Schweizerische chemische und pharmazeutische Industrie scienceindustries ' 2012 scienceindustries Nordstrasse 15 Postfach CH-8021 Zürich Telefon: +41 44 368 17 11 Fax: +41 44 368 17 70 E-Mail: [email protected] www.scienceindustries.ch Inhaltsverzeichnis Einleitung Geleitwort: Innovationsfähigkeit als Schlüssel zum Erfolg Chemie und die chemische Industrie Schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie 1 1 3 4 Die schweizerische chemisch- pharmazeutische Industrie auf den Weltmärkten Weltweite Verkäufe Führende Exportnationen Ausrichtung auf 'life-science'-Produkte und Spezialitäten Zunehmende Spezialisierung Zunehmende Fokussierung der Unternehmen Weltweit führende Firmen Spitzenränge in einzelnen Marktsegmenten Weltweite Präsenz Weltkarte der Direktinvestitionen Personal im Ausland Direktinvestitionen im Ausland nehmen an Bedeutung zu 5 5 6 7 8 10 11 11 14 14 15 16 Innovation als Lebensnerv Innovation als Basis für den wirtschaftlichen Erfolg Hohe Forschungsintensität International vernetzte Forschung Stark steigende Kosten für Forschung und Entwicklung Dichtes regulatorisches Umfeld 17 17 22 23 24 25 Die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Schweiz Die Schweiz: ein wichtiger Forschungsplatz Ausgaben für F&E in der Schweiz Beschäftigte in F&E in der Schweiz Exporte finanzieren die F&E-Ausgaben in der Schweiz Hohe Aussenhandelsabhängigkeit Import und Export sind lebenswichtig Wichtige Exportindustrie ... ... wird immer wichtiger Bedeutender Aussenhandelsüberschuss Produktion und Beschäftigung Beitrag zum Bruttoinlandprodukt Dynamische Industrie Wichtiger Arbeitgeber im Industriebereich Grössenstruktur der Betriebe in der Schweiz 27 27 27 28 29 30 30 31 32 33 35 35 36 37 38 RESPONSIBLE CARE - Fortschritt mit Verantwortung Das Programm Grundsätze für Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz Kenndaten als Leistungsindikatoren Arbeitssicherheit Energieverbrauch CO2-Emissionen VOC-Emissionen Wasserverbrauch 40 40 41 42 43 44 45 46 47 i scienceindustries - im Dienste der Industrie ii 48 Einleitung Geleitwort: Innovationsfähigkeit als Schlüssel zum Erfolg • für die chemische-pharmazeutische Industrie Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist seit über 150 Jahren in der Schweiz vertreten. Die Enge des schweizerischen Binnenmarktes und der Mangel an chemischen Rohstoffen hat die chemisch-pharmazeutische Industrie schon bald bewogen, ihre Tätigkeiten auf die Herstellung und den weltweiten Verkauf spezialisierter Chemikalien mit hoher Wertschöpfung auszurichten. Trotz allem Wandel im Zeitenlauf ist diese Grundausrichtung nach wie vor der eigentliche Schlüssel zum Erfolg der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Industrie, die sich heute schwergewichtig auf die Herstellung und Vermarktung von 'life science'-Produkten sowie hochwertigen Spezialitätenchemikalien fokussiert. Wirtschaftlicher Erfolg ist nie für alle Zeiten gesichert. Die Industrie hat sich immer wieder den Herausforderungen der Zeit stellen müssen. Gegenwärtig erlebt die chemisch-pharmazeutische Industrie einen gewaltigen Umbruch in der Weltwirtschaft. Die unerwartet rasche Öffnung vieler osteuropäischer und südostasiatischer Märkte sowie die unaufhaltsame technologische Revolution in der Bio- und Gentechnik, in der Informatik und in der Telekommunikation schaffen ein neues weltwirtschaftliches Umfeld. Diesen veränderten Gegebenheiten müssen sich auch die schweizerischen Unternehmen anpassen. Bestehende Produktions-Standorte werden weltweit unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsvorteile überprüft. Unternehmerische Neuausrichtungen und Umgruppierungen sind unumgänglich, um im verschärften internationalen Wettbewerb erfolgreich zu bestehen. Die Stärken der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Industrie lagen von jeher in der Innovation und im raschen Reagieren auf Veränderungen in ihrem in- und ausländischen Umfeld. Eine rein defensive Unternehmensstrategie, die ausschliesslich auf mehr Effizienz, auf Rationalisierung und Kostensenkungen setzt, würde zu kurz greifen. Sie muss in der chemisch-pharmazeutischen Industrie durch ein starkes Innovationselement zur Doppelstrategie 'Kosten senken - Innovationsfähigkeit steigern' ergänzt und ausgebaut werden. Innovationsfähigkeit ist und bleibt die wichtigste Voraussetzung für den künftigen wirtschaftlichen Erfolg. Innovationen sind heute aber nicht nur bei Produkten und Herstellverfahren nötig, sondern auch bei den administrativen Abläufen und Organisationsstrukturen. Ideen müssen heute besser, schneller und kostengünstiger in marktreife Produkte und Leistungen umgesetzt werden. Damit sind Innovationen nicht mehr nur vom wissenschaftlichen Niveau einzelner Spitzenforscher abhängig, sondern werden immer mehr von der Qualifikation der gesamten Belegschaft bestimmt. Ein wichtiger Aspekt moderner Unternehmensführung in der chemisch-pharmazeutischen Industrie ist der Trend zur Bildung äusserst wettbewerbsfähiger, auf ihre Kernkompetenzen ausgerichteter Unternehmen, die alle Elemente der gesamten Wertschöpfungskette vom Rohstoff bis zum Endprodukt kontrollieren, ohne sie zu besitzen. Durch die Koordination der Zusammenarbeit vieler eigenständiger Firmen entstehen eigentliche virtuelle Grossunternehmen. Jedes Glied in der Wertschöpfungskette konzentriert sich in diesem Firmennetzwerk auf seine spezifischen Stärken und pflegt diese. Die Arbeitsteilung vertieft sich entlang den komparativen Vorteilen der einzelnen Firmen. Während sich die hochspezialisierten Chemie- und Pharmafirmen auf die innovativen und koordinativen Tätigkeiten beschränken und 1 Einleitung personalmässig schrumpfen, wächst durch das Outsourcing ihre Peripherie von Geschäftspartnern, Lieferanten, Händlern, Laboratorien usw. Die sich bietenden Nischen lassen eine ganze Reihe kleinerer und mittlerer Unternehmen im In- und Ausland ihr Auskommen als spezialisierte Zulieferer und Dienstleister finden. • für die Schweiz Das veränderte weltwirtschaftliche Umfeld stellt aber auch für die Staaten eine grosse Herausforderung dar. In einer Welt, in der alle Produktionsfaktoren mit Ausnahme der Arbeit mobil geworden sind, gilt es für die Schweiz, international herausragende Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen, wenn Wohlstand und Wohlfahrt der Bürgerinnen und Bürger gesichert werden sollen. Auch für die Staaten ist die Doppelstrategie 'Kosten senken Innovationsfähigkeit fördern' massgebend. scienceindustries begrüsst ausdrücklich die Bemühungen zur marktwirtschaftlichen Erneuerung der schweizerischen Wirtschaft. Sie erhofft sich von dieser Revitalisierung eine Belebung des Wettbewerbs und einen günstigen Einfluss auf das im internationalen Vergleich überhöhte Preis- und Kostenniveau in der Schweiz. Gleichzeitig ist in der Schweiz die Innovationsfähigkeit der Unternehmen durch geeignete staatliche Rahmenbedingungen zu stärken. Der Staat darf insbesondere das Vordringen in neue Wissensgebiete und Technologien und deren industrielle Nutzung in der Schweiz nicht verzögern oder gar verunmöglichen. Vielmehr muss er zu einem Klima der Offenheit für das Neue beitragen. Eine zentrale Rolle für die Zukunft der chemisch-pharmazeutischen Industrie kommt der Biotechnologie zu. Sie ist eine moderne Schlüsseltechnologie, die in allen Wissenschaftsgebieten der chemisch-pharmazeutschen Industrie von der Forschung bis zur Produktion unverzichtbar ist. Für die Anwendung dieser Technik in der Schweiz benötigt die Industrie verlässliche rechtliche Leitplanken. Wissenschaft und Industrie müssen sich noch verstärkt anstrengen, um die Bevölkerung vom Nutzen der Gentechnik im täglichen Leben zu überzeugen. Misstrauen lässt sich nur durch offene Information abbauen, Akzeptanz nur durch Ehrlichkeit gewinnen. Schliesslich muss eine moderne Schweiz auch ihre institutionellen Beziehungen zur Weltwirtschaft bzw. zu ihren wichtigsten Handelspartnern auf eine Basis stellen, die den neuen wirtschaftlichen Herausforderungen gerecht wird. Dazu gehört in erster Linie das Engagement der Schweiz, tatkräftig zur Vertiefung und Stärkung des multilateralen Handelssystems der Welthandelsorganisation WTO beizutragen. Dazu gehört aber auch eine der Zeit angepasste Regelung der Beziehungen zur Europäischen Union. 2 Einleitung Chemie und die chemische Industrie Die Chemie ist die Wissenschaft von den Stoffen und ihren Eigenschaften, ihrer Zusammensetzung und Herstellung sowie ihrer Umwandlungen und Wechselwirkungen. Die Disziplin gliedert sich in verschiedenste Sparten, wie z.B. anorganische Chemie, organische Chemie, Biochemie, pharmazeutische Chemie, Agrochemie und Lebensmittelchemie. Aufbauend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen besteht die Haupttätigkeit der chemisch-pharmazeutische Industrie in der Umwandlung verschiedenster Ausgangsstoffe in Substanzen mit neuen chemischen, physikalischen und biologischen Eigenschaften. Die chemisch-pharmazeutsche Industrie lässt sich grob in Basis- und Spezialitätenchemie einteilen. In der Basischemie werden in erster Linie das Erdöl, aber auch Mineralien und Metalle, als Ausgangsstoffe für die Herstellung von einfacheren Chemikalien verwendet. Die Spezialitätenchemie stellt eine Vielzahl hochwertiger Chemikalien her, die in den verschiedensten Bereichen verwendet werden. Chemisch-pharmazeutische Industrie leisten einen grossen Beitrag zum Lebensstandard Durch ihre Produkte und Tätigkeiten leistet die chemisch-pharmazeutische Industrie einen entscheidenden Beitrag zum Leben des modernen Menschen; sie befriedigt die Bedürfnisse nach Gesundheit (Medikamente, Diagnostika), Nahrung (Düngemittel, Pflanzenbehandlungsmittel, Zusatzstoffe), Bekleidung (Farbstoffe, Fasern) und viele andere. In vielen Produkten des täglichen Bedarfs steckt ein überraschend hoher Anteil an Chemikalien wie die nachfolgende Grafik zeigt: 3 Einleitung Schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie Die schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie ist praktisch ausschliesslich im Bereich der Spezialitätenchemie tätig. Der Anteil der Spezialitäten am Gesamtproduktportfolio der schweizerischen Industrie beträgt heute weit über 90 %, was im internationalen Vergleich bemerkenswert ist. Dementsprechend ist sie eine ausserordentlich vielseitige Industrie, stellt sie doch über 30'000 Produkte her! Der Weltjahresbedarf für einzelne dieser Spezialitäten liegt oft bei wenigen Tonnen oder sogar wesentlich darunter. Ausgehend von den Anwendungsbereichen lassen sich in folgende Produktgruppen unterscheiden: • • • • • • • Pharmazeutika und Diagnostika Feinchemikalien Vitamine Aromen und Duftstoffe Pflanzenbehandlungsmittel Spezialitätenchemikalien für industriell-technische Zwecke Pigmente, Farben und Lacke Die Spezialitätenstrategie ist der Schlüssel zum Erfolg der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Industrie. Mit ihren hochwertigen Spezialitätenprodukten haben die schweizerischen Firmen weltweite Präsenz und oft sogar Marktführerschaft errungen. Forschung und Entwicklung sowie deren Umsetzung in neue Produkte, Verfahren und Organisationsformen sind der Lebensnerv der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Industrie. Ausgehend von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden versuchen die Unternehmen unablässig, neue Produkte und Verfahren zu entwickeln, welche bisherige und künftige Kundenbedürfnisse befriedigen. Die namhaften Forschungsinvestitionen können nur getätigt werden, wenn die Unternehmen darauf hoffen dürfen, dass sich ihre Investitionen dereinst auszahlen werden. Die Verkaufserlöse der heutigen Produkte ermöglichen es den Firmen, ihre Forschungsaufwendungen zu finanzieren. Die wichtigste Zutat für diesen innovativen Prozess ist das in einer Unternehmung verfügbare wissenschaftliche und technologische Wissen und Können ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ihre Arbeit ist entscheidend für den Erfolg eines Forschungs- oder Entwicklungsprojektes. Darüber hinaus muss das Unternehmen auch die nötige Forschungsinfrastruktur bereitstellen und mit einem zeitgemässen Führungsstil eine offene, kreative Atmosphäre schaffen. Trotzdem ist der wissenschaftliche Erfolg weder planbar noch garantiert. Das Risiko des Scheiterns lässt sich durch gutes Forschungsmanagement zwar verringern, dennoch bleiben Investitionen in die Forschung im Vergleich zu Sachinvestitionen mit hohem Risiko behaftet. 4 Die schweizerische chemisch- pharmazeutische Industrie auf den Weltmärkten Weltweite Verkäufe Weltumsatz der "top ten" der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Firmen Total 2011: 149.2 Mrd. CHF Die Unternehmen der schweizerischen chemische-pharmazeutischen Industrie sind als Anbieter von Spezialitäten auf den Weltmärkten vertreten. Die schweizerische chemische-pharmazeutische Industrie ist eine ausgeprägt international ausgerichtete Branche. Besonders deutlich zeigt dies die geografische Gliederung der Verkäufe. Die Umsätze verteilen sich fast gleichgewichtig auf Europa und Amerika mit je einem Anteil von etwa 40 %, der Rest fällt vorwiegend auf Asien; der schweizerische Heimmarkt ist sehr klein. Die weltweite Vermarktung ist ein wesentlicher Bestandteil der Spezialitätenstrategie, die auf der Herstellung und dem Verkauf innovativer Produkte mit hoher Wertschöpfung beruht. Die schweizerischen Firmen sind seit Jahrzehnten auf den Weltmärkten präsent, und zwar nicht nur die grossen multinationalen Unternehmen, sondern auch viele KMU, die eine erfolgreiche Nischenstrategie verfolgen. 5 Die schweizerische chemisch- pharmazeutische Industrie auf den Weltmärkten Führende Exportnationen Mrd. EUR Die Schweiz ist eine führende Chemie-Exporteurin. Mit einem Anteil von etwa 5 % am Weltexport chemisch-pharmazeutischer Produkte ist die kleine Schweiz die 8. grösste Exportnation der Welt. Diese führende Stellung der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Industrie ist umso erstaunlicher als die Schweiz als Land nach ihrer Fläche den Rang 147 und nach ihrer Bevölkerungszahl den Rang 95 einnimmt. Gemessen an ihrem Bruttoinlandprodukt erreicht die Schweiz allerdings schon Rang 33. 6 Die schweizerische chemisch- pharmazeutische Industrie auf den Weltmärkten Ausrichtung auf 'life-science'-Produkte und Spezialitäten Weltumsatz der "top ten" der schweizerisch-chemischen und pharmazeutischen Firmen Total 2011: 149.2 Mrd. CHF Die schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie ist eine Herstellerin von Spezialitäten mit Schwergewicht auf "life science"-Produkten. Die Gliederung der Umsätze nach Sparten zeigt die klare Ausrichtung der Branche auf Spezialitäten. Etwa drei Viertel des Produkteportfolios entfallen auf sog. "life science"-Produkte, also Produkte, die in Stoffwechselvorgänge lebender Organismen eingreifen. Darunter fallen insbesondere die Pharmazeutika, die Vitamine, die Feinchemikalien, die Diagnostika sowie die Pflanzenbehandlungsmittel. • Pharmazeutika: verschreibungspflichtige und rezeptfreie Medikamente (patentierte Produkte oder Generika) sowie deren Wirkstoffe zur Weiterverarbeitung in Fertigprodukte. • Diagnostika: Medizinprodukte, die dem Arzt helfen, zusätzliche Informationen für die Behandlung zu gewinnen. • Vitamine, Aromen und Riechstoffe: keine konsumbereiten Produkte, sondern sogenannte "bulk products", die bei der Herstellung von Pharmazeutika, Lebensmitteln, Futtermitteln sowie für Kosmetikprodukte und Parfümeriewaren verwendet werden. • Pflanzenbehandlungsmittel: Herbizide, Fungizide und Insektizide (sowie deren Wirkstoffe), in erster Linie für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Produktion. • Spezial- und Feinchemikalien: Vielzahl hochspezialisierter Produkte, die häufig in relativ kleiner Menge und nach den spezifischen Bedürfnissen einzelner Kunden hergestellt werden. Der fachtechnischen Beratung der Kunden kommt bei diesen Erzeugnissen in der Regel eine grosse Bedeutung zu. 7 Die schweizerische chemisch- pharmazeutische Industrie auf den Weltmärkten Zunehmende Spezialisierung Anteil der Spezialitäten am Export In den letzten zwei Jahrzehnten haben die Pharmazeutika an Bedeutung gewonnen. Die schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie hat sich in den letzten Jahrzehnten rasch und deutlich in Richtung höherwertiger Produkte entwickelt. Insbesondere ist die pharmazeutische Sparte wichtiger geworden: Ihr Anteil an den Gesamtexporten der chemisch-pharmazeutischen Industrie ist seit 1980 von 40 % auf 81 % gewachsen. Exportwachstum 1980 - 2011 (1980 = 100%) Von 1980 bis 2011 sind die Exporte von pharmazeutischen Produkten, Vitaminen und Diagnostika von 100 % auf über 1600 % gestiegen. In den anderen Bereichen war der Anstieg mit 130 % bis 400 % moderater. (Ab 1988 sind in den Exporten von pharmazeutischen 8 Die schweizerische chemisch- pharmazeutische Industrie auf den Weltmärkten Produkten und von Pflanzenschutzmittel auch Zwischenprodukte enthalten. Dadurch hat sich der Anteil bei den organischen Roh- und Grundstoffen reduziert.) 9 Die schweizerische chemisch- pharmazeutische Industrie auf den Weltmärkten Zunehmende Fokussierung der Unternehmen Entwicklung am Beispiel der Basler Unternehmen (1970-2010) Die Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie fokussieren sich zunehmend auf ihre Kernkompetenzen. Die zunehmende Ausrichtung der Firmen auf ihre Kernkompetenzen veränderte die chemisch-pharmazeutische Industrie der Schweiz nachhaltig. Die konsequent fortgesetzte Spezialisierungsstrategie führte nicht nur dazu, dass sich die Unternehmen verstärkt wertschöpfungsintensiven Produkten der "life science" oder der Spezialitätenchemie zugewandt haben. Sie löste gleichzeitig auch eine anhaltende Umorganisation der Unternehmens- und der Branchenstrukturen aus. Aus breiten, diversifizierten Chemieunternehmen ist eine ganze Reihe auf bestimmte Segmente fokussierter Firmen entstanden, die auf sehr unterschiedlichen Märkten mit sehr unterschiedlichen Produkten auftreten. Exemplarisch wird diese Strukturänderung durch die vereinfacht aufgezeigten Umstrukturierungen der Basler chemisch-pharmazeutischen Industrie in den 90er Jahren verdeutlicht. Gleichzeitig ist in den letzten Jahren ein neuer Industriezweig neben der chemisch-pharmazeutischen Industrie entstanden: die Biotechnologie-Unternehmen. Als Basistechnologie wird die Bio- und Gentechnologie zwar in den verschiedensten Gebieten der gesamten Industrie eingesetzt. Neben diesem Einsatz als Forschungs- und Produktionsinstrument hat sich in den letzten Jahren aber auch eine Anzahl reiner Biotechnologie-Unternehmen gebildet. Gemäss einer Studie von Ernst&Young (2003) hat sich die Anzahl dieser Unternehmen in der Schweiz von 1998-2003 von 70 auf über 210 verdreifacht. Diese jungen Firmen - oft von Forschern aus der Industrie oder von den Hochschulen als "start ups" gegründet - erwirtschaften inzwischen rund 4.3 Mrd. CHF und beschäftigen etwa 11'000 Personen in der Schweiz. Damit bilden diese Unternehmen einen immer wichtiger zu nehmenden Wirtschaftsfaktor. 10 Die schweizerische chemisch- pharmazeutische Industrie auf den Weltmärkten Weltweit führende Firmen Spitzenränge in einzelnen Marktsegmenten Die Spezialitätenstrategie hat sich im Verlaufe der letzten Jahrzehnte als äusserst erfolgreich erwiesen. Einigen Unternehmen ist es gelungen, durch herausragende Leistungen in Forschung, Entwicklung, Produktion und Marketing an die Weltspitze der Unternehmen oder zumindest in die Spitzengruppe vorzudringen. In ihren spezifischen Geschäftsfeldern, sei es in einzelnen Bereichen der "life science"-Produkte oder der Spezialitätenchemie, sind die schweizerischen Firmen häufig weltweit führend. Dieser Erfolg der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Industrie lässt sich durch die Auflistung einiger Marktsegmente dokumentieren, in welchen bekannte schweizerische Firmen eine weltweit führende Position errungen haben. Selbstverständlich kann diese nach Sparten gegliederte Zusammenstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, beschränkt sie sich doch auf die international bekanntesten schweizerischen Unternehmen. Die Unternehmen der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Industrie nehmen in vielen Marktsegmenten eine weltweit führende Stellung ein. Agribusiness: • Pflanzenbehandlungsmittel (Syngenta) • Saatgut für Feldkulturen, Gemüse und Blumen (Syngenta) Aromen und Riechstoffe: • Aromen (Firmenich, Givaudan) • Riechstoffe (Firmenich, Givaudan) Diagnostika: • • • • • • • Diabetes (Roche) E-Health Solutions (Roche) Immunchemie (Roche) klinische Chemie (Roche) molekulare Diagnostik (Roche) Blood Screening, Women's health, Genomics, Mikrobiologie und Virologie (Roche) Patient Care (Roche) Feinchemikalien: • Diketen und Blausäure sowie deren Derivate (Lonza) • Exklusive Herstellung von Wirkstoffen und Zwischenprodukten für die "life science"-Industrie (Lonza, Siegfried) • Futtermittelzusätze (DSM) • Indolderivate und Tetrazole (Dottikon Exclusive Synthesis) • Nischenprodukte (Wirkstoffe) und staatlich kontrollierte Substanzen (Siegfried) • Nitratester (Dottikon Exclusive Synthesis) 11 Die schweizerische chemisch- pharmazeutische Industrie auf den Weltmärkten • Sicherheitskritische Exklusivsynthesen unter ISO, GMP oder full GMP Bedingungen (Dottikon Exclusive Synthesis) • Wirkstoffe, Dossiers und Fertigformulierungen für Generika-Unternehmen (Siegfried) Pharma: • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Anaemie (Roche) Antibiotika (Roche) Atemweg-Erkrankungen (Novartis) Cephalosporin Antibiotika, Antiinfektiva (Roche) Dermatologie, Retinoide (Novartis und Roche) Endokrine Erkrankungen (Novartis) Erkrankung der Knochen (Novartis) Hämatologie (Novartis) Herz-Kreislauferkrankungen (Novartis und Roche) Hormonersatz-Therapie (Novartis) Krankheiten des Zentralnervensystems (Novartis und Roche) Krebsmedikamente (Novartis und Roche) Malaria-Präparate (Roche) Medikamente gegen AIDS (Roche und Merck Serono) Multiple Sklerose (Merck Serono) Ophthalmologie (Novartis) Osteoporose (Roche) Parkinson-Präparate (Roche) Rheumatismus (Novartis und Roche) Stoffwechselerkrankungen (Roche) Transplantation (Novartis und Roche) Unfruchtbarkeit (Merck Serono) Urologie (Roche) Virale Erkrankungen: HIV, Hepatitis, Grippe (Roche) Wachstumsstörungen (Merck Serono) Spezialitätenchemie: • • • • • • • • • • • • • • • Aluminium-Farbstoffe (Clariant) Antimikrobica (BASF) Bauchemie (Sika) Biozide (Lonza) optischen Informationsspeicherung (BASF) Cellulose-Methylaether (Clariant) Imaging- und Lackadditive (BASF) Kunststoffadditive (BASF) Masterbatches (Clariant) Optische Aufheller (BASF) Papier-Farbstoffe (Clariant) Pigmente (BASF, Clariant) Reaktivfarbstoffe (BASF) Schmierstoff-Additive (BASF) Textil-Chemikalien (BASF, Clariant) 12 Die schweizerische chemisch- pharmazeutische Industrie auf den Weltmärkten • Textil-Farbstoffe (BASF, Clariant) • UV-Schutzfilter (BASF) Vitamine: • • • • Carotinoide (DSM) Niacin, Niacinamid (Lonza) L-Carnitin (Lonza) verschiedene Vitamine (DSM) 13 Die schweizerische chemisch- pharmazeutische Industrie auf den Weltmärkten Weltweite Präsenz Weltkarte der Direktinvestitionen Die Unternehmen der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Industrie sind in über 80 Ländern mit Direktinvestitionen vertreten. Die Industrie hat die internationale Präsenz ihrer innovativen Produkte seit Beginn dieses Jahrhunderts durch Direktinvestitionen in über 80 Ländern gefestigt. Der Buchwert dieser Direktinvestitionen erreichte 2002 mit über CHF 62 Milliarden einen Anteil von 45,8 % aller Direktinvestitionen der schweizerischen Industrie. Die schweizerischen Firmen unterhalten in fast allen Ländern der Welt Verkaufsorganisationen. Aus Kostengründen konzentrieren die Unternehmen ihre Produktion auf möglichst wenige Standorte. Forschung wird schwergewichtig in Zentren in Europa, in den USA und in Japan betrieben. 14 Die schweizerische chemisch- pharmazeutische Industrie auf den Weltmärkten Personal im Ausland Personal nach Regionen der "top ten"-Firmen Total 2011: 354'500 Personen Weltweit vertreten mit starkem Bein in der Schweiz. Der Standort Schweiz bleibt wichtig. Die Aufgliederung des Personalbestandes der zehn grössten Unternehmen der Branche zeigt dies deutlich: rund 13 % des weltweit beschäftigten Personals hat seinen Arbeitsplatz in der Schweiz. Die Firmen der Branche beschäftigen in ihren Niederlassungen und Tochtergesellschaften ausserhalb der Schweiz rund 308'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In der Schweiz beschäftigt die gesamte chemisch-pharmazeutische Industrie gegenwärtig (2011) rund 65'000 Personen. Rund die Hälfte des Personals wird in kleineren und mittleren Unternehmen beschäftigt. 15 Die schweizerische chemisch- pharmazeutische Industrie auf den Weltmärkten Direktinvestitionen im Ausland nehmen an Bedeutung zu Entwicklung des Personalbestands der "top-ten"-Firmen in den Regionen Der Personalbestand der schweizerischen chemisch- pharmazeutischen Industrie wächst im Ausland, in der Schweiz blieb er konstant. Die Zahl der Beschäftigten der "top-ten"-Firmen im Ausland wuchs in den letzten 14 Jahren um über 80 %, während sie in der Schweiz nur leicht zunahm. Der weltweite Personalbestand nahm in dieser Periode etwa 140'000 Personen zu, was einem jährlichen Wachstum von über 4 % entspricht. In letzter Zeit besonders stark ist die Zunahme in den Ländern Asiens. 16 Innovation als Lebensnerv Innovation als Basis für den wirtschaftlichen Erfolg Die wissenschaftlich-technischen Innovationen bilden die Basis des wirtschaftlichen Erfolges der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Industrie. Insgesamt setzte die Industrie für Forschung und Entwicklung nach Untersuchungen des Bundesamtes für Statistik 2000 rund CHF 8.1 Mrd. oder CHF 35 Mio. pro Arbeitstag ein. Neue wissenschaftliche und technische Forschungsergebnisse müssen von den Unternehmen in marktfähige Produkte umgesetzt werden. Dazu ist eine Vielzahl von unternehmerischen Fähigkeiten notwendig. Beispielsweise muss die projektorientierte und interdisziplinäre Zusammenarbeit quer durch bestehende Strukturen innerhalb und ausserhalb des Unternehmens gefördert werden. Um den wirtschaftlichen Erfolg einer technischen Innovation zu sichern, müssen auch Arbeitsabläufe verkürzt, Produktionskapazitäten erstellt oder neue Absatzwege gefunden werden. Immer wichtiger wird dabei, dass die Innovation rasch marktwirksam wird. Der Erfolg eines Unternehmens der chemisch-pharmazeutischen Industrie hängt nicht nur vom wissenschaftlichen Niveau einzelner Spitzenforscher ab, sondern wird immer mehr von der Qualifikation der gesamten Belegschaft bestimmt. Wissenschaftlich-technische Innovationen sind die Basis des wirtschaftlichen Erfolges der chemisch-pharmazeutischen Industrie. Dennoch bleibt der wissenschaftlich-technische Fortschritt nach wie vor die wichtigste Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg der chemisch-pharmazeutischen Industrie, wie aus den folgenden Beispielen hervorgeht: Beispiel 1: Diagnose und Behandlung von AIDS Bereits Mitte der 80er Jahre wurde im Forschungszentrum der Basler Roche das Grundkonzept für ein völlig neuartiges AIDS-Medikament geboren, das die Blockierung eines speziellen Virusenzyms, der HIV-Proteinase, zum Ziele hatte. Dieses Enzym schneidet aus einem Proteinfaden einzelne Eiweisse für den Aufbau neuer Viren. Mit Hilfe der Gentechnik gelang der Roche-Forschung die Herstellung der (selbst nicht infektiösen) HIV-Proteinase in solchen Mengen, dass in breit angelegten Labortests die Suche nach geeigneten Protease-Hemmern beginnen konnte. 1989 hatten Roche-Chemiker mit Ro 31-8959 oder Saquinavir einen höchst selektiven Wirkstoff in den Händen, Ende 1995 wurde Invirase von Roche als weltweit erstes Medikament der neuen Klasse der HIV-Proteinase-Inhibitoren registriert und dann in den verschiedenen Märkten eingeführt. Fast gleichzeitig hat die von Roche erworbene und zur vollen Reife entwickelte PCR-Technologie - eine Art molekularbiologisches Schnellkopier-Verfahren für Gene oder Gensequenzen - die AIDS-Diagnostik revolutioniert: Mit dem hochempfindlichen HIV-Amplicor-Test lässt sich das AIDS-Virus nämlich bereits kurz nach der Infektion direkt über seine Gene nachweisen, wenn der indirekte immunologische Nachweis noch nicht möglich ist oder aus besonderen Gründen keine Aussage erlaubt. Vor allem aber kann heute mit dem quantitativen PCR-Test im HIV-Amplicor Monitor-Kit auch die Menge der Viren im Blut gemessen werden. Dies ermöglicht nun eine für jeden einzelnen Patienten optimierte Therapie und Erfolgskontrolle der Behandlung in einer Genauigkeit, wie dies noch vor wenigen Jahren für unmöglich gehalten wurde. 17 Innovation als Lebensnerv Als Folge der Virusmutationen entstehen Resistenzen gegen vorhandene Arzneimittel, und weitere Medikamente mit völlig neuartigen Wirkmechanismen sind erforderlich. Als erster Vertreter einer solchen neuartigen Generation von Medikamenten seit sieben Jahren wurde das von Roche zusammen mit der US Firma Trimeris entwickelte Fuzeon im März 2003 von der US FDA zugelassen. Im Gegensatz zu allen heute auf dem Markt befindlichen Anti-HIV-Medikamenten hindert Fuzeon das Virus am Eintritt in menschliche Immunzellen. Dadurch wird die Vermehrung des HI-Virus unterbunden, welche die körpereigene Abwehr HIV-infizierter Menschen zerstören kann. Fuzeon bedeutet einen wesentlichen Fortschritt im Kampf gegen die HIV-Infektion und Aids. Neben dem medizinischen Fortschritt stellt Fuzeon auch einen bedeutenden Fortschritt bei der industriellen Synthese von Peptiden dar. Dieses moderne Herstellungsverfahren ist am Produktionsstandort von Roche in Boulder, Colorado, USA, erfolgreich umgesetzt worden. Mit diesen Innovationen bei Diagnose und Therapie hat sich in der heute üblichen Kombinationstherapie das Krankheitsbild grundlegend gewandelt: Das vormals tödliche AIDS-Syndrom ist zu einer chronischen Infektionskrankheit mit langer Ueberlebenszeit und befriedigender Lebensqualität für die Betroffenen geworden. Beispiel 2: L-Carnitin - das "Energievitamin" Als die Amerikaner begannen, die lebensnotwendigen Nährstoffe für die Ernährung von Astronauten zu erforschen, stellte sich heraus, dass ausser den 13 bekannten Vitaminen auch das natürliche körpereigene L-Carnitin zu diesen Nährstoffen gehört. Dieser der Vitamin B-Gruppe verwandte Nährstoff ist essentiell für die Verbrennung von Fettsäuren und unterstützt bei körperlicher und geistiger Belastung die optimale Leistungsfähigkeit. Seit über zwei Jahrzehnten wird L-Carnitin in Kindernährmitteln und in Nahrungsergänzungsmittel für Sportler eingesetzt. In letzter Zeit findet man auch immer mehr Nahrungsmittel mit L-Carnitin ("functional food"). Zusätzlich entwickelte man zahlreiche Arzneimittelanwendungen: Trinkampullen für Herz und Immunsystem, Infusionslösungen zur Behandlung von Herz- und Kreislaufproblemen, Tabletten für die orale Behandlung von angeborener oder induzierter L-Carnitin-Defizienz. Lonza stieg 1983 in den L-Carnitin-Markt ein, baute diesen auf und prägte ihn massgeblich. Lonza's Erfolg basiert auf Innovationen im Bereich Produkteformen, Produktionsprozessen sowie der Entwicklung und Patentierung neuer Anwendungen. Die hohe Wasseranziehung des reinen L-Carnitins erschwerte seine Verarbeitung, und die Formulierer (Tabletten, Kapseln, feste Darreichungsformen) standen vor Produktionsschwierigkeiten. Dieses Problem sowie ein fischartiger Geruch des reinen L-Carnitins konnten dank der Entwicklung der zwei patentierten Produkte L-Carnitin L-tartrat sowie L-Carnitin Magnesium-Citrat zur vollsten Kundenzufriedenheit gelöst werden. Die Biotransformation aus einem natürlichen "Precursor", eine neue patentierte Produktionstechnologie, die höchste Reinheit (0.0 % D-Carnitin) garantiert, ist ein weiterer Erfolgsfaktor. Der Prozess ermöglicht eine geringere Umweltbelastung durch weniger Abfälle sowie einen Verzicht auf Lösungsmittel, die bei der traditionellen chemischen Synthese zur Trennung von L-Carnitin und D-Carnitin verwendet werden. Lonza erschloss sich mit L-Carnitin eine Vielzahl neuer Märkte und patentierte diverse Anwendungen u.a. auch im Bereich Tierernährung (Fütterung von Muttersauen zur Erhöhung 18 Innovation als Lebensnerv der Wurfrate, Förderung der Gesundheit des Herzens von Haustieren sowie Fütterung von Hennen zur Reduzierung von Stress induzierten Todesfällen). Beispiel 3: Femara® Weniger Rückfälle bei Brustkrebs Mit dem Aromatasehemmer Femara (Letrozol) engagiert sich Novartis stark für Frauen mit Brustkrebs. Dieses Engagement ist nötig, denn obwohl in den letzten Jahrzehnten in der Brustkrebstherapie grosse Fortschritte erzielt wurden, kommt es immer noch bei einem Drittel der Frauen in den ersten 15 Jahren nach der Diagnose zu einem Rückfall. Über die Hälfte dieser Rückfälle ereignet sich fünf Jahre nach der Erstdiagnose. Besonders gefürchtet sind die Fernmetastasen. Eines der Ziele in der Brustkrebstherapie ist es deshalb, das Rückfallrisiko ständig weiter zu reduzieren. Geschlechtshormone wie das Östrogen regen die Zellen bestimmter Organe und Tumoren zum Wachstum an. Durch die Unterdrückung der Hormonwirkung (Antihormon-Therapie) können Tumorwachstum und Metastasenbildung bei hormonsensiblem Brustkrebs gestoppt oder verzögert werden. Bei Frauen nach den Wechseljahren entsteht Östrogen nicht mehr in den Eierstöcken, sondern in anderen Geweben und Organen. Dazu braucht es das Enzym Aromatase. Durch die Blockierung der Aromatase verhindert Letrozol die Hormonproduktion von Anfang an. Das Enzym Aromatase wurde Mitte der 70er Jahre entdeckt, der Aromatasehemmer Letrozol Ende der 80er Jahre. Letrozol war im Labor etwa zehnmal potenter und hundertmal selektiver als die Vorgängersubstanz. Nachdem alle klinischen Entwicklungsstufen erfolgreich durchlaufen waren, konnte Letrozol 1996 erstmals in Grossbritannien unter dem Markennamen Femara eingeführt werden (fortgeschrittener Brustkrebs). Seitdem hat sich Femara in allen Brustkrebsstadien gegenüber den jeweils etablierten Standardtherapien (Megestrolazetat, Aminoglutethimid, Tamoxifen) als überlegen erwiesen. Die Schweiz war das erste Land Europas, das Femara im Juli 2004 als einziges Medikament für die erweiterte adjuvante Therapie (nach fünf Jahren Tamoxifen-Therapie) bei Brustkrebs im Frühstadium zugelassen hat. Mittlerweile ist Femara in mehr als 75 Ländern zugelassen, teilweise auch schon für die adjuvante (postoperative) Therapie bei Brustkrebs im Frühstadium. In der Schweiz befindet sich diese Indikation zurzeit noch im Registrierungsprozess. Beispiel 4: Omalizumab - Ein Durchbruch in der Behandlung von allergischem Asthma Ein breit angelegtes Novartis-Programm zur Erforschung des therapeutischen Potentials von monoklonalen Antikörpern führte zur Zusammenarbeit mit Genentech Inc. und Tanox auf dem Anti-IgE-Gebiet. Das Ziel war Entwicklung eines Arzneimittels, das auf eine dem Asthma zu Grunde liegende Ursache, die IgE-vermittelte allergische Kaskade, direkten Einfluss nimmt. Bei Asthmatikern wird IgE, ein natürlich vorkommender Antikörper, in grossen Mengen gebildet, wenn die Patienten gegenüber einem Allergen - z.B. Hausstaubmilbenkot oder Hautschuppen von Haustieren - sensibilisiert sind und erneut exponiert werden. Diese Antikörper binden sodann an Mastzellrezeptoren, was zur Freisetzung von entzündungsauslösenden Mediatoren wie z.B. Histamin führt. Dies verursacht unter anderem die bekannten Asthmasymptome pfeifendes Atemgeräusch, Engegefühl in der Brust und Atemnot -, indem die glatte Muskulatur in den Atemwegen kontrahiert wird. Einige Asthmamittel, etwa die Beta-2-Agonisten, wirken direkt auf die Asthmasymptome, indem sie die konstringierte glatte Muskulatur der Atemwege erschlaffen lassen. Andere, wie z.B. die 19 Innovation als Lebensnerv inhalierbaren Kortikosteroide (ICS), bekämpfen die Entzündung in den Atemwegen, welche dem Krankheitsgeschehen zu Grunde liegt. Inhalierbare Kortikosteroide sind jedoch nur wirksam, wenn sie regelmässig angewandt werden. Mangelhafte Therapiedisziplin der Patienten, welche ICS erhalten, ist ein grosses Problem und kann zu erneutem Auftreten von Asthmaanfällen führen. Omalizumab fängt freies IgE im Blutserum ab und verhindert somit, dass dieses an Mastzellen bindet; in der Folge wird die Freisetzung entzündungsauslösender Substanzen gestoppt und die Entstehung von Asthmasymptomen wirksam verhindert. Klinische Studien haben gezeigt, dass Omalizumab Asthma-Exazerbationen ("Asthma-Anfälle") verhindern und die Zahl der Beta-2-Spraystösse, die zur Beherrschung der Asthmasymptome notwendig sind, verringern kann. Ein weiterer wichtiger Vorteil: Bei Patienten, die ICS erhalten, kann Omalizumab den Bedarf an Kortikosteroiden reduzieren. Der Dosisreduktion von Kortikosteroiden kommt hohe Bedeutung zu, da diese unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen können, insbesondere bei Kindern, wo es zu Wachstumsstörungen kommen kann. Omalizumab ist zurzeit in der Schweiz in Registrierung und soll unter dem Markennamen Xolair® zugelassen werden. Beispiel 5: Hochleistungsfarbstoffe zur optischen Informationsspeicherung - ein Beitrag zur digitalen Revolution Die Digitalisierung der Welt vollzieht sich mit rasender Geschwindigkeit. Heute kommen in der Schweiz auf 100 Einwohner rund 75 Mobiltelefone, und jeder zweite Schweizer surft regelmässig im Internet. Neben Fotoinitiatoren für Leiterplatten, Farbpigmenten für Flachbildschirme und Drucktinten für digitalen Ink-Jet-Druck trägt Ciba Spezialitätenchemie mit innovativen Informationsspeichersystemen zur digitalen Revolution bei. Ciba erkannte das grosse Marktpotential der optischen Speicherung von Daten, als das Konzept der einmal-beschreibbaren Compact Discs (CD-R) 1990 aufkam. Seither hat Ciba mit grossem Erfolg mehrere Generationen von Hochleistungsfarbstoffen zur optischen Informationsspeicherung unter dem Namen Ciba® IRGAPHOR® auf den Markt gebracht. Der funktionelle Farbstoff, den der Hersteller in einer 100-Nanometer-dünnen Schicht aufträgt, ist das eigentliche Speichermedium der CD. Beim Beschreiben brennt ein starker Laserstrahl die Informationen als binären Code in diese Farbschicht. Die heutige optische Speichertechnologie stellt höchste chemische und physikalische Ansprüche an den Farbstoff. Die Aufzeichnungsgeschwindigkeit erreicht dabei bis 200 Kilometer in der Stunde! IRGAPHOR® Ultragreen MX, 1999 lanciert, wird den stetig steigenden Anforderungen an Fotostabilität, an das genau positionierte Absorptionsspektrum und an die spezifischen thermischen Eigenschaften gerecht. 2002 wurden weltweit mehr als 6 Milliarden CD-R verkauft, rund 60 % davon mit Ciba-Farbstoffen. Und der Markt für CD-R wächst immer noch weiter. Dieser innovative Ansatz zeichnet sich durch einen gezielten Einsatz der Kernkompetenzen von Ciba SC in Farbstoffsynthese, Spektroskopie und Festkörperphysik aus, verbunden mit möglichst frühen industriellen Applikationstests, die eine kundennahe, ganzheitliche Lösung ermöglichen. Die Informationstechnologie wandelt sich weiterhin rasch. Der Trend geht klar in Richtung einer immer höheren Speicherkapazität. Die Forscher von Ciba arbeiten deshalb mit Hochdruck bereits an der nächsten und übernächsten Technologiegeneration. Innovationstätigkeit der KMU 20 Innovation als Lebensnerv Angesichts der für die Erforschung und Entwicklung eines neuen Medikaments oder Pflanzenbehandlungsmittels erforderlichen Aufwendungen muss sich die Innovationstätigkeit der chemisch-pharmazeutischen KMU auf klar abgegrenzte Gebiete richten. Die Konzentration einiger in der Spitzenforschung tätigen Unternehmen in der Schweiz - innovationstheoretisch spricht man von einem Cluster - schafft dazu günstige Voraussetzungen. Die zunehmende Ausrichtung dieser Grossfirmen auf hochinnovative Bereiche ist mit entsprechendem Outsourcing von Forschungs- und Produktionsteilen verbunden. Die sich bietenden Nischen lassen eine ganze Reihe kleinerer und mittlerer Unternehmen ihr Auskommen als spezialisierte Zulieferer und Dienstleister finden. Ihre innovative Tätigkeit bezieht sich auf diese begrenzte Rolle innerhalb des gesamten industriellen Geflechts um einen Forschungs-Cluster. 21 Innovation als Lebensnerv Hohe Forschungsintensität Forschungsintensität (F&E/Umsatz) im internationalen Vergleich (2004) Die schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie ist der Forschung und Entwicklung in besonderem Masse verpflichtet. Sie ist in modernen Technologien führend. Die Spezialitätenstrategie verlangt grosse und anhaltende Anstrengungen in der Forschung und Entwicklung. Nur wenn es den Unternehmen gelingt, immer wieder neue innovative Produkte auf die internationalen Märkte zu bringen und diese erfolgreich abzusetzen, kann diese Strategie fortgesetzt werden. Ohne die Erträge neuer Produkte liessen sich die zur Innovation erforderliche Forschung und Entwicklung privatwirtschaftlich nicht finanzieren. Neuen Technologien kommt eine wichtige Rolle bei der Sicherung des künftigen wirtschaftlichen Erfolges der Unternehmen zu. Während biotechnologische Methoden im "life science"-Bereich (Pharma und Agro) als Forschungs- und Produktionsinstrumente zunehmend an Bedeutung gewinnen, sind es im reinen Chemiebereich vor allem forschungsintensive kundenorientierte Lösungen, die nicht nur einen Stoff oder eine Zubereitung umfassen, sondern ein gesamtes Anwendungssystem. Der Spitzenrang der schweizerischen Unternehmen im internationalen Vergleich der Forschungsintensitäten erklärt sich in erster Linie durch den hohen Anteil der Pharmaforschung. Das Ergebnis belegt die Entschlossenheit schweizerischer Unternehmen, auch künftig an der Spitze der technisch-wissenschaftlichen Innovationen zu bleiben. 22 Innovation als Lebensnerv International vernetzte Forschung Weltweite Forschungsausgaben (total der "top ten" 2011: CHF 20.7 Mrd.) Mrd. CHF Die schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie unterhält ein weltweites Forschungsnetzwerk. Wissenschaft ist international. Sie beruht auf gut ausgebauten Infrastrukturen regionaler Zentren, die sich aus Hochschulen, Forschungsinstituten und auch Unternehmen zusammensetzen. In vielen Disziplinen beherbergt Europa solche "Forschungsknoten". Fast die Hälfte der weltweiten Forschungsaufwendungen der schweizerischen Unternehmen wird in der Schweiz getätigt. Seit einiger Zeit verzeichnen aber die Forschungstätigkeiten der schweizerischen Firmen im Ausland eine besonders dynamische Entwicklung. Erfolgreiche Forschung ist immer häufiger das Ergebnis eines innovativen Prozesses in einem weltweiten Netzwerk. Die schweizerischen Unternehmen verfügen bereits seit Jahrzehnten über ein solches ausgedehntes Netzwerk eigener Forschungszentren. Novartis und Roche betreiben beispielsweise nicht weniger als sieben grosse Forschungszentren ausserhalb der Schweiz, nämlich in den USA, in Grossbritannien, in Deutschland und in Japan. Darüber hinaus ist in den letzten Jahren die Zusammenarbeit mit Drittfirmen und Universitäten zusehends wichtiger geworden. Die bedeutenden Investitionen in Bio- und Gentechfirmen sowie das dichte Geflecht von Forschungsallianzen und Lizenzverträgen illustrieren diese Internationalität der Forschungsanstrengungen schweizerischer Unternehmen. Insbesondere bei der Identifizierung und Entwicklung neuer Konzepte, neuer Technologien und innovativer Produkte ist der Beitrag der Biotech-Firmen von besonderer Bedeutung. Die Basler Firmen setzen heute rund 20 % ihrer F&E-Budgets für Zusammenarbeitsprojekte mit externen Forschergruppen ein. 23 Innovation als Lebensnerv Stark steigende Kosten für Forschung und Entwicklung Forschungs- und Entwicklungskosten für eine neue Pharma-Wirksubstanz (NCBE) Mio. USD Forschung und Entwicklung neuer Produkte ist ein komplexer und langwieriger Prozess, der mit erheblichen geschäftlichen Risiken verbunden ist. Die Erforschung und Entwicklung neuer chemischer und biologischer Substanzen (new chemical or biological entities NCBE) wird immer kostspieliger. Einerseits lassen der wissenschaftliche Fortschritt und die Anwendung neuer Technologien die Forschung zu einem immer komplexeren Vorgang werden, der mit erheblichen Risiken eines Misserfolges behaftet ist. Andererseits verteuern auch die weltweit steigenden Sicherheitsanforderungen die Forschung, da sie zunehmend längere Abklärungs- und Testzeiten bei neuen Produkten erforderlich machen. Bis ein neues Medikament in die Hausapotheke gelangt, vergehen heute rund 10 -12 Jahre. Von 10'000 Substanzen, die in die präklinische Prüfung aufgenommen werden, schaffen es nur 5 zur Prüfung am Menschen. Davon wird schliesslich nur eine Substanz kommerzialisiert. Steigende Forschungskosten sind kein spezifisches Merkmal der pharmazeutischen Forschung, auch in anderen Bereichen steigen die Forschungsaufwendungen. Beispielsweise kostet die Entwicklung eines neuen Pflanzenbehandlungsmittels durchschnittlich CHF 300 Mio. (2002) oder 30 % mehr als 1995; rund ein Drittel dieser Kosten entsteht bei der Prüfung der Umweltverträglichkeit des neuen Produkts. 24 Innovation als Lebensnerv Dichtes regulatorisches Umfeld Markteinführung eines Arzneimittels braucht viel Zeit und kostet Unsummen Die Unternehmen der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Industrie finanzieren ihre Forschung und Entwicklung aus eigenen Mitteln. Dem regulatorischen Umfeld (Patente, Preise) kommt deshalb grosse Bedeutung zu. Die Entwicklung von Arzneimitteln beginnt mit der Suche nach geeigneten Wirkstoffen. Dazu sind oftmals bis 100'000 Substanzen einem Screening zu unterziehen. Vielversprechende Wirkstoffe werden möglichst rasch zum Patent angemeldet. Nachdem das Patent erteilt wurde, vergehen im Durchschnitt rund 10 - 12 Jahre, bis das Medikament fertig entwickelt ist und eine Marktzulassung erhält. Während dieser Zeit entstehen der Herstellerin Kosten von über USD 1 Mia - durch Forschung und Entwicklung an einem einzelnen Produkt. Die Industrie bezahlt dies aus Mitteln, die während der verbleibenden Patentlaufzeit erwirtschaftet werden. Mit der Markteinführung beginnt die wirtschaftlich verwertbare Patentlaufzeit des neuen Medikaments. Diese beträgt faktisch kaum mehr als acht Jahre. Nach Ablauf des Patentschutzes ist die Herstellerin infolge Markteintritts von Generika in der Regel gezwungen, den Preis ihres Produktes massiv zu senken. Die vom Staat zusätzlich verlangten Sicherheitsnachweise haben die durch das Patent ursprünglich beabsichtigte Innovationsförderung deutlich vermindert. In einigen Ländern sind deshalb zusätzliche Schutzinstrumente (supplementary protection certificates, SPC) eingeführt 25 Innovation als Lebensnerv worden, welche die ursprüngliche Patentlaufzeit von 20 Jahren zumindest teilweise wieder herstellen. 26 Die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Schweiz Die Schweiz: ein wichtiger Forschungsplatz Ausgaben für F&E in der Schweiz Private Forschungsausgaben Total intramuros 2008: CHF 12.0 Mrd. Für die chemisch-pharmazeutische Industrie ist die Schweiz ein wichtiger Forschungsstandort. Mehr als ein Drittel aller Forschungsausgaben stammt aus dieser Industrie. Die Schweiz ist für die chemisch-pharmazeutische Industrie ein wichtiger Forschungsplatz. Die Verleihung von Nobelpreisen an in der Schweiz forschende Chemiker, Biologen und Mediziner belegt die international herausragende Qualität der Grundlagenforschung in der Schweiz. Die Forschungsausgaben der chemisch-pharmazeutischen Industrie in der Schweiz beliefen sich 2008 auf CHF 5.3 Milliarden, was 44 % der gesamten privaten Forschungsgelder der schweizerischen Industrie entsprach. Bei den Forschungsaufwendungen je Beschäftigten steht sie in der Branche weltweit an der Spitze. 27 Die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Schweiz Beschäftigte in F&E in der Schweiz Forschungspersonal in der schweizerischen Industrie Total 2008: 39'830 Personen Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist in der Schweiz ein wichtiger Arbeitgeber für Forschungspersonal. Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist einer der wichtigsten Arbeitgeber für Forschungspersonal in der Schweiz; sie beschäftigt etwa 29 % des gesamten Forschungspersonals der schweizerischen Industrie. Im Jahr 2008 beschäftigte die Branche 11'633 hochqualifizierte Personen in der Forschung. 28 Die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Schweiz Exporte finanzieren die F&E-Ausgaben in der Schweiz Finanzierungslücke in der Schweiz ("top-ten"-Firmen) Mrd. CHF Die Forschung und Entwicklung in der Schweiz muss durch den Export von Zwischen- und Fertigprodukten in alle Welt finanziert werden. Die zehn wichtigsten Unternehmen der Branche gaben im Jahr 2011 in der Schweiz rund CHF 7.0 Mrd. für Forschung und Entwicklung aus. Die Verkaufserlöse dieser Unternehmen in der Schweiz beliefen sich im gleichen Jahre auf rund CHF 2.8 Mrd. Selbst wenn alle Erlöse aus der Schweiz für die Finanzierung der Forschung und Entwicklung in der Schweiz eingesetzt werden könnten (also wenn Produktion und Vermarktung nichts kosten würden), entsteht eine gewaltige Finanzierungslücke. Diese Finanzierungslücke kann nur geschlossen werden, wenn ein Teil der im Ausland anfallenden Verkaufserlöse in die Schweiz transferiert wird. Ohne dieser "Repatriierung" von Erträgen aus dem Ausland wäre der Forschungsstandort Schweiz mit seinen zentralen Leitungsfunktionen undenkbar. Die Finanzierung durch eine umfassende Lizenzierung der Forschungsergebnisse ist im heutigen Ausmass der Forschung nicht möglich. Die wichtigste Finanzierungsart ist und bleibt der Warenexport aus der Schweiz. Die Herstellung in der Schweiz von Fertig- und Zwischenprodukten - vor allem von Wirkstoffen - und deren Export an Tochtergesellschaften und Dritte ist eine wirtschaftliche Lebensnotwendigkeit für die chemisch-pharmazeutische Industrie. 29 Die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Schweiz Hohe Aussenhandelsabhängigkeit Import und Export sind lebenswichtig Absatzstruktur nach Regionen Absatz 2011: 78.5 Mrd. CHF Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist vital vom Aussenhandel abhängig. Die Strategie der spezialisierten Produkte begründet zusammen mit der Enge des schweizerischen Binnenmarktes die starke Abhängigkeit vom Ausland. Nur rund 5 % der Produktion werden im Inland abgesetzt. Der durchschnittliche Exportanteil in der chemisch-pharmazeutischen Industrie beläuft sich auf etwa 95 %. Der grösste Teil der Exporte wird in die EU-Länder geliefert, die mehr als 55 % der Gesamtexporte abnehmen. Zusammen mit den Ausfuhren in die übrigen europäischen Länder erreicht der Exportanteil nach Europa gegen zwei Drittel. Praktisch alle Ausgangsstoffe der chemisch-pharmazeutischen Industrie müssen importiert werden. Mehr als 80 % davon stammen aus den Ländern der Europäischen Union. 30 Die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Schweiz Wichtige Exportindustrie ... Schweizerische Gesamtexporte (2011: 208.1 Mrd. CHF) Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist nach Exportanteil und nach Exportüberschuss die wichtigste Exportindustrie der Schweiz. Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist - gemessen an ihrem Anteil an den Gesamtexporten - die wichtigste Exportindustrie der Schweiz. Auch gemessen an ihrem Exportüberschuss (2011: CHF 37.2 Mrd.) ist sie vor der Uhrenindustrie (2011: CHF 16.3 Mrd.) und der Maschinenund Metallindustrie (2010: CHF -5.6 Mio.) die wichtigste Exportbranche. Die Exporte der chemisch-pharmazeutischen Industrie sind unter dem Aspekt der konzerninternen internationalen Verflechtung zu sehen. Mehr als drei Viertel aller Exporte sind Lieferungen an Tochtergesellschaften. Ein Teil davon sind Zwischenprodukte, die von den konzerneigenen ausländischen Gesellschaften zu Fertigprodukten weiterverarbeitet werden. Dieses zweistufige Produktionsverfahren ermöglicht es den Firmen, "economies of scale" bei der Wirkstofferzeugung auszunützen und die Produkte optimal auf die lokalen Gegebenheiten und Vorschriften anzupassen. 31 Die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Schweiz ... wird immer wichtiger Anteil an den schweizerischen Gesamtexporten Die chemisch-pharmazeutischen Industrie ist die am dynamischsten wachsende Exportindustrie der Schweiz. Der Anteil der chemisch-pharmazeutischen Industrie am gesamtschweizerischen Export hat seit 1980 kontinuierlich zugenommen. 2011 belief er sich auf mehr als ein Drittel. In der Periode von 1980 - 2011 nahmen die Exporte der chemisch-pharmazeutischen Industrie durchschnittlich um 25.4 % pro Jahr zu, während das durchschnittliche Exportwachstum aller Branchen nur rund 13.5 % pro Jahr betrug. 32 Die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Schweiz Bedeutender Aussenhandelsüberschuss Exportüberschuss der chemischen und pharmazeutischen Industrie im internationalen Vergleich Die schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie ist eine besonders wertschöpfungsintensive Branche. Die chemisch-pharmazeutische Industrie erarbeitete 2011 bei Exporten von CHF 74.6 Mrd. und Importen von CHF 37.4 Mrd. einen Aussenhandelsüberschuss von CHF 37.2 Mrd. Sie steuerte damit den grössten Exportüberschuss aller Industriesektoren zur schweizerischen Handelsbilanz bei. Der Aussenhandelsüberschuss der chemisch-pharmazeutischen Industrie fällt etwa neunmal grösser aus als jener des Fremdenverkehrs und würde somit ausreichen, um die gesamten 33 Die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Schweiz schweizerischen Nahrungsmitteleinfuhren sowie alle Importe von Textilien, Bekleidungswaren und Schuhen für ein ganzes Jahr zu finanzieren. Der pro Einwohner erzielte Exportüberschuss der chemisch-pharmazeutischen Industrie der Schweiz zählt weltweit zu den höchsten. Er betrug 2011 über EUR 3'600 oder siebenmal mehr als der Überschuss/Kopf in Deutschland. 34 Die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Schweiz Produktion und Beschäftigung Beitrag zum Bruttoinlandprodukt Anteil ausgewählter Industrien an der Bruttowertschöpfung 1998 - 2009 Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist die zweitwichtigste Industriebranche der Schweiz; sie trägt wesentlich zum Bruttoinlandprodukt der Schweiz bei. Mit einem Anteil von über 4 % am Bruttoinlandprodukt gehört die chemisch-pharmazeutische Industrie seit vielen Jahren zu den wichtigsten Industrien unseres Landes. Sie rangiert bezüglich ihres Beitrages zum Bruttoinlandprodukt hinter der Metall- und Maschinenindustrie auf Platz 2, mit steigender Tendenz. 35 Die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Schweiz Dynamische Industrie Entwicklung des Produktionsindexes (1995 = 100) Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist eine dynamisch wachsende Branche. Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist ein besonders dynamischer Teil der schweizerischen Volkswirtschaft. Das Produktionswachstum verzeichnete für den Zeitraum 1995 - 2011 ein durchschnittliches Jahreswachstum von 12.4 %, während die Gesamtindustrie nur 2.8 % jährlich zulegen konnte. 36 Die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Schweiz Wichtiger Arbeitgeber im Industriebereich Beschäftigte nach Industrie-Branchen in % Gesamte Industrie: 629'500 (2011) Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist ein wichtiger industrieller Arbeitgeber in der Schweiz. Chemische und pharmazeutische Industrie: 65'000 (2011) Mit über 65'000 Arbeitnehmern ist die chemisch-pharmazeutische Industrie einer der grössten industriellen Arbeitgeber in der Schweiz. Die Branche beschäftigt überdurchschnittlich viel qualifiziertes Personal. Gemäss der Volkszählung 1990 verfügen nicht weniger als 7'500 Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter über eine akademische Ausbildung. Der Begriff "qualifiziertes Personal" ist aber noch weiter gefasst. 62 % der Erwerbstätigen der Unternehmen der Branche werden gemäss der offiziellen Statistik einer höheren Qualifikationskategorie zugeordnet, während dies im Durchschnitt der gesamten Industrie nur 42 % des Personals erreichen. Der Personalbestand der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Firmen wächst überdurchschnittlich in den grossen ausländischen Märkten. Die Zunahme der im Ausland beschäftigten Personen stellt eine Voraussetzung dar, um die Arbeitsplätze in der Schweiz sichern zu können. Dank der Wertschöpfung auf den Weltmärkten werden die bestehenden Arbeitsplätze in der Schweiz erhalten und neue geschaffen. 37 Die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Schweiz Grössenstruktur der Betriebe in der Schweiz Beschäftigte nach Betriebsgrössen (2008) Die chemisch-pharmazeutische Industrie setzt sich aus Unternehmen verschiedenster Grösse zusammen; sie ist in der Schweiz regional verteilt. Neben den bekannten Grossfirmen umfasst die Branche gegen 1'000 kleinere und mittlere Betriebe, die sich geographisch in der ganzen Schweiz - mit jedoch einer Konzentration im Raum Nordwestschweiz - verteilen. 95% aller Betriebe beschäftigen weniger als 250 Personen; nur etwa ein Dutzend Betriebe weisen einen Personalbestand von mehr als 1'000 Mitarbeitern auf. Den kleineren und mittleren Unternehmen, die in der Regel schwergewichtig in der Schweiz produzieren und ihre Erzeugnisse weltweit exportieren, ist es gelungen, Marktnischen zu 38 Die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Schweiz besetzen. Ihre grosse Flexibilität macht die KMU oft zu idealen Outsourcing-Partnern der Grossunternehmen der chemisch-pharmazeutischen Branche. 39 RESPONSIBLE CARE - Fortschritt mit Verantwortung Das Programm 'RESPONSIBLE CARE'-Programm Das 'RESPONSIBLE CARE'-Programm (RC) ist eine freiwillige Initiative der weltweit tätigen chemischen Industrie mit dem Ziel, die Leistungen in den Bereichen Sicherheit, Gesundheitsund Umweltschutz kontinuierlich zu verbessern. RESPONSIBLE CARE ist ein wichtiger Beitrag der chemischen Industrie zur nachhaltigen Entwicklung. Bis heute haben sich 47 Länder dem RC-Programm angeschlossen. Für die schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie hat scienceindustries das Patronat des 'RESPONSIBLE CARE'-Programms "Fortschritt mit Verantwortung" übernommen. Das Programm beruht auf den sieben scienceindustries-Grundsätzen für Sicherheit, Gesundheitsund Umweltschutz, die im Dezember 1991 veröffentlicht wurden. Rund 90 % der Mitgliedfirmen, welche über 95 % des Umsatzes der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Industrie erzielen, haben diese Grundsätze unterzeichnet. Sie bekunden damit, dass Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz in ihren Unternehmen einen hohen Stellenwert einnehmen. Die mit dem 'RESPONSIBLE CARE'-Progamm verbundenen Aktivitäten haben in der Schweiz eine langjährige Tradition. Die schweizerische Industrie hat auf dem Gebiet der Sicherheit, des Gesundheits- und des Umweltschutzes im internationalen Vergleich einen hohen Stand erreicht. RESPONSIBLE CARE ist die Bestätigung dieser Leistungen und gleichzeitig Ansporn zu weiteren Verbesserungen. 40 RESPONSIBLE CARE - Fortschritt mit Verantwortung Grundsätze für Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz Die Mitgliedfirmen von scienceindustries sind sich bewusst, dass ihre Tätigkeiten Auswirkungen auf die Umwelt haben. Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz nehmen in ihrer Unternehmenspolitik einen hohen Stellenwert ein. Zusätzlich zu den gesetzlichen Bestimmungen unternehmen sie in Eigenverantwortung Anstrengungen, um den erreichten hohen Stand an Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz sicherzustellen und ihre Leistungen auf diesen Gebieten ständig weiter zu entwickeln. Die Mitgliedfirmen richten sich nach den 1988 verabschiedeten Umweltleitlinien des Europäischen Chemieverbandes CEFIC, berücksichtigen aber auch weitere Grundsätze wie z.B. die Charter für eine langfristig nachhaltige Entwicklung der Internationalen Handelskammer (ICC Charter). Alle diese Aktivitäten werden in der chemischen Industrie unter RESPONSIBLE CARE zusammengefasst. Die Mitgliedfirmen von scienceindustries verpflichten sich unter dem Schweizerischen 'RESPONSIBLE CARE'-Programm auf folgende Grundsätze: 1. Wir betrachten Sicherheit und den Schutz des Menschen sowie der Umwelt bei unseren Produkten, Prozessen und Anlagen als vorrangiges Anliegen. 2. Wir sind bestrebt Produkte zu entwickeln und herzustellen, die sicher und umweltverträglich transportiert, verwendet und entsorgt werden können, und unsere Anlagen so zu betreiben, dass ein hoher Stand an Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz sichergestellt ist. 3. Wir stellen uns dem Dialog mit der Öffentlichkeit, achten unterschiedliche Meinungen und informieren angemessen über unsere Produkte, Prozesse und Anlagen, über Auswirkungen auf Mensch und Umwelt sowie über vorsorgliche Schutzmassnahmen. 4. Wir beraten unsere Kunden über den sicheren Transport und die sichere Handhabung sowie die sichere und umweltverträgliche Verwendung und Entsorgung unserer Produkte und nehmen unsere Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt bei Technologietransfers wahr. 5. Wir vertiefen unsere Kenntnisse und fördern die Forschung über mögliche Auswirkungen unserer Prozesse, Produkte und Abfälle auf Mensch und Umwelt. 6. Wir sind bestrebt, gemeinsam mit den Behörden gesetzliche Regelungen, Vereinbarungen, Notfallpläne und weitere Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter, der Öffentlichkeit und der Umwelt zu erarbeiten, und sind auch zur Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen bereit. 7. Wir fördern das 'RESPONSIBLE CARE'-Programm durch Erfahrungsaustausch im Rahmen von scienceindustries und erarbeiten Kriterien für die Beurteilung der Sicherheit, des Gesundheits- und Umweltschutzes in der chemischen Industrie der Schweiz. 41 RESPONSIBLE CARE - Fortschritt mit Verantwortung Kenndaten als Leistungsindikatoren Im Rahmen des scienceindustries-'RESPONSIBLE CARE'-Programms sind Kriterien für die Beurteilung der unternehmerischen Massnahmen im Bereich der Sicherheit, des Gesundheitsund des Umweltschutzes (SGU) erarbeitet worden. Seit 1993 liegen diese Kriterien in Form von Kennzahlen vor. RC-Kennzahlen helfen Schwachstellen zu erkennen und erforderliche Verbesserungen einzuleiten. Diese Kenndaten dienen den Unternehmen als Führungsinstrument und geben ihnen die Möglichkeit, ihre Leistungen und Fortschritte auszuweisen, Schwachstellen zu erkennen und erforderliche Massnahmen zu ergreifen. Eine zunehmende Zahl von Unternehmen verwendet die Kenndaten auch als Basis für ihre Umweltberichte oder für entsprechende Kapitel im Geschäftsbericht. scienceindustries benützt die zusammengefassten RC-Kenndaten, um die Leistungen der chemisch-pharmazeutischen Industrie im SGU-Bereich darzustellen und zu kommunizieren. Mit der Veröffentlichung dieser Kenndaten will scienceindustries die RC-Aktivitäten der chemisch-pharmazeutischen Industrie in der Schweiz transparenter machen. Sie will damit auch unterstreichen, dass unternehmerische Eigeninitiative eine wirksame und seriöse Alternative zu wachsender staatlicher Regulierung darstellt. 42 RESPONSIBLE CARE - Fortschritt mit Verantwortung Arbeitssicherheit Anzahl Betriebsunfälle pro Million Arbeitsstunden (LTIR) Die Anzahl Betriebsunfälle konnte in den letzten Jahren kontinuierlich reduziert werden. Der Schutz der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz hat in der chemisch-pharmazeutischen Industrie eine lange Tradition. Laufend werden organisatorische und technische Massnahmen ergriffen, um Anzahl und Schwere der Betriebsunfälle zu senken. Dank fokussierter Aus- und Weiterbildung aller Mitarbeitenden konnten die Betriebsunfälle in den letzten Jahren deutlich gesenkt werden. Der Unfallkoeffizient LTIR (lost time incident frequency rate) bzw. die Anzahl Betriebsunfälle pro Million Arbeitsstunden halbierte sich zwischen 1993 und 2007 von 13.0 auf 5.9. 43 RESPONSIBLE CARE - Fortschritt mit Verantwortung Energieverbrauch Energieverbrauch in Terajoule pro Produktionseinheit (PE) Der Energieverbrauch pro Produktionseinheit hat deutlich abgenommen. Dank steigender Energieeffizienz hat der absolute Energieverbrauch trotz steigender Produktion sogar abgenommen. Die chemisch-pharmazeutische Industrie verbraucht rund 3% der gesamten schweizerischen Energieproduktion. Mit einem Anteil von 15% am Gesamtenergieverbrauch der Industrie gehört sie neben der Zement-, Glas-, Papier- und Maschinenindustrie zu den industriellen Grossverbrauchern. Durch die effiziente Nutzung der eingesetzten Energie musste zwischen 2002 und 2007 trotz einer Zunahme der Produktion um über 50% der Energieverbrauch nur um rund 12% von 27'123 TJ auf 30 591 TJ gesteigert werden.. 44 RESPONSIBLE CARE - Fortschritt mit Verantwortung CO2-Emissionen CO2-Emissionen in Tonnen pro Produktionseinheit (PE) Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist führend in der Verminderung von CO2-Emissionen. Zwischen 1993 und 2010 sind die CO2-Emissionen in der chemisch-pharmazeutischen Industrie um 17% von 940'000 auf 780'000 Tonnen zurückgegangen. Dies bei einem gleichzeitigen Produktionsanstieg auf rund 314%. Der Anteil CO2-Emissionen der chemisch-pharmazeutischen Industrie an den CO2-Gesamtemissionen der Schweiz beträgt weniger als 3%. Zwei Drittel der in der chemisch-pharmazeutischen Industrie verwendeten Energieträger sind Heizöl, Gas und Abfälle. Gemäss dem schweizerischen CO2-Gesetz sollen die CO2-Emissionen bis 2010 um 10% unter den Wert von 1990 gesenkt werden. Die schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie hat dieses Ziel bereits erreicht: Im Zeitraum von 1990 bis 1999 wurden die CO2-Emissionen um 17% reduziert. 45 RESPONSIBLE CARE - Fortschritt mit Verantwortung VOC-Emissionen Dank moderner Anlagen und Methoden sind die VOC-Emissionen kontinuierlich reduziert worden. Jährlich werden rund 250'000 Tonnen flüchtige organische Substanzen (Volatile Organic Compounds, VOC) in den Produktionsprozessen der chemisch-pharmazeutischen Industrie als Ausgangsmaterialien oder als Lösungsmittel eingesetzt. Durch geeignete Massnahmen gelangt nur noch ein sehr geringer Teil in die Umwelt. Zwischen 1993 und 2010 konnten die VOC-Emissionen von 3'500 auf 860 Tonnen pro Jahr oder über 75% reduziert werden und beträgt damit weniger als 1% der eingesetzten VOC-Menge. 46 RESPONSIBLE CARE - Fortschritt mit Verantwortung Wasserverbrauch Die chemisch-pharmazeutische Industrie geht sparsam mit der Ressource Wasser um. Der Anteil von Kühlwasser am gesamten Wasserverbrauch beträgt inzwischen über 93%. Dieser Verbrauch konnte zwischen 1993 und 2007 um 15.5% gesenkt werden und beträgt noch 262 Mio. m3. Kühlwasser wird ohne chemische Verschmutzung ins Gewässer zurückgeleitet. Der Verbrauch an Brauchwasser wurde in der gleichen Zeitperiode von 46 auf 17.3 Mio. m3 reduziert. Diese Reduktion von Brauch- wie auch von Prozesswasser hat zur Folge, dass die Abwasserreinigungsanlagen weniger belastet werden und auf energieintensive Erweiterungsoder Neubauten verzichtet werden kann. 47 scienceindustries - im Dienste der Industrie scienceindustries - im Dienste der Industrie scienceindustries wurde 1882 unter den Namen "Schweizerische Gesellschaft für Chemische Industrie" als wirtschaftspolitischer Interessenverband der chemisch-pharmazeutischen Industrie gegründet. scienceindustries bezweckt die Förderung und Wahrung der Interessen ihrer Mitglieder und vertritt die Branche gegenüber der Öffentlichkeit, staatlichen Behörden und internationalen Organisationen. Zurzeit (2012) gehören der Wirtschaftsverband Chemie Pharma Biotech rund 250 Unternehmen an. scienceindustries ist als Verein mit Generalversammlung und Vorstand organisiert. Seit 1945 unterhält sie in Zürich ein professionelles Sekretariat. Es arbeitet nach einem flexiblen Issue-Management, das die vorhandenen Ressourcen nach den Weisungen des Vorstandes prioritäten- und zeitgerecht den jeweiligen Themen zuteilt. Alle Mitglieder können sich mittels des elektronischen Membernet, das nur ihnen zugänglich ist, jederzeit und umfassend über den Stand der einzelnen Themen orientieren und auf die weiteren Arbeiten Einfluss nehmen. Angesichts der starken Auslandabhängigkeit der Branche bearbeitete scienceindustries über lange Zeit schwergewichtig handelspolitische Fragen. Im Laufe der Jahre erweiterte sich die Palette. Fragen des Umweltschutzes, des Pharmasektors und der Biotechnologie erhielten immer mehr Gewicht. scienceindustries beteiligt sich von jeher an den Vernehmlassungen zur einschlägigen schweizerischen Gesetzgebung. Seit ihrer Gründung setzt sich scienceindustries für ein unternehmensfreundliches regulatorisches Umfeld im In- und Ausland ein. Im Bereich der Aussenwirtschaft werden insbesondere folgende Ziele angestrebt: • Schaffen möglichst freiheitlicher und stabiler Rahmenbedingungen für die Weltwirtschaft, z.B. im Rahmen der WTO und der Europäischen Union. • Abbauen technischer Handelshemmnisse durch internationales Angleichen handelsrelevanter Rechtsvorschriften verschiedener Staaten oder durch gegenseitige Anerkennung dieser Vorschriften. • Sichern einer angemessenen Abgeltung der unternehmerischen Forschungsanstrengungen, u.a. durch einen international verbesserten Schutz des Geistigen Eigentums. scienceindustries arbeitet eng mit den Verbänden der chemisch-pharmazeutischen Industrien anderer Länder zusammen; sie ist ein aktives Mitglied einer ganzen Reihe von europäischen und weltweit tätigen Branchenvereinigungen. 48