Gerd-Rüdiger erklären, weshalb das Immunsystem bei Burmester, Leitender Rheumatologe an einer reaktiven Arthritis die Erreger nicht der Charité, vor allem mit rheumatischen gänzlich eliminieren kann, welche die rheu- Erkrankungen, bei denen die Autoimmunität, matische Entzündung ursprünglich angesto- also die Attacke des Immunsystems gegen ßen haben. körpereigene Strukturen, im Mittelpunkt des Krankheitsgeschehens steht. Dieses Mit dieser Art von Forschung verbinden Phänomen sehen Immunologen aufgrund die Berliner Forscher verschiedene Ziele. ihrer Forschung in einem neuen Licht. Zum einen könnte die Analyse des Zytokinmusters zur Diagnose des Rheumatyps dieZunächst hielten sie Autoimmunität für nen. Dies ist gegenwärtig im Routineein- eine Art Betriebsunfall der körpereigenen satz noch nicht möglich, denn die Zyto- Abwehrmaschinerie. Doch seit einigen kinbestimmung setzt im Moment noch Jahren wird deutlich, dass autoimmune C 10 5 11.12.2001, 9:58 Uhr Wird es in absehbarer Zukunft neue Medikamente geben? Antikörper körperfremdes Antigen 1 Auto-Antikörper Aufgabe von Antikörpern im Blut ist es, körperfremde Substanzen (Antigene) zu erkennen und unschädlich zu machen (1). Auto-Antikörper erkennen dagegen körpereigenes Gewebe und greifen dieses an (2). Schließlich gibt es Auto-Antikörper, die sich mit anderen Antikörpern zu unlöslichen Immunkomplexen (3) verbinden. körpereigenes Antigen 2 3 Auto-Antikörper Antikörper Abwehrzellen und Abwehrstoffe gleichsam zur Normalität gehören; sie sind auch bei vielen gesunden Menschen nachweisbar. „Die entscheidende Frage lautet damit nicht, wie kommt es zur Autoimmunität, sondern wodurch schlägt Autoimmunität in Autoaggressivität um?”, meint Burmester. Noch ist diese Frage ungelöst, aber die jüngsten gedanklichen Konzepte hierzu gehen wie im Fall der in Balance agierenden Th1- und Th2-Zellen von immunologischen Regulationsmechanismen aus, bei denen sich Spieler und Gegenspieler jeweils gegenseitig kontrollieren. Burmester benutzt dafür eine Metapher: Das Immunsystem macht sich gleichsam ein Bild von sich selbst und von seiner Umwelt. Dieses Bild muss differenzierter sein als ein schlichtes Freund-Feind-Schema, denn schließlich attackiert ein funktionierendes Immunsystem nicht jede körperfremde Struktur. Vielmehr bekämpft es nur jene Fremdstrukturen, die dem Organismus schaden können. Umgekehrt eliminiert es offenbar nicht alle autoimmunen Abwehrstoffe und -zellen, die im Körper zirkulieren, sondern im gesunden Zustand nur jene, Die neuere immunologische Forschung begreift das Auftreten von Autoantikörpern nicht mehr als „Betriebsstörung” des Abwehrsystems. Vielmehr gehen die meisten Wissenschaftler heute davon aus, dass sich Auto-Antikörper in einem fein regulierten Netzwerk gleichsam gegenseitig in Schach halten. Gefährlich wird es, wenn dieses Gleichgewicht kippt – dann schlägt Autoimmunität in Autoaggressivität um. C 11 Rheuma-C die potenziell Schaden anrichten können. Erst wenn diese Sicht des Immunsystems aus dem Ruder gerät, kommt es entweder zur Autoaggressivität oder zum sinnlosen Kampf gegen harmlose körperfremde Strukturen – ein Prozess, der etwa bei Allergien auftritt. Burmester und viele andere Immunologen weltweit wollen nun herausfinden, was auf molekularer und zellulärer Ebene wirklich passiert, wenn sich „die Sichtweise” des Immunsystems verschiebt. Ein möglicher therapeutischer Ansatz, der sich aus diesem Wissen ableiten lässt, ist die so genannte Stammzelltherapie, die unter anderem auch in Berlin bereits an Patienten mit lebensbedrohlichen Rheumaerkrankungen erprobt wird. Züchtung und Implantation von Knorpelmatrix Ein experimenteller Therapieansatz für die Arthrose ist das so genannte Tissue-Engineering: Forscher arbeiten daran, entnommene Knorpelzellen des Patienten im Labor zu züchten, um ihm die kultivierten und massenhaft vermehrten Zellen nach einiger Zeit in das Entnahme von arthrotische Gelenk zu Knorpelzellen transplantieren. Zellvermehrung Zellisolierung Die Idee: Ein autoaggressiv agierendes Immunsystem wird mit Zellgiften bis auf wenige Stammzellen abgetötet. Aus diesen zuvor separierten Stammzellen lässt sich mit Hilfe von Wachstumsfaktoren ein neues Immunsystem aufbauen, dessen „Sichtweise” nicht autoaggressiv ist. Erste Erfolge mit dieser noch sehr experimentellen Therapie zeigen an, dass die Forscher auf dem richtigen Weg sind. Einen wichtigen Beitrag hierzu leistete ein drittes Berliner Team, nämlich die Arbeitsgruppe von Prof. Andreas Radbruch, dem 4 Wissenschaftlichen Direktor des Deutschen „ist das eigentliche Ziel der Rheumatologen. Rheumaforschungszentrums. Seinem Team Wir wollen die Ursachen der Erkrankung gelang es, ein spezielles Verfahren zur Zell- angehen.” sortierung zu entwickeln, mit dem sich sehr effektiv die Stammzellen des Immunsystems aus dem Blut der behandelten Patienten „herausfischen” lassen. Ein wichtiges Problem ist jedoch noch zu lösen: Bislang „löschen” die Mediziner mit der Stammzelltherapie gleichsam das komplette immunologische Gedächtnis. Durch das Abtöten aller Abwehrtruppen verliert das Immunsystem zwar seine krankhafte, autoaggressive „Sichtweise”, aber es wird gewissermaßen total geblendet. Beim Wiederaufbau muss es also – wie das eines Neugeborenen – erst lernen, welche Strukturen es anzugreifen und welche es in Frieden zu lassen hat. Viel besser wäre es, wenn man lediglich die krankheitsauslösenden Zellen ausschalten oder umprogrammieren könnte. „Das”, so Radbruch, Berliner Forscher entwickelten ein Gerät, mit dem sich die Bildungszellen des Bluts – die so genannten Stammzellen – eines Patienten „herausfischen” lassen. Das ermöglicht es, ein autoaggressiv reagierendes Immunsystem mit schwersten Zellgiften zu behandeln. Die zuvor mit dem Gerät gewonnenen Stammzellen bauen anschließend ein neues, nicht mehr autoaggressiv reagierendes Immunsystem auf. Gegenwärtig wird diese Stammzelltherapie an ersten Patienten mit lebensbedrohlichen Rheumaerkrankungen erprobt. C 12 6 11.12.2001, 9:58 Uhr Wird es in absehbarer Zukunft neue Medikamente geben? Antikörper körperfremdes Antigen 1 Auto-Antikörper Aufgabe von Antikörpern im Blut ist es, körperfremde Substanzen (Antigene) zu erkennen und unschädlich zu machen (1). Auto-Antikörper erkennen dagegen körpereigenes Gewebe und greifen dieses an (2). Schließlich gibt es Auto-Antikörper, die sich mit anderen Antikörpern zu unlöslichen Immunkomplexen (3) verbinden. körpereigenes Antigen 2 3 Auto-Antikörper Antikörper Abwehrzellen und Abwehrstoffe gleichsam zur Normalität gehören; sie sind auch bei vielen gesunden Menschen nachweisbar. „Die entscheidende Frage lautet damit nicht, wie kommt es zur Autoimmunität, sondern wodurch schlägt Autoimmunität in Autoaggressivität um?”, meint Burmester. Noch ist diese Frage ungelöst, aber die jüngsten gedanklichen Konzepte hierzu gehen wie im Fall der in Balance agierenden Th1- und Th2-Zellen von immunologischen Regulationsmechanismen aus, bei denen sich Spieler und Gegenspieler jeweils gegenseitig kontrollieren. Burmester benutzt dafür eine Metapher: Das Immunsystem macht sich gleichsam ein Bild von sich selbst und von seiner Umwelt. Dieses Bild muss differenzierter sein als ein schlichtes Freund-Feind-Schema, denn schließlich attackiert ein funktionierendes Immunsystem nicht jede körperfremde Struktur. Vielmehr bekämpft es nur jene Fremdstrukturen, die dem Organismus schaden können. Umgekehrt eliminiert es offenbar nicht alle autoimmunen Abwehrstoffe und -zellen, die im Körper zirkulieren, sondern im gesunden Zustand nur jene, Die neuere immunologische Forschung begreift das Auftreten von Autoantikörpern nicht mehr als „Betriebsstörung” des Abwehrsystems. Vielmehr gehen die meisten Wissenschaftler heute davon aus, dass sich Auto-Antikörper in einem fein regulierten Netzwerk gleichsam gegenseitig in Schach halten. Gefährlich wird es, wenn dieses Gleichgewicht kippt – dann schlägt Autoimmunität in Autoaggressivität um. C 11 Rheuma-C die potenziell Schaden anrichten können. Erst wenn diese Sicht des Immunsystems aus dem Ruder gerät, kommt es entweder zur Autoaggressivität oder zum sinnlosen Kampf gegen harmlose körperfremde Strukturen – ein Prozess, der etwa bei Allergien auftritt. Burmester und viele andere Immunologen weltweit wollen nun herausfinden, was auf molekularer und zellulärer Ebene wirklich passiert, wenn sich „die Sichtweise” des Immunsystems verschiebt. Ein möglicher therapeutischer Ansatz, der sich aus diesem Wissen ableiten lässt, ist die so genannte Stammzelltherapie, die unter anderem auch in Berlin bereits an Patienten mit lebensbedrohlichen Rheumaerkrankungen erprobt wird. Züchtung und Implantation von Knorpelmatrix Ein experimenteller Therapieansatz für die Arthrose ist das so genannte Tissue-Engineering: Forscher arbeiten daran, entnommene Knorpelzellen des Patienten im Labor zu züchten, um ihm die kultivierten und massenhaft vermehrten Zellen nach einiger Zeit in das Entnahme von arthrotische Gelenk zu Knorpelzellen transplantieren. Zellvermehrung Zellisolierung Die Idee: Ein autoaggressiv agierendes Immunsystem wird mit Zellgiften bis auf wenige Stammzellen abgetötet. Aus diesen zuvor separierten Stammzellen lässt sich mit Hilfe von Wachstumsfaktoren ein neues Immunsystem aufbauen, dessen „Sichtweise” nicht autoaggressiv ist. Erste Erfolge mit dieser noch sehr experimentellen Therapie zeigen an, dass die Forscher auf dem richtigen Weg sind. Einen wichtigen Beitrag hierzu leistete ein drittes Berliner Team, nämlich die Arbeitsgruppe von Prof. Andreas Radbruch, dem 4 Wissenschaftlichen Direktor des Deutschen „ist das eigentliche Ziel der Rheumatologen. Rheumaforschungszentrums. Seinem Team Wir wollen die Ursachen der Erkrankung gelang es, ein spezielles Verfahren zur Zell- angehen.” sortierung zu entwickeln, mit dem sich sehr effektiv die Stammzellen des Immunsystems aus dem Blut der behandelten Patienten „herausfischen” lassen. Ein wichtiges Problem ist jedoch noch zu lösen: Bislang „löschen” die Mediziner mit der Stammzelltherapie gleichsam das komplette immunologische Gedächtnis. Durch das Abtöten aller Abwehrtruppen verliert das Immunsystem zwar seine krankhafte, autoaggressive „Sichtweise”, aber es wird gewissermaßen total geblendet. Beim Wiederaufbau muss es also – wie das eines Neugeborenen – erst lernen, welche Strukturen es anzugreifen und welche es in Frieden zu lassen hat. Viel besser wäre es, wenn man lediglich die krankheitsauslösenden Zellen ausschalten oder umprogrammieren könnte. „Das”, so Radbruch, Berliner Forscher entwickelten ein Gerät, mit dem sich die Bildungszellen des Bluts – die so genannten Stammzellen – eines Patienten „herausfischen” lassen. Das ermöglicht es, ein autoaggressiv reagierendes Immunsystem mit schwersten Zellgiften zu behandeln. Die zuvor mit dem Gerät gewonnenen Stammzellen bauen anschließend ein neues, nicht mehr autoaggressiv reagierendes Immunsystem auf. Gegenwärtig wird diese Stammzelltherapie an ersten Patienten mit lebensbedrohlichen Rheumaerkrankungen erprobt. C 12 6 11.12.2001, 9:58 Uhr Gibt es mehr als Pillen und Spritzen? Die adäquate Behandlung rheumatischer Erkrankungen umfasst weitaus mehr als den Einsatz von Medikamenten. Eine eigenständige Form stellen physikalische Therapien dar, deren Zahl so groß ist, dass diese Broschüre nur einen kurzen Überblick geben kann. Unter physikalischen Therapien versteht man die Anwendung von: • mechanischer Energie, wie etwa bei der Krankengymnastik; • thermischer Energie in der Kälteund Wärmetherapie; • elektrischer Energie und von • elektromagnetischer Strahlung, wie bei der Bestrahlung mit Infrarotoder UV-Licht. Mit krankengymnastischen Übungen lässt sich die Beweglichkeit betroffener Gelenke oft verbessern. Diese Behandlungsformen stellen nicht etwa eine „Alternative” zur Arzneimitteltherapie dar, vielmehr ergänzen sie den Medikamenteneinsatz. Sie zielen zum Beispiel auf Effekte ab, die sich mit Medikamenten nur schlecht erreichen lassen, etwa die Verbesserung der Beweglichkeit und der Gelenkfunktionen. Sie unterstützen aber Entzündete, überwärmte Gelenke sprechen oft auf Kältereize an. Dies nutzt man bei der Kryotherapie. C 13 Rheuma-C auch medikamentös verfolgte Ziele. So wirken etwa Wärme- oder Kälteanwendungen schmerzlindernd. Mit ihrer Hilfe kann der Patient daher die erforderlichen Mengen an Schmerzmitteln reduzieren. Physikalische Therapien kann man nicht als „sanfte” Therapien ansehen, nur weil sie ohne chemische Substanzen auskommen. Im Gegenteil: Sie belasten den Patienten in der Regel und müssen daher – wie Medikamente auch – angemessen dosiert werden. Zumeist werden sie in „Reizserien”, also blockweise, angewendet. Dazwischen sollten ausreichend lange Behandlungspausen liegen. Das schon für die meisten Medikamente falsche Motto „Viel hilft viel” gilt für sie ebenso wenig. Die Anwendung von mechanischer Energie umfasst krankengymnastische Übungen und Massagen. Mit ihnen soll in erster Linie die Beweglichkeit rheumatisch erkrankter Gelenke verbessert und deren Funktion erhalten werden. Sie wirken schmerzlindernd oder kräftigen und entspannen die Muskulatur. Insgesamt gibt es nur wenige Situationen, in denen eine Krankengymnastik nicht sinnvoll ist. Sowohl die Zufuhr von Wärme als auch von Kälte kann bei den unterschiedlichsten Erkrankungen hilfreich sein, um Schmerzen zu lindern und Entzündungen zu hemmen. Wärme – entweder in Form von Wickeln, Bädern, Packungen sowie elektrischer Hochfrequenz-, Ultraschall- oder Infrarotbestrahlung – wird häufig bei degenerativen Erkrankungen wie der Arthrose, aber auch bei chronisch entzündlichen Rheumaformen eingesetzt. Allerdings können sich durch Wärme akute Entzündungen noch verschlimmern, und großflächige Anwendungen lösen bei Patienten mit chronischer Polyarthritis manchmal sogar Krankheitsschübe aus. Der Einsatz von Kälte ist bei akuten Arthritiden daher oft besser. Man unterscheidet die kalte Hydrotherapie mit +15 °C kaltem Wasser von der Eis- oder „Kryotherapie”, bei der Temperaturen von bis zu –180 °C eingesetzt werden. Um eine entzündungshemmende Wirkung zu erzielen, muss die Kälte für 10 bis 20 Minuten einwirken. Damit die behandelte Körperstelle nicht schmerzt, ist es daher sinnvoll, eine Eispackung nicht direkt auf die Haut zu legen, sondern sie in ein Tuch einzuwickeln. Viele der genannten Behandlungsformen lassen sich kombinieren. Beispiele dafür sind: erstens die Niederfrequenztherapie mit anschließender Massage, zweitens der Einsatz von Wärme und Kälte vor, beziehungsweise bei der Krankengymnastik und drittens die Kombination von UV-Bestrahlung mit Solebädern. Andererseits ist nicht jede Kombination sinnvoll, einige sind sogar schädlich. Zudem belasten physikalische Kombinationstherapien den Patienten meist stärker als Einzelbehandlungen. Es kommt also auf die Erfahrung des Arztes Bei der Elektrotherapie unterscheidet sich sowie des behandelnden Therapeuten an, die Wirkung je nach eingesetzter Frequenz um für einen Patienten den in seiner Situaerheblich. Die elektrische Hochfrequenzthe- tion maximalen Effekt zu erzielen. rapie (500 kHz bis 5000 MHz) ist eine reine Wärmeanwendung. Da hochfrequente elek- Hinsichtlich der Ziele spannt die Ergotrische Strahlung weit in das Gewebe therapie den vielleicht weitesten Bogen vordringt, bietet sie im Vergleich zu den unter den physikalischen Therapien. Sie anderen Formen der Wärmetherapie eine spielt zum einen eine wichtige Rolle im enorme Tiefenwirkung. Nieder- und mittel- Behandlungsplan eines Patienten, etwa frequente elektrische Strahlung (bis 1000 Hz wenn es darum geht, Gehhilfen und Schiebeziehungsweise 10 bis 100 kHz) wirkt nen anzupassen und dem Patienten den richschmerzlindernd. Da sie im Unterschied zur tigen Gebrauch damit zu vermitteln. Zum Wärmetherapie das Herz und den Kreislauf anderen erfüllt sie vorsorgliche Aufgaben nicht belastet, lassen sich diese Bestrahlun- – etwa beim Gelenkschutz – und sie ist ein gen auch bei älteren Menschen einsetzen. wichtiges Instrument der Rehabilitation. Im Wasser entlastet der Auftrieb die Gelenke vom Tragen des Körpergewichts. Durch Wassergymnastik lässt sich daher die Beweglichkeit der Gelenke verbessern, ohne sie zu stark zu beanspruchen. C 14 7 11.12.2001, 9:58 Uhr Gibt es mehr als Pillen und Spritzen? Die adäquate Behandlung rheumatischer Erkrankungen umfasst weitaus mehr als den Einsatz von Medikamenten. Eine eigenständige Form stellen physikalische Therapien dar, deren Zahl so groß ist, dass diese Broschüre nur einen kurzen Überblick geben kann. Unter physikalischen Therapien versteht man die Anwendung von: • mechanischer Energie, wie etwa bei der Krankengymnastik; • thermischer Energie in der Kälteund Wärmetherapie; • elektrischer Energie und von • elektromagnetischer Strahlung, wie bei der Bestrahlung mit Infrarotoder UV-Licht. Mit krankengymnastischen Übungen lässt sich die Beweglichkeit betroffener Gelenke oft verbessern. Diese Behandlungsformen stellen nicht etwa eine „Alternative” zur Arzneimitteltherapie dar, vielmehr ergänzen sie den Medikamenteneinsatz. Sie zielen zum Beispiel auf Effekte ab, die sich mit Medikamenten nur schlecht erreichen lassen, etwa die Verbesserung der Beweglichkeit und der Gelenkfunktionen. Sie unterstützen aber Entzündete, überwärmte Gelenke sprechen oft auf Kältereize an. Dies nutzt man bei der Kryotherapie. C 13 Rheuma-C auch medikamentös verfolgte Ziele. So wirken etwa Wärme- oder Kälteanwendungen schmerzlindernd. Mit ihrer Hilfe kann der Patient daher die erforderlichen Mengen an Schmerzmitteln reduzieren. Physikalische Therapien kann man nicht als „sanfte” Therapien ansehen, nur weil sie ohne chemische Substanzen auskommen. Im Gegenteil: Sie belasten den Patienten in der Regel und müssen daher – wie Medikamente auch – angemessen dosiert werden. Zumeist werden sie in „Reizserien”, also blockweise, angewendet. Dazwischen sollten ausreichend lange Behandlungspausen liegen. Das schon für die meisten Medikamente falsche Motto „Viel hilft viel” gilt für sie ebenso wenig. Die Anwendung von mechanischer Energie umfasst krankengymnastische Übungen und Massagen. Mit ihnen soll in erster Linie die Beweglichkeit rheumatisch erkrankter Gelenke verbessert und deren Funktion erhalten werden. Sie wirken schmerzlindernd oder kräftigen und entspannen die Muskulatur. Insgesamt gibt es nur wenige Situationen, in denen eine Krankengymnastik nicht sinnvoll ist. Sowohl die Zufuhr von Wärme als auch von Kälte kann bei den unterschiedlichsten Erkrankungen hilfreich sein, um Schmerzen zu lindern und Entzündungen zu hemmen. Wärme – entweder in Form von Wickeln, Bädern, Packungen sowie elektrischer Hochfrequenz-, Ultraschall- oder Infrarotbestrahlung – wird häufig bei degenerativen Erkrankungen wie der Arthrose, aber auch bei chronisch entzündlichen Rheumaformen eingesetzt. Allerdings können sich durch Wärme akute Entzündungen noch verschlimmern, und großflächige Anwendungen lösen bei Patienten mit chronischer Polyarthritis manchmal sogar Krankheitsschübe aus. Der Einsatz von Kälte ist bei akuten Arthritiden daher oft besser. Man unterscheidet die kalte Hydrotherapie mit +15 °C kaltem Wasser von der Eis- oder „Kryotherapie”, bei der Temperaturen von bis zu –180 °C eingesetzt werden. Um eine entzündungshemmende Wirkung zu erzielen, muss die Kälte für 10 bis 20 Minuten einwirken. Damit die behandelte Körperstelle nicht schmerzt, ist es daher sinnvoll, eine Eispackung nicht direkt auf die Haut zu legen, sondern sie in ein Tuch einzuwickeln. Viele der genannten Behandlungsformen lassen sich kombinieren. Beispiele dafür sind: erstens die Niederfrequenztherapie mit anschließender Massage, zweitens der Einsatz von Wärme und Kälte vor, beziehungsweise bei der Krankengymnastik und drittens die Kombination von UV-Bestrahlung mit Solebädern. Andererseits ist nicht jede Kombination sinnvoll, einige sind sogar schädlich. Zudem belasten physikalische Kombinationstherapien den Patienten meist stärker als Einzelbehandlungen. Es kommt also auf die Erfahrung des Arztes Bei der Elektrotherapie unterscheidet sich sowie des behandelnden Therapeuten an, die Wirkung je nach eingesetzter Frequenz um für einen Patienten den in seiner Situaerheblich. Die elektrische Hochfrequenzthe- tion maximalen Effekt zu erzielen. rapie (500 kHz bis 5000 MHz) ist eine reine Wärmeanwendung. Da hochfrequente elek- Hinsichtlich der Ziele spannt die Ergotrische Strahlung weit in das Gewebe therapie den vielleicht weitesten Bogen vordringt, bietet sie im Vergleich zu den unter den physikalischen Therapien. Sie anderen Formen der Wärmetherapie eine spielt zum einen eine wichtige Rolle im enorme Tiefenwirkung. Nieder- und mittel- Behandlungsplan eines Patienten, etwa frequente elektrische Strahlung (bis 1000 Hz wenn es darum geht, Gehhilfen und Schiebeziehungsweise 10 bis 100 kHz) wirkt nen anzupassen und dem Patienten den richschmerzlindernd. Da sie im Unterschied zur tigen Gebrauch damit zu vermitteln. Zum Wärmetherapie das Herz und den Kreislauf anderen erfüllt sie vorsorgliche Aufgaben nicht belastet, lassen sich diese Bestrahlun- – etwa beim Gelenkschutz – und sie ist ein gen auch bei älteren Menschen einsetzen. wichtiges Instrument der Rehabilitation. Im Wasser entlastet der Auftrieb die Gelenke vom Tragen des Körpergewichts. Durch Wassergymnastik lässt sich daher die Beweglichkeit der Gelenke verbessern, ohne sie zu stark zu beanspruchen. C 14 7 11.12.2001, 9:58 Uhr 2 1 3 Wann kommt eine Operation in Frage? Die operative Rheumaorthopädie hat in Operative Eingriffe kommen für entzündden letzten Jahrzehnten große Fortschritte liche wie für degenerative Formen des erzielt. Vor allem von der Möglichkeit, dass Rheumas in Frage, und sie dienen jeweils sich zerstörte Gelenke durch künstliche verschiedenen Zwecken. Mit ihnen: Gelenkprothesen ersetzen lassen, profitieren mittlerweile viele Rheumapatienten. So • entlastet man ein rheumatisch erkrankgibt es heute für jedes große Gelenk einen tes Gelenk und dessen umliegende funktionellen Ersatz. Allein in Deutschland Strukturen. Dadurch wirken sie schmerzsetzen Ärzte pro Jahr rund 150 000 Hüftgelindernd. Darauf zielen etwa Nervendelenksprothesen und zirka 50 000 Kniegekompressionen ab – Eingriffe, bei denen lenksprothesen ein. man Knorpel- oder Knochenwucherungen entfernt, die auf Nervenstränge drücken. Auch das Entfernen von Rheumaknoten an mechanisch beanspruchten Stellen dient diesem Zweck; Künstliche Gelenkprothesen ermöglichen es vielen Patienten, sich wieder schmerzfrei zu bewegen. Je nach Gelenk und Schädigung kommen dabei unterschiedliche Typen zum Einsatz (Grafiken unten). An der Universität in Magdeburg entwickelten Orthopäden zusammen mit Kollegen in den USA und einem Medizintechnikunternehmen die „Rotating Platform” – eine Kniegelenksprothese, die nicht nur Streck- und Beugebewegungen, sondern sogar eine natürliche Drehung im Knie zulässt. (Fotos 1 bis 3). Distanzstücke nicht fixiert fixiert Gelenkflächenersatz einseitig beidseitig Gelenkersatz halbverblockt verblockt C 15 Rheuma-C • korrigiert man Fehlstellungen in einem Gelenk. So genannte Korrektur- oder Umstellungsosteotomien beseitigen beispielsweise Fehlbelastungen vor allem der unteren Extremitäten wie X- oder O-Beine. Diese gelenkerhaltenden Eingriffe beugen einer drohenden Knie- oder Hüftgelenksarthrose vor, oder sie verringern das Risiko, dass sich der Gelenkabbau verschlimmert; • versteift man ein zerstörtes und schmerzendes Gelenk und erreicht so insgesamt eine bessere Beweglichkeit des Patienten. Solche Eingriffe nennen Mediziner Arthrodesen. Patienten, bei denen man etwa das obere Sprunggelenk versteift, können sich relativ unbehindert im Alltag bewegen. Bei Hüftund Kniegelenken spielen Arthrodesen hingegen heute keine Rolle mehr; • stellt man die Beweglichkeit wieder her. Hierzu gehören der Einsatz von Gelenksprothesen und die Entfernung einer entzündlich zerstörten Gelenkinnenhaut (Synovialmembran). Letztere Eingriffe werden als Synovektomien bezeichnet. Diese mobilisieren zwar nicht immer das betroffene Gelenk, aber zumindest entlasten sie es und lindern die Schmerzen. Die Frage, ob und wann eine Operation sinnvoll ist, ist bei fast jedem chirurgischen Eingriff schwierig zu entscheiden. Es gibt nur ganz wenige Situationen, in denen ein Eingriff absolut erforderlich ist, zum Beispiel, wenn Halswirbel aufgrund von Fehlstellungen beginnen, den Rückenmarkskanal einzuquetschen und deshalb eine Querschnittslähmung droht. In den meisten Fällen hängt jedoch die Entscheidung vom Patienten selbst ab: Wie stark sind seine Schmerzen? Wie gravierend fühlt er sich in seiner Beweglichkeit eingeschränkt? Solche Fragen werden Patienten mit demselben Gelenksbefund individuell anders beantworten. Aus medizinischer Sicht gelten operative Eingriffe in der Regel nicht als die erste Behandlungsoption. Im Gegenteil: Operative Eingriffe erwägen Mediziner gewöhnlich erst dann, wenn sich das Ziel mit allen anderen Behandlungsformen wie einer medikamentösen und physikalischen Therapie auch nach einem angemessenen Zeitraum nicht erreichen ließ. Umgekehrt ist es aber auch nicht sinnvoll, einen Erfolg versprechenden Eingriff zu lange hinauszuzögern. So können beispielsweise früh im Krankheitsverlauf vorgenommene Synovektomien zu deutlich mehr Entlastung führen als solche, bei denen das entzündete Gelenk schon fortgeschritten geschädigt ist. Die Wahl des „richtigen Zeitpunkts” ist also für den Arzt äußerst schwer zu treffen, und sie hängt zudem – wie bereits erwähnt – stark vom subjektiven Empfinden der Patienten ab. Diese scheuen aus verständlichen Gründen oft das Operationsrisiko, das sie allerdings – zum Beispiel das Narkoserisiko – meist überschätzen. Umgekehrt sind mit Operationen zweifellos auch Nachteile und Risiken verbunden, die man gegen den zu erwartenden Nutzen abwägen muss. Ein Beispiel illustriert diesen Punkt: Der Einsatz einer Hüftgelenksprothese verbessert die Beweglichkeit eines Patienten mit einer fortgeschrittenen Arthrose in diesem Gelenk ganz enorm. Viele Aktivitäten, die er zuvor nicht mehr oder nur unter größten Schmerzen ausüben konnte, sind für ihn nach erfolgreicher Rehabilitation wieder möglich; er kann wieder die Treppen zu seiner Wohnung hochsteigen, schwimmen, Rad fahren, und er kann auch wieder schmerzfrei in sein Auto einsteigen. Doch eine solche Prothese hat nach heutigen Erfahrungen nur eine „Lebensdauer” von 10 bis 15 Jahren. Die heute verwendeten künstlichen Materialien unterliegen zwar nur noch einem geringen Verschleiß. Das Hauptproblem stellen jedoch nach wie vor Lockerungen dar. Auch wenn der Patient konsequent alle Bewegungen meidet, die das künstliche Gelenk gefährden, lockert es sich mit der Zeit. Irgendwann kehren dann auch die Schmerzen wieder und ist die Beweglichkeit erneut eingeschränkt. Abhilfe schafft dann nur eine zweite Hüftgelenksoperation. Dank neuer Materialien, Herstellungsverfahren und chirurgischer Techniken sind Hüftgelenksprothesen heute erheblich langlebiger, als dies früher der Fall war. Schwierig bleibt nach wie vor die Wahl des Zeitpunkts für eine Operation. Arzt und Patient sollten gemeinsam versuchen, den Nutzen gegen die Risiken im individuellen Fall abzuwägen. Je jünger ein Patient bei der Erstoperation ist, desto wahrscheinlicher ist es daher, dass er die Lockerung seines künstlichen Hüftgelenks erleben wird und sich dann erneut operieren lassen muss. Dennoch ist es aus medizinischer Sicht nicht angemessen, jüngeren Patienten grundsätzlich von einer Operation abzuraten. Gerade sie profitieren vielleicht aufgrund ihrer größeren körperlichen Aktivität besonders vom Wiedergewinn der Beweglichkeit. Zudem reduzieren neuere, so genannte zementfreie Techniken die Gefahr, dass sich der Prothesenschaft im Oberschenkelknochen lockert, und Materialforscher experimentieren mit neuen keramischen und metallischen Werkstoffen sowie Herstellungsverfahren, um noch haltbarere Prothesen zu fertigen. Das Fernziel dieser Bemühungen sind Gelenksprothesen, deren durchschnittliche Funktionsdauer im Körper 20 Jahre beträgt. C 16 8 11.12.2001, 9:58 Uhr 2 1 3 Wann kommt eine Operation in Frage? Die operative Rheumaorthopädie hat in Operative Eingriffe kommen für entzündden letzten Jahrzehnten große Fortschritte liche wie für degenerative Formen des erzielt. Vor allem von der Möglichkeit, dass Rheumas in Frage, und sie dienen jeweils sich zerstörte Gelenke durch künstliche verschiedenen Zwecken. Mit ihnen: Gelenkprothesen ersetzen lassen, profitieren mittlerweile viele Rheumapatienten. So • entlastet man ein rheumatisch erkrankgibt es heute für jedes große Gelenk einen tes Gelenk und dessen umliegende funktionellen Ersatz. Allein in Deutschland Strukturen. Dadurch wirken sie schmerzsetzen Ärzte pro Jahr rund 150 000 Hüftgelindernd. Darauf zielen etwa Nervendelenksprothesen und zirka 50 000 Kniegekompressionen ab – Eingriffe, bei denen lenksprothesen ein. man Knorpel- oder Knochenwucherungen entfernt, die auf Nervenstränge drücken. Auch das Entfernen von Rheumaknoten an mechanisch beanspruchten Stellen dient diesem Zweck; Künstliche Gelenkprothesen ermöglichen es vielen Patienten, sich wieder schmerzfrei zu bewegen. Je nach Gelenk und Schädigung kommen dabei unterschiedliche Typen zum Einsatz (Grafiken unten). An der Universität in Magdeburg entwickelten Orthopäden zusammen mit Kollegen in den USA und einem Medizintechnikunternehmen die „Rotating Platform” – eine Kniegelenksprothese, die nicht nur Streck- und Beugebewegungen, sondern sogar eine natürliche Drehung im Knie zulässt. (Fotos 1 bis 3). Distanzstücke nicht fixiert fixiert Gelenkflächenersatz einseitig beidseitig Gelenkersatz halbverblockt verblockt C 15 Rheuma-C • korrigiert man Fehlstellungen in einem Gelenk. So genannte Korrektur- oder Umstellungsosteotomien beseitigen beispielsweise Fehlbelastungen vor allem der unteren Extremitäten wie X- oder O-Beine. Diese gelenkerhaltenden Eingriffe beugen einer drohenden Knie- oder Hüftgelenksarthrose vor, oder sie verringern das Risiko, dass sich der Gelenkabbau verschlimmert; • versteift man ein zerstörtes und schmerzendes Gelenk und erreicht so insgesamt eine bessere Beweglichkeit des Patienten. Solche Eingriffe nennen Mediziner Arthrodesen. Patienten, bei denen man etwa das obere Sprunggelenk versteift, können sich relativ unbehindert im Alltag bewegen. Bei Hüftund Kniegelenken spielen Arthrodesen hingegen heute keine Rolle mehr; • stellt man die Beweglichkeit wieder her. Hierzu gehören der Einsatz von Gelenksprothesen und die Entfernung einer entzündlich zerstörten Gelenkinnenhaut (Synovialmembran). Letztere Eingriffe werden als Synovektomien bezeichnet. Diese mobilisieren zwar nicht immer das betroffene Gelenk, aber zumindest entlasten sie es und lindern die Schmerzen. Die Frage, ob und wann eine Operation sinnvoll ist, ist bei fast jedem chirurgischen Eingriff schwierig zu entscheiden. Es gibt nur ganz wenige Situationen, in denen ein Eingriff absolut erforderlich ist, zum Beispiel, wenn Halswirbel aufgrund von Fehlstellungen beginnen, den Rückenmarkskanal einzuquetschen und deshalb eine Querschnittslähmung droht. In den meisten Fällen hängt jedoch die Entscheidung vom Patienten selbst ab: Wie stark sind seine Schmerzen? Wie gravierend fühlt er sich in seiner Beweglichkeit eingeschränkt? Solche Fragen werden Patienten mit demselben Gelenksbefund individuell anders beantworten. Aus medizinischer Sicht gelten operative Eingriffe in der Regel nicht als die erste Behandlungsoption. Im Gegenteil: Operative Eingriffe erwägen Mediziner gewöhnlich erst dann, wenn sich das Ziel mit allen anderen Behandlungsformen wie einer medikamentösen und physikalischen Therapie auch nach einem angemessenen Zeitraum nicht erreichen ließ. Umgekehrt ist es aber auch nicht sinnvoll, einen Erfolg versprechenden Eingriff zu lange hinauszuzögern. So können beispielsweise früh im Krankheitsverlauf vorgenommene Synovektomien zu deutlich mehr Entlastung führen als solche, bei denen das entzündete Gelenk schon fortgeschritten geschädigt ist. Die Wahl des „richtigen Zeitpunkts” ist also für den Arzt äußerst schwer zu treffen, und sie hängt zudem – wie bereits erwähnt – stark vom subjektiven Empfinden der Patienten ab. Diese scheuen aus verständlichen Gründen oft das Operationsrisiko, das sie allerdings – zum Beispiel das Narkoserisiko – meist überschätzen. Umgekehrt sind mit Operationen zweifellos auch Nachteile und Risiken verbunden, die man gegen den zu erwartenden Nutzen abwägen muss. Ein Beispiel illustriert diesen Punkt: Der Einsatz einer Hüftgelenksprothese verbessert die Beweglichkeit eines Patienten mit einer fortgeschrittenen Arthrose in diesem Gelenk ganz enorm. Viele Aktivitäten, die er zuvor nicht mehr oder nur unter größten Schmerzen ausüben konnte, sind für ihn nach erfolgreicher Rehabilitation wieder möglich; er kann wieder die Treppen zu seiner Wohnung hochsteigen, schwimmen, Rad fahren, und er kann auch wieder schmerzfrei in sein Auto einsteigen. Doch eine solche Prothese hat nach heutigen Erfahrungen nur eine „Lebensdauer” von 10 bis 15 Jahren. Die heute verwendeten künstlichen Materialien unterliegen zwar nur noch einem geringen Verschleiß. Das Hauptproblem stellen jedoch nach wie vor Lockerungen dar. Auch wenn der Patient konsequent alle Bewegungen meidet, die das künstliche Gelenk gefährden, lockert es sich mit der Zeit. Irgendwann kehren dann auch die Schmerzen wieder und ist die Beweglichkeit erneut eingeschränkt. Abhilfe schafft dann nur eine zweite Hüftgelenksoperation. Dank neuer Materialien, Herstellungsverfahren und chirurgischer Techniken sind Hüftgelenksprothesen heute erheblich langlebiger, als dies früher der Fall war. Schwierig bleibt nach wie vor die Wahl des Zeitpunkts für eine Operation. Arzt und Patient sollten gemeinsam versuchen, den Nutzen gegen die Risiken im individuellen Fall abzuwägen. Je jünger ein Patient bei der Erstoperation ist, desto wahrscheinlicher ist es daher, dass er die Lockerung seines künstlichen Hüftgelenks erleben wird und sich dann erneut operieren lassen muss. Dennoch ist es aus medizinischer Sicht nicht angemessen, jüngeren Patienten grundsätzlich von einer Operation abzuraten. Gerade sie profitieren vielleicht aufgrund ihrer größeren körperlichen Aktivität besonders vom Wiedergewinn der Beweglichkeit. Zudem reduzieren neuere, so genannte zementfreie Techniken die Gefahr, dass sich der Prothesenschaft im Oberschenkelknochen lockert, und Materialforscher experimentieren mit neuen keramischen und metallischen Werkstoffen sowie Herstellungsverfahren, um noch haltbarere Prothesen zu fertigen. Das Fernziel dieser Bemühungen sind Gelenksprothesen, deren durchschnittliche Funktionsdauer im Körper 20 Jahre beträgt. C 16 8 11.12.2001, 9:58 Uhr Gibt es alternative Behandlungsmethoden? Die Antwort lautet ganz eindeutig „Ja” – und zwar Dutzende, von „A” wie Aderlass bis „Z” wie Ziegenbuttersalbe. Tatsache ist: Mehr als die Hälfte aller Menschen, die an einer rheumatischen Erkrankung leiden, haben sich in deren Verlauf auch durch so genannte Alternativmethoden Linderung von ihren Leiden versprochen und diese ausprobiert. Dieser große Anteil reflektiert verschiedene Probleme der wissenschaftlich begründeten Therapieansätze, wie sie bislang in diesem Kapitel behandelt wurden. Der Wunsch nach Linderung oder gar Heilung von einer chronischen Krankheit ist verständlich, und Ärzte sollten deshalb auch Verständnis aufbringen, wenn sich Patienten nach monate- oder gar jahrelangen Krankheitsphasen, in denen sie keine oder nur wenig Besserung verspürten, nach „alternativen” Behandlungsmethoden umschauen. Der sowohl von manchen Patienten als auch von einigen Ärzten empfundene Gegensatz – hier „Schulmedizin”, dort „Alternativmedizin” – verstellt indes den Blick auf die eigentliche Problematik und förderte in der Vergangenheit ein dogmatisches und daher unangemessenes Frontendenken zwischen Verfechtern und Anhängern beider „Richtungen”. Alternative Heilverfahren stehen bei Patienten meist dann hoch im Kurs, wenn ihnen die bisherige Behandlung auch nach längerer Zeit keine oder nur wenig Linderung verschaffen konnte. Sinnvoll ist es auf jeden Fall, sich gemeinsam mit dem behandelnden Arzt über weitere Therapiemöglichkeiten zu beraten. Vollmundigen „Heilsversprechen” jedweder Art sollte man indes sehr skeptisch gegenüber sein. Das Foto zeigt eine Elektroakupunktur. • wirksame und sichere Therapien, also solche, deren Nutzen für den Patienten in wissenschaftlichen Studien klar belegt ist und deren Risikopotenzial sich als akzeptabel erwiesen hat; • fragwürdige Therapien, bei denen entweder die Wirksamkeit (noch) nicht wissenschaftlich belegt ist, oder deren Gefahrenpotenzial nicht hinreichend untersucht ist; • unwirksame und/oder risikoreiche Therapien, also solche, ohne erkennbaren Nutzen und/oder mit einer nicht akzeptablen Gesundheitsgefahr für den Patienten. Viele so genannte Alternativverfahren – aber nicht nur diese – fallen in diese dritte Kategorie. Vor allem der Wirksamkeitsnachweis ist bei ihnen oft nicht erbracht. Die Wirksamkeit lässt sich allerdings bei rheumatischen Erkrankungen auch besonders schwer zeigen. Dies hat mehrere Gründe. So verlaufen sie oft schubweise, wobei sich lange Krankheitsphasen mit ebenso langen, beschwerdefreien Phasen abwechseln. Die Wirksamkeit einer Behandlung lässt sich daher nur beurteilen, wenn man die Patienten über mehrere Jahre hinweg beobachtet. Manche Therapien werden für ein unglaublich breites Anwendungsspektrum angepriesen; beispielsweise helfen sie angeblich bei Harninkontinenz ebenso wie bei Bluthochdruck oder bei Rheuma. Derartige „Allzwecktherapien” sollten auf größte SkepZudem stehen oft nur schwer quantifizier- sis stoßen. Bereits die Behauptung, eine Thebare und zudem subjektive Merkmale – etwa rapie helfe bei Rheuma, muss angesichts die Schwere der Schmerzen – zur Verfügung, um den Nutzen einer Behandlung zu beurteilen. Typische Placeboeffekte können Mediziner bei der Bewertung der Wirksamkeit narren. So fühlen sich vielleicht einige Patienten während und nach einer zu prüfenden Therapie schon deshalb besser, weil sie viel Hoffnung in das neue Verfahren gesetzt haben oder weil sie intensiver medizinisch betreut wurden. Nicht zuletzt können auch sorgfältig erhobene Ergebnisse aus unterschiedlichen klinischen Tests zu sich widersprechenden Einschätzungen führen. Für den Patienten, wie übrigens auch für den Arzt, ist es daher nicht immer leicht, den möglichen Nutzen von Therapieangeboten abzuschätzen, zumal ihre große Zahl noch ständig wächst. Doch es gibt immerhin Anhaltspunkte, um Behandlungsformen, die außerhalb des Hauptstroms medizinischer Therapien liegen, zu beurteilen. Eine entscheidende Frage lautet: Welche Versprechungen werden mit einer „alternativen” Therapie gemacht? der Vielfalt dieser Krankheitsgruppe als uneinlösbares Versprechen gelten. Es ist kaum vorstellbar, dass so unterschiedliche Erkrankungen wie eine degenerative Kniearthrose und eine autoimmune Systemerkrankung wie der Systemische Lupus erythematodes (SLE) auf ein und dieselbe Behandlung gleichermaßen ansprechen. Selbsthilfegruppen bieten eine gute Gelegenheit, sich über alternative Behandlungsverfahren zu informieren. Der Austausch mit Betroffenen und Informationsabende mit Fachleuten helfen dabei, ein Therapieangebot zu beurteilen und zu einer eigenen Entscheidung zu kommen. Generell sollte man skeptisch gegenüber jedem „Heilungsversprechen” sein. In einer Einschätzung stimmen nämlich streng wissenschaftlich orientierte Ärzte und seriöse Anbieter von „alternativen” Verfahren überein: Bis auf ganz wenige Ausnahmen sind rheumatische Erkrankungen nicht völlig heilbar. Ratgeber, die einem Rheumapatienten Informationen über „Alternativverfahren” geben können, sind zum Beispiel Selbsthilfegruppen und medizinische Ratgeberbücher, wie sie im Anhang dieser Broschüre genannt werden. C 17 Rheuma-C Aus der Sicht einer wissenschaftlich begründeten Medizin lassen sich alle Therapien einer von drei möglichen Kategorien zuordnen: Es gibt C 18 9 11.12.2001, 9:58 Uhr Gibt es alternative Behandlungsmethoden? Die Antwort lautet ganz eindeutig „Ja” – und zwar Dutzende, von „A” wie Aderlass bis „Z” wie Ziegenbuttersalbe. Tatsache ist: Mehr als die Hälfte aller Menschen, die an einer rheumatischen Erkrankung leiden, haben sich in deren Verlauf auch durch so genannte Alternativmethoden Linderung von ihren Leiden versprochen und diese ausprobiert. Dieser große Anteil reflektiert verschiedene Probleme der wissenschaftlich begründeten Therapieansätze, wie sie bislang in diesem Kapitel behandelt wurden. Der Wunsch nach Linderung oder gar Heilung von einer chronischen Krankheit ist verständlich, und Ärzte sollten deshalb auch Verständnis aufbringen, wenn sich Patienten nach monate- oder gar jahrelangen Krankheitsphasen, in denen sie keine oder nur wenig Besserung verspürten, nach „alternativen” Behandlungsmethoden umschauen. Der sowohl von manchen Patienten als auch von einigen Ärzten empfundene Gegensatz – hier „Schulmedizin”, dort „Alternativmedizin” – verstellt indes den Blick auf die eigentliche Problematik und förderte in der Vergangenheit ein dogmatisches und daher unangemessenes Frontendenken zwischen Verfechtern und Anhängern beider „Richtungen”. Alternative Heilverfahren stehen bei Patienten meist dann hoch im Kurs, wenn ihnen die bisherige Behandlung auch nach längerer Zeit keine oder nur wenig Linderung verschaffen konnte. Sinnvoll ist es auf jeden Fall, sich gemeinsam mit dem behandelnden Arzt über weitere Therapiemöglichkeiten zu beraten. Vollmundigen „Heilsversprechen” jedweder Art sollte man indes sehr skeptisch gegenüber sein. Das Foto zeigt eine Elektroakupunktur. • wirksame und sichere Therapien, also solche, deren Nutzen für den Patienten in wissenschaftlichen Studien klar belegt ist und deren Risikopotenzial sich als akzeptabel erwiesen hat; • fragwürdige Therapien, bei denen entweder die Wirksamkeit (noch) nicht wissenschaftlich belegt ist, oder deren Gefahrenpotenzial nicht hinreichend untersucht ist; • unwirksame und/oder risikoreiche Therapien, also solche, ohne erkennbaren Nutzen und/oder mit einer nicht akzeptablen Gesundheitsgefahr für den Patienten. Viele so genannte Alternativverfahren – aber nicht nur diese – fallen in diese dritte Kategorie. Vor allem der Wirksamkeitsnachweis ist bei ihnen oft nicht erbracht. Die Wirksamkeit lässt sich allerdings bei rheumatischen Erkrankungen auch besonders schwer zeigen. Dies hat mehrere Gründe. So verlaufen sie oft schubweise, wobei sich lange Krankheitsphasen mit ebenso langen, beschwerdefreien Phasen abwechseln. Die Wirksamkeit einer Behandlung lässt sich daher nur beurteilen, wenn man die Patienten über mehrere Jahre hinweg beobachtet. Manche Therapien werden für ein unglaublich breites Anwendungsspektrum angepriesen; beispielsweise helfen sie angeblich bei Harninkontinenz ebenso wie bei Bluthochdruck oder bei Rheuma. Derartige „Allzwecktherapien” sollten auf größte SkepZudem stehen oft nur schwer quantifizier- sis stoßen. Bereits die Behauptung, eine Thebare und zudem subjektive Merkmale – etwa rapie helfe bei Rheuma, muss angesichts die Schwere der Schmerzen – zur Verfügung, um den Nutzen einer Behandlung zu beurteilen. Typische Placeboeffekte können Mediziner bei der Bewertung der Wirksamkeit narren. So fühlen sich vielleicht einige Patienten während und nach einer zu prüfenden Therapie schon deshalb besser, weil sie viel Hoffnung in das neue Verfahren gesetzt haben oder weil sie intensiver medizinisch betreut wurden. Nicht zuletzt können auch sorgfältig erhobene Ergebnisse aus unterschiedlichen klinischen Tests zu sich widersprechenden Einschätzungen führen. Für den Patienten, wie übrigens auch für den Arzt, ist es daher nicht immer leicht, den möglichen Nutzen von Therapieangeboten abzuschätzen, zumal ihre große Zahl noch ständig wächst. Doch es gibt immerhin Anhaltspunkte, um Behandlungsformen, die außerhalb des Hauptstroms medizinischer Therapien liegen, zu beurteilen. Eine entscheidende Frage lautet: Welche Versprechungen werden mit einer „alternativen” Therapie gemacht? der Vielfalt dieser Krankheitsgruppe als uneinlösbares Versprechen gelten. Es ist kaum vorstellbar, dass so unterschiedliche Erkrankungen wie eine degenerative Kniearthrose und eine autoimmune Systemerkrankung wie der Systemische Lupus erythematodes (SLE) auf ein und dieselbe Behandlung gleichermaßen ansprechen. Selbsthilfegruppen bieten eine gute Gelegenheit, sich über alternative Behandlungsverfahren zu informieren. Der Austausch mit Betroffenen und Informationsabende mit Fachleuten helfen dabei, ein Therapieangebot zu beurteilen und zu einer eigenen Entscheidung zu kommen. Generell sollte man skeptisch gegenüber jedem „Heilungsversprechen” sein. In einer Einschätzung stimmen nämlich streng wissenschaftlich orientierte Ärzte und seriöse Anbieter von „alternativen” Verfahren überein: Bis auf ganz wenige Ausnahmen sind rheumatische Erkrankungen nicht völlig heilbar. Ratgeber, die einem Rheumapatienten Informationen über „Alternativverfahren” geben können, sind zum Beispiel Selbsthilfegruppen und medizinische Ratgeberbücher, wie sie im Anhang dieser Broschüre genannt werden. C 17 Rheuma-C Aus der Sicht einer wissenschaftlich begründeten Medizin lassen sich alle Therapien einer von drei möglichen Kategorien zuordnen: Es gibt C 18 9 11.12.2001, 9:58 Uhr Mit Stoffschlinge, Gehroller und intensiven Gesprächen Viele Kinder und Jugendliche leiden unter entzündlichem Rheuma. Die Erkrankungen ziehen sich oft über Jahre hin und behindern dadurch die altersgemäße Entwicklung der Betroffenen. Seit 1991 hat die Kinderklinik Tübingen eine eigene Rheumaambulanz eingerichtet, in der verschiedene Fachärzte, Krankenschwestern, Krankengymnastinnen und eine Diplompädagogin eng zusammenarbeiten. Durch diese „Rundumbetreuung” lassen sich die jungen Patienten – unter Einbeziehung ihrer Familien – effektiv behandeln. „Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist rot”, ruft Daniel* vergnügt und blickt dabei verstohlen zu einem großen rötlichen Ball, der in dem metallenen Gitterkorb direkt über ihm liegt. An einem der Gitterkreuze in der Mitte des Korbs hängt ein Karabinerhaken, durch dessen Öse ein langes Seil gezogen ist. Der Sechsjährige liegt mit dem Rücken auf einem schmalen, gepolsterten Tisch. Sein linker Fuß sowie der Oberschenkel ruhen jeweils in einer Stoffschlinge, die beide an je einem Seilende befestigt sind. Langsam bewegt die Krankengymnastin Iris Laupp Daniels Bein zur Seite und wieder zurück in die Ausgangsposition; danach hebt sie es an und senkt es wieder ab – Übungen, die der Junge später selbstständig durchführt. „Vielleicht der Ball dort oben im Korb?” antwortet sie Daniel und geht so auf sein Fragespiel ein. „Kinder lassen sich schnell ablenken”, erklärt sie später im Gespräch, „und damit erreichen wir, dass sie sich bei den Übungen entspannen.” Mit der Schlingenvorrichtung beispielsweise könne sie die Beweglichkeit von Daniels Hüfte verbessern, und zwar ohne dass sie belastet wird, fügt die 39-Jährige hinzu. Sich bewegen und dabei gleichzeitig die Gelenke schonen ist ein wichtiges Prinzip bei der Behandlung von Rheumapatienten. Seit einigen Jahren arbeitet sie in der Kinderklinik der Universität Tübingen, und zu ihren Patienten gehören auch die Kinder der Rheumaambulanz. Dieses Zentrum, das 1991 eingerichtet wurde, ermöglicht eine enge Zusammenarbeit zwischen den behandelnden Ärzten – Kinderärzte, Internisten, Orthopäden und Augenärzte – sowie den Krankengymnasten. „Das ist das Schöne bei unserer Tätigkeit in der Klinik, dass wir besser über die Krankheitsgeschichte unserer Patienten informiert sind als in einer Praxis”, sagt Iris Laupp, und ihre Kollegin Eva Stoffregen ergänzt: „Man kann die Patienten ganzheitlicher sehen, denn mit den Krankenschwestern, Ärzten oder mit Frau Erbis vom psychosozialen Dienst können wir direkt über einen bestimmten Fall reden.” Die Krankengymnastin Iris Laupp bei der Arbeit mit einem jungen Patienten: Die Übungen sollen die Beweglichkeit seiner Hüfte verbessern. Dank der Stoffschlingen werden dabei seine erkrankten Gelenke möglichst geschont. Besonders wichtig ist dies bei rheumakranken Kindern und Jugendlichen, die über Jahre hinweg auf eine krankengymnastische Behandlung angewiesen sind. So ist es bei Daniel, der seit zwei Jahren die Rheumaambulanz regelmäßig aufsucht. Seit seinem ersten Lebensjahr leidet er unter einer schlimmen Form der juvenilen * C 19 Rheuma-C chronischen Arthritis, genannt Morbus Still. Iris Laupp versucht deshalb bei Daniel, Viele seiner Gelenke haben sich im Ver- mit gezielten krankengymnastischen Übunlauf der Krankheit entzündet, oft plagen ihn gen sein fehlgestelltes Knie wieder bewegstarke Fieberschübe. licher zu machen. „Das Wichtigste am Anfang einer Behandlung ist jedoch, dass „Wenn ein Kind zum ersten Mal nach sich Vertrauen entwickelt”, erklärt sie. DesTübingen kommt, bleibt es meist für fünf halb darf sie bei ihren Untersuchungen nie Tage, bis alle Diagnoseuntersuchungen ein Gelenk bis über die Schmerzgrenze hinabgeschlossen sind”, erläutert Iris Laupp, aus bewegen, sonst macht sich Angst breit „Ich nehme dann zuerst einmal den Befund und das Kind verspannt sich gänzlich. „Oft auf.” Mit einem Winkelmesser – sie zieht singen wir zusammen, während ich Daniels ein aufklappbares Lineal mit Winkelmaßen Knie bewege. Das macht ihm Spaß, und er aus der Tasche ihres Arbeitsmantels – hat ein unglaublich großes Repertoire an untersucht sie, wie groß die Beweglichkeit Liedern,” verrät sie lächelnd. der Gelenke ist. Die krankengymnastischen Übungen, die Dazu führt sie so genannte Schnelltests Iris Laupp mit Daniel zweimal täglich für durch: Beim Ellbogengelenk etwa muss jeweils etwa eine Stunde durchexerziert, das Kind seinen Arm ganz ausstrecken und müssen die Eltern zuhause weiterführen. wieder beugen. Ist das Gelenk gesund, bil- „Wir beziehen daher die Mutter oder den det der Arm eine gerade Linie und liegt Vater möglichst früh in die Behandlung mit nun per Definition in der so genannten neu- ein”, erläutert sie. Unter Anleitung lernen tralen Nullstellung. Ist das Gelenk hinge- diese dann, wie sie die Gelenke bewegen gen erkrankt, lässt sich der Arm nur einge- müssen, um bestimmte Muskelgruppen zu schränkt strecken; der Winkelmesser zeigt entspannen oder zu dehnen. Mindestens dann beispielsweise 20 Grad Abweichung einmal am Tag sollten die Eltern mit jünvon der neutralen Nullstellung an. Um das geren Kindern 10 bis 30 Minuten lang üben. Kniegelenk zu testen, muss sich die Ferse ohne Schmerzen an den Oberschenkel zie- Auch bei der Suche nach einer krankenhen lassen. „Bei Daniel”, sagt Iris Laupp, gymnastischen Praxis daheim ist das Tübin„hat sich bereits eine Fehlstellung an seinem ger Team den Eltern behilflich. Denn einen linken Knie ausgebildet. Sie ist gut zu erken- geeigneten Therapeuten zu finden, ist oft nen, wenn er aufrecht steht. Das betref- gar nicht so einfach. Viele Krankengymnasfende Knie knickt deutlich nach innen ab.” ten haben mit Kindern nur sehr wenig Erfahrung, oder sie kennen sich nicht ausreiWie es zu solchen Fehlstellungen kommt, chend mit der Behandlung rheumatischer beschreibt die 29-jährige Krankengymnastin Erkrankungen aus. Doch die RheumaambuEva Stoffregen, die Ansprechpartnerin für lanz verfügt inzwischen über eine lange die ambulanten Patienten ist. So haben Kin- Liste mit Praxisadressen, die im Einzugsgeder, die an entzündlichem Rheuma erkrankt biet des Zentrums – immerhin ein 100-Kilosind, häufig starke Gelenkschmerzen. Sie meter-Umkreis rund um Tübingen – liegen. bringen das schmerzende Gelenk deshalb unbewusst in eine Stellung, in der es weniger wehtut. Die Muskeln, die es in dieser Schonposition halten, werden dabei angespannt und verkürzen sich; ihre Gegenspieler hingegen erschlaffen und verlieren an Kraft. Zweimal täglich übt Iris Laupp mit dem Patienten jeweils eine Stunde. Zuhause sollte er die Übungen mit Hilfe seiner Eltern regelmäßig fortführen. Name von der Redaktion geändert C 20 10 11.12.2001, 9:59 Uhr Mit Stoffschlinge, Gehroller und intensiven Gesprächen Viele Kinder und Jugendliche leiden unter entzündlichem Rheuma. Die Erkrankungen ziehen sich oft über Jahre hin und behindern dadurch die altersgemäße Entwicklung der Betroffenen. Seit 1991 hat die Kinderklinik Tübingen eine eigene Rheumaambulanz eingerichtet, in der verschiedene Fachärzte, Krankenschwestern, Krankengymnastinnen und eine Diplompädagogin eng zusammenarbeiten. Durch diese „Rundumbetreuung” lassen sich die jungen Patienten – unter Einbeziehung ihrer Familien – effektiv behandeln. „Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist rot”, ruft Daniel* vergnügt und blickt dabei verstohlen zu einem großen rötlichen Ball, der in dem metallenen Gitterkorb direkt über ihm liegt. An einem der Gitterkreuze in der Mitte des Korbs hängt ein Karabinerhaken, durch dessen Öse ein langes Seil gezogen ist. Der Sechsjährige liegt mit dem Rücken auf einem schmalen, gepolsterten Tisch. Sein linker Fuß sowie der Oberschenkel ruhen jeweils in einer Stoffschlinge, die beide an je einem Seilende befestigt sind. Langsam bewegt die Krankengymnastin Iris Laupp Daniels Bein zur Seite und wieder zurück in die Ausgangsposition; danach hebt sie es an und senkt es wieder ab – Übungen, die der Junge später selbstständig durchführt. „Vielleicht der Ball dort oben im Korb?” antwortet sie Daniel und geht so auf sein Fragespiel ein. „Kinder lassen sich schnell ablenken”, erklärt sie später im Gespräch, „und damit erreichen wir, dass sie sich bei den Übungen entspannen.” Mit der Schlingenvorrichtung beispielsweise könne sie die Beweglichkeit von Daniels Hüfte verbessern, und zwar ohne dass sie belastet wird, fügt die 39-Jährige hinzu. Sich bewegen und dabei gleichzeitig die Gelenke schonen ist ein wichtiges Prinzip bei der Behandlung von Rheumapatienten. Seit einigen Jahren arbeitet sie in der Kinderklinik der Universität Tübingen, und zu ihren Patienten gehören auch die Kinder der Rheumaambulanz. Dieses Zentrum, das 1991 eingerichtet wurde, ermöglicht eine enge Zusammenarbeit zwischen den behandelnden Ärzten – Kinderärzte, Internisten, Orthopäden und Augenärzte – sowie den Krankengymnasten. „Das ist das Schöne bei unserer Tätigkeit in der Klinik, dass wir besser über die Krankheitsgeschichte unserer Patienten informiert sind als in einer Praxis”, sagt Iris Laupp, und ihre Kollegin Eva Stoffregen ergänzt: „Man kann die Patienten ganzheitlicher sehen, denn mit den Krankenschwestern, Ärzten oder mit Frau Erbis vom psychosozialen Dienst können wir direkt über einen bestimmten Fall reden.” Die Krankengymnastin Iris Laupp bei der Arbeit mit einem jungen Patienten: Die Übungen sollen die Beweglichkeit seiner Hüfte verbessern. Dank der Stoffschlingen werden dabei seine erkrankten Gelenke möglichst geschont. Besonders wichtig ist dies bei rheumakranken Kindern und Jugendlichen, die über Jahre hinweg auf eine krankengymnastische Behandlung angewiesen sind. So ist es bei Daniel, der seit zwei Jahren die Rheumaambulanz regelmäßig aufsucht. Seit seinem ersten Lebensjahr leidet er unter einer schlimmen Form der juvenilen * C 19 Rheuma-C chronischen Arthritis, genannt Morbus Still. Iris Laupp versucht deshalb bei Daniel, Viele seiner Gelenke haben sich im Ver- mit gezielten krankengymnastischen Übunlauf der Krankheit entzündet, oft plagen ihn gen sein fehlgestelltes Knie wieder bewegstarke Fieberschübe. licher zu machen. „Das Wichtigste am Anfang einer Behandlung ist jedoch, dass „Wenn ein Kind zum ersten Mal nach sich Vertrauen entwickelt”, erklärt sie. DesTübingen kommt, bleibt es meist für fünf halb darf sie bei ihren Untersuchungen nie Tage, bis alle Diagnoseuntersuchungen ein Gelenk bis über die Schmerzgrenze hinabgeschlossen sind”, erläutert Iris Laupp, aus bewegen, sonst macht sich Angst breit „Ich nehme dann zuerst einmal den Befund und das Kind verspannt sich gänzlich. „Oft auf.” Mit einem Winkelmesser – sie zieht singen wir zusammen, während ich Daniels ein aufklappbares Lineal mit Winkelmaßen Knie bewege. Das macht ihm Spaß, und er aus der Tasche ihres Arbeitsmantels – hat ein unglaublich großes Repertoire an untersucht sie, wie groß die Beweglichkeit Liedern,” verrät sie lächelnd. der Gelenke ist. Die krankengymnastischen Übungen, die Dazu führt sie so genannte Schnelltests Iris Laupp mit Daniel zweimal täglich für durch: Beim Ellbogengelenk etwa muss jeweils etwa eine Stunde durchexerziert, das Kind seinen Arm ganz ausstrecken und müssen die Eltern zuhause weiterführen. wieder beugen. Ist das Gelenk gesund, bil- „Wir beziehen daher die Mutter oder den det der Arm eine gerade Linie und liegt Vater möglichst früh in die Behandlung mit nun per Definition in der so genannten neu- ein”, erläutert sie. Unter Anleitung lernen tralen Nullstellung. Ist das Gelenk hinge- diese dann, wie sie die Gelenke bewegen gen erkrankt, lässt sich der Arm nur einge- müssen, um bestimmte Muskelgruppen zu schränkt strecken; der Winkelmesser zeigt entspannen oder zu dehnen. Mindestens dann beispielsweise 20 Grad Abweichung einmal am Tag sollten die Eltern mit jünvon der neutralen Nullstellung an. Um das geren Kindern 10 bis 30 Minuten lang üben. Kniegelenk zu testen, muss sich die Ferse ohne Schmerzen an den Oberschenkel zie- Auch bei der Suche nach einer krankenhen lassen. „Bei Daniel”, sagt Iris Laupp, gymnastischen Praxis daheim ist das Tübin„hat sich bereits eine Fehlstellung an seinem ger Team den Eltern behilflich. Denn einen linken Knie ausgebildet. Sie ist gut zu erken- geeigneten Therapeuten zu finden, ist oft nen, wenn er aufrecht steht. Das betref- gar nicht so einfach. Viele Krankengymnasfende Knie knickt deutlich nach innen ab.” ten haben mit Kindern nur sehr wenig Erfahrung, oder sie kennen sich nicht ausreiWie es zu solchen Fehlstellungen kommt, chend mit der Behandlung rheumatischer beschreibt die 29-jährige Krankengymnastin Erkrankungen aus. Doch die RheumaambuEva Stoffregen, die Ansprechpartnerin für lanz verfügt inzwischen über eine lange die ambulanten Patienten ist. So haben Kin- Liste mit Praxisadressen, die im Einzugsgeder, die an entzündlichem Rheuma erkrankt biet des Zentrums – immerhin ein 100-Kilosind, häufig starke Gelenkschmerzen. Sie meter-Umkreis rund um Tübingen – liegen. bringen das schmerzende Gelenk deshalb unbewusst in eine Stellung, in der es weniger wehtut. Die Muskeln, die es in dieser Schonposition halten, werden dabei angespannt und verkürzen sich; ihre Gegenspieler hingegen erschlaffen und verlieren an Kraft. Zweimal täglich übt Iris Laupp mit dem Patienten jeweils eine Stunde. Zuhause sollte er die Übungen mit Hilfe seiner Eltern regelmäßig fortführen. Name von der Redaktion geändert C 20 10 11.12.2001, 9:59 Uhr 1 Mit Stoffschlinge, Gehroller und intensiven Gesprächen Nicht immer haben die Patienten Lust, mit den Krankengymnastinnen zusammen die Übungen zu machen. Jüngere Kinder lassen sich nach den Erfahrungen von Iris Laupp und Eva Stoffregen gewöhnlich leichter dazu motivieren. „Da reicht es manchmal schon, wenn ich sage, dass ich in einer halben Stunde wiederkomme, sodass das Kind bis dahin fertig spielen kann”, erläutert Eva Stoffregen. „Oder ich rede mit ihm über ein Stofftier und wecke so sein Interesse.” Die Diplompädagogin Gabi Erbis im Gespräch mit einem jugendlichen Patienten der Rheumaambulanz (1). Die psychosoziale Beratung der jungen Patienten und deren Eltern ergänzt die medizinische und krankengymnastische Betreuung. Gemeinsam mit einer Lehrerin der Einrichtung hat Gabi Erbis deshalb versucht, die Situation von Konstantin genau einzuschätzen. Sie telefonierte mit dem Landeswohlfahrtsverband sowie dem Arbeitsamt und klärte ab, wer etwa die Kosten für eine Wohnung übernimmt. Ein anderer Lehrer begleitete Konstantin zu einer öffentlichen Berufsschule, die dieser ein Jahr lang vor der praktischen Ausbildung zum Bauzeichner besuchen müsste. Angesichts der oftmals rauen Umgangsformen der Schüler untereinander und der Leistungsanforderungen, die ihn dort erwarten würden, fühlte er sich dann doch überfordert. Nun will er zunächst das für ihn zuständige Berufsbildungswerk, wo er betreut wohnen kann, vier Wochen lang „testen” und schauen, ob ihm die Bauzeichnerlehre dort gefällt. Dass sich Daniel in schlimmen Phasen, wenn ihn wieder ein heftiger Fieberschub beutelt, sogar den Tod herbeiwünscht, das hat Gabi Erbis von der Mutter des Jungen erfahren. Seit September 1999 gehört die Diplompädagogin zum Team der KinderRheumaambulanz, und zwar für den psychosozialen Dienst. Bei ihr finden sowohl Eltern als auch Patienten ein offenes Ohr für all die Probleme, die ihnen durch die Erkrankung auf der Seele lasten. Anders sieht es bei den 16- bis 20-Jährigen aus. „Da kann es schon passieren, dass einer die Ambulanz verlässt, ohne dass ich ihn behandelt habe”, sagt sie und zuckt bedauernd mit den Schultern. Sie kennt außerdem Fälle, bei denen ein neu eingenommenes Medikament wie etwa Kortison zu einer massiven Wesensveränderung geführt hat. „Ein Mädchen namens Lena beispielsweise”, erzählt sie, „war zuvor ein richtig lustiges Ding, das sich für alles begeistert hat. Nach dem Medikamentenwechsel ist sie dann fast von heute auf morgen sehr griesgrämig geworden und hat seither oft mit depressiven Stimmungen zu kämpfen.” So auch Daniels Mutter, die sehr unter der schweren Krankheit ihres Sohnes leidet. Immer wieder führt Gabi Erbis mit ihr intensive Gespräche, versucht, gegen die starken Schuldgefühle anzugehen, die die Frau niederdrücken. Diese würde gern allen Mitgliedern ihrer Familie gleichermaßen gerecht werden. Doch Daniels Pflege und Betreuung kosten viel Zeit, was besonders dessen drei Jahre älterer Bruder zu spüren bekommt. Er verhält sich deshalb Daniel gegenüber oft aggressiv, worunter wiederum der jüngere leidet. Um die Probleme leichter bewältigen zu können, hat Gabi Erbis für die ganze Familie eine vierwöchige Rehabilitationskur beantragt und auch bewilligt bekommen. „Im Sommer ist Ein Grundbedürfnis von Kindern ist es, un- es so weit, da reisen alle in den Schwarzgehindert herumspringen zu können. Doch wald. Daniel freut sich schon riesig darauf”, bei so schweren Krankheitsbildern wie im erzählt die 37-Jährige lächelnd. Fall von Daniel ist jede Bewegung mit Schmerzen verbunden. Damit Daniel einer- Auch Konstantin* hat bei ihr angeklopft seits seinen Bewegungsdrang ausleben und sie um Mithilfe gebeten. Der 19-Jährige, kann und andererseits seine Gelenke ohne der seit seiner Kindheit unter Polyarthritis Belastung benützt, fährt er mit einem Gehrol- leidet, lebt in einer Einrichtung für Körperler durch die Gegend. Dieser hat in der Mitte behinderte. Dort macht er gerade seinen einen Sitz, sodass Daniel mit beiden Beinen Hauptschulabschluss; in einem Architekturbequem den Boden erreicht und abwech- büro hat er bereits ein Praktikum als Bauselnd Schwung holen kann. Seine Hüft-, zeichner absolviert. Sein größter Wunsch ist Knie- und Sprunggelenke werden dadurch es, endlich auf eigenen Füßen zu stehen und entlastet und gleichzeitig gestreckt. in eine eigene Wohnung ziehen zu können. 2 3 Die Krankengymnastinnen in der Kinder-Rheumaambulanz haben besonders viel Erfahrung in der Arbeit mit den zum Teil noch sehr jungen rheumakranken Patienten (Fotos 2 und 3). Wichtig ist dabei nicht nur die Auswahl der Übungen und die adäquate Hilfestellung, sondern auch die „Kunst”, die Patienten zu motivieren. Nur wenn sie nach ihrem Aufenthalt in der Rheumaambulanz das Übungsprogramm zuhause regelmäßig fortführen, stellt sich eine dauerhafte Wirkung ein. * C 21 Rheuma-C Name von der Redaktion geändert Ganz anderen Problemen sieht sich Gabi Erbis bei der 16-jährigen Linda* gegenübergestellt. Das Mädchen leidet an einer sehr seltenen rheumatischen Krankheit, bei der sich vor allem die Gefäße entzünden. 1997 ging sie in ein Krankenhaus im Umkreis von Stuttgart, weil sie plötzlich Punkte vor den Augen sah und ohne ersichtlichen Grund mehrmals gestürzt war. Die Ärzte dort erkannten jedoch ihre Krankheit nicht. Erst zwei Jahre später, im August 1999, kam Linda schließlich in die Rheumaambulanz nach Tübingen. Hier wurde dann die richtige Diagnose gestellt. Allerdings waren nun die Gefäßentzündungen schon sehr weit fortgeschritten. Drei von vier wichtigen Gehirnarterien Lindas sind mittlerweile so stark geschädigt, dass sie kaum mehr Blut transportieren. Die Ärzte haben Linda, die auch psychisch unter ihrer Krankheit stark leidet, angesprochen, ob sie nicht einmal mit Gabi Erbis über ihre Situation sprechen wolle, und sie willigte sofort ein. Seit Herbst 1999 sucht sie nun regelmäßig die Diplompädagogin auf. „Am Anfang haben wir mehr über organisatorische Dinge gesprochen”, * erzählt Gabi Erbis. Linda erkundigte sich etwa, wie es mit Hausunterricht nach längeren Fehlzeiten in der Schule aussieht, oder ob sie die Fahrtkosten erstattet bekommt. „Mit der Zeit hat Linda Vertrauen gefasst, und zunehmend brachte sie auch persönliche Probleme zur Sprache”, fährt Gabi Erbis fort. Sie will Linda in erster Linie dabei helfen, trotz der lebensbedrohlichen Krankheit neue Lebensperspektiven zu finden. Dazu gehört für sie auch, dass das Mädchen lernt, mit ihrem angeschlagenen Körper umzugehen, der durch die Behandlung mit hoch dosiertem Kortison stark aufgeschwemmt ist. „Vor kurzem habe ich Linda vorgeschlagen, mit ihr in die Schule zu gehen, um dort die Klassenkameraden und Lehrer über ihre Krankheit zu informieren”, berichtet Gabi Erbis. Ihrer Erfahrung nach lassen sich so manche Vorurteile aus dem Weg räumen. Das Mädchen willigte sofort ein. Zusammen mit dem Lehrer der Kinderklinik und einem Arzt der Rheumaambulanz wird Gabi Erbis nun demnächst Lindas Klasse besuchen und etwa eine Schulstunde lang mit den Schülern und der Lehrerin über die Erkrankung des Mädchens reden. Anschließend soll noch ein Gespräch mit dem Lehrerkollegium stattfinden. „Das Spannende an meiner Tätigkeit ist, dass die Patienten mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen zu mir kommen und mich um Rat fragen”, meint Gabi Erbis. Auch dass sie einmal mit Jugendlichen, dann wieder mit Kindern oder deren Eltern zu tun habe, gefällt ihr sehr gut. Und außerdem – da stimmt sie mit den beiden Krankengymnastinnen Iris Laupp und Eva Stoffregen überein – hält sie den engen Kontakt zu den Teamkollegen der Rheumaambulanz und den wöchentlichen Informationsaustausch für besonders wichtig. Eine „Rundumbetreuung” der Patienten – das möchten alle Beteiligten dieser Einrichtung letztlich erreichen. Name von der Redaktion geändert C 22 11 11.12.2001, 9:59 Uhr 1 Mit Stoffschlinge, Gehroller und intensiven Gesprächen Nicht immer haben die Patienten Lust, mit den Krankengymnastinnen zusammen die Übungen zu machen. Jüngere Kinder lassen sich nach den Erfahrungen von Iris Laupp und Eva Stoffregen gewöhnlich leichter dazu motivieren. „Da reicht es manchmal schon, wenn ich sage, dass ich in einer halben Stunde wiederkomme, sodass das Kind bis dahin fertig spielen kann”, erläutert Eva Stoffregen. „Oder ich rede mit ihm über ein Stofftier und wecke so sein Interesse.” Die Diplompädagogin Gabi Erbis im Gespräch mit einem jugendlichen Patienten der Rheumaambulanz (1). Die psychosoziale Beratung der jungen Patienten und deren Eltern ergänzt die medizinische und krankengymnastische Betreuung. Gemeinsam mit einer Lehrerin der Einrichtung hat Gabi Erbis deshalb versucht, die Situation von Konstantin genau einzuschätzen. Sie telefonierte mit dem Landeswohlfahrtsverband sowie dem Arbeitsamt und klärte ab, wer etwa die Kosten für eine Wohnung übernimmt. Ein anderer Lehrer begleitete Konstantin zu einer öffentlichen Berufsschule, die dieser ein Jahr lang vor der praktischen Ausbildung zum Bauzeichner besuchen müsste. Angesichts der oftmals rauen Umgangsformen der Schüler untereinander und der Leistungsanforderungen, die ihn dort erwarten würden, fühlte er sich dann doch überfordert. Nun will er zunächst das für ihn zuständige Berufsbildungswerk, wo er betreut wohnen kann, vier Wochen lang „testen” und schauen, ob ihm die Bauzeichnerlehre dort gefällt. Dass sich Daniel in schlimmen Phasen, wenn ihn wieder ein heftiger Fieberschub beutelt, sogar den Tod herbeiwünscht, das hat Gabi Erbis von der Mutter des Jungen erfahren. Seit September 1999 gehört die Diplompädagogin zum Team der KinderRheumaambulanz, und zwar für den psychosozialen Dienst. Bei ihr finden sowohl Eltern als auch Patienten ein offenes Ohr für all die Probleme, die ihnen durch die Erkrankung auf der Seele lasten. Anders sieht es bei den 16- bis 20-Jährigen aus. „Da kann es schon passieren, dass einer die Ambulanz verlässt, ohne dass ich ihn behandelt habe”, sagt sie und zuckt bedauernd mit den Schultern. Sie kennt außerdem Fälle, bei denen ein neu eingenommenes Medikament wie etwa Kortison zu einer massiven Wesensveränderung geführt hat. „Ein Mädchen namens Lena beispielsweise”, erzählt sie, „war zuvor ein richtig lustiges Ding, das sich für alles begeistert hat. Nach dem Medikamentenwechsel ist sie dann fast von heute auf morgen sehr griesgrämig geworden und hat seither oft mit depressiven Stimmungen zu kämpfen.” So auch Daniels Mutter, die sehr unter der schweren Krankheit ihres Sohnes leidet. Immer wieder führt Gabi Erbis mit ihr intensive Gespräche, versucht, gegen die starken Schuldgefühle anzugehen, die die Frau niederdrücken. Diese würde gern allen Mitgliedern ihrer Familie gleichermaßen gerecht werden. Doch Daniels Pflege und Betreuung kosten viel Zeit, was besonders dessen drei Jahre älterer Bruder zu spüren bekommt. Er verhält sich deshalb Daniel gegenüber oft aggressiv, worunter wiederum der jüngere leidet. Um die Probleme leichter bewältigen zu können, hat Gabi Erbis für die ganze Familie eine vierwöchige Rehabilitationskur beantragt und auch bewilligt bekommen. „Im Sommer ist Ein Grundbedürfnis von Kindern ist es, un- es so weit, da reisen alle in den Schwarzgehindert herumspringen zu können. Doch wald. Daniel freut sich schon riesig darauf”, bei so schweren Krankheitsbildern wie im erzählt die 37-Jährige lächelnd. Fall von Daniel ist jede Bewegung mit Schmerzen verbunden. Damit Daniel einer- Auch Konstantin* hat bei ihr angeklopft seits seinen Bewegungsdrang ausleben und sie um Mithilfe gebeten. Der 19-Jährige, kann und andererseits seine Gelenke ohne der seit seiner Kindheit unter Polyarthritis Belastung benützt, fährt er mit einem Gehrol- leidet, lebt in einer Einrichtung für Körperler durch die Gegend. Dieser hat in der Mitte behinderte. Dort macht er gerade seinen einen Sitz, sodass Daniel mit beiden Beinen Hauptschulabschluss; in einem Architekturbequem den Boden erreicht und abwech- büro hat er bereits ein Praktikum als Bauselnd Schwung holen kann. Seine Hüft-, zeichner absolviert. Sein größter Wunsch ist Knie- und Sprunggelenke werden dadurch es, endlich auf eigenen Füßen zu stehen und entlastet und gleichzeitig gestreckt. in eine eigene Wohnung ziehen zu können. 2 3 Die Krankengymnastinnen in der Kinder-Rheumaambulanz haben besonders viel Erfahrung in der Arbeit mit den zum Teil noch sehr jungen rheumakranken Patienten (Fotos 2 und 3). Wichtig ist dabei nicht nur die Auswahl der Übungen und die adäquate Hilfestellung, sondern auch die „Kunst”, die Patienten zu motivieren. Nur wenn sie nach ihrem Aufenthalt in der Rheumaambulanz das Übungsprogramm zuhause regelmäßig fortführen, stellt sich eine dauerhafte Wirkung ein. * C 21 Rheuma-C Name von der Redaktion geändert Ganz anderen Problemen sieht sich Gabi Erbis bei der 16-jährigen Linda* gegenübergestellt. Das Mädchen leidet an einer sehr seltenen rheumatischen Krankheit, bei der sich vor allem die Gefäße entzünden. 1997 ging sie in ein Krankenhaus im Umkreis von Stuttgart, weil sie plötzlich Punkte vor den Augen sah und ohne ersichtlichen Grund mehrmals gestürzt war. Die Ärzte dort erkannten jedoch ihre Krankheit nicht. Erst zwei Jahre später, im August 1999, kam Linda schließlich in die Rheumaambulanz nach Tübingen. Hier wurde dann die richtige Diagnose gestellt. Allerdings waren nun die Gefäßentzündungen schon sehr weit fortgeschritten. Drei von vier wichtigen Gehirnarterien Lindas sind mittlerweile so stark geschädigt, dass sie kaum mehr Blut transportieren. Die Ärzte haben Linda, die auch psychisch unter ihrer Krankheit stark leidet, angesprochen, ob sie nicht einmal mit Gabi Erbis über ihre Situation sprechen wolle, und sie willigte sofort ein. Seit Herbst 1999 sucht sie nun regelmäßig die Diplompädagogin auf. „Am Anfang haben wir mehr über organisatorische Dinge gesprochen”, * erzählt Gabi Erbis. Linda erkundigte sich etwa, wie es mit Hausunterricht nach längeren Fehlzeiten in der Schule aussieht, oder ob sie die Fahrtkosten erstattet bekommt. „Mit der Zeit hat Linda Vertrauen gefasst, und zunehmend brachte sie auch persönliche Probleme zur Sprache”, fährt Gabi Erbis fort. Sie will Linda in erster Linie dabei helfen, trotz der lebensbedrohlichen Krankheit neue Lebensperspektiven zu finden. Dazu gehört für sie auch, dass das Mädchen lernt, mit ihrem angeschlagenen Körper umzugehen, der durch die Behandlung mit hoch dosiertem Kortison stark aufgeschwemmt ist. „Vor kurzem habe ich Linda vorgeschlagen, mit ihr in die Schule zu gehen, um dort die Klassenkameraden und Lehrer über ihre Krankheit zu informieren”, berichtet Gabi Erbis. Ihrer Erfahrung nach lassen sich so manche Vorurteile aus dem Weg räumen. Das Mädchen willigte sofort ein. Zusammen mit dem Lehrer der Kinderklinik und einem Arzt der Rheumaambulanz wird Gabi Erbis nun demnächst Lindas Klasse besuchen und etwa eine Schulstunde lang mit den Schülern und der Lehrerin über die Erkrankung des Mädchens reden. Anschließend soll noch ein Gespräch mit dem Lehrerkollegium stattfinden. „Das Spannende an meiner Tätigkeit ist, dass die Patienten mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen zu mir kommen und mich um Rat fragen”, meint Gabi Erbis. Auch dass sie einmal mit Jugendlichen, dann wieder mit Kindern oder deren Eltern zu tun habe, gefällt ihr sehr gut. Und außerdem – da stimmt sie mit den beiden Krankengymnastinnen Iris Laupp und Eva Stoffregen überein – hält sie den engen Kontakt zu den Teamkollegen der Rheumaambulanz und den wöchentlichen Informationsaustausch für besonders wichtig. Eine „Rundumbetreuung” der Patienten – das möchten alle Beteiligten dieser Einrichtung letztlich erreichen. Name von der Redaktion geändert C 22 11 11.12.2001, 9:59 Uhr D LEBEN MIT RHEUMA Sich mit dem Leben arrangieren lernen Viele entzündliche rheumatische Erkrankungen verursachen oft starke Schmerzen und führen zu dauerhaften Gelenkschäden. Nicht selten müssen die betroffenen Menschen ihre vertraute Lebensweise oder ihren Beruf aufgeben und ihren Alltag neu organisieren. So auch der 37-jährige Thomas P., der unter Morbus Bechterew leidet. Ein Arbeitsplatz wie tausend andere: Thomas P. sitzt auf dem Drehstuhl an seinem Schreibtisch, die Tastatur des Computers vor sich. Rechts stapeln sich einige Unterlagen, eine einzelne große Schraube, deren Güte er heute noch zu kontrollieren hat, liegt daneben. Hinter ihm ein Wandschrank, in dem Dutzende von Ordnern aneinander gereiht stehen. Schaut Thomas P. nach vorn, kann er die Arbeitsplätze seiner beiden Kollegen sehen und sich mit ihnen unterhalten, ohne den Kopf wenden zu müssen, was sehr wichtig für ihn ist. „Ich versuche immer, mir den Rücken frei zu halten”, lacht er, „auch bei anderen Gelegenheiten wie in einem Speiselokal.” Erst später im Gespräch wird deutlich, was er damit meint. Meist führt ihn seine „Wanderung” zur Fertigungsabteilung seiner Firma, die Produkte für den Hausbau – von Schrauben bis zu Dachpfannenhalterungen – herstellt. Als Güteprüfer ist er dafür verantwortlich, dass die Teile allen DIN-Normen entsprechen. Seit 1994 arbeitet Thomas P. in dem Unternehmen im Nordschwarzwald. Seinen früheren Beruf als Heizungsmonteur musste er an den Nagel hängen – der schweren körperlichen Arbeit auf den Baustellen war er nicht mehr gewachsen. Der 37-Jährige leidet unter Morbus Bechterew, einer rheumatischen Erkrankung, bei der sich die Wirbelsäule entzündet und zu versteifen droht. Besonders der Nacken- und Schulterbereich sind bei ihm betroffen. An der Halswirbelsäule haben sich bereits knöcherne Spangen ausgebildet, die verhindern, dass er den Kopf drehen kann. „Bei meiner Krankheit ist ein vielseitiger Arbeitsplatz wichtig”, meint er. Wenn er morgens um sieben Uhr beginnt, setzt er sich zunächst für zwei Stunden an den Rechner. Danach braucht er Bewegung, denn zu langes Sitzen quittiert sein Körper prompt: „Wenn ich spüre, dass meine linke Hand und die Beine allmählich taub werden, weiß ich, dass es Zeit für eine Wanderung ist.” D1 Rheuma-D Ob Zufall oder nicht – angefangen hat alles mit einem Unfall bei der Bundeswehr, wo Thomas P. seinen Wehrdienst geleistet hatte: „Das Datum – es war der 1. Oktober 1982 – werde ich bestimmt niemals vergessen.” Beim Umzug in eine andere Stube und mit einem schweren Seesack beladen verlor er das Gleichgewicht, stürzte rücklings, und ein aus dem Seesack ragender Karabinerhaken bohrte sich in seinen Rücken. In der Zeit danach litt er ständig unter einseitigen Rückenschmerzen im Lendenbereich, die immer schlimmer wurden. Nach fünf Monaten, seinen Wehrdienst hatte er inzwischen beendet, suchte er einen Orthopäden auf. Mindestens zweimal pro Woche ging er während der nächsten beiden Jahre in die Praxis; er unterzog sich zahlreichen Blut- und Röntgenuntersuchungen, bekam Massagen und erhielt Elektrotherapie. Doch der Orthopäde erkannte seine Krankheit nicht. „Ein absoluter Pfuscher”, ärgert sich Thomas P. noch heute. „Damals habe ich fast zehn Minuten gebraucht, um aus dem Auto zu steigen – so stark waren meine Schmerzen mittlerweile.” Auf Schmerzmittel verzichtete er dennoch, denn er wollte seinen Körper nicht zusätzlich den eventuell schädigenden Nebenwirkungen der Medikamente aussetzen. Erst ein Allgemeinmediziner, den er parallel zum Orthopäden aufsuchte, konnte Thomas P. weiterhelfen. Dieser überwies ihn an eine rheumatologische Fachklinik. Dort schließlich diagnostizierten die Ärzte Morbus Bechterew, eine chronisch verlaufende, nicht heilbare Krankheit. „Mein Glück war”, so urteilt er heute, „dass ich es nicht sofort, zu Beginn meiner Erkrankung, erfahren habe.” Denn inzwischen hatten seine Schmerzen bereits den Höhepunkt überschritten, und von diesem Zeitpunkt an ging es ihm zunehmend besser. Doch davor hatte Thomas P. beruflich gleich doppelt Pech. Der Betrieb, bei dem er trotz seiner heftigen Schmerzen als Heizungsmonteur arbeitete, musste schließen. Er fand eine andere Stelle, und sein neuer Chef – dieser wusste über die inzwischen diagnostizierte Krankheit Bescheid – konnte ihm nach einiger Zeit eine Stelle als Lageristen anbieten. Thomas P. erinnert sich an die „kleinen Tricks”, mit denen er damals der Krankheit trotzte: „Damit ich beweglich bleibe, habe ich statt auf eine Leiter zu steigen mich immer gestreckt, um etwas aus dem Regal zu holen, oder die Pakete so um mich verteilt, dass ich mich beim Sortieren drehen musste.” Mit der Familie oder den Arbeitskollegen über seine Krankheit reden, vermeidet Thomas P. Gesunde Menschen – so seine Erfahrung – stehen der Erkrankung mit dem merkwürdigen Namen meist hilflos gegenüber. Und auf Sätze wie „Ach ja, mir tut auch immer mein Knie weh” mag er gerne verzichten: „Ich brauche Leute zum Reden, die von dem Ganzen eine Ahnung haben.” Gefunden hat er sie in der RheumaLiga, schon 1985 nach seinem ersten Klinikaufenthalt. „Medizinische Fachausdrücke kenn‘ ich trotzdem kaum welche”, bekennt er mit einem Grinsen, „mir ist es wichtiger zu wissen, was ich gegen meine Krankheit tun kann.” Ein schöner Videofilm am Abend, der ihn von seinen Schmerzen ablenkt – auch das gehört zu seiner Strategie, sich als chronisch Kranker mit dem Leben zu arrangieren. Doch dann passierte ein zweiter Unfall. Beim Aufladen von Paketen stürzte er von einem Lkw und verstauchte sich dabei die Wirbelsäule. Spätestens jetzt wurde ihm klar, dass er so nicht weitermachen konnte – er begann, sich nach einem neuen Beruf umzuschauen. Über eine Informationsbörse beim Arbeitsamt stieß er auf das Berufsbild Güteprüfer. Das Tätigkeitsprofil gehörte zu den wenigen, die für ihn infrage kamen. Sitzen, stehen und bewegen – das waren die entscheidenden Kriterien. 1992 begann seine Umschulung, zwei Jahre später fand er schließlich eine Stelle in seinem neuen Beruf. Heute ist er froh, dass er diesen Schritt gewagt hat. Wenn sich seine Krankheit nicht wieder verschlechtern sollte, bietet ihm seine neue Tätigkeit auch langfristig eine gute Perspektive. D2 1 11.12.2001, 10:00 Uhr D LEBEN MIT RHEUMA Sich mit dem Leben arrangieren lernen Viele entzündliche rheumatische Erkrankungen verursachen oft starke Schmerzen und führen zu dauerhaften Gelenkschäden. Nicht selten müssen die betroffenen Menschen ihre vertraute Lebensweise oder ihren Beruf aufgeben und ihren Alltag neu organisieren. So auch der 37-jährige Thomas P., der unter Morbus Bechterew leidet. Ein Arbeitsplatz wie tausend andere: Thomas P. sitzt auf dem Drehstuhl an seinem Schreibtisch, die Tastatur des Computers vor sich. Rechts stapeln sich einige Unterlagen, eine einzelne große Schraube, deren Güte er heute noch zu kontrollieren hat, liegt daneben. Hinter ihm ein Wandschrank, in dem Dutzende von Ordnern aneinander gereiht stehen. Schaut Thomas P. nach vorn, kann er die Arbeitsplätze seiner beiden Kollegen sehen und sich mit ihnen unterhalten, ohne den Kopf wenden zu müssen, was sehr wichtig für ihn ist. „Ich versuche immer, mir den Rücken frei zu halten”, lacht er, „auch bei anderen Gelegenheiten wie in einem Speiselokal.” Erst später im Gespräch wird deutlich, was er damit meint. Meist führt ihn seine „Wanderung” zur Fertigungsabteilung seiner Firma, die Produkte für den Hausbau – von Schrauben bis zu Dachpfannenhalterungen – herstellt. Als Güteprüfer ist er dafür verantwortlich, dass die Teile allen DIN-Normen entsprechen. Seit 1994 arbeitet Thomas P. in dem Unternehmen im Nordschwarzwald. Seinen früheren Beruf als Heizungsmonteur musste er an den Nagel hängen – der schweren körperlichen Arbeit auf den Baustellen war er nicht mehr gewachsen. Der 37-Jährige leidet unter Morbus Bechterew, einer rheumatischen Erkrankung, bei der sich die Wirbelsäule entzündet und zu versteifen droht. Besonders der Nacken- und Schulterbereich sind bei ihm betroffen. An der Halswirbelsäule haben sich bereits knöcherne Spangen ausgebildet, die verhindern, dass er den Kopf drehen kann. „Bei meiner Krankheit ist ein vielseitiger Arbeitsplatz wichtig”, meint er. Wenn er morgens um sieben Uhr beginnt, setzt er sich zunächst für zwei Stunden an den Rechner. Danach braucht er Bewegung, denn zu langes Sitzen quittiert sein Körper prompt: „Wenn ich spüre, dass meine linke Hand und die Beine allmählich taub werden, weiß ich, dass es Zeit für eine Wanderung ist.” D1 Rheuma-D Ob Zufall oder nicht – angefangen hat alles mit einem Unfall bei der Bundeswehr, wo Thomas P. seinen Wehrdienst geleistet hatte: „Das Datum – es war der 1. Oktober 1982 – werde ich bestimmt niemals vergessen.” Beim Umzug in eine andere Stube und mit einem schweren Seesack beladen verlor er das Gleichgewicht, stürzte rücklings, und ein aus dem Seesack ragender Karabinerhaken bohrte sich in seinen Rücken. In der Zeit danach litt er ständig unter einseitigen Rückenschmerzen im Lendenbereich, die immer schlimmer wurden. Nach fünf Monaten, seinen Wehrdienst hatte er inzwischen beendet, suchte er einen Orthopäden auf. Mindestens zweimal pro Woche ging er während der nächsten beiden Jahre in die Praxis; er unterzog sich zahlreichen Blut- und Röntgenuntersuchungen, bekam Massagen und erhielt Elektrotherapie. Doch der Orthopäde erkannte seine Krankheit nicht. „Ein absoluter Pfuscher”, ärgert sich Thomas P. noch heute. „Damals habe ich fast zehn Minuten gebraucht, um aus dem Auto zu steigen – so stark waren meine Schmerzen mittlerweile.” Auf Schmerzmittel verzichtete er dennoch, denn er wollte seinen Körper nicht zusätzlich den eventuell schädigenden Nebenwirkungen der Medikamente aussetzen. Erst ein Allgemeinmediziner, den er parallel zum Orthopäden aufsuchte, konnte Thomas P. weiterhelfen. Dieser überwies ihn an eine rheumatologische Fachklinik. Dort schließlich diagnostizierten die Ärzte Morbus Bechterew, eine chronisch verlaufende, nicht heilbare Krankheit. „Mein Glück war”, so urteilt er heute, „dass ich es nicht sofort, zu Beginn meiner Erkrankung, erfahren habe.” Denn inzwischen hatten seine Schmerzen bereits den Höhepunkt überschritten, und von diesem Zeitpunkt an ging es ihm zunehmend besser. Doch davor hatte Thomas P. beruflich gleich doppelt Pech. Der Betrieb, bei dem er trotz seiner heftigen Schmerzen als Heizungsmonteur arbeitete, musste schließen. Er fand eine andere Stelle, und sein neuer Chef – dieser wusste über die inzwischen diagnostizierte Krankheit Bescheid – konnte ihm nach einiger Zeit eine Stelle als Lageristen anbieten. Thomas P. erinnert sich an die „kleinen Tricks”, mit denen er damals der Krankheit trotzte: „Damit ich beweglich bleibe, habe ich statt auf eine Leiter zu steigen mich immer gestreckt, um etwas aus dem Regal zu holen, oder die Pakete so um mich verteilt, dass ich mich beim Sortieren drehen musste.” Mit der Familie oder den Arbeitskollegen über seine Krankheit reden, vermeidet Thomas P. Gesunde Menschen – so seine Erfahrung – stehen der Erkrankung mit dem merkwürdigen Namen meist hilflos gegenüber. Und auf Sätze wie „Ach ja, mir tut auch immer mein Knie weh” mag er gerne verzichten: „Ich brauche Leute zum Reden, die von dem Ganzen eine Ahnung haben.” Gefunden hat er sie in der RheumaLiga, schon 1985 nach seinem ersten Klinikaufenthalt. „Medizinische Fachausdrücke kenn‘ ich trotzdem kaum welche”, bekennt er mit einem Grinsen, „mir ist es wichtiger zu wissen, was ich gegen meine Krankheit tun kann.” Ein schöner Videofilm am Abend, der ihn von seinen Schmerzen ablenkt – auch das gehört zu seiner Strategie, sich als chronisch Kranker mit dem Leben zu arrangieren. Doch dann passierte ein zweiter Unfall. Beim Aufladen von Paketen stürzte er von einem Lkw und verstauchte sich dabei die Wirbelsäule. Spätestens jetzt wurde ihm klar, dass er so nicht weitermachen konnte – er begann, sich nach einem neuen Beruf umzuschauen. Über eine Informationsbörse beim Arbeitsamt stieß er auf das Berufsbild Güteprüfer. Das Tätigkeitsprofil gehörte zu den wenigen, die für ihn infrage kamen. Sitzen, stehen und bewegen – das waren die entscheidenden Kriterien. 1992 begann seine Umschulung, zwei Jahre später fand er schließlich eine Stelle in seinem neuen Beruf. Heute ist er froh, dass er diesen Schritt gewagt hat. Wenn sich seine Krankheit nicht wieder verschlechtern sollte, bietet ihm seine neue Tätigkeit auch langfristig eine gute Perspektive. D2 1 11.12.2001, 10:00 Uhr Lässt sich meine Krankheit durch Ernährung positiv beeinflussen? Bei übergewichtigen Rheumakranken, vor allem jenen, die unter einer Arthrose der Knie- oder Hüftgelenke leiden, ist eine Reduktionsdiät empfehlenswert. Zu viele Pfunde belasten die gewichttragenden Gelenke zusätzlich und fördern so deren Verschleiß. Eine spezielle „Arthrosediät” gibt es hingegen nicht. Auch knorpel- oder gelatinehaltige Produkte können den Verschleiß nicht wieder rückgängig machen. Eine spezielle „Rheuma-Diät” gibt es nach Auffassung der meisten Experten für die degenerativen und entzündlichen Formen des Rheumas nicht. Gewichtsreduktion bei starkem Übergewicht hilft indes, die erkrankten Gelenke zu entlasten. Welche Bedeutung der Ernährung bei rheumatischen Erkrankungen zukommt, wird viel diskutiert und ist heftig umstritten. Festzuhalten ist, dass es keine „Rheuma-Diät” gibt, die sich – insbesondere bei den entzündlichen rheumatischen Erkrankungen – gleichermaßen anwenden lässt. Studien, in denen Wissenschaftler untersuchten, ob beziehungsweise wie sich eine Diät positiv auf den Verlauf einer rheumatischen Erkrankung auswirkt, haben keine einheitlichen Ergebnisse erbracht. Nur bei Krankheitsbildern wie der Gicht, die auf einer Stoffwechselstörung beruhen, ist sichergestellt, dass eine besondere Diät für eine Heilung oder entscheidende Besserung sorgt. Manche Patienten haben das Gefühl, dass sich ihre rheumatischen Beschwerden bessern, wenn sie einen bestimmten Nahrungsbestandteil weglassen. So gehen bei einigen Polyarthritikern sowie MorbusBechterew-Betroffenen die Krankheitssymptome zurück, sobald sie auf tierisches Eiweiß verzichten. Wieder andere reagieren positiv auf Nahrungsmittel, die reichlich Milchsäurebakterien enthalten. Bei manchen Patienten könnte eine nicht erkannte Nahrungsmittelallergie die „rheumatischen” Gelenkbeschwerden hervorrufen, die zurückgehen, sobald sie die bei ihnen allergen wirkenden Bestandteile meiden. D3 Rheuma-D Insgesamt gilt: Es gibt weder Nahrungsbestandteile, die generell als „rheumafördernd” gelten können, noch solche, die einen deutlich positiven Effekt auf rheumatische Erkrankungen auszuüben scheinen. Lediglich durch so genannte Omega-3-Fettsäuren, die zum Beispiel als Fischölpräparate angeboten werden, ließ sich in Untersuchungen eine entzündungshemmende Wirkung bei Rheumapatienten nachweisen. Allerdings gelang es nicht, eine klare Beziehung zwischen der verabreichten Dosis und der entzündungshemmenden Wirkung festzustellen. Dies gilt aber eigentlich als notwendige Voraussetzung für einen Wirksamkeitsnachweis. Verkomplizierend für den Verbraucher kommt hinzu, dass Fischölpräparate unterschiedliche Mengen an Omega-3-Fettsäuren enthalten, je nach Fischart, aus der man die Substanzen gewonnen hat. Vitamin E – als so genanntem „Fänger” von zellschädigenden Sauerstoff-Radikalen – wurde ebenfalls eine entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung zugeschrieben. Bis heute ist jedoch die Wirksamkeit wissenschaftlich umstritten. Im Zusammenhang mit der Einnahme bestimmter Rheumamedikamente spielt die Ernährung ebenfalls eine wichtige Rolle. Bei Patienten, die etwa längerfristig Kortison einnehmen müssen, kann sich der Blutzuckerspiegel erhöhen. Dann ist der Rheumakranke gezwungen, eine zuckerfreie Diät einzuhalten. Andere Präparate können mit der Zeit einen Mangel an lebenswichtigen Substanzen hervorrufen. Das Basistherapeutikum Methotrexat greift unter anderem in den Folsäure-Stoffwechsel ein. Dieses Vitamin ist für den Aufbau bestimmter Stoffwechselprodukte von großer Bedeutung. Ausgleichen lässt sich ein Folsäuremangel durch entsprechende Präparate. Allerdings ist ihr Einsatz unter Medizinern umstritten, denn es könnte sein, dass zumindest Teileffekte dieses Wirkstoffs bei Rheuma gerade auf dieser „Nebenwirkung” beruhen. Starkes Übergewicht belastet auch die Wirbelsäule und die Bandscheiben. Durch einen massigen Bauch biegt sich die Wirbelsäule nach vorn durch. Dadurch entsteht ein größerer mechanischer Druck auf die Bandscheiben und die kleinen Wirbelgelenke der Lendenwirbelsäule. Oft lassen sich darüber hinaus im Blut übergewichtiger Personen zu hohe Zucker- oder Fettwerte nachweisen. In solchen Fällen hilft eine zuckerfreie oder fettarme Diät, um den Viele rheumatische Erkrankungen gehen Knorpel- und Knochenstoffwechsel nicht mit einem hohen Verlust an Lebensqualizusätzlich ungünstig zu beeinflussen. tät einher. Oft können sich die Betroffenen nur noch eingeschränkt bewegen und sind Beim entzündlichen Rheuma ist die Ernäh- ständigen Schmerzen ausgesetzt. Darüber rung nach heutigem Wissensstand nicht hinaus auch noch auf lieb gewonnene unmittelbar dafür verantwortlich, dass eine Ess- und Trinkgewohnheiten verzichten zu Krankheit ausbricht. Eine Ausnahme stellt müssen, bedeutet für sie deshalb eine wei– wie bereits erwähnt – die Gicht dar. Auf- tere Einschränkung ihres ohnehin schon grund einer Stoffwechselstörung erhöht gedämpften Lebensgefühls. Aus diesem sich hier der Harnsäuregehalt im Blut; Grund sollte man auch nicht leichtfertig dadurch lagern sich Harnsäurekristalle in einem Rheumakranken Diätvorschriften den Gelenken, Schleimbeuteln und Sehnen- machen, wenn diese aus medizinischen scheiden ab und verursachen an diesen Gründen nicht wirklich erforderlich sind. Stellen akute Entzündungen. Eine an Purinen Vor allem Kinder oder Jugendliche fühlen arme Diät hilft, Gichtanfälle zu vermeiden. sich durch die vielen Einschränkungen und Purine bilden eine chemische Stoffgruppe, Vorschriften, die ihnen ihre Krankheit aufzu der auch die Harnsäure gehört. Relativ erlegt, gegenüber Gleichaltrigen benachviel Harnsäure enthalten zum Beispiel teiligt. Ist der Arzt davon überzeugt, dass Innereien, Muscheln oder Hefe. Auf sol- sich eine Ernährungsumstellung nicht verche Nahrungsmittel sollten Betroffene mög- meiden lässt, sollte möglichst die ganze lichst verzichten. Wichtig ist zudem eine Familie diese aus Solidarität mittragen. ausreichende Flüssigkeitsmenge; zwei bis drei Liter Mineralwasser pro Tag sollte man zu sich nehmen. D4 2 11.12.2001, 10:00 Uhr Lässt sich meine Krankheit durch Ernährung positiv beeinflussen? Bei übergewichtigen Rheumakranken, vor allem jenen, die unter einer Arthrose der Knie- oder Hüftgelenke leiden, ist eine Reduktionsdiät empfehlenswert. Zu viele Pfunde belasten die gewichttragenden Gelenke zusätzlich und fördern so deren Verschleiß. Eine spezielle „Arthrosediät” gibt es hingegen nicht. Auch knorpel- oder gelatinehaltige Produkte können den Verschleiß nicht wieder rückgängig machen. Eine spezielle „Rheuma-Diät” gibt es nach Auffassung der meisten Experten für die degenerativen und entzündlichen Formen des Rheumas nicht. Gewichtsreduktion bei starkem Übergewicht hilft indes, die erkrankten Gelenke zu entlasten. Welche Bedeutung der Ernährung bei rheumatischen Erkrankungen zukommt, wird viel diskutiert und ist heftig umstritten. Festzuhalten ist, dass es keine „Rheuma-Diät” gibt, die sich – insbesondere bei den entzündlichen rheumatischen Erkrankungen – gleichermaßen anwenden lässt. Studien, in denen Wissenschaftler untersuchten, ob beziehungsweise wie sich eine Diät positiv auf den Verlauf einer rheumatischen Erkrankung auswirkt, haben keine einheitlichen Ergebnisse erbracht. Nur bei Krankheitsbildern wie der Gicht, die auf einer Stoffwechselstörung beruhen, ist sichergestellt, dass eine besondere Diät für eine Heilung oder entscheidende Besserung sorgt. Manche Patienten haben das Gefühl, dass sich ihre rheumatischen Beschwerden bessern, wenn sie einen bestimmten Nahrungsbestandteil weglassen. So gehen bei einigen Polyarthritikern sowie MorbusBechterew-Betroffenen die Krankheitssymptome zurück, sobald sie auf tierisches Eiweiß verzichten. Wieder andere reagieren positiv auf Nahrungsmittel, die reichlich Milchsäurebakterien enthalten. Bei manchen Patienten könnte eine nicht erkannte Nahrungsmittelallergie die „rheumatischen” Gelenkbeschwerden hervorrufen, die zurückgehen, sobald sie die bei ihnen allergen wirkenden Bestandteile meiden. D3 Rheuma-D Insgesamt gilt: Es gibt weder Nahrungsbestandteile, die generell als „rheumafördernd” gelten können, noch solche, die einen deutlich positiven Effekt auf rheumatische Erkrankungen auszuüben scheinen. Lediglich durch so genannte Omega-3-Fettsäuren, die zum Beispiel als Fischölpräparate angeboten werden, ließ sich in Untersuchungen eine entzündungshemmende Wirkung bei Rheumapatienten nachweisen. Allerdings gelang es nicht, eine klare Beziehung zwischen der verabreichten Dosis und der entzündungshemmenden Wirkung festzustellen. Dies gilt aber eigentlich als notwendige Voraussetzung für einen Wirksamkeitsnachweis. Verkomplizierend für den Verbraucher kommt hinzu, dass Fischölpräparate unterschiedliche Mengen an Omega-3-Fettsäuren enthalten, je nach Fischart, aus der man die Substanzen gewonnen hat. Vitamin E – als so genanntem „Fänger” von zellschädigenden Sauerstoff-Radikalen – wurde ebenfalls eine entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung zugeschrieben. Bis heute ist jedoch die Wirksamkeit wissenschaftlich umstritten. Im Zusammenhang mit der Einnahme bestimmter Rheumamedikamente spielt die Ernährung ebenfalls eine wichtige Rolle. Bei Patienten, die etwa längerfristig Kortison einnehmen müssen, kann sich der Blutzuckerspiegel erhöhen. Dann ist der Rheumakranke gezwungen, eine zuckerfreie Diät einzuhalten. Andere Präparate können mit der Zeit einen Mangel an lebenswichtigen Substanzen hervorrufen. Das Basistherapeutikum Methotrexat greift unter anderem in den Folsäure-Stoffwechsel ein. Dieses Vitamin ist für den Aufbau bestimmter Stoffwechselprodukte von großer Bedeutung. Ausgleichen lässt sich ein Folsäuremangel durch entsprechende Präparate. Allerdings ist ihr Einsatz unter Medizinern umstritten, denn es könnte sein, dass zumindest Teileffekte dieses Wirkstoffs bei Rheuma gerade auf dieser „Nebenwirkung” beruhen. Starkes Übergewicht belastet auch die Wirbelsäule und die Bandscheiben. Durch einen massigen Bauch biegt sich die Wirbelsäule nach vorn durch. Dadurch entsteht ein größerer mechanischer Druck auf die Bandscheiben und die kleinen Wirbelgelenke der Lendenwirbelsäule. Oft lassen sich darüber hinaus im Blut übergewichtiger Personen zu hohe Zucker- oder Fettwerte nachweisen. In solchen Fällen hilft eine zuckerfreie oder fettarme Diät, um den Viele rheumatische Erkrankungen gehen Knorpel- und Knochenstoffwechsel nicht mit einem hohen Verlust an Lebensqualizusätzlich ungünstig zu beeinflussen. tät einher. Oft können sich die Betroffenen nur noch eingeschränkt bewegen und sind Beim entzündlichen Rheuma ist die Ernäh- ständigen Schmerzen ausgesetzt. Darüber rung nach heutigem Wissensstand nicht hinaus auch noch auf lieb gewonnene unmittelbar dafür verantwortlich, dass eine Ess- und Trinkgewohnheiten verzichten zu Krankheit ausbricht. Eine Ausnahme stellt müssen, bedeutet für sie deshalb eine wei– wie bereits erwähnt – die Gicht dar. Auf- tere Einschränkung ihres ohnehin schon grund einer Stoffwechselstörung erhöht gedämpften Lebensgefühls. Aus diesem sich hier der Harnsäuregehalt im Blut; Grund sollte man auch nicht leichtfertig dadurch lagern sich Harnsäurekristalle in einem Rheumakranken Diätvorschriften den Gelenken, Schleimbeuteln und Sehnen- machen, wenn diese aus medizinischen scheiden ab und verursachen an diesen Gründen nicht wirklich erforderlich sind. Stellen akute Entzündungen. Eine an Purinen Vor allem Kinder oder Jugendliche fühlen arme Diät hilft, Gichtanfälle zu vermeiden. sich durch die vielen Einschränkungen und Purine bilden eine chemische Stoffgruppe, Vorschriften, die ihnen ihre Krankheit aufzu der auch die Harnsäure gehört. Relativ erlegt, gegenüber Gleichaltrigen benachviel Harnsäure enthalten zum Beispiel teiligt. Ist der Arzt davon überzeugt, dass Innereien, Muscheln oder Hefe. Auf sol- sich eine Ernährungsumstellung nicht verche Nahrungsmittel sollten Betroffene mög- meiden lässt, sollte möglichst die ganze lichst verzichten. Wichtig ist zudem eine Familie diese aus Solidarität mittragen. ausreichende Flüssigkeitsmenge; zwei bis drei Liter Mineralwasser pro Tag sollte man zu sich nehmen. D4 2 11.12.2001, 10:00 Uhr 1 Warum ist Bewegung bei Rheuma wichtig? Wie jedes Gewebe und Organ des menschlichen Körpers müssen auch die Gelenke mit Nährstoffen versorgt werden. Diese gelangen über das Blut bis zur Gelenkinnenhaut und werden dort von den Zellen in die Gelenkflüssigkeit abgegeben. Bewegt man seine Gelenke, wird die Flüssigkeit im Gelenkinnenraum zusammengepresst und dringt so in das schwammartige Gewebe des Knorpels ein, um die Knorpelzellen darin mit Nährstoffen zu versorgen. Gleichzeitig werden dabei die Abbauprodukte aus dem Knorpel entfernt. Ebenfalls auf Bewegung angewiesen sind die umliegenden Gelenkstrukturen. Muskeln, Sehnen und Bänder sowie die Gelenkkapsel beginnen zu verkümmern, wenn man sie nicht jeden Tag ein wenig fordert. Sie sind dann weniger dehnbar und verringern, ähnlich einem zu straff gespannten Gummiband, die Beweglichkeit. Besonders anfällig für Fehlstellungen sind die Fingergelenke; sie weichen häufig im Grundgelenk nach außen ab und werden dadurch falsch belastet. Hält eine Fehlstellung länger an, besteht die Gefahr, dass die Gelenkfunktion auf Dauer verloren geht. Deshalb behandelt man vor allem Patienten, die unter chronisch-entzündlichem Rheuma leiden, nicht nur medikamentös, sondern immer auch krankengymnastisch. Ziel der Bewegungstherapie ist es, • die Beweglichkeit der Gelenke und die Muskelkraft zu erhalten, zu verbessern oder wiederzuerlangen; Das Motto für Rheumakranke lautet: „Gelenke bewegen, aber dabei nicht belasten”. Der „Garmischer Gehroller” unterstützt dieses Prinzip: Das Kind bewegt sich sitzend fort, ohne dass die Knie- und Hüftgelenke das gesamte Körpergewicht tragen müssen. • die verkürzten Muskelgruppen, welche die Fehlstellung verursachen, zunächst zu entspannen und danach vorsichtig zu dehnen; • diejenigen Muskeln, die der Fehlhaltung entgegenwirken, gezielt zu aktivieren; • die „richtigen” Bewegungsabläufe erneut zu lernen, sodass die Gelenke wieder ihre ursprüngliche Funktion erfüllen; • über die Gelenkbewegung die Knorpelernährung zu verbessern. D5 Rheuma-D 2 Der ständige Schmerz ist in der Regel dafür verantwortlich, dass sich an den erkrankten Gelenken oft Fehlstellungen ausbilden. Der Betroffene bringt das entzündete Gelenk unbewusst in eine Stellung, in der es ihm weniger wehtut. Diejenigen Muskeln, die es in dieser Schonhaltung fixieren, sind ständig angespannt und verkürzen sich dadurch mit der Zeit. Demgegenüber erschlaffen ihre Gegenspieler und werden zunehmend schwächer. Die Kraft in den Muskeln – so zeigen Patientenbeobachtungen – lässt schon nach zwei Tagen Ruhe spürbar nach; der Muskelumfang schwindet messbar. Das “ Münsterpferdchen” (1) ist vor allem für ganz junge Rheumapatienten ein beliebtes Sportgerät. Für erwachsene Rheumapatienten eignen sich viele Arten von Sport (2). Wichtig dabei: Falsch verstandener Ehrgeiz ist fehl am Platz. Es kommt auf die Balance zwischen sportlicher Aktivität und kürzeren Ruhephasen an. Wichtig ist bei allen Techniken, die der Krankengymnast anwendet, dass sie dem individuellen Rheumabefund angepasst sind. Erlebt beispielsweise ein Polyarthritiker gerade einen akuten Entzündungsschub, darf er seine Gelenke nicht aktiv bewegen, sondern muss sie für kurze Zeit ruhig stellen. Damit es aber dennoch zu keiner Versteifung kommt, bewegt der Therapeut die Gelenke eventuell mehrmals täglich langsam und vorsichtig durch. Münsterpferdchen oder Gehroller – stets lastet der Großteil des Körpergewichts auf einem Sitz, während Hüfte und Beine relativ frei beweglich sind. Wichtig – für Kinder wie für Erwachsene – ist es, regelmäßig jene Übungen zu machen, die man in der Krankengymnastik eingeübt hat. Die Effekte der Bewegungstherapie halten nur an, wenn die Rheumakranken ständig an der Beweglichkeit der betroffenen Gelenke arbeiten. Wenigstens einmal Ist die Entzündung abgeklungen, gilt das am Tag sollten sie ihre Übungen für 15 bis Motto: „Auf jeden Fall die Gelenke bewegen, 20 Minuten auch zuhause machen. aber dabei nicht belasten”. So fallen etwa bei Kindern mit juveniler chronischer Arthri- Beim Sport treiben sollte jeder Rheumatis viele Ausgangsstellungen für Übungen kranke darauf achten, dass er nicht aus weg, die ein Therapeut bei anderen jungen, falsch verstandenem Ehrgeiz „zu viel des aber nicht rheumakranken Patienten be- Guten” tut und dass er seinem Körper zwinutzt. Geht ein Kind zum Beispiel in die schendurch ausreichend Ruhe gönnt. MehHocke, erhöht sich der Druck auf seine Knie- rere kürzere Ruheperioden sind dabei einer und Sprunggelenke. Wenn sich in diesen stundenlangen Ruhephase vorzuziehen. Bereichen die Stellung von Gelenkkapseln, Bändern und Muskeln bereits krankheitsbedingt verändert hat, wird die Fehlhaltung durch die Hockposition zusätzlich verstärkt. Inzwischen gibt es speziell für Kinder viele Hilfsmittel, mit denen sie ihre Gelenke belastungsarm bewegen können. Ob Dreirad, D6 3 11.12.2001, 10:00 Uhr 1 Warum ist Bewegung bei Rheuma wichtig? Wie jedes Gewebe und Organ des menschlichen Körpers müssen auch die Gelenke mit Nährstoffen versorgt werden. Diese gelangen über das Blut bis zur Gelenkinnenhaut und werden dort von den Zellen in die Gelenkflüssigkeit abgegeben. Bewegt man seine Gelenke, wird die Flüssigkeit im Gelenkinnenraum zusammengepresst und dringt so in das schwammartige Gewebe des Knorpels ein, um die Knorpelzellen darin mit Nährstoffen zu versorgen. Gleichzeitig werden dabei die Abbauprodukte aus dem Knorpel entfernt. Ebenfalls auf Bewegung angewiesen sind die umliegenden Gelenkstrukturen. Muskeln, Sehnen und Bänder sowie die Gelenkkapsel beginnen zu verkümmern, wenn man sie nicht jeden Tag ein wenig fordert. Sie sind dann weniger dehnbar und verringern, ähnlich einem zu straff gespannten Gummiband, die Beweglichkeit. Besonders anfällig für Fehlstellungen sind die Fingergelenke; sie weichen häufig im Grundgelenk nach außen ab und werden dadurch falsch belastet. Hält eine Fehlstellung länger an, besteht die Gefahr, dass die Gelenkfunktion auf Dauer verloren geht. Deshalb behandelt man vor allem Patienten, die unter chronisch-entzündlichem Rheuma leiden, nicht nur medikamentös, sondern immer auch krankengymnastisch. Ziel der Bewegungstherapie ist es, • die Beweglichkeit der Gelenke und die Muskelkraft zu erhalten, zu verbessern oder wiederzuerlangen; Das Motto für Rheumakranke lautet: „Gelenke bewegen, aber dabei nicht belasten”. Der „Garmischer Gehroller” unterstützt dieses Prinzip: Das Kind bewegt sich sitzend fort, ohne dass die Knie- und Hüftgelenke das gesamte Körpergewicht tragen müssen. • die verkürzten Muskelgruppen, welche die Fehlstellung verursachen, zunächst zu entspannen und danach vorsichtig zu dehnen; • diejenigen Muskeln, die der Fehlhaltung entgegenwirken, gezielt zu aktivieren; • die „richtigen” Bewegungsabläufe erneut zu lernen, sodass die Gelenke wieder ihre ursprüngliche Funktion erfüllen; • über die Gelenkbewegung die Knorpelernährung zu verbessern. D5 Rheuma-D 2 Der ständige Schmerz ist in der Regel dafür verantwortlich, dass sich an den erkrankten Gelenken oft Fehlstellungen ausbilden. Der Betroffene bringt das entzündete Gelenk unbewusst in eine Stellung, in der es ihm weniger wehtut. Diejenigen Muskeln, die es in dieser Schonhaltung fixieren, sind ständig angespannt und verkürzen sich dadurch mit der Zeit. Demgegenüber erschlaffen ihre Gegenspieler und werden zunehmend schwächer. Die Kraft in den Muskeln – so zeigen Patientenbeobachtungen – lässt schon nach zwei Tagen Ruhe spürbar nach; der Muskelumfang schwindet messbar. Das “ Münsterpferdchen” (1) ist vor allem für ganz junge Rheumapatienten ein beliebtes Sportgerät. Für erwachsene Rheumapatienten eignen sich viele Arten von Sport (2). Wichtig dabei: Falsch verstandener Ehrgeiz ist fehl am Platz. Es kommt auf die Balance zwischen sportlicher Aktivität und kürzeren Ruhephasen an. Wichtig ist bei allen Techniken, die der Krankengymnast anwendet, dass sie dem individuellen Rheumabefund angepasst sind. Erlebt beispielsweise ein Polyarthritiker gerade einen akuten Entzündungsschub, darf er seine Gelenke nicht aktiv bewegen, sondern muss sie für kurze Zeit ruhig stellen. Damit es aber dennoch zu keiner Versteifung kommt, bewegt der Therapeut die Gelenke eventuell mehrmals täglich langsam und vorsichtig durch. Münsterpferdchen oder Gehroller – stets lastet der Großteil des Körpergewichts auf einem Sitz, während Hüfte und Beine relativ frei beweglich sind. Wichtig – für Kinder wie für Erwachsene – ist es, regelmäßig jene Übungen zu machen, die man in der Krankengymnastik eingeübt hat. Die Effekte der Bewegungstherapie halten nur an, wenn die Rheumakranken ständig an der Beweglichkeit der betroffenen Gelenke arbeiten. Wenigstens einmal Ist die Entzündung abgeklungen, gilt das am Tag sollten sie ihre Übungen für 15 bis Motto: „Auf jeden Fall die Gelenke bewegen, 20 Minuten auch zuhause machen. aber dabei nicht belasten”. So fallen etwa bei Kindern mit juveniler chronischer Arthri- Beim Sport treiben sollte jeder Rheumatis viele Ausgangsstellungen für Übungen kranke darauf achten, dass er nicht aus weg, die ein Therapeut bei anderen jungen, falsch verstandenem Ehrgeiz „zu viel des aber nicht rheumakranken Patienten be- Guten” tut und dass er seinem Körper zwinutzt. Geht ein Kind zum Beispiel in die schendurch ausreichend Ruhe gönnt. MehHocke, erhöht sich der Druck auf seine Knie- rere kürzere Ruheperioden sind dabei einer und Sprunggelenke. Wenn sich in diesen stundenlangen Ruhephase vorzuziehen. Bereichen die Stellung von Gelenkkapseln, Bändern und Muskeln bereits krankheitsbedingt verändert hat, wird die Fehlhaltung durch die Hockposition zusätzlich verstärkt. Inzwischen gibt es speziell für Kinder viele Hilfsmittel, mit denen sie ihre Gelenke belastungsarm bewegen können. Ob Dreirad, D6 3 11.12.2001, 10:00 Uhr 1 Wie wichtig sind orthopädische Hilfsmittel? Haben Gelenke erst einmal eine falsche Stellung eingenommen – wie es vor allem bei Patienten, die unter entzündlichem Rheuma leiden, häufig der Fall ist –, so wirkt sich dies meist stark auf die Beweglichkeit der Betreffenden aus. Selbst einfache Alltagsarbeiten lassen sich vielleicht nur noch mit Mühe bewältigen, etwa das Schreiben mit einem dünnen Stift, den die fehlgestellten Finger nicht mehr richtig greifen können. Eine wichtige Aufgabe kommt hier den orthopädischen Hilfsmitteln zu, vor allem den Arbeits- und Lagerungsschienen für Arme und Beine. Welche Funktionen sie genau erfüllen, lässt sich an einer Handschiene gut aufzeigen: Kräftige Bänder halten das Hand- und die Fingergelenke. Die Muskeln, mit denen man die Finger bewegt, sitzen hingegen am Unterarm und üben mit Sehnen, die über das Handgelenk verlaufen, einen Zug auf die Fingergelenke aus. In erster Linie stabilisieren deshalb die Bänder zusammen mit den Gelenkkapseln die Gelenke der Hand und bestimmen die Richtung, in der sich ein Gelenk bewegen lässt. Kommt es nun zu einer Entzündung, bei der die Gelenke anschwellen, beginnen die straffen Band-Kapsel-Strukturen sich zu lockern – ein unumkehrbarer Vorgang. Die Muskelkräfte wirken nun in „falsche” Richtungen, sodass zum Beispiel die Fingergrundgelenke nach außen in Richtung kleinem Finger abweichen. Solchen Fehlstellungen wirkt eine Handschiene entgegen. Je nach betroffenem Gelenk kann diese Orthopädische Hilfsmittel wie Arbeits- oder Lagerungsschienen (1) helfen, Gelenke zu entlasten und Fehlstellungen zu vermeiden. Wichtig dabei: Sie müssen für jeden Patienten individuell angepasst werden (2). 2 • das Handgelenk stabilisieren und ein „Abrutschen” der Handwurzel nach unten verhindern; • beginnende oder bereits vorhandene Fehlhaltungen der Finger korrigieren; • die Kraftübertragung im Hand- und Fingerbereich verbessern, indem sie das Handgelenk stabilisiert; und • die erkrankten Gelenke vor Über- oder Fehlbelastung schützen. D7 Rheuma-D Da viele rheumatische Gelenkerkrankungen chronisch verlaufen und die Gelenke dabei immer stärker geschädigt werden, können sich die Betroffenen mit der Zeit oft nur noch eingeschränkt bewegen. Verschlimmert sich die Krankheit immer weiter, so müssen sie unter Umständen fremde Hilfe in Anspruch nehmen, um bestimmte Aktivitäten im Alltag – etwa sich Ankleiden oder auf die Toilette gehen – zu bewältigen. Ist nur das Handgelenk betroffen, empfiehlt sich eine kurze Hand- oder Funktionsschiene, bei der sich alle Finger frei bewegen lassen. Sind hingegen einzelne oder mehrere Fingergelenke betroffen, bietet sich eine Lagerungsschiene aus warm verformbarem Kunststoff an, die der Patient je nach therapeutischem Befund nur stundenweise oder nachts trägt. Diese Schiene fixiert die Finger; die verkürzten Gelenk- und Muskelstrukturen werden dadurch schonend gedehnt. Ziel einer jeden Rheumatherapie ist es jedoch, die Selbstständigkeit des Patienten so lange wie möglich zu erhalten. Hilfestellung und Anleitung hierzu bietet die ergotherapeutische Betreuung. Ergotherapeuten passen nicht nur orthopädische Hilfsmittel an oder helfen den Rheumakranken, Wohnung und Arbeitsplatz „rheumagerecht” zu gestalten. Sie leiten auch Gesprächskreise, Kreativkurse und Beschäftigungstherapien, die meist mehrere Zwecke verfolgen. Lagerungsschienen können auch bei Fehlstellungen des Kniegelenks helfen. Zur Entlastung von Hüft-, Knie- oder Sprunggelenken dient eine Gehstütze – ein Stock, an dessen oberem Ende eine Schiene für den Arm mit Haltegriff befestigt ist. Auch ein Gehstock mit anatomisch geformtem Griff bietet Hilfe. Patienten mit fehlgestellten Fuß- oder Zehengelenken bekommen in der Regel orthopädische Einlagen verordnet. Bei manchen rheumatischen Erkrankungen wie Morbus Bechterew sind häufig die Gelenke der Halswirbelsäule entzündet. In solchen Fällen tragen die Betroffenen meist eine so genannte Halskrawatte oder einen Halskragen. Bei allen orthopädischen Hilfen ist jedoch wichtig, dass sie dem einzelnen Patienten individuell angepasst werden. Hat der Orthopädiemechaniker beispielsweise Lagerungsschienen dem ärztlichen Befund entsprechend angefertigt, so probiert sie der Rheumakranke im Beisein seines Krankengymnasten oder Ergotherapeuten an. Dieser überprüft dann, ob die Schiene richtig sitzt, damit an den Gelenken keine Druckstellen auftreten. Wie kann ich meinen Alltag „rheumagerecht“ gestalten? Handgelenke nicht nach außen abwinkeln muss. Auch eine gute Sitzhaltung ist wichtig; mit einem keilförmigen Kissen oder Ballkissen als Sitzunterlage kann man aufrechter sitzen und so die Wirbelsäule entlasten. Berufsbedingte einseitige Gelenkbelastungen lassen sich vermeiden, indem man häufig die Arbeitshaltung wechselt – also beispielsweise vom Bürostuhl aufsteht und ein paar Schritte umhergeht, wenn man telefoniert. 2 Oft genügt eine simple technische Hilfe, um dem Rheumakranken alltägliche Arbeiten zu erleichtern: Speziell geformte Bestecke (1) erlauben deren Gebrauch auch bei starken Fehlstellungen der Hand- und Fingergelenke und verbessern die Kraftübertragung. Drehhilfen (2) erleichtern das Bedienen von Schaltknöpfen, die dreieckigen Griffverstärker (3) das Schreiben. Auf dem Ballkissen (4) kann man durch ständige Ausgleichsbewegungen im Sitzen die Rückenmuskulatur stärken. Ein Bereich, bei dem ein „ErgonomieCheck” das Wohlbefinden des Rheumakranken verbessern hilft, ist der Arbeitsplatz. Wer etwa viel vor dem Computer sitzt und Probleme mit den Handgelenken hat, sollte eine spezielle, „ergonomisch” geformte Tastatur benutzen, sodass er die 3 1 4 D8 4 11.12.2001, 10:00 Uhr 1 Wie wichtig sind orthopädische Hilfsmittel? Haben Gelenke erst einmal eine falsche Stellung eingenommen – wie es vor allem bei Patienten, die unter entzündlichem Rheuma leiden, häufig der Fall ist –, so wirkt sich dies meist stark auf die Beweglichkeit der Betreffenden aus. Selbst einfache Alltagsarbeiten lassen sich vielleicht nur noch mit Mühe bewältigen, etwa das Schreiben mit einem dünnen Stift, den die fehlgestellten Finger nicht mehr richtig greifen können. Eine wichtige Aufgabe kommt hier den orthopädischen Hilfsmitteln zu, vor allem den Arbeits- und Lagerungsschienen für Arme und Beine. Welche Funktionen sie genau erfüllen, lässt sich an einer Handschiene gut aufzeigen: Kräftige Bänder halten das Hand- und die Fingergelenke. Die Muskeln, mit denen man die Finger bewegt, sitzen hingegen am Unterarm und üben mit Sehnen, die über das Handgelenk verlaufen, einen Zug auf die Fingergelenke aus. In erster Linie stabilisieren deshalb die Bänder zusammen mit den Gelenkkapseln die Gelenke der Hand und bestimmen die Richtung, in der sich ein Gelenk bewegen lässt. Kommt es nun zu einer Entzündung, bei der die Gelenke anschwellen, beginnen die straffen Band-Kapsel-Strukturen sich zu lockern – ein unumkehrbarer Vorgang. Die Muskelkräfte wirken nun in „falsche” Richtungen, sodass zum Beispiel die Fingergrundgelenke nach außen in Richtung kleinem Finger abweichen. Solchen Fehlstellungen wirkt eine Handschiene entgegen. Je nach betroffenem Gelenk kann diese Orthopädische Hilfsmittel wie Arbeits- oder Lagerungsschienen (1) helfen, Gelenke zu entlasten und Fehlstellungen zu vermeiden. Wichtig dabei: Sie müssen für jeden Patienten individuell angepasst werden (2). 2 • das Handgelenk stabilisieren und ein „Abrutschen” der Handwurzel nach unten verhindern; • beginnende oder bereits vorhandene Fehlhaltungen der Finger korrigieren; • die Kraftübertragung im Hand- und Fingerbereich verbessern, indem sie das Handgelenk stabilisiert; und • die erkrankten Gelenke vor Über- oder Fehlbelastung schützen. D7 Rheuma-D Da viele rheumatische Gelenkerkrankungen chronisch verlaufen und die Gelenke dabei immer stärker geschädigt werden, können sich die Betroffenen mit der Zeit oft nur noch eingeschränkt bewegen. Verschlimmert sich die Krankheit immer weiter, so müssen sie unter Umständen fremde Hilfe in Anspruch nehmen, um bestimmte Aktivitäten im Alltag – etwa sich Ankleiden oder auf die Toilette gehen – zu bewältigen. Ist nur das Handgelenk betroffen, empfiehlt sich eine kurze Hand- oder Funktionsschiene, bei der sich alle Finger frei bewegen lassen. Sind hingegen einzelne oder mehrere Fingergelenke betroffen, bietet sich eine Lagerungsschiene aus warm verformbarem Kunststoff an, die der Patient je nach therapeutischem Befund nur stundenweise oder nachts trägt. Diese Schiene fixiert die Finger; die verkürzten Gelenk- und Muskelstrukturen werden dadurch schonend gedehnt. Ziel einer jeden Rheumatherapie ist es jedoch, die Selbstständigkeit des Patienten so lange wie möglich zu erhalten. Hilfestellung und Anleitung hierzu bietet die ergotherapeutische Betreuung. Ergotherapeuten passen nicht nur orthopädische Hilfsmittel an oder helfen den Rheumakranken, Wohnung und Arbeitsplatz „rheumagerecht” zu gestalten. Sie leiten auch Gesprächskreise, Kreativkurse und Beschäftigungstherapien, die meist mehrere Zwecke verfolgen. Lagerungsschienen können auch bei Fehlstellungen des Kniegelenks helfen. Zur Entlastung von Hüft-, Knie- oder Sprunggelenken dient eine Gehstütze – ein Stock, an dessen oberem Ende eine Schiene für den Arm mit Haltegriff befestigt ist. Auch ein Gehstock mit anatomisch geformtem Griff bietet Hilfe. Patienten mit fehlgestellten Fuß- oder Zehengelenken bekommen in der Regel orthopädische Einlagen verordnet. Bei manchen rheumatischen Erkrankungen wie Morbus Bechterew sind häufig die Gelenke der Halswirbelsäule entzündet. In solchen Fällen tragen die Betroffenen meist eine so genannte Halskrawatte oder einen Halskragen. Bei allen orthopädischen Hilfen ist jedoch wichtig, dass sie dem einzelnen Patienten individuell angepasst werden. Hat der Orthopädiemechaniker beispielsweise Lagerungsschienen dem ärztlichen Befund entsprechend angefertigt, so probiert sie der Rheumakranke im Beisein seines Krankengymnasten oder Ergotherapeuten an. Dieser überprüft dann, ob die Schiene richtig sitzt, damit an den Gelenken keine Druckstellen auftreten. Wie kann ich meinen Alltag „rheumagerecht“ gestalten? Handgelenke nicht nach außen abwinkeln muss. Auch eine gute Sitzhaltung ist wichtig; mit einem keilförmigen Kissen oder Ballkissen als Sitzunterlage kann man aufrechter sitzen und so die Wirbelsäule entlasten. Berufsbedingte einseitige Gelenkbelastungen lassen sich vermeiden, indem man häufig die Arbeitshaltung wechselt – also beispielsweise vom Bürostuhl aufsteht und ein paar Schritte umhergeht, wenn man telefoniert. 2 Oft genügt eine simple technische Hilfe, um dem Rheumakranken alltägliche Arbeiten zu erleichtern: Speziell geformte Bestecke (1) erlauben deren Gebrauch auch bei starken Fehlstellungen der Hand- und Fingergelenke und verbessern die Kraftübertragung. Drehhilfen (2) erleichtern das Bedienen von Schaltknöpfen, die dreieckigen Griffverstärker (3) das Schreiben. Auf dem Ballkissen (4) kann man durch ständige Ausgleichsbewegungen im Sitzen die Rückenmuskulatur stärken. Ein Bereich, bei dem ein „ErgonomieCheck” das Wohlbefinden des Rheumakranken verbessern hilft, ist der Arbeitsplatz. Wer etwa viel vor dem Computer sitzt und Probleme mit den Handgelenken hat, sollte eine spezielle, „ergonomisch” geformte Tastatur benutzen, sodass er die 3 1 4 D8 4 11.12.2001, 10:00 Uhr 1 2 Wie kann ich meinen Alltag „rheumagerecht“ gestalten? Schmerzen sind immer mit negativen Gefühlen verbunden, die aber je nach Situation unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Eine Besonderheit des menschlichen Gehirns ist nämlich, dass es Sinneseindrücke, die eine Person gerade als uninteressant oder als unwichtig einstuft, ausblenden kann. So ist es beispielsweise möglich, mit Freunden im Lokal ein intensives Gespräch zu führen, obwohl dort vielleicht eine Musikbox dröhnt – man nimmt das Gesagte viel besser wahr als die Musik, obwohl diese erheblich lauter ist. Die Gehstütze (1) entlastet Hüft-, Knie- und Sprunggelenke beim Gehen. Durch Umbauten lässt sich auch das Zuhause „rheumagerecht” gestalten, etwa im Bad mit einem erhöhten WC-Sitz und Armlehnen (2). Nahezu unverzichtbar für Rheumakranke, die größere Wegstrecken zurücklegen wollen, ist das Auto. Für sie gibt es eine ganze Reihe von „Sonderausstattungen”, die keinen Luxus darstellen, sondern für das sichere und schmerzfreie Autofahren unverzichtbar sind. So versteift sich bei vielen Patienten mit Morbus Bechterew die Halswirbelsäule. Sie können kaum mehr den Kopf drehen – zusätzliche Außen- und Innenspiegel machen den Blick zur Seite und nach hinten überflüssig. Rheumapatienten, deren Gelenke der unteren Extremitäten betroffen sind, kommen vielleicht mit der Pedalerie eines Fahrzeugs nicht mehr zurecht. In solchen Fällen ist ein Umbau erforderlich; dank spezieller Vorrichtungen kann man am Lenkrad mit den Händen Gas geben und bremsen. Oberstes Gebot bei allen Tätigkeiten des Alltags ist für Rheumakranke der Gelenkschutz: Damit sie ihre betroffenen Gelenke nicht überlasten oder falsch belasten, müssen sie lernen, ihre Muskelkraft möglichst wirkungsvoll einzusetzen. Dazu gehört vor allem, dass sie Dasselbe Prinzip der selektiven Wahrnehmung lässt sich auch bei Schmerzen beobachten: Konzentriert man sich auf eine fesselnde Tätigkeit, können selbst starke Schmerzen für Stunden nahezu aus dem Bewusstsein verschwinden. Auch wie wach jemand ist, spielt für das Schmerzempfinden eine wichtige Rolle. Wer sich morgens etwa noch in einem Schwebezustand zwischen Schlaf und Wachheit befindet, nimmt Schmerzen weniger wahr als später, im wachen Zustand. Wie gehe ich mit den Schmerzen um? Diesen Umstand der selektiven Schmerzwahrnehmung können sich Rheumapatienten, die unter chronischen Schmerzen leiden, zunutze machen. Schmerzen lassen sich dabei nicht nur mit Medikamenten lindern. Vielmehr existieren viele erprobte und bewährte Verfahren zur Schmerzbewältigung. Eine umfangreiche Übersicht hierzu bietet die Broschüre „Chronischer Schmerz – Ergebnisse der Forschung verbessern die Versorgung der Patienten” aus dieser Schriftenreihe des Bundesforschungsministeriums. Schmerzbewältigung ist eine wichtige Aufgabe für Rheumakranke. Es gibt eine Reihe erprobter Verfahren, mit denen sich lernen lässt, mit Schmerzen besser umzugehen. • Lasten möglichst körpernah tragen, • Lasten immer gleichmäßig auf beide Hände und Arme verteilen, • einseitige Körperhaltungen vermeiden, • unnötiges Bücken oder Strecken unterlassen und • die Hebelgesetze ausnutzen sowie konsequent Hilfsmittel verwenden. Ansprechpartner für alle Fragen, die mit dem unmittelbaren Lebensbereich zu tun haben, sind neben den Ergotherapeuten auch Selbsthilfeorganisationen wie die RheumaLiga. Hier erhält der Ratsuchende beispielsweise Informationen zu den vielen verschiedenen Hilfsmitteln und kann diese manchmal auch, falls er dies wünscht, über die Selbsthilfeorganisationen direkt beziehen. D9 Rheuma-D D 10 5 11.12.2001, 10:00 Uhr 1 2 Wie kann ich meinen Alltag „rheumagerecht“ gestalten? Schmerzen sind immer mit negativen Gefühlen verbunden, die aber je nach Situation unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Eine Besonderheit des menschlichen Gehirns ist nämlich, dass es Sinneseindrücke, die eine Person gerade als uninteressant oder als unwichtig einstuft, ausblenden kann. So ist es beispielsweise möglich, mit Freunden im Lokal ein intensives Gespräch zu führen, obwohl dort vielleicht eine Musikbox dröhnt – man nimmt das Gesagte viel besser wahr als die Musik, obwohl diese erheblich lauter ist. Die Gehstütze (1) entlastet Hüft-, Knie- und Sprunggelenke beim Gehen. Durch Umbauten lässt sich auch das Zuhause „rheumagerecht” gestalten, etwa im Bad mit einem erhöhten WC-Sitz und Armlehnen (2). Nahezu unverzichtbar für Rheumakranke, die größere Wegstrecken zurücklegen wollen, ist das Auto. Für sie gibt es eine ganze Reihe von „Sonderausstattungen”, die keinen Luxus darstellen, sondern für das sichere und schmerzfreie Autofahren unverzichtbar sind. So versteift sich bei vielen Patienten mit Morbus Bechterew die Halswirbelsäule. Sie können kaum mehr den Kopf drehen – zusätzliche Außen- und Innenspiegel machen den Blick zur Seite und nach hinten überflüssig. Rheumapatienten, deren Gelenke der unteren Extremitäten betroffen sind, kommen vielleicht mit der Pedalerie eines Fahrzeugs nicht mehr zurecht. In solchen Fällen ist ein Umbau erforderlich; dank spezieller Vorrichtungen kann man am Lenkrad mit den Händen Gas geben und bremsen. Oberstes Gebot bei allen Tätigkeiten des Alltags ist für Rheumakranke der Gelenkschutz: Damit sie ihre betroffenen Gelenke nicht überlasten oder falsch belasten, müssen sie lernen, ihre Muskelkraft möglichst wirkungsvoll einzusetzen. Dazu gehört vor allem, dass sie Dasselbe Prinzip der selektiven Wahrnehmung lässt sich auch bei Schmerzen beobachten: Konzentriert man sich auf eine fesselnde Tätigkeit, können selbst starke Schmerzen für Stunden nahezu aus dem Bewusstsein verschwinden. Auch wie wach jemand ist, spielt für das Schmerzempfinden eine wichtige Rolle. Wer sich morgens etwa noch in einem Schwebezustand zwischen Schlaf und Wachheit befindet, nimmt Schmerzen weniger wahr als später, im wachen Zustand. Wie gehe ich mit den Schmerzen um? Diesen Umstand der selektiven Schmerzwahrnehmung können sich Rheumapatienten, die unter chronischen Schmerzen leiden, zunutze machen. Schmerzen lassen sich dabei nicht nur mit Medikamenten lindern. Vielmehr existieren viele erprobte und bewährte Verfahren zur Schmerzbewältigung. Eine umfangreiche Übersicht hierzu bietet die Broschüre „Chronischer Schmerz – Ergebnisse der Forschung verbessern die Versorgung der Patienten” aus dieser Schriftenreihe des Bundesforschungsministeriums. Schmerzbewältigung ist eine wichtige Aufgabe für Rheumakranke. Es gibt eine Reihe erprobter Verfahren, mit denen sich lernen lässt, mit Schmerzen besser umzugehen. • Lasten möglichst körpernah tragen, • Lasten immer gleichmäßig auf beide Hände und Arme verteilen, • einseitige Körperhaltungen vermeiden, • unnötiges Bücken oder Strecken unterlassen und • die Hebelgesetze ausnutzen sowie konsequent Hilfsmittel verwenden. Ansprechpartner für alle Fragen, die mit dem unmittelbaren Lebensbereich zu tun haben, sind neben den Ergotherapeuten auch Selbsthilfeorganisationen wie die RheumaLiga. Hier erhält der Ratsuchende beispielsweise Informationen zu den vielen verschiedenen Hilfsmitteln und kann diese manchmal auch, falls er dies wünscht, über die Selbsthilfeorganisationen direkt beziehen. D9 Rheuma-D D 10 5 11.12.2001, 10:00 Uhr 3 „Vieles hängt am Engagement der Leute“ Viele Rheumapatienten zwingt die Krankheit dazu, ihr bisheriges Leben einschneidend zu verändern. In einer solchen Situation können Gespräche mit anderen Betroffenen, Informationen zur eigenen Krankheit und Tipps, wie sich der Alltag zukünftig am besten organisieren lässt, sehr hilfreich sein. Unterstützung finden viele Patienten dabei in Selbsthilfegruppen. Das zeigt der Besuch zweier örtlicher Arbeitsgruppen der Rheuma-Liga in Tauberbischofsheim und Stuttgart. Ein weißes Schild mit blauer Aufschrift und Pfeil nach rechts weist den Weg: Durch die offene Tür zum „Bewegungsbad” dringen Stimmen, Gelächter und lautes Plantschen. In dem fünf mal sieben Meter großen Wasserbecken haben sich sechs Frauen und zwei Männer in nahezu gleichem Abstand voneinander aufgestellt. Erwartungsvoll blicken sie zu Gabriele Hattwig, die außen, am Beckenrand steht. Es ist Donnerstagabend, 18 Uhr. In der folgenden halben Stunde findet nun einer der Wassergymnastikkurse für Rheumakranke im Schwimmbad des Kreiskrankenhauses von Tauberbischofsheim statt. „Das Becken bietet eigentlich nur Platz für sechs Patienten, meistens sind es aber acht, sodass es oft recht eng wird”, berichtet Gabriele Hattwig vor Kursbeginn über die große Nachfrage. Insgesamt bietet die Arbeitsgemeinschaft der Rheuma-Liga von Tauberbischofsheim, der auch die Nachbarstadt Lauda angehört, 18 Kurse pro Woche für Wassergymnastik an. Die meisten Teilnehmer sind zwischen 50 und 70 Jahre alt. Manche Gruppen bestehen schon seit Jahren, und die Teilnehmer treffen sich auch abseits des Kurses zu gemeinsamen Aktivitäten. „Im Hinblick auf die gymnastischen Übungen wäre es sinnvoll, die Gruppen nach Krankheitsbildern einzuteilen”, meint die Therapeutin, „doch da sich die Leute oft sehr gut kennen, wollen sie nicht, dass die Gruppe auseinander gerissen wird.” Viele ihrer Patienten tragen Endoprothesen, etwa in der Hüfte oder im Knie; andere leiden unter Bandscheibenproblemen, oder es haben sich Gelenke abgenutzt. 2 1 „Rechte Hand nach außen und dann nach innen ziehen, Finger bleiben dabei gestreckt!” Mit forscher Stimme gibt die Physiotherapeutin den Kursteilnehmern erste Anweisungen. Plötzlich herrscht Ruhe im Bad. Auf den Gesichtern der Teilnehmer zeichnet sich Konzentration ab. „Mit den Händen Wolle wickeln!” – Gabriele Hattwig geht ohne Pause zur nächsten Übung weiter und gibt in rascher Folge stets neue Anweisungen. Die bislang leicht gewellte Oberfläche des 33 Grad Celsius warmen Wassers beginnt sich immer stärker zu kräuseln; dann scheint das Wasser regelrecht zu kochen, als die Teilnehmer mit ihren Armen Kraulbewegungen ausführen. D 11 Rheuma-D So auch bei Frieda Bauer, einer der Teilnehmerinnen der Donnerstagabendgruppe; bei ihr sind es die Gelenke beider Schultern und die der Halswirbelsäule. „Schon als Kind”, erzählt die 63-Jährige, „habe ich gegen die Schmerzen Spritzen in den Nacken bekommen.” Ihre Eltern betrieben eine Landwirtschaft, und so musste sie bereits in jungen Jahren hart körperlich arbeiten, vor allem schwere Lasten tragen. Doch seit sie regelmäßig zur Wasser- und zur Trockengymnastik geht, ist sie schmerzfrei. „Die wassergymnastischen Übungen sollen die Patienten wieder fit für den Alltag machen beziehungsweise sie hinsichtlich ihrer Beweglichkeit auf dem momentanen Stand halten”, benennt die Therapeutin „Nach der Wassergymnastik fühlt man sich zwar schlapp, aber dem Körper hat’s richtig gut getan”, meint Frieda Bauer sichtlich zufrieden. Sie gehört seit 1988 der Arbeitsgemeinschaft Tauberbischofsheim (AG TBB) der Rheuma-Liga an; eine Physiotherapeutin, die sie damals nach einem komplizierten Knöchelbruch krankengymnastisch behandelt hatte, erzählte ihr von den Angeboten dieser Gruppe. Seit 1992 ist sie deren Kassenwartin und Mitglied im Sprecherrat. „Anfangs”, so berichtet sie, „umfasste unsere Selbsthilfegruppe nur etwa zehn Leute, heute sind es 260 Mitglieder, und rund 300 Personen nehmen das Angebot unserer Gemeinschaft wahr.” ihre beiden Hauptziele. „Bei manchen älteren Teilnehmern muss ich dazu bisweilen recht energisch werden und sie regelrecht antreiben”, fährt sie fort. Das oft geäußerte Argument, es wäre doch bislang auch so gegangen, lässt sie nicht gelten. Ihre hart klingende, aber zutreffende Antwort lautet dann: „Wenn Sie nichts tun, werden Sie steif!” Im Wasserbecken bewegen die Teilnehmer nach den Armübungen nun die Gelenke ihrer Beine durch. Danach halten sie sich am Beckenrand fest und trainieren ihre Wirbelsäule. „Steif bleiben wie ein Stück Holz”, ruft Gabriele Hattwig, „und kein Hohlkreuz machen!” In jeder Kurseinheit setzt sie einen anderen Bewegungsschwerpunkt; heute zum Beispiel sollen die Teilnehmer ein Gefühl für die richtige Haltung ihres Rückgrats entwickeln. Der Zeiger der Uhr ist mittlerweile auf 18.25 Uhr vorgerückt – Zeit fürs „Karussell fahren”. Plötzlich lachen und scherzen alle wieder. Sieben der acht Teilnehmer bilden einen Kreis und fassen sich an den Händen. „Nun im Seitgalopp nach links”, feuert die Therapeutin ihre Schützlinge an. Eine Teilnehmerin hat sich auf Anweisung von Gabriele Hattwig aus der Übung ausgeklinkt, für sie wird das eingeschlagene Tempo zu schnell. Dann ist die halbe Stunde auch schon vorüber, und nach einem kurzen Beifall für ihre Trainerin verlassen die Kursteilnehmer das Becken. „Dass hier bei uns so viel läuft, hängt an dem Engagement der Leute”, meint Frieda Bauer. So bietet die Arbeitsgemeinschaft neben der Wassergymnastik noch 12 Kurse für Trockengymnastik an – jeweils sechs in Tauberbischofsheim und in Lauda; fünf Physiotherapeuten betreuen die krankengymnastischen Aktivitäten. Einmal im Jahr hält ein eingeladener Arzt einen Vortrag; in diesem Jahr ging es etwa um die Behandlung rheumatischer Erkrankungen mit Akupunktur. Alle zwei Wochen finden Ganztagesausflüge in Thermalbäder im süddeutschen Raum statt. „Auf einer solchen Fahrt schauen wir uns dann auch noch eine Sehenswürdigkeit an, oder wir besuchen eine bekannte Firma, um im angeschlossenen Fabrikverkauf ein Schnäppchen zu erstehen”, beschreibt Frieda Bauer den Ablauf. Außerdem bietet die Arbeitsgemeinschaft im zeitigen Frühjahr einen 14-tägigen Aufenthalt im norditalienischen Kurort Abano an, und im Mai kann man für eine Woche nach Bad Gastein reisen. Kurse für Wassergymnastik (Fotos 1 bis 3) sind eines der vielen Angebote der regionalen Arbeitsgemeinschaften der Rheuma-Liga. 18 Kurse pro Woche sind es etwa in Tauberbischofsheim. Sechs bis acht Personen nehmen an den halbstündigen Kursen teil, die eine Krankengymnastin leitet. „Alle Bäderfahrten organisiert bei uns Frau Klein”, berichtet Frieda Bauer. Noch sei die über 70-Jährige sehr agil und voller Tatendrang, aber wenn die alte Dame einmal nicht mehr die Kraft dafür habe, könne es schwierig werden, ein anderes Mitglied für diese Aufgabe zu gewinnen, befürchtet sie. Frieda Bauer weiß aus eigener Erfah- D 12 6 11.12.2001, 10:01 Uhr 3 „Vieles hängt am Engagement der Leute“ Viele Rheumapatienten zwingt die Krankheit dazu, ihr bisheriges Leben einschneidend zu verändern. In einer solchen Situation können Gespräche mit anderen Betroffenen, Informationen zur eigenen Krankheit und Tipps, wie sich der Alltag zukünftig am besten organisieren lässt, sehr hilfreich sein. Unterstützung finden viele Patienten dabei in Selbsthilfegruppen. Das zeigt der Besuch zweier örtlicher Arbeitsgruppen der Rheuma-Liga in Tauberbischofsheim und Stuttgart. Ein weißes Schild mit blauer Aufschrift und Pfeil nach rechts weist den Weg: Durch die offene Tür zum „Bewegungsbad” dringen Stimmen, Gelächter und lautes Plantschen. In dem fünf mal sieben Meter großen Wasserbecken haben sich sechs Frauen und zwei Männer in nahezu gleichem Abstand voneinander aufgestellt. Erwartungsvoll blicken sie zu Gabriele Hattwig, die außen, am Beckenrand steht. Es ist Donnerstagabend, 18 Uhr. In der folgenden halben Stunde findet nun einer der Wassergymnastikkurse für Rheumakranke im Schwimmbad des Kreiskrankenhauses von Tauberbischofsheim statt. „Das Becken bietet eigentlich nur Platz für sechs Patienten, meistens sind es aber acht, sodass es oft recht eng wird”, berichtet Gabriele Hattwig vor Kursbeginn über die große Nachfrage. Insgesamt bietet die Arbeitsgemeinschaft der Rheuma-Liga von Tauberbischofsheim, der auch die Nachbarstadt Lauda angehört, 18 Kurse pro Woche für Wassergymnastik an. Die meisten Teilnehmer sind zwischen 50 und 70 Jahre alt. Manche Gruppen bestehen schon seit Jahren, und die Teilnehmer treffen sich auch abseits des Kurses zu gemeinsamen Aktivitäten. „Im Hinblick auf die gymnastischen Übungen wäre es sinnvoll, die Gruppen nach Krankheitsbildern einzuteilen”, meint die Therapeutin, „doch da sich die Leute oft sehr gut kennen, wollen sie nicht, dass die Gruppe auseinander gerissen wird.” Viele ihrer Patienten tragen Endoprothesen, etwa in der Hüfte oder im Knie; andere leiden unter Bandscheibenproblemen, oder es haben sich Gelenke abgenutzt. 2 1 „Rechte Hand nach außen und dann nach innen ziehen, Finger bleiben dabei gestreckt!” Mit forscher Stimme gibt die Physiotherapeutin den Kursteilnehmern erste Anweisungen. Plötzlich herrscht Ruhe im Bad. Auf den Gesichtern der Teilnehmer zeichnet sich Konzentration ab. „Mit den Händen Wolle wickeln!” – Gabriele Hattwig geht ohne Pause zur nächsten Übung weiter und gibt in rascher Folge stets neue Anweisungen. Die bislang leicht gewellte Oberfläche des 33 Grad Celsius warmen Wassers beginnt sich immer stärker zu kräuseln; dann scheint das Wasser regelrecht zu kochen, als die Teilnehmer mit ihren Armen Kraulbewegungen ausführen. D 11 Rheuma-D So auch bei Frieda Bauer, einer der Teilnehmerinnen der Donnerstagabendgruppe; bei ihr sind es die Gelenke beider Schultern und die der Halswirbelsäule. „Schon als Kind”, erzählt die 63-Jährige, „habe ich gegen die Schmerzen Spritzen in den Nacken bekommen.” Ihre Eltern betrieben eine Landwirtschaft, und so musste sie bereits in jungen Jahren hart körperlich arbeiten, vor allem schwere Lasten tragen. Doch seit sie regelmäßig zur Wasser- und zur Trockengymnastik geht, ist sie schmerzfrei. „Die wassergymnastischen Übungen sollen die Patienten wieder fit für den Alltag machen beziehungsweise sie hinsichtlich ihrer Beweglichkeit auf dem momentanen Stand halten”, benennt die Therapeutin „Nach der Wassergymnastik fühlt man sich zwar schlapp, aber dem Körper hat’s richtig gut getan”, meint Frieda Bauer sichtlich zufrieden. Sie gehört seit 1988 der Arbeitsgemeinschaft Tauberbischofsheim (AG TBB) der Rheuma-Liga an; eine Physiotherapeutin, die sie damals nach einem komplizierten Knöchelbruch krankengymnastisch behandelt hatte, erzählte ihr von den Angeboten dieser Gruppe. Seit 1992 ist sie deren Kassenwartin und Mitglied im Sprecherrat. „Anfangs”, so berichtet sie, „umfasste unsere Selbsthilfegruppe nur etwa zehn Leute, heute sind es 260 Mitglieder, und rund 300 Personen nehmen das Angebot unserer Gemeinschaft wahr.” ihre beiden Hauptziele. „Bei manchen älteren Teilnehmern muss ich dazu bisweilen recht energisch werden und sie regelrecht antreiben”, fährt sie fort. Das oft geäußerte Argument, es wäre doch bislang auch so gegangen, lässt sie nicht gelten. Ihre hart klingende, aber zutreffende Antwort lautet dann: „Wenn Sie nichts tun, werden Sie steif!” Im Wasserbecken bewegen die Teilnehmer nach den Armübungen nun die Gelenke ihrer Beine durch. Danach halten sie sich am Beckenrand fest und trainieren ihre Wirbelsäule. „Steif bleiben wie ein Stück Holz”, ruft Gabriele Hattwig, „und kein Hohlkreuz machen!” In jeder Kurseinheit setzt sie einen anderen Bewegungsschwerpunkt; heute zum Beispiel sollen die Teilnehmer ein Gefühl für die richtige Haltung ihres Rückgrats entwickeln. Der Zeiger der Uhr ist mittlerweile auf 18.25 Uhr vorgerückt – Zeit fürs „Karussell fahren”. Plötzlich lachen und scherzen alle wieder. Sieben der acht Teilnehmer bilden einen Kreis und fassen sich an den Händen. „Nun im Seitgalopp nach links”, feuert die Therapeutin ihre Schützlinge an. Eine Teilnehmerin hat sich auf Anweisung von Gabriele Hattwig aus der Übung ausgeklinkt, für sie wird das eingeschlagene Tempo zu schnell. Dann ist die halbe Stunde auch schon vorüber, und nach einem kurzen Beifall für ihre Trainerin verlassen die Kursteilnehmer das Becken. „Dass hier bei uns so viel läuft, hängt an dem Engagement der Leute”, meint Frieda Bauer. So bietet die Arbeitsgemeinschaft neben der Wassergymnastik noch 12 Kurse für Trockengymnastik an – jeweils sechs in Tauberbischofsheim und in Lauda; fünf Physiotherapeuten betreuen die krankengymnastischen Aktivitäten. Einmal im Jahr hält ein eingeladener Arzt einen Vortrag; in diesem Jahr ging es etwa um die Behandlung rheumatischer Erkrankungen mit Akupunktur. Alle zwei Wochen finden Ganztagesausflüge in Thermalbäder im süddeutschen Raum statt. „Auf einer solchen Fahrt schauen wir uns dann auch noch eine Sehenswürdigkeit an, oder wir besuchen eine bekannte Firma, um im angeschlossenen Fabrikverkauf ein Schnäppchen zu erstehen”, beschreibt Frieda Bauer den Ablauf. Außerdem bietet die Arbeitsgemeinschaft im zeitigen Frühjahr einen 14-tägigen Aufenthalt im norditalienischen Kurort Abano an, und im Mai kann man für eine Woche nach Bad Gastein reisen. Kurse für Wassergymnastik (Fotos 1 bis 3) sind eines der vielen Angebote der regionalen Arbeitsgemeinschaften der Rheuma-Liga. 18 Kurse pro Woche sind es etwa in Tauberbischofsheim. Sechs bis acht Personen nehmen an den halbstündigen Kursen teil, die eine Krankengymnastin leitet. „Alle Bäderfahrten organisiert bei uns Frau Klein”, berichtet Frieda Bauer. Noch sei die über 70-Jährige sehr agil und voller Tatendrang, aber wenn die alte Dame einmal nicht mehr die Kraft dafür habe, könne es schwierig werden, ein anderes Mitglied für diese Aufgabe zu gewinnen, befürchtet sie. Frieda Bauer weiß aus eigener Erfah- D 12 6 11.12.2001, 10:01 Uhr „Vieles hängt am Engagement der Leute“ rung, wie schwierig es sein kann, jemanden für eine ehrenamtliche Tätigkeit zu gewinnen. Sie selbst hatte es nämlich lange Zeit abgelehnt, sich innerhalb der Arbeitsgemeinschaft zu engagieren. Erst als 1992 die damalige Kassenwartin diese Funktion aufgrund ihrer Krankheit aufgeben musste, plagte Frieda Bauer schließlich das schlechte Gewissen, und sie übernahm deren Posten. Traude Hien leitet eine Selbsthilfegruppe für Patienten mit Systemischem Lupus erythematodes (SLE). Selbst mit 33 Jahren daran erkrankt, engagiert sich die heute 50-Jährige in der inzwischen 30 Mitglieder umfassenden Gruppe. Ihr Motiv für diese ehrenamtliche Arbeit: „Als ich Hilfe suchte und fand, ging es mir immer besser. Jetzt kann ich dazu beitragen, dass auch andere diese Erfahrung machen können.” Aus einem Umkreis von 15 bis 20 Kilometern kommen die Besucher zu den Kursen und Veranstaltungen der Arbeitsgemeinschaft. Etliche Fahrgemeinschaften erlauben es auch weniger mobilen Mitgliedern, die in den kleineren Ortschaften leben, an den Treffen teilzunehmen. Inzwischen bereitet ihr die Tätigkeit richtig Spaß. Ihre berufliche Erfahrung in einem Steuerbüro kommt ihr bei den vielfältigen Aufgaben zugute: Sammelabrechnungen der Gymnastikkurse für die Krankenkassen, Bezahlung der Therapeuten und Überweisung der anfallenden Raumkosten – eben die gesamte Buchhaltung. Stehen Veranstaltungen auf dem Programm – zum Beispiel ein Vortrag über „Zilgrei”, eine neue Methode zur Schmerzbewältigung – so erstellt sie Informationsblätter zum Thema und verteilt sie gleich bei günstiger Gelegenheit an die Mitglieder. „Das spart Porto und ist auch noch Werbung”, meint die agile Badenerin verschmitzt. Doch nicht nur für die Kranken, auch für die Therapeuten organisiert die Arbeitsgemeinschaft Veranstaltungen. So fand im Februar dieses Jahres eine Fortbildung für Physiotherapeuten am Kreiskrankenhaus in Tauberbischofsheim statt. 25 Kranken- D 13 Rheuma-D gymnasten aus der Region hatten sich dazu angemeldet. Darauf ist Frieda Bauer besonders stolz. Auf die Idee dazu brachte sie ein Telefonat mit einer Mitarbeiterin der Rheuma-Liga Nord-Württemberg. Diese erzählte Frieda Bauer von den regelmäßigen Veranstaltungen, die jedes Jahr an einem anderen Ort stattfänden. „Da sagte ich gleich, dann machen Sie’s doch jetzt mal bei uns”, erzählt Frieda Bauer, und ihr Vorschlag wurde prompt in die Tat umgesetzt. Die Gruppe aus Tauberbischofsheim ist kein Einzelfall. So sind die Mitgliederzahlen der Rheuma-Liga in den vergangenen zehn Jahren fast überall steil nach oben gegangen; vor allem im ländlichen Raum bilden sich immer mehr Arbeitsgemeinschaften, weiß Traude Hien. Die 50-Jährige ist Mitglied im Sprecherrat der Arbeitsgemeinschaft Stuttgart und leitet selbst eine Gruppe für SLE-Betroffene (SLE = Systemischer Lupus erythematodes). Wie wichtig solche Selbsthilfegruppen für Rheumakranke sein können, hat Traude Hien am eigenen Leib erfahren. Mit 33 Jahren bekam sie plötzlich hohes Fieber, die Gelenke ihrer Hand, Finger und Knie schwollen an, und auf ihrem Gesicht bildete sich ein schmetterlingsförmiger Ausschlag. Nach zehn schlimmen Tagen daheim und mehreren Kreislaufkollapsen – ihre Hausärztin befand sich gerade im Urlaub, und deren Stellvertreter deutete die Symptome als rheumatisches Fieber – kam sie schließlich ins Krankenhaus. Aufgrund ihrer Blutwerte und dem Nachweis spezifischer Antikörper stellte man dort nach kürzester Zeit die richtige Diagnose: SLE – eine entzündliche Erkrankung des Bindegewebes. In den darauf folgenden fünf Jahren litt Traude Hien immer wieder unter starken Fieberschüben, die mit Gelenk-, Muskel- und Darmentzündungen einhergingen. 1988 traten dann plötzlich Depressionen auf; die Ärzte machten „seelische Probleme” dafür verantwortlich, die das Leben mit einer chronischen Erkrankung mit sich bringe. Sie hingegen glaubte, dass die Krankheit selbst die Depressionen auslöse. „Damals war noch nicht bekannt, dass bei SLE auch das Nervensystem beteiligt sein kann”, berichtet sie. Es dauerte einige Monate, bis schließlich ein Neurologe ihren Verdacht bestätigte und sie richtig behandelte. In dieser Zeit war sie über einen Zeitungsartikel auf die Rheuma-Liga aufmerksam geworden, den die Leiterin einer Selbsthilfegruppe in Hessen geschrieben hatte – wie sie SLE-Patientin. Es kam zu einem persönlichen Gespräch, und 1988 nahm sie am ersten „Workshop für SLE-Betroffene” in Bonn teil. „Es war für mich eine wunderbare Erfahrung, endlich mit Menschen reden zu können, die ähnlich schlimme Zeiten hinter sich hatten, und sich gegenseitig Hilfe und Rat zu geben”, erinnert sich Traude Hien. Da sie fortan auf einen solchen Austausch nicht mehr verzichten wollte, gründete sie ein Jahr später in Stuttgart die erste LEGruppe in Baden-Württemberg. Tagelang sei sie in den Bibliotheken gesessen und hätte Informationen zu ihrer Erkrankung zusammengetragen. Um auf die LE-Gruppe aufmerksam zu machen, legte sie in Krankenhäusern und Arztpraxen Informationsblätter aus; außerdem erhielt sie Adressen von der Rheuma-Liga in Bruchsal. Heute zählt die LE-Gruppe rund 30 Mitglieder aus dem Stuttgarter Großraum – ausschließlich Frauen im Alter zwischen 25 und 50 Jahren. „Früher mussten alle interessierten LE-Kranken aus ganz BadenWürttemberg zu uns kommen”, meint Traude Hien, „aber inzwischen gibt es hierzulande sieben LE-Gruppen.” Für diese ist sie stellvertretende Landessprecherin. Neben den regelmäßigen Treffen findet einmal im Jahr ein so genannter LE-Tag statt, der medizinischen Themen gewidmet ist. Zwei Referenten, meist sind es internistische Rheumatologen, informieren dort über neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Behandlungsmethoden bei SLE. Sehr froh ist Traude Hien darüber, dass sie für die Veranstaltungen keine Räume anzumieten braucht: „Eine örtliche Krankenkasse stellt uns für unsere Vorträge einen Raum zur Verfügung, und sie übernimmt auch die anfallenden Kosten für Post, Kopien und Rundbriefe.” Für Seminare, etwa zum Thema Schmerzbewältigung, kann sie auf Räume im Bürgerhospital zurückgreifen; dieses Stuttgarter Krankenhaus übernimmt sogar die Bewirtung der Teilnehmer. Zu dem dortigen Direktor der Medizinischen Klinik I, Professor HansChristian Benöhr, pflegt Traude Hien einen sehr guten Kontakt, schließlich ist er seit vielen Jahren der erste Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Stuttgart: „An ihn kann ich mich jederzeit wenden, wenn es zum Beispiel um einen Arztvortrag geht. Er vermag Verbindungen herzustellen, bei denen ich mich schwerer täte, oder er springt im Notfall für einen ausgefallenen Referenten ein.” Krankengymnastin Gabriele Hattwig leitet die Wassergymnastik in Tauberbischofsheim mit viel Verve. Ihr Anspruch: „Die Übungen sollen die Patienten wieder fit für den Alltag machen.” In den letzten Jahren hat sich der Gesundheitszustand von Traude Hien stabilisiert; ihre Gelenke schmerzen nicht mehr, nur die Haut entzündet sich immer wieder. Bei größeren Anstrengungen ermüdet sie allerdings rasch, sodass sie ihre Kräfte gut einteilen muss. „Für die LE-Gruppe arbeite ich deshalb nicht mehr so viel wie am Anfang. Vieles hat sich inzwischen eingespielt, vor allem, was das Organisatorische betrifft”, meint sie. Was sie jedoch keinesfalls missen möchte, sind die beratenden Gespräche. „Seit damals, in meiner schlimmsten Phase, als ich Hilfe suchte und fand, ging es mir gesundheitlich immer besser; nun kann ich dazu beitragen, dass auch andere Betroffene diese Erfahrung machen können.” D 14 7 11.12.2001, 10:01 Uhr „Vieles hängt am Engagement der Leute“ rung, wie schwierig es sein kann, jemanden für eine ehrenamtliche Tätigkeit zu gewinnen. Sie selbst hatte es nämlich lange Zeit abgelehnt, sich innerhalb der Arbeitsgemeinschaft zu engagieren. Erst als 1992 die damalige Kassenwartin diese Funktion aufgrund ihrer Krankheit aufgeben musste, plagte Frieda Bauer schließlich das schlechte Gewissen, und sie übernahm deren Posten. Traude Hien leitet eine Selbsthilfegruppe für Patienten mit Systemischem Lupus erythematodes (SLE). Selbst mit 33 Jahren daran erkrankt, engagiert sich die heute 50-Jährige in der inzwischen 30 Mitglieder umfassenden Gruppe. Ihr Motiv für diese ehrenamtliche Arbeit: „Als ich Hilfe suchte und fand, ging es mir immer besser. Jetzt kann ich dazu beitragen, dass auch andere diese Erfahrung machen können.” Aus einem Umkreis von 15 bis 20 Kilometern kommen die Besucher zu den Kursen und Veranstaltungen der Arbeitsgemeinschaft. Etliche Fahrgemeinschaften erlauben es auch weniger mobilen Mitgliedern, die in den kleineren Ortschaften leben, an den Treffen teilzunehmen. Inzwischen bereitet ihr die Tätigkeit richtig Spaß. Ihre berufliche Erfahrung in einem Steuerbüro kommt ihr bei den vielfältigen Aufgaben zugute: Sammelabrechnungen der Gymnastikkurse für die Krankenkassen, Bezahlung der Therapeuten und Überweisung der anfallenden Raumkosten – eben die gesamte Buchhaltung. Stehen Veranstaltungen auf dem Programm – zum Beispiel ein Vortrag über „Zilgrei”, eine neue Methode zur Schmerzbewältigung – so erstellt sie Informationsblätter zum Thema und verteilt sie gleich bei günstiger Gelegenheit an die Mitglieder. „Das spart Porto und ist auch noch Werbung”, meint die agile Badenerin verschmitzt. Doch nicht nur für die Kranken, auch für die Therapeuten organisiert die Arbeitsgemeinschaft Veranstaltungen. So fand im Februar dieses Jahres eine Fortbildung für Physiotherapeuten am Kreiskrankenhaus in Tauberbischofsheim statt. 25 Kranken- D 13 Rheuma-D gymnasten aus der Region hatten sich dazu angemeldet. Darauf ist Frieda Bauer besonders stolz. Auf die Idee dazu brachte sie ein Telefonat mit einer Mitarbeiterin der Rheuma-Liga Nord-Württemberg. Diese erzählte Frieda Bauer von den regelmäßigen Veranstaltungen, die jedes Jahr an einem anderen Ort stattfänden. „Da sagte ich gleich, dann machen Sie’s doch jetzt mal bei uns”, erzählt Frieda Bauer, und ihr Vorschlag wurde prompt in die Tat umgesetzt. Die Gruppe aus Tauberbischofsheim ist kein Einzelfall. So sind die Mitgliederzahlen der Rheuma-Liga in den vergangenen zehn Jahren fast überall steil nach oben gegangen; vor allem im ländlichen Raum bilden sich immer mehr Arbeitsgemeinschaften, weiß Traude Hien. Die 50-Jährige ist Mitglied im Sprecherrat der Arbeitsgemeinschaft Stuttgart und leitet selbst eine Gruppe für SLE-Betroffene (SLE = Systemischer Lupus erythematodes). Wie wichtig solche Selbsthilfegruppen für Rheumakranke sein können, hat Traude Hien am eigenen Leib erfahren. Mit 33 Jahren bekam sie plötzlich hohes Fieber, die Gelenke ihrer Hand, Finger und Knie schwollen an, und auf ihrem Gesicht bildete sich ein schmetterlingsförmiger Ausschlag. Nach zehn schlimmen Tagen daheim und mehreren Kreislaufkollapsen – ihre Hausärztin befand sich gerade im Urlaub, und deren Stellvertreter deutete die Symptome als rheumatisches Fieber – kam sie schließlich ins Krankenhaus. Aufgrund ihrer Blutwerte und dem Nachweis spezifischer Antikörper stellte man dort nach kürzester Zeit die richtige Diagnose: SLE – eine entzündliche Erkrankung des Bindegewebes. In den darauf folgenden fünf Jahren litt Traude Hien immer wieder unter starken Fieberschüben, die mit Gelenk-, Muskel- und Darmentzündungen einhergingen. 1988 traten dann plötzlich Depressionen auf; die Ärzte machten „seelische Probleme” dafür verantwortlich, die das Leben mit einer chronischen Erkrankung mit sich bringe. Sie hingegen glaubte, dass die Krankheit selbst die Depressionen auslöse. „Damals war noch nicht bekannt, dass bei SLE auch das Nervensystem beteiligt sein kann”, berichtet sie. Es dauerte einige Monate, bis schließlich ein Neurologe ihren Verdacht bestätigte und sie richtig behandelte. In dieser Zeit war sie über einen Zeitungsartikel auf die Rheuma-Liga aufmerksam geworden, den die Leiterin einer Selbsthilfegruppe in Hessen geschrieben hatte – wie sie SLE-Patientin. Es kam zu einem persönlichen Gespräch, und 1988 nahm sie am ersten „Workshop für SLE-Betroffene” in Bonn teil. „Es war für mich eine wunderbare Erfahrung, endlich mit Menschen reden zu können, die ähnlich schlimme Zeiten hinter sich hatten, und sich gegenseitig Hilfe und Rat zu geben”, erinnert sich Traude Hien. Da sie fortan auf einen solchen Austausch nicht mehr verzichten wollte, gründete sie ein Jahr später in Stuttgart die erste LEGruppe in Baden-Württemberg. Tagelang sei sie in den Bibliotheken gesessen und hätte Informationen zu ihrer Erkrankung zusammengetragen. Um auf die LE-Gruppe aufmerksam zu machen, legte sie in Krankenhäusern und Arztpraxen Informationsblätter aus; außerdem erhielt sie Adressen von der Rheuma-Liga in Bruchsal. Heute zählt die LE-Gruppe rund 30 Mitglieder aus dem Stuttgarter Großraum – ausschließlich Frauen im Alter zwischen 25 und 50 Jahren. „Früher mussten alle interessierten LE-Kranken aus ganz BadenWürttemberg zu uns kommen”, meint Traude Hien, „aber inzwischen gibt es hierzulande sieben LE-Gruppen.” Für diese ist sie stellvertretende Landessprecherin. Neben den regelmäßigen Treffen findet einmal im Jahr ein so genannter LE-Tag statt, der medizinischen Themen gewidmet ist. Zwei Referenten, meist sind es internistische Rheumatologen, informieren dort über neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Behandlungsmethoden bei SLE. Sehr froh ist Traude Hien darüber, dass sie für die Veranstaltungen keine Räume anzumieten braucht: „Eine örtliche Krankenkasse stellt uns für unsere Vorträge einen Raum zur Verfügung, und sie übernimmt auch die anfallenden Kosten für Post, Kopien und Rundbriefe.” Für Seminare, etwa zum Thema Schmerzbewältigung, kann sie auf Räume im Bürgerhospital zurückgreifen; dieses Stuttgarter Krankenhaus übernimmt sogar die Bewirtung der Teilnehmer. Zu dem dortigen Direktor der Medizinischen Klinik I, Professor HansChristian Benöhr, pflegt Traude Hien einen sehr guten Kontakt, schließlich ist er seit vielen Jahren der erste Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Stuttgart: „An ihn kann ich mich jederzeit wenden, wenn es zum Beispiel um einen Arztvortrag geht. Er vermag Verbindungen herzustellen, bei denen ich mich schwerer täte, oder er springt im Notfall für einen ausgefallenen Referenten ein.” Krankengymnastin Gabriele Hattwig leitet die Wassergymnastik in Tauberbischofsheim mit viel Verve. Ihr Anspruch: „Die Übungen sollen die Patienten wieder fit für den Alltag machen.” In den letzten Jahren hat sich der Gesundheitszustand von Traude Hien stabilisiert; ihre Gelenke schmerzen nicht mehr, nur die Haut entzündet sich immer wieder. Bei größeren Anstrengungen ermüdet sie allerdings rasch, sodass sie ihre Kräfte gut einteilen muss. „Für die LE-Gruppe arbeite ich deshalb nicht mehr so viel wie am Anfang. Vieles hat sich inzwischen eingespielt, vor allem, was das Organisatorische betrifft”, meint sie. Was sie jedoch keinesfalls missen möchte, sind die beratenden Gespräche. „Seit damals, in meiner schlimmsten Phase, als ich Hilfe suchte und fand, ging es mir gesundheitlich immer besser; nun kann ich dazu beitragen, dass auch andere Betroffene diese Erfahrung machen können.” D 14 7 11.12.2001, 10:01 Uhr E ANHANG Bücher und Broschüren Arthrose – Ein Leitfaden für Patienten Leben mit Arthrose – Ein Leitfaden für Betroffene Rheumatische Augenentzündung bei Kindern – Die chronische Iridozyklitis Becker, Christel, Katja Dollhopf, Helmut Schwind, Christine Weigert und Gülsen Arslan; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 3. Auflage; Bonn 1997 Quarz, Martin und Franziska Becher; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 1. Auflage; Bonn 1998 Michels, Hartmut; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 2. Auflage; Bonn 1995 Checkliste Rheumatologie Der systemische Lupus erythematodes – Ein nützlicher Ratgeber Mein Kind hat Rheuma – was kann ich tun? Ein Ratgeber für Eltern bei juveniler chronischer Arthritis Rheumatologie aus erster Hand Schmidt, Klaus L., unter Mitarbeit von B. Hellmich, B. Manger, K. Tillmann, H. Truckenbrodt; Georg Thieme Verlag; Stuttgart – New York 2000 Klatt, Birgitt, unter fachlicher Mitarbeit von Hans Krippner; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 3. Auflage; Bonn 1998 Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), in Zusammenarbeit mit der RheumaKinderklinik Garmisch-Partenkirchen und den Rummelsberger Anstalten der Inneren Mission e.V., 3. Auflage; Bonn 1997 Burmester, Gerd-Rüdiger und Timo Ulrichs; Novartis Pharma GmbH, 1999 Chronische Polyarthritis – Ein Leitfaden für Patienten Gelenkschutz und Funktionshilfen – Ein Ratgeber für Rheumakranke Mobil trotz Rheuma – Gelenkschutz und Hilfen für den Alltag Rheumatologie in Kürze. Klinisches Basiswissen für die Praxis Miehle, Wolfgang; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 5. Auflage; Bonn 1998 Scharffenberg, Elisabeth, Elisabeth Strüwe-Bazzanellla, unter Mitarbeit von Maria Albrecht und Erwin Peter; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 7. Auflage; Bonn 1994 Bitzer-Munoz, Susanne und Helmut Sörensen; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 2. Auflage; Bad Dürkheim 1999 Gerber, Niklaus J., Beat A. Michel, Alex K. L. So, Alan Tyndall, Thomas L. Vischer (Hrsg.); Georg Thieme Verlag, Stuttgart – New York 1998 Gesundheitswegweiser – Fachinstitutionen, ihre Aufgaben und Angebote Rheuma hat viele Gesichter – Der Ratgeber für den medizinisch interessierten Laien Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.); Fachverlag Peter Sabo, 3. Auflage; Schwabenheim a.d. Selz 2000 Becher, Franziska; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 5. Auflage; Bonn 1996 Heimstädt, Peter und Karin Wilbrand; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 5. Auflage; Bonn 1996 Chronischer Schmerz – Ergebnisse der Forschung verbessern die Versorgung der Patienten Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.); Bonn 2001 E1 Rheuma-E-Anhang Das rheumakranke Kind in der Schule – Eine Orientierungshilfe für Lehrer E2 1 11.12.2001, 10:02 Uhr E ANHANG Bücher und Broschüren Arthrose – Ein Leitfaden für Patienten Leben mit Arthrose – Ein Leitfaden für Betroffene Rheumatische Augenentzündung bei Kindern – Die chronische Iridozyklitis Becker, Christel, Katja Dollhopf, Helmut Schwind, Christine Weigert und Gülsen Arslan; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 3. Auflage; Bonn 1997 Quarz, Martin und Franziska Becher; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 1. Auflage; Bonn 1998 Michels, Hartmut; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 2. Auflage; Bonn 1995 Checkliste Rheumatologie Der systemische Lupus erythematodes – Ein nützlicher Ratgeber Mein Kind hat Rheuma – was kann ich tun? Ein Ratgeber für Eltern bei juveniler chronischer Arthritis Rheumatologie aus erster Hand Schmidt, Klaus L., unter Mitarbeit von B. Hellmich, B. Manger, K. Tillmann, H. Truckenbrodt; Georg Thieme Verlag; Stuttgart – New York 2000 Klatt, Birgitt, unter fachlicher Mitarbeit von Hans Krippner; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 3. Auflage; Bonn 1998 Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), in Zusammenarbeit mit der RheumaKinderklinik Garmisch-Partenkirchen und den Rummelsberger Anstalten der Inneren Mission e.V., 3. Auflage; Bonn 1997 Burmester, Gerd-Rüdiger und Timo Ulrichs; Novartis Pharma GmbH, 1999 Chronische Polyarthritis – Ein Leitfaden für Patienten Gelenkschutz und Funktionshilfen – Ein Ratgeber für Rheumakranke Mobil trotz Rheuma – Gelenkschutz und Hilfen für den Alltag Rheumatologie in Kürze. Klinisches Basiswissen für die Praxis Miehle, Wolfgang; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 5. Auflage; Bonn 1998 Scharffenberg, Elisabeth, Elisabeth Strüwe-Bazzanellla, unter Mitarbeit von Maria Albrecht und Erwin Peter; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 7. Auflage; Bonn 1994 Bitzer-Munoz, Susanne und Helmut Sörensen; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 2. Auflage; Bad Dürkheim 1999 Gerber, Niklaus J., Beat A. Michel, Alex K. L. So, Alan Tyndall, Thomas L. Vischer (Hrsg.); Georg Thieme Verlag, Stuttgart – New York 1998 Gesundheitswegweiser – Fachinstitutionen, ihre Aufgaben und Angebote Rheuma hat viele Gesichter – Der Ratgeber für den medizinisch interessierten Laien Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.); Fachverlag Peter Sabo, 3. Auflage; Schwabenheim a.d. Selz 2000 Becher, Franziska; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 5. Auflage; Bonn 1996 Heimstädt, Peter und Karin Wilbrand; Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (Hrsg.), 5. Auflage; Bonn 1996 Chronischer Schmerz – Ergebnisse der Forschung verbessern die Versorgung der Patienten Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.); Bonn 2001 E1 Rheuma-E-Anhang Das rheumakranke Kind in der Schule – Eine Orientierungshilfe für Lehrer E2 1 11.12.2001, 10:02 Uhr Internetadressen Deutsche Rheuma-Liga Rheumawegweiser im Internet American College of Rheumatology http://www.rheuma-liga.de http://www.rheuma-zentrum.com/ online.htm http://www.rheumatology.org/index.asp Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. Maximilianstraße 14 53111 Bonn englischsprachige Website der US-ameri- Tel.: 02 28/7 66 06-0 kanischen Vereinigung der rheumatoloFax: 02 28/7 66 06-20 gischen Fachärzte; große Palette an Forschungsberichten; setzt mediziniAnschriften der Landesverbände und sches Fachwissen voraus Städteverbände (Bremen, Hamburg, Berlin) der Rheuma-Liga können über den Bundesverband angefordert werden sehr viele Informationen und Tipps, die für den medizinischen Laien (Betroffene und Angehörige) aufbereitet sind zahlreiche Informationen für den medizinischen Laien Deutsches RheumaForschungszentrum Berlin (DRFZ) Rheumatischer Auskunftsdienst der Universität München Weltgesundheitsorganisation (WHO) http://www.drfz.de http://www.med.uni-muenchen.de/ rheuma/homepage.html http://www.who.int/ncd/cra/index.htm oder http://www.who.ch Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V. bietet nützliche Links; Forschungsberichte als Zusammenfassungen abrufbar englischsprachige Website; bietet Informationen zur „Bone and Joint Decade 2000-2010“ Metzgergasse 16 97421 Schweinfurt Tel.: 0 97 21/22-0 33 Fax: 0 97 21/22-9 55 Medizinisches Kompetenzzentrum für Rheuma National Institute of Arthritis and Musculoskeletal and Skin Diseases http://www.rheumanet.org/mednetrheuma/start.htm http://www.nih.gov/niams bietet vor allem nützliche Links (Übersichtstabelle) Rheuma online http://www.rheuma-online.de/index Informationsdienst, richtet sich an medizinische Laien; Rheumalexikon, in dem viele Informationen über rheumatische Krankheitsbilder von A-Z abgerufen werden können Das Medizinische Kompetenzzentrum für Rheuma möchte das Internet nutzen, um Kommunikationsbarrieren zwischen Forschung, Versorgung und Patienten abzubauen. Das Kompetenznetz Rheuma dient dabei als Informations- und Diskussionsplattform. Noch im Aufbau begriffen; einige Links noch nicht aktiv; bietet Zusammenfassungen von medizinischen Fachartikeln Organisationen/Verbände/ Selbsthilfegruppen Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft e.V. englischsprachige Website; bietet ausführliche Informationen zu vielen rheumatischen Krankheitsbildern Ottostraße 15 42289 Wuppertal Tel.: 02 02/55 92 94 Fax: 02 02/55 92 94 Arthritis Foundation Selbsthilfegruppe Sklerodermie in Deutschland e.V. http://www.arthritis.org die Website dieser US-amerikanischen Selbsthilfeorganisation bietet viele englischsprachige Informationen für Patienten und interessierte Laien Jagdstraße 1 90559 Burgthann Tel.: 0 91 88/5 12 Fax: 0 91 88/38 67 Elternkreise – Kontaktstelle in der Rheumakinderklinik Gehfeldstraße 24 82467 Garmisch-Partenkirchen Tel.: 0 88 21/70 12 26 E3 Rheuma-E-Anhang E4 2 11.12.2001, 10:02 Uhr Internetadressen Deutsche Rheuma-Liga Rheumawegweiser im Internet American College of Rheumatology http://www.rheuma-liga.de http://www.rheuma-zentrum.com/ online.htm http://www.rheumatology.org/index.asp Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. Maximilianstraße 14 53111 Bonn englischsprachige Website der US-ameri- Tel.: 02 28/7 66 06-0 kanischen Vereinigung der rheumatoloFax: 02 28/7 66 06-20 gischen Fachärzte; große Palette an Forschungsberichten; setzt mediziniAnschriften der Landesverbände und sches Fachwissen voraus Städteverbände (Bremen, Hamburg, Berlin) der Rheuma-Liga können über den Bundesverband angefordert werden sehr viele Informationen und Tipps, die für den medizinischen Laien (Betroffene und Angehörige) aufbereitet sind zahlreiche Informationen für den medizinischen Laien Deutsches RheumaForschungszentrum Berlin (DRFZ) Rheumatischer Auskunftsdienst der Universität München Weltgesundheitsorganisation (WHO) http://www.drfz.de http://www.med.uni-muenchen.de/ rheuma/homepage.html http://www.who.int/ncd/cra/index.htm oder http://www.who.ch Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V. bietet nützliche Links; Forschungsberichte als Zusammenfassungen abrufbar englischsprachige Website; bietet Informationen zur „Bone and Joint Decade 2000-2010“ Metzgergasse 16 97421 Schweinfurt Tel.: 0 97 21/22-0 33 Fax: 0 97 21/22-9 55 Medizinisches Kompetenzzentrum für Rheuma National Institute of Arthritis and Musculoskeletal and Skin Diseases http://www.rheumanet.org/mednetrheuma/start.htm http://www.nih.gov/niams bietet vor allem nützliche Links (Übersichtstabelle) Rheuma online http://www.rheuma-online.de/index Informationsdienst, richtet sich an medizinische Laien; Rheumalexikon, in dem viele Informationen über rheumatische Krankheitsbilder von A-Z abgerufen werden können Das Medizinische Kompetenzzentrum für Rheuma möchte das Internet nutzen, um Kommunikationsbarrieren zwischen Forschung, Versorgung und Patienten abzubauen. Das Kompetenznetz Rheuma dient dabei als Informations- und Diskussionsplattform. Noch im Aufbau begriffen; einige Links noch nicht aktiv; bietet Zusammenfassungen von medizinischen Fachartikeln Organisationen/Verbände/ Selbsthilfegruppen Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft e.V. englischsprachige Website; bietet ausführliche Informationen zu vielen rheumatischen Krankheitsbildern Ottostraße 15 42289 Wuppertal Tel.: 02 02/55 92 94 Fax: 02 02/55 92 94 Arthritis Foundation Selbsthilfegruppe Sklerodermie in Deutschland e.V. http://www.arthritis.org die Website dieser US-amerikanischen Selbsthilfeorganisation bietet viele englischsprachige Informationen für Patienten und interessierte Laien Jagdstraße 1 90559 Burgthann Tel.: 0 91 88/5 12 Fax: 0 91 88/38 67 Elternkreise – Kontaktstelle in der Rheumakinderklinik Gehfeldstraße 24 82467 Garmisch-Partenkirchen Tel.: 0 88 21/70 12 26 E3 Rheuma-E-Anhang E4 2 11.12.2001, 10:02 Uhr Stichworte A C Acetylsalicylsäure (ASS) C4 Arthrodese C15 Arthrose (Osteoarthrose) A5, A8, A17, A20 Alter A15 • Hüfte A1 • Finger A5 Analgetika siehe • Hallux-vagus A5 Schmerzmedikamente • stumme A15 Anamnese B4, B5 ASS siehe Antibiotika A12, B3, C3 Acetylsalicylsäure Allergie C11 Antigen Auge A5, A7, B3, C1 • körperfremd (siehe auch Autoaggressivität siehe Fremdantigen) C10 Autoimmunität • körpereigen C10 Autoantigene A12, A14 Antikörper C10 • Antinukleäre (ANA) A7, B10 Autoimmunerkrankung A7 • Anti-TNF C7, C9 Autoimmunität A5, A11, A14, • Autoantikörper B10, C10 C10, C11 Antirheumatika, nichtsteroidale (NSAR) C1, C4 Arthritis • infektiöse siehe septische • juvenile chronische A15, C1, C19 • oligoartikuläre C2 • reaktive A12, B12, C9 • rheumatoide siehe Polyarthritis, chronische • septische A12, B3 • Psoriasisassoziierte A6, B19 B Bakterien Bandscheiben A11 A5 F Camphylobacter A12 Chondrozyten siehe Knorpelzellen Fremdantigen (siehe auch Antigen) A13 H A3 A12, B9 COX siehe Cyclooxygenase Fischölpräparate D3 COX-2-Hemmstoffe (COX-2Inhibitoren) C5 Folsäure D4 C-reaktives Protein (CRP) B9 CT siehe Computertomograhie Cyclooxygenase (COX) C5 Cyclophosphamid C6 Cyclosporin C6 Forschung D Diabetes mellitus siehe Zuckerkrankheit Dialyse C5 A11 Dynamometer B8 D5 Bindegewebe A5 Blutgefäße A5 Einlagen, orthopädische Blutsenkung B9 Elektrotherapie E D7 C14 A12 Enteroviren siehe Viren C5, C8 A8 Erbgut siehe Rheuma/Erbgut Erbkrankheiten Ergotherapie A13 C14, D7 A20ff, C9ff Harnsäure G Gehhilfe Enzyme Rheuma-E-Anhang A14 A3 Fieber • rheumatisches Entzündung E5 B15 Gelenkschutz Computertomographie (CT) B13 Bewegungstherapie Borrelien Frauen (siehe auch Geschlecht) D9 Kältetherapie (Kryotherapie) C13 Gelenkversteifung A5 Kinderarzt B15 Geschlecht A14, A15 Knochen A4, A18 Geschlechtshormone A14 Knorpel A4, A18 Gicht A11, A16, B12, D3, D4 Knorpelgerüst Gichtknoten A16 (Knorpelmatrix) A4, A9 Glukokortikoide siehe Knorpelzellen A4, A8, A9, A20 Kortison Kollagen A4, A8, A9, A17 Fibromyalgie Diät D3 Basistherapeutikum (Disease modifying drug, DMD) Disease modifying drug (DMD) B19, C1, C4, C6 siehe Basistherapeutikum Beruf Facharzt K Hausarzt C14 Gehstütze D7 Gehroller C21, D6 Gelenke A4 • Befallsmuster A15, A16 • Bewegung D5ff • Fehlstellungen C15, C20, D5 • Finger A5 • Hüfte A5 • Knie A5 • Punktion B12 • Schonhaltung D5 • Schulter A5 • Zehen A5 Gelenkerguss Gelenkflüssigkeit A9 A4, A9 B15 Haut A7, B3 Hepatitisviren siehe Viren A7, B9 Komplement B11 Kortison B1, C1, C4, C5, D4 Krankengymnastik C13, C19, D6 Krankheitserreger A11, B12 Herpesviren siehe Viren Krankheitsschub A5, A12 A15, B6, C17, D6 Herz Hippokrates HLA-Gewebsantigene Hydrochloroquin A3 Kryotherapie siehe Kältetherapie A13 C6 Hydrotherapie C14 I Immunmodulatoren (siehe auch Zytokine) Immunsystem Immunzellen Gelenkinnenhaut (Synovialmembran) Interferon A4, A5, A9, A10, A18, C15 Gelenkprothese • Hüfte • Knie • Lebensdauer • Lockerung A16, D4 Kollagenose C7 L Labortest B4, B9 Leflunomid (LE) C2, C7 Lunge A5 Lymphknoten A5 A5, B9, C11 C9 C9 C15ff A1, C15 C15 C16 C16 E6 3 11.12.2001, 10:02 Uhr Stichworte A C Acetylsalicylsäure (ASS) C4 Arthrodese C15 Arthrose (Osteoarthrose) A5, A8, A17, A20 Alter A15 • Hüfte A1 • Finger A5 Analgetika siehe • Hallux-vagus A5 Schmerzmedikamente • stumme A15 Anamnese B4, B5 ASS siehe Antibiotika A12, B3, C3 Acetylsalicylsäure Allergie C11 Antigen Auge A5, A7, B3, C1 • körperfremd (siehe auch Autoaggressivität siehe Fremdantigen) C10 Autoimmunität • körpereigen C10 Autoantigene A12, A14 Antikörper C10 • Antinukleäre (ANA) A7, B10 Autoimmunerkrankung A7 • Anti-TNF C7, C9 Autoimmunität A5, A11, A14, • Autoantikörper B10, C10 C10, C11 Antirheumatika, nichtsteroidale (NSAR) C1, C4 Arthritis • infektiöse siehe septische • juvenile chronische A15, C1, C19 • oligoartikuläre C2 • reaktive A12, B12, C9 • rheumatoide siehe Polyarthritis, chronische • septische A12, B3 • Psoriasisassoziierte A6, B19 B Bakterien Bandscheiben A11 A5 F Camphylobacter A12 Chondrozyten siehe Knorpelzellen Fremdantigen (siehe auch Antigen) A13 H A3 A12, B9 COX siehe Cyclooxygenase Fischölpräparate D3 COX-2-Hemmstoffe (COX-2Inhibitoren) C5 Folsäure D4 C-reaktives Protein (CRP) B9 CT siehe Computertomograhie Cyclooxygenase (COX) C5 Cyclophosphamid C6 Cyclosporin C6 Forschung D Diabetes mellitus siehe Zuckerkrankheit Dialyse C5 A11 Dynamometer B8 D5 Bindegewebe A5 Blutgefäße A5 Einlagen, orthopädische Blutsenkung B9 Elektrotherapie E D7 C14 A12 Enteroviren siehe Viren C5, C8 A8 Erbgut siehe Rheuma/Erbgut Erbkrankheiten Ergotherapie A13 C14, D7 A20ff, C9ff Harnsäure G Gehhilfe Enzyme Rheuma-E-Anhang A14 A3 Fieber • rheumatisches Entzündung E5 B15 Gelenkschutz Computertomographie (CT) B13 Bewegungstherapie Borrelien Frauen (siehe auch Geschlecht) D9 Kältetherapie (Kryotherapie) C13 Gelenkversteifung A5 Kinderarzt B15 Geschlecht A14, A15 Knochen A4, A18 Geschlechtshormone A14 Knorpel A4, A18 Gicht A11, A16, B12, D3, D4 Knorpelgerüst Gichtknoten A16 (Knorpelmatrix) A4, A9 Glukokortikoide siehe Knorpelzellen A4, A8, A9, A20 Kortison Kollagen A4, A8, A9, A17 Fibromyalgie Diät D3 Basistherapeutikum (Disease modifying drug, DMD) Disease modifying drug (DMD) B19, C1, C4, C6 siehe Basistherapeutikum Beruf Facharzt K Hausarzt C14 Gehstütze D7 Gehroller C21, D6 Gelenke A4 • Befallsmuster A15, A16 • Bewegung D5ff • Fehlstellungen C15, C20, D5 • Finger A5 • Hüfte A5 • Knie A5 • Punktion B12 • Schonhaltung D5 • Schulter A5 • Zehen A5 Gelenkerguss Gelenkflüssigkeit A9 A4, A9 B15 Haut A7, B3 Hepatitisviren siehe Viren A7, B9 Komplement B11 Kortison B1, C1, C4, C5, D4 Krankengymnastik C13, C19, D6 Krankheitserreger A11, B12 Herpesviren siehe Viren Krankheitsschub A5, A12 A15, B6, C17, D6 Herz Hippokrates HLA-Gewebsantigene Hydrochloroquin A3 Kryotherapie siehe Kältetherapie A13 C6 Hydrotherapie C14 I Immunmodulatoren (siehe auch Zytokine) Immunsystem Immunzellen Gelenkinnenhaut (Synovialmembran) Interferon A4, A5, A9, A10, A18, C15 Gelenkprothese • Hüfte • Knie • Lebensdauer • Lockerung A16, D4 Kollagenose C7 L Labortest B4, B9 Leflunomid (LE) C2, C7 Lunge A5 Lymphknoten A5 A5, B9, C11 C9 C9 C15ff A1, C15 C15 C16 C16 E6 3 11.12.2001, 10:02 Uhr Stichworte M O Magnetresonanztomographie (MRT) Omega-3-Fettsäuren B13 Männer (siehe auch Geschlecht) A14 Massage C13 Medikamente A14, A18, D4 • entzündungshemmende A19 Methotrexat (MTX) C1, C6, D4 Morbus Bechterew A6, A13, A16, A17, D1 Morbus Still Operation • Risiko Paracetamol D6 Muskel A5 Parvoviren siehe Viren Placeboeffekt N Nebenwirkung C5, C6 Nerven A5 Nieren B3 NSAR siehe Antirheumatika Nullstellung, neutrale C20 B1ff, B17, C10 A8, A11, A13 D3 A17 D8ff A3, A11, A21 B9, B10 B7 Rheumaknoten C15 A7 Rheumatologe B15 A10 Rheumazentrum, regionales C4 Risikofaktor Röntgenbild B15 A14 A5, A21 Röntgenuntersuchung B4, B13 C18 Rötelnvirus siehe Viren Polyarthritis, chronische A3, Rundrücken A5, A10, A14, A17, B9, C2, C9 Polymerasekettenreaktion (PCR) B12 Prostaglandine C5 Proteoglykane A4, A9 Schuppenflechte siehe Psoriasis Sehnen A6 S Salmonellen Sauerstoff-Radikal A12 D3 Schiene, Psoriasis (Schuppenflechte) A6 orthopädische C14, D7 Psyche A14 Schmerz A18, B5, C4, D10 A19 Purine D4 • Anlaufschmerz • Entzündungsschmerz A19 Pyrazolone C4 • mechanischer A19 • psychosomatischer A19 Schmerzmedikamente C4 Schmerztagebuch B6 Schmetterlingserythem B7 Rheuma-E-Anhang A12 Sjögren-Syndrom A7 Sklerodermie A7 SLE siehe Systemischer Lupus erythematodes Sneddon-Syndrom B20 Solebad C14 Sonne Sonographie (siehe auch Untersuchung/ Ultraschall) Stammzelltherapie A11 B20, C11 Staphylococcus aureus A12 Stoffwechseldefekte A11 Streptokokken A12 Sulfasalazin B19 Therapie C3ff • Alternativmethoden C17, C18 • Kombinationstherapie C7 • physikalische C13ff • symptomatische C3 • Therapieüberwachung C5 (siehe Verlaufskontrolle) Thermographie B14 Thrombopenie B1 Tissue-Engineering C12 C13 Wassergymnastik D11 Wegener-Granulomatose A7, A14 Weichteilrheumatismus A3, A19, B20, C4 Werlhof-Syndrom B1 Wirbelkörper A5 Wirbelsäule A5, A6 Y A12 C7, C9 Zeckenbisse Übergewicht A11, D4 Zehen Umschulung D2 Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) B16 Zwillinge, eineiige Universitätsklinik C7 Synovektomie C15 A12 A16 A11, C5 A14 B4, B7 Zytokine B14 A9, A12, A21, B11, C7, C9 V Vaskulitiden A7, B19 Verdachtsdiagnose B17 Verfahren, bildgebende A5, A7 Wärmetherapie Yersinien U synergistisch Synovialmembran siehe Gelenkinnenhaut A9, C11 Z Symptom Synovialflüssigkeit siehe Gelenkflüssigkeit A12 Tumor-NekroseFaktor (TNF) Untersuchung • klinische C3 • Ultraschall Systemerkrankung C9 Wachstumsfaktoren TNF siehe TumorA14 Nekrose-Faktor B14 Tuberkelbazillen A6, A17 Sportverletzung Verlaufskontrolle Viren Systemischer Lupus erythematodes (SLE) Vitamin E A7, A14, A16, A17, B1, B4, D13 Szintigraphie E7 A5 Spondylarthritiden W T-Helferzellen Shigellen Rheumafaktor PCR siehe PolymeraseC4 kettenreaktion Muskelrelaxantien C14 A1 Rezeptor B11 C16 • TNF-Rezeptor, löslicher C7 P Pannus Münsterpferdchen D3 Rehabilitation B15 Rheuma • Diagnose Osteoarthrose siehe Arthrose • Erbgut Osteoporose A4 • Ernährung • Häufigkeit Osteotomie C15 • Hilfsmittel • Ursachen Panarteriitis nodosa MTX siehe Methotrexat T Orthopäde C20 Palpation MRT siehe Magnetresonanztomographie R B4 B11 A11, A12 D3 B14 E8 4 11.12.2001, 10:02 Uhr Stichworte M O Magnetresonanztomographie (MRT) Omega-3-Fettsäuren B13 Männer (siehe auch Geschlecht) A14 Massage C13 Medikamente A14, A18, D4 • entzündungshemmende A19 Methotrexat (MTX) C1, C6, D4 Morbus Bechterew A6, A13, A16, A17, D1 Morbus Still Operation • Risiko Paracetamol D6 Muskel A5 Parvoviren siehe Viren Placeboeffekt N Nebenwirkung C5, C6 Nerven A5 Nieren B3 NSAR siehe Antirheumatika Nullstellung, neutrale C20 B1ff, B17, C10 A8, A11, A13 D3 A17 D8ff A3, A11, A21 B9, B10 B7 Rheumaknoten C15 A7 Rheumatologe B15 A10 Rheumazentrum, regionales C4 Risikofaktor Röntgenbild B15 A14 A5, A21 Röntgenuntersuchung B4, B13 C18 Rötelnvirus siehe Viren Polyarthritis, chronische A3, Rundrücken A5, A10, A14, A17, B9, C2, C9 Polymerasekettenreaktion (PCR) B12 Prostaglandine C5 Proteoglykane A4, A9 Schuppenflechte siehe Psoriasis Sehnen A6 S Salmonellen Sauerstoff-Radikal A12 D3 Schiene, Psoriasis (Schuppenflechte) A6 orthopädische C14, D7 Psyche A14 Schmerz A18, B5, C4, D10 A19 Purine D4 • Anlaufschmerz • Entzündungsschmerz A19 Pyrazolone C4 • mechanischer A19 • psychosomatischer A19 Schmerzmedikamente C4 Schmerztagebuch B6 Schmetterlingserythem B7 Rheuma-E-Anhang A12 Sjögren-Syndrom A7 Sklerodermie A7 SLE siehe Systemischer Lupus erythematodes Sneddon-Syndrom B20 Solebad C14 Sonne Sonographie (siehe auch Untersuchung/ Ultraschall) Stammzelltherapie A11 B20, C11 Staphylococcus aureus A12 Stoffwechseldefekte A11 Streptokokken A12 Sulfasalazin B19 Therapie C3ff • Alternativmethoden C17, C18 • Kombinationstherapie C7 • physikalische C13ff • symptomatische C3 • Therapieüberwachung C5 (siehe Verlaufskontrolle) Thermographie B14 Thrombopenie B1 Tissue-Engineering C12 C13 Wassergymnastik D11 Wegener-Granulomatose A7, A14 Weichteilrheumatismus A3, A19, B20, C4 Werlhof-Syndrom B1 Wirbelkörper A5 Wirbelsäule A5, A6 Y A12 C7, C9 Zeckenbisse Übergewicht A11, D4 Zehen Umschulung D2 Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) B16 Zwillinge, eineiige Universitätsklinik C7 Synovektomie C15 A12 A16 A11, C5 A14 B4, B7 Zytokine B14 A9, A12, A21, B11, C7, C9 V Vaskulitiden A7, B19 Verdachtsdiagnose B17 Verfahren, bildgebende A5, A7 Wärmetherapie Yersinien U synergistisch Synovialmembran siehe Gelenkinnenhaut A9, C11 Z Symptom Synovialflüssigkeit siehe Gelenkflüssigkeit A12 Tumor-NekroseFaktor (TNF) Untersuchung • klinische C3 • Ultraschall Systemerkrankung C9 Wachstumsfaktoren TNF siehe TumorA14 Nekrose-Faktor B14 Tuberkelbazillen A6, A17 Sportverletzung Verlaufskontrolle Viren Systemischer Lupus erythematodes (SLE) Vitamin E A7, A14, A16, A17, B1, B4, D13 Szintigraphie E7 A5 Spondylarthritiden W T-Helferzellen Shigellen Rheumafaktor PCR siehe PolymeraseC4 kettenreaktion Muskelrelaxantien C14 A1 Rezeptor B11 C16 • TNF-Rezeptor, löslicher C7 P Pannus Münsterpferdchen D3 Rehabilitation B15 Rheuma • Diagnose Osteoarthrose siehe Arthrose • Erbgut Osteoporose A4 • Ernährung • Häufigkeit Osteotomie C15 • Hilfsmittel • Ursachen Panarteriitis nodosa MTX siehe Methotrexat T Orthopäde C20 Palpation MRT siehe Magnetresonanztomographie R B4 B11 A11, A12 D3 B14 E8 4 11.12.2001, 10:02 Uhr Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unentgeltlich abgegeben. Sie ist nicht zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlbewerbern oder Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen sowie für Wahlen zum Europäischen Parlament. Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen und an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Schrift dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Bundesregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. Rheuma Rheuma-Umschlag+Rücken 1 BMBF PUBLIK BMBF PUBLIK Rheuma Früher erkennen – besser behandeln: Das schmerzende Gelenk im Visier der Forschung 11.12.2001, 10:04 Uhr