http://station2/proceedings/geneva/2003/geissbuhler/pdf.asp

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In: 8ème Congrès de médecine et chirurgie équine - 8. Kongress für Pferdemedezin und -chirurgie - 8th
Congress on Equine Medicine and Surgery, P. Chuit, A. Kuffer and S. Montavon (Eds.)
Publisher: International Veterinary Information Service (www.ivis.org), Ithaca, New York, USA.
Röntgen und Computertomographie des Verdauungstraktes : Die häufigsten
Anwendungen (16-Dec-2003)
U. Geissbühler
Departement für klinische Veterinärmedizin, Röntgenabteilung, Universität Bern, Bern, Switzerland.
Summary
The significance of radiography and computed tomography of the digestive system decreases in equine patients from the
lips to the abdominal cavity due to technical limits. The radiographic study is still considered the first and most important
imaging modality in tooth deseases. In selected cases computed tomography may contribute to the diagnosis. In disorders of
the temporomandibular joint computed tomography has potential advantages over radiography due to the limited number of
technically feasible projections. The evaluation of swallowing problems requires contrast media and fluoroscopy. The
systematic use of abdominal radiography in colic patients has not been established. In foals, ponies and in cases, where a
sand accumulation in the colon is supposed, radiography contributes to worthfull information.
1. Röntgenaufnahmen zur Abklärung der Zähne und Kiefergelenke: Welches ist der beste Projektionswinkel?
In Bezug auf den Digestionsapparat des Pferdes nimmt die Bedeutung von Röntgen- und Schnittbilduntersuchungen (CT
und MRI) von kranial nach kaudal kontinuierlich ab. Kann im kaudalen Teil des Halses und im Thoraxbereich der
Oesophagus wenigstens – wenn auch nur in einer Ebene - noch röntgenologisch dargestellt werden, ist der Bauchraum beim
ausgewachsenen Pferd auch für diese Modalität kaum noch darstellbar.
Die Hauptindikationen der Röntgenuntersuchung des Verdauungstraktes liegen im Bereich der Schneide- und Backenzähne.
Zur röntgenologischen Darstellung der Incisivi gehören eine laterolaterale und eine eingelegte (enorale) dorsoventrale
(Incisivi des Oberkiefers) oder ventrodorsale (Incisivi des Unterkiefers) Projektion. Das Einlegen des Abbildungssytems
wird von den Patienten oft als unangenehm empfunden, insbesondere dann, wenn ein schmezhafter Prozess vorliegt. Die
Kassette muss von einer Hilfsperson mit den Händen fixiert werden und wird zum Schutz vor Blut und Speichel in eine
Plastikfolie eingewickelt. Aus Gründen des Strahlenschutzes und zur Verminderung der Schmerzzuführung sind die
Patienten zu sedieren.
Obschon die Incisivi leicht adspektorisch untersucht werden können, erfordert eine Therapie meist eine röntgenologische
Untersuchung. Die zusätzlich gewonnenen Informationen betreffen Zahnwurzel, Zahnfach und umliegenden Knochen.
Anhand von Beispielen werden Weichteilläsionen, Zahn- und Zahnfachfrakturen, Zahnfachentzündungen und Neoplasien
diskutiert.
Häufiger als die Incisivi erkranken beim Pferd die Backenzähne. Allerdings führen diese Erkrankungen nicht in jedem Fall
zu Fress- und Kaustörungen. Vielmehr werden diese Patienten wegen stinkendem Nasenausfluss vorgestellt. Die Ursachen
dieser Erkrankungen sind vielfältig und reichen von Zahnaustrittsproblemen (Verkeilen, Fehlstellung), Infundibularnekrosen
mit Eintreten von Futterbestandteilen via Pulpahöhle in den Alveolarbereich und Zahnfrakturen über maxilläre und
mandibuläre Frakturen mit Zahnfachbeteiligung bis zu Neoplasien, die vom Knochen, von den Weichteilen oder vom Zahn
selber ausgehen können. Da die Maulinspektion manchmal erschwert ist (z.B. bei jungen Pferden) kann die radiologische
Abklärung auch zur Beurteilung der Kauflächen beigezogen werden (Wellen- und Stufengebiss, Haken, Kappen).
Eine Standardröntgenuntersuchung der Backenzähne umfasst eine laterolaterale, eine dorsoventrale und eine
Schrägaufnahme. Die Schrägaufnahme für die Oberkieferbackenzähne wird mit einem dorso 30º latero-ventrolateral
schrägen Strahlengang angefertigt. Die zu untersuchende Zahnreihe ist plattennah anzubringen. Die Backenzähne des
Unterkiefers, insbesondere die Praemolaren, sind etwas schwieriger darstellbar. Wählt man den Winkel zu steil, sind die
Zähne stark verzerrt und beinahe in der Aufsicht abgebildet. Ist der Winkel zu gering, stören die kontralateralen Zähne, weil
die nach kranial sich verringernde Distanz zwischen den Mandibularästen zu einer geringeren Separierung zwischen den
linken und rechten Unterkieferbackenzähne führt. Die dorsoventrale Aufnahmerichtung liefert für die Beurteilung der
Unterkieferbackenzähne nur geringe Informationen. Neben den beschriebenen Aufnahmerichtungen werden in der Literatur
noch andere Schrägprojektionen empfohlen. Wichtig ist die Reproduzierbarkeit derartiger Aufnahmen, damit bei
Verlaufsuntersuchungen Vergleiche angestellt werden können.
Obschon der Titel meiner Präsentation nur die Diskussion der häufigsten Anwendungen von Röntgen und CT vorsieht,
möchte ich Ihnen die Möglichkeit der radiologische Darstellung der Kiefergelenke nicht vorenthalten: Kiefergelenke sind
auch beim Pferd mittels Schrägaufnahmen darstellbar. Die Winkelabweichung vom laterolateralen Strahlengang ist
allerdings sehr gering (kaudo 5º lateral-kraniolateral schräg). Dabei wird das abbildungsnahe Kiefergelenk kaudal des
plattenfernen Gelenkes abgebildet. Daneben gehört eine korrekte laterolaterale Aufnahme zur Standarduntersuchung. Die
ventrodorsale oder dorsoventrale Aufnahme trägt hingegen nicht viel zur Abklärung bei. Die Aufnahmen sind bei
inkorrekter und unvollständiger Okklusion, bei Kiefersperre und bei ungeklärten Fress- und Kaustörungen indiziert.
2. Warum noch Kopfröntgen? Heutzutage gibt es doch CT und MRI?
Seit CT und MRI in der Pferdemedizin Einzug gehalten haben, könnte man versucht sein, die klassische Radiologie des
Kopfes zu vergessen. Es ist richtig, dass die überlagerungsfreien Schnittbilder bezüglich Informationsgehalt Röntgenbildern
in gewissen Fällen überlegen sind. Nach wie vor ist aber die Verfügbarkeit auf einige Kliniken limitiert. Die Tatsache, dass
sowohl die Computer- wie auch die Magnetresonanztomographie einer Allgemeinanästhesie bedürfen, lässt das klassische
Röntgenbild nicht aussterben und stellt dieses meist an den Anfang einer bildgebenden Untersuchung. Die
Untersuchungskosten für sämtliche dieser neuen Untersuchungsmethoden sind zudem höher als für eine Serie
Röntgenbilder. Trotzdem kann sich eine Computertomographie in bestimmten Fällen aufdrängen. Die Indikationsliste
beinhaltet unklare radiologische Befunde, Läsionen mit rezidivierendem Charakter, komplizierte Mehrfragmentfrakturen
von Mandibula und Maxilla, postoperativ persistierende Fistulierung und Wundsekretion und Kiefergelenkaffektionen. Die
Computertomographie ist der klassischen Röntgentechnik insbesondere bei der Erkennung von Zahnwurzelfrakturen,
sagittalen Zahnfrakturen, diskreten Knochenveränderungen und Kiefergelenkaffektionen überlegen. Weiter hilft sie bei der
Beurteilung der genauen Ausdehnung von Läsionen und trägt zum besseren räumlichen Verständnis bei.
Wie gesagt bedarf eine Computertomographie einer Allgemeinanästhesie. Die Lagerung auf dem Patiententisch ist
entscheidend. Eine Ausrichtung des Kopfes mit der Sagittalebene genau senkrecht zur Schnittebene führt zur gleichzeitigen
symmetrischen Abbildung von Strukturen der rechten und linken Gesichtshälfte, was die Beurteilung einer Studie ungemein
erleichtert. Diese Position gelingt einfacher, wenn der Schädel nicht um die Sagittalachse rotiert ist. Nach einem
Übersichtsbild wird eine Nativstudie in einem Knochenalgorithmus mit einer Schnittdicke von 3 - 5 mm angefertigt. Eine
Überlappung der einzelnen Schnitte führt zu einer besseren Qualität der Rekonstruktionsaufnahmen (planar, 3D).
Insbesondere beim Vorliegen einer Weichteilmasse wird im Anschluss an die Nativstudie eine Kontrastmittelstudie
angefertigt. 700 – 800 mg Jod pro Kilogramm Körpergewicht als handinjizierter Bolus appliziert, geben Aufschluss über die
Perfusionsverhältnisse im Untersuchungsbereich. Die Durchsicht der Schnittbilder erfolgt bei unterschiedlicher Fensterung
(Veränderung von Kontrast und Helligkeit, z.B. Weichteil- und Knochenfenster). Anhand einiger Beispiele soll der Einsatz
der Computertomographie bei Erkrankungen der Zähne, der Maxilla, der Mandibula und der Kiefergelenke demonstriert
werden.
3. Schluckstörungen und Bolustransport im Oesophagus: Tücken der Kontrastmittelverabreichung
Die Abklärung von Schluckstörungen bedingt bei Pferden erhöhte Anforderungen an das Abbildungssystem; Pharynx,
Larynx und Oesophagus lassen sich zwar durch Röntgenaufnahmen statisch in laterolateraler Projektion darstellen.
Funktionelle Untersuchungen bedürfen dagegen einer Fluoroskopieeinheit. Dabei erweist sich der C-Bogen als unhandlich
und träge; zudem ist die Untersuchung wegen des kleinen Expositionsfeldes stark eingeschränkt. Andere
Fluoroskopieeinrichtungen für Pferde sind schlecht verfügbar (allenfalls in Kliniken vorhanden). Zudem kämpft man bei
diesen Untersuchungen mit den Tücken der Kontrastmittelapplikation. Falls der eigentliche Schluckakt nicht interessiert,
kann das Kontrastmittel via Nasenschlundsonde direkt in den hochzervikalen Teil des Oesophagus appliziert werden. Will
man auch den Schluckakt beurteilen, bereitet man einen Futterbrei mit Barium vor und hofft auf die spontane Akzeptanz
seitens des Patienten. Da sedierte Pferde kaum Fressen, stellt die Fluoroskopie des Pharynx, Larynx und Oesophagus eine
echte Herausforderung dar. Jedenfalls ist es empfehlenswert, auch normale Röntgenbilder anzufertigen.
Zur Darstellung der Mucosa empfiehlt sich prinzipiell die Verwendung einer Bariumpaste. Im übrigen kann
Bariumsuspension oder ein ionisches, jodhaltiges, wasserlösliches Kontrastmittel verwendet werden. Bei Aspirationsgefahr
ist Barium weniger problematisch als ionisches jodhaltiges Kontrastmittel; letzteres kann ein Lungenödem verursachen.
Barium verursacht hingegen auf der Pleura und im Mediastinum starke entzündliche Reaktionen und sollte daher bei
Verdacht auf eine Oesophagusruptur nicht verwendet werden. Die häufigsten Ursachen für Schluckstörungen und
Regurgitieren sind funktioneller Natur. Das Kontrastmittel bleibt dann über längere Zeit im Oesophagus liegen. Andere
Ursachen sind Strikturen zum Beispiel nach Traumatisierung des Oesophagus (Aufweichen und Beheben einer
Schlundverstopfung).
Als Ergänzung sei hier die Dokumentation von Schluckstörungen mittels Szintigraphie erwähnt: Dem Pferd wird ein mit Tc99 Pertechnetat versetzter Futterbrei verabreicht und der Schluckakt und oesophageale Transport mit der Gammakamera
festgehalten. Eine dynamische Erfassung ist möglich. Der Vorteil liegt vor allem im recht grossen Aufnahmefeld der
Kamera. Zudem ist keine externe Strahlenquelle nötig, da das Pferd selbst als Strahlenquelle dient; dies vereinfacht die
Aufzeichnung des Bolustransportes erheblich.
4. Abdomenröntgen: Lohnt sich das?
Einige wenige Berichte und Studien findet man zum Abdomenröntgen beim Pferd im Rahmen der Kolikabklärung. Die
häufigste Indikation dazu sind sogenannte Sandkoliken, welche vor allem in einigen Teilen Nordamerikas auftreten,
während sie in Europa praktisch unbekannt sind. Hingegen kann eine abdominale Röntgenstudie beim Fohlen zum Beispiel
beim Vorliegen einer Atresia ani, eines Tricho- oder Phytobezoars oder einer Obstipation zur Diagnosefindung beitragen.
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